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Document 32008H0506(01)

Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen (Text von Bedeutung für den EWR)

ABl. C 111 vom 6.5.2008, p. 1–7 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

6.5.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 111/1


EMPFEHLUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 23. April 2008

zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2008/C 111/01)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 149 Absatz 4 und Artikel 150 Absatz 4,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Individuelle Entwicklung, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und der soziale Zusammenhalt in der Gemeinschaft hängen entscheidend vom Ausbau und von der Anerkennung der Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen der Bürger ab. Der Ausbau und die Anerkennung sollten die transnationale Mobilität von Beschäftigten und Lernenden erleichtern und dazu beitragen, dass den Anforderungen von Angebot und Nachfrage des europäischen Arbeitsmarkts entsprochen wird. Deshalb sollten der Zugang zum und die Teilnahme am lebenslangen Lernen für alle — auch für benachteiligte Menschen — und die Nutzung von Qualifikationen auf nationaler und auf Gemeinschaftsebene gefördert und verbessert werden.

(2)

Auf seiner Tagung in Lissabon im Jahr 2000 ist der Europäische Rat zu dem Schluss gelangt, dass eine größere Transparenz der Befähigungsnachweise ein wesentlicher Bestandteil der Anpassung der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in der Gemeinschaft an die Anforderungen der Wissensgesellschaft bilden sollte. Auf seiner Tagung in Barcelona im Jahr 2002 hat der Europäische Rat ferner sowohl eine engere Zusammenarbeit im Universitätsbereich als auch die Verbesserung der Transparenz und Methoden zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsbildungssystemen gefordert.

(3)

In seiner Entschließung vom 27. Juni 2002 zum lebensbegleitenden Lernen (4) hat der Rat die Kommission ersucht, in enger Zusammenarbeit mit dem Rat und den Mitgliedstaaten einen Rahmen für die Anerkennung von Qualifikationen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung auszuarbeiten, wobei die Ergebnisse des Bologna-Prozesses als Grundlage dienen und vergleichbare Maßnahmen auf dem Gebiet der beruflichen Bildung angestrebt werden sollten.

(4)

Die gemeinsamen Berichte des Rates und der Kommission zur Umsetzung des Arbeitsprogramms „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“, die im Jahr 2004 und 2006 angenommen wurden, betonen die Notwendigkeit der Entwicklung eines Europäischen Qualifikationsrahmens.

(5)

Im Kontext des Kopenhagen-Prozesses haben die Schlussfolgerungen des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 15. November 2004 über die künftigen Prioritäten einer verstärkten europäischen Zusammenarbeit bei der beruflichen Bildung der Entwicklung eines offenen und flexiblen Europäischen Qualifikationsrahmens, gestützt auf Transparenz und gegenseitiges Vertrauen, der als gemeinsamer Bezugsrahmen sowohl für berufliche Bildung als auch für das Hochschulwesen dienen soll, Vorrang eingeräumt.

(6)

Die Validierung nicht formalen und informellen Lernens sollte gemäß den Schlussfolgerungen des Rates vom 28. Mai 2004 über gemeinsame europäische Grundsätze für die Ermittlung und Validierung von nicht formalem und informellem Lernen gefördert werden.

(7)

Bei den Tagungen des Europäischen Rates in Brüssel im März 2005 und im März 2006 ist die Bedeutung der Verabschiedung eines Europäischen Qualifikationsrahmens betont worden.

(8)

Diese Empfehlung trägt der Entscheidung Nr. 2241/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 über ein einheitliches gemeinschaftliches Rahmenkonzept zur Förderung der Transparenz bei Qualifikationen und Kompetenzen (Europass) (5) sowie der Empfehlung 2006/962/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zu Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen (6) Rechnung.

(9)

Diese Empfehlung steht in Einklang mit dem Rahmen für den Europäischen Hochschulraum und die Zyklus-Deskriptoren, den die für die Hochschulbildung zuständigen Minister von 45 europäischen Staaten auf ihrer Tagung am 19. und 20. Mai 2005 in Bergen im Rahmen des Bologna-Prozesses vereinbart haben.

(10)

Die Schlussfolgerungen des Rates zur Qualitätssicherung in der beruflichen Bildung vom 23. und 24. Mai 2004, die Empfehlung 2006/143/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Februar 2006 über die verstärkte europäische Zusammenarbeit zur Qualitätssicherung in der Hochschulbildung (7) und die von den für die Hochschulbildung zuständigen Ministern im Mai 2005 auf ihrer Tagung in Bergen vereinbarten Normen und Richtlinien für die Qualitätssicherung im Europäischen Hochschulraum enthalten gemeinsame Grundsätze für die Qualitätssicherung, auf die sich die Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens stützen sollte.

(11)

Diese Empfehlung lässt die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (8) unberührt, mit der sowohl den zuständigen nationalen Stellen als auch den Migranten Rechte und Pflichten übertragen werden. Der Verweis auf die Niveaus des Europäischen Qualifikationsrahmens darf keine Auswirkungen auf den Zugang zum Arbeitsmarkt haben, wenn Berufsqualifikationen gemäß der Richtlinie 2005/36/EG anerkannt wurden.

(12)

Diese Empfehlung verfolgt das Ziel, einen gemeinsamen Referenzrahmen als Übersetzungsinstrument zwischen verschiedenen Qualifikationssystemen und deren Niveaus zu schaffen, und zwar sowohl für die allgemeine und die Hochschulbildung als auch für die berufliche Bildung. Dies wird zu einer besseren Transparenz, Vergleichbarkeit und Übertragbarkeit der Qualifikationsbescheinigungen führen, die den Bürgern gemäß der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten ausgestellt wurden. Jedes Qualifikationsniveau sollte grundsätzlich auf verschiedenen Bildungs- und Karrierewegen erreichbar sein. Darüber hinaus sollte der Europäische Qualifikationsrahmen den internationalen sektoralen Organisationen ermöglichen, ihre Qualifikationssysteme auf einen gemeinsamen europäischen Referenzpunkt zu beziehen und so die Beziehung internationaler sektoraler Qualifikationen zu nationalen Qualifikationssystemen aufzeigen. Diese Empfehlung leistet daher einen Beitrag zu den allgemeineren Zielen der Förderung des lebenslangen Lernens und der Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit, Mobilität und sozialen Integration von Arbeitskräften und Lernenden. Transparente Qualitätssicherungsgrundsätze und der Austausch von Informationen werden ihre Umsetzung durch die Entwicklung gegenseitigen Vertrauens fördern.

(13)

Diese Empfehlung sollte der Modernisierung des Bildungs- und Ausbildungssystems, der Kopplung zwischen Bildung, Ausbildung und Beschäftigung sowie der Brückenbildung zwischen formalem, nicht formalem und informellem Lernen dienen und auch zur Validierung von durch Erfahrungen erlangten Lernergebnissen beitragen.

(14)

Die nationalen Qualifikationssysteme und/oder Qualifikationen werden durch diese Empfehlung weder ersetzt noch definiert. Der Europäische Qualifikationsrahmen beschreibt keine spezifischen Qualifikationen oder Einzelkompetenzen, und bestimmte Qualifikationen sollten über das jeweilige nationale Qualifikationssystem dem entsprechenden Niveau des Europäischen Qualifikationsrahmens zugeordnet werden.

(15)

Aufgrund ihrer nicht verbindlichen Natur steht diese Empfehlung im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip, da sie das Tätigwerden der Mitgliedstaaten unterstützt und ergänzt indem sie eine engere Zusammenarbeit mit dem Ziel ermöglicht, die Transparenz zu erhöhen und die Mobilität sowie das lebenslange Lernen zu fördern. Sie sollte im Einklang mit der nationalen Gesetzgebung und Praxis umgesetzt werden.

(16)

Da das Ziel dieser Empfehlung, nämlich einen gemeinsamen Referenzrahmen als Übersetzungsinstrument zwischen verschiedenen Qualifikationssystemen und deren Niveaus zu schaffen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahmen besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Empfehlung nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus —

EMPFEHLEN DEN MITGLIEDSTAATEN:

1.

den Europäischen Qualifikationsrahmen als Referenzinstrument zu verwenden, um die Qualifikationsniveaus verschiedener Qualifikationssysteme zu vergleichen und sowohl das lebenslange Lernen und die Chancengleichheit in der wissensbasierten Gesellschaft als auch die weitere Integration des europäischen Arbeitsmarkts zu fördern, wobei die Vielfalt der nationalen Bildungssysteme zu respektieren ist;

2.

ihre nationalen Qualifikationssysteme bis 2010 an den Europäischen Qualifikationsrahmen zu koppeln, insbesondere indem sie ihre Qualifikationsniveaus auf transparente Art und Weise mit den in Anhang II aufgeführten Niveaus verknüpfen und im Einklang mit der nationalen Gesetzgebung und Praxis gegebenenfalls nationale Qualifikationsrahmen erarbeiten;

3.

gegebenenfalls Maßnahmen zu erlassen, damit bis 2012 alle neuen Qualifikationsbescheinigungen, Diplome und Europass-Dokumente, die von den dafür zuständigen Stellen ausgestellt werden, über die nationalen Qualifikationssysteme einen klaren Verweis auf das zutreffende Niveau des Europäischen Qualifikationsrahmens enthalten;

4.

bei der Beschreibung und Definition von Qualifikationen einen Ansatz zu verwenden, der auf Lernergebnissen beruht, und die Validierung nicht formalen und informellen Lernens gemäß den gemeinsamen europäischen Grundsätzen, die in den Schlussfolgerungen des Rates vom 28. Mai 2004 vereinbart wurden, zu fördern, wobei besonderes Augenmerk auf die Bürger zu richten ist, die sehr wahrscheinlich von Arbeitslosigkeit und unsicheren Arbeitsverhältnissen bedroht sind und in Bezug auf die ein derartiger Ansatz zu einer stärkeren Teilnahme am lebenslangen Lernen und zu einem besseren Zugang zum Arbeitsmarkt beitragen könnte;

5.

bei der Koppelung der im Rahmen der Hochschulbildung und der beruflichen Bildung erworbenen Qualifikationen innerhalb der nationalen Qualifikationssysteme an den Europäischen Qualifikationsrahmen die in Anhang III dargelegten Grundsätze für die Qualitätssicherung in der allgemeinen und beruflichen Bildung zu fördern und anzuwenden;

6.

nationale, mit den spezifischen Strukturen der Mitgliedstaaten verbundene und ihren jeweiligen Anforderungen genügende Koordinierungsstellen zu benennen, die die Beziehung zwischen den nationalen Qualifikationssystemen und dem Europäischen Qualifikationsrahmen unterstützen und zusammen mit anderen zuständigen nationalen Behörden lenken, um die Qualität und die Transparenz dieser Beziehung zu fördern.

Diese nationalen Koordinierungsstellen sollten unter anderem folgende Aufgaben erfüllen:

a)

Verknüpfung der Qualifikationsniveaus der nationalen Qualifikationssysteme mit den in Anhang II beschriebenen Niveaus des Europäischen Qualifikationsrahmens;

b)

Gewährleistung einer transparenten Methodik, mit deren Hilfe nationale Qualifikationsniveaus mit dem Europäischen Qualifikationsrahmen verknüpft werden, um die Vergleichbarkeit zwischen diesen zu erleichtern, und Gewährleistung der Veröffentlichung der daraus folgenden Entscheidungen;

c)

Sicherstellung des Zugangs der Betroffenen zu Informationen und Leitlinien darüber, wie nationale Qualifikationen über die nationalen Qualifikationssysteme an den Europäischen Qualifikationsrahmen gekoppelt werden;

d)

Förderung der Einbindung aller wichtigen Betroffenen, wozu — im Einklang mit der nationalen Gesetzgebung und Praxis — auch Einrichtungen der Hochschulbildung und der beruflichen Bildung, Sozialpartner, Sektoren und Experten im Bereich des Vergleichs und der Nutzung von Qualifikationen auf europäischer Ebene gehören;

BILLIGEN DIE ABSICHT DER KOMMISSION:

1.

die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der oben angeführten Aufgaben und internationale sektorale Organisationen bei der Verwendung der Referenzniveaus und der in dieser Empfehlung dargelegten Grundsätze des Europäischen Qualifikationsrahmens zu unterstützen, vor allem dadurch, dass sie die Zusammenarbeit, den Austausch bewährter Verfahren und die praktische Erprobung — unter anderem durch die freiwillige gegenseitige Begutachtung und die Durchführung von Pilotprojekten im Rahmen von Gemeinschaftsprogrammen sowie durch die Einleitung von Maßnahmen zur Information und Anhörung der mit dem sozialen Dialog befassten Ausschüsse — fördert und unterstützende Materialien und Leitfäden ausarbeitet;

2.

bis 23. April 2009 eine beratende Gruppe für den Europäischen Qualifikationsrahmen, die Vertreter der Mitgliedstaaten, der europäischen Sozialpartner und gegebenenfalls andere Betroffene umfasst, einzurichten, die dafür zuständig ist, für die Gesamtkohärenz des Prozesses der Koppelung von Qualifikationssystemen an den Europäischen Qualifikationsrahmen zu sorgen und dessen Transparenz zu fördern;

3.

die auf diese Empfehlung hin durchgeführten Maßnahmen, unter anderem auch das Mandat und den Zeitrahmen für die beratende Gruppe, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten nach Anhörung der Betroffenen zu beurteilen und zu bewerten und dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 23. April 2013 einen Bericht über die gewonnenen Erfahrungen sowie Schlussfolgerungen für die Zukunft vorzulegen; dies schließt erforderlichenfalls eine Überprüfung und Überarbeitung dieser Empfehlung ein;

4.

enge Verknüpfungen zwischen dem Europäischen Qualifikationsrahmen und bestehenden oder künftigen europäischen Systemen zur Anrechnung und Akkumulierung von Studienleistungen an Hochschulen und bei der Berufsausbildung zu fördern, um die Mobilität der Bürger zu verbessern und die Anerkennung der Lernergebnisse zu erleichtern.

Geschehen zu Straßburg am 23. April 2008.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

H.-G. PÖTTERING

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LANARČIČ


(1)  ABl. C 175 vom 27.7.2007, S. 74.

(2)  ABl. C 146 vom 30.6.2007, S. 77.

(3)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 24. Oktober 2007 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 14. Februar 2008.

(4)  ABl. C 163 vom 9.7.2002, S. 1.

(5)  ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 6.

(6)  ABl. L 394 vom 30.12.2006, S. 10.

(7)  ABl. L 64 vom 4.3.2006, S. 60.

(8)  ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22. Richtlinie geändert durch die Richtlinie 2006/100/EG des Rates (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 141).


ANHANG I

Begriffsbestimmungen

Im Sinne der Empfehlung bezeichnet der Ausdruck:

a)

„Qualifikation“ das formale Ergebnis eines Beurteilungs- und Validierungsprozesses, bei dem eine dafür zuständige Stelle festgestellt hat, dass die Lernergebnisse einer Person vorgegebenen Standards entsprechen;

b)

„nationales Qualifikationssystem“ alle Aspekte der Maßnahmen eines Mitgliedstaats, die mit der Anerkennung von Lernen zu tun haben, sowie sonstige Mechanismen, die einen Bezug zwischen der allgemeinen und beruflichen Bildung einerseits und dem Arbeitsmarkt und der Zivilgesellschaft andererseits herstellen. Dazu zählen die Ausarbeitung und Umsetzung institutioneller Regelungen und Prozesse im Zusammenhang mit der Qualitätssicherung sowie der Beurteilung und der Vergabe von Qualifikationen. Ein nationales Qualifikationssystem kann aus mehreren Teilsystemen bestehen und einen nationalen Qualifikationsrahmen umfassen;

c)

„nationaler Qualifikationsrahmen“ ein Instrument zur Klassifizierung von Qualifikationen anhand eines Bündels von Kriterien zur Bestimmung des jeweils erreichten Lernniveaus; Ziel ist die Integration und Koordination nationaler Qualifikationsteilsysteme und die Verbesserung der Transparenz, des Zugangs, des fortschreitenden Aufbaus und der Qualität von Qualifikationen im Hinblick auf den Arbeitsmarkt und die Zivilgesellschaft;

d)

„Sektor“ eine Zusammenfassung beruflicher Tätigkeiten anhand ihrer wichtigsten Wirtschaftsfunktion, ihres wichtigsten Produkts, ihrer wichtigsten Dienstleistung oder ihrer wichtigsten Technik;

e)

„internationale sektorale Organisation“ eine Vereinigung nationaler Organisationen, wozu z. B. Arbeitgeber- und Berufsverbände gehören, die die Interessen nationaler Sektoren vertritt;

f)

„Lernergebnisse“ Aussagen darüber, was ein Lernender weiß, versteht und in der Lage ist zu tun, nachdem er einen Lernprozess abgeschlossen hat. Sie werden als Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen definiert;

g)

„Kenntnisse“ das Ergebnis der Verarbeitung von Information durch Lernen. Kenntnisse bezeichnen die Gesamtheit der Fakten, Grundsätze, Theorien und Praxis in einem Arbeits- oder Lernbereich. Im Europäischen Qualifikationsrahmen werden Kenntnisse als Theorie- und/oder Faktenwissen beschrieben;

h)

„Fertigkeiten“ die Fähigkeit, Kenntnisse anzuwenden und Know-how einzusetzen, um Aufgaben auszuführen und Probleme zu lösen. Im Europäischen Qualifikationsrahmen werden Fertigkeiten als kognitive Fertigkeiten (logisches, intuitives und kreatives Denken) und praktische Fertigkeiten (Geschicklichkeit und Verwendung von Methoden, Materialien, Werkzeugen und Instrumenten) beschrieben;

i)

„Kompetenz“ die nachgewiesene Fähigkeit, Kenntnisse, Fertigkeiten sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten in Arbeits- oder Lernsituationen und für die berufliche und/oder persönliche Entwicklung zu nutzen. Im Europäischen Qualifikationsrahmen wird Kompetenz im Sinne der Übernahme von Verantwortung und Selbstständigkeit beschrieben.


ANHANG II

Deskriptoren zur Beschreibung der Niveaus des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR)

Jedes der acht Niveaus wird durch eine Reihe von Deskriptoren definiert, die die Lernergebnisse beschreiben, die für die Erlangung der diesem Niveau entsprechenden Qualifikationen in allen Qualifikationssystemen erforderlich sind

 

Kenntnisse

Fertigkeiten

Kompetenz

 

Im Zusammenhang mit dem EQR werden Kenntnisse als Theorie- und/oder Faktenwissen beschrieben

Im Zusammenhang mit dem EQR werden Fertigkeiten als kognitive Fertigkeiten (unter Einsatz logischen, intuitiven und kreativen Denkens) und praktische Fertigkeiten (Geschicklichkeit und Verwendung von Methoden, Materialien, Werkzeugen und Instrumenten) beschrieben

Im Zusammenhang mit dem EQR wird Kompetenz im Sinne der Übernahme von Verantwortung und Selbstständigkeit beschrieben

Niveau 1

Zur Erreichung von Niveau 1 erforderliche Lernergebnisse

grundlegendes Allgemeinwissen

grundlegende Fertigkeiten, die zur Ausführung einfacher Aufgaben erforderlich sind

Arbeiten oder Lernen unter direkter Anleitung in einem vorstrukturierten Kontext

Niveau 2

Zur Erreichung von Niveau 2 erforderliche Lernergebnisse

grundlegendes Faktenwissen in einem Arbeits- oder Lernbereich

grundlegende kognitive und praktische Fertigkeiten, die zur Nutzung relevanter Informationen erforderlich sind, um Aufgaben auszuführen und Routine-probleme unter Verwendung einfacher Regeln und Werkzeuge zu lösen

Arbeiten oder Lernen unter Anleitung mit einem gewissen Maß an Selbstständigkeit

Niveau 3

Zur Erreichung von Niveau 3 erforderliche Lernergebnisse

Kenntnisse von Fakten, Grundsätzen, Verfahren und allgemeinen Begriffen in einem Arbeits- oder Lernbereich

eine Reihe kognitiver und praktischer Fertigkeiten zur Erledigung von Aufgaben und zur Lösung von Problemen, wobei grundlegende Methoden, Werkzeuge, Materialien und Informationen ausgewählt und angewandt werden

Verantwortung für die Erledigung von Arbeits- oder Lernaufgaben übernehmen

bei der Lösung von Problemen das eigene Verhalten an die jeweiligen Umstände anpassen

Niveau 4

Zur Erreichung von Niveau 4 erforderliche Lernergebnisse

breites Spektrum an Theorie- und Faktenwissen in einem Arbeits- oder Lernbereich

eine Reihe kognitiver und praktischer Fertigkeiten, die erforderlich sind, um Lösungen für spezielle Probleme in einem Arbeits- oder Lernbereich zu finden

selbstständiges Tätigwerden innerhalb der Handlungsparameter von Arbeits- oder Lernkontexten, die in der Regel bekannt sind, sich jedoch ändern können

Beaufsichtigung der Routinearbeit anderer Personen, wobei eine gewisse Verantwortung für die Bewertung und Verbesserung der Arbeits- oder Lernaktivitäten übernommen wird

Niveau 5 (1)

Zur Erreichung von Niveau 5 erforderliche Lernergebnisse

umfassendes, spezialisiertes Theorie- und Faktenwissen in einem Arbeits- oder Lernbereich sowie Bewusstsein für die Grenzen dieser Kenntnisse

umfassende kognitive und praktische Fertigkeiten die erforderlich sind, um kreative Lösungen für abstrakte Probleme zu erarbeiten

Leiten und Beaufsichtigen in Arbeits- oder Lernkontexten, in denen nicht vorhersehbare Änderungen auftreten

Überprüfung und Entwicklung der eigenen Leistung und der Leistung anderer Personen

Niveau 6 (2)

Zur Erreichung von Niveau 6 erforderliche Lernergebnisse

fortgeschrittene Kenntnisse in einem Arbeits- oder Lernbereich unter Einsatz eines kritischen Verständnisses von Theorien und Grundsätzen

fortgeschrittene Fertigkeiten, die die Beherrschung des Faches sowie Innovationsfähigkeit erkennen lassen, und zur Lösung komplexer und nicht vorhersehbarer Probleme in einem spezialisierten Arbeits- oder Lernbereich nötig sind

Leitung komplexer fachlicher oder beruflicher Tätigkeiten oder Projekte und Übernahme von Entscheidungsverantwortung in nicht vorhersehbaren Arbeits- oder Lernkontexten

Übernahme der Verantwortung für die berufliche Entwicklung von Einzelpersonen und Gruppen

Niveau 7 (3)

Zur Erreichung von Niveau 7 erforderliche Lernergebnisse

hoch spezialisiertes Wissen, das zum Teil an neueste Erkenntnisse in einem Arbeits- oder Lernbereich anknüpft, als Grundlage für innovative Denkansätze und/oder Forschung

kritisches Bewusstsein für Wissensfragen in einem Bereich und an der Schnittstelle zwischen verschiedenen Bereichen

spezialisierte Problemlösungsfertigkeiten im Bereich Forschung und/oder Innovation, um neue Kenntnisse zu gewinnen und neue Verfahren zu entwickeln sowie um Wissen aus verschiedenen Bereichen zu integrieren

Leitung und Gestaltung komplexer, unvorhersehbarer Arbeits- oder Lernkontexte, die neue strategische Ansätze erfordern

Übernahme von Verantwortung für Beiträge zum Fachwissen und zur Berufspraxis und/oder für die Überprüfung der strategischen Leistung von Teams

Niveau 8 (4)

Zur Erreichung von Niveau 8 erforderliche Lernergebnisse

Spitzenkenntnisse in einem Arbeits- oder Lernbereich und an der Schnittstelle zwischen verschiedenen Bereichen

weitest fortgeschrittene und spezialisierte Fertigkeiten und Methoden, einschließlich Synthese und Evaluierung, zur Lösung zentraler Fragestellungen in den Bereichen Forschung und/oder Innovation und zur Erweiterung oder Neudefinition vorhandener Kenntnisse oder beruflicher Praxis

fachliche Autorität, Innovationsfähigkeit, Selbstständigkeit, wissenschaftliche und berufliche Integrität und nachhaltiges Engagement bei der Entwicklung neuer Ideen oder Verfahren in führenden Arbeits- oder Lernkontexten, einschließlich der Forschung

Der Qualifikationsrahmen für den Europäischen Hochschulraum bietet Deskriptoren für Studienzyklen.

Jeder Deskriptor für einen Studienzyklus formuliert eine allgemeine Aussage über gängige Erwartungen betreffend Leistungen und Fähigkeiten, die mit Qualifikationen am Ende eines Studienzyklus verbunden sind.


(1)  Der Deskriptor für den Kurzstudiengang (innerhalb des ersten Studienzyklus oder in Verbindung damit), der von der Joint Quality Initiative als Teil des Bologna-Prozesses entwickelt wurde, entspricht den zur Erreichung von EQR-Niveau 5 erforderlichen Lernergebnissen.

(2)  Der Deskriptor für den ersten Studienzyklus des Qualifikationsrahmens für den Europäischen Hochschulraum, der von den für die Hochschulbildung zuständigen Ministern auf ihrer Tagung im Mai 2005 in Bergen im Rahmen des Bologna-Prozesses beschlossen wurde, entspricht den zur Erreichung von EQR-Niveau 6 erforderlichen Lernergebnissen.

(3)  Der Deskriptor für den zweiten Studienzyklus des Qualifikationsrahmens für den Europäischen Hochschulraum, der von den für die Hochschulbildung zuständigen Ministern auf ihrer Tagung im Mai 2005 in Bergen im Rahmen des Bologna-Prozesses beschlossen wurde, entspricht den zur Erreichung von EQR-Niveau 7 erforderlichen Lernergebnissen.

(4)  Der Deskriptor für den dritten Studienzyklus des Qualifikationsrahmens für den Europäischen Hochschulraum, der von den für die Hochschulbildung zuständigen Ministern auf ihrer Tagung im Mai 2005 in Bergen im Rahmen des Bologna-Prozesses beschlossen wurde, entspricht den zur Erreichung von EQR-Niveau 8 erforderlichen Lernergebnissen.


ANHANG III

Gemeinsame Grundsätze für die Qualitätssicherung in der Hochschul- und Berufsbildung im Kontext des Europäischen Qualifikationsrahmens

Bei der Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens sollten, um die Rechenschaftspflicht und die Verbesserung der Hochschul- und Berufsbildung zu gewährleisten, für die Qualitätssicherung folgende Grundsätze gelten:

Qualitätssicherungsstrategien und -verfahren sollten allen Niveaustufen des Europäischen Qualifikationsrahmens zugrunde liegen,

die Qualitätssicherung sollte integraler Bestandteil der internen Verwaltung von Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung sein,

die Qualitätssicherung sollte die regelmäßige Evaluierung von Einrichtungen und deren Programmen und Qualitätssicherungssystemen durch externe Prüforgane oder -stellen einschließen,

externe Prüforgane oder -stellen, die Qualitätssicherung durchführen, sollten selbst regelmäßig überprüft werden,

Qualitätssicherung sollte die Dimensionen Kontext, Input, Prozess und Output umfassen und den Schwerpunkt auf Output und Lernergebnisse legen,

Qualitätssicherungssysteme sollten folgende Elemente beinhalten:

klare und messbare Ziele und Standards; Leitlinien für die Umsetzung, darunter die Einbindung der Betroffenen,

angemessene Ressourcen,

einheitliche Evaluierungsmethoden, die Selbstbewertung und externe Prüfung miteinander verbinden,

Feedbackmechanismen und Verfahren zur Verbesserung,

allgemein zugängliche Evaluierungsergebnisse,

Initiativen zur Qualitätssicherung auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene sollten koordiniert werden, um für den Übersichtlichkeit, Kohärenz, Synergie und eine das gesamte System umfassende Analyse zu sorgen,

Qualitätssicherung sollte ein Prozess sein, bei dem über alle Niveaustufen und Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung hinweg zusammengearbeitet wird, unter Beteiligung aller wichtigen Betroffenen in den Mitgliedstaaten und in der Gemeinschaft,

Leitlinien für die Qualitätssicherung auf Gemeinschaftsebene können als Bezugspunkte für Evaluierungen und Peer-Lernen dienen.


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