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Document 62015CN0077

    Rechtssache C-77/15 P: Rechtsmittel, eingelegt am 19. Februar 2015 vom Gerichtshof der Europäischen Union gegen den Beschluss des Gerichts (Dritte Kammer) vom 9. Januar 2015 in der Rechtssache T-409/14, Marcuccio/Europäische Union und Gerichtshof der Europäischen Union

    ABl. C 138 vom 27.4.2015, p. 41–42 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    27.4.2015   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 138/41


    Rechtsmittel, eingelegt am 19. Februar 2015 vom Gerichtshof der Europäischen Union gegen den Beschluss des Gerichts (Dritte Kammer) vom 9. Januar 2015 in der Rechtssache T-409/14, Marcuccio/Europäische Union und Gerichtshof der Europäischen Union

    (Rechtssache C-77/15 P)

    (2015/C 138/55)

    Verfahrenssprache: Italienisch

    Parteien

    Rechtsmittelführer: Gerichtshof der Europäischen Union (Prozessbevollmächtigter: A. V. Placco)

    Andere Partei des Verfahrens: Luigi Marcuccio

    Anträge

    Der EuGH beantragt,

    den Beschluss des Gerichts der Europäischen Union (Dritte Kammer) vom 1. Januar 2015 in der Rechtssache T-409/14, Marcuccio/Europäische Union und Gerichtshof der Europäischen Union, aufzuheben, soweit mit ihm die vor dem Gericht nach Art. 114 der Verfahrensordnung des Gerichts gestellten Anträge 2 bis 4 des EuGH zurückgewiesen worden sind;

    den oben genannten Anträgen stattzugeben und folglich:

    endgültig in der Sache zu entscheiden und die von Herrn Marcuccio erhobene Schadensersatzklage als unzulässig abzuweisen, weil sie sich gegen den EuGH (als Vertreter der Union) richtet;

    hilfsweise, falls der Gerichtshof es zwar für die Zulässigkeit dieser Klage als unerheblich ansehen sollte, dass sie sich gegen den EuGH und nicht gegen die Kommission (als Vertreterin der Union) richtet, aber der Auffassung sein sollte, dass das Gericht in seiner Entscheidung über den vom EuGH bei ihm anhängig gemachten Zwischenstreit hätte anordnen müssen, dass der EuGH durch die Kommission als Beklagte ersetzt wird, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen, damit dieses unter Berücksichtigung der Rechtsausführungen des Gerichtshofs über die Schadensersatzklage des Herrn Marcuccio entscheiden kann;

    Herrn Marcuccio die dem EuGH im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

    Rechtsmittelgründe und wesentliche Argumente

    Im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes betreffend einen Verstoß gegen die Regeln für die Vertretung der Union vor ihren Gerichten führt der EuGH aus, dass mangels einer ausdrücklichen Vorschrift, die die Vertretung der Union vor ihren Gerichten im Rahmen von Klagen regele, mit denen nach Art. 268 AEUV die außervertragliche Haftung der Union geltend gemacht werde, die Regeln für eine solche Vertretung aus den für die Ausübung der gerichtlichen Tätigkeit geltenden allgemeinen Grundsätzen, insbesondere dem Grundsatz einer geordneten Rechtspflege und den Grundsätzen der richterlichen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit, hergeleitet werden müssten.

    Dieser erste Rechtsmittelgrund des EuGH besteht aus zwei Teilen, zum einen der Nichtbeachtung des Grundsatzes einer geordneten Rechtspflege und zum anderen der Nichtbeachtung der Grundsätze der richterlichen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit. Im Rahmen des ersten Teils führt der EuGH aus, dass das Ergebnis, zu dem das Gericht gelangt sei, nämlich dass der EuGH die Union im Rahmen der oben erwähnten Schadensersatzklage vertreten dürfe, sich offenbar auf die Rechtsprechung stütze, die auf das Urteil Werhahn Hansamühle u. a./Rat und Kommission (63/72 bis 69/72, EU:C:1973:121, im Folgenden: Urteil Werhahn u. a.) zurückgehe. Aus der Entscheidung in jener Rechtssache gehe hervor, dass die damalige Gemeinschaft und jetzige Union, wenn durch das Verhalten eines ihrer Organe ihre Haftung ausgelöst werde, vor dem Unionsrichter durch das oder die Organe vertreten werde, denen das haftungsauslösende Verhalten zur Last gelegt werde. Nach Ansicht des EuGH ist diese Entscheidung aber nicht auf die vorliegende Rechtssache anwendbar, weil dies aus verschiedenen Gründen zu einer Situation führen würde, die mit einer geordneten Rechtspflege unvereinbar wäre, die doch nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Urteils Werhahn u. a. der Grund für diese Entscheidung sei. In diesem Zusammenhang beruft sich der EuGH inzident auch auf eine Nichtbeachtung der Tragweite von Art. 317 Abs. 1 AEUV und Art. 53 Abs. 1 der Verordnung Nr. 966/2012 (1), aufgrund deren das Gericht den Grundsatz hätte anerkennen müssen, dass ein Schadensersatz wie der in der vorliegenden Rechtssache verlangte letztlich aus dem die Kommission betreffenden Teil des Haushalts der Union geleistet werden müsse.

    In Rahmen des zweiten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes macht der EuGH unter Berufung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 10. Juli 2008, Mihalkov/Bulgarien (Rechtssache Nr. 67719/01), geltend, das Gericht habe bei der Feststellung, dass der EuGH die Union im Rahmen der Schadensersatzklage von Herrn Marcuccio vertreten müsse, die Erfordernisse der richterlichen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht berücksichtigt. Da nämlich in der vorliegenden Rechtssache zum einen der angeblich haftungsauslösende Tatbestand in der Ausübung der gerichtlichen Tätigkeit durch einen Spruchkörper bestehe und zum anderen der Spruchkörper, der sich mit der Rechtssache befassen müsse, (i) zum selben Organ der Rechtspflege (dem Gericht) wie der Spruchkörper gehöre, dem der haftungsauslösende Tatbestand zur Last gelegt werde, und (ii) ein fester Bestandteil des Beklagten in der Rechtssache (des EuGH) sei, mit dem die Richterinnen und Richter dieses Spruchkörpers beruflich verbunden seien, seien die oben angeführten Erfordernisse nicht erfüllt. Dies gelte umso mehr, wenn — wie das Gericht entschieden habe — ein Schadensersatz wie der im vorliegenden Fall verlangte letztlich aus dem den EuGH betreffenden Teil des Haushalts der Union geleistet werden müsse.

    Im Rahmen seines zweiten Rechtsmittelgrundes macht der EuGH geltend, dass der angefochtene Beschluss gegen die Begründungspflicht verstoße, da er keine konkrete Widerlegung der vom EuGH vor dem Gericht zur Tragweite einer Reihe von Urteilen des Gerichtshofs — darunter die Urteile Groupe Gascogne/Kommission (C-58/12 P, EU:C:2013:770), Gascogne Sack/Kommission (C-40/12 P, EU:C:2013:768) und Kendrion/Kommission (C-50/12, EU:C:2013:771) — gemachten Ausführungen enthalte.


    (1)  Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. L 298, S. 1).


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