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Document 62021CN0575

    Rechtssache C-575/21: Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Wien (Österreich) eingereicht am 20. September 2021 — WertInvest Hotelbetriebs GmbH

    ABl. C 2 vom 3.1.2022, p. 21–23 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    3.1.2022   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 2/21


    Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Wien (Österreich) eingereicht am 20. September 2021 — WertInvest Hotelbetriebs GmbH

    (Rechtssache C-575/21)

    (2022/C 2/27)

    Verfahrenssprache: Deutsch

    Vorlegendes Gericht

    Verwaltungsgericht Wien

    Parteien des Ausgangsverfahrens

    Antragstellerin: WertInvest Hotelbetriebs GmbH

    Baubehörde: Magistrat der Stadt Wien

    Vorlagefragen

    I.

    Steht die Richtlinie 2011/92/EU (1), in der durch die Richtlinie 2014/52/EU (2) geänderten Fassung einer nationalen Regelung entgegen, welche die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für „Städtebauvorhaben“ sowohl von der Erreichung von Schwellenwerten im Ausmaß einer Flächeninanspruchnahme von mindestens 15 ha sowie einer Bruttogeschoßfläche von mehr als 150 000 m2 als auch davon abhängig macht, dass es sich um ein Erschließungsvorhaben zur gesamthaften multifunktionalen Bebauung, jedenfalls mit Wohn- und Geschäftsbauten einschließlich der hierfür vorgesehenen Erschließungsstraßen und Versorgungseinrichtungen mit einem über das Gebiet des Vorhabens hinaus reichenden Einzugsbereich handelt? Spielt es dabei eine Rolle, dass im nationalen Recht besondere Tatbestände für

    Freizeit- oder Vergnügungsparks, Sportstadien oder Golfplätze (ab einer gewissen Flächeninanspruchnahme bzw. ab einer gewissen Anzahl von Stellplätzen),

    Industrie- oder Gewerbeparks (ab einer gewissen Flächeninanspruchnahme),

    Einkaufszentren (ab einer gewissen Flächeninanspruchnahme bzw. ab einer gewissen Anzahl von Stellplätzen),

    Beherbergungsbetriebe, wie Hotels oder Feriendörfer, samt Nebeneinrichtungen (ab einer gewissen Bettenanzahl bzw. ab einer gewissen Flächeninanspruchnahme, beschränkt auf den Bereich außerhalb geschlossener Siedlungsgebiete) und

    öffentlich zugängliche Parkplätze oder Parkgaragen (ab einer gewissen Anzahl von Stellplätzen)

    festgelegt sind?

    II.

    Verlangt die Richtlinie 2011/92 — insbesondere unter Beachtung der Anordnung in Anhang III Z 2 Buchst. c sublit. viii, wonach bei der Entscheidung, ob für die in Anhang II angeführten Projekte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden soll, auch „historisch, kulturell oder archäologisch bedeutende Landschaften und Stätten“ zu berücksichtigen sind –, für Gebiete von besonderer historischer, kultureller, stadtgestalterischer oder architektonischer Bedeutung, wie zum Beispiel UNESCO-Welterbestätten, niedrigere Schwellenwerte oder niederschwelligere Kriterien (als in der ersten Frage genannt) festzulegen?

    III.

    Steht die Richtlinie 2011/92 einer nationalen Regelung entgegen, welche bei Beurteilung eines „Städtebauvorhabens“ im Sinne der ersten Frage die Zusammenrechnung (Kumulierung) mit anderen gleichartigen und in einem räumlichen Zusammenhang stehenden Vorhaben darauf beschränkt, dass hierbei lediglich die Summe der Kapazitäten, die innerhalb der letzten fünf Jahre genehmigt wurden, einschließlich der beantragten Kapazität bzw. Kapazitätsausweitung heranzuziehen ist, wobei Städtebauvorhaben bzw. deren Teile nach ihrer Ausführung begrifflich nicht mehr als Städtebauvorhaben anzusehen sind und die im Einzelfall vorzunehmende Feststellung, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist, unterbleibt, wenn das geplante Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 Prozent des Schwellenwertes aufweist?

    IV.

    Bei Bejahung der Fragen I und / oder II: Darf sich die im Fall einer Überschreitung des mitgliedstaatlichen Wertungsspielraumes von den nationalen Stellen (in Einklang mit den — in diesem Fall unmittelbar anwendbaren — Bestimmungen in Art. 2 Abs. 1 sowie Art. 4 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2011/92) im Einzelfall vorzunehmende Prüfung, ob das Vorhaben möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt hat und deshalb einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, auf bestimmte Schutzaspekte, wie etwa den Schutzzweck eines bestimmten Gebietes, beschränken, oder sind in diesem Fall sämtliche in Anhang III der Richtlinie 2011/92 genannten Kriterien und Aspekte zu berücksichtigen?

    V.

    Erlaubt es die Richtlinie 2011/92, insbesondere unter Beachtung der Rechtsschutzvorgaben in Art. 11, dass die in Frage IV bezeichnete Prüfung erstmals durch das vorlegende Gericht (in einem Baubewilligungsverfahren und im Rahmen der Prüfung der eigenen Zuständigkeit) erfolgt, in dessen Verfahren die „Öffentlichkeit“ nach den Vorgaben des nationalen Rechts nur in einem äußerst eingeschränkten Rahmen Parteistellung genießt und gegen dessen Entscheidung den Mitgliedern der „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinn von Art. 1 Abs. 2 Buchst. d und e der Richtlinie 2011/92 nur ein äußerst eingeschränkter Rechtsschutz zur Verfügung steht? Spielt es für die Beantwortung dieser Frage eine Rolle, dass nach der nationalen Rechtslage — abseits der Möglichkeit einer amtswegigen Feststellung — nur der Projektwerber, eine mitwirkende Behörde oder der Umweltanwalt eine gesonderte Feststellung beantragen können, ob das Vorhaben der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt?

    VI.

    Erlaubt es die Richtlinie 2011/92 im Fall von „Städtebauprojekten“ gemäß Anhang II Z 10 Buchst. b dieser Richtlinie, vor oder neben der Durchführung einer notwendigen Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. vor Abschluss einer Einzelfallprüfung der Umweltauswirkungen, mit der die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung geklärt werden soll, Baubewilligungen für einzelne Baumaßnahmen zu erteilen, die einen Teil des Städtebauprojektes in seiner Gesamtheit bilden, wobei im Rahmen des Bauverfahrens keine umfassende Beurteilung der Umweltauswirkungen im Sinn der Richtlinie 2011/92 stattfindet und die Öffentlichkeit nur eine eingeschränkte Parteistellung genießt?


    (1)  Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012, L 26, S. 1).

    (2)  Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2014, L 124, S. 1).


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