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Document 32009D0046

2009/46/EG: Entscheidung der Kommission vom 19. Dezember 2008 zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Schweden von der Anwendung der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 8409) (Text von Bedeutung für den EWR)

ABl. L 19 vom 23.1.2009, p. 50–56 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2009/46(1)/oj

23.1.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 19/50


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 19. Dezember 2008

zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Schweden von der Anwendung der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 8409)

(Nur der schwedische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2009/46/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (1), insbesondere auf Artikel 30 Absätze 4 und 6,

gestützt auf den per E-Mail vom 19. Juni 2008 von Posten AB Sweden (nachstehend „Sweden Post“) vorgelegten Antrag,

nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für öffentliche Aufträge,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   SACHVERHALT

(1)

Am 19. Juni 2008 übermittelte Sweden Post der Kommission per E-Mail einen Antrag gemäß Artikel 30 Absatz 5 der Richtlinie 2004/17/EG. Gemäß Artikel 30 Absatz 5 Unterabsatz 1 unterrichtete die Kommission die schwedischen Behörden mit Schreiben vom 25. Juni 2008 davon. Die schwedischen Behörden beantworteten dieses Schreiben, nachdem sie um Fristverlängerung ersucht hatten, mit E-Mail vom 2. September 2008. Ferner ersuchte die Kommission Sweden Post mit E-Mail vom 30. Juli 2008 um weitere Informationen, die Sweden Post mit E-Mail vom 15. August 2008 übermittelte.

(2)

Der von Sweden Post vorgelegte Antrag betrifft bestimmte Postdienste sowie bestimmte andere Dienste als Postdienste in Schweden. Bei den im Antrag beschriebenen Diensten handelt es sich um die Folgenden:

a)

adressierte Briefe erster Klasse (Privatkunde zu Privatkunde (CtC), Privatkunde zu Geschäftskunde (CtB), Geschäftskunde zu Geschäftskunde (BtB) und Geschäftskunde zu Privatkunde (BtC)), sowohl national als auch international; hierzu zählen auch die vorrangige Zustellung von Zeitungen und Expressdienste,

b)

Briefsendungen ohne Vorrang einschließlich der sog. „e-brev“-Sendungen, Zustellung von Zeitungen ohne Vorrang und adressierter Direktwerbung. E-brev ist ein Dienst, bei dem der Kunde Material auf elektronischen Medien abgibt, das dann über einen Druck- und Entwicklungsdienst in physische Briefe einschließlich Postwertzeichen umgewandelt wird; innerhalb dieser Dienstkategorie gibt es Bearbeitungs- und Preisunterschiede für bestimmte Arten von Sendungen. So gibt es einen grundlegenden Unterschied zwischen Einzelsendungen und großen sortierten Sendungen (auch als vorsortierte Massensendung bezeichnet). Innerhalb der letztgenannten Kategorie wird weiter unterschieden nach dem geografischen Gebiet, in dem der Dienst angeboten wird, d. h. zwischen großen sortierten Sendungen in Stadtgebieten (2) und großen sortierten Sendungen außerhalb der Stadtgebiete. Besonders relevant ist dies im Hinblick darauf, dass Preise sich danach unterscheiden — und zwar erheblich (3) — wo sie erbracht werden. Für die Zwecke dieser Entscheidung werden drei unterschiedliche Dienste betrachtet:

Briefsendungen ohne Vorrang im Allgemeinen, d. h. alle vorstehend beschriebenen Briefsendungen ohne Vorrang mit Ausnahme von:

großen sortierten Sendungen ohne Vorrang in Stadtgebieten und

großen sortierten Sendungen ohne Vorrang außerhalb von Stadtgebieten,

c)

nichtadressierte Direktwerbung,

d)

BtB-Standardpaketdienste, national,

e)

BtC-Standardpaketdienste, national,

f)

Privatkunden-Standardpaketdienste (CtC und CtB), national,

g)

Express- und Kurierpaketdienste, national,

h)

internationale Paketdienste (BtB, BtC, CtB, CtC), d. h. Dienste in Zusammenhang mit Paketen aus dem Ausland, die in Schweden ankommen und mit Paketen, die aus Schweden ins Ausland versandt werden,

i)

Palettendienste (auch Leichtgutdienste genannt, d. h. Dienste in Zusammenhang mit Gütern bis zu rund 1 000 kg), national,

j)

philatelistische Dienstleistungen,

k)

Dritt- und Viertdienstleister im Bereich der Logistik, einschließlich Einfuhr, Lagerung und Zustellung sowie Lenkung, Kontrolle und Entwicklung der Güterströme des Kunden,

l)

Auslagerung interner Bürodienstleistungen. Dies wird im Antrag wie folgt beschrieben: „Bei Postservice wird die routinemäßige interne Post eines Unternehmens extern verwaltet, um interne Ressourcen freizusetzen und die Effizienz des Unternehmens zu steigern. Postservice ist Teil des Marktes zur Auslagerung interner Bürodienstleistungen, der eine Reihe weiterer Dienste umfasst. Auf diesem Markt sind viele Unternehmen tätig und die angebotenen Dienstleistungen sind unterschiedlich. Die Dienstleistungen sind in unterschiedlicher Weise gebündelt; zuweilen umfassen sie die meisten als Postdienste einzustufenden Dienstleistungen, manchmal nur einige davon, während der Schwerpunkt beispielsweise auf Reinigungsdienstleistungen liegt.“

(3)

In dem Antrag wird ferner ein Dienst zur Bereitstellung von Briefkästen genannt, allerdings richtigerweise darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um einen untergeordneten Dienst handelt, der als Teil der Bereitstellung des Zugangs zur Postinfrastruktur zu betrachten ist. Er kann daher nicht Gegenstand einer eigenständigen Entscheidung nach Artikel 30 sein.

(4)

Dem Antrag sind die Schlussfolgerungen der unabhängigen nationalen Behörde Konkurrensverket (4) (schwedische Wettbewerbsbehörde) beigefügt, deren wichtigste Bemerkungen und Schlussfolgerungen wie folgt lauten: „Konkurrensverket hat keine entscheidenden Einwände gegen die Art, wie [Sweden Post] die betreffenden Märkte abgegrenzt hat. … Das Bild eines existierenden und zunehmenden Wettbewerbs gegenüber [Sweden Post] durch neue Unternehmen im Postsektor ist korrekt; dies gilt vor allem für die stärker besiedelten Gebiete. … Schweden ist allerdings dünn besiedelt und besitzt große geografische Gebiete, in denen es derzeit und in absehbarer Zukunft für neue Unternehmen wahrscheinlich wirtschaftlich uninteressant sein wird, sich niederzulassen [d. h. Postdienstleistungen zu erbringen]. Das bedeutet, dass [Sweden Post] auch in Zukunft der einzige Marktbetreiber sein oder zumindest in bestimmten Teilen des schwedischen Postmarktes eine sehr starke Marktposition haben wird. … Abschließend gelangt Konkurrensverket zu dem Schluss, dass der Antrag von [Sweden Post] gemäß Artikel 30 der Richtlinie 2004/17/EG die Anforderungen für die Gewährung einer Ausnahme für die [darin] genannten Märkte erfüllt. …“

II.   RECHTLICHER RAHMEN

(5)

Artikel 30 der Richtlinie 2004/17/EG bestimmt, dass Aufträge, die die Ausübung einer von der Richtlinie 2004/17/EG erfassten Tätigkeit ermöglichen sollen, nicht unter diese Richtlinie fallen, wenn die Tätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgeübt wird, auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Ob eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, wird anhand objektiver Kriterien unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des betreffenden Sektors ermittelt. Der Zugang zu einem Markt gilt als frei, wenn der Mitgliedstaat die einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften zur Öffnung eines Sektors oder Teilsektors umgesetzt hat und anwendet.

(6)

Da Schweden die Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (5) umgesetzt hat und anwendet, ohne von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, bestimmte Dienste nach Artikel 7 zu reservieren, gilt der Zugang zum Markt gemäß Artikel 30 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG als frei. Ob eine Tätigkeit auf einem bestimmten Markt unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, sollte anhand verschiedener Kriterien beurteilt werden, von denen keines für sich genommen den Ausschlag gibt.

(7)

Hinsichtlich der Märkte, die diese Entscheidung betrifft, ist der Marktanteil der Hauptakteure auf einem bestimmten Markt ein Kriterium, das berücksichtigt werden sollte. Ein weiteres Kriterium ist der Konzentrationsgrad auf diesen Märkten. Da die Bedingungen für die verschiedenen Tätigkeiten, für die diese Entscheidung gilt, unterschiedlich sind, sollte die Prüfung der Wettbewerbslage die unterschiedlichen Situationen auf verschiedenen Märkten berücksichtigen.

(8)

Wenngleich in bestimmten Fällen engere Marktdefinitionen in Betracht kommen könnten, kann die genaue Definition des relevanten Marktes für die Zwecke dieser Entscheidung für eine Reihe von Diensten, die in dem Antrag von Sweden Post aufgeführt wurden, offen gelassen werden, da das Ergebnis der Analyse unabhängig davon, ob sie sich auf eine enge oder eine weiter gefasste Definition stützt, gleich bleibt.

(9)

Diese Entscheidung lässt die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften unberührt.

III.   WÜRDIGUNG

(10)

Bei adressierten Briefen erster Klasse hatte Sweden Post zwischen 2005 und 2007 in jedem Jahr einen stabilen Marktanteil von [… %] (6), sowohl wert- als auch mengenmäßig (7). Nach Angaben von Sweden Post würde sich diese Höhe des Marktanteils auch bei gesonderter Betrachtung aller möglichen Segmente (CtC, CtB, BtC, BtB, national und international, Briefe und Zeitungen erster Klasse, Einzelsendungen, sortierte und unsortierte Sendungen, große und kleine Sendungen, Stadtgebiete und das übrige Schweden …) (8) nicht wesentlich ändern. Daher kann im vorliegenden Fall die Frage, ob alle diese Segmente Teil desselben Produktmarkts sind, offen bleiben. Die Marktposition müsste nach Angaben von Sweden Post jedoch in Bezug auf einen „Mitteilungsmarkt“ im weiteren Sinne bewertet werden, der zusätzlich zu adressierten Briefen aller Kategorien und Arten, Zeitungen mit und ohne Vorrang sowie Zeitschriften und adressierter Direktwerbung „alle elektronischen Alternativen zur physischen Zustellung von Postsendungen“ umfasst. … „Dazu zählen beispielsweise E-Mail, EDI, Kommunikation über Websites (mit Einreichung der Informationen, Durchführung der Transaktion usw.), Systeme zur Erstellung von Kommunikations- und Dienstleistungsanwendungen (beispielsweise die elektronische Rechnungstellung) und Telefondienste (in Form von SMS und MMS).“ Auf einem so definierten Markt hätte Sweden Post „einen begrenzten Marktanteil“. Nach Angaben von Sweden Post besteht aufgrund der Möglichkeit, die „traditionellen“ papiergestützten Briefdienste durch elektronische Kommunikationsformen (z. B. E-Mail oder SMS) zu ersetzen, sehr wohl Wettbewerbsdruck. Zur Substitution sei darauf hingewiesen, dass nach den EU-Wettbewerbvorschriften die Substituierbarkeit unter anderem anhand der Produktmerkmale, des Preises der Produkte und der mit der Verlagerung der Nachfrage hin zu potenziellen Substituten verbundenen Hürden analysiert werden sollte. Es scheint, dass die Merkmale der papiergestützten Post und der elektronischen Kommunikation hinsichtlich der Kommunikationsform, des Zeitverbrauchs und der Kundenpräferenzen erheblich voneinander abweichen. Ferner gibt es eine signifikante Hürde für den Wechsel von papiergestützter Post zu elektronischer Post (9). Dies ist ein Anzeichen dafür, dass die elektronische Kommunikation einem anderen Produktmarkt angehört und sie daher keinen unmittelbaren Wettbewerbsdruck auf die Dienste „adressierte Briefe erster Klasse“ von Sweden Post ausübt. Ferner dürfte die vermehrte Nutzung der elektronischen Post hauptsächlich dazu führen, dass die Gesamtgröße des papiergestützten Postmarktes deutlich zurückgeht und nicht dazu, dass auf ihm Wettbewerb eingeführt wird (10). Ob diese Dienste unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind, kann daher nicht unter Verweis auf den „Mitteilungsmarkt“ bewertet werden. Sweden Post argumentiert deshalb, dass es sich bei dem betreffenden Markt um einen „Markt für adressierte physische Mitteilungen“ handelt, d. h. einen einzigen Markt, der alle Formen und Kategorien von Briefen (mit und ohne Vorrang, Express und Standard), adressierte Direktwerbung, Zeitungen und Zeitschriften abdeckt. Auf dem so definierten Markt wird der Marktanteil von Sweden Post wertmäßig mit [… %] und mengenmäßig mit [… %] angegeben. Abgesehen davon, dass die Preiskonditionen für die einzelnen Dienstarten sich erheblich unterscheiden, liegt die Spanne der Marktanteile von Sweden Post zwischen [… %] und [… %] (wertmäßig) bzw. [… %] und [… %] (mengenmäßig), was nicht mit einem einzigen Markt vereinbar ist. Der Markt für adressierte Briefe erster Klasse sollte daher gesondert bewertet werden. Angesichts der Anteile von Sweden Post an diesem Markt sollte, sofern keine gegenteiligen Anzeichen vorliegen, der Schluss gezogen werden, dass die mit adressierten Briefe erster Klasse verbundenen Dienste in Schweden nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind. Daher findet Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG auf Verträge, die die Ausübung dieser Tätigkeiten in Schweden ermöglichen sollen, keine Anwendung.

(11)

Bei Briefsendungen ohne Vorrang im Allgemeinen gemäß Erwägungsgrund 2 Buchstabe b erster Gedankenstrich lag der Marktanteil von Sweden Post 2007 bei schätzungsweise [… %] (11), wobei der Marktanteil des größten Wettbewerbers die verbleibenden [… %] ausmachte. In diesem Zusammenhang ist an die ständige Rechtsprechung (12) zu erinnern, nach der „besonders hohe Anteile — von außergewöhnlichen Umständen abgesehen — ohne weiteres den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung liefern. Dies ist der Fall bei einem Marktanteil von 50 %“. Angesichts des hohen Konzentrationsgrades auf diesem Markt ([… %]) und des Fehlens anderer gegenteiliger Indikatoren sollte daher der Schluss gezogen werden, dass Briefsendungen ohne Vorrang im Allgemeinen in Schweden nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind. Daher findet Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG auf Verträge, die die Ausübung dieser Tätigkeit in Schweden ermöglichen sollen, keine Anwendung.

(12)

Bei großen sortierten Sendungen ohne Vorrang außerhalb von Stadtgebieten in Schweden gemäß Erwägungsgrund 2 Buchstabe b dritter Gedankenstrich werden nach Angaben von Sweden Post „die Marktanteile der Marktteilnehmer, die große Sendungen außerhalb der Stadtgebiete befördern, nicht gesondert, sondern nur als Teil anderer für diese Gebiete bestimmter Post gemessen. Das bedeutet, dass die Marktanteile dieser Marktteilnehmer ungefähr den Marktanteilen der Marktteilnehmer entsprechen, die Postsendungen erster Klasse befördern, und der Marktanteil [von Sweden Post] demnach bei rund [… %] [liegt].“ Angesichts des hohen Konzentrationsgrades auf diesem Markt und des Fehlens anderer gegenteiliger Indikatoren sollte der Schluss gezogen werden, dass große sortierte Sendungen ohne Vorrang außerhalb von Stadtgebieten in Schweden nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind (13). Daher findet Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG auf Verträge, die die Ausübung dieser Tätigkeit in Schweden ermöglichen sollen, keine Anwendung.

(13)

Bei nichtadressierten Postwurfsendungen, unter denen für die Zwecke dieser Entscheidung nichtadressierte, als Marketingmitteilungen dienende Sendungen zu verstehen sind, hat Sweden Post wertmäßig einen Marktanteil von schätzungsweise [… %], wobei der stärkste Mitbewerber über einen geschätzten Marktanteil von [… %] verfügt. Die Marktposition müsste den Angaben von Sweden Post zufolge jedoch in Bezug auf einen größeren „Werbungs- und Vertriebsmarkt“ bewertet werden, der zusätzlich zu nichtadressierten Postwurfsendungen „andere Werbe- und Vertriebskanäle, beispielsweise Zeitungsanzeigen, TV- und Radiowerbung, Außenwerbung, Werbung im Internet, Sponsoring usw. umfassen würde.“ Auf einem so definierten Markt läge der Marktanteil von Sweden Post bei rund [… %] (14). Die Existenz eines einzigen großen Marktes, der die Werbung in einer Vielzahl von Medien umfasst, wurde jedoch bereits im Rahmen einer früheren Kommissionsentscheidung geprüft und zurückgewiesen (15). Ob diese Dienste unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind, kann daher nicht anhand des „Werbungs- und Vertriebsmarkts“ bewertet werden. Der Markt für nichtadressierte Postwurfsendungen muss somit gesondert geprüft werden. Angesichts des hohen Konzentrationsgrades auf diesem Markt, unter Berücksichtigung der in Erwägungsgrund 11 genannten ständigen Rechtsprechung und des Fehlens anderer gegenteiliger Indikatoren sollte der Schluss gezogen werden, dass nichtadressierte Postwurfsendungen in Schweden nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind. Daher findet Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG auf Verträge, die die Ausübung dieser Tätigkeit in Schweden ermöglichen sollen, keine Anwendung.

(14)

Nach Ansicht von Sweden Post gibt es einen einzigen Markt, den „in der Sortierstelle bearbeiteten allgemeinen Frachtmarkt“ für „standardisierte Paketzustellung, Paket- und Palettenbeförderung in nationalen, regionalen oder globalen Beförderungsnetzen“, da diese insofern einen gemeinsamen Nenner haben, als „Sortierstellen zur Bearbeitung großer Gütermengen zentraler Bestandteil der Netze sind.“ Auf einem so definierten Markt läge der Marktanteil von Sweden Post zwischen [… %] und [… %]. Die Spanne der einzelnen Marktanteile ist jedoch erheblich und liegt wertmäßig zwischen [… %] bei nationalen Expresspaketdiensten und [… %] bei nationalen Privatkunden-Standardpaketdiensten. Dies ist nicht mit einem einzigen Markt vereinbar. Nationale Privatkunden-Standardpaketdienste müssen daher gesondert betrachtet werden, da sie eine andere Nachfrage decken (Universalpostdienstleistungen) als gewerbliche Paketdienste, bei denen sich die technischen Verfahren der Dienstleistungserbringung in der Regel erheblich unterscheiden. Bei diesen Dienstleistungen hat Sweden Post eine relativ starke Marktposition, der Marktanteil lag im Zeitraum 2005—2007 dem Wert nach stabil bei geschätzten [… %] (16). Dies könnte sich zwar nach dem Markteintritt von zwei neuen Wettbewerbern (Ende) 2007 in den kommenden Jahren ändern, doch kann geschlossen werden, dass die geprüfte Kategorie von Dienstleistungen in Schweden nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Daher findet Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG auf Verträge, die die Ausübung dieser Tätigkeiten in Schweden ermöglichen sollen, keine Anwendung.

(15)

Nach Angaben von Sweden Post gibt es nur einen einzigen Markt für die Auslagerung interner Bürodienste. Wie in Erwägungsgrund 2 Absatz 1 erläutert zählen dazu unterschiedliche Arten von Dienstleistungen, die von einem oder mehreren Diensten in Zusammenhang mit Postsendungen, z. B. „Mailroom management“, bis hin zu Reinigungsdiensten reichen. Die genaue Kombination der Dienste hängt von dem Bedarf der einzelnen Kunden ab. Abgesehen von allen Überlegungen zur mangelnden Austauschbarkeit von sehr unterschiedlichen Dienstleistungen wie Reinigungsdiensten und Mailroom-Management-Diensten, sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite, kann nicht im Vorhinein festgestellt werden, welche Dienstleistungen zusammengefasst werden können, wenn ein Kunde oder mehrere Kunden diese verlangen. Eine Entscheidung darüber, welche rechtliche Regelung für die Auslagerung interner Bürodienste gilt, wäre daher mit erheblicher Rechtsunsicherheit verbunden. Unter diesen Umständen kann die Auslagerung interner Bürodienste, wie sie in der Notifizierung von Sweden Post definiert wird, nicht als eigenständige Dienstleistungskategorie Gegenstand einer Entscheidung gemäß Artikel 30 der Richtlinie 2004/17/EG sein.

(16)

Wie in Erwägungsgrund 2 Buchstabe b erläutert gibt es in Schweden einen gesonderten Markt für große sortierte Sendungen ohne Vorrang in Stadtgebieten. Der Marktanteil von Sweden Post auf diesem Markt lag 2007 wertmäßig bei [… %]. Angesichts des Konzentrationsgrads auf diesem Markt, auf dem der größte Mitbewerber 2007 wertmäßig einen geschätzten Anteil von annähernd [… %] erlangt hat, sollten diese Faktoren als Indikator dafür angesehen werden, dass diese Tätigkeiten unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind.

(17)

Bei den nationalen BtB-Standardpaketdiensten wird der Marktanteil der Sweden Post im Jahr 2007 auf [… %] geschätzt. Da die geschätzten aggregierten Marktanteile der zwei größten Wettbewerber bei den nationalen Diensten [… %] betragen und der aggregierte Marktanteil der drei größten Wettbewerber wertmäßig zwischen [… %] und [… %] liegt, sich also die Marktanteile der drei größten Wettbewerber nicht nennenswert unterscheiden, wird der Schluss gezogen, dass die Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist.

(18)

Bei den nationalen Diensten lag der Marktanteil von Sweden Post 2007 wertmäßig bei geschätzten [… %]. Mit [… %] (wertmäßig) bei den nationalen Diensten im Jahr 2007 beträgt jedoch der geschätzte Marktanteil des größten Mitbewerbers etwa die Hälfte des Marktanteils von Sweden Post; angesichts dieses Anteils kann davon ausgegangen werden, dass der Wettbewerber in der Lage ist, einen erheblichen Wettbewerbsdruck auf Sweden Post auszuüben. Diese Faktoren sollten daher als Indikator dafür gewertet werden, dass diese Tätigkeit dem Wettbewerb unmittelbar ausgesetzt ist.

(19)

Auf diesem Markt hatte Sweden Post 2007 einen Marktanteil von [… %], während der aggregierte Marktanteil der beiden größten Wettbewerber [… %] betrug. Diese Faktoren sollten daher als Indikator dafür gesehen werden, dass nationale Express- und Kurierpaketdienste dem Wettbewerb unmittelbar ausgesetzt sind.

(20)

Auf dem Markt für internationale Paketdienste gemäß Erwägungsgrund 2 Buchstabe h hatte Sweden Post 2007 einen Marktanteil von [… %], während der Marktanteil des größten Wettbewerbers bei vergleichbaren [… %] lag und der aggregierte Marktanteil der beiden größten Wettbewerber mit [… %] fast doppelt so groß war wie der Marktanteil von Sweden Post. Diese Faktoren sollten daher als Indikator dafür gewertet werden, dass die internationalen Paketdienste dem Wettbewerb unmittelbar ausgesetzt sind.

(21)

Auf dem Markt für nationale Palettendienste gemäß Erwägungsgrund 2 Buchstabe i verfügt Sweden Post über einen geschätzten Marktanteil von [… %]. Nach Angaben von Sweden Post „… wird der Markt beherrscht von DHL, Schenker, DSV und [Sweden Post], wobei [Sweden Post] und DSV um Platz drei kämpfen. Außerdem bieten sowohl örtliche als auch landesweit tätige Transportunternehmen die Beförderung von Paletten an. Im Transportsektor in Schweden sind rund 14 000 Unternehmen tätig; es kann daher unmöglich gesagt werden, wie viele von ihnen einen Palettendienst im Angebot haben.“ Diese Faktoren sollten daher als Indikator dafür gewertet werden, dass diese Tätigkeit dem Wettbewerb unmittelbar ausgesetzt ist.

(22)

Auf dem Markt für Dritt- und Viertdienstleister im Logistikbereich gemäß Erwägungsgrund 2 Buchstabe k ist der unter [… %] liegende Marktanteil von Sweden Post vernachlässigbar, zumal „eine Vielzahl schwedischer und internationaler Marktteilnehmer auf dem schwedischen Markt tätig ist, beispielsweise DHL, Schenker, DSV und Green Cargo. Zusätzlich gibt es ursprünglich in der Schifffahrts- und Speditionsbranche tätige Unternehmen mit eigenen weltweiten Netzen, wie Maersk und Tradimus“, wie Sweden Post mitgeteilt hat. Dies kann daher als Indikator dafür gewertet werden, dass diese Tätigkeit dem Wettbewerb unmittelbar ausgesetzt ist.

(23)

Im Sinne dieser Entscheidung sind philatelistische Dienste „Verkäufe von Briefmarken und damit verbundenen Produkten in der Hauptsache an Briefmarkensammler und in begrenztem Umfang an Käufer von Geschenken und Andenken.“ Den Angaben zufolge ist Sweden Post das größte Unternehmen, das kontinuierlich neue Briefmarken in Schweden herausgibt. Andere Marktteilnehmer, die neu herausgegebene Briefmarken auf dem Philateliemarkt in Schweden anbieten, sind örtlich niedergelassene und ausländische, überwiegend nordeuropäische, Postbetriebe. Der Philateliemarkt ist jedoch nicht auf die von Postbetrieben angebotenen Briefmarken beschränkt, sondern umfasst auch den Verkauf von Briefmarken durch Auktionshäuser, Briefmarkenhändler sowie Verkäufe und Versteigerungen über das Internet. Der Anteil von Sweden Post am Gesamtmarkt für philatelistische Dienste in Schweden (Händler und Auktionshäuser) wird auf [… %] geschätzt, während der Marktanteil der Auktionshäuser bei insgesamt [… %], der Briefmarkenhändler bei insgesamt [… %] und des Internets bei insgesamt [… %] liegt. Die übrigen Postbetriebe in Schweden kommen auf [… %]. Der geschätzte aggregierte Marktanteil der drei größten Auktionshäuser ([… %]) ist etwas größer als der Marktanteil von Sweden Post. Diese Faktoren sollten daher als Indikator dafür gesehen werden, dass unabhängig davon, ob es sich bei dem betrachteten Markt um den Gesamtmarkt oder um den separaten Briefmarkenhandelsmarkt und den Briefmarkenauktionsmarkt handelt, die philatelistischen Dienste dem Wettbewerb unmittelbar ausgesetzt sind.

IV.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(24)

Angesichts der in den Erwägungsgründen 2 bis 23 untersuchten Faktoren sollte davon ausgegangen werden, dass die in Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG festgelegte Bedingung, dass eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, in Schweden für folgende Dienste erfüllt wird:

a)

große sortierte Sendungen ohne Vorrang in Stadtgebieten,

b)

BtB-Standardpaketdienste, national,

c)

BtC-Standardpaketdienste, national,

d)

Express- und Kurierpaketdienste, national,

e)

Palettendienste (auch Leichtgutdienste genannt), national,

f)

Dritt- und Viertdienstleister im Logistikbereich,

g)

philatelistische Dienstleistungen und

h)

internationale Paketdienste.

(25)

Da die Bedingung des freien Zugangs zum Markt als erfüllt gilt, sollte die Richtlinie 2004/17/EG weder gelten, wenn Auftraggeber Aufträge vergeben, die die Erbringung der in Erwägungsgrund 24 Buchstaben a bis h aufgeführten Dienste in Schweden ermöglichen sollen, noch wenn ein Wettbewerb für die Ausübung einer solchen Tätigkeit in Schweden durchgeführt wird.

(26)

Diese Entscheidung beruht auf der Rechts- und Sachlage von Juni bis September 2008, wie sie sich aus den von Sweden Post und dem Königreich Schweden vorgelegten Informationen darstellt. Sie kann geändert werden, falls signifikante Änderungen der Rechts- oder der Sachlage bedeuten, dass die Bedingungen für die Anwendbarkeit von Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG nicht mehr erfüllt sind —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Richtlinie 2004/17/EG gilt nicht für Aufträge, die von Auftraggebern vergeben werden und die die Ausführung folgender Dienste in Schweden ermöglichen sollen:

a)

große sortierte Sendungen ohne Vorrang in Stadtgebieten,

b)

BtB-Standardpaketdienste, national,

c)

BtC-Standardpaketdienste, national,

d)

Express- und Kurierpaketdienste, national,

e)

Palettendienste (auch Leichtgutdienste genannt), national,

f)

Dritt- und Viertdienstleister im Logistikbereich,

g)

philatelistische Dienstleistungen und

h)

internationale Paketdienste.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an das Königreich Schweden gerichtet.

Brüssel, den 19. Dezember 2008

Für die Kommission

Charlie McCREEVY

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 1.

(2)  Bestimmte, größeren Städten und deren Umgebung wie Stockholm, Göteborg, Malmö und Västerås zugeordnete Postleitbereiche.

(3)  Durchschnittlich 0,40 SEK — der Preis für eine Briefsendung ohne Vorrang bis zu 20 g (Einzelsendung) beträgt 4,00 SEK, der Preis für Briefsendungen ohne Vorrang im Rahmen einer großen sortierten Sendung aus den Stadtgebieten 2,84 SEK. Der Preis von Briefsendungen ohne Vorrang im Rahmen einer großen sortierten Sendung ist in Stadtgebieten durchschnittlich 16,39 % niedriger.

(4)  Vermerk vom 28.2.2008, Dnr 656/2007.

(5)  ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14.

(6)  Geschäftsgeheimnis.

(7)  Wertmäßig lag der Marktanteil in den Jahren 2005, 2006 und 2007 bei [… %], mengenmäßig betrugen die entsprechenden Marktanteile in den gleichen Jahren [… %].

(8)  Siehe Antrag Punkt 3.1, C, S. 25-26.

(9)  So verfügt etwa ein Viertel der schwedischen Haushalte über keinen Internet-Anschluss. Außerdem heißt es, dass „etwas mehr als die Hälfte“ der schwedischen Bevölkerung ihre Rechnung über das Internet zahlt, was umgekehrt bedeutet, dass fast die Hälfte dies nicht tut.

(10)  Siehe auch die Schlussfolgerung in Erwägungsgrund 10 der Entscheidung 2007/564/EG der Kommission vom 6. August 2007 zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Finnland mit Ausnahme der Ålandinseln von der Anwendung der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. L 215 vom 18.8.2007, S. 21).

(11)  2005: [… %], 2006: [… %].

(12)  Siehe Rdnr. 328 des Urteils des Gerichts erster Instanz (Dritte Kammer) vom 28. Februar 2002. Atlantic Container Line AB und andere gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Rechtssache T-395/94. Sammlung des Europäischen Gerichtshofs 2002, Seite II-00875.

(13)  Die Bevölkerungsdichte war kein relevanter Faktor in der eben genannten Entscheidung 2007/564/EG zu Finnland, dessen Bevölkerungsdichte — 17,4 Einwohner pro km2 am 1.1.2007 — geringer ist als die schwedische Bevölkerungsdichte von 22,2 Einwohnern pro km2 am 1.1.2007.

(14)  Einschließlich der Direktwerbung, die jedoch im Antrag von Sweden Post dem adressierten physischen Mitteilungsmarkt zugerechnet wird, „unter anderem unter Berücksichtigung der Aufteilung der Postdienste in der Sektorenrichtlinie.“

(15)  Siehe Punkt 11 der Entscheidung der Kommission vom 8. April 2005 (Fall Nr. IV/M.3648 — GRUNER + JAHR/MPS). Die betreffenden Medien waren Zeitschriften, Fernsehen, Radio und Internet. Siehe auch Punkt 15 der Entscheidung der Kommission vom 24. Januar 2005 (Fall Nr. IV/M.3579 — WPP/GREY), der zufolge „…unterschiedliche Mediengattungen eher komplementär als austauschbar sind, da verschiedene Medien unterschiedliche Empfänger auf unterschiedliche Weise erreichen können“.

(16)  Nach einer dem Antrag beigefügten Studie von Sweden Post „unterscheidet Sweden Post nicht zwischen diesen beiden Arten von Dienstleistungen. Die Dienstleistung wird unter dem gleichen Produktnamen (‚Postpaket‘) erbracht, unabhängig davon, ob es sich um ein CtC oder ein CtB-Paket handelt. Aufgrund dieser Austauschbarkeit auf der Angebotsseite können diese Dienstleistungen als ein CtX-Dienst behandelt werden.“ Dies steht auch in Einklang mit der Analyse in der Entscheidung 2007/564/EG zu Finnland.


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