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Document E2021C0293

    Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 293/21/COL vom 16. Dezember 2021 über die Änderung der verfahrens- und materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen durch Einführung überarbeiteter Leitlinien zur kurzfristigen Exportkreditversicherung [2022/1048]

    PUB/2022/113

    ABl. L 173 vom 30.6.2022, p. 121–132 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2022/1048/oj

    30.6.2022   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 173/121


    ENTSCHEIDUNG DER EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE Nr. 293/21/COL

    vom 16. Dezember 2021

    über die Änderung der verfahrens- und materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen durch Einführung überarbeiteter Leitlinien zur kurzfristigen Exportkreditversicherung [2022/1048]

    DIE EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE (im Folgenden „Überwachungsbehörde“) —

    gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden „EWR-Abkommen“), insbesondere auf die Artikel 61 bis 63 und Protokoll 26,

    gestützt auf das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten über die Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (im Folgenden „Überwachungsbehörde- und Gerichtshof-Abkommen“), insbesondere auf Artikel 24 und Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    Nach Artikel 24 des Überwachungsbehörde- und Gerichtshof-Abkommens setzt die Überwachungsbehörde die Bestimmungen des EWR-Abkommens betreffend staatliche Beihilfen durch.

    Nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b des Überwachungsbehörde- und Gerichtshof-Abkommens legt die Überwachungsbehörde Mitteilungen und Leitlinien in den im EWR-Abkommen geregelten Angelegenheiten fest, soweit das EWR-Abkommen oder das Überwachungsbehörde- und Gerichtshof-Abkommen dies ausdrücklich vorsehen oder die Überwachungsbehörde dies für notwendig erachtet.

    Am 6. Dezember 2021 verabschiedete die Europäische Kommission eine Mitteilung zur Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf die kurzfristige Exportkreditversicherung (im Folgenden „Leitlinien“) (1).

    Die Leitlinien sind auch für den Europäischen Wirtschaftsraum („EWR“) von Bedeutung.

    Die EWR-Vorschriften für staatliche Beihilfen sind im gesamten EWR einheitlich anzuwenden, um die in Artikel 1 des EWR-Abkommens geforderte Homogenität zu erzielen.

    Nach Ziffer II unter Abschnitt „ALLGEMEINES“ des Anhangs XV des EWR-Abkommens erlässt die Überwachungsbehörde nach Rücksprache mit der Europäischen Kommission Rechtsakte, die den von der Europäischen Kommission erlassenen Rechtsakten entsprechen.

    Die Leitlinien können sich auf bestimmte politische Instrumente der Europäischen Union und bestimmte Rechtsakte der Europäischen Union beziehen, die nicht in das EWR-Abkommen aufgenommen wurden. Im Interesse einer einheitlichen Anwendung des Beihilferechts und gleicher Wettbewerbsbedingungen im gesamten EWR wird die Überwachungsbehörde bei der Prüfung der Vereinbarkeit von Beihilfen mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens in der Regel dieselben Kriterien zugrunde legen wie die Europäische Kommission.

    Die Europäische Kommission wurde konsultiert.

    Die EFTA-Staaten wurden konsultiert —

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    (1)   Die materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen werden durch Einführung überarbeiteter Leitlinien zur kurzfristigen Exportkreditversicherung geändert. Die Leitlinien sind dieser Entscheidung beigefügt und Bestandteil dieser Entscheidung.

    (2)   Die Leitlinien ersetzen mit Wirkung vom 1. Januar 2022 die bisher geltenden Leitlinien für die kurzfristige Exportkreditversicherung (2).

    Artikel 2

    Die Überwachungsbehörde wendet die Leitlinien an, gegebenenfalls unter anderem mit nachstehenden Anpassungen:

    a)

    Bezugnahmen auf „Mitgliedstaat(en)“ versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf „EFTA-Staat(en)“ (3) oder gegebenenfalls „EWR-Staat(en)“;

    b)

    Bezugnahmen auf die „Europäische Kommission“ versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf die „EFTA-Überwachungsbehörde“;

    c)

    Bezugnahmen auf den „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ oder „AEUV“ versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf das „EWR-Abkommen“;

    d)

    Bezugnahmen auf Artikel 49 AEUV oder Abschnitte dieses Artikels versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf Artikel 31 des EWR-Abkommens bzw. die entsprechenden Abschnitte dieses Artikels;

    e)

    Bezugnahmen auf Artikel 63 AEUV oder Abschnitte dieses Artikels versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf Artikel 40 des EWR-Abkommens bzw. die entsprechenden Abschnitte dieses Artikels;

    f)

    Bezugnahmen auf Artikel 107 AEUV oder Abschnitte dieses Artikels versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf Artikel 61 des EWR-Abkommens bzw. die entsprechenden Abschnitte dieses Artikels;

    g)

    Bezugnahmen auf Artikel 108 AEUV oder Abschnitte dieses Artikels versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf Teil I Artikel 1 des Protokolls 3 zum Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommen bzw. die entsprechenden Abschnitte dieses Artikels;

    h)

    Bezugnahmen auf die Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates (4) versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf Teil II des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen;

    i)

    Bezugnahmen auf die Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (5) versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf die Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde 195/04/COL;

    j)

    Bezugnahmen auf die Formulierung „mit dem Binnenmarkt (un)vereinbar“ versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf die Formulierung „mit dem EWR-Abkommen (un)vereinbar“.

    k)

    Bezugnahmen auf die Formulierung „innerhalb der Union“ bzw. „außerhalb der Union“ oder „aus der Union“ versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf die Formulierung „innerhalb des EWR“ bzw. „außerhalb des EWR“ oder „aus dem EWR“;

    l)

    Bezugnahmen auf den „Handel innerhalb der Union“ versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf den „Handel innerhalb des EWR“;

    m)

    Heißt es in den Leitlinien, dass sie „in allen Wirtschaftszweigen“ Anwendung findet, so wendet die Überwachungsbehörde sie auf „alle Wirtschaftszweige oder Teile von Wirtschaftszweigen, die in den Anwendungsbereich des EWR-Abkommens fallen“, an;

    n)

    Bezugnahmen auf Mitteilungen oder Leitlinien der Kommission versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf die entsprechenden Leitlinien der Überwachungsbehörde.

    Artikel 3

    Die Überwachungsbehörde wendet das Verzeichnis der Staaten mit marktfähigen Risiken im Anhang der Leitlinien unter Hinzufügung von Liechtenstein an.

    Geschehen zu Brüssel am 16. Dezember 2021.

    Für die EFTA-Überwachungsbehörde

    Bente ANGELL-HANSEN

    Präsidentin

    Zuständiges Mitglied des Kollegiums

    Högni KRISTJÁNSSON

    Mitglied des Kollegiums

    Stefan BARRIGA

    Mitglied des Kollegiums

    Melpo-Menie JOSÉPHIDÈS

    Gegenzeichnende Direktorin für

    Rechts- und Verwaltungsangelegenheiten


    (1)  C(2021) 8705 final (ABl. C 497 vom 10.12.2021, S. 5).

    (2)  ABl. L 343 vom 19.12.2013, S. 54. und EWR-Beilage Nr. 71 vom 19.12.2013, S. 1, erneut verabschiedet durch Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 4/19/COL vom 6. Februar 2019 über die 104. Änderung der verfahrens- und materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen [2019/1008] (ABl. L 163 vom 20.6.2019, S. 110, und EWR-Beilage Nr. 48 vom 20.6.2019, S. 1), geändert durch die Entscheidung Nr. 30/20/COL vom 1. April 2020 über die 106. Änderung der verfahrens- und materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen durch Ersetzung des Anhangs der Leitlinien über die kurzfristige Exportkreditversicherung [2020/982] (ABl. L 220 vom 9.7.2020, S. 8, und EWR-Beilage Nr. 46 vom 9.7.2020, S. 1), Entscheidung Nr. 90/20/COL vom 15. Juli 2020 über die 107. Änderung der verfahrens- und materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen durch Änderung und Verlängerung bestimmter Leitlinien für staatliche Beihilfen [2020/1576] (ABl. L 359 vom 29.10.2020, S. 16, und EWR-Beilage Nr. 68 vom 29.10.2020, S. 4) und Entscheidung Nr. 12/21/COL vom 24. Februar 2021 zur Ersetzung des Anhangs der Leitlinien über die kurzfristige Exportkreditversicherung [2021/1238] (ABl. L 271 vom 29.7.2021, S. 1, und EWR-Beilage Nr. 50 vom 29.7.2021, S. 1).

    (3)  „EFTA-Staaten“ bezieht sich auf Island, Liechtenstein und Norwegen.

    (4)  Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 9).

    (5)  Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1).


    Mitteilung der Kommission zur Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf die kurzfristige Exportkreditversicherung

    1.   Einleitung

    1.

    Ausfuhrbeihilfen können den Wettbewerb zwischen Anbietern auf den Märkten für Waren und Dienstleistungen beeinträchtigen. Deshalb hat die Kommission als Hüterin des Wettbewerbs nach dem Vertrag Ausfuhrbeihilfen für den Handel innerhalb der Union und für die Ausfuhr aus der Union stets entschieden verurteilt. Mit dieser Mitteilung soll näher erläutert werden, wie die Kommission Unterstützungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten für die Exportkreditversicherung nach den Unionsvorschriften über staatliche Beihilfen prüft.

    2.

    Die Kommission hat von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht, Regeln für staatliche Beihilfen im Bereich der kurzfristigen Exportkreditversicherung festzulegen, um tatsächlichen und potenziellen Verzerrungen des Wettbewerbs im Binnenmarkt entgegenzuwirken — nicht nur zwischen Ausführern in verschiedenen Mitgliedstaaten (im Handel innerhalb der Union und mit Drittländern), sondern auch zwischen Exportkreditversicherern, die in der Union tätig sind. 1997 hat die Kommission die Grundsätze für staatliche Maßnahmen in ihrer Mitteilung an die Mitgliedstaaten nach Artikel 93 Absatz 1 EG-Vertrag zur Anwendung der Artikel 92 und 93 EG-Vertrag auf die kurzfristige Exportkreditversicherung (1) (im Folgenden „Mitteilung von 1997“) festgelegt. Die Grundsätze der Mitteilung von 1997 sollten ursprünglich für eine Dauer von fünf Jahren ab dem 1. Januar 1998 angewandt werden. Die Mitteilung von 1997 wurde später angepasst, und ihr Geltungszeitraum wurde in den Jahren 2001 (2), 2004 (3), 2005 (4) und 2010 (5) verlängert. Die Grundsätze der Mitteilung wurden daher bis zum 31. Dezember 2012 angewandt.

    3.

    Die Erfahrungen mit der Anwendung der Grundsätze der Mitteilung von 1997, insbesondere während der Finanzkrise zwischen 2009 und 2011, zeigten, dass die Politik der Kommission in diesem Bereich überprüft werden sollte. Daher nahm die Kommission eine neue Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten zur Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf die kurzfristige Exportkreditversicherung (6) an (im Folgenden „Mitteilung von 2012“). Die Grundsätze der Mitteilung von 2012 sollten eigentlich vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2018 angewandt werden (7). Der Anhang der Mitteilung von 2012 wurde in der Folge mehrfach angepasst (8), und der Geltungszeitraum der Mitteilung von 2012 wurde 2018 (9) und 2020 (10) verlängert. Sie gilt nun bis zum 31. Dezember 2021.

    4.

    Im Jahr 2019 leitete die Kommission im Rahmen der Eignungsprüfung in Bezug auf das Paket zur Modernisierung des Beihilferechts, die Eisenbahnleitlinien und die Mitteilung über die kurzfristige Exportkreditversicherung (11) eine Evaluierung der Mitteilung von 2012 ein. Die Ergebnisse der Evaluierung zeigten, dass die Vorschriften grundsätzlich ihren Zweck erfüllen, jedoch einige geringfügige Verbesserungen erforderlich sind, um den Marktentwicklungen Rechnung zu tragen. Daher werden in der vorliegenden Mitteilung die Grundsätze der Mitteilung von 2012 beibehalten und nur einige wenige technische Anpassungen vorgenommen.

    5.

    Die in der vorliegenden Mitteilung niedergelegten Regeln werden dazu beitragen sicherzustellen, dass staatliche Beihilfen den Wettbewerb zwischen privaten und öffentlichen — bzw. öffentlich geförderten — Exportkreditversicherern nicht verfälschen Diese Regeln werden ferner zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Ausführer beitragen.

    6.

    Die vorliegende Mitteilung gibt den Mitgliedstaaten ausführlichere Erläuterungen zu den Grundsätzen an die Hand, nach denen die Kommission beabsichtigt, die Artikel 107 und 108 AEUV auszulegen und auf kurzfristige Exportkreditversicherungen anzuwenden. Sie soll die Politik der Kommission in diesem Bereich so transparent wie möglich machen und Berechenbarkeit und Gleichbehandlung gewährleisten. Zu diesem Zweck werden in dieser Mitteilung eine Reihe von Voraussetzungen festgelegt, die erfüllt sein müssen, wenn staatliche Versicherer in den Markt für die kurzfristige Exportkreditversicherung von marktfähigen Risiken eintreten wollen.

    7.

    Risiken, die grundsätzlich nicht marktfähig sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich dieser Mitteilung.

    8.

    Abschnitt 2 beschreibt den Anwendungsbereich der Mitteilung und enthält die Begriffsbestimmungen. Abschnitt 3 erläutert die Anwendbarkeit des Artikels 107 Absatz 1 AEUV und das allgemeine Verbot staatlicher Beihilfen für die Exportkreditversicherung von marktfähigen Risiken. In Abschnitt 4 schließlich werden einige Ausnahmen vom Anwendungsbereich der marktfähigen Risiken und die Voraussetzungen beschrieben, unter denen eine staatliche Unterstützung für die Versicherung solcher vorübergehend nicht marktfähigen Risiken mit dem Binnenmarkt vereinbar sein kann.

    2.   Anwendungsbereich der Mitteilung und Begriffsbestimmungen

    2.1.   Anwendungsbereich

    9.

    Die Kommission wird die in dieser Mitteilung niedergelegten Grundsätze nur auf Exportkreditversicherungen mit einer Risikolaufzeit von weniger als zwei Jahren anwenden. Alle anderen Instrumente zur Ausfuhrfinanzierung sind vom Anwendungsbereich dieser Mitteilung ausgeschlossen.

    2.2.   Begriffsbestimmungen

    10.

    Für die Zwecke dieser Mitteilung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

    1.

    „Exportkreditversicherung“: Versicherungsprodukt, bei dem der Versicherer eine Versicherung gegen wirtschaftliche und/oder politische Risiken in Verbindung mit Zahlungsverpflichtungen bei einem Ausfuhrgeschäft stellt;

    2.

    „Privater Kreditversicherer“: Gesellschaft oder Organisation, die Exportkreditversicherungen anbietet, aber kein staatlicher Versicherer ist;

    3.

    „Staatlicher Versicherer“: Gesellschaft oder Organisation, die Exportkreditversicherungen mit der Unterstützung oder im Auftrag eines Mitgliedstaats anbietet, bzw. ein Mitgliedstaat, der Exportkreditversicherungen anbietet;

    4.

    „Marktfähige Risiken“: wirtschaftliche und/oder politische Risiken für öffentliche und nichtöffentliche Käufer, die in einem der im Anhang dieser Mitteilung genannten Länder niedergelassen sind, sofern die Höchstrisikolaufzeit weniger als zwei Jahre beträgt. Alle anderen Risiken werden für die Zwecke dieser Mitteilung als nicht marktfähig betrachtet;

    5.

    „Wirtschaftliche Risiken“: insbesondere die folgenden Risiken:

    a)

    willkürlicher Rücktritt eines Käufers vom Vertrag, d. h. jede willkürliche Entscheidung eines nichtöffentlichen Käufers, den Vertrag ohne rechtmäßigen Grund auszusetzen oder zu kündigen,

    b)

    willkürliche und rechtlich unbegründete Verweigerung der Annahme der unter den Vertrag fallenden Waren durch einen nichtöffentlichen Käufer,

    c)

    Zahlungsunfähigkeit eines nichtöffentlichen Käufers und seines Garanten,

    d)

    andauernder Zahlungsverzug, d. h. Nichtbegleichung einer vertraglich begründeten Schuld durch einen nichtöffentlichen Käufer und seinen Garanten;

    6.

    „Politische Risiken“: insbesondere die folgenden Risiken:

    a)

    das Risiko, dass ein öffentlicher Käufer bzw. ein Staat den Abschluss eines Geschäfts verhindert oder nicht fristgerecht zahlt,

    b)

    ein Risiko, das nicht in der Hand eines einzelnen Käufers liegt bzw. nicht in die Verantwortung eines einzelnen Käufers fällt,

    c)

    das Risiko, dass ein Staat es versäumt, die Gelder, die von den in diesem Staat ansässigen Käufern gezahlt wurden, in den Staat des Versicherten zu überweisen,

    d)

    das Risiko, dass es außerhalb des Staates des Versicherers zu einem Fall von höherer Gewalt (z. B. kriegsähnliche Zustände) kommt, sofern dessen Auswirkungen nicht anderweitig versichert sind;

    7.

    „Risikolaufzeit“: Produktionszeit plus Kreditlaufzeit;

    8.

    „Produktionszeit“: Zeitraum zwischen dem Tag der Bestellung und dem Tag der Lieferung der Waren bzw. der Erbringung der Dienstleistungen;

    9.

    „Kreditlaufzeit“: Frist, die dem Käufer bei einem Exportkreditgeschäft für die Zahlung der gelieferten Waren und Dienstleistungen eingeräumt wird;

    10.

    „Absicherung von Einzelforderungen“: Versicherungsschutz für alle Verkäufe an einen Käufer oder für einen einzigen Vertrag mit einem Käufer;

    11.

    „Rückversicherung“: Versicherung, die eine Versicherungsgesellschaft zwecks Risikomanagement bei einem anderen Versicherer zeichnet, um ihr eigenes Risiko zu senken;

    12.

    „Mitversicherung“: Prozentsatz eines jeden versicherten Schadens, für den nicht der Versicherer Entschädigung leistet, sondern der von einem anderen Versicherer getragen wird;

    13.

    „Quotenrückversicherung“: Rückversicherung, bei der der Versicherer einen bestimmten Prozentsatz jedes von ihm übernommenen Risikos innerhalb einer abgegrenzten Geschäftssparte einem Rückversicherer überträgt, der dies akzeptiert;

    14.

    „Ergänzungsdeckung“: zusätzlicher Versicherungsschutz für ein von einem anderen Versicherer festgelegtes Kreditlimit;

    15.

    „Pauschal-Gewährleistung“: Kreditversicherungspolice, bei der es sich nicht um eine Absicherung von Einzelforderungen handelt, sondern um eine Kreditversicherungspolice, die alle oder die meisten Verkäufe auf Kredit des Versicherten sowie Forderungen aus Verkäufen an mehrere Käufer abdeckt.

    3.   Anwendbarkeit des Artikels 107 Absatz 1 AEUV

    3.1.   Allgemeine Grundsätze

    11.

    Laut Artikel 107 Absatz 1 AEUV „sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“.

    12.

    Stellen staatliche Versicherer Exportkreditversicherungen bereit, so werden für diese Versicherungen staatliche Mittel eingesetzt. Durch die Beteiligung des Staates kann Versicherern oder Ausführern ein selektiver Vorteil erwachsen, wodurch Wettbewerbsverfälschungen entstehen bzw. drohen können und der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden kann. Die in den Abschnitten 3.2, 3.3 und 4 dargelegten Grundsätze sollen erläutern, wie derartige Maßnahmen nach den Beihilfevorschriften geprüft werden.

    3.2.   Beihilfen für Versicherer

    13.

    Wenn staatlichen Versicherern gegenüber privaten Kreditversicherern bestimmte Vorteile gewährt werden, können staatliche Beihilfen vorliegen. Diese Vorteile können unterschiedlicher Art sein und beispielsweise folgende Maßnahmen umfassen:

    a)

    Kredit- und Verlustgarantien des Staates,

    b)

    Befreiung von der Verpflichtung zur Bildung angemessener Rücklagen sowie von den anderen Verpflichtungen, die aufgrund der Ausklammerung von Exportkreditversicherungsgeschäften für Rechnung des Staates oder mit staatlicher Garantie nach der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (12) bestehen,

    c)

    Befreiung von üblicherweise zu zahlenden Steuern (z. B. Körperschaftsteuern und Steuern auf Versicherungspolicen),

    d)

    Gewährung von Beihilfen oder Bereitstellung von Kapital durch den Staat oder andere Arten der Finanzierung, die nicht im Einklang mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers stehen,

    e)

    Bereitstellung von Sachleistungen durch den Staat wie Zugang zu und Nutzung von staatlichen Infrastrukturen, Einrichtungen oder privilegierten Daten zu Bedingungen, die nicht dem Marktwert dieser Sachleistungen widerspiegeln,

    f)

    direkte Rückversicherung durch den Staat oder direkte staatliche Rückversicherungsgarantien zu günstigeren Bedingungen als auf dem privaten Rückversicherungsmarkt, was entweder dazu führt, dass die Rückversicherung unter Preis angeboten wird, oder Kapazitäten künstlich geschaffen werden, die auf dem privaten Markt nicht entstehen würden.

    3.3.   Verbot staatlicher Beihilfen für Exportkredite

    14.

    Die unter Randnummer 13 genannten Vorteile für staatliche Versicherer hinsichtlich marktfähiger Risiken wirken sich auf den Handel mit Kreditversicherungsdienstleistungen in der Union aus. Sie führen dazu, dass in den einzelnen Mitgliedstaaten ein unterschiedlicher Versicherungsschutz für marktfähige Risiken angeboten wird. Dies verzerrt den Wettbewerb zwischen den in den Mitgliedstaaten tätigen Versicherern und hat Nebenwirkungen auf den Handel innerhalb der Union, und zwar unabhängig davon, ob Warenausfuhren innerhalb oder außerhalb der Union betroffen sind. (13) Aus diesen Gründen sollten staatliche Versicherer, die gegenüber privaten Kreditversicherern derartige Vorteile genießen, keine marktfähigen Risiken versichern dürfen. Daher müssen die Voraussetzungen festgelegt werden, unter denen sie ihrer Tätigkeit nachgehen können, damit gewährleistet ist, dass sie nicht in den Genuss staatlicher Beihilfen kommen.

    15.

    Vorteile für staatliche Versicherer können zumindest teilweise an Ausführer weitergegeben werden. Solche Vorteile können den Wettbewerb verfälschen und den Handel beeinträchtigen und staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstellen. Sind allerdings die Voraussetzungen für Versicherungsleistungen für marktfähige Risiken (vgl. Abschnitt 4.3 dieser Mitteilung) erfüllt, geht die Kommission davon aus, dass kein unzulässiger Vorteil an Ausführer weitergegeben wurde.

    4.   Voraussetzungen für Exportkreditversicherungen für vorübergehend nicht marktfähige Risiken

    4.1.   Allgemeine Grundsätze

    16.

    Wie unter Randnummer 14 erklärt, dürfen staatliche Versicherer, die gegenüber privaten Kreditversicherern finanzielle Vorteile genießen (siehe Randnummer 13), keine marktfähigen Risiken versichern. Wenn staatliche Versicherer oder ihre Tochtergesellschaften marktfähige Risiken versichern wollen, muss gewährleistet sein, dass sie dabei nicht unmittelbar oder mittelbar in den Genuss staatlicher Beihilfen kommen. Deshalb müssen sie über Eigenmittel in bestimmter Höhe (Solvabilitätsspanne einschließlich Garantiefonds) und über technische Rückstellungen (Schwankungsrückstellung) verfügen und eine Zulassung nach der Richtlinie 2009/138/EG erhalten haben. Außerdem müssen sie in jedem Fall die Versicherung marktfähiger Risiken und die Versicherung nicht marktfähiger Risiken mit staatlicher Unterstützung oder im Auftrag des Staates getrennt verwalten und getrennte Bücher führen, um zu zeigen, dass sie für die Versicherung marktfähiger Risiken keine staatlichen Beihilfen erhalten. Die Rechnungslegung für die im Namen des Versicherers getätigten Versicherungsgeschäfte muss mit der Richtlinie 91/674/EWG des Rates (14) im Einklang stehen.

    17.

    Jeder Mitgliedstaat, der einem Exportkreditversicherer über eine Beteiligung oder sonstige Teilnahme an privaten Rückversicherungsverträgen sowohl für marktfähige als auch für nicht marktfähige Risiken Rückversicherungsschutz bietet, muss aufzeigen können, dass die Vereinbarungen keine staatlichen Beihilfen nach Randnummer 13 Buchstabe f enthalten.

    18.

    Staatliche Versicherer können unter den in Abschnitt 4 dieser Mitteilung genannten Voraussetzungen Exportkreditversicherungen für vorübergehend nicht marktfähige Risiken anbieten.

    4.2.   Ausnahmen vom Anwendungsbereich der marktfähigen Risiken: vorübergehend nicht marktfähige Risiken

    19.

    Ungeachtet der Definition der marktfähigen Risiken werden manche wirtschaftlichen und/oder politischen Risiken in Bezug auf Käufer, die in den im Anhang aufgeführten Staaten niedergelassen sind, in den nachstehend genannten Fällen als vorübergehend nicht marktfähig betrachtet:

    a)

    wenn die Kommission beschließt, einen oder mehrere Staaten wie in Abschnitt 5.2 beschrieben vorübergehend aus dem als Anhang beigefügten Verzeichnis der Staaten mit marktfähigen Risiken zu streichen, weil die Kapazität des privaten Versicherungsmarkts in diesem Staat bzw. diesen Staaten nicht ausreicht, um alle wirtschaftlich gerechtfertigten Risiken zu decken,

    b)

    wenn die Kommission — nach Erhalt der Anmeldung eines Mitgliedstaats gemäß Abschnitt 5.3 dieser Mitteilung — beschließt, dass die Risiken kleiner und mittlerer Unternehmen im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission (15), die einen jährlichen Ausfuhrumsatz von insgesamt weniger als 2,5 Mio. EUR aufweisen, für Ausführer im anmeldenden Mitgliedstaat vorübergehend nicht marktfähig sind,

    c)

    wenn die Kommission — nach Erhalt der Anmeldung eines Mitgliedstaats gemäß Abschnitt 5.3 dieser Mitteilung — beschließt, dass die Absicherung von Einzelforderungen mit einer Risikolaufzeit von mindestens 181 Tagen und weniger als zwei Jahren für Ausführer im anmeldenden Mitgliedstaat vorübergehend nicht marktfähig ist,

    d)

    wenn die Kommission — nach Erhalt der Anmeldung eines Mitgliedstaats gemäß Abschnitt 5.4 dieser Mitteilung — beschließt, dass aufgrund eines Mangels an Exportkreditversicherungen bestimmte Risiken für Ausführer im anmeldenden Mitgliedstaat vorübergehend nicht marktfähig sind.

    20.

    Um Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt auf ein Minimum zu beschränken, können die als vorübergehend nicht marktfähig betrachteten Risiken nach Randnummer 19 von staatlichen Versicherern versichert werden, sofern diese die Voraussetzungen des Abschnitts 4.3 erfüllen.

    4.3.   Voraussetzungen für die Versicherung vorübergehend nicht marktfähiger Risiken

    4.3.1.   Qualität des Versicherungsschutzes

    21.

    Die Qualität des von staatlichen Versicherern angebotenen Versicherungsschutzes muss Marktstandards entsprechen. So können ausschließlich wirtschaftlich gerechtfertigte Risiken, d. h. Risiken, die auf der Grundlage solider Versicherungsgrundsätze übernommen werden können, versichert werden. Der Prozentsatz der Absicherung beträgt bei wirtschaftlichen und politischen Risiken höchstens 95 % und die Karenzzeit muss mindestens 90 Tage betragen.

    4.3.2.   Versicherungsgrundsätze

    22.

    Bei der Risikoanalyse sind stets solide Versicherungsgrundsätze zu befolgen. Folglich kommen Risiken bei finanziell riskanten Geschäften nicht für öffentliche Förderregelungen in Betracht. Im Hinblick auf diese Grundsätze sind explizite Kriterien für die Risikoübernahme erforderlich. Besteht bereits eine Geschäftsbeziehung, so müssen die Ausführer eine positive Geschäfts- oder Zahlungsbilanz oder beides aufweisen. Käufer müssen einen positiven Schadenverlauf vorweisen können und sowohl die Ausfallwahrscheinlichkeit des Käufers als auch seine internen oder externen Bonitätsbewertungen müssen akzeptabel sein.

    4.3.3.   Angemessene Preise

    23.

    Die Risikoübernahme bei der Exportkreditversicherung muss mit einer angemessenen Prämie vergütet werden. Um eine Verdrängung privater Kreditversicherer so weit wie möglich zu verhindern, sind die Prämiensätze im Rahmen öffentlich geförderter Regelungen im Durchschnitt höher anzusetzen als die durchschnittlich von privaten Kreditversicherern für vergleichbare Risiken erhobenen Prämien. Dadurch wird gewährleistet, dass die staatlichen Maßnahmen schrittweise wieder eingestellt werden, denn durch die höheren Prämien wird sichergestellt, dass die Ausführer zu den privaten Kreditversicherern zurückkehren, sobald die Marktbedingungen dies erlauben und das Risiko wieder marktfähig wird.

    24.

    Der Preis gilt als angemessen, wenn die der nachstehenden Tabelle zu entnehmende jährliche Mindestrisikoprämie (16) („Safe-Harbour-Prämie“) für die betreffende Käuferkategorie (17) verlangt wird. Die Safe-Harbour-Prämie wird grundsätzlich angewandt, es sei denn, der Mitgliedstaat weist nach, dass die Sätze bei dem betreffenden Risiko nicht angemessen sind. Bei einer Ausfuhr-Pauschal-Gewährleistung muss die Risikokategorie dem durchschnittlichen Risiko der von der Police abgedeckten Käufer entsprechen.

    Risikokategorie

    Jährliche Mindestrisikoprämie (18) (% der Deckungssumme)

    Hervorragend (19)

    0,2 -0,4

    Gut (20)

    0,41 -0,9

    Befriedigend (21)

    0,91 -2,3

    Schwach (22)

    2,31 -4,5

    25.

    Bei Mitversicherung, Quotenrückversicherung und Ergänzungsdeckung wird der Preis nur dann als angemessen betrachtet, wenn die Prämie mindestens 30 % höher ist als die Prämie für die (ursprüngliche) Versicherung des privaten Kreditversicherers.

    26.

    Zusätzlich zur Risikoprämie ist unabhängig von der Vertragslaufzeit eine Verwaltungsgebühr zu erheben, damit der Preis als angemessen betrachtet wird.

    4.3.4.   Transparenz und Berichterstattung

    27.

    Die Mitgliedstaaten müssen die Regelungen, die für die nach Randnummer 19 als vorübergehend nicht marktfähig betrachteten Risiken eingeführt werden, und alle geltenden Bedingungen auf den Websites der staatlichen Versicherer veröffentlichen.

    28.

    Sie müssen der Kommission Jahresberichte über die nach Randnummer 19 als vorübergehend nicht marktfähig betrachteten Risiken vorlegen, für die staatliche Versicherer den Versicherungsschutz übernommen haben. Frist für die Vorlage ist der 31. Juli des Jahres nach der Maßnahme.

    29.

    Der Bericht muss für jede Regelung folgende Informationen enthalten:

    a)

    Gesamtbetrag der gewährten Kredite,

    b)

    versicherter Umsatz,

    c)

    erhobene Versicherungsprämien,

    d)

    gestellte und erfüllte Forderungen,

    e)

    zurückgeforderte Beträge,

    f)

    Verwaltungskosten der Regelung.

    30.

    Die Informationen werden in einem Tabellenkalkulationsformat (z. B. CSV oder XML) bereitgestellt, das es ermöglicht, Daten zu suchen, zu extrahieren, herunterzuladen und problemlos im Internet zu veröffentlichen. Die Mitgliedstaaten müssen die Berichte auf den Websites der staatlichen Versicherer veröffentlichen.

    5.   Verfahrensvorschriften

    5.1.   Allgemeine Grundsätze

    31.

    Die Risiken nach Randnummer 19 Buchstabe a können von staatlichen Versicherern versichert werden, sofern die Voraussetzungen des Abschnitts 4.3 erfüllt sind. Diese Fälle müssen nicht bei der Kommission angemeldet werden.

    32.

    Die Risiken nach Randnummer 19 Buchstaben b, c und d können von staatlichen Versicherern unter den Voraussetzungen des Abschnitts 4.3 und nach Anmeldung bei der Kommission und ihrer Genehmigung versichert werden.

    33.

    Die Nichterfüllung einer der in Abschnitt 4.3 genannten Voraussetzungen bedeutet nicht, dass die Exportkreditversicherung oder die Versicherungsregelung automatisch unzulässig ist. Beabsichtigt ein Mitgliedstaat, von einer der Voraussetzungen des Abschnitts 4.3 abzuweichen, oder bestehen Zweifel daran, dass eine geplante Exportkreditversicherungsregelung die Voraussetzungen dieser Mitteilung, insbesondere des Abschnitts 4, erfüllt, so muss der Mitgliedstaat die Regelung bei der Kommission anmelden.

    34.

    Eine Prüfung nach den Vorschriften über staatliche Beihilfen sagt nichts über die Vereinbarkeit einer bestimmten Maßnahme mit anderen Bestimmungen des Vertrags aus.

    5.2.   Änderung des Verzeichnisses der Staaten mit marktfähigen Risiken

    35.

    Im Hinblick auf die Prüfung, ob ein Mangel an ausreichender privatwirtschaftlicher Kapazität rechtfertigt, dass ein Staat nach Randnummer 19 Buchstabe a vorübergehend aus dem Verzeichnis der Staaten mit marktfähigen Risiken gestrichen wird, berücksichtigt die Kommission die nachstehend ihrer Reihenfolge nach aufgeführten Faktoren:

    a)

    Rückgang der privaten Kreditversicherungskapazität: insbesondere die Entscheidung eines großen Kreditversicherers, Risiken der Käufer im betreffenden Staat nicht zu versichern, ein erheblicher Rückgang der Gesamtheit der Deckungssummen oder ein erheblicher Rückgang der Abschlussquote für den betreffenden Staat innerhalb eines Sechsmonatszeitraums,

    b)

    Verschlechterung der Ratings des staatlichen Sektors: insbesondere plötzliche Änderungen der Ratings innerhalb eines Sechsmonatszeitraums, z. B. mehrere Herabstufungen durch unabhängige Ratingagenturen oder ein erheblicher Anstieg der CDS-Spreads,

    c)

    Verschlechterung der Leistungsbilanz des Unternehmenssektors: insbesondere ein beträchtlicher Anstieg der Insolvenzen im betreffenden Staat innerhalb eines Sechsmonatszeitraums.

    36.

    Wenn die Kapazität der Versicherungswirtschaft nicht mehr ausreicht, um alle wirtschaftlich gerechtfertigten Risiken abzusichern, kann die Kommission das im Anhang enthaltene Verzeichnis der Staaten mit marktfähigen Risiken auf schriftlichen Antrag von mindestens drei Mitgliedstaaten oder von Amts wegen ändern.

    37.

    Wenn die Kommission beabsichtigt, das Verzeichnis der Staaten mit marktfähigen Risiken zu ändern, muss sie die Mitgliedstaaten sowie private Kreditversicherer und Beteiligte konsultieren und von ihnen einschlägige Informationen einholen. Die Konsultation und die Art der verlangten Informationen werden auf der Kommissionswebsite bekannt gegeben. Die Konsultationsdauer wird in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitstage betragen. Wenn die Kommission auf der Grundlage der erlangten Informationen beschließt, das Verzeichnis der Staaten mit marktfähigen Risiken zu ändern, gibt sie diesen Beschluss auf ihrer Website bekannt.

    38.

    Die vorübergehende Streichung eines Staates aus dem Verzeichnis der Staaten mit marktfähigen Risiken gilt grundsätzlich für einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten. Während dieses Zeitraums unterzeichnete Versicherungspolicen laufen spätestens 180 Tage nach Ablauf der Gültigkeit der vorübergehenden Streichung aus. Nach diesem Datum dürfen keine neuen Versicherungspolicen unterzeichnet werden. Drei Monate vor Ablauf der Gültigkeit der vorübergehenden Streichung kann die Kommission beschließen, die Gültigkeit der Streichung zu verlängern. Wenn die Kommission feststellt, dass bei Berücksichtigung aller unter Randnummer 35 aufgeführten Faktoren die Marktkapazität nach wie vor unzureichend ist, um wirtschaftlich gerechtfertigte Risiken abzudecken, kann die Kommission nach Randnummer 37 die vorübergehende Streichung eines Staates aus dem Verzeichnis verlängern.

    5.3.   Anmeldepflicht für vorübergehend nicht marktfähige Risiken nach Randnummer 19 Buchstaben b und c

    39.

    Für die unter Randnummer 19 Buchstaben b und c genannten Risiken deuten die der Kommission aktuell vorliegenden Daten darauf hin, dass eine Marktlücke besteht und dass diese Risiken somit nicht marktfähig sind. Es sei darauf hingewiesen, dass nicht in jedem Mitgliedstaat ein unzureichender Versicherungsschutz vorliegt und sich die Situation mit der Zeit ändern kann, wenn der Privatsektor Interesse für das betreffende Marktsegment entwickelt. Staatliche Maßnahmen sollten nur für Risiken zulässig sein, die ansonsten nicht vom Markt versichert würden.

    40.

    Aus diesen Gründen muss ein Mitgliedstaat, der die Risiken unter Randnummer 19 Buchstaben b oder c dieser Mitteilung absichern will, bei der Kommission eine Anmeldung nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV vornehmen und darin aufzeigen, dass die größten Kreditversicherer und Makler in diesem Mitgliedstaat kontaktiert wurden (23) und ihnen die Gelegenheit gegeben wurde zu belegen, dass für die fraglichen Risiken in diesem Mitgliedstaat Versicherungsschutz besteht. Wenn die betroffenen Kreditversicherer und Makler weder dem Mitgliedstaat noch der Kommission innerhalb von 30 Tagen nach Eingang der Anfrage des Mitgliedstaats Angaben zu den Versicherungsbedingungen und Deckungssummen für die Art von Risiken vorlegen, die der Mitgliedstaat absichern will, oder wenn die übermittelten Angaben nicht belegen, dass für die fraglichen Risiken in diesem Mitgliedstaat Versicherungsschutz besteht, so stuft die Kommission die Risiken vorübergehend als nicht marktfähig ein.

    5.4.   Anmeldepflicht in anderen Fällen

    41.

    In Bezug auf die unter Randnummer 19 Buchstabe d genannten Risiken muss der betreffende Mitgliedstaat in seiner Anmeldung bei der Kommission nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV aufzeigen, dass Ausführer in dem betreffenden Mitgliedstaat aufgrund eines Angebotsschocks auf dem privaten Versicherungsmarkt, insbesondere aufgrund des Rückzugs großer Kreditversicherer aus dem betreffenden Mitgliedstaat, verringerter Kapazität oder einer im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten begrenzten Produktpalette, keinen Versicherungsschutz erhalten können.

    6.   Geltungsbeginn und Geltungsdauer

    42.

    Die Kommission wendet die in dieser Mitteilung niedergelegten Grundsätze ab dem 1. Januar 2022 an, wobei das Verzeichnis der Länder im Anhang erst ab dem 1. April 2022 gilt. Bis zum 31. März 2022 betrachtet die Kommission im Einklang mit der vorübergehenden Ausnahme nach Randnummer 33 des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 (24) und nach Randnummer 62 der Mitteilung C(2021) 8442 der Kommission über die 6. Änderung des Befristeten Rahmens alle wirtschaftlichen und politischen Risiken, die mit Ausfuhren in alle Länder verbunden sind, als vorübergehend nicht marktfähig. Die Kommission kann jederzeit beschließen, diese Mitteilung anzupassen, wenn dies aus wettbewerbspolitischen Gründen oder zur Berücksichtigung anderer Politikbereiche der Union oder internationaler Verpflichtungen erforderlich ist.

    (1)  ABl. C 281 vom 17.9.1997, S. 4.

    (2)  ABl. C 217 vom 2.8.2001, S. 2.

    (3)  ABl. C 307 vom 11.12.2004, S. 12.

    (4)  ABl. C 325 vom 22.12.2005, S. 22.

    (5)  ABl. C 329 vom 7.12.2010, S. 6.

    (6)  ABl. C 392 vom 19.12.2012, S. 1.

    (7)  Randnummer 18 Buchstabe a und Abschnitt 5.2 der Mitteilung von 2012 galten ab dem Tag der Annahme der Mitteilung von 2012.

    (8)  ABl. C 398 vom 22.12.2012, S. 6. ABl. C 372 vom 19.12.2013, S. 1. ABl. C 28 vom 28.1.2015, S. 1. ABl. C 215 vom 1.7.2015, S. 1. ABl. C 244 vom 5.7.2016, S. 1. ABl. C 206 vom 30.6.2017, S. 1. ABl. C 225 vom 28.6.2018, S. 1. ABl. C 457 vom 19.12.2018, S. 9. ABl. C 401 vom 27.11.2019, S. 3. ABl. C 101I vom 28.3.2020, S. 1. ABl. C 340I vom 13.10.2020, S. 1. ABl. C 34 vom 1.2.2021, S. 6.

    (9)  ABl. C 457 vom 19.12.2018, S. 9.

    (10)  ABl. C 224 vom 8.7.2020, S. 2.

    (11)  Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen — Fitness check of the 2012 State aid modernisation package, railways guidelines and short-term export credit insurance (Eignungsprüfung in Bezug auf das 2012 angenommene Paket zur Modernisierung des Beihilferechts, die Eisenbahnleitlinien und die Mitteilung über die kurzfristige Exportkreditversicherung) vom 30.10.2020 (SWD(2020) 257 final).

    (12)  Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1).

    (13)  Der Gerichtshof stellte in seinem Urteil in der Rechtssache C-142/87, Königreich Belgien/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, fest, dass nicht nur Beihilfen für Ausfuhren innerhalb der Union, sondern auch Beihilfen für Ausfuhren in Drittländer den Wettbewerb und Handel in der Union beeinflussen können. Beide Geschäftsarten werden von Exportkreditversicherern versichert, sodass Beihilfen in beiden Fällen Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel innerhalb der Union haben können.

    (14)  Richtlinie 91/674/EWG des Rates vom 19. Dezember 1991 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen (ABl. L 374 vom 31.12.1991, S. 7).

    (15)  Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36).

    (16)  Die für die einzelnen Risikokategorien angesetzten Spannen für die Safe-Harbour-Risikoprämien wurden auf der Grundlage von Credit Default Swap Spreads (CDS-Spreads) mit einjähriger Laufzeit festgelegt, die auf kombinierten Ratings der drei wichtigsten Ratingagenturen (Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch) für die Jahre 2007-2011 basieren, wobei von der Annahme ausgegangen wurde, dass die durchschnittliche Erlösquote für die kurzfristige Exportkreditversicherung 40 % beträgt. Anschließend wurden die Spannen so gestaltet, dass sie lückenlos ineinander übergehen, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich Risikoprämien im Laufe der Zeit verändern.

    (17)  Die dem Käufer zuzuordnende Risikokategorie richtet sich nach Bonitätseinstufungen. Die Einstufungen müssen nicht von speziellen Ratingagenturen eingeholt werden. Auch nationale Ratingsysteme oder Ratingsysteme von Banken können akzeptiert werden. Für Unternehmen ohne öffentliche Bonitätseinstufung kann eine Einstufung auf der Grundlage überprüfbarer Daten vorgenommen werden.

    (18)  Die Safe-Harbour-Prämie für einen Versicherungsvertrag mit einer Laufzeit von 30 Tagen kann ermittelt werden, indem die jährliche Risikoprämie durch 12 dividiert wird.

    (19)  Die Risikokategorie „Hervorragend“ umfasst Risiken, die den Ratings AAA, AA+, AA, AA-, A+, A und A- von Standard & Poor’s entsprechen.

    (20)  Die Risikokategorie „Gut“ umfasst Risiken, die den Ratings BBB+, BBB und BBB- von Standard & Poor’s entsprechen.

    (21)  Die Risikokategorie „Befriedigend“ umfasst Risiken, die den Ratings BB+, BB und BB- von Standard & Poor’s entsprechen.

    (22)  Die Risikokategorie „Schwach“ umfasst Risiken, die den Ratings B+, B und B- von Standard & Poor’s entsprechen.

    (23)  Die kontaktierten Kreditversicherer und Makler sollten in Bezug auf die angebotenen Versicherungsprodukte (z. B. Absicherung von Einzelforderungen) und den von ihnen abgedeckten Markt repräsentativ sein (z. B. gemeinsamer Marktanteil von mindestens 50 %).

    (24)  Mitteilung der Kommission „Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19“, C(2020) 1863 vom 19.3.2020 (ABl. C 91 I vom 20.3.2020, S. 1), geändert durch die Mitteilungen C(2020) 2215 (ABl. C 112 I vom 4.4.2020, S. 1), C(2020) 3156 (ABl. C 164 vom 13.5.2020, S. 3), C(2020) 4509 (ABl. C 218 vom 2.7.2020, S. 3), C(2020) 7127 (ABl. C 340 I vom 13.10.2020, S. 1), C(2021) 564 (ABl. C 34 vom 1.2.2021, S. 6) und C(2021) 8442 (ABl. C 473 vom 24.11.2021, S. 1). Weitere Informationen über die vorübergehende Ausnahme sind den Randnummern 24 bis 27 sowie 62 der Mitteilung C(2021) 8442 der Kommission über die 6. Änderung des Befristeten Rahmens zu entnehmen.


    ANHANG

    Verzeichnis der Staaten mit marktfähigen Risiken

    Belgien

    Zypern

    Slowakei

    Bulgarien

    Lettland

    Finnland

    Tschechien

    Litauen

    Schweden

    Dänemark

    Luxemburg

    Australien

    Deutschland

    Ungarn

    Kanada

    Estland

    Malta

    Island

    Irland

    Niederlande

    Japan

    Griechenland

    Österreich

    Neuseeland

    Spanien

    Polen

    Norwegen

    Frankreich

    Portugal

    Schweiz

    Kroatien

    Rumänien

    Vereinigtes Königreich

    Italien

    Slowenien

    Vereinigte Staaten von Amerika


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