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Document 32022R0870

Verordnung (EU) 2022/870 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2022 über vorübergehende Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels in Ergänzung der Handelszugeständnisse für ukrainische Waren im Rahmen des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits

PE/21/2022/REV/1

ABl. L 152 vom 3.6.2022, p. 103–108 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document No longer in force, Date of end of validity: 05/06/2023

ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2022/870/oj

3.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 152/103


VERORDNUNG (EU) 2022/870 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 30. Mai 2022

über vorübergehende Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels in Ergänzung der Handelszugeständnisse für ukrainische Waren im Rahmen des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 207 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits (2) (im Folgenden „Assoziierungsabkommen“) bildet die Grundlage für die Beziehungen zwischen der Union und der Ukraine. Gemäß dem Beschluss 2014/668/EU (3) des Rates wird Titel IV des Assoziierungsabkommens, der sich auf Handel und Handelsfragen bezieht, seit dem 1. Januar 2016 vorläufig angewandt und ist nach der Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten am 1. September 2017 in Kraft getreten.

(2)

Im Assoziierungsabkommen kommt der Wunsch der Vertragsparteien des Assoziierungsabkommens (im Folgenden „Vertragsparteien“) zum Ausdruck, ihre Beziehungen in ehrgeiziger und innovativer Weise zu vertiefen und zu erweitern, und die schrittweise wirtschaftliche Integration im Einklang mit den sich aus der Mitgliedschaft der Vertragsparteien in der Welthandelsorganisation ergebenden Rechten und Pflichten zu erleichtern und zu verwirklichen.

(3)

In Artikel 2 des Assoziierungsabkommens werden unter anderem die Achtung der demokratischen Grundsätze, Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie die Förderung der Achtung der Grundsätze der Souveränität und territorialen Unversehrtheit, Unverletzlichkeit der Grenzen und Unabhängigkeit als wesentliche Elemente des Assoziierungsabkommens festgelegt.

(4)

In Artikel 25 des Assoziierungsabkommens ist die schrittweise Errichtung einer Freihandelszone zwischen den Vertragsparteien im Einklang mit Artikel XXIV des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (im Folgenden „GATT 1994“) vorgesehen. Zu diesem Zweck sieht Artikel 29 des Assoziierungsabkommens die schrittweise Beseitigung der Zölle im Einklang mit den darin enthaltenen Stufenplänen und eine Beschleunigung und Ausweitung des Abbaus dieser Zölle vor. Nach Artikel 48 des Assoziierungsabkommens ist vor der Anwendung von Antidumpingmaßnahmen zwischen den Vertragsparteien das öffentliche Interesse zu berücksichtigen.

(5)

Der am 24. Februar 2022 begonnene unprovozierte und ungerechtfertigte Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat tiefgreifende negative Auswirkungen auf die Fähigkeit der Ukraine, mit dem Rest der Welt Handel zu treiben, sowohl wegen der Zerstörung von Produktionskapazitäten als auch wegen der Nichtverfügbarkeit eines wesentlichen Teils der Transportmöglichkeiten infolge der Versperrung des Zugangs zum Schwarzen Meer. Unter diesen außergewöhnlichen Umständen und um die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine abzumildern, muss der Ausbau engerer Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Union und der Ukraine beschleunigt werden, damit den ukrainischen Behörden und der Bevölkerung rasche Unterstützung geleistet werden kann. Es ist daher notwendig und angezeigt, die Handelsströme zu stimulieren und zur Beschleunigung des Abbaus der Zölle im Handel zwischen der Union und der Ukraine Zugeständnisse in Form von Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels für alle Waren zu gewähren.

(6)

Im Einklang mit Artikel 21 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) achtet die Union die Kohärenz zwischen den einzelnen Bereichen ihres auswärtigen Handelns. Nach Artikel 207 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) wird die gemeinsame Handelspolitik im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union durchgeführt.

(7)

Die mit dieser Verordnung eingeführten Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels sollten die folgenden Typen umfassen: i) die vollständige Aufhebung der Einfuhrzölle („Präferenzzölle“) auf die Einfuhren bestimmter gewerblicher Waren aus der Ukraine, ii) die Aussetzung der Anwendung der Einfuhrpreisregelung auf Obst und Gemüse, iii) die Aussetzung der Zollkontingente und die vollständige Aufhebung der Einfuhrzölle, iv) abweichend von Artikel 14 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) sollten auf die Einfuhren mit Ursprung in der Ukraine, die während der Anwendung dieser Verordnung getätigt wurden, zu keinem Zeitpunkt Antidumpingzölle erhoben werden, auch nicht nach dem Auslaufen dieser Verordnung, und v) die vorübergehende Aussetzung der Anwendung der Verordnung (EU) 2015/478 des Europäischen Parlaments und des Rates (5). Durch diese Maßnahmen wird die Union der Ukraine und den betroffenen Wirtschaftsakteuren vorübergehend angemessene wirtschaftliche und finanzielle Unterstützung gewähren.

(8)

Zur Vermeidung von Betrug sollten die in dieser Verordnung vorgesehenen Präferenzregelungen nur gewährt werden, wenn die Ukraine alle einschlägigen Voraussetzungen für die Gewährung von Vergünstigungen aus dem Assoziierungsabkommen erfüllt, was auch beinhaltet, dass die Ukraine die Ursprungsregeln für die betroffenen Waren und die damit verbundenen Verfahren einhält und in eine enge Verwaltungszusammenarbeit mit der Union eintritt, wie dies in dem Assoziierungsabkommen vorgesehen ist.

(9)

Die Ukraine sollte davon absehen, neue Zölle oder Abgaben gleicher Wirkung und neue mengenmäßige Beschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung einzuführen, die bestehenden Zölle oder Abgaben zu erhöhen oder sonstige Beschränkungen des Handels mit der Union einzuführen, es sei denn, dies ist im Kontext des Krieges eindeutig gerechtfertigt. Wenn die Ukraine eine dieser Bedingungen nicht einhält, sollte die Kommission befugt sein, vorübergehend alle oder einen Teil der in dieser Verordnung festgelegten Präferenzregelungen auszusetzen.

(10)

Nach Artikel 2 des Assoziierungsabkommens sind unter anderem die Achtung der demokratischen Grundsätze, Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie die Bekämpfung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, dazugehörigem Material und Trägermitteln wesentliche Elemente des Assoziierungsabkommens. Darüber hinaus wird in Artikel 3 des Assoziierungsabkommens darauf verwiesen, dass Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsvolle Staatsführung, die Bekämpfung der Korruption und die Bekämpfung der verschiedenen Formen der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität und des Terrorismus, die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung und der wirksame Multilateralismus für die Intensivierung der Beziehungen zwischen den Vertragsparteien von zentraler Bedeutung sind. Wie auch in anderen von der Union geschlossenen Assoziierungsabkommen sollte die Möglichkeit vorgesehen werden, die in dieser Verordnung festgelegten Präferenzregelungen im Falle der Missachtung der allgemeinen Grundsätze des Assoziierungsabkommens durch die Ukraine vorübergehend auszusetzen.

(11)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden, um die Präferenzregelungen vorübergehend auszusetzen und Korrekturmaßnahmen gemäß den Artikeln 3 und 4 der vorliegenden Verordnung einzuführen, wenn Unionshersteller von gleichartigen oder direkt konkurrierenden Waren durch Einfuhren im Rahmen dieser Verordnung ernsthaft beeinträchtigt werden oder beeinträchtigt zu werden drohen. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) ausgeübt werden.

(12)

Vorbehaltlich einer Untersuchung durch die Kommission ist es notwendig, die Möglichkeit der Wiedereinführung der ansonsten im Rahmen des Assoziierungsabkommens geltenden Zölle für Einfuhren von in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallenden Waren vorzusehen, die die Unionshersteller gleichartiger oder unmittelbar konkurrierender Waren in ernste Schwierigkeiten bringen oder zu bringen drohen.

(13)

Der Jahresbericht der Kommission über die Umsetzung der vertieften und umfassenden Freihandelszone, welche integraler Bestandteil des Assoziierungsabkommens ist, sollte eine ausführliche Bewertung der Umsetzung der in dieser Verordnung bestimmten Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels enthalten.

(14)

Wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit im Hinblick auf die durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verursachte Situation wird es als angemessen erachtet, sich auf die Ausnahme von der Achtwochenfrist gemäß Artikel 4 des dem EUV, dem AEUV und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügten Protokolls Nr. 1 über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union zu berufen.

(15)

Angesichts der Notlage in der Ukraine sollte diese Verordnung eine angemessene Übergangsbestimmung enthalten und am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels

(1)   Die folgenden Präferenzregelungen werden eingeführt:

a)

Die Präferenzzölle auf die Einfuhren bestimmter gewerblicher Waren mit Ursprung in der Ukraine in die Union, die gemäß Anhang I-A des Assoziierungsabkommens innerhalb von sieben Jahren schrittweise abgeschafft werden sollen, werden auf Null festgesetzt;

b)

die Anwendung der Einfuhrpreisregelung wird für die in Anhang I-A des Assoziierungsabkommens aufgeführten Waren, für die sie zur Anwendung kommt, ausgesetzt. Auf diese Waren werden keine Einfuhrzölle erhoben;

c)

alle in Anhang I-A des Assoziierungsabkommens festgelegten Zollkontingente werden ausgesetzt, und die unter diese Kontingente fallenden Waren werden zollfrei zur Einfuhr aus der Ukraine in die Union zugelassen.

(2)   Abweichend von Artikel 14 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) 2016/1036 werden auf die Einfuhren mit Ursprung in der Ukraine, die während der Anwendung dieser Verordnung getätigt wurden, zu keinem Zeitpunkt Antidumpingzölle erhoben; dies gilt auch nach dem Auslaufen dieser Verordnung.

(3)   Die Anwendung der Verordnung (EU) 2015/478 wird in Bezug auf die Einfuhren mit Ursprung in der Ukraine vorübergehend ausgesetzt.

Artikel 2

Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Präferenzregelung

Für die Präferenzregelungen nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a, b und c gelten die folgenden Voraussetzungen:

a)

Die Ursprungsregeln für Waren und die entsprechenden Verfahren gemäß dem Assoziierungsabkommen werden eingehalten;

b)

die Ukraine sieht davon ab, für die Einfuhr von Waren mit Ursprung in der Union neue Zölle oder Abgaben gleicher Wirkung und neue mengenmäßige Beschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung einzuführen, die bestehenden Zölle oder Abgaben zu erhöhen oder sonstige Beschränkungen, einschließlich diskriminierender interner Verwaltungsmaßnahmen, einzuführen, es sei denn, dies ist im Kontext des Krieges eindeutig gerechtfertigt; und

c)

die Ukraine achtet die demokratischen Grundsätze, die Menschenrechte und die Grundfreiheiten sowie das Rechtsstaatsprinzip und unternimmt fortlaufend nachhaltige Anstrengungen im Hinblick auf die Bekämpfung der Korruption und rechtswidriger Tätigkeiten, wie in den Artikeln 2, 3 und 22 des Assoziierungsabkommens vorgesehen.

Artikel 3

Vorübergehende Aussetzung

(1)   Stellt die Kommission fest, dass hinreichende Beweise für die Nichteinhaltung der in Artikel 2 genannten Bedingungen durch die Ukraine vorliegen, kann sie im Wege eines Durchführungsrechtsakts die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a, b und c vorgesehenen Präferenzregelungen ganz oder teilweise aussetzen. Dieser Durchführungsrechtsakt wird nach dem in Artikel 5 Absatz 2 erwähnten Prüfverfahren erlassen.

(2)   Ersucht ein Mitgliedstaat die Kommission um die Aussetzung einer der vorgesehenen Präferenzregelungen auf der Grundlage einer Nichteinhaltung der in Artikel 2 Buchstabe b genannten Bedingungen durch die Ukraine, so legt die Kommission innerhalb von vier Monaten nach dem Ersuchen eine begründete Stellungnahme vor, in der dargelegt wird, ob die Beanstandung wegen Nichteinhaltung durch die Ukraine begründet ist. Kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Beanstandung begründet ist, so leitet sie das in Absatz 1 dieses Artikels genannte Verfahren ein.

Artikel 4

Schutzklausel

(1)   Wird eine Ware mit Ursprung in der Ukraine unter Bedingungen eingeführt, die Unionshersteller von gleichartigen oder direkt konkurrierenden Waren in ernste Schwierigkeiten bringen oder zu bringen drohen, so können die sonst im Rahmen des Assoziierungsabkommens für die Einfuhr dieser Ware geltenden Zölle jederzeit wieder eingeführt werden.

(2)   Die Kommission überwacht die Auswirkungen der vorliegenden Verordnung sorgfältig, unter anderem in Bezug auf die Preise auf dem Unionsmarkt, unter Berücksichtigung der Informationen über Ausfuhren, Einfuhren und die Herstellung der Waren, die den in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels unterworfen sind, in der Union.

(3)   Die Kommission fasst innerhalb eines vertretbaren Zeitraums einen Beschluss zur Einleitung einer Untersuchung:

a)

auf Antrag eines Mitgliedstaats,

b)

auf Antrag einer juristischen Person oder einer Vereinigung ohne Rechtspersönlichkeit im Namen der Unionsindustrie — d. h. im Namen aller oder eines erheblichen Anteils der Unionshersteller von gleichartigen oder unmittelbar konkurrierenden Waren oder

c)

sofern es für die Kommission ersichtlich ist, dass hinreichende Anscheinsbeweise für ernste Schwierigkeiten für Unionshersteller von gleichartigen oder direkt konkurrierenden Waren im Sinne von Absatz 1 vorliegen, auf ihre eigene Initiative.

Für die Zwecke dieses Absatzes bezeichnet der Ausdruck „erheblicher Anteil von Unionsherstellern von gleichartigen oder direkt konkurrierenden Waren“ eine Anzahl von Unionsherstellern, deren Produktion insgesamt mehr als 50 % der Unionsgesamtproduktion der gleichartigen oder unmittelbar konkurrierenden Waren, die auf den den Antrag entweder unterstützenden oder ablehnenden Teil der Unionsindustrie entfällt, der nicht weniger als 25 % der Gesamtproduktion der gleichartigen oder unmittelbar konkurrierenden von der Unionsindustrie erzeugten Waren ausmacht.

(4)   Beschließt die Kommission, eine Untersuchung einzuleiten, so veröffentlicht sie eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union, mit der die Einleitung der Untersuchung angekündigt wird. Die Bekanntmachung muss eine Zusammenfassung der eingegangenen Informationen sowie die Aufforderung enthalten, der Kommission alle relevanten Informationen zu übermitteln. In der Bekanntmachung wird eine Frist gesetzt, innerhalb derer die interessierten Parteien schriftlich Stellung nehmen können. Diese Frist beläuft sich auf höchstens vier Monate ab Veröffentlichung der Bekanntmachung.

(5)   Die Kommission holt alle von ihr für erforderlich erachteten Informationen ein und kann sich zu deren Überprüfung an die Ukraine oder jegliche andere einschlägige Quelle wenden. Auf entsprechenden Antrag des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet Kontrollbesuche durchgeführt werden könnten, kann die Kommission durch Beamte dieses Mitgliedstaats unterstützt werden.

(6)   Bei der Prüfung der Frage, ob ernste Schwierigkeiten für Unionshersteller von gleichartigen oder direkt konkurrierenden Waren im Sinne von Absatz 1 bestehen, berücksichtigt die Kommission unter anderem die folgenden die Unionshersteller betreffenden Faktoren, soweit entsprechende Informationen verfügbar sind:

Marktanteil,

Produktion,

Lagerbestände,

Produktionskapazität,

Kapazitätsauslastung,

Beschäftigung,

Einfuhren,

Preise.

(7)   Die Untersuchung ist binnen sechs Monaten nach Veröffentlichung der Bekanntmachung gemäß Absatz 4 des vorliegenden Artikels abzuschließen. In Ausnahmefällen kann die Kommission diese Frist im Wege eines Durchführungsrechtsaktes verlängern, der nach dem Prüfverfahren des Artikels 5 Absatz 2 erlassen wird.

(8)   Die Kommission entscheidet binnen drei Monaten nach dem Abschluss der Untersuchung über die Wiedereinführung der sonst im Rahmen des Assoziierungsabkommens geltenden Zölle im Wege eines Durchführungsrechtsakts, der im Einklang mit dem Prüfverfahren des Artikels 5 Absatz 2 dieser Verordnung erlassen wird. Dieser Durchführungsrechtsakt tritt binnen eines Monats nach seiner Veröffentlichung in Kraft.

Die ansonsten im Rahmen des Assoziierungsabkommens geltenden Zölle können so lange wiedereingeführt werden, wie es erforderlich ist, um die Verschlechterung der Wirtschafts- oder Finanzlage der Unionshersteller auszugleichen, oder so lange, wie das Risiko einer solchen Verschlechterung fortbesteht. Ergibt sich aus der endgültigen Sachaufklärung, dass die Bedingungen des Absatzes 1 dieses Artikels nicht erfüllt sind, so erlässt die Kommission einen Durchführungsrechtsakt zur Beendigung der Untersuchung und des Verfahrens. Dieser Durchführungsrechtsakt wird im Einklang mit dem Prüfverfahren gemäß Artikel 5 Absatz 2 dieser Verordnung erlassen.

(9)   Lassen außergewöhnliche Umstände, die ein unverzügliches Eingreifen erfordern, eine Untersuchung nicht zu, so kann die Kommission nach Unterrichtung des in Artikel 5 Absatz 1 genannten Ausschusses für den Zollkodex jede notwendige Präventivmaßnahme treffen.

Artikel 5

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von dem Ausschuss für den Zollkodex unterstützt, der durch Artikel 285 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) eingesetzt wurde. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Artikel 6

Bewertung der Umsetzung der Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels

Der Jahresbericht der Kommission über die Umsetzung der vertieften und umfassenden Freihandelszone muss eine ausführliche Bewertung der Umsetzung der in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels sowie, soweit angemessen, eine Bewertung der sozialen Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Ukraine und die Union enthalten. Informationen über Einfuhren von Waren nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c werden auf der Website der Kommission zur Verfügung gestellt.

Artikel 7

Übergangsbestimmung

Die Präferenzregelungen nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a, b und c gelten für Waren, die sich am 4. Juni 2022 entweder auf dem Durchfuhrweg aus der Ukraine in die Union oder unter zollamtlicher Überwachung in der Union befinden, sofern innerhalb von sechs Monaten nach diesem Zeitpunkt bei den zuständigen Zollbehörden der Union ein entsprechender Antrag gestellt wird.

Artikel 8

Inkrafttreten und Anwendung

(1)   Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)   Diese Verordnung gilt bis zum 5. Juni 2023.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 30. Mai 2022.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Die Präsidentin

R. METSOLA

Im Namen des Rates

Der Präsident

B. LE MAIRE


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2022 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 24. Mai 2022.

(2)  ABl. L 161 vom 29.5.2014, S. 3.

(3)  Beschluss 2014/668/EU des Rates vom 23. Juni 2014 über die Unterzeichnung — im Namen der Europäischen Union — und die vorläufige Anwendung des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits hinsichtlich der Titel III (mit Ausnahme der Bestimmungen über die Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die als Arbeitnehmer im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei legal beschäftigt sind) und der Titel IV, V, VI und VII des Abkommens sowie der diesbezüglichen Anhänge und Protokolle (ABl. L 278 vom 20.9.2014, S. 1).

(4)  Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (ABl. L 176 vom 30.6.2016, S. 21).

(5)  Verordnung (EU) 2015/478 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 über eine gemeinsame Einfuhrregelung (ABl. L 83 vom 27.3.2015, S. 16).

(6)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(7)  Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1).


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