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Document 52006AE1178

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit KOM(2005) 646 endg. — 2002/0260 (COD)

    ABl. C 318 vom 23.12.2006, p. 202–209 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

    23.12.2006   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 318/202


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“

    KOM(2005) 646 endg. — 2002/0260 (COD)

    (2006/C 318/33)

    Der Rat beschloss am 7. Februar 2006, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 47 Absatz 2 und Artikel 55 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 18. Juli 2006 an. Berichterstatter war Herr HERNÁNDEZ BATALLER.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 429. Plenartagung am 13./14. September 2006 (Sitzung vom 14. September) mit 53 gegen 7 Stimmen bei 10 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

    1.   Einleitung

    1.1

    Am 13. Dezember 2005 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Aktualisierung der sog. Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ vor, deren erste Fassung aus dem Jahr 1989 stammt (1) und bereits 1997 überarbeitet wurde (2). Die Bestimmungen dieser Richtlinie haben bei einer Kollision mit allgemeinen Rechtsvorschriften, die bestimmte Aspekte der Aufnahme und der Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit regeln, Vorrang (3).

    1.2

    Das erklärte Ziel dieser Änderung, die in den Verfahren zur Überwachung und Bewertung der Einhaltung des Rechtsakts vorgesehen ist, besteht in der Anpassung der Richtlinie an den neuen technologischen Konvergenzrahmen, in dem die audiovisuellen Inhalte und Dienste bereits weit über das traditionelle Konzept der „Fernsehtätigkeit“ hinausgehen und neue Regulierungsanforderungen schaffen, um sowohl das Funktionieren des Binnenmarkts und die Existenz einer leistungsstarken und kreativen europäischen Inhalteindustrie als auch die Bürgerrechte zu gewährleisten. Die Aktualisierung der Gemeinschaftsvorschriften über die Inhalte der audiovisuellen Medien ist auch Bestandteil der Strategie i2010 zur Schaffung einer europäischen Informationsgesellschaft für Wachstum und Beschäftigung (4).

    1.2.1

    Der Vorschlag zur Änderung der Richtlinie, deren Anwendungsbereich sich ursprünglich auf die Gesamtheit der audiovisuellen Dienstleistungen erstreckte, beschränkt sich infolge der Konferenz von Liverpool (5) nunmehr auf die sog. „audiovisuellen Mediendienste“ und legt unterschiedliche Regelungsebenen für lineare und nichtlineare Dienste fest. Die Richtlinie würde also die Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Dienstleistungen der audiovisuellen Medien betreffen und deshalb nicht mehr als Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“, sondern als Richtlinie „Audiovisuelle Mediendienste“ zu bezeichnen sein.

    1.2.2

    Von der Richtlinie ausgeschlossen bleiben jedoch im privaten Umfeld versandte Nachrichten, elektronische Ausgaben von Zeitungen oder Zeitschriften sowie nicht vornehmlich auf die Verbreitung audiovisueller Inhalte ausgerichtete Internetseiten und Hörfunksendungen.

    1.3

    Der Änderungsvorschlag entspricht der 2003 geschlossenen interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung in zweifacher Hinsicht: Zum einen vereinfacht, flexibilisiert und reduziert er aus kasuistischer Sicht die rechtlichen Verpflichtungen der europäischen audiovisuellen Mediendiensteanbieter; zum anderen fördert er die Selbst- und Koregulierung im Sektor. Darüber hinaus zielt er auf die Schaffung eines möglichst einfachen und grundlegenden Regelungsrahmens und damit auf die Stärkung des Herkunftslandprinzips nach der Umsetzung der Richtlinie in das nationale Recht der Mitgliedstaaten.

    2.   Vorschlag der Kommission

    2.1

    Wie bereits erwähnt, schlägt die Kommission vor, den Geltungsbereich der Richtlinie auf alle audiovisuellen Mediendienste (6) auszuweiten, deren Hauptzweck im Angebot bewegter Bilder mit oder ohne Ton zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über sog. elektronische Kommunikationsnetze (7) besteht.

    2.2

    Folgende Arten audiovisueller Mediendienste können unterschieden werden:

    lineare Dienste: der Nutzer muss sich den zeitlichen Bedingungen der Verbreitung der vom Anbieter festgelegten Dienstleistungen und Inhalte anpassen — egal, um welchen Übertragungsweg es sich handelt (terrestrisches, Satelliten- oder Kabelfernsehen, Internet, Mobilfunk usw.);

    nicht-lineare Dienste: der Nutzer bestimmt den Zeitpunkt für den Zugriff auf einen vom Anbieter zur Verfügung gestellten Dienst oder Inhalt.

    2.2.1

    Entsprechend dieser Unterscheidung sind „Fernsehsendungen“ als lineare audiovisuelle Mediendienste definiert, bei denen der Mediendiensteanbieter den Zeitpunkt für die Übertragung eines bestimmten Programms festlegt und die Programmplanung vornimmt. Als „Fernsehveranstalter“ werden Anbieter linearer audiovisueller Mediendienste bezeichnet.

    2.3

    Entsprechend der Ausweitung des Geltungsbereichs wird im Änderungsvorschlag der umfassende Begriff „audiovisuelle kommerzielle Kommunikation“ eingeführt, der sich auf sämtliche bewegte Bilder mit oder ohne Ton, die audiovisuelle Mediendienste begleiten und die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen dienen, bezieht. „Fernsehwerbung“ bezeichnet dabei einen Teil der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation, nämlich über das Fernsehen verbreitete Botschaften zur Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder auch zur Eigenwerbung des Fernsehveranstalters. Ähnliches gilt für „Teleshopping“.

    2.3.1

    Das derzeitige Verbot von Fernsehwerbung und Teleshopping für Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse wird auf jegliche Form der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation ausgeweitet. Auch wird am Verbot von Werbung und Teleshopping für verschreibungspflichtige Arzneimittel festgehalten. Zudem bleiben die Beschränkungen der Werbung für alkoholische Getränke bestehen, um dem übermäßigen Genuss dieser Getränke nicht Vorschub zu leisten und Minderjährige zu schützen. So darf die kommerzielle Kommunikation in diesem Falle

    weder Minderjährige speziell ansprechen noch Minderjährige beim Genuss dieser Getränke darstellen;

    Alkoholkonsum weder mit einer Steigerung der physischen Leistung noch dem Führen eines Fahrzeugs in Verbindung bringen;

    nicht den Eindruck vermitteln, dass Alkoholkonsum den Erfolg in sozialer oder sexueller Hinsicht steigert;

    nicht suggerieren, dass alkoholische Getränke therapeutische Eigenschaften besitzen, stimulierend oder beruhigend wirken oder Mittel zur Konfliktlösung darstellen;

    weder zum übermäßigen Genuss alkoholischer Getränke anregen noch Zurückhaltung oder Abstinenz beim Alkoholkonsum in ein negatives Licht stellen;

    einen hohen Alkoholanteil nicht als positives Merkmal von Getränken herausstellen.

    2.3.2

    Im Kommissionsvorschlag wird das Verbot der „Schleichwerbung“ aufrechterhalten, d.h. der Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, des Namens oder der Tätigkeiten eines Herstellers, die vom Fernsehveranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich ihres eigentlichen Zwecks irreführen kann — meist aufgrund fehlender Erkennungsmerkmale oder Hinweise. Deshalb wird erneut festgelegt, dass Fernsehwerbung klar erkennbar und durch optische und/oder akustische Mittel eindeutig von anderen Programmteilen getrennt sein muss.

    2.3.3

    Darüber hinaus wird der Begriff „Produktplatzierung“ (engl. product placement) neu eingeführt. Dieser ist allerdings ganz ähnlich wie „Schleichwerbung“ definiert, und zwar als „die Einbeziehung eines Produkts, eines Dienstes oder der entsprechenden Marke bzw. der Bezugnahme darauf (…), so dass diese innerhalb eines audiovisuellen Mediendienstes erscheinen, üblicherweise gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung.“ Produktplatzierung ist erlaubt, wenn sie u.a. folgende Kriterien erfüllt:

    keine direkte Aufforderung zum Kauf von Produkten oder zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen, insbesondere mittels konkreter Werbebotschaften für diese Produkte oder Dienstleistungen;

    angemessene Information der Nutzer über die Existenz einer Produktplatzierungs-Vereinbarung (mit einem eindeutigen Hinweis auf die Produktplatzierung);

    Verzicht in audiovisuellen Mediendiensten auf Produktplatzierung zugunsten von Zigaretten und anderen Tabakerzeugnissen oder zugunsten von Unternehmen, deren Haupttätigkeit in der Herstellung oder dem Vertrieb von Zigaretten oder anderen Tabakerzeugnissen besteht;

    Verbot der Produktplatzierung in Informations- und Nachrichtensendungen, Dokumentarfilmen und audiovisuellen Mediendiensten für Kinder.

    2.3.4

    Im Änderungsvorschlag wird an dem Begriff „Sponsoring“ und den Bedingungen, unter denen Sponsoring erlaubt ist, festgehalten; allerdings werden grundlegende Änderungen vorgenommen, um diese Tätigkeit an den neuen Geltungsbereich der Richtlinie anzupassen. Auch der Einsatz subliminaler (d.h. unterschwelliger) Techniken in der audiovisuellen Werbung bleibt untersagt.

    2.4

    Der Änderungsvorschlag sieht für die Mitgliedstaaten ähnliche Rechte und Pflichten wie in der derzeitigen Richtlinie vor:

    ihre Verpflichtung, den Empfang audiovisueller Mediendienste aus anderen Mitgliedstaaten zu gewährleisten;

    ihre Verpflichtung, im Rahmen ihrer Rechtsvorschriften und mit geeigneten Mitteln für die Einhaltung der Richtlinie durch die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Mediendiensteanbieter zu sorgen;

    ihre Befugnis, für die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Mediendiensteanbieter strengere oder ausführlichere Bestimmungen in den von dieser Richtlinie erfassten Bereichen vorzuschreiben;

    ihre Befugnis, den freien Zugang der Öffentlichkeit zu Ereignissen, die von großem gesellschaftlichen Interesse sind, zu gewährleisten und deshalb die ausschließliche Übertragung durch die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Mediendiensteanbieter zu untersagen;

    ihre Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Mediendiensteanbieter Kinospielfilme nicht zu anderen als den mit den Rechtsinhabern vereinbarten Zeiten übertragen;

    ihre Verpflichtung, im Rahmen des Möglichen und in differenzierter Form dafür zu sorgen, dass Fernsehveranstalter einen Hauptteil ihrer Sendezeit für europäische oder gleichzusetzende Werke und 10 % ihrer Sendezeit (oder alternativ 10 % ihrer Mittel für die Programmgestaltung) für europäische Werke von Produzenten, die von den Fernsehveranstaltern unabhängig sind, vorbehalten (im letzteren Falle ist ein angemessener Anteil für neue Werke vorzusehen). Bei der Berechnung der Sendezeit werden bestimmte Inhalte nicht berücksichtigt, z.B. Nachrichten, Sportberichte, Spielshows, Werbung, Teletextdienste und Teleshopping.

    2.4.1

    Auch bleibt die Möglichkeit bestehen, dass ein Mitgliedstaat zur Verhinderung eines offenkundigen schwerwiegenden Verstoßes gegen gewisse Bestimmungen der Richtlinie Maßnahmen gegen einen Mediendiensteanbieter, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, ergreift — vorausgesetzt, dass dieser seine gesamte oder überwiegende Tätigkeit im Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedstaats ausübt, dass der Mitgliedstaat, in dem der Anbieter ansässig ist, trotz Aufforderung nicht eingreift und dass die Kommission ihre Zustimmung erteilt.

    2.4.2

    Darüber hinaus werden die in der Richtlinie vorgesehenen Quoten für europäische und einzelstaatliche sowie unabhängige audiovisuelle Produktionen beibehalten. Die Erfüllung dieser Quoten im Untersuchungszeitraum wird in den Wirkungsberichten als äußerst zufrieden stellend bezeichnet.

    2.4.3

    Der Änderungsvorschlag sieht in Bezug auf die Mitgliedstaaten folgende Neuerungen vor:

    Verpflichtung der Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Fernsehveranstalter aus anderen Mitgliedstaaten Zugang zu jenen Ereignissen von großer Bedeutung für die Öffentlichkeit haben, die von einem ihrer Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstalter zwecks Kurzberichterstattung unter Nennung der diesbezüglichen Quelle übertragen werden;

    Verpflichtung der Mitgliedstaaten, einen leichten, direkten und dauerhaften Zugang zu Informationen über Namen, Postanschrift und E-Mail-/Internet-Adresse der ihrer Rechtshoheit unterliegenden Mediendiensteanbieter sowie über die zuständige Regulierungsbehörde zu gewährleisten;

    Verpflichtung der Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Mediendiensteanbieter im Rahmen des Möglichen und mit geeigneten Mitteln die Herstellung von und den Zugang zu europäischen Werken fördern;

    Verpflichtung der Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Mediendiensteanbieter Kinospielfilme nur in den zwischen Rechtsinhabern und Anbietern audiovisueller Mediendienste vereinbarten Zeiträumen übertragen;

    ausdrücklicher Appell an die Mitgliedstaaten, die Koregulierung in den durch die Richtlinie koordinierten Bereichen im Rahmen ihrer effektiven Umsetzung und ihrer Akzeptanz seitens der wichtigsten betroffenen Akteure zu fördern;

    2.5

    Was die Bestimmungen über die von den Mediendiensteanbietern verbreiteten Werte betrifft, stimmt der Änderungsvorschlag inhaltlich mit der derzeitigen Richtlinie überein.

    2.5.1

    So wird festgestellt, dass diesen Anbietern untersagt ist,

    die körperliche, geistige und sittliche Entwicklung von Minderjährigen ernsthaft zu beeinträchtigen;

    zu Hass aufgrund von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Religion oder Glauben, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung aufzustacheln.

    Im Änderungsvorschlag wird am derzeitigen ausdrücklichen Hinweis auf die Unzulässigkeit der Ausstrahlung von Programmen, die Pornografie und grundlose Gewalttätigkeiten zeigen, festgehalten. Darüber hinaus wird die Notwendigkeit herausgestellt, im Falle von Programmen, die die körperliche, geistige und sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können, technische Maßnahmen (Verschlüsselung, späte Sendeplätze, Klassifizierung der Inhalte der Sendungen) zu ergreifen, die sicherstellen, dass Minderjährige, die sich im Sendegebiet befinden, diese Programme weder hören noch sehen können.

    2.5.2

    Die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation darf ihrerseits nicht

    Diskriminierungen nach Rasse, Geschlecht oder Nationalität enthalten;

    religiöse oder politische Überzeugungen verletzen;

    Verhaltensweisen fördern, die die Gesundheit oder Sicherheit gefährden;

    Verhaltensweisen fördern, die den Schutz der Umwelt gefährden;

    Minderjährigen weder körperlichen noch seelischen Schaden zufügen, d.h.: sie darf keine direkten Kaufappelle an Minderjährige richten, die deren Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ausnutzen; sie darf Minderjährige nicht unmittelbar dazu auffordern, ihre Eltern oder Dritte zum Kauf der beworbenen Ware oder Dienstleistung zu bewegen; sie darf nicht das besondere Vertrauen ausnutzen, das Minderjährige zu Eltern, Lehrern und anderen Personen haben; sie darf Minderjährige nicht ohne berechtigten Grund in gefährlichen Situationen zeigen.

    2.6

    In Bezug auf Werbeunterbrechungen wird im Änderungsvorschlag die Rechtskasuistik eingeschränkt, indem ein Großteil der Anwendungskriterien einfacher und flexibler gestaltet wird.

    2.6.1

    Der Wortlaut der Ausnahmeregelung für einzeln gesendete Werbespots und Teleshopping-Spots (außer in Sportprogrammen) bleibt praktisch unverändert. Auch werden weiterhin in laufende Sendungen eingefügte Werbeblöcke bevorzugt, wobei nur solche Werbeblöcke erlaubt sind, die den Gesamtzusammenhang der Programme nicht beeinträchtigen und die Rechte von Rechtsinhabern nicht verletzen.

    2.6.2

    Die verschiedenen Parameter für zulässige Werbeblöcke, der zeitliche Abstand dieser Blöcke und die Ausnahmeregelungen für bestimmte Programmtypen werden durch eine allgemeine Bestimmung ersetzt, die vorsieht, dass die Übertragung von Fernsehfilmen, Kinospielfilmen, Kinderprogrammen und Nachrichtensendungen für jeden Zeitraum von 35 Minuten einmal für Werbung und/oder Teleshopping unterbrochen werden darf. Weiterhin untersagt ist die Unterbrechung religiöser Sendungen durch Werbung oder Teleshopping.

    2.6.3

    Hinsichtlich der Sendezeit für die unterschiedlichen Werbeformen wird nur an einem allgemeinen Kriterium festgehalten, dem zufolge Werbespots, Teleshopping-Spots und andere kurze Werbeformate innerhalb einer Stunde 20 % nicht überschreiten dürfen. Es bleibt auch die Ausnahmeregelung bei der Berechnung der Sendezeit für Hinweise des Fernsehveranstalters auf eigene Programme und auf Begleitmaterialien, die direkt von diesen Programmen abgeleitet sind, Sponsorenhinweise und die Produktplatzierung bestehen.

    3.   Allgemeine Bemerkungen

    3.1

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss erachtet es als notwendig, die derzeitige Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ zu ändern, um sie an den neuen technologischen Konvergenzrahmen sowie die neuen Methoden im Bereich Werbung und Absatzförderung anzupassen. Er erkennt auch die Notwendigkeit an, leichter anwendbare und wirkungsvollere Rechtsvorschriften festzulegen, die den Austausch der audiovisuellen Mediendienste im europäischen Binnenmarkt verstärken und dessen Entwicklung fördern und beschleunigen. Er ist jedoch der Auffassung, dass die Änderung sowohl diesen Erfordernissen der technologischen und wirtschaftlichen Entwicklung als auch dem Schutz der Menschenwürde und der persönlichen Integrität Rechnung tragen muss.

    3.2

    Darüber hinaus bedauert der Ausschuss, dass die Kommission nicht die durch den Änderungsvorschlag eröffnete Chance genutzt hat, die Mängel und Doppeldeutigkeiten der geltenden Richtlinie zu beseitigen, welche zu Schwierigkeiten bei der Auslegung und Anwendung geführt haben — und damit insgesamt zu Rechtsunsicherheit bei der Implementierung der Richtlinie wie auch bei ihrer Umsetzung in nationales Recht.

    3.2.1

    Beispielsweise fehlen eine Definition der unter die Richtlinie fallenden Werbeformen und die Beschreibung einer Reihe möglicher Gesetzesverstöße. Im Abschnitt „Besondere Bemerkungen“ soll dieser Aspekt ausführlicher behandelt werden. An dieser Stelle sei nur beispielhaft auf den Erwägungsgrund 44 hingewiesen, der die telepromotions von der Berechnung der Werbezeiten ausnimmt, ohne dass an irgendeiner Stelle des Texts Merkmale und Beschränkungen dieser Werbeform definiert werden.

    Der Ausschuss vertritt jedoch die Ansicht, dass es keinen Grund für eine solche Ausnahmeregelung gibt und die telepromotions in jedem Falle bei der Berechnung der Werbezeiten berücksichtigt werden sollten. Andernfalls käme es zu einer Benachteiligung der Werbespots und einer Verlagerung der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation auf andere Formate, wobei der Grad der Werbesättigung aufrechterhalten oder sogar erhöht würde.

    3.2.2

    Es sollte auch nicht übersehen werden, dass die Verbindung zwischen einer zunehmend auf das Wesentliche konzentrierten Rechtsgrundlage und der Verstärkung des Herkunftslandprinzips das Ziel einer verstärkten Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten weit verfehlt. Vielmehr kann sie zu erheblichen rechtlichen Unterschieden in diesem Bereich — vor allem hinsichtlich der Werbung und des Schutzes von Minderjährigen — führen und damit die Entwicklung des Binnenmarktes erschweren bzw. das Schutzniveau der Bürger erheblich absenken.

    3.3

    In Bezug auf den Anwendungsbereich ist festzustellen, dass zwar versucht wird, den Unterschied zwischen den audiovisuellen Mediendiensten, auf die sich diese geänderte Richtlinie bezieht, und den übrigen audiovisuellen Diensten, die weiterhin in den allgemeinen Rahmen der Verordnung zur elektronischen Kommunikation fallen, klar herauszustellen. Es dürfte sich jedoch aufgrund der Weiterentwicklung von Formaten, bei denen sich textliche, akustische und visuelle Inhalte immer stärker vermengen, als zunehmend schwierig erweisen, die Grenzen des Anwendungsbereichs abzustecken.

    3.4

    Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass die Schutzgarantien für die Nutzer audiovisueller Mediendienste — vor allem Minderjährige — in der geänderten Richtlinie zumindest beibehalten und möglichst ausgeweitet werden müssen. Es ist zu betonen, dass die Richtlinie, wie bereits erwähnt, neben den Zielen des audiovisuellen Binnenmarkts eine Reihe sozialer und kultureller Werte fördern muss, die sämtlich in der Grundrechtscharta der Europäischen Union verankert sind: Vielfalt, Identität, persönliche Entwicklung der Bürger, Menschenwürde (siehe dazu die Erwägungsgründe des Änderungsvorschlags), Recht auf Information und Meinungsfreiheit (8). Darüber hinaus wird die Fernsehtätigkeit in der Rechtsprechung des EuGH (9) als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betrachtet.

    3.5

    Der Änderungsvorschlag sollte nach Auffassung des Ausschusses einen Schritt weiter gehen und Vorschläge für konkrete Maßnahmen im Zusammenhang mit Fragen des Pluralismus oder der Konzentration der Kommunikationsmedien enthalten. Was die Förderung europäischer Produktionen betrifft, fordert der Ausschuss dazu auf, gegenüber den Mitgliedstaaten klarer Stellung zu beziehen und sich nicht auf eine „Förderung nach Möglichkeit“ zu beschränken sowie die Kriterien für europäische und unabhängige Produktionen Schritt um Schritt und so weit wie möglich auf die nichtlinearen Dienste zu übertragen.

    3.6

    Hinsichtlich des Rechts auf Gegendarstellung hat die Kommission in ihrem Änderungsvorschlag die Auffassung des Ausschusses (10) nicht berücksichtigt, dass neben dem Recht auf Gegendarstellung — mit dem gleichen allgemeinen Geltungsbereich und unter den gleichen Bedingungen — auch ein „Recht auf Richtigstellung“ vorgesehen werden sollte, das es erlaubt, gegen unwahre, unrichtige oder ungenaue Inhalte, die die Rechte des Einzelnen beeinträchtigen, vorzugehen.

    3.7

    Der Ausschuss hält es für notwendig, im Kommissionsvorschlag festzulegen, dass in allen Mitgliedstaaten Regulierungsbehörden eingerichtet werden sollten oder müssen, die hinsichtlich ihrer Gründung, ihrer Satzung und der Ausübung ihrer Funktionen nicht nur unparteilich und transparent, sondern auch regierungsunabhängig sind. Nach Auffassung des Ausschusses sollte künftig darüber nachgedacht werden, ob es zweckmäßig ist, eine europäische Agentur, ein Institut oder eine ähnliche überstaatliche Organisation zu schaffen.

    4.   Besondere Bemerkungen

    4.1

    Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Kommission den Begriff „audiovisuelle kommerzielle Kommunikation“ zu eng fasst und den Ausdruck „audiovisuelle Mediendienste“ geradezu mechanisch wiederholt. Es erscheint logisch, dass die audiovisuellen Mediendienste als „bewegte Bilder mit oder ohne Ton“ definiert und damit die bewegten Bilder zur conditio sine qua non für die Existenz dieser Dienste gemacht werden, weshalb die Internetpresse oder der Hörfunk vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgeklammert bleiben. Dieser Definition des Geltungsbereichs zufolge können bei der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation im Rahmen der audiovisuellen Mediendiensten statische Bilder (z.B. Logos oder Werbeplakate) oder isolierte Tonfolgen ohne Bilder (z.B. mündliche Markennennungen oder Werbemelodien) verwandt werden. Deshalb erscheint folgende Bestimmung des Begriffs „audiovisuelle kommerzielle Kommunikation“ zweckmäßiger: „Bilder mit oder ohne Ton, die audiovisuelle Mediendienste begleiten und die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, dienen.“

    4.2

    Im Änderungsvorschlag wird die derzeitige Definition beibehalten, der zufolge Fernsehwerbung stets gegen Entgelt ausgestrahlt wird. Der Ausschuss ist aber der Auffassung, dass nicht die Vergütung als Definitionskriterium für Fernsehwerbung herangezogen werden sollte, sondern — in Übereinstimmung mit anderen Gemeinschaftsdefinitionen (z.B. in der Richtlinie über irreführende Werbung) — ihre Ausrichtung auf die Absatzförderung von Produkten und Dienstleistungen. Verhindert würde damit die Möglichkeit der Ausstrahlung von Werbespots für Produkte, für die im Fernsehen nicht geworben werden darf, oder von unzulässigen Werbespots, die weiterhin im Fernsehen zu sehen sind, obwohl nicht glaubwürdig nachgewiesen wird, dass sie auf Bezahlung beruhen und somit Formen der Fernsehwerbung darstellen. Ähnliches ist zum Kriterien des Entgelts in der Definition des Begriffs „Teleshopping“ zu sagen.

    4.2.1

    Wird an dem vorgenannten Definitionskriterium des Vorschlags festgehalten, sollte in der Richtlinie gleichwohl die Möglichkeit vorgesehen werden, dass die Mitgliedstaaten die Gerichte — im Falle eines Zivil- oder Verwaltungsverfahrens — dazu befugen, von den Fernsehveranstaltern die Vorlage von Nachweisen über die Unentgeltlichkeit der audiovisuellen Kommunikation zu verlangen, so wie es die Richtlinie 84/850/EWG vorsieht. Andernfalls wäre vom kommerziellen Charakter dieser Kommunikation auszugehen.

    4.3

    Im Änderungsvorschlag wird die derzeitige Definition des Begriffs „Schleichwerbung“ praktisch unverändert beibehalten. Nach Auffassung des Ausschusses sollte sich diese Definition aber nicht nur auf Fernsehwerbung, sondern auf die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation insgesamt beziehen, zumal in dem betreffenden Artikel „jede Schleichwerbung in der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation“ ausdrücklich untersagt wird.

    4.3.1

    Der Ausschuss ist auch der Ansicht, dass der im Änderungsvorschlag definierte Begriff „Schleichwerbung in der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation“ weiter gefasst werden und folgende Aspekte einschließen sollte:

    die Darstellung von oder die Bezugnahme auf Waren und Dienstleistungen nicht nur durch Worte oder Bilder, sondern auch durch Tonfolgen (z.B. eine Werbemelodie, die mit einer bestimmten Marke/einem bestimmten Produkt assoziiert wird);

    was den Inhalt dieser Darstellung/Bezugnahme betrifft: nicht nur der Name, die Marke oder die Tätigkeiten des Anbieters, sondern auch andere Merkmale, die eindeutige Assoziationen mit dem jeweiligen Angebot schaffen (z.B. eine bestimmte Verpackung/ein bestimmter Slogan ohne Nennung der betreffenden Marke).

    4.3.2

    Darüber hinaus ist im Text der Richtlinie klarzustellen, dass Produktplatzierung nicht mit Schleichwerbung gleichzusetzen ist, sofern sie die in der Richtlinie festgelegten Zulässigkeitskriterien erfüllt.

    4.4

    Der Ausschuss begrüßt die ausdrückliche Erwähnung der Produktplatzierung im Kommissionsvorschlag. Obwohl derzeit in der Theorie jede Produktplatzierung als Schleichwerbung und damit als untersagte Tätigkeit aufgefasst werden könnte, besteht in der Praxis die Tendenz, sie noch nicht einmal als Fernsehwerbung anzusehen, weshalb sie bisher nicht Gegenstand eines Rechtsakts gewesen ist. Der Ausschuss ist aber der Auffassung, dass in der Definition des Begriffs „Produktplatzierung“ als wesentliche Merkmale dieser Praxis die Werbeabsicht des Fernsehveranstalters und das Fehlen eines optischen oder akustischen Hinweises an das Publikum bezüglich des Werbecharakters während (d.h. im Augenblick) einer Produktplatzierung — im Gegensatz zu anderen Formaten wie telepromotions — herausgestellt werden sollten.

    4.4.1

    Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass die Produktplatzierung keinen Einfluss auf die Unabhängigkeit und Integrität der Programmgestaltung ausüben kann, so wie dies bereits in Bezug auf andere Werbeformate festgestellt wurde. Die Beschränkungen der Produktplatzierung müssen ausgeweitet werden — und zwar durch deren Verbot nicht nur im Falle der untersagten Werbung in Kinderprogrammen und Nachrichtensendungen, sondern auch im Falle der Werbung für Arzneimittel und, wie weiter unten ausgeführt, der Werbung für alkoholische Getränke.

    4.5

    Der Änderungsvorschlag sieht in Übereinstimmung mit der geltenden Richtlinie das Verbot des Einsatzes subliminaler (d.h. unterschwelliger) Techniken in der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation vor. Gleichwohl enthält der Text keine Definition dieser Techniken. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass dieser Begriff ausdrücklich definiert werden sollte. Dabei sollte auf den Einsatz optischer oder akustischer Reize hingewiesen werden, die mit einer unterhalb der Sinneswahrnehmung liegenden Intensität ausgesendet und auf unterbewusster Ebene empfangen werden.

    4.6

    Im Kommissionsvorschlag wird festgestellt, dass die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation sowohl direkter als auch indirekter Natur sein kann. Darüber hinaus wird die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation in einigen Fällen — z.B. Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse — untersagt, auch wenn sie indirekter Natur ist. Allerdings enthält der Text keine Definition dieser Form der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation. Der Ausschuss hält es für zweckmäßig, diesen Begriff explizit zu definieren. Dabei sollte darauf hingewiesen werden, dass in diesem Falle auch ohne unmittelbare Darstellung der bzw. unmittelbare Bezugnahme auf die Produkte Marken, Symbole und andere Erkennungsmerkmale dieser Produkte bzw. der Unternehmen, deren wesentliche oder bekannte Tätigkeit in der Herstellung oder Vermarktung dieser Produkte besteht, verwandt werden.

    4.7

    Artikel 3g c) des Kommissionsvorschlags umfasst eine Liste von Werten, die es im Falle audiovisueller kommerzieller Kommunikation zu achten gilt. Diese Liste beinhaltet die Bestimmungen der derzeitigen Richtlinie in Bezug auf Werbung und Teleshopping, jedoch unter Auslassung des Hinweises auf die Menschenwürde. Der Ausschuss ist jedoch der Auffassung, dass dieser Hinweis angesichts des Stellenwerts der Menschenwürde — und im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Grundrechtscharta der Europäischen Union — beibehalten werden sollte.

    4.8

    Der Änderungsvorschlag sieht weiterhin die Verpflichtung der Mitgliedstaaten vor zu gewährleisten, dass die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Mediendienste nicht so genutzt werden, dass sie die körperliche, geistige oder seelische Entwicklung von Minderjährigen ernsthaft beeinträchtigen können. Ferner müssen dem Vorschlag zufolge Warnhinweise im Vorfeld von Sendungen ausgestrahlt werden, die einen (erheblichen) negativen Einfluss auf diese Entwicklung ausüben können. Auch wird das umfassende Verbot von Pornografie und grundlosen Gewalttätigkeiten erneuert. Es ist zu fragen, wie wirkungsvoll dieses Verbot angesichts der Bewertung der Einhaltung der Richtlinie seit dem Jahr 1989 tatsächlich ist — und ob es nicht zweckmäßiger wäre, dieses Verbot aufzuheben und den Schutz von Minderjährigen vor pornografischen und gewalttätigen Inhalten auf die bereits im Rechtsakt genannten Maßnahmen „Verschlüsselung“, „späte Sendeplätze“ und „Warnhinweise“ zu beschränken.

    4.8.1

    Der Ausschuss bedauert, dass die Kommission in ihrem Änderungsvorschlag keine Systeme berücksichtigt hat, die einen umfangreicheren Schutz gewährleisten. In einigen Mitgliedstaaten gibt es bereits derartige, zufrieden stellend funktionierende Systeme, die beispielsweise Minderjährige besser vor Werbeinhalten schützen oder Auswüchse der Werbung und des betrügerischen Teleabsatzes beschneiden.

    4.9

    Im Kommissionsvorschlag werden bei der Festlegung der Einschränkungen für die audiovisuellen Mediendienste und die mit ihnen verbundene audiovisuelle kommerzielle Kommunikation kaum gerechtfertigte Unterschiede gemacht. So wird in Bezug auf die Mediendienste von „(Aufstachelung) zu Hass aufgrund von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Religion oder Glauben, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung“ gesprochen, in Bezug auf die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation hingegen von „Diskriminierungen nach Rasse, Geschlecht oder Nationalität“. Dabei fehlt der Hinweis auf die Menschenwürde. Während bei den audiovisuellen Mediendiensten von ernsthaften Beeinträchtigungen der körperlichen, geistigen und sittlichen Entwicklung die Rede ist, geht es bei der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation nur um seelische und moralische Beeinträchtigungen Minderjähriger. Hinsichtlich der audiovisuellen Kommunikation fehlt auch ein Verbot der Anregung oder Förderung gewalttätigen und asozialen Verhaltens oder der Tierquälerei. Nach Auffassung des Ausschusses sollten diese — größtmöglichen — Einschränkungen sowohl auf die audiovisuellen Mediendienste als auch auf die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation angewandt werden.

    4.10

    Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Mediendiensteanbieter ausdrücklich dazu verpflichtet werden müssen, grundlegende Informationen bereitzustellen, d.h. zumindest ihre Postanschrift und ihre E-Mail-Adresse.

    4.11

    Die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation für alkoholische Getränke bleibt hinsichtlich ihrer Zielgruppe (sie darf sich nicht an Jugendliche wenden) und ihrer Verkaufsargumente (sie darf einem übermäßigen Alkoholkonsum keinen Vorschub leisten) eingeschränkt. Allerdings hält der Ausschuss angesichts der durch Alkoholkonsum hervorgerufenen schwer wiegenden Probleme, insbesondere bei Jugendlichen, eine strengere Regelung seitens der Kommission für angezeigt. Bei der Festlegung dieser Regelung könnten folgende Aspekte berücksichtigt werden:

    Programme/Inhalte (z.B. nicht nur im Falle von Jugend-, sondern auch von Sportsendungen);

    Sendezeiten im Falle der linearen Dienste (z.B. keine Ausstrahlung audiovisueller kommerzieller Kommunikation für alkoholische Getränke vor 22 Uhr);

    Alkoholgehalt der Produkte (z.B. Verbot audiovisueller kommerzieller Kommunikation für Getränke mit einem Alkoholgehalt von 18 % oder mehr);

    Konzentration von Werbespots innerhalb einer bestimmten Sendezeit im Falle der Fernsehwerbung (z.B. höchstens ein Spot pro Werbeblock/werbendem Unternehmen/Sendung);

    Art der Werbung oder Absatzförderung (z.B. Verbot von Produktplatzierung und Sponsoring zugunsten von Produzenten alkoholischer Getränke oder wenigstens eine zeitliche Beschränkung (s. dazu oben)).

    4.12

    Im Interesse der Mediennutzer in ihrer Eigenschaft als Verbraucher sollten die im Gemeinschaftsrecht bereits vorgesehenen Beschwerdeverfahren berücksichtigt werden, z.B. die Möglichkeit von Unterlassungsklagen bei Verstößen gegen die Bestimmungen dieses Rechtsakts gemäß der Richtlinie 1998/27/EG, die im Gegensatz zu anderen ergänzenden Rechtsvorschriften wie der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken noch nicht einmal in den Erwägungsgründen des Änderungsvorschlags erwähnt wird.

    4.13

    Im Änderungsvorschlag sollte eine Ausweitung des Aufgabenbereichs des Kontaktausschusses auf folgende Aspekte erwogen werden:

    Festlegung gemeinsamer Vorschriften bezüglich der Festlegung der für die audiovisuellen Mediendienste zuständigen Regulierungsbehörde;

    Festlegung gemeinsamer Vorschriften bezüglich der Information der Nutzer über die Verwendung von Sponsoring und Produktplatzierung;

    Festlegung gemeinsamer Vorschriften bezüglich der Entwicklung von Selbst- und Koregulierungssystemen;

    Festlegung gemeinsamer Vorschriften bezüglich der Übertragung von Ereignissen, die von allgemeinem Interessen sind, oder der Kurzberichterstattung über diese Ereignisse durch andere Fernsehveranstalter;

    Festlegung gemeinsamer Vorschriften, die es den Bürgern ermöglichen, ihr Recht auf Gegendarstellung und Richtigstellung wahrzunehmen.

    Darüber hinaus sollten die Rolle der Verbraucher- und Nutzerorganisationen sowie die Rolle der sowohl an der Selbstregulierung als auch an der Koregulierung beteiligten Akteure anerkannt werden (11).

    4.14

    Im Änderungsvorschlag sollte festgeschrieben werden, dass in allen Mitgliedstaaten Regulierungsbehörden, die für die in der Richtlinie genannten Bereichen zuständig sind, geschaffen werden und diese — entsprechend den Kriterien der Empfehlung 23 (2000) des Europarates — hinsichtlich ihrer Satzung und der Ausübung ihrer Aufgaben unabhängig, unparteiisch und transparent sein müssen.

    4.15

    Schließlich wäre es empfehlenswert, im Änderungsvorschlag Maßnahmen vorzusehen, die den Zugang zum Digitalfernsehen und zu seinen interaktiven Inhalten für Menschen mit Behinderungen unter Nutzung der Möglichkeiten der technologischen Konvergenz fördern.

    Brüssel, den 14. September 2006

    Die Präsidentin

    des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Anne-Marie SIGMUND


    (1)  Richtlinie 89/552/EWG — ABl. L 298 vom 17.10.1989, S. 23.

    (2)  Richtlinie 97/36/EG — ABl. L 202 vom 30.7.1997, S. 60.

    (3)  KOM(2006) 160 endg.

    (4)  Siehe IP/05/643.

    (5)  Audiovisuelle Konferenz in Liverpool zur Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“, veranstaltet von der Europäischen Kommission.

    (6)  Siehe die Definition dieser Dienste in Artikel 49 und 50 des EG-Vertrags.

    (7)  Siehe die Definition dieser Netze in Artikel 2 Buchstabe a der Rahmenrichtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste; ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 33.

    (8)  ABl. C 364 von 2000.

    (9)  Urteil vom 30. April 1974, Rechtssache C-15/73; Urteil des Gerichtshofs erster Instanz vom 10. Juli 1991, Rechtssache T-69/89 (Slg. 1991-III-485); Urteil des Gerichtshofs erster Instanz vom 18. September 2001, Rechtssache T-112/99 (Slg. 2001-II-2459).

    (10)  ABl. C 221 vom 8.9.2005, S. 17; Berichterstatter: Herr PEGADO LIZ.

    (11)  Informationsbericht zum Thema „Aktueller Stand der Koregulierung und der Selbstregulierung im Binnenmarkt“ (Berichterstatter: Herr VEVER).


    ANHANG

    zur Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Der folgende Änderungsantrag, der mehr als ein Viertel der abgegebenen Stimmen als Ja-Stimmen auf sich vereinigen konnte, wurde abgelehnt:

    Ziffer 4.1

    Wie folgt ändern:

    „Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Kommission den Begriff ‚audiovisuelle kommerzielle Kommunikation‘zu nicht klar definiert eng fasst und den Ausdruck ‚audiovisuelle Mediendienste‘ geradezu mechanisch wiederholt. Es erscheint logisch, dass die audiovisuellen Mediendienste als Dienste definiert werden, die ihrem Charakter nach mit dem Programmfernsehen gleichzusetzen sind. ‚bewegte Bilder mit oder ohne Ton‘ definiert und damit die bewegten Bilder zur conditio sine qua non für die Existenz dieser Dienste gemacht werden, weshalb die Internetpresse oder der Hörfunk vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgeklammert bleiben. Dieser Definition des Geltungsbereichs zufolge können bei der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation im Rahmen der audiovisuellen Mediendiensten statische Bilder (z.B. Logos oder Werbeplakate) oder isolierte Tonfolgen ohne Bilder (z.B. mündliche Markennennungen oder Werbemelodien) verwandt werden. Deshalb erscheint folgende Bestimmung des Begriffs ‚audiovisuelle kommerzielle Kommunikation‘ zweckmäßiger: ‚Bilder mit oder ohne Ton, die audiovisuelle Mediendienste begleiten und die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, dienen.‘

    Begründung

    Auf diesem Gebiet sind Abgrenzungen schwierig. Die unter Ziffer 4.1 vorgeschlagenen Definitionen sind noch weiter gefasst als diejenigen in dem Richtlinienentwurf und erschweren somit eine eindeutige Umsetzung. Um die Entwicklung der betreffenden Dienste nicht zu behindern, sollten die Definitionen so klar wie möglich sein und den Schutz Minderjähriger sowie die Menschenwürde als Ziel umfassen, kommerzielle Kommunikation eindeutig bestimmen, ein Recht auf Gegendarstellung festlegen sowie minimale Identifizierungserfordernisse vorsehen.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen: 32

    Nein-Stimmen: 40

    Stimmenthaltungen: 3

    Ziffer 4.2.1

    Ziffer streichen

    Wird an dem vorgenannten Definitionskriterium des Vorschlags festgehalten, sollte in der Richtlinie gleichwohl die Möglichkeit vorgesehen werden, dass die Mitgliedstaaten die Gerichte — im Falle eines Zivil- oder Verwaltungsverfahrens — dazu befugen, von den Fernsehveranstaltern die Vorlage von Nachweisen über die Unentgeltlichkeit der audiovisuellen Kommunikation zu verlangen, so wie es die Richtlinie 84/850/EWG vorsieht. Andernfalls wäre vom kommerziellen Charakter dieser Kommunikation auszugehen.

    Begründung

    Der Vorschlag, die Gerichte könnten von einem Fernsehveranstalter die Vorlage von Nachweisen über die Unentgeltlichkeit der audiovisuellen Kommunikation verlangen, würde dem Missbrauch Tür und Tor öffnen. Außerdem ist es einem Fernsehveranstalter praktisch unmöglich nachzuweisen, dass er keine Zahlung erhalten hat.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen: 35

    Nein-Stimmen: 40

    Stimmenthaltungen: 1


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