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Document 62013CA0373

Rechtssache C-373/13: Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 24. Juni 2015 (Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg — Deutschland) — H. T./Land Baden-Württemberg (Vorlage zur Vorabentscheidung — Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts — Grenzen, Asyl und Einwanderung — Richtlinie 2004/83/EG — Art. 24 Abs. 1 — Mindestnormen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus — Aufhebung des Aufenthaltstitels — Voraussetzungen — Begriff „zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung“ — Beteiligung einer Person, die den Status eines Flüchtlings hat, an Aktivitäten einer Organisation, die auf der von der Europäischen Union erstellten Liste terroristischer Organisationen aufgeführt ist)

ABl. C 279 vom 24.8.2015, p. 5–5 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

24.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 279/5


Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 24. Juni 2015 (Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg — Deutschland) — H. T./Land Baden-Württemberg

(Rechtssache C-373/13) (1)

((Vorlage zur Vorabentscheidung - Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts - Grenzen, Asyl und Einwanderung - Richtlinie 2004/83/EG - Art. 24 Abs. 1 - Mindestnormen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus - Aufhebung des Aufenthaltstitels - Voraussetzungen - Begriff „zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung“ - Beteiligung einer Person, die den Status eines Flüchtlings hat, an Aktivitäten einer Organisation, die auf der von der Europäischen Union erstellten Liste terroristischer Organisationen aufgeführt ist))

(2015/C 279/05)

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: H. T.

Beklagter: Land Baden-Württemberg

Tenor

1.

Die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes ist dahin auszulegen, dass ein einem Flüchtling erteilter Aufenthaltstitel entweder nach Art. 24 Abs. 1 dieser Richtlinie widerrufen werden kann, wenn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im Sinne dieser Bestimmung vorliegen, oder nach Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie, wenn Gründe für die Anwendung der in Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie vorgesehenen Ausnahme vom Grundsatz der Nichtzurückweisung vorliegen.

2.

Die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, die in der Liste im Anhang des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP des Rates vom 27. Dezember 2001 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus in seiner zur im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit geltenden Fassung aufgeführt ist, kann einen der „zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung“ im Sinne von Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83 darstellen, auch wenn die in Art. 21 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Um den Aufenthaltstitel eines Flüchtlings mit der Begründung, dieser unterstütze eine solche terroristische Vereinigung, gemäß Art. 24 Abs. 1 dieser Richtlinie widerrufen zu können, müssen die zuständigen Behörden gleichwohl unter der Kontrolle der nationalen Gerichte eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung der spezifischen tatsächlichen Umstände vornehmen, die sich sowohl auf die Handlungen der betroffenen Vereinigung als auch auf die des betroffenen Flüchtlings beziehen. Wenn ein Mitgliedstaat die Ausweisung eines Flüchtlings verfügt, dessen Aufenthaltstitel aufgehoben worden ist, aber die Vollstreckung dieser Entscheidung aussetzt, ist es mit der Richtlinie 2004/83 unvereinbar, diesem Flüchtling den Zugang zu den durch das Kapitel VII dieser Richtlinie gewährleisteten Vergünstigungen zu versagen, sofern nicht eine in der Richtlinie selbst ausdrücklich vorgesehene Ausnahme eingreift.


(1)  ABl. C 325 vom 9.11.2013.


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