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Document 32022D2296

Beschluss (EU) 2022/2296 des Rates vom 21. November 2022 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten

ST/13109/2022/INIT

ABl. L 304 vom 24.11.2022, p. 67–77 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2022/2296/oj

24.11.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 304/67


BESCHLUSS (EU) 2022/2296 DES RATES

vom 21. November 2022

zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 148 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Mitgliedstaaten und die Union sind gehalten, auf die Entwicklung einer koordinierten Beschäftigungsstrategie und insbesondere auf die Förderung der Qualifizierung, Ausbildung und Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte sowie auf zukunftsorientierte Arbeitsmärkte, die auf die Erfordernisse des wirtschaftlichen Wandels reagieren, hinzuarbeiten, um die Ziele der Vollbeschäftigung und des sozialen Fortschritts, eines ausgewogenen Wachstums sowie eines hohen Maßes an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität gemäß Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) zu erreichen. Die Mitgliedstaaten haben die Förderung der Beschäftigung als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse zu betrachten und ihre diesbezüglichen Tätigkeiten im Rat aufeinander abzustimmen, wobei die einzelstaatlichen Gepflogenheiten in Bezug auf die Zuständigkeit der Sozialpartner zu berücksichtigen sind.

(2)

Die Union soll soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen bekämpfen und soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den Generationen und den Schutz der Rechte des Kindes fördern, wie in Artikel 3 EUV festgelegt. Bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen hat die Union gemäß Artikel 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, mit der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung zu tragen.

(3)

Gemäß dem AEUV hat die Union wirtschafts- und beschäftigungspolitische Koordinierungsinstrumente entwickelt und eingeführt. Als Teile dieser Instrumente bilden die im Anhang des vorliegenden Beschlusses festgelegten Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (im Folgenden „Leitlinien“) zusammen mit den in der Empfehlung (EU) 2015/1184 des Rates (4) genannten Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union die integrierten Leitlinien. Sie sollen als Richtschnur für die Umsetzung der Politik in den Mitgliedstaaten und in der Union dienen und spiegeln die gegenseitige Abhängigkeit der Mitgliedstaaten wider. Die entsprechenden koordinierten Strategien und Reformen auf europäischer und nationaler Ebene müssen zusammen einen angemessenen Mix aus nachhaltigen wirtschafts-, beschäftigungs- und sozialpolitischen Maßnahmen ergeben, die positive Ausstrahlungseffekte für die Arbeitsmärkte und die Gesellschaft insgesamt entfalten, und den Auswirkungen, der COVID-19-Pandemie, des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine und der steigenden Lebenshaltungskosten wirksam begegnen.

(4)

Um den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu fördern, den grünen und den digitalen Wandel zu erleichtern und inklusive, wettbewerbsfähige und resiliente Arbeitsmärkte in der Union zu erreichen, sollten die Mitgliedstaaten hochwertige allgemeine und berufliche Bildung, berufliche Weiterbildung und Umschulung sowie lebenslanges Lernen, zukunftsorientierte berufliche Bildung und verbesserte Karrieremöglichkeiten fördern, indem die Verbindungen zwischen Bildungssystem und Arbeitsmarkt gestärkt und im Wege des nichtformalen und informellen Lernens erworbene Qualifikationen, Kenntnisse und Kompetenzen anerkannt werden.

(5)

Die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen stehen im Einklang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt, den geltenden Rechtsvorschriften der Union und verschiedenen Initiativen der Union, einschließlich der Richtlinie 2001/55/EG des Rates (5), der Empfehlungen des Rates vom 10. März 2014 (6), 15. Februar 2016 (7), 19. Dezember 2016 (8), 15. März 2018 (9), 22. Mai 2018 (10), 22. Mai 2019 (11), 8. November 2019 (12), 30. Oktober 2020 (13), 24. November 2020 (14) und 29. November 2021 (15) und 16. Juni 2022 (16), der Empfehlung (EU) 2021/402 der Kommission (17), der Empfehlung (EU) 2021/1004 des Rates (18), der Entschließung des Rates vom 26. Februar 2021 (19), der Mitteilung der Kommission vom 9. Dezember 2021 über den Aufbau einer Wirtschaft im Dienste der Menschen: ein Aktionsplan für die Sozialwirtschaft, des Beschlusses (EU) 2021/2316 des Europäischen Parlaments und des Rates (20), der Richtlinie (EU) 2022/2041 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union (21) und der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den Direktoren börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen.

(6)

Im Europäischen Semester werden die verschiedenen Instrumente in einem übergreifenden Rahmen für integrierte multilaterale Koordinierung und Überwachung der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Maßnahmen innerhalb der Union zusammengeführt. Bei der Verfolgung von ökologischer Nachhaltigkeit, Produktivität, Fairness und makroökonomischer Stabilität integriert das Europäische Semester die Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte sowie seines Überwachungsinstruments, des sozialpolitischen Scoreboards, und sorgt für eine enge Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, der Zivilgesellschaft und anderen Interessenträgern. Auch die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung wird unterstützt. Die Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik der Union und der Mitgliedstaaten sollte auf einen fairen Übergang Europas zu einer klimaneutralen, ökologisch nachhaltigen und digitalen Wirtschaft abgestimmt sein, die Wettbewerbsfähigkeit verbessern, angemessene Arbeitsbedingungen gewährleisten, Innovationen, soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit und soziale und wirtschaftliche Aufwärtskonvergenz fördern sowie Ungleichheiten und regionale Unterschiede abbauen.

(7)

Die europäischen Volkswirtschaften und Gesellschaften verändern sich tiefgreifend aufgrund verschiedener Faktoren: Klimawandel und andere umweltbezogene Herausforderungen, notwendige Beschleunigung der Energieunabhängigkeit, ein sozial verträglicher und gerechter Übergang, Gewährleistung der offenen strategischen Autonomie Europas, Globalisierung, Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Zunahme der Telearbeit, Plattformwirtschaft und demografischer Wandel. Die Union und ihre Mitgliedstaaten müssen wirksam und proaktiv zusammenarbeiten, um diese strukturellen Entwicklungen anzugehen und die bestehenden Systeme entsprechend anzupassen, wobei die enge Verflechtung der Volkswirtschaften und Arbeitsmärkte der Mitgliedstaaten sowie der einschlägigen Strategien zu berücksichtigen ist. Dies erfordert abgestimmte, ehrgeizige und wirksame politische Maßnahmen sowohl auf Ebene der Union als auch auf nationaler Ebene unter Anerkennung der Rolle der Sozialpartner, wobei diese Maßnahmen mit den Bestimmungen des AEUV und den Unionsvorschriften zur wirtschaftspolitischen Steuerung im Einklang stehen und der europäischen Säule sozialer Rechte Rechnung tragen müssen. Zu solchen politischen Maßnahmen sollten eine Ankurbelung nachhaltiger Investitionen, eine erneuerte Verpflichtung zu angemessen gestaffelten Reformen zur Förderung eines nachhaltigen und inklusiven Wirtschaftswachstums, der Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze, der Produktivität, angemessener Arbeitsbedingungen, des sozialen und territorialen Zusammenhalts, der sozialen und wirtschaftlichen Aufwärtskonvergenz, der Resilienz sowie der Wahrnehmung haushaltspolitischer Verantwortung gehören, und zwar mit Unterstützung aus bestehenden Finanzierungsprogrammen der Union, insbesondere aus der durch die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (22) geschaffenen Aufbau- und Resilienzfazilität und den kohäsionspolitischen Fonds, einschließlich des durch die Verordnung (EU) 2021/1057 des Europäischen Parlaments und des Rates (23) geschaffenen Europäischen Sozialfonds Plus und des durch die Verordnung (EU) 2021/1058 des Europäischen Parlaments und des Rates (24) geregelten Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sowie dem durch die Verordnung (EU) 2021/1056 des Europäischen Parlaments und des Rates (25) geschaffenen Fonds für einen gerechten Übergang. Die politischen Maßnahmen sollten sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite ansetzen und wirtschaftliche, ökologische, beschäftigungspolitische und soziale Auswirkungen berücksichtigen.

(8)

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission haben die europäische Säule sozialer Rechte proklamiert. (26) Mit der Säule werden 20 zentrale Grundsätze und Rechte zur Unterstützung gut funktionierender und fairer Arbeitsmärkte und Sozialsysteme festgelegt. Sie werden in drei Kategorien unterteilt: Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang, faire Arbeitsbedingungen sowie Sozialschutz und soziale Inklusion. Die Grundsätze und Rechte dienen der Union als strategische Richtschnur und stellen sicher, dass der Übergang zu Klimaneutralität und ökologischer Nachhaltigkeit, die Digitalisierung sowie der demografische Wandel sozial verträglich und gerecht erfolgen und dabei der territoriale Zusammenhalt gewahrt wird. Die europäische Säule sozialer Rechte und das begleitende sozialpolitische Scoreboard bilden einen Bezugsrahmen, um die beschäftigungs- und sozialpolitische Leistung der Mitgliedstaaten zu verfolgen, Reformen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu fördern und um in der heutigen modernen Wirtschaft das „Soziale“ mit dem „Markt“ in Einklang zu bringen, auch durch die Förderung der Sozialwirtschaft. Am 4. März 2021 legte die Kommission einen Aktionsplan zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte (im Folgenden „Aktionsplan“) vor, der ehrgeizige, aber realistische Kernziele und ergänzende Teilziele für 2030 in den Bereichen Beschäftigung, Kompetenzen, Bildung und Armutsbekämpfung sowie das überarbeitete sozialpolitische Scoreboard enthält.

(9)

Am 8. Mai 2021 erkannten die Staats- und Regierungschefs auf dem Sozialgipfel in Porto die europäische Säule sozialer Rechte als ein grundlegendes Element der Erholung an, dessen Umsetzung die Bemühungen der Union um einen digitalen, grünen und fairen Übergang verstärken und einen Beitrag zur Verwirklichung der sozialen und wirtschaftlichen Aufwärtskonvergenz sowie zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen leisten werde. Sie betonten, dass die soziale Dimension, der soziale Dialog und die aktive Einbeziehung der Sozialpartner im Mittelpunkt einer in hohem Maße wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft stünden. Sie stellten fest, dass der Aktionsplan eine nützliche Orientierungshilfe für die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte sei, unter anderem in den Bereichen Beschäftigung, Kompetenzen, Gesundheit und Sozialschutz. Zugleich begrüßten sie die neuen Kernziele der Union für 2030 in den Bereichen Beschäftigung (mindestens 78 % der 20- bis 64-Jährigen sollen erwerbstätig sein), Kompetenzen (mindestens 60 % aller Erwachsenen sollen jedes Jahr an Fortbildungen teilnehmen) und Bekämpfung der Armut (Verringerung der Zahl der betroffenen Menschen um mindestens 15 Mio., darunter fünf Millionen Kinder) sowie das überarbeitete sozialpolitische Scoreboard; diese Elemente trügen dazu bei, die Fortschritte bei der Umsetzung der Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte als Teil des Prozesses der Koordinierung der Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Semesters zu überwachen. Zusätzlich wurden die Mitgliedstaaten in der Erklärung von Porto für soziales Engagement aufgefordert, ehrgeizige nationale Ziele festzulegen, die unter gebührender Berücksichtigung der Ausgangslage der einzelnen Länder einen angemessenen Beitrag zur Verwirklichung der Kernziele der Union für 2030 leisten sollten. Darüber hinaus stellten die Staats- und Regierungschefs in Porto fest, dass es mit der schrittweisen Erholung Europas von der COVID-19-Pandemie zur Priorität werde, Arbeitsplätze nicht mehr nur zu schützen, sondern neue zu schaffen und ihre Qualität zu verbessern; die Umsetzung der Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte werde ausschlaggebend dafür sein, die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen für alle im Rahmen einer inklusiven Erholung zu gewährleisten.Sie unterstrichen ihr Bekenntnis zu Einheit und Solidarität, das auch bedeutet, dass die Chancengleichheit aller sichergestellt wird und niemand zurückgelassen wird.

Ferner bekräftigten sie ihre Entschlossenheit, wie in der Strategischen Agenda des Europäischen Rates für 2019-2024 festgelegt die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte auf Unionsebene und auf nationaler Ebene unter gebührender Beachtung der jeweiligen Zuständigkeiten sowie der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit weiter zu intensivieren. Schließlich betonten sie die Wichtigkeit einer genauen Verfolgung der Fortschritte, auch auf höchster Ebene, die bei der Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte und bei den Kernzielen der Union für 2030 erzielt werden.

(10)

Nach der russischen Invasion in die Ukraine verurteilte der Europäische Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 24. Februar 2022 das Vorgehen Russlands, das die Sicherheit und Stabilität Europas und der Welt gefährde und gegen das Völkerrecht und die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen verstoße, und bekundete seine Solidarität mit dem ukrainischen Volk. In der derzeitigen Situation ist es angesichts des Ausmaßes des Zustroms von Flüchtlingen und Vertriebenen notwendig, vorübergehenden Schutz zu gewähren; daher wurde mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates (27) die Richtlinie 2001/55/EG aktiviert. Dies ermöglicht es aus der Ukraine vertriebenen Personen, in der gesamten Union harmonisierte Rechte in Anspruch zu nehmen, die ein angemessenes Schutzniveau bieten. Durch die Teilnahme an den europäischen Arbeitsmärkten können aus der Ukraine vertriebene Personen zur Stärkung der Wirtschaft der Union und zur Unterstützung ihres Landes und der dort verbliebenen Menschen beitragen. Später werden sie die erworbenen Erfahrungen und Kompetenzen beim Wiederaufbau der Ukraine nutzen können. Für unbegleitete Kinder und Jugendliche begründet der vorübergehende Schutz das Recht auf gesetzliche Vormundschaft und auf Betreuung und Schulbildung. Die Mitgliedstaaten sollten die Sozialpartner in die Gestaltung, Umsetzung und Bewertung politischer Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen in den Bereichen Beschäftigung und Kompetenzen, einschließlich der Anerkennung von Qualifikationen, einbeziehen, die sich aus dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ergeben. Was die Erhaltung von Arbeitsplätzen und Produktionskapazitäten betrifft, spielen die Sozialpartner eine Schlüsselrolle bei der Abmilderung der Auswirkungen des Krieges.

(11)

Reformen des Arbeitsmarktes, einschließlich nationaler Lohnfestsetzungsmechanismen, sollten die einzelstaatlichen Gepflogenheiten des sozialen Dialogs und die Autonomie der Sozialpartner achten, damit gerechte Löhne sichergestellt werden, die einen angemessenen Lebensstandard und ein nachhaltiges Wachstum sowie soziale und wirtschaftliche Aufwärtskonvergenz ermöglichen. Sie sollten den notwendigen Spielraum für eine umfassende Berücksichtigung sozioökonomischer Faktoren vorsehen, einschließlich Verbesserungen in den Bereichen Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation, Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze, Arbeitsbedingungen, Erwerbstätigenarmut, allgemeine und berufliche Bildung und Kompetenzen, öffentliche Gesundheit, soziale Inklusion sowie Realeinkommen. Entsprechend unterstützen die Aufbau- und Resilienzfazilität und andere Unionsfonds die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Reformen und Investitionen, die mit den Prioritäten der Union im Einklang stehen, um die europäischen Volkswirtschaften und Gesellschaften nach der COVID-19-Pandemie nachhaltiger und resilienter zu machen und sie besser für den grünen und den digitalen Wandel zu rüsten. Bestehende, durch die COVID-19-Pandemie entstandene sozioökonomische Herausforderungen haben sich durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine weiter verschärft. Die Mitgliedstaaten und die Union sollten weiter dafür sorgen, dass die Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und Beschäftigung abgemildert und Übergänge fair und sozial gerecht gestaltet werden, auch angesichts der Tatsache, dass eine verstärkte offene strategische Autonomie und ein beschleunigter grüner Wandel dazu beitragen werden, bei Energie und anderen strategisch wichtigen Produkten und Technologien die Abhängigkeit von Einfuhren, insbesondere aus Russland, zu verringern. Es ist entscheidend, die Resilienz zu verstärken und eine inklusive, widerstandsfähige Gesellschaft aufzubauen, in der die Menschen geschützt sind und in die Lage versetzt werden, den Wandel zu antizipieren und zu bewältigen, und in der sie sich aktiv in das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben einbringen können

Wie in der Empfehlung (EU) 2021/402 der Kommission und in der Empfehlung des Rates vom 16. Juni 2022 zur Sicherstellung eines gerechten Übergangs zur Klimaneutralität hervorgehoben, ist ein kohärentes Bündel aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen mit befristeten Einstellungs- und Übergangsanreizen, Kompetenzstrategien und besseren Arbeitsvermittlungsdiensten erforderlich, um Arbeitsmarktübergänge zu unterstützen — auch vor dem Hintergrund des grünen und des digitalen Wandels. Menschenwürdige Arbeitsbedingungen, einschließlich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, sowie die körperliche und geistige Gesundheit der Beschäftigten sollten gefördert werden.

(12)

Diskriminierung in all ihren Formen sollte bekämpft, die Gleichstellung der Geschlechter gewährleistet und die Beschäftigung junger Menschen unterstützt werden. Gleichberechtigter Zugang und Chancengleichheit sollten für alle sichergestellt und Armut und soziale Ausgrenzung — insbesondere von Kindern, Menschen mit Behinderungen und Roma — sollten abgebaut werden, insbesondere indem für gut funktionierende Arbeitsmärkte sowie angemessene und inklusive Sozialschutzsysteme, wie in der Empfehlung des Rates vom 8. November 2019 dargelegt, gesorgt wird und Hindernisse für die Teilhabe an inklusiver, zukunftsorientierter allgemeiner und beruflicher Bildung, lebenslangem Lernen und am Arbeitsmarkt beseitigt werden; dies schließt auch Investitionen in frühkindliche Bildung und Betreuung — im Einklang mit der Europäischen Garantie für Kinder — sowie in digitale und grüne Kompetenzen ein. Ein zeitnaher und gleichberechtigter Zugang zu erschwinglichen Langzeitpflege- und Gesundheitsdiensten, einschließlich Prävention und Förderung der Gesundheitsversorgung, ist auch angesichts der seit 2020 anhaltenden COVID-19-Pandemie und im Kontext alternder Gesellschaften von besonderer Bedeutung. Das Potenzial von Menschen mit Behinderungen, zu Wirtschaftswachstum und sozialer Entwicklung beizutragen, sollte stärker genutzt werden. Da in der gesamten Union neue Wirtschafts- und Geschäftsmodelle an den Arbeitsplätzen Einzug halten, ändern sich auch die Beschäftigungsverhältnisse. Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass in diesen Beschäftigungsverhältnissen, die im Zuge der neuen Arbeitsformen entstehen, das europäische Sozialmodell aufrechterhalten und weiter gestärkt wird.

(13)

Die integrierten Leitlinien sollten als Grundlage für die länderspezifischen Empfehlungen dienen, die der Rat gegebenenfalls an die Mitgliedstaaten richtet. Die Mitgliedstaaten müssen ihre REACT-EU-Mittel in vollem Umfang nutzen, die mit der Verordnung (EU) 2020/2221 des Europäischen Parlaments und des Rates (28) bereitgestellt wurden, welche der Aufstockung der kohäsionspolitischen Fonds 2014-2020 sowie des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen bis 2023 dient. Aufgrund der aktuellen Ukrainekrise wurde die Verordnung (EU) 2020/2221 weiter ergänzt, und zwar durch die Verordnung (EU) 2022/562 des Europäischen Parlaments und des Rates (29) sowie durch eine weitere Änderung der Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates (30), mit der die Vorfinanzierung im Rahmen von REACT-EU erhöht wurde, und durch neue Einheitskosten, damit die Integration von aus der Ukraine geflüchteten Menschen in die Union gemäß der Verordnung (EU) 2022/613 des Europäischen Parlaments und des Rates (31) beschleunigt werden kann.

Im Programmplanungszeitraum 2021-2027 sollten die Mitgliedstaaten zudem den Europäischen Sozialfonds Plus, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, die Aufbau- und Resilienzfazilität und andere Unionsfonds, einschließlich des Fonds für einen gerechten Übergang sowie des mit der Verordnung (EU) 2021/523 des Europäischen Parlaments und des Rates (32) aufgelegten Programms InvestEU, in vollem Umfang nutzen, um hochwertige Beschäftigung und soziale Investitionen zu fördern, um Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen, um Diskriminierung zu bekämpfen, um Barrierefreiheit zu gewährleisten, und um Möglichkeiten der Weiterqualifizierung und Umschulung der Arbeitskräfte, lebenslanges Lernen und hochwertige allgemeine und berufliche Bildung für alle, einschließlich digitaler Kompetenzen und Qualifikationen, zu fördern mit dem Ziel, die Menschen mit den Kenntnissen und Fähigkeiten auszustatten, die in einer grünen und digitalen Wirtschaft erforderlich sind. Die Mitgliedstaaten müssen auch den mit der Verordnung (EU) 2021/691 des Europäischen Parlaments und des Rates (33) eingerichteten Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer in vollem Umfang nutzen, um Arbeitnehmer zu unterstützen, die wegen größerer Umstrukturierungsmaßnahmen (etwa aufgrund der COVID-19-Pandemie), sozioökonomischer Übergangsprozesse aufgrund globalerer Entwicklungen oder wegen technologischer und ökologischer Veränderungen ihren Arbeitsplatz verlieren. Auch wenn sich die integrierten Leitlinien an die Mitgliedstaaten und die Union richten, sollten sie in Partnerschaft mit allen nationalen, regionalen und lokalen Behörden und unter enger Einbeziehung von Parlamenten sowie Sozialpartnern und Vertretern der Zivilgesellschaft umgesetzt werden.

(14)

Der Beschäftigungsausschuss und der Ausschuss für Sozialschutz überwachen im Einklang mit ihrem jeweiligen vertragsgestützten Mandat, wie die einschlägigen politischen Maßnahmen unter Berücksichtigung der beschäftigungspolitischen Leitlinien umgesetzt werden. Diese Ausschüsse müssen mit den anderen Vorbereitungsgremien des Rates, die an der Koordinierung der wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen beteiligt sind, eng zusammenarbeiten. Der Grundsatzdialog zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission sollte insbesondere in Bezug auf die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten beibehalten werden.

(15)

Der Ausschuss für Sozialschutz wurde gehört —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die im Anhang beigefügten Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (im Folgenden „Leitlinien“) werden angenommen. Die Leitlinien sind Teil der integrierten Leitlinien.

Artikel 2

Die Mitgliedstaaten berücksichtigen die Leitlinien in ihren beschäftigungspolitischen Maßnahmen und Reformprogrammen, über die nach Maßgabe des Artikels 148 Absatz 3 AEUV Bericht erstattet wird.

Artikel 3

Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 21. November 2022.

Im Namen des Rates

Der Präsident

Z. NEKULA


(1)  Stellungnahme vom 18. Oktober 2022 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  Stellungnahme vom 21. September 2022 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)  Stellungnahme vom 21. Oktober 2022 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(4)  Empfehlung (EU) 2015/1184 des Rates vom 14. Juli 2015 über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union (ABl. L 192 vom 18.7.2015, S. 27).

(5)  Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12).

(6)  Empfehlung des Rates vom 10. März 2014 zu einem Qualitätsrahmen für Praktika (ABl. C 88 vom 27.3.2014, S. 1).

(7)  Empfehlung des Rates vom 15. Februar 2016 zur Wiedereingliederung Langzeitarbeitsloser in den Arbeitsmarkt (ABl. C 67 vom 20.2.2016, S. 1).

(8)  Empfehlung des Rates vom 19. Dezember 2016 für Weiterbildungspfade: Neue Chancen für Erwachsene (ABl. C 484 vom 24.12.2016, S. 1).

(9)  Empfehlung des Rates vom 15. März 2018 zu einem Europäischen Rahmen für eine hochwertige und nachhaltige Lehrlingsausbildung (ABl. C 153 vom 2.5.2018, S. 1).

(10)  Empfehlung des Rates vom 22. Mai 2018 zu Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen (ABl. C 189 vom 4.6.2018, S. 1).

(11)  Empfehlung des Rates vom 22. Mai 2019 zu hochwertiger frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung (ABl. C 189 vom 5.6.2019, S. 4).

(12)  Empfehlung des Rates vom 8. November 2019 zum Zugang zum Sozialschutz für Arbeitnehmer und Selbstständige (ABl. C 387 vom 15.11.2019, S. 1).

(13)  Empfehlung des Rates vom 30. Oktober 2020 zum Thema „Eine Brücke ins Arbeitsleben — Stärkung der Jugendgarantie“ und zur Ersetzung der Empfehlung des Rates vom 22. April 2013 zur Einführung einer Jugendgarantie (ABl. C 372 vom 4.11.2020, S. 1).

(14)  Empfehlung des Rates vom 24. November 2020 zur beruflichen Aus- und Weiterbildung für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz (ABl. C 417 vom 2.12.2020, S. 1).

(15)  Empfehlung des Rates vom 29. November 2021 zu Blended-Learning-Ansätzen für eine hochwertige und inklusive Primar- und Sekundarbildung (ABl. C 504 vom 14.12.2021, S. 21).

(16)  Empfehlung des Rates vom 16. Juni 2022 über einen europäischen Ansatz für Microcredentials für lebenslanges Lernen und Beschäftigungsfähigkeit (ABl. C 243 vom 27.6.2022, S. 10), Empfehlung des Rates vom 16. Juni 2022 zu individuellen Lernkonten (ABl. C 243 vom 27.6.2022, S. 26) und Empfehlung des Rates vom 16. Juni 2022 zur Sicherstellung eines gerechten Übergangs zur Klimaneutralität (ABl. C 243 vom 27.6.2022, S. 35).

(17)  Empfehlung (EU) 2021/402 der Kommission vom 4. März 2021 zu einer wirksamen aktiven Beschäftigungsförderung (EASE) nach der COVID-19-Krise (ABl. L 80 vom 8.3.2021, S. 1).

(18)  Empfehlung (EU) 2021/1004 des Rates vom 14. Juni 2021 zur Einführung einer Europäischen Garantie für Kinder (ABl. L 223 vom 22.6.2021, S. 14).

(19)  Entschließung des Rates zu einem strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung mit Blick auf den europäischen Bildungsraum und darüber hinaus (2021-2030) (ABl. C 66 vom 26.2.2021, S. 1).

(20)  Beschluss (EU) 2021/2316 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Dezember 2021 über ein Europäisches Jahr der Jugend (2022) (ABl. L 462 vom 28.12.2021, S. 1).

(21)  (ABl. L 275 vom 25.10.2022)

(22)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(23)  Verordnung (EU) 2021/1057 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 zur Einrichtung des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1296/2013 (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 21).

(24)  Verordnung (EU) 2021/1058 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und den Kohäsionsfonds (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 60).

(25)  Verordnung (EU) 2021/1056 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 zur Einrichtung des Fonds für einen gerechten Übergang (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 1).

(26)  Interinstitutionelle Proklamation zur europäischen Säule sozialer Rechte (ABl. C 428 vom 13.12.2017, S. 10).

(27)  Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates vom 4. März 2022 zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes (ABl. L 71 vom 4.3.2022, S. 1).

(28)  Verordnung (EU) 2020/2221 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Dezember 2020 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 in Bezug auf zusätzliche Mittel und Durchführungsbestimmungen zur Unterstützung der Krisenbewältigung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie und ihrer sozialen Folgen und der Vorbereitung einer grünen, digitalen und stabilen Erholung der Wirtschaft (REACT-EU) (ABl. L 437 vom 28.12.2020, S. 30).

(29)  Verordnung (EU) 2022/562 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. April 2022 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1303/2013 und (EU) Nr. 223/2014 in Bezug auf den Einsatz von Kohäsionsmitteln zugunsten von Flüchtlingen in Europa (CARE) (ABl. L 109 vom 8.4.2022, S. 1).

(30)  Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 mit gemeinsamen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds, den Fonds für einen gerechten Übergang und den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds sowie mit Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 159).

(31)  Verordnung (EU) 2022/613 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. April 2022 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1303/2013 und (EU) Nr. 223/2014 in Bezug auf eine erhöhte Vorschusszahlung aus REACT-EU-Mitteln und die Festlegung von Einheitskosten (ABl. L 115 vom 13.4.2022, S. 38).

(32)  Verordnung (EU) 2021/523 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. März 2021 zur Einrichtung des Programms „InvestEU“ und zur Änderung der Verordnung (EU) 2015/1017 (ABl. L 107 vom 26.3.2021, S. 30).

(33)  Verordnung (EU) 2021/691 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. April 2021 über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer (EGF) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1309/2013 (ABl. L 153 vom 3.5.2021, S. 48).


ANHANG

Leitlinie 5: Ankurbelung der Nachfrage nach Arbeitskräften

Die Mitgliedstaaten sollten aktiv eine nachhaltige soziale Marktwirtschaft fördern, Investitionen in die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze erleichtern und unterstützen und dabei mit Blick auf das Kernziel der Union für 2030 im Bereich Beschäftigung auch das mit dem digitalen und dem grünen Wandel verbundene Potenzial ausschöpfen. Dazu sollten sie die Hindernisse für Unternehmen bei der Einstellung von Arbeitskräften abbauen, verantwortungsvolles Unternehmertum und echte Selbstständigkeit fördern und insbesondere die Gründung und das Wachstum von Kleinstunternehmen und kleinen und mittleren Unternehmen unterstützen, unter anderem durch den Zugang zu Finanzmitteln. Die Mitgliedstaaten sollten die Entwicklung der Sozialwirtschaft aktiv fördern und deren Potenzial voll ausschöpfen sowie soziale Innovation und Sozialunternehmen und solche Geschäftsmodelle unterstützen, durch die Möglichkeiten für hochwertige Beschäftigung geschaffen und positive soziale Auswirkungen insbesondere auf lokaler Ebene erzielt werden, insbesondere in der Kreislaufwirtschaft und in Gebieten, die aufgrund ihrer sektoralen Spezialisierung besonders stark vom Übergang zu einer grünen Wirtschaft betroffen sind.

Nach der COVID-19-Pandemie sollten Umstrukturierungsprozesse zudem durch gut durchdachte Kurzarbeitsregelungen und vergleichbare Regelungen erleichtert und unterstützt werden, und zwar zusätzlich zu Maßnahmen zum Erhalt von Arbeitsplätzen — wo geboten — und zur Modernisierung der Wirtschaft, etwa durch Entwicklung entsprechender Kompetenzen. Ferner sollten sinnvoll konzipierte Einstellungs- und Übergangsanreize sowie Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen in Betracht gezogen werden, um die Schaffung von Arbeitsplätzen und berufliche Übergänge während des gesamten Arbeitslebens zu unterstützen und um den Arbeitskräftemangel und Qualifikationsdefizite zu beheben, auch vor dem Hintergrund des digitalen und des grünen Wandels, des demografischen Wandels sowie der Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine.

Die Besteuerung sollte vom Faktor Arbeit auf andere, stärker auf die Förderung von Beschäftigung und inklusivem Wachstum ausgerichtete Quellen verlagert und gleichzeitig auf Klima- und ökologische Ziele abgestimmt werden, wobei der Umverteilungseffekt des Steuersystems und seine Auswirkungen auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen berücksichtigt werden sollte und zugleich Steuereinnahmen für angemessenen sozialen Schutz und für wachstumsfördernde Ausgaben sichergestellt werden sollten.

Die Mitgliedstaaten, auch jene, in denen gesetzliche Mindestlöhne gelten, sollten Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung fördern und für eine wirksame, transparente und verlässliche Einbeziehung der Sozialpartner sorgen, damit Löhne angemessen an die Produktivitätsentwicklung angepasst und gerechte, einen angemessenen Lebensstandard gewährleistende Löhne gefördert werden können, wobei im Hinblick auf die Stärkung der aufwärts gerichteten sozioökonomischen Konvergenz besonderes Augenmerk auf Gruppen mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu richten ist. Lohnfestsetzungsmechanismen sollten den sozioökonomischen Bedingungen, einschließlich des Beschäftigungswachstums und der Wettbewerbsfähigkeit sowie regionaler und sektoraler Entwicklungen, Rechnung tragen. Die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner sollten unter Beachtung der nationalen Verfahren und der Autonomie der Sozialpartner gewährleisten, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angemessene Löhne erhalten, indem sie direkt oder indirekt von Tarifverträgen profitieren oder einen angemessenen gesetzlichen Mindestlohn beziehen, wobei die Auswirkungen dieser Löhne auf die Wettbewerbsfähigkeit, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Armut trotz Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen sind.

Leitlinie 6: Verbesserung des Arbeitskräfteangebots und des Zugangs zu Beschäftigung sowie des lebenslangen Erwerbs von Fähigkeiten und Kompetenzen

Vor dem Hintergrund des digitalen und des grünen Wandels, des demografischen Wandels und des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine sollten die Mitgliedstaaten Nachhaltigkeit, Produktivität, Beschäftigungsfähigkeit und das Humankapital fördern, indem sie den lebenslangen Erwerb von Kompetenzen und Fähigkeiten unterstützen und auf aktuelle und künftige Bedürfnisse des Arbeitsmarktes reagieren, auch mit Blick auf das Kernziel der Union für 2030 im Bereich Fortbildung. Die Mitgliedstaaten sollten zugleich ihre Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung modernisieren und in sie investieren, um den Menschen eine hochwertige und inklusive Bildung, zu bieten, wozu auch berufliche Aus- und Weiterbildung, der Zugang zu digitalen Lernangeboten, Sprachkurse (z. B. für Flüchtlinge, auch aus der Ukraine) und der Erwerb unternehmerischer Kompetenzen gehören. Die Mitgliedstaaten sollten gemeinsam mit den Sozialpartnern, Bildungsanbietern, Unternehmen und anderen Interessenträgern an der Beseitigung struktureller Schwächen in den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung arbeiten und deren Qualität und Relevanz für den Arbeitsmarkt verbessern, auch um den Weg für den grünen und den digitalen Wandel zu ebnen, bestehende Missverhältnisse zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage zu beseitigen und neue Engpässe zu verhindern, insbesondere bei Tätigkeiten im Zusammenhang mit REPowerEU (z. B. Einsatz erneuerbarer Energien oder Renovierung von Gebäuden).

Besondere Aufmerksamkeit sollte den Herausforderungen gewidmet werden, mit denen Lehrkräfte konfrontiert sind, unter anderem durch Investitionen in die digitalen Kompetenzen von Lehrkräften und Ausbildenden. Die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung sollten alle Lernenden mit Schlüsselkompetenzen einschließlich Grund- und digitaler Kompetenzen sowie Querschnittskompetenzen ausstatten, damit sie über die Grundlagen für lebenslange Anpassungsfähigkeit und Resilienz verfügen, wobei dafür gesorgt werden sollte, dass die Lehrkräfte in der Lage sind, diese Kompetenzen bei den Lernenden zu fördern. Die Mitgliedstaaten sollten Erwachsene im Erwerbsalter beim Zugang zu Weiterbildung unterstützen und den Menschen mehr Weiterbildungsanreize bieten und sie stärker zur Weiterbildung motivieren, gegebenenfalls auch über individuelle Weiterbildungsansprüche wie beispielsweise individuelle Lernkonten, wobei deren Übertragbarkeit bei beruflichen Übergängen sicherzustellen ist, sowie über ein zuverlässiges System für die Qualitätsbewertung in der Berufsbildung. Die Mitgliedstaaten sollten prüfen, inwieweit Microcredentials zur Förderung des lebenslangen Lernens und der Beschäftigungsfähigkeit genutzt werden können. Sie sollten allen ermöglichen, den Bedarf des Arbeitsmarktes zu antizipieren und sich besser an ihn anzupassen, insbesondere durch kontinuierliche Weiterqualifizierung und Umschulung und integrierte Orientierungs- und Beratungsangebote, und so einen fairen und gerechten Übergang für alle unterstützen, für bessere soziale Ergebnisse sorgen, den Arbeitskräftemangel und Missverhältnisse zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage beheben, die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft gegenüber Schocks insgesamt erhöhen und gegebenenfalls erforderliche Anpassungen erleichtern.

Die Mitgliedstaaten sollten die Chancengleichheit für alle fördern, indem sie gegen Ungleichheiten in der allgemeinen und beruflichen Bildung vorgehen. Insbesondere sollten Kinder im Einklang mit der Europäischen Garantie für Kinder Zugang zu hochwertiger, bezahlbarer frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung erhalten. Die Mitgliedstaaten sollten das Bildungsniveau insgesamt anheben, die Zahl der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger verringern, den Zugang von Kindern aus benachteiligten Bevölkerungsgruppen und aus abgelegenen Gebieten zur Bildung fördern, die Attraktivität der Berufsbildung erhöhen, den Zugang zur Berufsbildung und Tertiärbildung fördern und die Abschlussquoten steigern, jungen Menschen den Übergang von der Bildung zum Erwerbsleben erleichtern (etwa durch hochwertige Praktika und Lehrlingsausbildungen) sowie mehr Erwachsene, insbesondere unter den Lernenden aus nachteiligen Verhältnissen bzw. den am geringsten qualifizierten Menschen, zur Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen bewegen. Unter Berücksichtigung der neuen Anforderungen digitaler, grüner und alternder Gesellschaften sollten die Mitgliedstaaten in ihren Berufsbildungssystemen das Lernen am Arbeitsplatz stärken, unter anderem durch eine hochwertige, wirksame Lehrlingsausbildung, und die Zahl der Absolventen und insbesondere der Absolventinnen von MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) sowohl in der Berufsbildung als auch in der Tertiärbildung erhöhen. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten die Arbeitsmarktrelevanz der Tertiärbildung und gegebenenfalls der Forschung erhöhen, die Überwachung und Prognostizierung des Qualifikationsbedarfs verbessern, Kompetenzen sichtbarer und Qualifikationen — auch die im Ausland erworbenen — besser vergleichbar machen sowie mehr Möglichkeiten für die Anerkennung und Validierung von Fähigkeiten und Kompetenzen schaffen, die außerhalb der formalen allgemeinen und beruflichen Bildung erworben werden, und zwar auch für Flüchtlinge und Personen, die vorübergehenden Schutz genießen. Sie sollten das Angebot und die Nutzung flexibler beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen verbessern und ausweiten. Zugleich sollten die Mitgliedstaaten gering qualifizierte Erwachsene dabei unterstützen, langfristig beschäftigungsfähig zu werden bzw. zu bleiben, indem sie für einen besseren Zugang zu hochwertigen Lernangeboten und für deren stärkere Nutzung sorgen, und zwar durch die Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 19. Dezember 2016 über Weiterbildungspfade, was eine Bewertung der Kompetenzen, den Chancen am Arbeitsmarkt entsprechende Bildungs- bzw. Berufsbildungsangebote und die Validierung und Anerkennung erworbener Kompetenzen umfasst.

Die Mitgliedstaaten sollten Arbeitslosen und Nichterwerbstätigen effiziente, frühzeitige, koordinierte und bedarfsgerechte Hilfsangebote unterbreiten, die auf Unterstützung bei der Arbeitssuche, Fortbildung und Umschulung und dem Zugang zu anderen Unterstützungsdiensten basieren, und dabei ein besonderes Augenmerk auf schutzbedürftige Gruppen und auf Menschen richten, die stark vom grünen und vom digitalen Wandel oder von Schocks auf dem Arbeitsmarkt betroffen sind. Um Langzeitarbeitslosigkeit und strukturelle Arbeitslosigkeit deutlich zu verringern und ihr vorzubeugen, sollten möglichst bald, jedoch spätestens nach 18 Monaten Arbeitslosigkeit, umfassende Strategien verfolgt werden, die eine eingehende individuelle Bewertung der Arbeitslosen umfassen. Auf Jugendarbeitslosigkeit und das Phänomen der jungen Menschen, die weder erwerbstätig sind noch eine Schule besuchen oder eine Ausbildung absolvieren (NEET), sollte weiterhin mit Maßnahmen zur Verhinderung frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänge und mit strukturellen Verbesserungen beim Übergang von der Schule ins Berufsleben reagiert werden; dazu gehört auch die uneingeschränkte Umsetzung der verstärkten Jugendgarantie, insbesondere zur Förderung hochwertiger Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen in der Erholungsphase nach der Pandemie. Zudem sollten die Mitgliedstaaten verstärkte Anstrengungen unternehmen, insbesondere um zu veranschaulichen, welche neuen Zukunftsperspektiven und Chancen der grüne und der digitale Wandel eröffnen, um den negativen Auswirkungen der Pandemie auf junge Menschen entgegenzuwirken.

Die Mitgliedstaaten sollten sich um den Abbau von Hindernissen und Negativanreizen und die Schaffung von Anreizen für die Erwerbsbeteiligung vor allem von Geringverdienenden, Zweitverdienenden (meist Frauen) sowie denjenigen bemühen, die dem Arbeitsmarkt am fernsten sind, einschließlich Menschen mit Migrationshintergrund und marginalisierter Roma. Angesichts des großen Arbeitskräftemangels in bestimmten Berufen und Branchen sollten die Mitgliedstaaten zur Verbesserung des Arbeitskräfteangebots beitragen, insbesondere indem sie angemessene Löhne und menschenwürdige Arbeitsbedingungen fördern und wirksame aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen umsetzen, wobei die Rolle der Sozialpartner zu achten ist. Sie sollten auch die Bereitstellung eines an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen angepassten Arbeitsumfelds fördern, unter anderem durch gezielte finanzielle Unterstützung und durch Dienstleistungen, die Menschen mit Behinderungen die Teilhabe am Arbeitsmarkt und an der Gesellschaft ermöglichen.

Gegen das geschlechtsspezifische Beschäftigungs- und Lohngefälle und gegen Geschlechterstereotype sollte vorgegangen werden. Die Mitgliedstaaten sollten die Gleichstellung der Geschlechter und eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen sicherstellen, indem sie unter anderem für Chancengleichheit und für gleiche Möglichkeiten bei der Laufbahnentwicklung sorgen und Hindernisse für den Zugang zu Führungspositionen auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung beseitigen und indem sie Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz, ein Problem, von dem überwiegend Frauen betroffen sind, unterbinden. Gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit und Lohntransparenz sollten sichergestellt werden. Die Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben sowohl für Frauen auch als für Männer sollte insbesondere durch den Zugang zu erschwinglicher, hochwertiger Langzeitpflege und zu erschwinglichen, hochwertigen Diensten für frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung gefördert werden. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Eltern und Menschen mit Betreuungs- oder Pflegepflichten im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben Zugang zu angemessenem Urlaub aus familiären Gründen und zu flexiblen Arbeitszeitregelungen haben, und sie sollten eine ausgewogene Wahrnehmung dieser Ansprüche durch beide Elternteile fördern.

Leitlinie 7: Verbesserung der Funktionsweise der Arbeitsmärkte und der Wirksamkeit des sozialen Dialogs

Um Nutzen aus dynamischen und produktiven Arbeitskräften sowie neuen Arbeits- und Geschäftsmodellen zu ziehen, sollten die Mitgliedstaaten gemeinsam mit den Sozialpartnern auf faire, transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen hinwirken und dabei auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Rechten und Pflichten achten. Sie sollten die Segmentierung der Arbeitsmärkte verringern und ihr präventiv entgegenwirken, nicht angemeldete Erwerbstätigkeit und Scheinselbstständigkeit bekämpfen und den Übergang in unbefristete Beschäftigungsformen fördern. Die Vorschriften für den Beschäftigungsschutz, das Arbeitsrecht und die einschlägigen Einrichtungen sollten für ein Umfeld sorgen, das sowohl die Einstellung von Arbeitskräften begünstigt als auch den Arbeitgebern die notwendige Flexibilität bietet, damit sie sich schnell an sich verändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen anpassen können, wobei es gleichzeitig gilt, die Arbeitnehmerrechte zu schützen und den sozialen Schutz, ein angemessenes Sicherheitsniveau und gesunde, sichere und geeignete Arbeitsumfelder für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gewährleisten. Im veränderten Umfeld nach der Pandemie kann die Förderung flexibler Arbeitsregelungen wie der Telearbeit dazu beitragen, das Beschäftigungsniveau zu erhöhen und die Inklusionsfähigkeit der Arbeitsmärkte zu steigern. Zugleich muss sichergestellt werden, dass die Arbeitnehmerrechte in Bezug auf Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen, psychische Gesundheit am Arbeitsplatz und Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben eingehalten werden. Beschäftigungsverhältnisse, die zu prekären Arbeitsbedingungen führen, sollten — auch bei Plattformarbeitern und insbesondere bei Geringqualifizierten — durch Maßnahmen zur Bekämpfung des Missbrauchs atypischer Verträge unterbunden werden. In Fällen einer ungerechtfertigten Entlassung sollten ein Zugang zu wirkungsvoller, unparteiischer Streitbeilegung und ein Anspruch auf Rechtsbehelfe, gegebenenfalls einschließlich einer angemessenen Entschädigung, gewährleistet werden.

Die politischen Maßnahmen sollten auch in strukturschwachen Regionen darauf abzielen, die Erwerbsbeteiligung, die Abstimmung von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt sowie Arbeitsmarktübergänge zu verbessern und zu unterstützen. Die Mitgliedstaaten sollten diejenigen, die am Arbeitsmarkt teilhaben können, aktivieren und unterstützen, insbesondere Angehörige schutzbedürftiger Gruppen wie gering qualifizierte Personen, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit Migrationshintergrund (einschließlich Personen, die vorübergehenden Schutz genießen) und marginalisierte Roma. Die Mitgliedstaaten sollten den Umfang und die Wirksamkeit aktiver Arbeitsmarktmaßnahmen erhöhen, indem sie diese in Bezug auf Ausrichtung, Reichweite und Abdeckung verbessern und enger mit sozialen Diensten, Fortbildung und Einkommensbeihilfen für Arbeitslose während der Arbeitssuche verknüpfen, und zwar auf der Grundlage der Rechte und Pflichten Arbeitsloser. Die Mitgliedstaaten sollten die Kapazitäten der öffentlichen Arbeitsverwaltungen ausbauen, damit sie — auch mithilfe der Digitalisierung — Arbeitssuchenden frühzeitig maßgeschneiderte Hilfsangebote bereitstellen, auf den aktuellen und künftigen Bedarf am Arbeitsmarkt reagieren und ein leistungsorientiertes Management umsetzen können.

Die Mitgliedstaaten sollten Arbeitslosen angemessene Leistungen von angemessener Dauer entsprechend ihren Beiträgen und den nationalen Bestimmungen zur Anspruchsberechtigung gewähren. Diese Leistungen bei Arbeitslosigkeit sollten die Empfänger nicht davon abhalten, schnell wieder in Beschäftigung zurückzukehren, und von aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen flankiert werden.

Die Mobilität von Lernenden und Arbeitskräften sollte angemessen unterstützt werden, um ihre Kompetenzen und Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern und so das Potenzial des europäischen Arbeitsmarktes voll auszuschöpfen; gleichzeitig sollten auch für alle, die eine grenzüberschreitende Tätigkeit ausüben, faire Bedingungen gewährleistet werden, und in Bezug auf mobile Arbeitskräfte, die von der Europäischen Arbeitsbehörde unterstützt werden, sollte die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den nationalen Verwaltungen intensiviert werden. Die Mobilität von Arbeitskräften, die systemrelevante Funktionen wahrnehmen, sowie von grenzüberschreitend erwerbstätigen Personen, Saisonarbeitskräften und entsandten Arbeitnehmern sollte unterstützt werden, wenn Grenzen aufgrund von Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit vorübergehend geschlossen werden.

Die Mitgliedstaaten sollten sich auch darum bemühen, geeignete Bedingungen für neue Arbeitsformen zu schaffen, sodass deren Potenzial zur Schaffung von Arbeitsplätzen ausgeschöpft wird und zugleich bestehende soziale Rechte gewahrt werden. Die Mitgliedstaaten sollten daher Beratungs- und Orientierungsangebote zu den Rechten und Pflichten im Falle von atypischen Arbeitsverträgen und neuen Arbeitsformen, z. B. Arbeit über digitale Plattformen, bereitstellen. Hier können die Sozialpartner eine entscheidende Rolle spielen, und die Mitgliedstaaten sollten sie bei ihren Bemühungen, Menschen mit atypischen Arbeitsverträgen und Plattformbeschäftigte zu erreichen und zu vertreten, unterstützen. In Bezug auf die Herausforderungen, die sich aus neuen Formen der Arbeitsorganisation wie algorithmischem Management, Datenüberwachung und dauerhafter oder alternierender Telearbeit ergeben, sollten die Mitgliedstaaten erwägen, die Durchsetzung, etwa durch Leitlinien oder spezielle Schulungen für Arbeitsaufsichtsbehörden, zu unterstützen.

Um einen effektiveren sozialen Dialog zu erreichen und die sozioökonomischen Ergebnisse — auch in Krisenzeiten wie dem Angriffskrieg Russlands gegen Ukraine und dem Anstieg der Lebenshaltungskosten — zu verbessern, sollten die Mitgliedstaaten entsprechend den einzelstaatlichen Gepflogenheiten dafür sorgen, dass die Sozialpartner rechtzeitig und sinnvoll in die Gestaltung und Umsetzung von beschäftigungs-, sozial- und gegebenenfalls auch wirtschaftspolitischen Reformen und Maßnahmen eingebunden werden, auch indem sie den Ausbau der Kapazitäten der Sozialpartner unterstützen. Die Mitgliedstaaten sollten den sozialen Dialog und Kollektivverhandlungen fördern. Die Sozialpartner sollten darin bestärkt werden, Kollektivverträge über sie betreffende Fragen auszuhandeln und zu schließen, und zwar unter uneingeschränkter Wahrung ihrer Autonomie und des Rechts auf Kollektivmaßnahmen.

Gegebenenfalls sollten die Mitgliedstaaten entsprechend den einzelstaatlichen Gepflogenheiten die einschlägigen Erfahrungen der Organisationen der Zivilgesellschaft in beschäftigungs- oder sozialpolitischen Fragen berücksichtigen.

Leitlinie 8: Förderung von Chancengleichheit für alle, Förderung der sozialen Inklusion und Bekämpfung der Armut

Die Mitgliedstaaten sollten durch die Einführung wirksamer Maßnahmen zur Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung und zur Förderung der Chancengleichheit aller, insbesondere von auf dem Arbeitsmarkt unterrepräsentierten Gruppen, inklusive Arbeitsmärkte unterstützen, die allen Menschen offenstehen; dabei ist der regionalen und territorialen Dimension gebührend Rechnung zu tragen. Sie sollten im Hinblick auf Beschäftigung, sozialen Schutz, Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung und Langzeitpflege, Bildung und Zugang zu Waren und Dienstleistungen einschließlich Wohnraum für Gleichbehandlung sorgen, und zwar unabhängig von Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung.

Die Mitgliedstaaten sollten die Sozialschutzsysteme modernisieren, um einen angemessenen, wirksamen, effizienten und nachhaltigen sozialen Schutz aller Menschen in allen Lebensphasen zu gewährleisten, und dabei die soziale Inklusion und den sozialen Aufstieg fördern, Anreize für die Teilhabe am Arbeitsmarkt schaffen, soziale Investitionen unterstützen, Armut und soziale Ausgrenzung bekämpfen und Ungleichheiten beseitigen, auch durch die Gestaltung ihrer Steuer- und Sozialleistungssysteme und Bewertung der Verteilungswirkung politischer Maßnahmen. Wenn universelle Konzepte durch gezielte Ansätze ergänzt werden, steigert dies die Wirksamkeit der Sozialschutzsysteme. Die Modernisierung der Sozialschutzsysteme sollte auch zum Ziel haben, dass diese Systeme vielfältigen Herausforderungen besser standhalten können. Besonderes Augenmerk sollte hier auf die finanzschwächsten Haushalte gerichtet werden, die vom grünen und vom digitalen Wandel und von den steigenden Energiekosten betroffen sind.

Die Mitgliedstaaten sollten die drei Pfeiler der aktiven Inklusion integrieren und weiterentwickeln: angemessene Einkommensunterstützung, inklusive Arbeitsmärkte und Zugang zu hochwertigen, auf den individuellen Bedarf abgestimmten Unterstützungsdiensten. Die Sozialschutzsysteme sollten gewährleisten, dass jede Person, die nicht über ausreichende Mittel verfügt, angemessene Mindesteinkommensleistungen erhält, und sie sollten die soziale Inklusion fördern, indem sie den Menschen helfen und sie dazu ermutigen, aktiv am Arbeitsmarkt und an der Gesellschaft teilzuhaben, unter anderem durch gezielte Sozialleistungen.

Die Verfügbarkeit bezahlbarer, zugänglicher und hochwertiger Dienstleistungen, beispielsweise frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung, außerschulische Betreuung, allgemeine Bildung, Berufsbildung, Wohnraum sowie Gesundheitsdienste und Langzeitpflege, ist notwendig für die Gewährleistung von Chancengleichheit. Im Einklang mit dem Kernziel der Union für 2030 im Bereich Verminderung der Armut sollte besonderes Augenmerk auf die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung, einschließlich der Armut trotz Erwerbstätigkeit, gerichtet werden. Insbesondere zur Bekämpfung der Kinderarmut und der sozialen Ausgrenzung von Kindern sollten umfassende, integrierte Maßnahmen ergriffen werden, wozu unter anderem die vollständige Umsetzung der Europäischen Garantie für Kinder zählt.

Die Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass alle Menschen — auch Kinder — Zugang zu essenziellen Dienstleistungen von guter Qualität haben. Sie sollten sicherstellen, dass Personen, die hilfsbedürftig sind oder sich in einer prekären Lage befinden, Zugang zu angemessenen Sozialwohnungen oder zu angemessener Unterstützung bei der Wohnraumbeschaffung haben. Die Mitgliedstaaten sollten für eine saubere, faire Energiewende sorgen und gegen die Energiearmut vorgehen, gegebenenfalls mithilfe gezielter befristeter Einkommensbeihilfen oder durch Anpassung bestehender Einkommensbeihilfen, denn diese Form der Armut fällt wegen der steigenden Energiepreise, teils aufgrund des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine, immer stärker ins Gewicht. Zugleich sollten Maßnahmen zur inklusiven Renovierung von Wohngebäuden umgesetzt werden. Die besonderen Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen, unter anderem im Hinblick auf Barrierefreiheit, sollten im Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen berücksichtigt werden. Zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit sollten spezifische Maßnahmen ergriffen werden. Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass Menschen rechtzeitig Zugang zu einer hochwertigen und bezahlbaren Gesundheitsvorsorge, Heilbehandlung und Langzeitpflege erhalten, und sie sollten zugleich die langfristige Tragfähigkeit der entsprechenden Systeme sicherstellen.

Im Einklang mit der Aktivierung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates (1) sollten die Mitgliedstaaten Vertriebenen aus der Ukraine angemessenen Schutz bieten. In Bezug auf unbegleitete Minderjährige sollten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Im Einklang mit der Europäischen Garantie für Kinder sollte der Zugang von Kindern zu Betreuung und Bildung sowie zu wesentlichen Dienstleistungen gewährleistet werden.

Vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwartung und des demografischen Wandels sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Rentensysteme für Arbeitnehmer und Selbstständige nachhaltig und angemessen sind; dabei sollten sie für Chancengleichheit für Frauen und Männer beim Erwerb von Ruhegehaltsansprüchen, auch durch Zusatzsysteme, sorgen, sodass ein angemessenes Einkommen im Alter gewährleistet ist. Rentenreformen sollten durch Maßnahmen zur Verringerung des geschlechtsbedingten Rentengefälles und zur Verlängerung des Erwerbslebens, beispielsweise durch die Heraufsetzung des tatsächlichen Renteneintrittsalters und insbesondere die Erleichterung der Erwerbsbeteiligung älterer Menschen, unterstützt werden und in Strategien für aktives Altern eingebettet sein. Die Mitgliedstaaten sollten einen konstruktiven Dialog mit den Sozialpartnern und anderen relevanten Interessenträgern aufnehmen und bei der Einführung von Reformen angemessene Übergangsphasen vorsehen.


(1)  Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12).


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