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Document 32007D0486

2007/486/EG: Entscheidung der Kommission vom 20. Dezember 2006 in einem Verfahren nach Artikel 65 des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Sache Nr. COMP/F/39.234 — Legierungszuschlag — Neuentscheidung) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6765)

ABl. L 182 vom 12.7.2007, p. 31–32 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2007/486/oj

12.7.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 182/31


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 20. Dezember 2006

in einem Verfahren nach Artikel 65 des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl

(Sache Nr. COMP/F/39.234 — Legierungszuschlag — Neuentscheidung)

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6765)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(2007/486/EG)

Am 20. Dezember 2006 nahm die Kommission eine Entscheidung in einem Verfahren nach Artikel 65 EGKS-Vertrag an. Gemäß Artikel 30 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates (1) veröffentlicht die Kommission hiermit die Namen der Beteiligten und den wesentlichen Inhalt der Entscheidung einschließlich der verhängten Sanktionen. Dabei trägt sie dem berechtigten Interesse der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Rechnung. Der vollständige Wortlaut der Entscheidung mit Ausnahme der Passagen, bei denen das Unternehmen einen berechtigten Anspruch auf vertrauliche Behandlung hat, kann in der verbindlichen Sprachfassung der Wettbewerbssache auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb unter folgender Adresse abgerufen werden: http://europa.eu.int/comm/competition/index_de.html

ADDRESSAT, UNTERNEHMEN, DAS DIE ZUWIDERHANDLUNG BEGANGEN HAT, UND ZUWIDERHANDLUNG

(1)

Die Entscheidung ist an TKS (ThyssenKrupp Stainless AG) gerichtet und betrifft das Verhalten von TS-AG (Thyssen Stahl AG). In einem Schreiben an die Kommission vom 23. Juli 1997 übernahm TKS von sich aus zumindest für die Jahre 1993 und 1994 ausdrücklich die Verantwortung für das Verhalten von TS-AG.

(2)

TS-AG war vom 16. Dezember 1993 bis zum 31. Dezember 1994, als das Unternehmen seine Tätigkeit im Geschäftsbereich für nichtrostenden Stahl einstellte, an einer einzigen und dauernden Zuwiderhandlung gegen Artikel 65 EGKS-Vertrag beteiligt, indem es die Preise für in diesem Geschäftsbereich verwendete Legierungen in Westeuropa festsetzte.

VERFAHREN

(3)

Die Entscheidung betrifft den Neuerlass der Entscheidung der Kommission 98/247/EGKS vom 21. Januar 1998 (2). Diese Entscheidung wurde von den Gemeinschaftsgerichten (3) aus verfahrensrechtlichen Gründen teilweise für nichtig erklärt. Die Gerichte stellten fest, dass die Kommission TKS 1998 wegen des Verhaltens von TS-AG mit Geldbußen belegt hatte, ohne dem Unternehmen zuvor Gelegenheit zu geben, zu diesem Verhalten Stellung zu nehmen. Damit wurde das Anhörungsrecht von TKS verletzt.

(4)

Am 24. April 2006 übermittelte die Kommission TKS eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, um die von den Gerichten festgestellten verfahrensrechtlichen Mängel auszuräumen.

FUNKTIONSWEISE DES KARTELLS

(5)

Bei dem Legierungszuschlag handelte es sich um einen Aufpreis, der entsprechend den Kursen der Legierungselemente berechnet wurde und der auf den Grundpreis für nichtrostenden Stahl aufgeschlagen wurde. Die Kosten der von den Stahlherstellern eingesetzten Legierungselemente (Nickel, Chrom und Molybdän) machten einen sehr hohen Anteil der gesamten Herstellungskosten aus. Die Kurse dieser Rohstoffe unterlagen außerordentlichen Schwankungen.

(6)

Die Preise für Legierungselemente und nichtrostenden Stahl gingen 1993 erheblich zurück. Nachdem der Nickelkurs ab September 1993 angestiegen war, verringerten sich die Erzeugerspannen beträchtlich. Angesichts dieser Situation vereinbarten die Hersteller von Flacherzeugnissen aus nichtrostendem Stahl eine Zusammenkunft in Madrid am 16. Dezember 1993. Nach dieser Zusammenkunft kam es zu zahlreichen Kontakten zwischen den Herstellern im Zusammenhang mit der Berechnung und der Anwendung des Legierungszuschlags.

(7)

In der Entscheidung wurde festgestellt, dass TS-AG zusammen mit anderen Unternehmen den Referenzwert der Formel zur Berechnung des Legierungszuschlags in abgestimmter Form änderte und diesen Referenzwert anwandte. Diese Handlungsweise hatte die Beschränkung und Verfälschung des Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt sowohl zum Ziel als auch zur Folge.

ANWENDUNG DES EGKS-VERTRAGS

(8)

Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die materiell-rechtlichen Vorschriften des EGKS-Vertrags auf die Zuwiderhandlung in Form eines Kartells anzuwenden sind, da der EGKS-Vertrag zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung (1993/1994) gültig war. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die lex mitior anzuwenden ist.

HAFTUNG VON TKS FÜR TS-AG

(9)

In der Entscheidung wird festgestellt, dass TKS in Anbetracht seiner Erklärung vom 23. Juli 1997 für das Verhalten von TS-AG verantwortlich ist. Zugleich wird klargestellt, dass sich die Entscheidung nicht auf das Konzept der wirtschaftlichen oder rechtlichen Nachfolge stützt.

(10)

Die Erklärung aus dem Jahr 1997 wurde von den Urteilen der Gemeinschaftsgerichte nicht in Frage gestellt und steht auch nicht im Widerspruch zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und der Entscheidungspraxis der Kommission.

VERJÄHRUNG

(11)

In der Entscheidung wird der Schluss gezogen, dass keine Verjährung vorliegt, da die maßgebliche Frist während der Gerichtsverfahren ausgesetzt war.

GELDBUSSEN

Grundbetrag

Schwere des Verstoßes

(12)

Damit eine nicht diskriminierende Behandlung der Adressaten der Entscheidung 98/247/EGKS der Kommission aus dem Jahr 1998 gewährleistet wird, wird der Verstoß als schwerwiegend angesehen (Geldbuße ab 4 Mio. EUR).

Dauer des Verstoßes

(13)

Der Grundbetrag wird um 10 % erhöht, da der Verstoß länger als ein Jahr anhielt (vom 16. Dezember 1993 bis zum 31. Dezember 1994).

Mildernde Umstände

(14)

Im Einklang mit der Entscheidung 98/247/EGKS aus dem Jahr 1998 wird der Grundbetrag um 10 % herabgesetzt, da die wirtschaftliche Lage des Sektors kritisch war.

Anwendung der Kronzeugenregelung aus dem Jahr 1996

(15)

In Anwendung der Mitteilung aus dem Jahr 1996 über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen und unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichts erster Instanz (4) ist die Geldbuße um weitere 20 % herabzusetzen, da TKS die Kommission bei der Aufklärung des Sachverhalts unterstützt hat. Die Geldbuße beläuft sich somit auf 3 168 000 EUR.


(1)  ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1.

(2)  Sache IV.35.814, Legierungszuschlag (ABl. L 100 vom 1.4.1998, S. 55).

(3)  Urteil vom 13. Dezember 2001 zu den verbundenen Rechtssachen T-45/98 und T-47/98, Krupp Thyssen Stainless GmbH und Acciai Terni SpA gegen Kommission, Slg. 2001, II-3757, und Urteil vom 14. Juli 2005 zu den verbundenen Rechtssachen C-65/02 P sowie C-73/02 P, ThyssenKrupp Stainless GmbH und ThyssenKrupp Acciai speciali Terni SpA gegen Kommission.

(4)  Urteil vom 13.12.2001 zu den verbundenen Rechtssachen T-45/98 und T-47/98,, Krupp Thyssen Stainless GmbH und Acciai Terni SpA gegen Kommission, Slg. 2001, II-3757, Rdnr. 281.


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