EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52008AE0074

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Weißbuch Sport KOM(2007) 391 endg.

ABl. C 151 vom 17.6.2008, p. 36–40 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

17.6.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 151/36


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Weißbuch Sport“

KOM(2007) 391 endg.

(2008/C 151/12)

Die Europäische Kommission beschloss am 11. Juli 2007, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Weißbuch Sport“

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 19. Dezember 2007 an. Berichterstatterin war Frau KOLLER.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 441. Plenartagung am 16./17. Januar 2008 (Sitzung vom 16 Januar) mit 125 Stimmen gegen 1 Stimme bei 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

Am 11. Juli 2007 nahm die Europäische Kommission das Weißbuch Sport an, das die erste umfassende Analyse der Situation des europäischen Sports und seiner Probleme sowie einen konkreten Aktionsplan enthält.

1.   Empfehlungen und Vorschläge

1.1

Der EWSA empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten festlegen, welche der im Weißbuch und im darin enthaltenen Aktionsplan allgemein definierten Aufgaben für die Gemeinschaft Vorrang haben sollen. Dies sollte im Einklang mit dem hoffentlich im Jahr 2009 in Kraft tretenden Vertrag von Lissabon geschehen, da der Schwerpunkt in Artikel 149 des Vertrags auf der Rolle des Sports in den Bereichen Bildung und Jugend liegt.

1.2

Die Zukunft Europas hängt von der Gesundheit und Produktivität seiner Bevölkerung ab. Der EWSA ist sehr besorgt darüber, dass auf Übergewicht und Bewegungsarmut zurückzuführende Krankheiten, die die gesamte Bevölkerung betreffen, nun bereits auch bei jungen Menschen auftreten.

1.3

Der EWSA empfiehlt, bei der Konzeption der neuen Programme für gesundheitsfördernden Sport einerseits der gemeinschaftlichen und andererseits der multidisziplinären Dimension Rechnung zu tragen. Ein gemeinsames Vorgehen mehrerer Ressorts auf Gemeinschaftsebene kann sich positiv auf die im Rahmen der einzelstaatlichen Regierungsstrukturen ergriffenen fragmentarischen Maßnahmen auswirken.

1.4

Der EWSA lenkt die Aufmerksamkeit auf die Umsetzung der als erforderlich angesehenen und dem Subsidiaritätsprinzip entsprechenden Maßnahmen. Er fordert die Kommission auf, ihre wichtige Rolle als Koordinatorin und Impulsgeberin der für die in diesem Bereich notwendige Arbeit auch künftig zu spielen.

1.5

Der obligatorische Sportunterricht sollte sowohl in der Primar- als auch in der Sekundarstufe auf mindestens drei Wochenstunden erhöht werden. Nach Ansicht des EWSA sollten auch während der Hochschulausbildung Möglichkeiten zur Ausübung von Sport bestehen und Sportkurse zu Pflichtveranstaltungen zählen. Sowohl in der Primar- und Sekundarstufe als auch während der Hochschulausbildung sollte der Sportunterricht so gestaltet werden, dass alle Kinder und jungen Menschen — darunter auch solche mit Behinderungen — daran teilhaben können; dies kann geschehen, indem der Unterricht individuell oder gemeinsam für alle organisiert wird. Zudem muss auf die Bedingungen des schulischen Sportunterrichts und besonders den Zustand der nach dem Unterricht zur Verfügung stehenden Dusch- und Waschanlagen geachtet werden, die häufig abstoßend wirken und den Jugendlichen keinen Anreiz zur sportlichen Betätigung geben.

1.6

Die Sozialpartner auf allen Ebenen sollten dazu angeregt werden, eine gesunde Lebensweise zu fördern. Es sollten Anreize für Arbeitgeber geschaffen werden, um Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung zu ergreifen, zu denen auch Bewegungsprogramme gehören.

1.7

Der EWSA empfiehlt die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zu diesem Thema, um die Erfahrungen der Mitgliedstaaten zu erörtern und die bestehenden Möglichkeiten zu eruieren, darunter auch integrative Lösungsmodelle für Menschen mit Behinderungen.

1.8

Der EWSA hielte es für sinnvoll, Informationskampagnen zu den neuen Möglichkeiten zur Beantragung von Finanzmitteln zu starten, da die Programme bisher nur wenige Möglichkeiten für den Sport boten. Er dringt darauf, dass die Sensibilisierungsinitiativen Teil einer umfassenden, integrierten Strategie sind. Die Informationsmaßnahmen dürfen nicht ausschließlich auf Jugendliche ausgerichtet sein, sondern müssen auf der Erkenntnis fußen, dass Sport für alle Altersgruppen von Nutzen ist, auch für Menschen mit Behinderungen.

1.9

Der EWSA empfiehlt, einen gesonderten Teil der Strukturfonds für die Finanzierung geeigneter Sport-, Freizeit-, Gemeinschafts- und Mehrzweckeinrichtungen vorzusehen. Er verweist allerdings darauf, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften oft eher dazu tendieren, große Sportarenen bauen zu lassen, statt sich um die Errichtung von Sportplätzen und anderer Einrichtungen für die sportliche Betätigung der Bevölkerung zu bemühen. Aus Strukturfondsmitteln sollte daher vor allem die Schaffung gerade solcher Einrichtungen gefördert werden.

1.10

Der EWSA begrüßt die erneute Veranstaltung des Sportforums, da dieses eine nützliche Plattform für den Dialog zwischen allen wichtigen Interessenträgern darstellen und zu konkreten, auf eine verstärkte Wertschätzung des Sports abzielenden Maßnahmen führen kann.

1.11

Der EWSA würde gerne als Beobachter am Sportforum teilnehmen, da so der Standpunkt der Zivilgesellschaft direkt geltend gemacht werden könnte.

1.12

Der EWSA empfiehlt, dass die mit der Finanzierung des Sports beschäftigte Arbeitsgruppe ihre Tätigkeit auf die Prüfung der einzelstaatlichen Steuer- und Sozialversicherungsbestimmungen im Bereich Sport sowie auf das Sammeln vorbildlicher Verfahrensweisen ausdehnt.

1.13

Der EWSA hält es für erforderlich, die im Umfeld großer internationaler und nationaler Sportveranstaltungen auftretende Kriminalität zu bekämpfen, wobei insbesondere Minderjährige und Frauen zu schützen sind.

1.14

Nach Ansicht des EWSA sollten die Führungskräfte/Vorstandsmitglieder derjenigen Sportorganisationen, die direkt oder indirekt Gemeinschaftsmittel erhalten, mit Profimannschaften und –sportlern an Wettbewerben teilnehmen und über einen Jahresetat von mehr als fünf (5) Mio. EUR verfügen, nach dem Vorbild der für die Inhaber politischer oder öffentlicher Ämter geltenden Bestimmungen jährlich ihre Einkünfte und Vermögenszuwächse offen legen müssen.

1.15

Der soziale Dialog darf sich nicht auf Profisportler beschränken, sondern muss auf Fitnessclubs und gemeinnützige Einrichtungen ausgedehnt werden und sollte auch folgende Tätigkeiten erfassen: Sportlehrer und -trainer, Sportwissenschaftler, Sportmediziner, Physiotherapeuten, Masseure, etc. Weiters sollten auch jene Berufsgruppen erfasst werden, die im Sport als Trainer, Manager, Veranstalter, Agenturen, Promotoren, Vermarkter etc. nennenswerte Einkünfte erwirtschaften. Die Mitgliedstaaten müssen dazu angeregt werden, den sozialen Dialog auch auf nationaler Ebene in allen Bereichen des Sports einzuführen.

2.   Hintergrund und Ziel des Weißbuchs

2.1

Der Sport steht mit den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen im Zusammenhang: Bildung, Kultur, Wirtschaft und freier Wettbewerb, freier Personen- und Warenverkehr, Menschenrechte und Gesundheit. Zweifellos ist der Sport auch über seine wirtschaftliche Bedeutung hinaus aus zahlreichen Gründen sehr wichtig für die Gesellschaft.

2.2

Die Sportvereine haben in den letzten Jahrzehnten tief greifende Veränderungen erfahren und verlieren immer mehr ihren nationalen und Amateurcharakter (Freiwilligkeitsbasis). Viele funktionieren schon wie ein Unternehmen, weshalb auch die Vorschriften des europäischen Binnenmarkts für sie gelten.

2.3

Bis jetzt hat die EU keinerlei direkte rechtliche Kompetenzen im Sport. Rechtliche Auswirkungen auf den Sport ergeben sich aus dem abgeleiteten EU-Recht (z.B. aus der Rechtsprechung) oder aus der direkten Anwendung von auf den Sport übertragbaren Bestimmungen des Primärrechts.

2.4

Vor der Veröffentlichung des Weißbuchs gab es zwar auf EU-Ebene keine Strategie für den Sport, aber der Sport war in den einzelnen europäischen Politikbereichen immer gegenwärtig. Bereits im Vertrag von Amsterdam aus dem Jahr 1997 wurde auf den Sport Bezug genommen, 1999 erschien dann der Helsinki-Bericht zum Sport, in dem die Europäische Kommission Maßnahmen zur Stärkung der gesellschaftlichen und erzieherischen Rolle des Sports ankündigte. In beiden Dokumenten wurde die soziale, gesellschaftliche und erzieherische Rolle des Sports hervorgehoben.

2.5

Im Jahr 2000 ging es auch in der Erklärung von Nizza um Sport und 2004 beschloss die damalige Regierungskonferenz, den Sport in den EU-Vertrag aufzunehmen.

2.6

Das Europäische Parlament verabschiedete ebenfalls zwei Berichte zum Thema Sport (1). Zudem erschien ein weiterer wichtiger, aber von der Europäischen Kommission unabhängiger Text über den europäischen Sport, die Unabhängige Studie zum Europäischen Sport  (2), in deren erstem Teil der europäische Sport ganz allgemein und in deren zweitem er anhand des Fußballs analysiert wird.

2.7

Im Reformvertrag, der hoffentlich 2009 ratifiziert wird, ist ein gesonderter Absatz dem Sport gewidmet, wodurch der Sport endlich unter EU-Kompetenz fällt.

2.8

Das Weißbuch ist das Ergebnis eines langen Prozesses, der die Anhörung von Regierungsstellen und regierungsunabhängigen Stellen der Mitgliedstaaten, der organisierten Zivilgesellschaft, olympischer Komitees und entsprechender Entscheidungsträger sowie Konferenzen und informelle Ministertreffen umfasste, während gleichzeitig über mehrere Monate eine Online-Konsultation durchgeführt wurde, zu der 777 Beiträge eingingen. Zudem einigten sich die verschiedenen EU-Generaldirektionen in mehreren Sitzungen über die mit Sport in Zusammenhang stehenden Aspekte der einzelnen Politikbereiche. Das Weißbuch enthält umfassende Initiativen sowohl für den Amateur- als auch für den Wettkampfsport und erkennt gleichzeitig an, dass der Sport in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt.

2.9

Die Auswertung der durchgeführten Konsultationen zeigte, dass sich die Kernprobleme im Zusammenhang mit Sport auf drei Hauptbereiche konzentrieren:

gesellschaftliche Rolle des Sports;

wirtschaftliche Dimension des Sports;

organisatorische Fragen des Sports.

2.10

Neben den vorgenannten stellten sich sechs völlig andere und voneinander unabhängige, aber sehr schwerwiegende weitere Probleme:

die durch das Fehlen eines europäischen Rechtsrahmens entstehende Unsicherheit;

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Sportmanagement, insbesondere im Profisport: illegale Praktiken von Spieleragenturen, die zu jungen Spielern unzureichenden Schutz gewähren, sowie Doping, Rassismus und Gewalt im Sport;

die Finanzierung des Sports und die Probleme im Zusammenhang mit den traditionellen Finanzierungsarten, insbesondere die Finanzierungsmöglichkeiten auf lokaler Ebene;

das Fehlen von Daten über den Sportsektor, auf deren Grundlage die Politiker handeln könnten;

Übergewicht, Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gelenkentzündungen, die auf fehlende körperliche Aktivität zurückzuführen sind und immer größere Teile der Bevölkerung betreffen;

die unzureichende Einbindung des Sports in das Unterrichtswesen.

2.11

Nach den entsprechenden Analysen war der Europäischen Kommission klar, dass die Europäische Union die Besonderheiten des Sports stärker berücksichtigen und Lösungen zur Bewältigung der Herausforderungen finden muss. Es zeigte sich, dass dem Sport im Rahmen der bereits bestehenden und der geplanten EU-Programme und -Aktionen stärker Rechnung zu tragen und festzulegen ist, wie sich Sportprojekte durch Finanzinstrumente der EU fördern lassen. Außerdem wurde deutlich, dass auf EU-Ebene im Sportbereich ein besserer Dialog und bessere politische Zusammenarbeit erforderlich sind.

3.   Zweck und Inhalt des Weißbuchs

3.1

Das Weißbuch „soll eine strategische Ausrichtung der Rolle des Sports in Europa ermöglichen, eine Diskussion über bestimmte Probleme anregen, die Sichtbarkeit des Sports in der EU-Politik erhöhen und die Öffentlichkeit für die Bedürfnisse und Besonderheiten des Sportsektors sensibilisieren. Die Initiative hat zum Ziel, wichtige Themen wie die Anwendung des EU-Rechts im Sportbereich zu illustrieren und weitere sportbezogene Maßnahmen auf EU-Ebene darzulegen“ (3).

3.2

Das Weißbuch enthält 53 spezifische Maßnahmen und zeigt außerdem die positive Rolle auf, die der Sport in vielen gesellschaftlichen Bereichen spielt. Die Liste der geplanten Aktionen mit dem Titel „Pierre-de-Coubertin-Aktionsplan“ ist dem Weißbuch als Anhang beigefügt. Der Plan hat zwei grundlegende Ziele:

die Integration des Sports in die verschiedenen Politikbereiche der EU, damit dieser häufiger als Instrument der Gemeinschaftspolitik eingesetzt werden kann;

die Schaffung eines sichereren Rechtsrahmens, damit in Europa ein besseres Sportmanagement möglich wird.

4.   Bemerkungen

4.1

Die im Folgenden ausgeführten besonderen Bemerkungen entsprechen der Gliederung des Weißbuchs.

4.2

Der EWSA pflichtet der Analyse der wichtigen und positiven Rolle des Sports in der Gesellschaft voll und ganz bei.

4.3

Der EWSA begrüßt, dass die Kommission die gesundheitsfördernde körperliche Aktivität zu einem Eckstein der Maßnahmen im Zusammenhang mit Sport machen wird, weshalb er der Idee, Leitlinien für körperliche Aktivität zu entwickeln und ein Netzwerk für gesundheitsfördernde Bewegung (HEPA) zu schaffen, zustimmt. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die sitzende und bewegungsarme Lebensweise Adipositas sowie zahlreichen chronischen Krankheiten Vorschub leistet. Die Behandlung der bereits bestehenden Krankheiten und die durch den Arbeitsausfall verursachten Verluste sind eine enorme Belastung für Haushalt und Wirtschaft; im Vergleich dazu ist es günstiger, Vorbeugung und körperliche Bewegung zu finanzieren. Durch den Ausbau eines alters- und geschlechtsspezifischen Sportangebots sowie durch Förderung des Sportangebots im Ruhestand kann Unfällen wirksam vorgebeugt und damit das Pflegerisiko gesenkt werden. Dazu ist auch ein Umdenken in der Gesellschaft erforderlich.

4.4

Der EWSA stimmt der Bedeutung der branchenübergreifenden Zusammenarbeit sowie der Feststellung zu, dass die bestehenden Gemeinschaftsprogramme (in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Gesundheitswesen, Jugend und Unionsbürgerschaft oder lebenslanges Lernen) künftig auch den Sport berücksichtigen müssen.

4.5

Der EWSA begrüßt, dass im Weißbuch die Notwendigkeit einer Koordination der Dopingbekämpfung thematisiert und die Abstimmung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten in diesem Bereich mit der Tätigkeit der bestehenden internationalen Organisationen für erforderlich angesehen wird, vor allem um eventuelle Überschneidungen zu vermeiden und so die Ressourcen wirksamer einsetzen zu können. Zurzeit ist die Dopingbekämpfung nicht ausreichend, und die Jugend wird nicht davon abgeschreckt, Dopingmittel zu gebrauchen. Der EWSA regt an, dass deshalb eine Studie über den Stand der nationalen Gesetzgebungen erstellt und eine rechtsvergleichende Analyse der Defizite und Lücken vorgenommen wird.

4.6

Der EWSA stellt fest, dass die zur Dopingprävention genutzten Verzeichnisse die Frage nach dem gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen Schutz von Personendaten aufwerfen.

4.7

Der EWSA begrüßt, dass im Weißbuch die Möglichkeiten der Unterstützung sportlicher und körperlicher Aktivität im Rahmen der bestehenden Bildungs- und Ausbildungsprogramme der Gemeinschaft (Comenius, Leonardo, Erasmus, Grundtvig, EQF, ECVET) skizziert werden.

4.8

Der EWSA begrüßt die Einleitung der Studie über die Ausbildung junger Sportler. Er empfiehlt, eine Studie über die Verantwortung der Sportvereine für die jungen Leistungssportler zu erstellen, damit die Vereine ihnen nach ihrer aktiven Laufbahn eine Berufsbildung ermöglichen und sie beim Einstieg in das Berufsleben unterstützen.

4.9

Der EWSA macht darauf aufmerksam, dass die für begabte junge Sportler vorgesehenen Ausbildungssysteme allen zugänglich sein und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ermöglichen müssen. Indessen bedarf die Problematik der „vor Ort ausgebildeten Sportler“ einer sorgsamen Analyse, da die Vereine für die Suche und Ausbildung von jungen Talenten eine wichtige Rolle spielen. Sie investieren dafür erhebliche Mittel und erfüllen so eine gesellschaftlich nützliche Aufgabe. Die Vereine müssen dazu angehalten werden, diese Aufgabe fortzusetzen.

4.10

Der EWSA konstatiert mit Zufriedenheit, dass den gemeinnützigen Sportorganisationen, der ehrenamtlichen Tätigkeit und dem Breitensport ein wichtiger Platz eingeräumt wird, da ein Großteil des europäischen Sports auf diesen Strukturen beruht.

4.11

Gleichzeitig weist der EWSA darauf hin, dass die Lage der gemeinnützigen Organisationen, ihre Finanzierung, wirtschaftliche Tätigkeit sowie Unterstützung durch die Gebietskörperschaften — aufgrund der unterschiedlichen historischen Traditionen — in den einzelnen Mitgliedstaaten voneinander abweichen. Der EWSA hofft, dass diese Unterschiede in der zu dieser Thematik geplanten Studie dargelegt werden.

4.12

Der EWSA begrüßt die Erkenntnis, dass Gemeinschaftsprogramme und -aktionen zur besseren Nutzung der Möglichkeiten, die der Sport für die gesellschaftliche Integration bietet, sowie zur einer positiven Zusammenarbeit zwischen den benachteiligten und ausgegrenzten Gruppen und der Gesellschaft, in die sie integriert werden sollen, beitragen könnten.

4.13

Das Weißbuch thematisiert den Sport von Menschen mit Behinderungen. Der EWSA stellt erfreut fest, dass der freie Zugang zu Sporteinrichtungen sowie die Ausbildung von ehrenamtlichen Helfern und Personal für Menschen mit Behinderungen erörtert werden.

4.14

Der EWSA begrüßt, dass im Weißbuch die größere Teilhabe von Frauen am Sport und ihre aktivere Rolle in diesem Bereich erwähnt werden sowie die Gleichstellung der Geschlechter propagiert wird. Die sportliche Aktivität von Frauen kann die der Familie und der Kinder positiv beeinflussen und sich so auf die Gesellschaft als Ganzes auswirken.

4.15

Der EWSA begrüßt den Gedanken, dass mit den bestehenden internationalen und nationalen Organisationen zusammengearbeitet werden soll, um der Gewalt auf den Tribünen vorzubeugen, und hält es für wichtig, Überschneidungen zu vermeiden, um die Ressourcen effizienter zu nutzen.

4.16

Der EWSA weist darauf hin, dass die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zur Prävention von Gewalt bei Sportveranstaltungen derzeit im Rahmen der Zusammenarbeit im Bereich Inneres in der Gruppe „Polizeiliche Zusammenarbeit“ (PCWP) stattfindet.

4.17

Der EWSA begrüßt, dass im Weißbuch die wirtschaftliche Wirkung des Sports und sein Potenzial zur Schaffung von Arbeitsplätzen anerkannt werden, bedauert jedoch, dass die Möglichkeit unerwähnt bleibt, die bestehenden Gemeinschaftsressourcen in Zukunft auch zur Finanzierung von Sport-, Freizeit-, Gemeinschafts- und Mehrzweckeinrichtungen zu nutzen, die den geltenden Kriterien genügen.

4.18

Der EWSA hielte es für sinnvoll, auf europäischer Ebene ein einheitliches System für Sportstatistiken zu schaffen, um die Entscheidungsfindung zu erleichtern.

4.19

Der EWSA merkt an, dass die nationalen Sportstrukturen und Statistiksysteme voneinander abweichen und ein Großteil der wirtschaftlichen Wirkung des Sports durch schwer messbare Indikatoren (wie den Rückgang des Krankenstandes und der Medikamentenverkäufe oder die Verstärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts) angegeben wird.

4.20

Der EWSA hält die Erhebungen von Eurobarometer, die geplante Studie über den Zusammenhang zwischen dem Sportsektor und dem Lissabon-Prozess sowie den Erfahrungsaustausch über sportliche Großveranstaltungen für nützlich.

4.21

Angesichts der bereits erwähnten Vielfalt der europäischen Sportstrukturen begrüßt der EWSA den Gedanken einer Studie der Europäischen Kommission über die Finanzierung des Sports in den Mitgliedstaaten und die damit einhergehenden Steuerbefreiungen bzw. -vorteile.

4.22

Nach Ansicht des EWSA stellt der Zusammenhang zwischen der Besonderheit des Sports und dem Gemeinschaftsrecht eine grundlegende Frage dar, deren Klärung für die Sportorganisationen von großer Bedeutung ist.

4.23

Der EWSA vertritt die Auffassung, dass die Bemühungen um eine bessere Lösung fortzusetzen sind. Langfristig bietet die Anwendung des Fallrechts den Interessenträgern im Sport nicht die erforderliche Rechtssicherheit.

4.24

Die Problematik der erforderlichen Harmonisierung der Bestimmungen und Interessen der Sportorganisationen mit dem Gemeinschaftsrecht ist mit mehreren weiteren Fragen verknüpft: der geplanten Folgenabschätzung bezüglich der Spielermanager, dem geplanten Dialog über die Lizenzsysteme der Vereine und der gemeinsamen Veräußerung der Übertragungsrechte für Sportveranstaltungen. Der EWSA befürwortet diese Vorschläge.

4.25

Auch der EWSA sieht die Notwendigkeit, minderjährige Sportler zu schützen, und begrüßt die im Weißbuch angekündigten Maßnahmen (Überwachung der Umsetzung der Richtlinie über den Jugendarbeitsschutz, Studie über Kinderarbeit, Information der Mitgliedstaaten über bestehende Rechtsvorschriften).

4.26

Der EWSA befürwortet uneingeschränkt die Bekämpfung jeglicher Form von Kriminalität im Zusammenhang mit dem Sport (Korruption, Geldwäsche) und die Entwicklung von damit verbundenen europäischen Strategien.

4.27

Der EWSA befürwortet die Schaffung stabiler Lizenzsysteme für die Profivereine in der EU, die deren Funktionsweise transparent machen.

4.28

Der EWSA hält es für außerordentlich wichtig, die Medieneinnahmen mittels solidarischer Mechanismen aufzuteilen und so den Amateursport zu unterstützen.

4.29

Angesichts der zahlreichen in dieser Stellungnahme genannten Aufgaben begrüßt der EWSA die Fortsetzung des Dialogs und der Konzertierung sowohl zwischen der Europäischen Kommission, den Mitgliedstaaten und den regierungsunabhängigen Sportorganisationen als auch zwischen den EU-Institutionen.

4.30

Der EWSA unterstützt voll und ganz die Einsetzung von europäischen Ausschüssen für den sozialen Dialog innerhalb der einzelnen Branchen (4), um so das Funktionieren des europäischen Binnenmarkts im Bereich Sport zu fördern. Neben den Arbeitgebern (Vereinen) und den Arbeitnehmern (Sportlern, Trainern, zu ihren Diensten stehendes Personal) sollten auch die Sportgerätehersteller und die in den verschiedenen Bereichen des Sports tätigen internationalen Organisationen in den sozialen Dialog auf europäischer Ebene einbezogen werden.

4.31

Mögliche Themen für den sozialen Dialog sind die Rentenkassen der Wettkampfsportler, Werbe- und Bildrechte, Gesundheit am Arbeitsplatz, die Problematik der vor Ort ausgebildeten Sportler, die Arbeitsverträge sowie die Förderung des beruflichen Einstiegs nach Ende der Sportlaufbahn.

Brüssel, den 16. Januar 2008

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  Pál Schmitt: „Bericht über die Rolle des Sports in der Erziehung“ und Ivo Belet: „Bericht über die Zukunft des Profifußballs in Europa“.

(2)  José Luis Arnaut, „Unabhängige Studie zum Europäischen Sport“: umfassender, unter britischem Ratsvorsitz in Zusammenarbeit mit mehreren Ländern verfasster Bericht über die Besonderheiten des europäischen Sports, die tatsächlichen Möglichkeiten politischer Initiativen und praktische Lösungen.

(3)  Auszug aus der Einleitung des Weißbuchs.

(4)  Auf der Grundlage von Artikel 138 und 139 des EU-Vertrags.


Top