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Document 52007AE0603

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Bodenschutz und zur Änderung der Richtlinie 2004/35/EG KOM(2006) 232 endg. — 2006/0086 (COD)

ABl. C 168 vom 20.7.2007, p. 29–33 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

20.7.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 168/29


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Bodenschutz und zur Änderung der Richtlinie 2004/35/EG“

KOM(2006) 232 endg. — 2006/0086 (COD)

(2007/C 168/05)

Der Rat beschloss am 10. November 2006, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 175 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 21. März 2007 an. Berichterstatter war Herr NILSSON.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 435. Plenartagung am 25./26. April 2007 (Sitzung vom 25. April) mit 118 gegen 2 Stimmen bei 7 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Zusammenfassung

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt die Bodenschutzstrategie auf EU-Ebene und spricht sich grundsätzlich für eine Rahmenrichtlinie aus.

1.2

Die EU-Strategie muss dort ansetzen, wo die Gefahr für den anbaufähigen Boden am größten ist: bei veränderter Bodennutzung (Verbrauch landwirtschaftlicher Nutzfläche durch Bebauung, Straßenbau etc.), umweltbelastenden Industriegebieten und bei der Bodenverdichtung. Dabei muss die EU-Strategie das Prinzip der Subsidiarität berücksichtigen.

1.3

Für die Kosten von Bodenschädigungen muss unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Verursacher aufkommen, und nicht in erster Linie der Landnutzer.

1.4

Wenn eine Rahmenrichtlinie eine gemeinsame Grundlage für den Bodenschutz gewährleisten soll, muss auch das Engagement in den Mitgliedstaaten vergleichbar sein, damit es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt.

1.5

Eine Land- und Forstwirtschaft, die sich an guten landwirtschaftlichen Gepflogenheiten orientiert, trägt zur Erhaltung bzw. Verbesserung der Bodenqualität bei.

1.6

Eine Agrarfläche für die Lebensmittelproduktion bedeutet per definitionem, dass eine natürliche Fläche in Anspruch genommen wird und dass gewisse Eingriffe unvermeidlich sind.

1.7

Der EWSA kritisiert die Europäische Kommission in hohem Maße dafür, dass sie den überarbeiteten Vorschlag für eine neue, geänderte Klärschlamm-Richtlinie noch nicht vorgelegt hat. Er fordert die Kommission auf, dies so rasch wie möglich nachzuholen, denn dies ist eines der wichtigsten Elemente für den Schutz landwirtschaftlich genutzter Böden und die Eindämmung der Kontaminierung durch Schadstoffe.

1.8

Die Wiederherstellung geschädigter Böden im Einklang mit Artikel 1 „Gegenstand und Anwendungsbereich“ muss je nach Sachlage gehandhabt und von Fall zu Fall beurteilt werden.

1.9

Die Ausarbeitung von Maßnahmen in anderen Politikbereichen, die den Mitgliedstaaten in Artikel 3 zugestanden wird, darf nicht zu einer Verzerrung des Wettbewerbs zwischen den Mitgliedstaaten führen.

1.10

Die Auflagen der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 4 müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen.

1.11

Artikel 12, durch den potenzielle Käufer in bestimmten Fällen zur Vorlage eines Bodenzustandsberichts verpflichtet werden können, muss anders gefasst werden.

1.12

Die Sanktionen, die gemäß Artikel 22 verhängt werden können, müssen ebenfalls in einem angemessenen Verhältnis zu dem entstandenen Schaden stehen. Es kann aus der Sicht des EWSA nicht hingenommen werden, dass ein und derselbe Schaden unterschiedliche Sanktionen nach sich ziehen kann.

1.13

Für die Sanierungsmaßnahmen, die nach Artikel 23 von Betreibern verlangt werden können, besteht nur dann eine Berechtigung, wenn der Schaden auch durch den Betreiber verursacht wurde.

1.14

Die Einrichtung eines unabhängigen Sachverständigenausschusses aus öffentlichen und privaten Sachverständigen könnte die Durchführung der Bodenschutzstrategie erleichtern.

2.   Der Vorschlag der Kommission

2.1

Der Boden ist eine nicht erneuerbare Ressource. Die Bodenqualität verschlechtert sich an vielen Orten in der EU, was durch menschliches Handeln wie Industrie, Tourismus und Stadtentwicklung, die Verkehrsinfrastruktur sowie bestimmte land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten verursacht wird.

2.2

Der Boden ist eine Ressource, die im gemeinsamen Interesse der EU liegt, und wenn er nicht auf EU-Ebene geschützt wird, wird dies die Nachhaltigkeit und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit in Europa untergraben. Zwar tragen bereits verschiedene EU-Maßnahmen zum Schutz der Böden bei, doch gibt es noch keine kohärente Politik. Nur neun Mitgliedstaaten haben spezifische Rechtsvorschriften über den Bodenschutz erlassen, häufig in Bezug auf besondere Bedrohungen, wie die Kontaminierung der Böden. Die Verschlechterung der Bodenqualität hat schwerwiegende Auswirkungen auf andere Bereiche, die im gemeinsamen Interesse der EU liegen, wie das Wasser, die menschliche Gesundheit, den Klimawandel, den Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt sowie die Lebensmittelsicherheit.

2.3

Vor diesem Hintergrund schlägt die Kommission eine Bodenstrategie für Europa vor. Sie wird in einer Mitteilung dargelegt, die von einem Vorschlag für eine Rahmenrichtlinie und einer Folgenabschätzung begleitet wird. Die Rahmenrichtlinie legt gemeinsame Grundsätze, Ziele und Maßnahmen fest. Sie fordert die Mitgliedstaaten zu einem systematischen Vorgehen bei der Bestimmung und Bekämpfung der Verschlechterung der Bodenqualität, der Durchführung von Vorsorgemaßnahmen und der Einbeziehung des Bodenschutzes in andere Politikbereiche auf. Sie lässt jedoch eine gewisse Flexibilität zu, und es liegt bei den Mitgliedstaaten zu entscheiden, wie stark sie sich engagieren möchten, welche besonderen Ziele sie erreichen wollen und welche Maßnahmen sie zu diesem Zweck ergreifen. Dies erklärt sich daraus, dass die Verschlechterung der Bodenqualität in Europa, wo es im Wesentlichen 320 verschiedene Bodenarten gibt, ein sehr uneinheitliches Bild bietet.

2.4

Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, die Gebiete zu bestimmen, in denen Risiken wie Erosion, Verlust organischer Substanzen, Verdichtung, Versalzung und Erdrutsche bestehen. Sie müssen für diese Gebiete Risikominderungsziele beschreiben und Maßnahmenprogramme zur Erreichung dieser Ziele festlegen. Sie müssen auch weitere Kontaminierung verhindern, Verzeichnisse kontaminierter Standorte auf ihrem Gebiet erstellen und nationale Sanierungsstrategien ausarbeiten. Wird ein Standort, an dem eine potenziell verschmutzende Tätigkeit stattgefunden hat oder stattfindet, verkauft, ist vom Verkäufer oder vom Käufer den Behörden und der anderen Partei ein Bericht über den Zustand des Bodens vorzulegen. Schließlich sind die Mitgliedstaaten auch aufgefordert, die Auswirkungen des Versiegelns zu begrenzen oder zu vermindern, zum Beispiel durch die Sanierung aufgegebener Flächen.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt die Mitteilung der Kommission zur „Bodenschutzstrategie“, die eine Folgemaßnahme zu einer früheren Mitteilung aus dem Jahre 2002 (1) ist, und den Vorschlag für eine „Rahmenrichtlinie für den Bodenschutz“. Der EWSA forderte bereits 2000 in einer Initiativstellungnahme zur Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft (2), die Europäische Kommission solle gemeinschaftliche Mindestanforderungen für den Bereich des Bodenschutzes auf den Weg bringen.

3.2

Während des fast vier Jahre dauernden offenen und umfassenden Gestaltungsprozesses der Europäischen Kommission im Hinblick auf eine Bodenschutzstrategie fanden Beratungen und verschiedene Konsultationen statt. Auch der EWSA konnte diesen Prozess verfolgen. Die Bemerkungen in dieser Stellungnahme, um die der EWSA ersucht wurde, betreffen in erster Linie die vorgeschlagene Rahmenrichtlinie, aber auch die Mitteilung der Kommission.

3.3

Der Boden und seine Funktionen sind eine unschätzbare Ressource für die Natur, den natürlichen Kreislauf und das Überleben des Menschen. Die menschlichen Tätigkeiten wirken sich auf unterschiedliche Weise auf die Funktionen des Bodens und seine Nutzung aus. Die EU-Strategie muss dort ansetzen, wo die Gefahr für die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen am größten ist: bei veränderter Bodennutzung, umweltbelastenden Industriegebieten, der Bodenverdichtung und der Erosion.

3.4

Der Boden und seine Funktionen stehen im Zusammenhang mit mehreren anderen Politikbereichen, für die jeweils sowohl gemeinschaftliche als auch einzelstaatliche Rechtsvorschriften gelten: die Wasser- und die Nitratrichtlinie, Rechtsvorschriften für chemische Stoffe u.a. In einigen Ländern gibt es bereits Rechtsvorschriften und Maßnahmen zur Überwachung und Bestandsaufnahme des Bodens und der Bodenverschmutzung, weshalb der Kommissionsvorschlag hier nicht zu Rückschritten führen darf, sondern diesen Ländern eine ausreichende Flexibilität lassen sollte.

3.5

Die Kommission weist darauf hin, dass nicht die Landnutzer die Kosten durch die Verschlechterung der Bodenqualität tragen, sondern die Gesellschaft und andere Akteure. Der EWSA weist darauf hin, dass die Verantwortung für einen Schaden vom Verursacher getragen werden muss, welcher in der Regel nicht immer der Landnutzer ist. In vielen Fällen sind die Landnutzer von Auswirkungen durch Luftverschmutzung, Verunreinigung anderer Gebiete durch Industrieemissionen, Überschwemmungen oder andere Schadstoffemissionen betroffen, wobei sie schädlichen Auswirkungen ausgesetzt sind, für die sie keineswegs verantwortlich sind.

3.6

Der Ausschuss stellt fest, dass die Kommission durchgängig darauf hinweist, dass Schutzmaßnahmen bereits an der Quelle ergriffen werden müssen. Er befürwortet diesen Ansatz, der auch zu einer angemessenen Regelung der Frage der Haftung führt. Dieser Ansatz wirkt sich auch auf andere Rechtsbereiche aus, die nicht spezifisch den Boden betreffen.

3.7

Der EWSA unterstützt die Festlegung einer besonderen Strategie für den Bodenschutz und deren Durchführung anhand einer spezifischen Rahmenrichtlinie. Dadurch werden die Voraussetzungen für einen einheitlichen Schutz mit Hilfe gemeinsamer Grundregeln für Probleme geschaffen, die von Natur aus grenzübergreifend sein können. Um wirklich einen besseren Bodenschutz zu gewährleisten, ist es jedoch erforderlich, diesen Bereich in andere Rechtsvorschriften zu integrieren.

3.8

Die Kommission erklärt ferner, die Kosten und Gewinne hingen davon ab, wie stark das Engagement sei und wie die Möglichkeiten genutzt würden, die z.B. durch die für die gemeinsame Agrarpolitik geltenden Umweltnormen geboten werden. Der EWSA weist darauf hin, dass weiterhin Unklarheit darüber besteht, wie die Mitgliedstaaten die „Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen“ [„cross-compliance“] richtig und einheitlich auszulegen und anzuwenden haben. Dieses Konzept war als Anforderung in die gemeinsame Agrarpolitik aufgenommen worden. Soll eine Rahmenrichtlinie darauf abzielen, eine gemeinsame Grundlage für den Bodenschutz zu gewährleisten und unter anderem zu vermeiden, dass die Beteiligten ganz unterschiedlichen finanziellen Verpflichtungen ausgesetzt sind, muss auch das Engagement vergleichbar sein, damit es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt.

3.9

Die Kommission führt als erstes Beispiel an, dass u.a. unzweckmäßige Arbeitsmethoden in der Land- und Forstwirtschaft zur Verschlechterung der Bodenqualität beitragen können. Eine Land- und Forstwirtschaft, die sich an guten landwirtschaftlichen Gepflogenheiten orientiert, trägt jedoch eher zur Erhaltung bzw. Verbesserung der Bodenqualität bei. Agrarflächen sind stärker durch Änderungen der Bodenbewirtschaftung, Ausdehnung der Industriestandorte, Verkehrswege, Luftverschmutzung, bodennahes Ozon und andere Verschmutzungen gefährdet. Auch wenn nicht die EU, sondern die Mitgliedstaaten für die Raumplanung (Stadtplanung) zuständig sind, muss auch dieser Bereich in den Mittelpunkt des Interesses rücken.

3.10

Die Kräfte des Marktes und die derzeitige Agrarpolitik haben ebenfalls zu Fortschritten in der strukturellen Entwicklung und der Spezialisierung beigetragen und dazu geführt, dass Pflanzenzucht und Tierhaltung weitgehend getrennt sind, mit der Folge, dass möglicherweise weniger organisches Material in den Boden gelangt. Die neue gemeinsame Agrarpolitik mit entkoppelten Vergütungen verstärkt diese Tendenz eher noch.

3.11

Die Kommission ist der Auffassung, dass sich die Landwirtschaft positiv auf die Bodenqualität auswirken kann, ob sie nun ökologisch, extensiv betrieben wird oder ob es sich um eine integrierte Bodenbewirtschaftung handelt. Dies ist eine etwas zu einfache Sichtweise. Es hängt alles davon ab, mit welchen Fachkenntnissen und technischen Mitteln der Boden bearbeitet wird. Eine Agrarfläche für die Lebensmittelproduktion bedeutet per definitionem, dass eine natürliche Fläche für den Anbau in Anspruch genommen wird. Das bedeutet wiederum, dass gewisse Eingriffe unvermeidlich sind und demnach hingenommen werden müssen, damit Lebensmittel erzeugt werden können. Die Auswirkungen auf landwirtschaftliche Nutzflächen hängen von jahresspezifischen meteorologischen und klimatischen Einflüssen und dem Klima allgemein ab, was aber wiederum nicht bedeutet, dass Nährstoffablagerungen, Erosion, die Verringerung der Humusschicht usw. hingenommen werden müssen. Beim heutigen Kenntnisstand kann eine normale landwirtschaftliche Nutzung eher zur Wahrung und Verbesserung der Bodenqualität beitragen. Wenige Unternehmer haben eine so langfristige Perspektive sowohl für Investitionen als auch die Bodenbewirtschaftung wie Land- und Forstwirte. Dieses hohe Bewusstsein der Landwirte für den Bodenschutz sollte durch Beratungssysteme sowie durch freiwillige Maßnahmen und Anreize ergänzt und unterstützt werden.

3.12

Die Kommission erklärt ferner, die Richtlinie zur Umwelthaftung (3) sei ein Beitrag zur Stärkung des Umweltschutzes. Der Ausschuss stimmt dieser Auffassung zu. Gleichzeitig muss darauf hingewiesen werden, dass es mit der normalen Rechtsauffassung nicht vereinbar ist, dass ein Schaden — wie heute der Fall — bis zu drei verschiedene Sanktionen nach sich ziehen kann: Rückforderung von Zahlungen, strafrechtliche Ahndung und Verwaltungsgebühren.

3.13

Der EWSA befürwortet, die nachhaltige Bewirtschaftung des Bodens durch eine übergreifende EU-Bodenschutzstrategie zu gewährleisten.

3.14

Zur besseren Durchführung der Strategie könnte ein unabhängiger Sachverständigenausschuss für Bodenschutzfragen mit Vertretern öffentlicher Stellen und privater Akteure eingerichtet werden.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1

Der EWSA kritisiert die Europäische Kommission in hohem Maße dafür, dass sie den Vorschlag für eine geänderte Richtlinie für die Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft und die zugelassenen Konzentrationen von Schwermetallen, an dem sie seit mehreren Jahren arbeitet, noch nicht vorgelegt hat. In der Mitteilung über den Bodenschutz wird die Absicht erklärt, 2007 endlich einen Richtlinienvorschlag zu diesem Thema zu unterbreiten. In der ersten Mitteilung über eine thematische Strategie für den Bodenschutz von 2002 hieß es, die Überarbeitung solle im Rahmen der Bodenstrategie erfolgen. Somit hat sich eine der wichtigsten Maßnahmen für einen besseren Bodenschutz und eine sichere Lebensmittelerzeugung maßgeblich verzögert. Daher sollte diese geänderte Richtlinie für die Verwendung von Klärschlamm unbedingt gleichzeitig mit der Annahme der Bodenschutzstrategie veröffentlicht werden.

4.1.1

Die derzeitige Klärschlammrichtlinie (4) lässt weiterhin eine hohe Konzentration von Schwermetallen und anderen Schadstoffen im Schlamm zu, der auf landschaftliche Flächen ausgebracht werden kann. Der EWSA verweist darauf, dass er bereits im Jahr 2000 in seiner Initiativstellungnahme zu der „Änderung der Richtlinie des Rates über die Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft“ strengere Normen für die Schwermetallkonzentration gefordert hat. Gleichermaßen ist der Inhalt der übrigen chemischen Schadstoffe, wie auch deren Wechselwirkungen sowie ihre Auswirkungen auf den Boden und die Lebensmittelsicherheit, wenn sie auf Anbauflächen ausgebracht werden, nur unzureichend bekannt.

4.1.2

Der EWSA nimmt dies sehr ernst und weist auf eine Studie hin, die von zwei Wissenschaftlern in der medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet“ im November 2006 veröffentlicht wurde. Obwohl es sich um eine einzelne Studie handelt, wird nachgewiesen, dass bekannte Umweltgifte bisher nicht beachtete Auswirkungen auf das Gehirn von Ungeborenen und Kleinkindern haben können. Die Forscher sind der Auffassung, es könnte hier eine Verbindung zu ernsthaften krankhaften Erscheinungen, wie z.B. Autismus, Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADHD) oder Entwicklungsstörungen bestehen. Viele dieser Chemikalien sind auch in Produkten enthalten, die im Haushalt verwendet werden. Die Umweltgifte erreichen auf verschiedene Weise die Kanalisation, und bisher ist noch nicht hinreichend bekannt, welche Auswirkungen sie auf landwirtschaftliche Flächen haben, auf denen Klärschlamm zur Düngung verwendet wird.

4.1.3

Der EWSA nimmt erfreut zur Kenntnis, dass die Kommission anscheinend ihre bisherige Ansicht geändert hat, dass es aus umwelttechnischen Gesichtspunkten am besten sei, Klärschlamm auf Agrarflächen auszubringen. Die Formulierungen in der Mitteilung über die Abfallstrategie (5) scheinen darauf hinzudeuten. Die Kommission bekräftigt darin auch die Absicht, nach der Verabschiedung einer Bodenschutzstrategie einen Vorschlag für eine geänderte Schlammrichtlinie zu unterbreiten. Der EWSA ist jedoch der Auffassung, dass die Kommission nicht darauf hätte warten, sondern schon lange vorher eine radikal geänderte Richtlinie über die zugelassene Konzentration von Schwermetallen und anderen Schadstoffen im Klärschlamm hätte vorlegen sollen, insbesondere, wenn sie in dem Richtlinienvorschlag angibt, dass dies erforderlich ist, um die Freisetzung gefährlicher Stoffe in den Boden einzuschränken.

4.1.4

Die Anwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft und dessen Schadstoffgehalt ist eine der wichtigsten Fragen beim Bodenschutz und der Lebensmittelsicherheit. Daraus ergibt sich auch die Frage, ob die Landnutzer oder die Verursacher des Schlamms, d.h. Städte und Gemeinden, für etwaige Bodenschäden haften. Die Verantwortungs- und Haftungsfragen müssen in einer geänderten Schlammrichtlinie geklärt werden.

4.1.5

Neue, sicherere Rechtsvorschriften für Chemikalien sind für den Bodenschutz generell, aber vor allem im Hinblick auf die Frage wichtig, wie die Gesellschaft den Klärschlamm durch dessen Ausbringung auf Bodenflächen entsorgt. Die gefährlichen Chemikalien müssen unbedingt durch weniger gefährliche chemische Stoffe ersetzt werden, um den erwünschten Schutz des Bodens zu gewährleisten.

4.1.6

Der EWSA fordert die Kommission auf, unverzüglich den Vorschlag für eine geänderte Richtlinie vorzulegen und darüber hinaus Risikoanalysen von mehr Substanzen durchzuführen, als die derzeitige Richtlinie umfasst. Dies sollte einer der wichtigsten Bestandteile des Bodenschutzes sein, um eine noch stärkere Kontaminierung zu vermeiden und eine hohe Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten.

4.2

In Artikel 1 der Bodenschutzrichtlinie heißt es, dass zu den Maßnahmen die Wiederherstellung und Sanierung geschädigter Böden bis zu einem Funktionalitätsgrad zählen, der im Hinblick auf die gegenwärtige und künftige genehmigte Nutzung zumindest angemessen ist. Der EWSA befürwortet zwar das Prinzip, stellt jedoch den Ausdruck „zumindest“ in der Rahmenrichtlinie in Frage. Jeder Fall sollte entsprechend dem jeweiligen Sachverhalt gehandhabt und im Einzelnen beurteilt werden.

4.3

Der EWSA ist der Auffassung, dass die gegenwärtige Formulierung von Artikel 3 den Mitgliedstaaten die Ausarbeitung von Maßnahmen in anderen Politikbereichen ermöglicht, durch die der Wettbewerb verzerrt wird. Der Artikel sollte sich auf eine Analyse beschränken; etwaige Maßnahmen müssten aber mit den Voraussetzungen für einen funktionsfähigen Binnenmarkt, gemeinsamen Vorschriften und fairen Wettbewerbsbedingungen im Einklang stehen.

4.4

Ferner ist der EWSA der Ansicht, dass Artikel 4 beinahe unbegrenzten Handlungsfreiraum lässt. In Bezug auf landwirtschaftliche Flächen hat der EWSA eingangs in seinen Bemerkungen erklärt, dass landwirtschaftliche Nutzflächen Auswirkungen durch unterschiedliche Faktoren ausgesetzt sind, die die Landnutzer nicht beeinflussen können, z.B. jahresspezifische meteorologische und klimatische Einflüsse, das Klima generell usw. Die Auflagen der Mitgliedstaaten müssen in einem angemessenen Verhältnis dazu stehen. Genauso müssen die Maßnahmen der Mitgliedstaaten weitgehend miteinander übereinstimmen. Das entspricht auch den Bestimmungen nach Artikel 9, in dem von angemessenen Maßnahmen zur Erhaltung der Bodenfunktionen die Rede ist.

4.5

In Artikel 12 werden Bodenbesitzer oder potenzielle Käufer verpflichtet, in bestimmten Fällen einen Bodenzustandsbericht vorzulegen. Der Ausschuss hält es für verfehlt, einem potenziellen Käufer diese Last aufzubürden. Sollte aufgrund unterschiedlicher einzelstaatlicher Rechtsvorschriften ein Bedarf an Flexibilität bestehen, so sollte diese durch eine andere Formulierung ermöglicht werden.

4.6

In Artikel 17 heißt es, dass die Kommission beabsichtigt, eine freiwillige Plattform einzurichten. Die Kommission muss dafür Sorge tragen, dass durch die Plattform wirklich ein Austausch einheitlicher Methoden stattfindet, damit ein einheitliches Konzept und neutrale Wettbewerbsbedingungen sichergestellt werden. Da der Informationsaustausch auf freiwilliger Basis stattfindet, ist auch eine aktive Beteiligung seitens der Kommission erforderlich.

4.7

Artikel 22 schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten Bestimmungen über Sanktionen festlegen. Der EWSA ist der Auffassung, dass es aus Sicht der Rechtssicherheit wichtig ist, dass die Sanktionen in einem angemessenen Verhältnis zu dem entstandenen Schaden stehen. Ebenso inakzeptabel ist es, dass ein und derselbe Schaden unterschiedliche Sanktionen nach sich ziehen kann.

4.8

In Artikel 23 wird eine Änderung der Richtlinie 2004/35/EG in dem Sinne vorgeschlagen, dass die Behörden vom Betreiber Sanierungsmaßnahmen verlangen sollen. Nach Auffassung des EWSA ist dies nur rechtmäßig, wenn der Schaden auch durch den Betreiber verursacht wurde, was aber nicht eindeutig aus dem Text hervorgeht.

Brüssel, den 25. April 2007.

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  KOM(2002) 179 endg.

(2)  CESE 1199/2000, ABl. C 14, 16.1.2001, S. 141-150.

(3)  Richtlinie 2004/35/EG.

(4)  86/278/EWG.

(5)  KOM(2005) 666 endg.


ANHANG

zu der Stellungnahme des Ausschusses

Folgende Änderungsanträge, auf die über ein Viertel der abgegebenen Stimmen entfielen, wurden im Verlauf der Beratungen abgelehnt:

Ziffer 1.1

Wie folgt ändern:

„Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt die Bodenschutzstrategie auf EU-Ebene und das dem Kommissionsvorschlag zugrunde liegende Ziel des Schutzes und der nachhaltigen Nutzung der Böden. Der Ausschuss befürwortet die umfassende Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in der vorgeschlagenen Rahmenrichtlinie spricht sich grundsätzlich für eine Rahmenrichtlinie aus.“

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 47

Nein-Stimmen: 54

Stimmenthaltungen: 13

Die folgende Textstelle der Fachgruppenstellungnahme wurden zugunsten eines im Plenum angenommenen Änderungsantrages abgelehnt, hatte jedoch mindestens ein Viertel der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt:

Ziffer 1.15 — Ersatzlos streichen:

„Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ruft die einzelstaatlichen und regionalen Rechtsetzungsorgane und die Kommission zu einer systematischen Bewertung der bestehenden, bodenschutzrelevanten Rechtsetzung auf.“

Abstimmungsergebnis

Für die Streichung des Satzes:

Ja-Stimmen: 74

Nein-Stimmen: 33

Stimmenthaltungen: 15


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