Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52007IP0152

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. April 2007 zu dem Grünbuch: Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts (2006/2207(INI))

    ABl. C 74E vom 20.3.2008, p. 653–658 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    52007IP0152

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. April 2007 zu dem Grünbuch: Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts (2006/2207(INI))

    Amtsblatt Nr. 074 E vom 20/03/2008 S. 0653 - 0658


    P6_TA(2007)0152

    Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. April 2007 zu dem Grünbuch: Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts (2006/2207(INI))

    Das Europäische Parlament,

    - in Kenntnis des Grünbuchs der Kommission: Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts (KOM(2005)0672) (Grünbuch über Schadenersatzklagen),

    - in Kenntnis des Berichts der Kommission über die Wettbewerbspolitik 2004 (SEK(2005)0805),

    - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 1961, in Beantwortung der vom Ministerrat der EWG zu dem Vorschlag einer ersten Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des EWG-Vertrags vom Parlament erbetenen Konsultation [1],

    - in Kenntnis der Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten bei der Bearbeitung von Fällen im Anwendungsbereich der Artikel 85 und 86 EG-Vertrag [2],

    - in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Lissabon vom 23./ 24. März 2000, von Göteborg vom 15./ 16. Juni 2001, von Laeken vom 14./ 15. Dezember 2001, von Barcelona vom 15./ 16. März 2002 sowie von Brüssel vom 20./ 21. März 2003, 25./ 26. März 2004, 22./ 23. März 2005 und 23./ 24. März 2006,

    - in Kenntnis des Berichts der Hochrangigen Sachverständigengruppe vom November 2004 mit dem Titel "Die Herausforderung annehmen — Die Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung",

    - unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln [3], die Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag durch die Kommission [4] und die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenchlüssen [5],

    - unter Hinweis auf die internationalen Instrumente, die das Recht auf wirksamen Rechtsschutz anerkennen, insbesondere die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie die dazugehörigen Protokolle,

    - unter Hinweis auf Artikel 6 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und deren Protokolle,

    - unter Hinweis auf Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union [6],

    - gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

    - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie der Stellungnahme des Rechtsausschusses (A6-0133/2007),

    A. in der Erwägung, dass die Wettbewerbspolitik von Beginn an Teil des Projekts der europäischen Integration und von entscheidender Bedeutung beim Aufbau der Europäischen Union ist,

    B. in der Erwägung, dass der freie und unverfälschte Wettbewerb unerlässlich ist für die Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Göteborg-Strategie und für die Vitalität des Binnenmarkts, die unternehmerische Exzellenz, die Interessen der Verbraucher und die Ziele der Europäischen Union, während wettbewerbswidrige Verhaltensweisen für die gleichen Zielsetzungen nachteilig sind,

    C. in der Erwägung, dass die Artikel 81 und 82 des Vertrags zwingende Vorschriften der öffentlichen Ordnung sind die unmittelbare Geltung haben und die von den zuständigen Behörden von Amts wegen anzuwenden sind; in der Erwägung, dass diese Vorschriften Rechte zwischen Einzelpersonen schaffen, die die nationalen Gerichte wirksam schützen müssen, und zwar im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, darunter dem Urteil in der Rechtssache 26/62, van Gend & Loos [7], das insbesondere als Präzedenzfall für nachfolgende Rechtssachen wichtig ist,

    D. in der Erwägung, dass die Wettbewerbsrechtsdurchsetzung in den Mitgliedstaaten primär über öffentlich-rechtliche Kanäle erfolgt und dass auf der Ebene der Mitgliedstaaten beträchtliche Unterschiede und Hindernisse bestehen, die potenzielle Kläger unter Umständen daran hindern, Entschädigungsklagen zu erheben,

    E. in der Erwägung, dass es Auffassung des Gerichtshofes ist, dass es im Falle fehlender Gemeinschaftsvorschriften über das Recht von Geschädigten, vor den nationalen Gerichten auf Schadenersatz zu klagen, Aufgabe des innerstaatlichen Rechtssystems jedes Mitgliedstaates ist, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und detaillierte Verfahrensregeln für Klagen zum Schutz von Rechten festzulegen, die Einzelpersonen direkt aus dem Gemeinschaftsrecht ableiten, vorausgesetzt, dass solche Regeln nicht weniger günstig sind als die, die für vergleichbare innerstaatliche Klagen gelten (im Einklang mit dem Äquivalenzgrundsatz) und dass sie die Ausübung der durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (im Einklang mit dem Effektivitätsgrundsatz),

    F. in der Erwägung, dass die seltene und nur in Ausnahmefällen erfolgende Nutzung privater Schadenersatzklagen vor den Gerichten der Mitgliedstaaten, wie in der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 vorgesehen, darauf hinweist, dass Maßnahmen notwendig sind, um die Erhebung von Schadenersatzklagen zu erleichtern; in der Erwägung, dass derartige Maßnahmen die Einhaltung des EG-Wettbewerbsrechts verbessern sollten, und zwar unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Verfahrens- und Beweisvorschriften in den Mitgliedstaaten; in der Erwägung, dass dies nicht zu einer Situation führen sollte, in der Unternehmen, die ein rechtmäßiges wirtschaftliches Verhalten an den Tag legen, einem ungebührlichen Risiko ausgesetzt werden, unbegründete Schadenersatzforderungen zu erfüllen oder ihr wirtschaftliches Verhalten zu ändern, um kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden,

    G. in der Erwägung, dass Verbraucher und Unternehmen, denen infolge einer Verletzung des Wettbewerbsrechts ein Schaden entstanden ist, Anspruch auf Entschädigung haben sollten,

    H. in der Erwägung, dass die Entwicklungen in den zivilprozessrechtlichen Regeln der Europäischen Union, insbesondere hinsichtlich des Zugangs zum Recht, nicht mit den jüngsten Entwicklungen des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts im Binnenmarkt Schritt gehalten haben,

    I. in der Erwägung, dass der Gerichtshof in der Rechtssache C-453/99 [8] entschieden hat, dass Einzelpersonen und Unternehmen zwecks Gewährleistung der uneingeschränkten Wirksamkeit des Artikels 81 des Vertrags Entschädigung für den Schaden verlangen können, der ihnen durch eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise, die den Wettbewerb einschränkt oder verfälscht, entstanden ist,

    J. in der Erwägung, dass die bestehenden Rechtsmittelmechanismen im Falle einer Verletzung des Wettbewerbsrechts auf europäischer Ebene nicht die uneingeschränkte Wirksamkeit von Artikel 81 des Vertrags gewährleisten, insbesondere im Hinblick auf die Geschädigten,

    K. in der Erwägung, dass viele Mitgliedstaaten Möglichkeiten prüfen, die Verbraucher besser zu schützen, indem sie Sammelklagen zulassen, und dass unterschiedliche Vorgehensweisen zur Verzerrung des Wettbewerbs im Binnenmarkt führen können,

    L. in der Erwägung, dass jedweder Vorschlag der Kommission in Bereichen, für die die Kommission nicht die ausschließliche Zuständigkeit besitzt, gemäß dem Vertrag den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit entsprechen muss,

    1. weist darauf hin, dass es den gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln an abschreckender Wirkung mangeln würde und ihre Effektivität zweifelhaft wäre, wenn denjenigen, die verbotene Praktiken anwenden, Vorteile auf dem Markt oder das Fehlen von Sanktionen für ihre Zuwiderhandlungen zugutekommen, weil ihre diesbezügliche Haftung auf Schadenersatz nicht uneingeschränkt geltend gemacht werden kann; vertritt die Auffassung, dass sowohl den Vertretern des Allgemeininteresses als auch Geschädigten Klagen erleichtert werden müssen;

    2. ist der Auffassung, dass Bürger bzw. Unternehmen, denen Verluste infolge einer Verletzung des Wettbewerbsrechts entstehen, die Möglichkeit haben sollten, Entschädigung für ihre Verluste zu verlangen;

    3. begrüßt die Tatsache, dass der Gerichtshof das Recht der Geschädigten wettbewerbswidriger Verhaltensweisen anerkannt hat, eigenständige oder Folgeklagen zu erheben, um Entschädigung zu erlangen; befürwortet daher das Grünbuch über Schadenersatzklagen und die darauf Bezug nehmenden Vorbereitungsarbeiten;

    4. fordert, dass rasche und gütliche außergerichtliche Regelungen begünstigt und bei Schadenersatzklagen wegen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen Prozessvergleiche erleichtert werden, damit eine wettbewerbs-, nicht jedoch prozessfördernde Wirkung erzielt wird, und weist darauf hin, dass die erwiesene Behebung des vom Rechtsverletzer verursachten Schadens vor Abschluss des Verfahrens als Milderungsgrund bei der Bemessung der Schadenersatzzahlungen betrachtet werden könnte; befürwortet auch, dass die Wettbewerbsbehörden in der Europäischen Union bis zu einem gewissen Grad die Aufgaben eines institutionellen Schlichters übernehmen können, indem sie auf Antrag der Parteien die Schlichtungsverfahren einschließlich der Benennung der Schlichter übernehmen;

    5. ist deshalb der Auffassung, dass in den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten effektive zivilrechtliche Verfahren vorgesehen werden müssen, mit deren Hilfe Entschädigung bei Verlusten wegen Verletzung des Wettbewerbsrechts verlangt werden kann;

    6. ist der Ansicht, dass die Einführung privater Schadenersatzklagen ergänzend wirken und mit der staatlichen Rechtsdurchsetzung in Einklang stehen muss, die damit strategischer und selektiver vorgehen und eine Konzentration auf die wichtigsten Fragen und die Fälle von größerer Relevanz anstreben kann; vertritt allerdings die Auffassung, dass eine solche Änderung der Prioritäten keine Rechtfertigung für eine unzureichende Ausstattung der Wettbewerbsbehörden sein darf;

    7. fordert, dass die Anwendung der Artikel 81 und 82 des Vertrags einheitlich erfolgt, unabhängig vom administrativen oder justiziellen Charakter der entscheidenden Behörde; ist der Ansicht, dass die Entscheidungen der Gerichte kohärent sein und gemeinsamen Grundsätzen der Sicherheit und Wirksamkeit gerecht werden müssen, damit Verzerrungen und Inkohärenzen in der Europäischen Union vermieden werden; vertritt die Auffassung, dass das Ziel darin bestehen sollte, Verfahren und eine Situation dahingehend zu schaffen, dass eine frühere und endgültige Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde oder eines nationalen Gerichts für alle Mitgliedstaaten verbindlich ist, sofern die Parteien und Umstände des Falls dieselben sind;

    8. unterstreicht die entscheidende Bedeutung einer wettbewerbsrechtlichen Ausbildung der Richter, um die Qualität ihrer Entscheidungen sicherzustellen, sowie des wesentlichen Erfordernisses, Verfahren in spezialisierten oder hochqualifizierten Instanzen abzuwickeln;

    9. befürwortet, dass alle Gerichte, die die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln anwenden, erforderlichenfalls vorläufige Maßnahmen anordnen, Ermittlungen veranlassen und ihre Untersuchungsbefugnisse nutzen können müssen, um den Wettbewerb und die Rechte der Geschädigten zu schützen;

    10. betont, dass die nationalen Gerichte zwecks Feststellung der für die Anwendung der Artikel 81 und 82 des Vertrags relevanten Fakten Befugnisse haben müssen, die denjenigen vergleichbar sind, die den nationalen Wettbewerbsbehörden zugestanden werden, und dass die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden und den nationalen Gerichten sowie zwischen den einzelnen nationalen Gerichten verstärkt werden muss, um Kohärenz zu gewährleisten;

    11. unterstreicht, dass die zuständigen Behörden, die die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln anwenden, zur Feststellung der Beweislast über homogene Kriterien verfügen müssen; weist darauf hin, dass möglicherweise die Asymmetrie der den Parteien zur Verfügung stehenden Informationen berücksichtigt werden muss; empfiehlt, dass in Gerichtsverfahren ein Tatbestand als bewiesen gelten sollte, wenn das zuständige Gericht von der Existenz einer Zuwiderhandlung und eines Schadens sowie eines Kausalzusammenhangs zwischen beiden überzeugt ist;

    12. fordert, dass — vorbehaltlich einer vorherigen Anhörung der Gegenpartei außer in Notfällen — alle für die Anwendung des Wettbewerbsrechts zuständigen Justizbehörden über Befugnisse verfügen, um durch ihrer Kontrolle unterliegende verhältnismäßige Maßnahmen Zugang zu für die Entscheidung in Schadenersatzprozessen erheblichen Informationen einzufordern; weist darauf hin, dass bei dem Zugang zu für den Ausgang eines Prozesses erheblichen Informationen das Berufsgeheimnis in den Beziehungen zwischen Klient und Anwalt, die Geschäftsgeheimnisse von Wirtschaftsbeteiligten und die Rechtsvorschriften für Amtsgeheimnisse respektiert werden müssen; fordert die Kommission auf, innerhalb kürzester Frist eine Mitteilung über die Behandlung vertraulicher Informationen seitens der Behörden, die das gemeinschaftliche Wettbewerbsrecht anwenden, auszuarbeiten;

    13. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, zu akzeptieren, dass eine von einer nationalen Wettbewerbsbehörde getroffene Feststellung der Verletzung, sobald sie endgültig ist und gegebenenfalls nach Einlegung eines Rechtsmittels bestätigt wird, automatisch in zivilrechtlichen Verfahren einen Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden darstellt, in denen es um denselben Sachverhalt geht, sofern der Beklagte eine angemessene Gelegenheit gehabt hat, sich im Verwaltungsverfahren zu verteidigen;

    14. hält es außerdem für überflüssig, auf Gemeinschaftsebene die Notwendigkeit der Bestellung von Sachverständigen zu erörtern und vorzuschreiben;

    15. ist der Auffassung, dass die vorgeschlagene Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht ("Rom II") eine zufriedenstellende Lösung bieten sollte mit der Ausnahme der Fälle, in denen wettbewerbswidrige Verhaltensweisen den Wettbewerb in mehr als einem Mitgliedstaat beeinträchtigen, und dass man deshalb die Einführung einer Sonderregelung für solche Fälle in Erwägung ziehen sollte;

    16. fordert die nationalen Gerichte auf, beim Schutz vertraulicher Informationen und zur Wirksamkeit von Kronzeugenregelungen zusammenzuarbeiten; vertritt die Auffassung, dass Konflikte im Zusammenhang mit dem Zugang zu derartigen Informationen oder der Bearbeitung derartiger Informationen, die Mitgliedern des Europäischen Wettbewerbsnetzes (ECN) zur Verfügung stehen, auf der Grundlage der Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den Gerichtshof geregelt werden müssen;

    17. hebt hervor, dass die dem Kläger zuerkannten Zahlungen entschädigenden Charakter haben und den tatsächlich entstandenen Schaden ("damnum emergens") bzw. tatsächlich erlittenen Verlust ("lucrum cessans") nicht übersteigen sollten, um eine unrechtmäßige Bereicherung auszuschließen, und der Möglichkeit des Geschädigten, Schaden oder Verlust zu mindern, Rechnung tragen kann; empfiehlt allerdings, dass bei Kartellen Antragsteller, die als erste mit den Wettbewerbsbehörden bei Kronzeugenregelungen zusammenarbeiten, nicht gesamtschuldnerisch mit den übrigen Rechtsverletzern haften sollten; Zinsen sollten ab dem Tag der Zuwiderhandlung berechnet werden;

    18. vertritt die Ansicht, dass bei jeder vorgeschlagenen Maßnahme die öffentliche Ordnung der Mitgliedstaaten, insbesondere in Bezug auf Schadenersatz mit Strafcharakter, uneingeschränkt respektiert werden muss;

    19. unterstreicht, dass die Mitgliedstaaten berücksichtigen sollten, dass die Möglichkeit der Geltendmachung der Einwendung, dass der gesamte Gewinn oder ein Teil des Gewinns aus der Rechtsverletzung an Dritte weitergegeben wurde ("passing-on defence"), der Ermittlung des Schadensumfangs und des Kausalzusammenhangs abträglich wäre;

    20. unterstützt die Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass alle Geschädigten Klage erheben können müssen; vertritt die Auffassung, dass Mitgliedstaaten, die Ansprüche bei indirekter Schädigung anerkennen, dem Beklagten die Möglichkeit zugestehen müssen, zu argumentieren, dass der gesamte Gewinn oder ein Teil des Gewinns aus der Rechtsverletzung an Dritte weitergegeben wurde, um die Existenz einer unrechtmäßiger Bereicherung auszuschließen; stellt fest, dass es daher wesentlich ist, Verfahren zur Behandlung vieler geringfügiger Forderungen zu schaffen;

    21. ist der Auffassung, dass den Geschädigten im Interesse der Gerechtigkeit und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, Schnelligkeit und Kohärenz zugestanden werden muss, aus freiem Willen gemeinsam direkt oder durch Organisationen, deren Satzung solche Initiativen zum Gegenstand hat, Sammelklagen zu erheben;

    22. weist darauf hin, dass in vielen Fällen Kläger und Beklagte in Schadenersatzverfahren aufgrund wettbewerbswidrigen Verhaltens nicht über die gleichen Mittel verfügen werden und dass Kläger in derartigen Fällen nicht wegen der Befürchtung, übermäßige Rechtskosten, einschließlich der Kosten des Beklagten, wenn die Klage nicht erfolgreich ist, übernehmen zu müssen, davon abgehalten werden sollten, wohl begründete Schadenersatzklagen zu erheben; empfiehlt deshalb, dass die Gerichte in der Lage sein sollten, der unterschiedlichen wirtschaftlichen Lage der Parteien Rechnung zu tragen, und gegebenenfalls diesen Punkt zu Beginn des jeweiligen Verfahrens kontrollieren sollten; vertritt die Auffassung, dass die Höhe der Kosten auf vernünftigen und objektiven Kriterien basieren sollte, unter Berücksichtigung der Art des Verfahrens, und dass die durch das gerichtliche Verfahren verursachten Kosten darin inbegriffen sein sollten;

    23. empfiehlt, dass Programme für Prozesskostenhilfe, die berechtigterweise beschlossen werden könnten, um die Erhebung privater Schadenersatzklagen wegen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen zu erleichtern, präzise Bedingungen bezüglich der Verfolgung des Prozesses und der Rückerstattung dieser Hilfen beinhalten sollten, insbesondere bei einem Vergleich und einer Verurteilung des Rechtverletzers zur Übernahme der Kosten;

    24. vertritt die Auffassung, dass die nationalen Verjährungsfristen für Klagen wegen Verstößen gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln innerhalb eines Jahres nach einer Entscheidung der Kommission oder einer nationalen Wettbewerbsbehörde, dass diese Regeln verletzt wurden (oder im Fall der Einlegung eines Rechtsmittels innerhalb eines Jahres ab dem Abschluss des Rechtsmittelverfahrens) die Erhebung von Klagen gestatten sollten; ist keine derartige Entscheidung erfolgt, sollte es möglich sein, Schadenersatzklagen wegen Verstoßes gegen Artikel 81 oder 82 des Vertrags oder die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln zu jedem Zeitpunkt innerhalb der Frist zu erheben, binnen derer die Kommission berechtigt ist, eine Entscheidung über die Verhängung einer Geldbuße wegen derartiger Verstöße zu treffen; vertritt die Auffassung, dass die Frist ausgesetzt werden sollte, während offizielle Verhandlungen oder Vermittlungen zwischen den Parteien laufen;

    25. empfiehlt, dass die für das Recht auf Geltendmachung von Entschädigung bei Verletzung des Wettbewerbsrechts geltende Verjährungsfrist ab dem Zeitpunkt ausgesetzt werden sollte, zu dem die Kommission bzw. die Wettbewerbsbehörden in einem oder mehreren Mitgliedstaaten eine Untersuchung einer solchen Verletzung einleiten;

    26. weist darauf hin, dass die Einführung privater Schadenersatzklagen weder die Zuständigkeiten noch die Verantwortung der Kommission bezüglich des Wettbewerbsrechts gemäß dem Vertrag berührt;

    27. fordert die Kommission auf, möglichst rasch Leitlinien zu beschließen, die den Parteien bei der Quantifizierung ihrer Schäden und der Feststellung des Kausalzusammenhangs Hilfestellung leisten können; fordert sie ferner auf, der Ausarbeitung einer Mitteilung über die Erhebung eigenständiger Klagen Vorrang einzuräumen, die Empfehlungen für die Geltendmachung von Forderungen und Beispiele für die häufigsten Fälle enthält;

    28. fordert die Kommission auf, ein Weißbuch mit detaillierten Vorschlagen vorzubereiten, um von privater Seite die Erhebung von eigenständigen und Folgeklagen auf Schadenersatz aufgrund eines die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln verletzenden Verhaltens zu erleichtern, und dabei die in dieser Entschließung angesprochenen Punkte umfassend zu behandeln und gegebenenfalls einen geeigneten Rechtsrahmen in Erwägung zu ziehen; fordert die Kommission ferner auf, darin auch Vorschläge für die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen allen für die Anwendung der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln zuständigen Behörden zu berücksichtigen;

    29. ist der Auffassung, dass jedwede Initiative der Kommission betreffend das Recht von Geschädigten, vor den nationalen Gerichten auf Schadenersatz zu klagen, mit einer Folgenabschätzung einhergehen muss;

    30. fordert die Kommission auf, eng mit den zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um grenzüberschreitende Hindernisse abzubauen, die die Bürger und Unternehmen in der Europäischen Union daran hindern, im Falle von Verstößen gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln in den Mitgliedstaaten grenzüberschreitende Schadenersatzklagen einzureichen; ist der Auffassung, dass die Kommission erforderlichenfalls rechtliche Schritte unternehmen sollte, um solche Hindernisse zu beseitigen;

    31. fordert die Mitgliedstaaten, in denen Bürger und Unternehmen noch nicht über ein solches effektives Recht auf Geltendmachung von Entschädigung verfügen, auf, ihr Zivilprozessrecht anzupassen;

    32. weist nachdrücklich darauf hin, dass das Parlament im Bereich des Wettbewerbsrechts Mitgesetzgeber sein sollte und regelmäßig über die private Rechtsdurchsetzung informiert werden muss;

    33. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern zu übermitteln.

    [1] ABl. 61 vom 15.11.1961, S. 1409.

    [2] ABl. C 313 vom 15.10.1997, S. 3.

    [3] ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1.

    [4] ABl. L 123 vom 27.4.2004, S. 18.

    [5] ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1.

    [6] ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1.

    [7] Rechtssache 26/62, N.V. Algemene Transport- en Expeditie Onderneming van Gend & Loos/Niederländische Finanzverwaltung, Slg. 1963, 3.

    [8] Rechtsssache C-453/99, Courage Ltd./Crehan, Slg. 2001, I-6297 und Urteil vom 13. Juli 2006 in den verbundenen Rechtssachen C-295/04 bis 298/04, Manfredi u.a./Lloyd Adriatico Assicurazioni SpA u.a., Slg. 2006, I-6619.

    --------------------------------------------------

    Top