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Document 52017XE2874

Entschließung über den „Beitrag des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Arbeitsprogramm der Kommission für 2018“

ABl. C 345 vom 13.10.2017, p. 1–10 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

13.10.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 345/1


Entschließung über den „Beitrag des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Arbeitsprogramm der Kommission für 2018“

(2017/C 345/01)

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss verabschiedete auf seiner Plenartagung am 5./6. Juli 2017 (Sitzung vom 5. Juli) mit 191 gegen 6 Stimmen bei 16 Enthaltungen folgende Entschließung:

1.   Schaffung eines positiven Narrativs für die EU

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) betont die Bedeutung des Jahres 2018: es ist das letzte vollständige Kalenderjahr der Mandatsperiode der gegenwärtigen Kommission — und des Europäischen Parlaments. Daher fordert der EWSA die Kommission auf, ein anspruchsvolles, gleichwohl pragmatisches Arbeitsprogramm zu entwickeln, damit sich die Herausforderungen für die Europäische Union, die am Scheideweg steht, angemessen bewältigen lassen. Angesichts der Unsicherheiten in puncto Brexit und internationaler Entwicklungen ist eine breite, partizipative und strukturierte Debatte über die Zukunft Europas heute notwendiger denn je. Wir müssen zu unseren Ursprüngen zurückkehren und uns das ursprüngliche Projekt sowie die Grundwerte und -ziele der Union, wie sie in den Verträgen verankert sind, vor Augen halten.

1.2.

Wir sollten auf den bislang erzielten positiven Ergebnissen aufbauen. Gleichwohl muss das Auftauchen nationalistischer, protektionistischer, autoritärer und populistischer Gesinnungen und Bewegungen als ein Alarmsignal für die Entscheidungsträger der EU-Organe und der Mitgliedstaaten gesehen werden: Es muss untersucht werden, wie öffentliches Vertrauen wiedergewonnen und eine erfolgreiche Zukunft für das europäische Projekt sichergestellt werden können.

1.3.

Der EWSA fordert deshalb die Kommission auf, sich für eine starke, solide und durch Zusammenhalt geprägte Union einzusetzen, die in der Lage ist, nachhaltiges Wachstum, hochwertige Arbeitsplätze, Wohlstand und Chancengleichheit für alle Menschen in Europa zu schaffen auf der Grundlage einer gemeinsamen Vision und einem positiven Narrativ, das auf öffentlicher Teilhabe und Partizipation basiert. Eine geeinte Union mit starkem Zusammenhalt auf der Grundlage engagierter Mitgliedstaaten ist dringend erforderlich, um auf die derzeitigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Herausforderungen, vor denen die EU steht, zu reagieren. Der innere Zusammenhalt ist auch eine Voraussetzung für die Rolle der EU als starker globaler Akteur in Bereichen wie internationaler Handel, Sicherheit, Energie, Klimapolitik und Förderung der Menschenrechte.

1.4.

Der EWSA anerkennt, dass das Jahr 2018 aufgrund der Brexit-Verhandlungen nicht einfach sein wird. Dennoch ist es wichtig, dass die Kommission bereits vereinbarte Maßnahmen — insbesondere Initiativen zum Binnenmarkt — weiterhin umsetzt. Gleichzeitig muss die langfristige Zukunft der EU vorbereitet werden. Der EWSA möchte an dieser Stelle auf seine Standpunkte zu dem Weißbuch über die Zukunft Europas verweisen. Der EWSA wird auch Stellungnahmen zu den damit verbundenen Reflexionspapieren vorlegen. Deshalb werden diese Themen in diesem Beitrag lediglich gestreift.

1.5.

Da Wirtschaft, Beschäftigung, Wohlergehen der Menschen und Umwelt eng miteinander verknüpfte Themen sind, fordert der EWSA die Kommission auf, in ihrem Arbeitsprogramm die nachhaltige Entwicklung als übergreifendes Konzept anzustreben. Der EWSA richtet daher seinen Beitrag wie folgt auf die drei Säulen der Nachhaltigkeit aus:

a)

Stärkung der wirtschaftlichen Grundlagen Europas;

b)

Ausbau ihrer sozialen Dimension und

c)

Erleichterung des Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft mit geringen CO2-Emissionen.

1.6.

Der EWSA betont, dass die drei Säulen universal und unteilbar sind und einander bedingen. Die EU sollte ambitioniert sein und Maßnahmen und Initiativen verfolgen und Lösungen anstreben, die in dreifacher Hinsicht — sowohl unter wirtschaftlichen als auch sozialen und ökologischen Aspekten — nützlich sind.

1.7.

Zu diesem Zweck legt der EWSA der Kommission nahe, ihre Maßnahmen mit einem integrierten Ansatz und einem kohärenten und konsequenten Konzept zu entwickeln, an der alle Dienststellen der Kommission beteiligt sind und bei dem die Abschottung zwischen Politikgestaltung und Gesetzgebung aufgebrochen wird. Der EWSA fordert die Kommission ebenso auf, im Einklang mit den Grundsätzen der besseren Rechtsetzung und zum praktischen Nutzen für alle Akteure die Qualität der EU-Gesetzgebung weiter zu verbessern und die Gesetze einfacher und klarer zu gestalten.

1.8.

Ferner wiederholt der EWSA seine Forderung nach der Konzipierung einer übergreifenden Strategie für die durchgängige Berücksichtigung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen in allen einschlägigen Politikbereichen der EU. Er fordert die Kommission auf, eine langfristige Vision und Strategie für Nachhaltigkeit vorzubereiten, die auf die kommende Stellungnahme des EWSA zum Thema „Übergang zu einer nachhaltigeren Zukunft Europas — Eine Strategie für 2050“ aufbaut.

1.9.

Der EWSA unterstreicht die entscheidende Bedeutung der strukturierten Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Konzipierung, Umsetzung und Überwachung von Maßnahmen, Programmen und anderen Initiativen der EU, um greifbare Ergebnisse zu erzielen, öffentliche Akzeptanz zu erlangen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Die Sozialpartner spielen eine besondere Rolle bei der Erarbeitung und Durchführung der Maßnahmen, die unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen auf die Beschäftigung und die Arbeitsmärkte haben.

1.10.

Während auf die Handlungsvorschläge in den Ziffern 2 bis 5 eingehender eingegangen wird, fasst der EWSA seine zentralen politischen Prioritäten für das Arbeitsprogramm der Kommission für 2018 folgendermaßen zusammen:

Der EWSA fordert die Kommission auf, die Umsetzung der Strategien und Programme für die Weiterentwicklung des Binnenmarkts fortzusetzen und dabei auch dessen wirtschaftliche und soziale Dimensionen im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung zu berücksichtigen. Er anerkennt, dass die WWU das Herzstück des Binnenmarktes ist, weist aber darauf hin, dass insbesondere im Bereich der Kapitalmärkte sowie für die Märkte in den Bereichen Digitales, Energie und Verkehr Maßnahmen erforderlich sind. Darüber hinaus fordert der EWSA eine aktive Handelspolitik unter Berücksichtigung der Notwendigkeit von Transparenz und einer engen Einbindung der Zivilgesellschaft.

Die Kommission sollte eine umfassende Strategie zur Förderung von Unternehmertum, Innovation und industrieller Entwicklung annehmen, die die Chancen und Herausforderungen globaler Megatrends wie z. B. rasche Fortschritte in der Digitalisierung und dem Internet der Dinge sowie der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft mit geringen CO2-Emissionen aufgreift.

Der EWSA ruft die Kommission auf, die soziale Dimension der EU auszubauen und die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze, die Verbesserung von Fähigkeiten und Kompetenzen, die Steigerung sozialer Investitionen, die Entwicklung der Sozialwirtschaft sowie die Vorbeugung von Armut, Ungleichheiten und Ausgrenzung unter besonderer Berücksichtigung der gesellschaftlichen Eingliederung junger Menschen zu fördern. Besondere Aufmerksamkeit sollte außerdem darauf gelegt werden, eine Antwort auf die tiefgreifenden Veränderungen aufgrund der Digitalisierung für die gesamte Gesellschaft zu finden.

Der EWSA fordert Maßnahmen zur effizienten Bündelung der öffentlichen Finanzmittel und zur Reaktion auf künftige, durch den Brexit verursachte Herausforderungen sowie die Notwendigkeit von nachhaltigem Wachstum, Innovation, Beschäftigung und Zusammenhalt. In Ergänzung zu öffentlichen Investitionen ist auch die Förderung privater Investitionen erforderlich, um dem erheblichen Investitionsbedarf nachzukommen.

Die Kommission sollte weiterhin Maßnahmen durchführen, um die Bürger in Europa gegen Sicherheitsbedrohungen zu schützen (u. a. wirksame Kontrolle der Außengrenzen). Sie sollte sich im Rahmen einer multilateralen Zusammenarbeit und einer aktiven Konfliktvermeidung auch verstärkt dafür einsetzen, dass die EU ein wirksamerer Akteur auf der Weltbühne wird. Der EWSA hält es darüber hinaus für notwendig, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Verteidigung auszubauen.

Der EWSA ruft die Kommission auf, eine Strategie zu entwickeln, die auf die Verwirklichung eines effizient und dauerhaft gestalteten, strukturierten zivilen Dialogs abzielt, und bietet dabei seine Unterstützung an.

2.   Stärkung der wirtschaftlichen Grundlagen Europas

2.1.    Das Europäische Semester und die WWU

2.1.1.

Die Koordinierungsrolle der Kommission im Europäischen Semester sollte ausgebaut werden, um die Einhaltung der Ziele und Empfehlungen der Strategie Europa 2020 durch die Mitgliedstaaten sowie die Umsetzung der für ein langfristig nachhaltiges Wirtschaftswachstum, für die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze und für den sozialen Fortschritt erforderlichen Strukturreformen zu gewährleisten. Die engere Einbindung der Sozialpartner und der anderen Vertretungsorganisationen der Zivilgesellschaft sowie mehr Eigenverantwortung bei der Konzipierung und Umsetzung von Reformprogrammen sind für den Erfolg dieses Verfahrens von zentraler Bedeutung. Dabei wird anerkannt, dass die Sozialpartner angesichts ihrer ausschließlichen Zuständigkeiten und Aufgaben eine besondere Rolle spielen.

2.1.2.

Der EWSA fordert sowohl von den Mitgliedstaaten mit Haushaltsdefiziten als auch von den Mitgliedstaaten mit Überschüssen eine symmetrische makroökonomische Anpassung im Euroraum. Dazu gehört auch ein aggregierter positiver fiskalischer Kurs für das Euro-Währungsgebiet als Ganzes.

2.1.3.

Die Wirtschafts- und Währungsunion ist ein Kernelement der europäischen Integration. Der EWSA verweist auf seine früheren Standpunkte und fordert Initiativen zur Vollendung der WWU einschließlich zur Entwicklung ihrer Steuerung, der demokratischen Kontrolle und dem makroökonomischen Dialog.

2.2.    Finanzmittel und Investitionen

2.2.1.

Mit dem nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) sollte die Kommission den Weg ebnen für die effiziente Bündelung der Ressourcen und um die künftigen Herausforderungen infolge des Brexit und der Bedürfnisse in puncto nachhaltiges Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation, Beschäftigung und sozialer Zusammenhalt mittels Konzipierung eines leistungs- und ergebnisorientierten Ansatzes bewältigen zu können. Der EWSA fordert die Kommission auf, die Laufzeit des nächsten MFR an den Politikzyklus der Kommission und des Parlaments anzupassen. Darüber hinaus legt er nahe, die Einführung neuer Arten von EU-Eigenmitteln vorzubereiten.

2.2.2.

Der EWSA begrüßt die zweite Phase des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) zur Ankurbelung von Investitionen durch verstärkte Mobilisierung von privatem Kapital zusammen mit öffentlichen Mitteln sowohl aus nationalen als auch regionalen Töpfen. Diesbezüglich sollte der EFSI zur Ergänzung der Bankenfinanzierungen auch auf andere Finanzierungsbereiche ausgedehnt werden.

2.2.3.

Der EWSA unterstreicht, dass europäische Mittel wirksam und effizient verwendet werden müssen. Investitionen in Innovation, Unternehmertum, Kompetenzentwicklung, aktive Arbeitsmarktpolitik, Digitales und Energie- und Verkehrssysteme müssen Priorität erhalten und es muss sichergestellt werden, dass die Mittel sachgerecht für Projekte mit hoher sozialer Wirkung zugewiesen werden.

2.2.4.

Der EWSA unterstreicht, dass die Kapitalmarktunion weiter umgesetzt werden muss, um den Zugang zu privater Finanzierung unter besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse von KMU zu verbessern. Es sollte auch eine stärkere Nutzung der Beteiligungs- und Kapitalmarktfinanzierung gefördert werden.

2.2.5.

Bezüglich der Vollendung der Bankenunion betont der EWSA, dass weitere Risikoteilung mit weiteren Vorschlägen zur Risikominderung einhergehen muss. Bei künftigen Reformen der Bankenregulierung sollte die Kommission den spezifischen Merkmalen und Möglichkeiten kleiner und nicht-komplexer Banken die gebührende Aufmerksamkeit schenken.

2.2.6.

Der EWSA fordert Schritte zur Eindämmung von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und aggressiver Steuerplanung. Die bestehenden Verzerrungen der Steuersysteme, die die Schuldenfinanzierung von Unternehmen begünstigen, müssen beseitigt werden. Was die MwSt. betrifft, wiederholt der EWSA seine Empfehlung, vom derzeitigen Übergangssystem abzurücken und zu einem definitiven, auf den EU-Binnenmarkt zugeschnittenen MwSt.-System zu gelangen.

2.3.    Digitales, Energie- und Verkehrssysteme

2.3.1.

Der EWSA unterstreicht die Bedeutung des digitalen Binnenmarkts für die gesamte Gesellschaft. Digitale Kompetenzen, ein günstiges Unternehmensumfeld und Verbrauchervertrauen sind die wichtigsten Voraussetzungen zur Ausschöpfung der Potenziale der Digitalisierung. Da Daten ein Produktionsfaktor und ein Rohstoff für die wirtschaftliche Wertschöpfung sind, sind Zugänglichkeit und der freie Fluss der Daten äußerst wichtig. Gleichzeitig müssen ein angemessener Schutz privater und kommerzieller Daten — unter besonderer Berücksichtigung der von einzelnen Unternehmen erzeugten Daten — gewährleistet sein. Der EWSA fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen zur Verbesserung der Kapazitäten und Zusammenarbeit im Cybersicherheitsbereich fortzusetzen. Darüber hinaus fordert der EWSA internationale Zusammenarbeit im digitalen Bereich, z. B. im Rahmen der OECD.

2.3.2.

Der Ausbau der digitalen Infrastruktur einschließlich von Breitband- und drahtloser Verbindungen, digitaler Energie- und Verkehrssysteme und „intelligenter“ Gebäude und Gemeinschaften muss fortgesetzt werden. Die Nutzung der Digitalisierung muss auch entsprechend in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales gefördert werden. Die umfassende Nutzung der Digitalisierung sollte auch zur Erleichterung von Verwaltungsverfahren gefördert werden. Die digitale Anbindung entlegener Gebiete und ein Mindestmaß an digitalem Zugang für alle, auch zur Förderung der Inklusion schutzbedürftiger Mitglieder der Gesellschaft, sollten besonderes Gewicht erhalten.

2.3.3.

Der EWSA ist seit jeher ein entschiedener Befürworter der Initiative der Energieunion. Er fordert die Kommission auf, die Umsetzung der Energieunion-Strategie fortzusetzen und eine angemessene Energie-Infrastruktur und reibungslos funktionierende Energiemärkte sicherzustellen, die die Verfügbarkeit sicherer, erschwinglicher und klimafreundlicher Energie für die allgemeine Öffentlichkeit und die Unternehmen gewährleisten. Der EWSA unterstreicht die Bedeutung des Dialogs auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene unter vollständiger Einbeziehung der Zivilgesellschaft. Er wird regelmäßig zum Stand der Energieunion und diesbezüglichen Initiativen Stellung nehmen.

2.3.4.

Verkehr ist eng verknüpft mit der Energieunion. Da der Verkehrssektor eine der grundlegenden Voraussetzungen für Aktivitäten der gesamten Gesellschaft ist, sollte er im Arbeitsprogramm der Kommission einen hohen Stellenwert haben. Der Hauptzweck der Maßnahmen sollte darin bestehen, den Menschen und den Unternehmen ein zugängliches, reibungsloses, sicheres, erschwingliches und klimafreundliches Mobilitäts- und Verkehrsangebot zu bieten. Dies macht erhebliche öffentliche und private Investitionen in Verkehrssysteme und den Ausbau des ÖPNV erforderlich. Die Energie- und Klimaaspekte des Verkehrs und die Einführung neuer Technologien sollten nicht abgekoppelt von Aspekten des Verkehrsmarkts betrachtet werden.

2.3.5.

Unter Berücksichtigung der übergreifenden Bedeutung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) fordert der EWSA die Kommission auf, die Regeln für die Ausgleichszahlungen für die Erbringung von DAWI und ihre Anwendung zu verbessern und Leitlinien sowie ein Kompendium bewährter Verfahren zu erarbeiten.

2.3.6.

Der EWSA anerkennt die Bedeutung von Städten und von ländlichen Räumen für die Entwicklung und den Zusammenhalt in wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Hinsicht. Mit Verweis auf die Rolle der Städte sollte die EU weiterhin an einer gut definierten und angemessen umgesetzten Städteagenda arbeiten. Das erhebliche Potenzial ländlicher Gebiete, Berggebiete und Inselgebieten sollte beim neuen Ansatz der Kommission für die integrierte territoriale Entwicklung zur Geltung gebracht werden.

2.4.    Entwicklung von Produktion und Dienstleistungen

2.4.1.

Der EWSA fordert die Kommission auf, in Bezug auf die industrielle Entwicklung einen umfassenden Ansatz zu verfolgen und eine entsprechende Strategie anzunehmen. Besondere Aufmerksamkeit sollte den Chancen und Herausforderungen geschenkt werden, die sich aus den globalen Megatrends ergeben, so z. B. die raschen Fortschritte bei der Digitalisierung und dem Internet der Dinge, Verzahnung der Fertigungs- und Dienstleistungsbranchen sowie Übergang zu einer emissionsarmen Kreislaufwirtschaft.

2.4.2.

Das Wachstumspotenzial des Dienstleistungssektors, einschl. des Einzelhandels, muss ebenfalls erschlossen werden, wobei die Rechte von Verbrauchern und Arbeitnehmern gewahrt werden müssen und die auf dem Binnenmarkt nach wie vor bestehenden Hindernisse nicht außer Acht gelassen werden dürfen.

2.4.3.

Die Innovationspolitik, einschl. der sozialen Innovation, ist für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Neubelebung sowie für die Generierung des gesellschaftlichen Nutzens von entscheidender Bedeutung. Der EWSA spricht sich für die Förderung supranationaler Netze und übergreifender Netze zwischen Hochschulen, Unternehmen und Organisationen der Zivilgesellschaft im Rahmen von Horizont 2020 aus. Er empfiehlt auch die Vereinfachung der Verwaltungsvorschriften in den Bereichen Finanzierung und staatliche Beihilfen.

2.4.4.

Erforderlich ist eine EU-weite Strategie „Industrie 4.0 und Gesellschaft 4.0“, in deren Mittelpunkt Technologien und Plattformen, Normen und Referenzstrukturen sowie Netze regionaler Innovations- und Kompetenzcluster auf allen Ebenen stehen.

2.4.5.

In Bezug auf die globalen Megatrends infolge der Herausforderungen in den einzelnen Branchen (Automobil-, Stahl-, Kohleindustrie u. a.) spricht sich der EWSA für eine ordnungsgemäße Steuerung des Strukturwandels durch faire und angemessene Übergangsrahmen und einen Dialog über sektorspezifische Themen mit den Sozialpartnern aus. Andererseits müssen die neuen Chancen in Bereichen wie Raumfahrt und Verteidigungsindustrie genutzt und ausgeschöpft werden, wobei gleichzeitig günstige Bedingungen für die Entwicklung der Industriebranchen im Allgemeinen mit guten Arbeitsbedingungen sicherzustellen sind.

2.4.6.

Besondere Anstrengungen sollten für die Verbesserung der Finanzierung, Innovation und Internationalisierung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) unternommen werden. Der Small Business Act für Europa muss vollständig umgesetzt werden. KMU-fördernde Maßnahmen sollten auf die verschiedenen Bedürfnisse der unterschiedlichen Arten von Unternehmen (Familienunternehmen, traditionelle Klein- und Kleinstunternehmen, Start-up, Scale-up und sozialwirtschaftliche Unternehmen) zugeschnitten werden. Der EWSA ruft die Kommission überdies dazu auf, eine Konsultation über die Definition von KMU auf den Weg zu bringen.

2.4.7.

Nach Auffassung des EWSA ist es wichtig, sich in Bezug auf die neuen Trends in den Bereichen Produktion und Verbrauch (kollaborative Wirtschaft, Kreislaufwirtschaft, Sharing Economy, funktionale Wirtschaft sowie Entwicklungsmöglichkeiten wie die Sozialwirtschaft) einen umfassenden Überblick zu verschaffen. Erforderlich sind Maßnahmen, die die Einführung dieser neuen und vielfältigen Modelle erleichtern. Gleichzeitig ist aber dafür Sorge zu tragen, dass gleiche Ausgangsbedingungen sichergestellt sind und die einschlägigen und angemessenen Vorschriften eingehalten werden, um den Schutz der Öffentlichkeit und der Verbraucher sowie die Arbeitnehmerrechte zu gewährleisten.

2.4.8.

Unter Berücksichtigung der spezifischen Rolle der Sozialwirtschaft bekräftigt der EWSA seine Forderung nach einem umfassenden Aktionsplan für die Sozialwirtschaft im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates vom Dezember 2015 zur „Förderung der Sozialwirtschaft als treibende Kraft der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in Europa“.

2.4.9.

Die Multifunktionalität, die Vielfalt landwirtschaftlicher Modelle und die Nachhaltigkeit sollten weiterhin im Mittelpunkt stehen, wenn die Bedürfnisse im Zusammenhang mit der Finanzierung, Modernisierung und Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) als Teil des nächsten Mehrjährigen Finanzrahmens behandelt werden. Größere Anstrengungen sind auch im Bereich der Forschung und Digitalisierung im Agrarsektor erforderlich.

2.4.10.

Der EWSA ruft die Kommission auf, eine stärker integrierte Agrar- und Lebensmittelpolitik anzustreben und dabei auch die Notwendigkeit des Übergangs zur Kreislaufwirtschaft und einer drastischen Reduzierung der Lebensmittelverschwendung zu berücksichtigen. Die Kommission sollte auch EU-Rechtsvorschriften erlassen, um unlautere Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette zu unterbinden.

2.4.11.

Um die richtige Entwicklung und Neubelebung der Industrie und der Landwirtschaft zu ermöglichen, muss der politische und regulatorische Rahmen zum Wohl der Bürger ein stabiles und berechenbares Umfeld für Investitionen und wirtschaftliche Aktivitäten gewährleisten und den Grundsätzen der besseren Rechtsetzung entsprechen.

2.5.    Internationaler Handel

2.5.1.

Der EWSA spricht sich für aktive und faire Handelsverhandlungen mit Partnern wie Japan, Mercosur und ASEAN sowie für eine reibungslose Umsetzung der bereits geschlossenen Vereinbarungen aus, wobei die in früheren EWSA-Stellungnahmen angesprochenen Aspekte zu berücksichtigen sind. Der EWSA ist der Auffassung, dass es bei der Umsetzung der Kommissionsmitteilung „Handel für alle“ wichtig ist, die Verhandlungen auf eine ausgewogene und transparente Art und Weise abzuschließen, Vorteile für Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger zu erzielen und gleichzeitig die Standards in den Bereichen Umwelt, Soziales, Arbeitsmarkt und Verbraucherschutz sowie sonstige Normen aufrechtzuerhalten und die öffentlichen Dienstleistungen zu schützen. Im Allgemeinen unterstreicht der EWSA die Bedeutung der Transparenz und der Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Aushandlung, Umsetzung und Überwachung der Handelsvereinbarungen von Anfang an.

2.5.2.

Der EWSA begrüßt die Verbesserungen, die mit der Einführung des neuen, das ISDS ersetzenden Systems im Bereich der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten erzielt wurden, ruft die Kommission jedoch gleichzeitig auf, weitere Schritte zu unternehmen, damit die Investitionsgerichtsbarkeit als unabhängiges internationales Rechtsorgan tätig werden kann.

2.5.3.

Die Teilnahme an bilateralen Handelsverhandlungen sollte die Verpflichtung der EU gegenüber der WTO und ihr Engagement für ein starkes multilaterales globales Abkommen nicht beeinträchtigen. Der EWSA zählt auf eine aktive Weiterverfolgung der WTO-Ministerkonferenz 2017 in Bereichen wie Landwirtschaft und elektronischer Handel. Darüber hinaus ist es dringend erforderlich, die Chancen und Risiken aus Sicht der Zivilgesellschaft zu bewerten, um die weiteren Schritte bei den laufenden multilateralen Verhandlungen über das Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (TiSA) und das Abkommen über den Handel mit Umweltschutzgütern (EGA) festzulegen. Der EWSA fordert ferner eine rasche Annahme und Umsetzung der Reformen im Rahmen der EU-Handelsschutzmaßnahmen.

2.5.4.

Es ist wichtig, die Kohärenz zwischen der Handelspolitik und den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, dem Pariser Abkommen über den Klimawandel und der EU-Entwicklungspolitik zu gewährleisten. Zu diesem Zweck sollten ehrgeizige und nachhaltige Kapitel zum Thema Entwicklung sowie solide Überwachungsmechanismen durch die Zivilgesellschaft angestrebt und in die Handelsvereinbarungen aufgenommen werden.

2.5.5.

Der EWSA spricht sich zudem dafür aus, dass die Zivilgesellschaft alle Aspekte der Vereinbarungen überwacht, auch jene, für die kein spezifisches gemeinsames Gremium unter Beteiligung der Zivilgesellschaft vorgesehen ist. Das Expertenwissen des EWSA ist für diese Arbeit von einzigartigem Wert.

2.5.6.

Er spricht sich auch für Debatten mit der Zivilgesellschaft über die Folgenabschätzung und die praktische Umsetzung des vorgeschlagenen multilateralen Investitionsgerichtshofs aus.

3.   Förderung der sozialen Dimension Europas

3.1.    Europäische Säule sozialer Rechte

3.1.1.

Der EWSA nimmt den Vorschlag der Kommission für eine Proklamation zur europäischen Säule sozialer Rechte und die dazugehörigen legislativen und nichtlegislativen Initiativen zur Kenntnis. Der EWSA arbeitet an diesem Paket und wird seine Stellungnahmen zu gegebener Zeit vorlegen.

3.1.2.

An dieser Stelle verweist der EWSA auf seine frühere Stellungnahme zur europäischen Säule sozialer Rechte (1), in der er seine allgemeinen Ziele in Bezug auf die Entwicklung der Säule durch eine Kombination rechtlicher und außerrechtlicher Instrumente zu den Themen Zukunft der Arbeit, faire Arbeitsbedingungen, Beschäftigung, Durchsetzung des bestehenden sozialen Besitzstandes der EU und Sozialinvestitionen erläutert. Er erklärt darin, dass die Säule für alle Mitgliedstaaten gelten sollte und räumt ein, dass der Euro-Raum möglicherweise besonderer Instrumente/Mechanismen bedürfen könnte. Er ist der Ansicht, dass das Europäische Semester und die nationalen Reformprogramme zu den wichtigsten Instrumenten zur Umsetzung und Überwachung der Säule werden sollten, und fordert konkrete Benchmarks im Europäischen Semester.

3.1.3.

Die Rahmenbedingungen auf den Arbeitsmärkten müssen neue und vielfältigere berufliche Laufbahnen begünstigen. Im Arbeitsleben werden unterschiedliche Formen der Rekrutierung von Arbeitskräften und unterschiedliche Formen von Arbeit benötigt. Dies erfordert geeignete rechtliche Beschäftigungsschutzbestimmungen, um einen Rahmen für faire Arbeitsbedingungen zu bieten und um Einstellungen im Rahmen aller Arten von Arbeitsverträgen zu fördern.

3.1.4.

Um auf die sich wandelnde Nachfrage nach Qualifikationen und Kompetenzen entsprechend reagieren zu können, müssen nach Auffassung des EWSA das praxisorientierte Ausbildungssystem, die berufliche Aus- und Weiterbildung, das lebenslange Lernen und die Weiter- und Neuqualifizierung verbessert werden. Es sollten Möglichkeiten für bessere reibungslose Übergänge zwischen Arbeitsstellen sowie von der Arbeitslosigkeit und Ausbildung in die Arbeitswelt entwickelt werden, um einen inklusiven Arbeitsmarkt zu schaffen.

3.1.5.

Der EWSA weiß um die Tatsache, dass die Zukunft der EU vom Vertrauen der jüngeren Generationen in das EU-Projekt abhängt und betont, dass die Kommission verstärkt darauf hinwirken sollen, die Ursachen der Jugendarbeitslosigkeit und Ausgrenzung wirksam zu bekämpfen.

3.1.6.

Mit Blick auf die Stärkung des integrativen Wachstums und des sozialen Zusammenhalts fordert der EWSA Maßnahmen, um dem Bedarf an Sozialinvestitionen, d. h. Investitionen in Menschen und in soziale Infrastrukturen und Dienstleistungen, gerecht zu werden. Weitere Überlegungen sind der Frage zu widmen, wie sich der Juncker-Plan 2 und die Ziele des Sozialinvestitionspakets miteinander verknüpfen lassen (u. a. mithilfe des EFSI). Darüber hinaus hat der EWSA einen europäischen Pakt für Sozialinvestitionen zur Förderung sozialer Reformen und sozialer Investitionen und zur Erreichung einer erneuerten wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Konvergenz angeregt. Auch im Jahreswachstumsbericht sollten Sozialinvestitionen hervorgehoben werden.

3.1.7.

Der Europäische Sozialfonds sollte weiterhin ein wichtiger Bestandteil des ESI-Fonds bleiben, wobei besonderes Augenmerk auf die Förderung der beruflichen Bildung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt von benachteiligten Gesellschaftsgruppen gelegt werden sollte (z. B. junge Menschen, Migranten und Flüchtlinge, Menschen mit Behinderungen). Die Konsolidierung und Umstrukturierung der neuen Erasmus-Prozesse muss systematischer und integrativer erfolgen. Der EWSA bekräftigt auch seine Forderung nach Möglichkeiten für alle jungen Menschen, von europäischen Austauschprogrammen zu profitieren.

3.1.8.

Der EWSA ist sich zwar durchaus bewusst, dass die Armutslinderung in erster Linie Zuständigkeit der Mitgliedstaaten ist, verweist jedoch darauf, dass die Armutsbekämpfung im Rahmen des Prozesses des Europäischen Semesters systematisch angegangen werden sollte. Die wissenschaftliche Forschung zu Referenzbudgets, die zu einem menschenwürdigen Leben beitragen sollen, sollte weiterhin unterstützt werden. Außerdem sind vergleichbare und gemeinsame Indikatoren z. B. in Bezug auf Armut und Ungleichheit sowie verbindliche Bewertungen der sozialen Auswirkungen aller im Rahmen der Nationalen Reformprogramme und der länderspezifischen Empfehlungen vorgeschlagenen Reformpläne erforderlich. Der EWSA hat sich auch dafür ausgesprochen, einen integrierten europäischen Fonds zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung in Anlehnung an die bisherigen Erfahrungen bei der Umsetzung des FEAD und des ESF zu schaffen. Darüber hinaus sollte die Strategie Europa 2020 mit der Umsetzung der Agenda 2030 verknüpft werden.

3.2.    Die Rechte der Bürger und Verbraucher

3.2.1.

Der EWSA fordert die Kommission auf, die Einhaltung der Grundwerte und Prinzipien der EU in allen Mitgliedstaaten genau zu überwachen und die Verfahren zum Schutz und zur Achtung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Grundrechte, der Menschenrechte und des Zugangs zur Justiz zu verbessern.

3.2.2.

Die Verbraucherpolitik liegt im Interesse der Öffentlichkeit und kann daher das Engagement der Menschen für den Integrationsprozess der EU beeinflussen. Der EWSA ruft die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Verbraucherrechte im Rahmen des REFIT-Programms, in der digitalen Welt und in Bezug auf die Sicherheit von Produkten und Dienstleistungen durchgesetzt und gewahrt werden. Die Kommission sollte ihre Maßnahmen zur Beseitigung der Energie- und Konsumarmut und zur Verbesserung des Zugangs zu Lebensmitteln und Dienstleistungen für alle Europäer verstärken. Sie sollte auch die Rechte der Verbraucher auf Information, Bildung und Teilhabe sowie das Recht der Bürger auf Selbstorganisation fördern, damit ihre Interessen bei der Ausarbeitung der Vorschriften, die sie unmittelbar betreffen, vertreten werden.

3.2.3.

Die Kommission muss die Überprüfung der wichtigsten rechtlichen und nicht rechtlichen Instrumente der europäischen Verbraucherpolitik als bereichsübergreifende und horizontale Politik für die Bürger abschließen und einen neuen Verbraucherschutz-Aktionsplan für die nächsten zehn Jahre vorlegen.

3.2.4.

Der EWSA ruft die Kommission auf, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um Diskriminierung aufgrund des Geschlechts auf dem Arbeitsmarkt, im Bildungswesen und bei der politischen Entscheidungsfindung sowie geschlechtsbezogene Gewalt zu bekämpfen. Der EWSA fordert die Kommission darüber hinaus auf, eine Agenda zum Schutz von Minderheiten und schutzbedürftigen Gruppen aufzustellen und so die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte zu fördern und der Diskriminierung entgegenzutreten. Die Kommission sollte ihre Bemühungen verstärken, um die Blockade der Richtlinie über die Anwendung der Grundsätze der Gleichbehandlung aufzuheben. Sie sollte sich darüber hinaus der Lebensbedingungen von Kindern, Frauen und älteren Menschen in prekären Situationen annehmen und Lösungen für neue Formen der Schutzbedürftigkeit finden.

3.2.5.

Die Kommission sollte die Europäische Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen im Einklang mit den Empfehlungen des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen ausbauen und das VN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in ihren außenpolitischen Maßnahmen und Programmen umsetzen. Dazu gehört auch die Einführung eines in allen Mitgliedstaaten anerkannten EU-Behindertenausweises. Auch sollten die Vorbereitungen für eine Europäische Agenda für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (2020-2030) aufgenommen und das Jahr 2021 zum Europäischen Jahr der Rechte von Menschen mit Behinderungen erklärt werden.

3.2.6.

Zugänglichkeit für alle sollte in allen Initiativen des digitalen Binnenmarktes verankert werden. Zu diesem Zweck sollte die Kommission ihre Bemühungen um den Abschluss ihrer Gespräche mit den anderen Organen über den Europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit verstärken. Darüber hinaus sollten die Rechte der Passagiere unter besonderer Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen und eingeschränkter Mobilität gestärkt werden.

3.2.7.

Der EWSA ruft die Kommission außerdem auf, Maßnahmen in Bildungseinrichtungen auf allen Ebenen zu unterstützen, die dazu beitragen, dass Schüler und Studierende zwischen gefälschten Nachrichten (fake news) und wissenschaftlich belegten Tatsachen unterscheiden können.

3.3.    Migration

3.3.1.

Der EWSA betont, dass Flüchtlinge und Asylbewerber unterstützt und integriert werden müssen. Er spricht sich dafür aus, das gemeinsame europäische Asylsystem wirksam zu reformieren und dabei die Menschenrechte zu achten und so ein echtes gemeinsames System für alle Mitgliedstaaten zu schaffen. Darüber hinaus empfiehlt er, Fortschritte im Bereich der Neuansiedlung und der humanitären Visa für Flüchtlinge zu machen, um dem tatsächlichen Bedarf gerecht zu werden. Er fordert die Kommission auf, die Umsetzung des Abkommens über die Verteilung der Flüchtlinge unter den Mitgliedstaaten zu überwachen.

3.3.2.

Ferner fordert er, die Partnerschaftsabkommen mit den Drittländern, die Durchreise- und Herkunftsländer der Migranten sind, zu überprüfen, damit die Menschenrechte und das Völkerrecht geachtet werden, sowie Finanzierungsinstrumente auf den Weg zu bringen, um die eigentlichen Ursachen der Migration zu bekämpfen.

3.3.3.

Der EWSA würdigt das Bemühen der Kommission, durch eine Überprüfung der bestehenden Richtlinien die legalen Möglichkeiten für eine Einwanderung zu erhöhen, fordert jedoch eine längerfristige Steuerung der Arbeitsmigration, eine Planung für die aktuellen legalen Migrationswege sowie den Austausch von Informationen über Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Der EWSA unterstreicht vor dem Hintergrund der demografischen Struktur Europas, dass die Integration von Flüchtlingen und Migranten in den Arbeitsmarkt nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance zu sehen ist. Investitionen in die Ausbildung und in adäquate Fördersysteme werden ausschlaggebend für eine leichtere Integration in den Arbeitsmarkt sein und den Migranten mit ihren Kompetenzen, ihrem Unternehmergeist und ihrer Dynamik helfen, ihr Potenzial auszuschöpfen, und somit dazu beitragen, dass der Wert der Vielfalt und der verschiedenen Kulturen in unserer Gesellschaft allgemein anerkannt wird.

3.3.4.

Der EWSA ist der Ansicht, dass das Jahr 2018 als das Europäische Jahr des Kulturerbes eine einzigartige Chance bietet, alle Akteure zu mobilisieren, um Populismus und Nationalismus entgegenzutreten und ein positives Bild von der Zukunft Europas zu vermitteln. In diesem Zusammenhang sollte auch das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass im Hinblick auf die Flüchtlinge und Migranten ein interkulturelles Verständnis erforderlich ist.

3.4.    Innere Sicherheit und Außenpolitik

3.4.1.

Der EWSA fordert die Kommission auf, auch weiterhin eine wirksame Kontrolle der Außengrenzen und weitere Maßnahmen durchzuführen, um die Bürger in Europa gegen Bedrohungen wie Terrorismus, organisierte Kriminalität und Cyberkriminalität zu schützen.

3.4.2.

Darüber hinaus hält er es für notwendig, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Verteidigung auszubauen. Zu diesem Zweck befürwortet der EWSA die Schaffung einer Europäischen Verteidigungsunion und begrüßt den Europäischen Verteidigungs-Aktionsplan.

3.4.3.

In Anbetracht der durch die Unvorhersehbarkeit der Politik der USA und die Gefahr eines verstärkten Protektionismus und Unilateralismus hervorgerufenen Herausforderungen ruft der EWSA die EU dazu auf, ihre Bemühungen im Sinne ihrer Globalen Strategie fortzuführen, den Multilateralismus im Rahmen der Vereinten Nationen zu unterstützen und aktiv an der Vorbeugung von Konflikten und der Lösung internationaler Krisen mitzuwirken. Der EWSA hält darüber hinaus eine engere Koordinierung der Ziele, Maßnahmen und Ressourcen unter den Mitgliedstaaten für erforderlich, damit die EU auf der Weltbühne eine größere Wirksamkeit entfalten kann.

3.4.4.

Die Umsetzung der Agenda 2030 sollte die Grundlage für die Entwicklungszusammenarbeit der EU bilden. Um Führungsstärke zu zeigen, sollte die EU auf dem Hochrangigen Politischen Forum der Vereinten Nationen aus eigener Initiative einen Bericht über ihre internen und externen Tätigkeiten bezüglich der Nachhaltigkeitsziele vorlegen.

3.4.5.

Der EWSA befürwortet die Schaffung einer Plattform für den Dialog mit den Sozialpartnern im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik, um den Arbeitsmarkt besser beurteilen zu können, und ruft die EU-Mitgliedstaaten dazu auf, einen gemeinsamen europäischen Ansatz für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit zwischen der EU und ihren südlichen Nachbarländern zu erarbeiten. Durch die Nachbarschaftspolitik muss klar werden, dass Instabilität und Armut sowie Ungleichheit und fehlende Chancen ursächlich miteinander zusammenhängen und dazu führen, dass die Anfälligkeit für eine Radikalisierung steigt und der Demokratisierungsprozess behindert wird.

3.4.6.

Der EWSA unterstreicht die Bedeutung der externen Wirtschaftsbeziehungen und der internationalen Diplomatie für die Wahrung und Erhöhung von Stabilität und Sicherheit. Er fordert darüber hinaus die EU auf, die Rolle, die die Kultur in internationalen Beziehungen spielen kann, umfassend zu nutzen.

4.   Erleichterung des Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft mit geringen CO2-Emissionen

4.1.

Der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft sollte auf integrierte und kohärente Weise durchgeführt werden, wobei die Möglichkeiten genutzt werden sollten, wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte miteinander in Einklang zu bringen. Der EWSA fordert die Kommission auf, marktorientierte Tätigkeiten zu erleichtern, d. h. Innovation und Vorreiterinitiativen zu fördern (auch in entlegenen Gebieten und städtischen Gebieten), ihre Ausweitung zu intensivieren und einen günstigen Regelungsrahmen zu schaffen. Darüber hinaus verweist er auf die Verbindungen zwischen der Kreislaufwirtschaft und anderen „neuen Wirtschaftsmodellen“.

4.2.

Gebührende Aufmerksamkeit sollte auch der Durchführung der „traditionellen“ Umweltpolitik und Umweltgesetzgebung geschenkt werden, die die Abfallbewirtschaftung und den Schutz von Luft, Wasser, Boden und Artenvielfalt beinhaltet. Der EWSA fordert die Kommission auf, diese Arbeit als Teil der Überprüfung der Umsetzung der EU-Umweltpolitik fortzuführen.

4.3.

Die Klimaziele für 2030 sollten so kosteneffizient wie möglich verwirklicht werden. Zu diesem Zweck fordert der EWSA die Kommission auf, eine umfassende Bewertung der gegenwärtigen politischen Instrumente zur Förderung von Niedrigemission durchzuführen und sicherzustellen, dass die Instrumente geeignet sind und so effizient wie möglich genutzt werden.

4.4.

Die Kommission sollte Klimafragen auch unter dem Aspekt der Klimagerechtigkeit betrachten, das heißt unter dem Gesichtspunkt von Gleichheit, Menschenrechten, Armut und weiteren Faktoren.

4.5.

Klimadiplomatie ist weiterhin eine wichtige Aufgabe der EU bei der Bekämpfung des Klimawandels. Es ist notwendig, die größten Verursacher von Treibhausgasemissionen dazu zu bewegen, sich auf Ziele zu verpflichten, die mindestens so ehrgeizig sein sollten wie diejenigen der EU. Der EWSA fordert die Kommission darüber hinaus auf, sich für einen globalen Kohlenstoffpreis einzusetzen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen gegenüber den Konkurrenten außerhalb der EU zu schaffen.

4.6.

Der EWSA fordert die Kommission auf, eine Strategie zur Vergrößerung ihres klimapolitischen und ökologischen „Handabdrucks“, also ihrer positiven globalen Auswirkungen, zu erarbeiten. Dies erfordert ein innovations- und investitionsfreundliches Umfeld sowie günstige Handelsbedingungen für die Ausfuhr von Klimalösungen und emissionsarmen Produkten. Auf diese Weise kann die EU einen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Bewältigung der ökologischen Herausforderungen leisten und eine weitaus größere Wirkung entfalten, als wenn sie lediglich innerhalb ihrer eigenen Grenzen handeln würde.

5.   Stärkung, Einbindung und Konsultation der Zivilgesellschaft

5.1.

Der EWSA unterstreicht die grundlegende Rolle der Organisationen der Zivilgesellschaft bei der Konzipierung, Umsetzung und Überwachung von Maßnahmen in allen Phasen und auf allen Ebenen (auch der lokalen Ebene). Dies erfordert einen Kulturwandel und die Anerkennung des Wertes der Zivilgesellschaft auf europäischer und nationaler Ebene, der bereits in Artikel 11 EUV festgeschrieben wurde. Darin ist verankert, dass die Organe der EU den horizontalen und vertikalen zivilen Dialog fördern und erleichtern, umfangreiche Anhörungen durchführen und die Grundlage für die Europäische Bürgerinitiative schaffen. Dies sind ergänzende Verfahren — unbeschadet der Anhörung des EWSA und des sozialen Dialogs.

5.2.

Der EWSA verfolgt aufmerksam und unter aktiver Teilnahme die strukturierten Dialog- bzw. Konsultationsforen (z. B. Plattform der Interessenträger für die Kreislaufwirtschaft, Europäisches Migrationsforum), in denen zivilgesellschaftliche Organisationen und weitere Akteure aus den EU-Institutionen und den Mitgliedstaaten vertreten sind und einbezogen werden, und ersucht um Unterstützung für seine Bemühungen um die Schaffung einer Plattform für den Wandel (Gleichstellung der Geschlechter im Verkehrssektor) und eines institutionellen Forums für die Bürgerbeteiligung (im Rahmen der Bürgerinitiative). Bei der Schaffung solcher Plattformen, wie z. B. der REFIT-Plattform, sollte die Kommission die Vertretung des EWSA im Einklang mit dem ihm durch die Verträge verliehenen Mandat ins Auge fassen und dabei sicherstellen, dass die Zusammensetzung des EWSA in Form seiner drei Gruppen berücksichtigt wird.

5.3.

Als Ergänzung zu den oben genannten Initiativen richtete die Kommission unlängst ein spezielles Internet-Portal mit dem Titel „Beitrag zur Rechtsetzung“ ein, um die Standpunkte der Öffentlichkeit — sowohl von Organisationen als auch von Einzelpersonen — einzuholen. Der EWSA empfiehlt der Kommission, zwischen den Beiträgen zivilgesellschaftlicher Organisationen und denen von Einzelpersonen zu unterscheiden. Zu diesem Zweck sollte die Kommission in Zusammenarbeit mit dem EWSA eine Kartierung der Interessenträger durchführen, um unter Rückgriff auf das EU-Transparenzregister repräsentative und geographisch ausgewogene Zielgruppen zu ermitteln. Darüber hinaus sollte die Kommission dafür Sorge tragen, dass eine quantitative und qualitative Gewichtung der Antworten vorgenommen wird. Die Kommission sollte unablässig daran arbeiten, die Transparenz zu erhöhen sowie die Zugänglichkeit, das Feedback und die Verantwortlichkeit gegenüber den Teilnehmern zu verbessern.

5.4.

Der EWSA fordert die Kommission auf, einen strategischeren Ansatz zu diesen Praktiken zu entwickeln. Dazu sollten deren institutionelle und repräsentativen Grundlagen besser strukturiert und die Ressourcen der einschlägigen beratenden Einrichtungen genutzt werden, die bereits auf EU-Ebene sowie in den Mitgliedstaaten und Regionen bestehen. Zu diesem Zweck sollte die Kommission eng mit dem EWSA zusammenarbeiten und um eine Sondierungsstellungnahme zu der Frage ersuchen, wie der zivile Dialog effizient und dauerhaft gestaltet werden kann. Diese Stellungnahme würde dann in eine besondere Kommissionsmitteilung einfließen.

5.5.

Der EWSA betont, dass die Wirksamkeit der Europäischen Bürgerinitiative im Einklang mit der vom Ersten Vizepräsidenten der Kommission, Frans Timmermans, angekündigten Überarbeitung der EBI-Verordnung verbessert werden muss. Ebenso sollten neue Möglichkeiten wie beispielsweise die Nutzung digitaler Instrumente geprüft werden, damit sich vor allem junge Menschen und Angehörige schutzbedürftiger Bevölkerungsgruppen stärker engagieren.

5.6.

Schließlich stellt der EWSA anerkennend fest, dass die Kommission zahlreiche Elemente des EWSA-Beitrags zum Arbeitsprogramm für 2017 berücksichtigt hat. Da einige Aspekte jedoch nicht einbezogen wurden, sind sie im vorliegenden Dokument noch einmal angesprochen worden. Mit Blick auf die Umsetzung des Arbeitsprogramms für 2018 der Kommission ist der EWSA bereit, seine Standpunkte darzulegen und sich im Laufe des kommenden Jahres an den Arbeiten zu spezifischen Initiativen zu beteiligen.

Brüssel, den 5. Juli 2017

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  Stellungnahme vom 25. Januar 2017 zur Mitteilung der Kommission: Einleitung einer Konsultation über eine europäische Säule sozialer Rechte (ABl. C 125 vom 21.4.2017, S. 10).


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