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Document 52012IP0355

Verfolgung von Rohingya-Moslems in Burma/Myanmar Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. September 2012 zur Verfolgung der Rohingya-Moslems in Burma/Myanmar (2012/2784(RSP))

ABl. C 353E vom 3.12.2013, p. 145–147 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

3.12.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 353/145


Donnerstag, 13. September 2012
Verfolgung von Rohingya-Moslems in Burma/Myanmar

P7_TA(2012)0355

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. September 2012 zur Verfolgung der Rohingya-Moslems in Burma/Myanmar (2012/2784(RSP))

2013/C 353 E/20

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Burma/Myanmar, insbesondere seine Entschließung vom 20. April 2012 (1),

unter Hinweis auf den Fortschrittsbericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen vom 7. März 2012 zu der Lage der Menschenrechte in Burma/Myanmar,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 23. April 2012 zu Burma/Myanmar,

unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers der Hohen Vertreterin Catherine Ashton vom 13. Juni 2012 zur Krise im nördlichen Rakhaing-Staat in Burma/Myanmar,

unter Hinweis auf die Aussprache zur Rohingya-Frage in seinem Unterausschuss Menschenrechte vom 11. Juli 2012,

unter Hinweis auf die Erklärung des Mitglieds der Kommission Georgieva vom 9. August 2012 zum Zugang zu den Rohingya und anderen betroffenen Gemeinschaften für humanitäre Hilfe,

unter Hinweis auf die Erklärung der Außenminister der ASEAN-Staaten vom 17. August 2012 zu den jüngsten Entwicklungen im Rakhaing-Staat,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 und das Protokoll von 1967 zu diesem Übereinkommen,

unter Hinweis auf die Artikel 18 bis 21 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) von 1948,

unter Hinweis auf Artikel 25 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) von 1966,

unter Hinweis auf die Entscheidungen, denen zufolge Burma/Myanmar 2013 die Südost-Asiatischen Spiele ausrichten darf und 2014 den Vorsitz in der ASEAN übernehmen wird,

gestützt auf die Artikel 122 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die neue Regierung von Präsident Thein Sein seit ihrer Einsetzung im März 2011 zahlreiche Schritte unternommen hat, um die bürgerlichen Freiheiten im Land auszuweiten, die Mehrzahl der politischen Gefangenen freigelassen hat, von denen einige in das Parlament gewählt wurden, sowie dass vorläufige Waffenstillstände mit den meisten bewaffneten ethnischen Gruppen in Kraft getreten sind und viele politische Dissidenten in der Hoffnung auf eine Aussöhnung aus dem Exil zurückgekehrt sind;

B.

in der Erwägung, dass die Diskriminierung der Rohingya-Minderheit jedoch zugenommen hat;

C.

in der Erwägung, dass die Vergewaltigung und Ermordung einer Buddhistin am 28. Mai 2012 Auslöser einer Reihe von Zusammenstößen zwischen der Mehrheit der Rakhine-Buddhisten und der Minderheit der Rohingya-Moslems im Rakhaing-Staat war;

D.

in der Erwägung, dass in den darauffolgenden Tagen Gewalttätigkeiten zwischen den beiden Volksgemeinschaften um sich gegriffen haben, an denen unverhältnismäßig viele Rakhine-Schlägertrupps und Sicherheitskräfte beteiligt waren, die Rohingya angriffen, wobei Dutzende von Todesopfern zu verzeichnen waren, Tausende Häuser zerstört und mehr als 70 000 Menschen vertrieben wurden; in der Erwägung, dass am 10. Juni 2012 in sechs Städten im Rakhaing-Staat der Notstand ausgerufen wurde;

E.

in der Erwägung, dass Präsident Thein Sein anfänglich die Meinung vertreten hatte, dass die einzige Lösung für die Rohingya entweder ihre Entsendung in Flüchtlingslager mit Unterstützung des UNHCR oder ihre Neuansiedlung in anderen Ländern sei;

F.

in der Erwägung, dass die Rohingya, von denen viele seit Jahrhunderten im Rakhaing-Staat ansässig sind, nicht als eine der 135 Volksgruppen in Burma/Myanmar anerkannt sind und daher nach dem Bürgerschaftsgesetz von 1982 keine Bürgerrechte genießen, von vielen Burmesen für illegale Einwanderer aus Bangladesh gehalten werden und Opfer systematischer schwerwiegender Diskriminierungen sind, einschließlich Einschränkungen in Bereichen wie Bewegungsfreiheit, Heirat, Bildung, Gesundheit und Beschäftigung ebenso wie Beschlagnahme von Grund und Boden, Zwangsarbeit, willkürliche Festnahmen und Schikanierung durch die Behörden;

G.

in der Erwägung, dass im Laufe der Jahre schätzungsweise 1 Million Rohingya aufgrund der anhaltenden Verfolgung in Nachbarstaaten geflüchtet sind; in der Erwägung, dass allein 300 000 nach Bangladesch geflohen sind, wo ihre Lage langfristig ungeklärt ist, und dass die Regierungsstellen von Bangladesh die internationalen nichtstaatlichen humanitären Hilfsorganisationen, die nicht registrierten Flüchtlingen sowie auch der ansässigen Bevölkerung im Distrikt Cox’s Bazar grundlegende Gesundheitsdienste und Nahrung bereitstellen, vor kurzem aufgefordert haben, ihre Arbeit einzustellen, und nun Berichten zufolge Rohingya, die Asylanträge stellen, ausweisen;

H.

in der Erwägung, dass der Dienst für humanitäre Hilfe der Kommission (ECHO) im Jahr 2012 Hilfsmittel in Höhe von 10 Mio. EUR für die Unterstützung von Rohingya-Flüchtlingen und der Bevölkerung des Gastlandes Bangladesh bereitstellt;

I.

in der Erwägung, dass die Regierung von Burma/Myanmar am 17. August 2012 eine unabhängige Untersuchungskommission eingesetzt hat, die aus 27 Vertretern der Zivilgesellschaft und politischer und religiöser Vereinigungen besteht und die die Ursachen des Ausbruchs der religiös motivierten Gewalt analysieren sowie Empfehlungen abgeben soll;

1.

ist bestürzt über die anhaltenden ethnisch motivierten Ausschreitungen im Westen von Burma/Myanmar, bei denen es zu zahlreichen Todesopfern und Verletzten, zur Zerstörung von Eigentum und zur Vertreibung der lokalen Bevölkerung gekommen ist, und äußert seine Besorgnis, dass diese Zusammenstöße zwischen den Bevölkerungsgruppen den Übergang zur Demokratie in Burma/Myanmar gefährden könnten;

2.

fordert alle Parteien auf, Zurückhaltung zu üben, und fordert die Regierungsstellen von Burma/Myanmar auf, den willkürlichen Festnahmen von Rohingya ein Ende zu bereiten, den Verbleib Hunderter von Menschen offen zu legen, die seit Beginn der Sicherheitsoperationen im Rakhaing-Staat im Juni 2012 festgehalten werden, und jene Personen freizulassen, die willkürlich festgenommen wurden;

3.

fordert die Regierung von Burma/Myanmar dringend auf, UN-Agenturen und humanitären NRO sowie Journalisten und Diplomaten ungehinderten Zugang zu allen Gebieten des Rakhaing-Staates zu gewähren, den uneingeschränkten Zugang zu humanitären Hilfsleistungen für alle betroffenen Bevölkerungsgruppen sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass vertriebene Rohingya Bewegungsfreiheit genießen und an ihren Wohnort zurückkehren können, sobald dies in Sicherheit möglich ist;

4.

begrüßt die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission, bedauert jedoch, dass sie keinen Vertreter der Rohingya umfasst;

5.

fordert die Regierung von Burma/Myanmar auf, die Verantwortlichen für die gewaltsamen Zusammenstöße und andere damit zusammenhängende Fälle von Missbrauch im Rakhaing-Staat vor Gericht zu bringen und die extremistischen Gruppen, die ethisch motivierte Zusammenstöße anzetteln, humanitäre und internationale Agenturen bedrohen und für die Ausweisung oder dauerhafte Trennung der beiden Gemeinschaften eintreten, unter Kontrolle zu halten;

6.

fordert den EAD auf, die Regierung von Burma/Myanmar in jeder Hinsicht in ihren Bemühungen zu unterstützen, die Lage zu stabilisieren, Programme zur Förderung der Aussöhnung umzusetzen, einen umfassenderen Plan für die sozio-ökonomische Entwicklung im Rakhaing-Staat zu entwerfen und Burma/Myanmar auf dem Weg zur Demokratie voranzubringen;

7.

drückt jenen Bürgern von Burma/Myanmar seine Hochachtung aus, die ihre Stimme zur Unterstützung der muslimischen Minderheit und einer pluralistischen Gesellschaft erhoben haben, und fordert die politischen Kräfte auf, in diesem Sinne klar Stellung zu beziehen; ist der Ansicht, dass ein integrativer Dialog mit lokalen Gemeinschaften ein wichtiges Element im Hinblick auf die Milderung der ethnischen Probleme in Burma/Myanmar sein könnte;

8.

fordert nachdrücklich, dass die Rohingya-Minderheit bei der sich nun abzeichnenden Öffnung zu einem multikulturellen Burma/Myanmar nicht ausgegrenzt werden darf, und fordert die Regierung auf, das Bürgerschaftsgesetz von 1982 abzuändern und in Einklang mit internationalen Menschenrechtsnormen sowie ihren Verpflichtungen nach Artikel 7 des VN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes zu bringen, indem den Rohingya und anderen staatenlosen Minderheiten die Bürgerrechte gewährt werden und die Gleichbehandlung aller Bürger von Burma/Myanmar sichergestellt und sämtlichen Diskriminierungen dadurch Einhalt geboten wird;

9.

ist besorgt über die Festnahme von 14 Mitarbeitern internationaler Hilfsorganisationen während der Unruhen und fordert die sofortige Freilassung jener fünf Personen, die noch immer im Gefängnis sind;

10.

fordert die Regierung von Burma/Myanmar auf, dem VN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte die Einreise nicht zu verweigern, damit er eine unabhängige Untersuchung der Fälle von Missbrauch im Rakhaing-Staat durchführen kann; fordert das OHCHR auf, ein Büro in Burma/Myanmar mit einem umfassenden Mandat für Schutz, Demokratieförderung und technische Hilfe sowie Dienststellen in den einzelnen Bundesstaaten einschließlich des Rakhaing-Staates zu eröffnen;

11.

legt der Regierung von Burma/Myanmar nahe, weiterhin demokratische Reformen durchzuführen, die Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen und die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, insbesondere der Meinungsfreiheit und der Vereinigungsfreiheit (auch im Internet), zu gewährleisten;

12.

fordert alle Länder der Region auf, den Flüchtlingen aus Burma/Myanmar Hilfe zu leisten und die Regierung von Burma/Myanmar dabei zu unterstützen, gerechte Lösungen, die bei den zugrundeliegenden Ursachen ansetzen, zu finden;

13.

fordert insbesondere Bangladesh auf, weiterhin die von den Gebern geleistete Unterstützung sowie alle weiteren Hilfsmaßnahmen zu akzeptieren und es den humanitären Hilfsorganisationen zu ermöglichen, ihre Arbeit im Land fortzusetzen, insbesondere im Lichte der Vorfälle im Rakhaing-Staat und der dadurch ausgelösten Ströme von Flüchtlingen, die dringend eine Grundversorgung benötigen;

14.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung den Regierungen und Parlamenten von Burma/Myanmar und Bangladesh, der Hohen Vertreterin der Union, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der ASEAN, der zwischenstaatlichen ASEAN-Menschenrechtskommission, dem VN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen und dem UN-Menschenrechtsrat zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2012)0142.


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