Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52012AE1243

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über elektronische Identifizierung und Treuhanddienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt“ COM(2012) 238 final

    ABl. C 351 vom 15.11.2012, p. 73–76 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    15.11.2012   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 351/73


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über elektronische Identifizierung und Treuhanddienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt“

    COM(2012) 238 final

    2012/C 351/16

    Berichterstatter: Thomas McDONOGH

    Der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament beschlossen am 15. Juni bzw. 25. Juni 2012, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 114 und Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

    Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über elektronische Identifizierung und Treuhanddienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt

    COM(2012) 238 final.

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 6. September 2012 an.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 483. Plenartagung am 18./19. September 2012 (Sitzung vom 18. September) mit 144 Stimmen bei 1 Gegenstimme und 8 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt den Kommissionsvorschlag für eine "Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt". Durch die Steigerung der Vertrauenswürdigkeit und Benutzerfreundlichkeit sicherer und nahtloser grenzüberschreitender elektronischer Transaktionen soll der Binnenmarkt gestärkt werden.

    1.2

    Der Ausschuss tritt nachdrücklich für die Entwicklung des Binnenmarkts ein und ist der Überzeugung, dass dank der Verordnung die Wirksamkeit öffentlicher und privater Online-Dienstleistungen, des elektronischen Geschäftsverkehrs und des elektronischen Handels in der EU zum Nutzen der in einem anderen Mitgliedstaat arbeitenden oder studierenden Unionsbürger erhöht wird. Sie wird außerdem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) beim Ausbau grenzübergreifender Aktivitäten von Nutzen sein.

    1.3

    Der Ausschuss begrüßt den in der Verordnung vorgeschlagenen technologieneutralen und für Innovationen offenen Ansatz.

    1.4

    Gleichwohl ist der Ausschuss der Auffassung, dass die Kommission bei der Verordnung hätte weitergehen sollen und die Entwicklung einer europäischen elektronischen Identifizierung (eID) für bestimmte Dienste de facto und de jure hätte voranbringen können.

    1.5

    Wenngleich dem EWSA bewusst ist, dass gesetzliche Regelungen bezüglich der Identität in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fallen und das Subsidiaritätsprinzip und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren sind, legt er der Kommission nahe, jetzt zu prüfen, wie eine unionsweit standardisierte elektronische Identifizierung für alle Unionsbürger auf freiwilliger Basis eingeführt werden könnte. Ein allen Bürgern zur Verfügung stehendes europäisches eID-System würde die Verwirklichung eines echten Binnenmarkts für Waren und Dienstleistungen ermöglichen und wesentliche Vorteile für Gesellschaft und Dienstleistungen bieten. Außerdem würde ein höherer Schutz vor Betrug, größeres Vertrauen zwischen den Wirtschaftsakteuren, geringere Kosten der Dienstleistungserbringung und höherwertige Dienste sowie ein besserer Schutz der Bürger erreicht werden.

    1.6

    Der EWSA empfiehlt der Kommission, eine EU-Norm für elektronische Identifizierung – analog zu den vom Europäischen Komitee für Normung (CEN) entwickelten Normen – zu erarbeiten. Eine EU-Norm für eID würde die Parameter für eine elektronische Identifizierung in der Europäischen Union festlegen und einen Ansatzpunkt für die Harmonisierung der verschiedenen nationalen eID-Systeme bieten. Außerdem wäre es ein Modell für jedes neue eID-System in Ländern, die bislang noch kein solches System haben.

    1.7

    Der EWSA empfiehlt der Kommission zu erwägen, ob nicht die Einführung einer EU-weiten elektronischen Identifizierung für alle Bürger auf freiwilliger Basis gestartet werden könnte, indem ein Grundsystem für eine offizielle unionsweite eID für eine begrenzte Anzahl von Verbrauchertransaktionen im elektronischen Handel geschaffen wird.

    1.8

    Da es derzeit in keinem der 27 Mitgliedstaaten gut entwickelte nationale Systeme der elektronischen Identifizierung für Unternehmen (juristische Personen) gibt, fordert der Ausschuss die Kommission auf, sich – unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – für die rasche Einführung eines freiwilligen eID-Systems der EU für juristische Personen einzusetzen, das bestimmte Parameter für alle Unternehmen in der EU beinhaltet.

    1.9

    Der Ausschuss begrüßt die in dem Verordnungsvorschlag vorgesehene Website-Authentifizierung. Er ist der Auffassung, dass eine rasche Umsetzung dieser Bestimmungen zu einem durch großes Vertrauen zwischen Verbrauchern und Unternehmen geprägtem Klima führen würde, das für den digitalen Binnenmarkt immens wichtig ist.

    1.10

    Der Ausschuss fordert die Kommission erneut auf, Vorschläge für die Einführung eines Europäischen Vertrauenssiegels für Unternehmen zu machen. Wie in früheren Stellungnahmen des EWSA betont, würde ein Europäisches Vertrauenssiegel für Unternehmen das Vertrauen der Verbraucher in den grenzüberschreitenden Online-Handel stärken.

    1.11

    Der EWSA begrüßt, dass im Verordnungsvorschlag die zahlreichen Stellungnahmen des Ausschusses berücksichtigt wurden, in denen er eine grenzüberschreitende Harmonisierung der elektronischen Identifizierungssysteme, der elektronischen Signatur und der Vertrauensdienste fordert. Er begrüßt auch, dass das Anliegen des Ausschusses, die Rechte der Bürger auf Schutz der Privatsphäre und Sicherheit im Internet zu wahren, berücksichtigt wurde (1). Der Ausschuss nimmt mit Freude zur Kenntnis, dass in den Verordnungsentwurf die Bestimmung aufgenommen wurde, der zufolge die Mitgliedstaaten für ihre teilnehmenden Systeme verantwortlich sind.

    1.12

    Der Ausschuss stellt fest, dass im Verordnungsvorschlag den im Rahmen der STORK-Projekte (2) geleisteten Arbeiten Rechnung getragen wird. Diese dienen der technischen Normung und Prozessentwicklung zwecks Schaffung einer europäischen Interoperabilitätsplattform für die elektronische Identifizierung und der Umsetzung eines konkreten Systems, das einen Binnenmarkt für elektronische Signaturen und damit verbundene grenzübergreifende Online-Vertrauensdienste schaffen wird. Der Ausschuss legt der Kommission nahe, dieses grundlegende Engagement zu unterstützen und jedwede zur Beschleunigung der Arbeiten erforderliche Unterstützung zu leisten.

    1.13

    Der EWSA empfiehlt, dass das Inkraftsetzen der vorgeschlagenen Verordnung mit einer Informationskampagne für die Bürger einhergehen sollte, um ihnen zu erklären, wie die praktischen Modalitäten für die grenzübergreifende elektronische Identifizierung und elektronische Signatur praktisch funktionieren, und etwaige Bedenken in Bezug auf den Schutz der Privatsphäre und die Sicherheit auszuräumen.

    1.14

    Da sich die digitale Gesellschaft weiterentwickelt und immer mehr sensible Dienstleistungen über das Internet erbracht werden, betont der Ausschuss, dass die Kommission die Unterstützung für Strategien zur Beschleunigung der digitalen Inklusion in der Union keinesfalls aus den Augen verlieren darf.

    1.15

    Der EWSA fordert die Kommission auf, die Passagen des Vorschlags, in denen auf den Einsatz delegierter Rechtsakte verwiesen wird, zu überarbeiten und dem Ausschuss mitzuteilen, wieso der Rückgriff auf diese Befugnisse für die Umsetzung der betreffenden Artikel unentbehrlich ist.

    2.   Hintergrund

    2.1

    Die Richtlinie über elektronische Signaturen ist vor über 12 Jahren in Kraft getreten. Sie weist Lücken auf – wie z.B. die nicht näher definierte Pflicht der nationalen Kontrolle der Dienstleistungserbringer –, die der grenzüberschreitenden Nutzung elektronischer Signaturen im Wege stehen. Außerdem geht sie nicht auf die vielen neuen Technologien ein.

    2.2

    Alle EU-Mitgliedstaaten besitzen Rechtsvorschriften für elektronische Signaturen, allerdings weisen diese Unterschiede auf, was de facto grenzüberschreitende elektronische Transaktionen unmöglich macht. Dasselbe gilt für Vertrauensdienste wie Zeitstempel, elektronische Siegel, elektronische Zustelldienste und die Website-Authentifizierung, denen es an einer europaweiten Interoperabilität mangelt. Daher werden in dieser Verordnung allgemeine Regeln und Praktiken für diese Dienstleistungen vorgeschlagen.

    2.3

    Der Verordnungsentwurf enthält die drei folgenden Schlüsselelemente:

    i.

    Sie schafft einen aktualisierten Rechtsrahmen für elektronische Signaturen, der die geltende einschlägige Richtlinie ersetzt. Es wird bspw. die Möglichkeit einer Signatur per Mobiltelefon vorgesehen, es wird eine verstärkte Haftung für die Sicherheit gefordert und es werden klare und strengere Vorschriften für die Kontrolle von elektronischen Signaturen und damit zusammenhängender Dienstleistungen vorgesehen.

    ii.

    Die gegenseitige Anerkennung der verschiedenen nationalen elektronischen Identifizierungssysteme (und nicht deren Harmonisierung oder Zentralisierung) wird zur Auflage gemacht, wodurch deren Kapazitäten, d.h. die von ihnen gebotenen Möglichkeiten, erweitert werden und sie in der gesamten EU operieren können.

    iii.

    Die Verordnung enthält erstmals noch weitere Vertrauensdienste, wodurch ein klarer Rechtsrahmen und mehr Garantien dank der Organe für eine strenge Überwachung der Erbringer folgender Dienstleistungen eingeführt werden: elektronische Siegel, Zeitstempel, elektronische Dokumente, elektronische Zustelldienste und Website-Authentifizierung.

    2.4

    Im Verordnungsvorschlag ist nicht vorgesehen,

    den EU-Mitgliedstaaten die Pflicht aufzuerlegen, nationale Personalausweise, elektronische Personalausweise oder sonstige Instrumente für die elektronische Identifizierung einzuführen, oder den Bürgern die Pflicht, sich diese zu verschaffen;

    eine europäische elektronische Identifizierung oder irgendeine Art europäischer Datenbank einzuführen;

    die Fähigkeit oder Pflicht, personenbezogene Informationen mit Dritten zu teilen.

    2.5

    Die Dienstleistungen, für die der Vorteil einer breiteren Nutzung der elektronischen Identifizierung voraussichtlich am größten sein wird, sind die Online-Steuererhebung, Bildungsmaßnahmen und andere soziale Dienstleistungen, das elektronisches Beschaffungswesen und elektronische Gesundheitsdienste.

    2.6

    Mit den STORK-Projekten, an denen 17 Mitgliedstaaten beteiligt sind, haben die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten unter Beweis gestellt, dass eine grenzübergreifende gegenseitige Anerkennung der elektronischen Identifizierung funktioniert.

    2.7

    Der vorliegende Verordnungsentwurf ist die letzte der zwölf in der Binnenmarktakte (3) vorgesehenen Schlüsselaktionen und gehört zu den Vorschlägen des eGovernment-Aktionsplans (4) 2011-2015, dem Fahrplan der EU für Stabilität und Wachstum (5) und der Digitalen Agenda für Europa (6).

    3.   Allgemeine Bemerkungen

    3.1

    Die Schaffung eines vollständig integrierten digitalen Binnenmarkts ist von zentraler Bedeutung für die Umsetzung der Digitalen Agenda für Europa, das Wohlergehen der Unionsbürger und den Erfolg der europäischen Unternehmen, insbesondere der 21 Mio. KMU. Heute arbeiten 13 Mio. Bürgerinnen und Bürger in einem anderen EU-Land und 150 Mio. Menschen tätigen Einkäufe über das Internet. Gleichwohl kaufen nur 20 % von ihnen Waren und Dienstleistungen in einem anderen Land der EU. Die Schaffung von harmonisierten und interoperablen unionsweiten Diensten für elektronische Identifizierung, elektronische Signaturen und Vertrauensdiensten (einschließlich Website-Authentifizierung, Zeitstempel und elektronische Siegel) ist für die Weiterentwicklung des digitalen Binnenmarkts entscheidend.

    3.2

    Die Entwicklung des elektronischen Beschaffungswesens und Verbesserungen in puncto Wirksamkeit, Transparenz und Wettbewerbsfähigkeit müssen unbedingt gefördert werden. Der Ausbau des elektronischen Beschaffungswesens erfolgt derzeit viel zu langsam, lediglich 5 % aller Vergabeverfahren in der EU können elektronisch abgewickelt werden.

    3.3

    Es ist zu bedauern, dass aufgrund des Fehlens eines Systems für eine EU-Karte zur elektronischen Identifizierung zahlreiche und unterschiedliche nationale Systeme entwickelt worden sind. Der EWSA anerkennt, dass die von der Kommission nun mit diesem Verordnungsvorschlag vorgelegte Politik zur Schaffung eines vollständig integrierten digitalen Binnenmarkts bis 2015 (7) auf die gegenseitige rechtliche Anerkennung der unterschiedlichen nationalen notifizierten eID-Systeme und die Verwirklichung der konkreten technischen Interoperabilität aller notifizierten Systeme abzielt.

    3.4

    Der Ausschuss nimmt den evolutionären Ansatz der Kommission bei der Erarbeitung dieser Verordnung zur Kenntnis, die auf der Richtlinie über elektronische Signaturen (8) beruht, um sicherzustellen, dass Privatpersonen und Unternehmen ihre eigenen nationalen elektronischen Identifizierungssysteme verwenden können, um in anderen EU-Ländern, in denen eID-Systeme verfügbar sind, auf öffentliche Dienstleistungen zuzugreifen.

    3.5

    Der Ausschuss ist jedoch der Überzeugung, dass die EU ein standardisiertes europäisches System für elektronische Identifizierung für alle Bürger und Unternehmen benötigt und bedauert, dass in der Verordnung nicht der Versuch unternommen wird, die Entwicklung eines gemeinsamen europäischen eID-Systems vorzuschlagen. Wenngleich mit der Verordnung allen Mitgliedstaaten auferlegt wird, alle nach der Verordnung notifizierten nationalen eID-Systeme anzuerkennen, so können die Länder dennoch frei entscheiden, ob sie ihre nationalen Systeme notifizieren lassen oder nicht, ferner werden die Präferenzen der Mitgliedstaaten ohne nationale eID-Systeme respektiert.

    3.6

    Auch wenn die vorgeschlagene Verordnung im Einklang mit dem Grundsatz der nationalen Souveränität steht und darin nicht allen EU-Bürgern der Besitz einer elektronischen Identität zur Auflage gemacht wird, sollte die Nützlichkeit eines universellen europäischen eID-Systems geprüft werden. Mit der Zeit werden die Bürger ohne elektronische Identität benachteiligt sein. Um Chancengleichheit zu haben, wird jeder Bürger eine elektronische Identität benötigen, die überall in der EU verwendet werden kann.

    3.7

    Die Umsetzung von Interoperabilitätssystemen in der EU ist von entscheidender Bedeutung für die erfolgreiche Durchführung nahtloser elektronischer Transaktionen auf der Grundlage von elektronischer Identifizierung und Vertrauensdiensten. Bis zur Realisierung einer vollständigen europäischen eID-Interoperabilitätsplattform muss noch viel getan werden.

    3.8

    Es sollte ein europaweites Informationsprogramm eingeführt werden, um den Bürgern Ratschläge hinsichtlich des Gebrauchs der elektronischen Identifizierung, der elektronischen Signatur und von Vertrauensdiensten zu geben, damit sie ihre Privatsphäre und Sicherheit im Internet angemessen schützen können. Die Sensibilisierungs- und Informationskampagne sollte im Rahmen einer Kommunikation mit Bürgern stattfinden, die den unterschiedlichen Informationsbedürfnissen und Computerkenntnissen gerecht wird.

    3.9

    Viele Bürger haben Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre und Sicherheit bei Geschäftstransaktionen mithilfe digitaler Dienste. Diese Bedenken werden noch verstärkt, wenn sie nicht die hinter diesen Diensten stehenden Technologien verstehen, was unnötige Ängste und Widerstand schürt. Die Behörden und Mitgliedstaaten müssen stärkere Anstrengungen unternehmen, um zu erklären, auf welche Weise bei der Nutzung von Technologien für die notifizierte elektronische Identifizierung und der elektronischen Signatur die persönliche Privatsphäre und Sicherheit geschützt werden. In diesem Zusammenhang stellt der EWSA fest, dass das vorgeschlagene System für Vertrauensdienste so konzipiert wurde, dass nicht unnötigerweise Daten preisgegeben oder ausgetauscht werden und eine Zentralisierung der Informationen vermieden wird.

    3.10

    Der Ausschuss hat die Kommission bereits in früheren Stellungnahmen dazu aufgefordert, Vorschläge für die Einführung eines EU-Zertifizierungssystems – eines Europäischen Vertrauenssiegels – für Unternehmen im Online-Geschäft vorzulegen. Ein Europäisches Vertrauenssiegel würde die Gewähr bieten, dass das Unternehmen mit dem EU-Recht voll und ganz übereinstimmt und dass die Rechte des Verbrauchers geschützt werden. Ein solches System würde das Vertrauen der Verbraucher in den elektronischen Geschäftsverkehr stärken.

    3.11

    Da mit dem Einsatz von elektronischer Identifizierung und Vertrauensdiensten Europa immer stärker digital vernetzt wird, hält des der Ausschuss für sehr wichtig, dass alle Bürger Zugang zu den erforderlichen Technologien und Kompetenzen haben, um in gleicher Weise von der digitalen Revolution profitieren zu können. Digitale Inklusion ist nach wie vor ein wichtiges Thema für die EU, in der ein Viertel der Bevölkerung niemals im Internet war. Alter, Geschlecht und Bildung sind diesbezüglich nach wie vor von zentraler Bedeutung.

    4.   Besondere Bemerkungen

    4.1

    Der EWSA fordert die Kommission auf zu untersuchen, wie – unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips – eine EU-Karte zur elektronischen Identifizierung für alle Unionsbürger eingeführt werden könnte. Dies könnte eventuell durch die Festlegung bestimmter Parameter erreicht werden, die in alle einzelstaatlichen eID-Systeme aufgenommen werden könnten, um ihnen den EU-Status bezüglich der elektronischen Identifizierung zu gewähren. Ebenso könnte eine von der EU authentifizierte eID für spezifische Dienstleistungen eingeführt werden. So könnten Bürger auf freiwilliger Basis eine europäische eID beantragen, wenn keine diesbezüglichen einzelstaatlichen Systeme bestehen.

    4.2

    Der Ausschuss legt der Kommission nahe, die Einführung eines europäischen Systems für elektronische Identifizierung zu erwägen, indem ein Basissystem mit einer auf Unionsebene authentifizierten eID für Verbrauchertransaktionen im elektronischen Handel geschaffen wird. Die Authentifizierung dieser europäischen eID könnte zentral geregelt werden durch eine unter der Kontrolle der EU stehenden Behörde, die das von den Verbrauchern und Händlern geforderte hohe Maß an Vertrauen und Sicherheit gewährleisten würde.

    4.3

    Da es derzeit in keinem der 27 Mitgliedstaaten gut entwickelte einzelstaatliche Systeme der elektronischen Identifizierung für Unternehmen (juristische Personen) gibt, fordert der Ausschuss die Kommission auf, die Gelegenheit zu ergreifen und jetzt die zügige Einführung eines europäischen eID-Systems für juristische Personen zu betreiben. Die Konzeption eines solches Systems sollte natürlich dem Subsidiaritätsprinzip und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Wenn die EU jetzt tätig wird, könnte sie Harmonisierungsprobleme aufgrund einer Vielzahl von unterschiedlichen einzelstaatlichen eID-Systeme für Bürger vermeiden, die aufgrund einer fehlenden einheitlichen europäischen eID-Karte entstehen würden. Ferner würde die Einführung einer europäischen eID-Regelung für juristische Personen den 21 Mio. europäischen KMU sofort wirtschaftliche Vorteile bieten, da grenzübergreifende Geschäfte zunehmen werden.

    4.4

    Der Ausschuss stellt fest, dass in 16 der insgesamt 42 Artikel des Verordnungsvorschlags die Kommission ermächtigt wird, delegierte Rechtsakte (9) zu erlassen. Wenngleich der EWSA versteht, dass delegierte Rechtsakte erforderlich sind, um die Umsetzung einiger technischer Aspekte der Verordnung zu erleichtern und der Kommission diesbezüglich Flexibilität zu gewähren, ist er doch angesichts eines derart umfassenden Rückgriffs auf diese Befugnisse besorgt. Der EWSA befürchtet, dass die Garantien bezüglich des Rückgriffs auf delegierte Rechtsakte (10) möglicherweise nicht angemessen sind um sicherzustellen, dass der Rat und das Europäische Parlament die effektive Kontrolle über die Ausübung dieser Befugnisse durch die Kommission haben werden, was sich auf die Rechtssicherheit des Instruments auswirkt.

    Brüssel, den 18. September 2012

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Staffan NILSSON


    (1)  ABl. C 97 vom 28.4.2007, S. 27,

    ABl. C 228 vom 22.9.2009, S. 66,

    ABl. C 44 vom 11.2.2011, S. 178,

    ABl. C 54 vom 19.2.2011, S. 58,

    ABl. C 318 vom 29.10.2011, S. 105,

    ABl. C 229 vom 31.7.2012, S. 1.

    (2)  www.eid-stork.eu/.

    (3)  COM(2011) 206 final.

    (4)  COM(2010) 743 final.

    (5)  COM(2011) 669 final.

    (6)  COM(2010) 245 final.

    (7)  EUCO 2/1/11 und EUCO 52/1/11.

    (8)  Richtlinie 1999/93/EG.

    (9)  Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

    (10)  Garantien, wie sie in Artikel 290 AEUV und in der Vereinbarung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission über die Funktionsweise von Artikel 290 AEUV enthalten sind.


    Top