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Document 52011IE1183

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema Überprüfung der Finanzierungspolitik der Europäischen Investitionsbank im Verkehrssektor (Initiativstellungnahme)

ABl. C 318 vom 29.10.2011, p. 56–61 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

29.10.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 318/56


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Überprüfung der Finanzierungspolitik der Europäischen Investitionsbank im Verkehrssektor“ (Initiativstellungnahme)

2011/C 318/09

Hauptberichterstatter: Jan SIMONS

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 5. Mai 2011, gemäß Artikel 29 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung eine Initiativstellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten:

Überprüfung der Finanzierungspolitik der Europäischen Investitionsbank im Verkehrssektor“.

Die Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft wurde mit der Ausarbeitung dieser Stellungnahme beauftragt.

Angesichts der Dringlichkeit der Arbeiten (Artikel 59 der Geschäftsordnung) bestellte der Ausschuss auf seiner 473. Plenartagung am 13./14. Juli 2011 (Sitzung vom 13. Juli) Jan SIMONS zum Hauptberichterstatter und verabschiedete mit 123 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Der Verkehrssektor ist für die Europäische Investitionsbank (EIB) sehr wichtig - gleiches gilt auch umgekehrt. Im Jahr 2010 vergab die EIB Darlehen in Höhe von 63 Mrd. EUR, hiervon flossen 13,2 Mrd. EUR (sprich 21 %) in den Verkehrssektor.

1.2   Da die Kommission demnächst neue Leitlinien für das TEN-V vorlegen wird, sollte mit der EIB abgestimmt werden, wie das Kerninfrastrukturnetz und Einzelprojekte vor dem Hintergrund der in dem am 28. März 2011 veröffentlichten Weißbuch aufgestellten Ziele am besten finanziert werden können.

1.3   In diesen Kontext ist nach Auffassung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) auch die Überprüfung des Grundsatzpapiers der EIB aus dem Jahr 2007 „Neuausrichtung der EIB-Finanzierungen im Verkehrssektor“ einzuordnen. Nachdem im Weißbuch der Schwerpunkt nun viel stärker als bislang auf Bemühungen im Bereich Nachhaltigkeit liegt, so z.B. die Verringerung des Treibhausgasausstoßes um mindestens 60 % bis zum Jahr 2050 im Vergleich zu 1990, wird bei den zu finanzierenden Projekten das Nachhaltigkeitskriterium wesentlich größeres Gewicht erhalten als bisher.

1.4   Der EWSA stimmt der EIB darin zu, dass bei der Mittelvergabe als erster Leitgrundsatz ein Höchstmaß an Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit bei der Deckung des Transportbedarfs anzustreben ist. Dies erfordert einen Mix von Transportlösungen unter Einbeziehung aller Verkehrsarten, was im Sinne der Ko-Modalität und der Internalisierung externer Kosten ist, die wiederum Ausgangspunkte für die Logistikketten sind.

1.5   Der EWSA möchte die Verpflichtung der EIB zu Objektivität und Neutralität gegenüber allen Verkehrsträgern betonen. Insbesondere bei längeren Distanzen ist eine wirksame und effiziente Ko-Modalität erforderlich, bei der die spezifischen Vorteile jedes einzelnen in Frage kommenden Verkehrsträgers bestmöglich genutzt werden.

1.6   Dem zweiten Leitgrundsatz, dem Ausbau des TEN-V, kann der EWSA uneingeschränkt zustimmen.

1.7   Der EWSA würde sich wünschen, dass die EIB bei ihrem dritten Leitgrundsatz im Rahmen ihrer Leitlinien und Auswahlkriterien - Vorrang für die Finanzierung von Eisenbahn-, Binnenwasserweg- und Seeverkehrsprojekten - nicht so sehr auf den Verkehrsträger an sich abzielen, sondern eher die einschlägige Logistikkette ins Visier nehmen würde, um auf diese Weise die größtmögliche Verringerung der Treibhausgasemissionen zu erreichen.

1.8   Bezüglich der Finanzierung von FEI-Aktivitäten ist die Finanzierung von Projekten, die bei der Emissionsbekämpfung an der Quelle ansetzen, nach Auffassung des Ausschusses der richtige Weg.

1.9   Bei der Überprüfung der Leitlinien für die Darlehensvergabe sollte die EIB nach Ansicht des EWSA vor allem die Logistikkette als Ganzes berücksichtigen, wobei die Rolle von Drehkreuzen, wie etwa See- und Flughäfen oder multimodale Umschlagseinrichtungen, als Logistikzentren von zentraler Bedeutung ist.

1.10   Vor dem Hintergrund des Spannungsfelds zwischen dem ehrgeizigen Ziel einer Verringerung des Treibhausgasausstoßes um 60 % bis 2050 auf der einen und der Finanzkrise auf der anderen Seite sieht der EWSA hierin gleichzeitig die Chance, evtl. selektiv andere öffentliche und private Finanzierungsformen zu entwickeln, wie etwa öffentlich-private Partnerschaften, wie in Ziffer 4.6.3 beschrieben.

1.11   Der Ausschuss verweist bezüglich einer umfassenden Beantwortung der drei Fragen der EIB auf die zahlreichen Stellungnahmen des EWSA, die in Ziffer 4.7 ff. aufgelistet werden.

2.   Einleitung

2.1   Die Europäische Investitionsbank wurde gleichzeitig mit dem (Europäischen) Wirtschafts- und Sozialausschuss 1958 durch die Römischen Verträge der EWG als Institution der Europäischen Union eingerichtet und finanziert Projekte, über die die Ziele der Europäischen Union verwirklicht werden können. Die EIB leiht sich selbst günstig Geld, das sie dann an Banken und Unternehmen vergibt.

2.2   Die EIB verfügt über ein AAA-Rating, das ihr eine Mittelbeschaffung auf den Kapitalmärkten zu niedrigen Zinssätzen ermöglicht. Die EIB kann dann ihrerseits über diese Mittel zu günstigen Bedingungen Darlehen gewähren, und zwar auf folgende Weise:

Sie gewährt direkte Darlehen an Unternehmen oder Institutionen zur Förderung von Großprojekten (mit einem Umfang von mehr als 25 Mio. EUR);

Sie gewährt Banken und anderen Finanzinstituten Darlehen, die wiederum Kredite für kleinere Projekte bereitstellen, wobei der Schwerpunkt auf kleinen und mittleren Unternehmen liegt;

Sie kann Kreditgarantien bereitstellen, so dass den Geldgebern kein Risiko entsteht.

2.3   Für die Durchführung der Projekte und die Kontrolle über die gewährten Finanzmittel hat die EIB eine intensive Zusammenarbeit mit dem internationalen Bankwesen und mit anderen EU-Institutionen aufgebaut.

2.4   Aufgrund der starken gegenseitigen Abhängigkeit laden die EU-Institutionen die EIB regelmäßig zur Erörterung und Koordinierung der politischen Maßnahmen ein. So wird die EIB etwa in die Vorbereitung der Tagungen des Ministerrates einbezogen und nimmt an den Tätigkeiten bestimmter Ausschüsse des Europäischen Parlaments teil. Daneben steht sie in ständigen Beratungen mit der Europäischen Kommission.

2.5   Anteilseigner der EIB sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Sie zeichnen gemeinsam für das Kapital der Bank, und zwar nach einem Verteilungsschlüssel für das gezeichnete Kapital entsprechend dem wirtschaftlichen Gewicht des jeweiligen Mitgliedstaates innerhalb der EU.

2.6   Im Jahr 2010 vergab die EIB Darlehen in Höhe von 63 Mrd. EUR, hiervon flossen 21 % (13,2 Mrd. EUR) in den Verkehrssektor. Im Zeitraum 2006-2010 erreichten die Darlehen an den Verkehrssektor insgesamt einen Umfang von 23,7 %. Neben den Mitgliedstaaten ist die EIB der größte Geldgeber für TEN-V-Vorhaben.

2.7   2007 veröffentlichte die EIB ihr Grundsatzpapier „Neuausrichtung der EIB-Finanzierungen im Verkehrssektor“, in das Leitlinien und Auswahlkriterien aufgenommen wurden, um einerseits besser auf die wachsende Besorgnis wegen der Auswirkungen des Verkehrs auf das Klima eingehen und andererseits weiterhin angemessen auf Mobilitätsanforderungen reagieren zu können. Die EIB gibt an, dass aufgrund der Dynamik des politischen Kontexts eine regelmäßige Überprüfung ihrer Finanzierungsstrategie für den Transportsektor sinnvoll ist.

2.8   Da die Kommission am 28. März 2011 ihr Weißbuch veröffentlicht hat und demnächst überarbeitete Leitlinien für TEN-V-Vorhaben vorlegen wird, ist eine neuerliche Abstimmung der Politik der EIB für Finanzierungen im Transportsektor wichtig.

2.9   Hierauf hat die EIB selbst bereits hingewiesen und einen Aufruf zur Öffentlichkeitsbeteiligung gestartet. In diesem Zusammenhang ist die EIB neben den aktuellen Leitgrundsätzen insbesondere an folgenden drei Fragen interessiert:

2.9.1

Wie könnte die Bank besser zu „intelligentem Wachstum“ auf der Grundlage von Wissen und Innovation beitragen? Vor allem geht es der EIB hierbei um den Einfluss neuer Technologien auf den Verkehr.

2.9.2

Wie könnte die Bank besser zu „nachhaltigem Wachstum“ und zu einer ressourcenschonenderen, umweltfreundlicheren und wettbewerbsfähigeren Wirtschaft beitragen? Diesbezüglich zielt die EIB vor allem auf die Unterstützung der Verbesserung der Mobilität auf nachhaltige Weise sowie auf ihren Beitrag zur Verringerung von Verkehrsüberlastung und Umweltverschmutzung und zu einer verstärkten Nutzung erneuerbarer Energieträger ab.

2.9.3

Wie könnte die Bank besser zu „integrativem Wachstum“ beitragen, das zu mehr Beschäftigung und zu sozialem und territorialem Zusammenhalt führt? Hierbei geht es insbesondere um Engpässe, grenzüberschreitende Abschnitte, intermodale Drehkreuze sowie die Stadt- und Regionalentwicklung.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1   Der EWSA hält eine frühzeitige und regelmäßige Abstimmung zwischen den politischen und beratenden Organen und Institutionen der EU und der EIB für sinnvoll und erforderlich und begrüßt daher das Ersuchen der EIB um eine Initiativstellungnahme zur Überprüfung der Finanzierungspolitik der EIB für einen nachhaltigen Verkehrssektor.

3.2   Im Fazit des Weißbuchs wird ausgeführt, dass die Kommission sicherstellen wird, dass ihre Maßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit des Verkehrs verbessern und gleichzeitig eine Verringerung der Treibhausgasemissionen des Verkehrs um mindestens 60 % (gegenüber 1990) erreicht wird, die bis 2050 erforderlich ist. Bis 2030 lautet das Ziel für den Verkehr, die Treibhausgasemissionen um rund 20 % gegenüber dem Stand von 2008 zu senken. Für den EWSA bedeutet dies, dass erhebliche Anstrengungen unternommen werden müssen, um diese Ziele zu erreichen, und dass mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung bei der Finanzierung solche Projekte im Vordergrund stehen müssen, bei denen in Bezug auf Nachhaltigkeitsgewinne großes Potenzial vorhanden ist. Näher ausgeführt wird dies durch die Studiengruppe TEN/454, die sich mit dem „Weißbuch: Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem“ befasst.

3.3   Generell hält der EWSA die heutigen Leitlinien (2007) der EIB für die Vergabe von Mitteln für den Verkehrssektor für angemessen; der erste Leitgrundsatz lautet, dass ein Höchstmaß an Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit bei der Deckung des Transportbedarfs anzustreben ist. Dies erfordert einen Mix von Transportlösungen unter Einbeziehung aller Verkehrsarten. Nach Auffassung des EWSA ist dies im Sinne der auch von ihm befürworteten Ko-Modalität, die bereits jetzt und auch in Zukunft der Ausgangspunkt der Logistikkette ist und bleiben wird, sowie auch im Sinne eines objektiven, allgemein anwendbaren, transparenten und durchschaubaren Systems der Internalisierung externer Kosten, das in der Gesellschaft im Allgemeinen und in den Verkehrsträgern im Besonderen verankert ist (1).

3.4   Jedoch hält der EWSA es u.U. für gerechtfertigt, nur in einen einzigen Verkehrsträger zu finanzieren, wenn auf diese Weise in dieser Logistikkette das wirtschaftlichste, nachhaltigste, sicherste und sozialste Ergebnis erzielt werden kann.

3.5   Der EWSA möchte auf die Verpflichtung der EIB zu Objektivität und Neutralität gegenüber allen Verkehrsträgern hinweisen. Wie im Weißbuch ausgeführt, ist insbesondere bei längeren Distanzen eine wirksame und effiziente Ko-Modalität erforderlich, bei der die spezifischen Vorteile jedes einzelnen in Frage kommenden Verkehrsträgers bestmöglich genutzt werden.

3.6   Für längere Strecken werden der Kommission zufolge besonders ausgestaltete Güterverkehrskorridore benötigt, die hinsichtlich Energieverbrauch und Emissionen optimiert sind und die Umwelt so wenig wie möglich beeinträchtigen, die aber auch aufgrund ihrer Zuverlässigkeit, seltenen Überlastung und geringen Betriebs- und Verwaltungskosten attraktiv sind. Der Ausschuss kann dem zustimmen, würde sich aber ähnliche Bemühungen auch für Personenverkehrskorridore wünschen.

3.7   Ein zweiter Leitgrundsatz für die EIB bei ihren Entscheidungen für die Gewährung ihrer Darlehen ist der Ausbau der Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN). Hierbei geht es um langfristige Investitionen und die Rolle der TEN für die Erreichung eines effizienten EU-weiten Verkehrssystems. Auch der EWSA misst dem Zustandekommen und der Modernisierung des TEN-V große Bedeutung bei.

3.8   Als dritten Leitgrundsatz verfolgt die EIB, dass der Finanzierung von Eisenbahn-, Binnenwasserweg- und Seeverkehrsprojekten Vorrang eingeräumt wird, da diese über das größte Potenzial verfügen, um im Hinblick auf die Reduzierung der Treibhausgasemissionen pro Verkehrseinheit erhebliche Fortschritte verbuchen zu können. Der EWSA weist darauf hin, dass nicht so sehr der Verkehrsträger an sich, sondern vielmehr die einschlägige Logistikkette als Anhaltspunkt für die Emissionsverringerung genommen werden sollte. Die Ausrichtung nur auf den Verkehrsträger stünde auch nicht in Einklang mit dem Konzept der Ko-Modalität, d.h. der Stärkung aller Verkehrsträger, wodurch insbesondere bei großen Entfernungen ein Zusammenspiel der Verkehrsträger in der Logistikkette entsteht.

3.9   Bezüglich der Aufmerksamkeit und Mittel, die die EIB in Absprache mit Fahrzeugherstellern FEI-Aktivitäten widmet, hält der EWSA eine an der Quelle ansetzende Politik, die auch die Aspekte Energieeffizienz und Sicherheit berücksichtigt für den geeigneten Ansatz.

3.10   Entwicklungen wie der demografische Wandel in Europa, die zunehmende Verknappung fossiler Brennstoffe, die immer weiter fortschreitende Verstädterung, der Klimawandel und die zunehmende Globalisierung führen zu einem großen Finanzmittelbedarf. Die EIB fordert nach Ansicht des EWSA daher zu Recht, dass eine kohärente Finanzierungsstrategie aufgestellt werden muss, in deren Rahmen sich öffentliche und private Finanzierungsformen ergänzen. Daneben müsste bei allen Verkehrsträgern eine Internalisierung der externen Kosten erfolgen, damit dem Verursacher-/Nutzerprinzip Genüge getan wird; die hierdurch erzielten Einkünfte müssten selbstverständlich in die Verringerung dieser externen Kosten fließen, worin schließlich das Ziel der Internalisierung bestehen sollte (2).

4.   Besondere Bemerkungen

4.1   Der Ausschuss spricht sich dafür aus, neben den Netzen der zentralen Rolle von Drehkreuzen, wie etwa See- und Flughäfen bzw. multimodalen Umschlagseinrichtungen, als Logistikzentren stärkere Beachtung zu schenken, die effiziente Hinterlandverbindungen erforderlich machen. Er teilt die Auffassung der EIB, die zudem auch im Weißbuch bekräftigt wird, dass ein effizienter und wirklich ko-modaler Ansatz den größten Beitrag zur Senkung des Energieverbrauchs und zur Emissionsverringerung leisten wird.

4.2   Bezüglich der Finanzierung der TEN-Infrastruktur muss bei den Kriterien neben der Optimierung der Verkehrsströme ein stärkerer Schwerpunkt auf die potenziellen Gewinne in den Bereichen Senkung des Energieverbrauchs und des Emissionsausstoßes gelegt werden, ferner müsste die Ausweitung des TEN-V auf EU-Nachbarländer aufgenommen werden.

4.3   Bei der Gestaltung eines neuen Rahmens für die Infrastrukturfinanzierung sollte die Vervollständigung des TEN-V Vorrang haben, in diesem Zusammenhang sollten die Investitionsstrategien sowohl für die TEN-V-Programme als auch für den Kohäsions- und die Strukturfonds einer Überprüfung unterzogen werden. Eine bessere Abstimmung zwischen dem Kohäsions-, den Struktur- und Investitionsfonds für den Verkehrssektor ist nach Auffassung des EWSA im Interesse eines möglichst guten Einsatzes der EU-Mittel erforderlich.

4.4   Die Kosten für den verkehrsbedarfsgerechten Ausbau der EU-Infrastruktur wurden in dem von der Kommission am 28. März 2011 veröffentlichten Weißbuch für den Zeitraum 2010 bis 2030 mit über 1500 Mrd. EUR veranschlagt; die Vollendung des TEN-V-Netzes erfordert bis 2020 rund 550 Mrd. EUR, wovon rund 215 Mrd. EUR für die Beseitigung der größten Infrastrukturengpässe benötigt werden.

4.5   Im Technologiebereich müsste nach Auffassung des EWSA durch gezielte Investitionen in Forschung und Entwicklung insbesondere die Finanzierung derjenigen Projekte stärker berücksichtigt werden, die auf eine Verringerung des Schadstoffausstoßes an der Quelle ausgerichtet sind. Gleiches gilt für die Erforschung alternativer Brennstoffe als Ersatz für fossile Brennstoffe.

4.6   Der EWSA ist sich bewusst, dass ein Spannungsfeld besteht zwischen dem im Weißbuch aufgestellten ehrgeizigen Ziel einer Verringerung des Treibhausgasausstoßes um 60 % bis 2050 und den hiermit verbundenen großen finanziellen Anstrengungen auf der einen und der Finanzkrise auf der anderen Seite, die eine umsichtige Ausgabenpolitik erforderlich macht.

4.6.1   Andererseits birgt dies jedoch auch die Chance für eine bessere Begebung der verfügbaren Finanzmittel und die Herausforderung, andere - öffentliche und private - Finanzierungsformen zu entwickeln.

4.6.2   Zu denken wäre hierbei an die Beteiligung an der Entwicklung neuer Finanzinstrumente für den Verkehrssektor, wobei Investoren wie etwa Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften eine Rolle spielen könnten.

4.6.3   Diesbezüglich empfiehlt der EWSA in Bezug auf die Finanzierung des TEN-V, beim Rückgriff auf öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) umsichtig und selektiv vorzugehen und zu berücksichtigen, dass nicht alle Mitgliedstaaten gleich viel Erfahrung mit ÖPP haben und dass die Finanzinstrumente der EU (wie etwa die Struktur- und der Kohäsionsfonds, TEN-V, EIB) als Teil einer kohärenten Finanzierungsstrategie mobilisiert werden müssen, in deren Rahmen die europäischen sowie die öffentlichen und privaten nationalen Mittel zusammengeführt werden. Was die freie Wahlmöglichkeit für die Behörden betrifft, ÖPP einzugehen, verweist der EWSA auf seinen in einer einschlägigen Stellungnahme vertretenen Standpunkt, dass die Definition von ÖPP in den Eurostat-Verfahren für öffentliche Verschuldung überarbeitet werden sollte (3).

4.7   Hinsichtlich der spezifischen Fragen der EIB selbst (siehe Ziffer 2.9 ff.) verweist der Ausschuss für seine Antwort auf seine früheren einschlägigen Stellungnahmen, die im Folgenden unter Nennung der wichtigsten Ziffern aufgelistet werden.

4.7.1   Bezüglich der ersten Frage, des Beitrags zu „intelligentem Wachstum“ auf der Grundlage von Wissen und Innovation und des Einflusses neuer Technologien auf den Verkehr, wären dies insbesondere die Stellungnahmen:

TEN/419„Hin zu einer starken Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen“ (4), Ziffer 1.1: eine stärkere Verbreitung von Elektrofahrzeugen zur Senkung der vom Verkehrssektor ausgehenden Treibhausgasemissionen; Ziffer 1.6: Der EWSA fordert die EU dringlichst dazu auf, nach Kräften eine gewaltige gemeinsame Anstrengung zur Förderung und Unterstützung dieses entscheidenden Umstiegs zu lancieren;

TEN/382 „Einführung intelligenter Verkehrssysteme (IVS)“ (5), Ziffer 1.7: Der EWSA weist darauf hin, dass EU, Mitgliedstaaten und Privatwirtschaft für den Bau der Infrastruktur auch die entsprechenden Finanzmittel bereitstellen müssten;

TEN/362 „Europäische Strategie für Meeresforschung und maritime Forschung“ (6), Ziffer 1.10: Die Kommission könnte in Folgetexten zu der Mitteilung Vorschläge zur Unterstützung (durch speziell hierfür vorgesehene Mittel) derjenigen Forschungszweige innerhalb der Meeresforschung und maritimen Forschung vorlegen, die nicht von der europäischen Forschungsstrategie erfasst sind; Ziffer 3.6.4: Die Koordinierung zwischen Strukturfonds, Mitteln des europäischen Forschungsrahmenprogramms und anderen Finanzierungsquellen ist ebenfalls von zentraler Bedeutung;

TEN/335 „Straßenverkehrsbedingte Lärm- und Schadstoffbelastung - konkrete Maßnahmen zur Überwindung der Stagnation in diesem Bereich“ (7).

4.7.2   Bezüglich der zweiten Frage, „nachhaltiges Wachstum“ und eine ressourcenschonendere, umweltfreundlichere und wettbewerbsfähigere Wirtschaft, wären folgende Stellungnahmen nützlich:

TEN/399/400 „Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr/Europäische Verkehrspolitik nach 2010“ (8), Ziffer 2.8, erster Spiegelstrich: Der Anteil älterer Personen wird stark zunehmen, was einerseits ein anderes Reiseverhalten zur Folge haben wird, aber auch dazu führen wird, dass die Gesellschaft mehr öffentliche Mittel auf Ruhegehälter, Gesundheitsfürsorge und Pflege verwenden muss, die für den Verkehr verfügbaren öffentlichen Mittel werden zukünftig begrenzt werden; Ziffer 4.15: massive Veränderungen bei den Infrastrukturinvestitionen sind vonnöten;

TEN/412 „Europäische Verkehrspolitik/Lissabon-Strategie und Strategie für nachhaltige Entwicklung“ (9), Ziffer 1.5: für das transeuropäische Verkehrsnetz müssen neue Leitlinien festgelegt werden, durch Interventionsmaßnahmen der EIB können Anreize gegeben werden; Ziffer 1.8: gleichzeitig gibt es auch Lösungen, für die ein starkes politisches Engagement und ein höherer Mitteleinsatz erforderlich ist;

TEN/297„Energiemix im Verkehrsbereich“ (10), Ziffer 5.4: Beihilfen im Verkehrssektor belaufen sich auf 270 bis 290 Mrd. EUR; Ziffer 8.13: Die Kommission hat 470 Mio. EUR für die Gründung des gemeinsamen Unternehmens „Brennstoffzellen und Wasserstoff“ vorgesehen; und Ziffer 8.15: Im Rahmen des von der Kommission kofinanzierten Projekts Zero Regio werden zwei innovative Arten von Infrastruktur erprobt;

TEN/376 „Straßenverkehr im Jahr 2020: Erwartungen der organisierten Zivilgesellschaft“ (11), Ziffer 1.9: Ausbau der erforderlichen Infrastruktur erforderlich; Ziffer 4.2: Sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene muss am Auf- bzw. Ausbau (Beseitigung von Engpässen) der physischen Straßen- und Verkehrsinfrastruktur gearbeitet werden;

TEN/336„Soziale Auswirkungen der Entwicklung im Gesamtbereich Verkehr und Energie“ (12), Ziffer 1.2.5: Fazilität für Finanzierungen auf Risikoteilungsbasis;

TEN/262 „Güterverkehrslogistik - der Schlüssel zur nachhaltigen Mobilität“ (13), Ziffer 1.3: Für die Optimierung des physischen Netzes müssen die erforderlichen Finanzmittel bereitgestellt werden; Ziffer 4.5.5: die für die Errichtung der transeuropäischen Netze veranschlagten Mittel müssen aufgestockt werden, Ziffer 4.5.6: gemischtes Finanzierungssystem für den Bau und die Bewirtschaftung der Infrastrukturen;

TEN/440 „Unterstützungsprogramm zur Weiterentwicklung der integrierten Meerespolitik“ (14), Ziffer 2.9: die Umsetzung der integrierten Meerespolitik ist aufgrund unzureichender Mittel zur Finanzierung der notwendigen Maßnahmen gefährdet; Ziffer 2.10: zur Unterstützung der Weiterentwicklung der integrierten Meerespolitik muss ein eigenes Programm geschaffen werden;

TEN/427 „Finanzielle Unterstützung der Gemeinschaft zugunsten von Vorhaben im Energiebereich“ (15), Ziffer 1.1: Die EU-Finanzhilfen sollten als Hebel mit Multiplikatorwirkung eingesetzt werden, um das Tempo der Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger zu erhöhen; Ziffer 2.2: Einrichtung eines speziellen Finanzinstruments zur Unterstützung von Initiativen für Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger;

TEN/404 „Europäische Energiepolitik und KMU“ (16), Ziffer 1.2: Unterstützung für die Investitionsfinanzierung und Schaffung von finanziellen Synergien zwischen EU-Mitgliedstaaten und Unternehmensverbänden; Ziffer 1.3: Innovationsförderung und -finanzierung bei Regionalprogrammen;

TEN/366„Integration von Verkehrspolitik und Raumplanung für einen nachhaltigeren Stadtverkehr“ (17), Ziffer 5.2: Die EU hat über die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds sowie die EIB Mittel bereitgestellt; Ziffer 5.3: Der Klimawandel bringt neue Probleme mit sich und erfordert gemeinsame europäische Anstrengungen;

TEN/381 „Europäisches Schienennetz für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr“ (18), Ziffer 4.1.2: Den europäischen Institutionen kommt eine wichtige Rolle dabei zu, den Einsatz der EU-Förderinstrumente für die Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr zu ermöglichen, und zwar durch die Ko-Finanzierung der Schaffung der Schienengüterverkehrskorridore über den Haushalt für das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V), des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und des Kohäsionsfonds sowie über EIB-Darlehen.

4.7.3   Bezüglich der dritten Frage nach „integrativem Wachstum“, das zu mehr Beschäftigung und zu sozialem und territorialem Zusammenhalt führt, so ist diese auch in Stellungnahmen des EWSA erörtert worden. Insbesondere sind hier folgende Stellungnahmen zu nennen:

TEN/276„Verkehr in städtischen und großstädtischen Ballungsgebieten“ (19), Ziffer 4.1: Der EWSA ruft die Kommission auf, die Finanzmittelverteilung bei den Regionalentwicklungsmaßnahmen neu zu regeln, Ziffer 4.5: ein konkretes EU-Förderprogramm zum Thema Mobilität und Stadtentwicklung wäre sinnvoll;

TEN/445„Soziale Aspekte der EU-Verkehrspolitik“ (20), Ziffer 1.10.1: Die EU sollte Infrastrukturmaßnahmen finanziell unterstützen, wie etwa Rastplätze im Straßengüterverkehr und hohen Ansprüchen genügende Bahnhöfe sowie U-Bahn-, Straßenbahn- und Bushaltestellen;

TEN/397 „Seeverkehrspolitik der EU bis 2018“ (21), Ziffer 7.1: Mehr Investitionen in die Hafeninfrastruktur und die Hinterlandanbindungen, was bei der Überarbeitung der TEN-V-Politik berücksichtigt werden sollte;

TEN/320 „Grünbuch: Hin zu einer neuen Kultur der Mobilität in der Stadt“ (22), Ziffer 1.5: Der EWSA befürwortet eine Förderung der „grünen Beschaffung“ bei der Vergabe von Aufträgen in Zusammenhang mit Infrastrukturen, die mit europäischen Programmen finanziert werden, sowie die Beseitigung der bestehenden Hemmnisse; Ziffer 4.25, in der die Frage gestellt wird: „Welchen Mehrwert könnte eine zielgerichtete europäische Unterstützung zur Finanzierung eines umweltfreundlichen und energieeffizienten Nahverkehrs längerfristig bieten?“;

TEN/401 „Förderung nachhaltiger grüner Arbeitsplätze für das Energie- und Klimapaket der EU“ (23), Ziffer 6.3: Der EWSA schlägt die Schaffung eines „Europäischen Staatsfonds“ vor, der von der EIB und besonderen, vom Europäischen System der Zentralbanken und der EZB bereitgestellten Mitteln garantiert wird; dieser soll zur Erreichung der Ziele in puncto Energieeffizienz und Energieeinsparung beitragen, eine Art europäischer „Marshall-Plan“; Ziffer 6.4: die EIB könnte die Verwaltung des Fonds übernehmen;

TEN/414„Aktionsplan urbane Mobilität“ (24), Ziffer 1.10: Der EWSA empfiehlt, die Struktur- und Kohäsionsfondsmittel gezielter einzusetzen, u.a. durch die Schaffung eines spezifischen Finanzinstruments für die Förderung der urbanen Mobilität; Ziffer 4.4.4: die Rationalisierung der vorhandenen europäischen Finanzierungsquellen wird befürwortet;

TEN/388„TEN-V: Überprüfung der Politik“ (25), Ziffer 2.6: Seit 1996 wurden 400 Mrd. EUR in Verkehrsinfrastrukturvorhaben von gemeinsamem Interesse investiert; Ziffer 2.7: der verbleibende Mittelbedarf wird auf ca. 500 Mrd. EUR geschätzt; Ziffer 3.4: die Pläne sollten als Ausgangspunkt für den Finanzbedarf genommen werden und nicht umgekehrt; Ziffer 3.16: Der EWSA empfiehlt die Einrichtung eines für die Koordinierung der Anwendung der Mittel zuständigen Gremiums auf europäischer Ebene.

Brüssel, den 13. Juli 2011

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  ABl. C 317 vom 23.12.2009, S. 80-83, sowie ABl. C 255 vom 22.9.2010, S. 92-97.

(2)  ABl. C 317 vom 23.12.2009, S. 80-83.

(3)  ABl. C 51 vom 17.2.2011, S. 59-66 (Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Mobilisierung privater und öffentlicher Investitionen zur Förderung der Konjunktur und eines langfristigen Strukturwandels: Ausbau öffentlich-privater Partnerschaften“).

(4)  ABl. C 44 vom 11.2.2011, S. 47-52.

(5)  ABl. C 277 vom 17.11.2009, S. 85-89.

(6)  ABl. C 306 vom 16.12.2009, S. 46-50.

(7)  ABl. C 317 vom 23.12.2009, S. 22-28.

(8)  ABl. C 255 vom 22.9.2010, S. 110-115.

(9)  ABl. C 354 vom 28.12.2010, S. 23.

(10)  ABl. C 162 vom 25.6.2008, S. 52-61.

(11)  ABl. C 277 vom 17.11.2009, S. 25-29.

(12)  ABl. C 175 vom 28.7.2009, S. 43-49.

(13)  ABl. C 168 vom 20.7.2007, S. 63-67.

(14)  ABl. C 107 vom 6.4.2011, S. 64-67.

(15)  ABl. C 48 vom 15.2.2011, S. 165-166.

(16)  ABl. C 44 vom 11.2.2011, S. 118-122.

(17)  ABl. C 317 vom 23.12.2009, S. 1-6.

(18)  ABl. C 317 vom 23.12.2009, S. 94-98.

(19)  ABl. C 168 vom 20.7.2007, S. 77-86.

(20)  ABl C 248 vom 25.8.2011, S. 22.

(21)  ABl. C 255 vom 22.9.2010, S. 103-109.

(22)  ABl. C 224 vom 30.8.2008, S. 39-45.

(23)  ABl. C 44 vom 11.2.2011, S. 110-117.

(24)  ABl. C 21 vom 21.1.2011, S. 56-61.

(25)  ABl. C 318 vom 23.12.2009, S. 101-105.


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