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Document 32016D2042

Beschluss (EU) 2016/2042 der Kommission vom 1. September 2016 über die Beihilferegelung SA.38418 — 2014/C (ex 2014/N), die Deutschland zur Förderung der Filmproduktion und des Filmvertriebs durchzuführen beabsichtigt (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 5551) (Text von Bedeutung für den EWR )

C/2016/5551

ABl. L 314 vom 22.11.2016, p. 63–71 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2016/2042/oj

22.11.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 314/63


BESCHLUSS (EU) 2016/2042 DER KOMMISSION

vom 1. September 2016

über die Beihilferegelung SA.38418 — 2014/C (ex 2014/N), die Deutschland zur Förderung der Filmproduktion und des Filmvertriebs durchzuführen beabsichtigt

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 5551)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Bestimmungen (1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Mit Schreiben vom 4. März 2014 meldete Deutschland bei der Kommission die Änderung der Beihilferegelung zur Förderung der Filmproduktion und des Filmvertriebs (Filmförderungsgesetz, im Folgenden „FFG“) an. Mit Schreiben vom 17. April 2014 und 16. Juli 2014 übermittelte Deutschland der Kommission weitere Informationen.

(2)

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2014 setzte die Kommission Deutschland von ihrem Beschluss in Kenntnis, in Bezug auf die Maßnahme das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) einzuleiten.

(3)

Der Beschluss der Kommission zur Einleitung des Verfahrens (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“) wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (2). Die Kommission forderte die Beteiligten zur Stellungnahme auf.

(4)

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2014 nahm Deutschland zum Einleitungsbeschluss Stellung.

(5)

Darüber hinaus gingen bei der Kommission Stellungnahmen von Beteiligten ein. Die Kommission leitete diese an Deutschland weiter, das damit Gelegenheit zur Äußerung erhielt; die Stellungnahme Deutschlands ist mit Schreiben vom 5. März 2015 eingegangen.

2.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME

2.1.   Bezeichnung und Inhalt der Regelung

(6)

Rechtsgrundlage der Regelung ist das FFG in der Fassung des siebten Änderungsgesetzes, in dem die Voraussetzungen für die Förderung audiovisueller Werke durch die deutsche Filmförderungsanstalt (im Folgenden „FFA“) dargelegt sind. Die Regelung wurde von der Kommission mit dem Beschluss in der Sache SA.36753 vom 3. Dezember 2013 für die Zeit bis zum 31. Dezember 2016 genehmigt. Die angemeldete geplante Änderung dieser Regelung betrifft die finanzielle Förderung von Videoabrufdiensten ohne Sitz oder Niederlassung in Deutschland und die Erhebung einer Abgabe bei Anbietern solcher Dienste.

(7)

Die bestehende Bundesregelung zur Förderung der Produktion, des Vertriebs und der Vorführung von Filmen wird über eine Sonderabgabe finanziert, die von Unternehmen der Kino- und der Videowirtschaft sowie von Fernsehveranstaltern zu entrichten ist. Die Abgabepflicht gilt für Filmtheaterbetreiber sowie für Anbieter von Bildträgern und Videoabrufdiensten. Die Höhe der an die FFA abzuführenden Filmabgabe richtet sich nach den jeweiligen Umsätzen aus der Filmverwertung. Filmtheaterbetreiber zahlen eine Abgabe, die auf dem Kassenumsatz pro Spielstelle beruht. Anbieter von Bildträgern und Videoabrufdiensten zahlen eine Abgabe, die auf ihrem Nettojahresumsatz basiert, sofern dieser 50 000 EUR übersteigt (3).

(8)

Die Änderung der Regelung erfolgt vor dem Hintergrund der rasanten technologischen Entwicklungen, insbesondere im Bereich des Filmvertriebs. In Privathaushalten werden Filme zunehmend mittels Online-Zugriff angesehen. Der Verleih von physischen Datenträgern verliert hingegen an Bedeutung. Der Niederlassungsort der Anbieter der entsprechenden Dienste — in diesem Fall die Bereitstellung von Filmen zum Anschauen im privaten Kreis — verliert an Relevanz für die erfolgreiche Entwicklung eines Geschäftsmodells. Ein Anbieter kann Dienstleistungen von einem gewählten Ort aus erbringen und in anderen Gebieten bereitstellen. Es entstehen keine erheblichen Transportkosten oder Kosten für physische Präsenz. Es ist kein Sitz oder Niederlassung erforderlich, um Verbrauchern in einem Empfangsmitgliedstaat Abrufdienste bereitzustellen. Die Maßnahme, die Deutschland mit der vorgeschlagenen Änderung der Bundesregelung einzuführen beabsichtigt, betrifft die finanzielle Förderung des Filmvertriebs über Videoabrufdienste. Bislang waren ausschließlich Anbieter von Videoabrufdiensten mit Sitz oder Niederlassung in Deutschland förderfähig. Künftig sollen auch Anbieter von Videoabrufdiensten ohne Sitz oder Niederlassung in Deutschland für ihre an Kunden in Deutschland gerichteten Internet-Angebote in deutscher Sprache förderfähig sein.

(9)

Ferner wird Artikel 66a Absatz 2 FFG im Hinblick auf die Finanzierung der Regelung angepasst, um dieser Änderung Rechnung zu tragen und zu gewährleisten, dass Anbieter von Videoabrufdiensten mit Sitz oder Niederlassung außerhalb Deutschlands im Gegenzug zur Anerkennung ihrer Förderfähigkeit auch der Abgabepflicht unterworfen werden. Die Abgabe wird auf den Umsatz erhoben, den die betreffenden Unternehmen mit förderfähigen Produkten erzielen, d. h. mit Angeboten über einen Internet-Auftritt in deutscher Sprache für Kunden in Deutschland, sofern diese Umsätze nicht am Ort des Unternehmenssitzes zu einer vergleichbaren Abgabe zur Förderung von Kinofilmen herangezogen werden.

(10)

Deutschland rechtfertigt die Einbeziehung von im Ausland ansässigen Anbietern von Videoabrufdiensten zum einen mit dem insgesamt stark zunehmenden Anteil von Videoabrufdiensten an Filmvertrieb und -verwertung und zum anderen mit dem neuen Phänomen, dass große, international tätige Anbieter von Videoabrufdiensten nur eine einzige Niederlassung in der Union gründen, von der aus sie mehrere oder alle Mitgliedstaaten bedienen. Ziel der Ausweitung ist es, weiterhin dem System und der Philosophie des FFG treu zu bleiben: Der Filmkonsum in Deutschland — über jeden beliebigen Träger — sichert Einnahmen für einen bundeseigenen Fonds zur Förderung unterschiedlicher Kulturziele, einschließlich der Filmproduktion und des Filmvertriebs.

(11)

Was die Verwendung der Mittel angeht, die über die Abgabe für inländische und ausländische Videoanbieter eingenommen werden, so sind davon 30 % der Förderung des Filmvertriebs über Bildträger oder Videoabrufdienste vorbehalten; der Rest wird gemeinsam mit den Abgaben von Kinobetreibern und Fernsehveranstaltern über andere Kanäle in die Förderung der Filmproduktion und des Filmvertriebs fließen. Bei diesen zweckgebundenen 30 % handelt es sich um die einzigen Fördermittel für den Videovertrieb.

(12)

Die angemeldete Maßnahme soll am Tag ihrer Genehmigung durch die Kommission in Kraft treten und bis zum 31. Dezember 2016 gelten. Durch die Erhebung der Abgabe für die Bereitstellung von Bildträgern dürften Einnahmen von jährlich etwa 13 Mio. EUR erzielt werden.

2.2.   Vorliegen einer Beihilfe

(13)

Wie im Einleitungsbeschluss dargelegt, stellt die beschriebene Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar. Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Die beschriebene Maßnahme erfüllt die kumulativen Voraussetzungen, welche vorliegen müssen, damit eine Maßnahme als Beihilfe zu betrachten ist. Die finanzielle Unterstützung zur Förderung des Filmvertriebs wird aus staatlichen Mitteln gewährt, sie verschafft Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil und dieser Vorteil ist selektiv und kann den Wettbewerb und den Handel im Binnenmarkt verfälschen oder zu verfälschen drohen.

(14)

Die im FFG vorgesehene staatliche Förderung wird aus Geldern gewährt, die sich aus Einnahmen aus verschiedenen im FFG festgelegten steuerähnlichen Abgaben speisen. Die Einnahmen aus den Abgaben werden von der FFA, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, als Fördermittel für die Filmproduktion und den Filmvertrieb vergeben. Somit wird die Maßnahme aus staatlichen Mitteln finanziert und ist dem Staat zuzurechnen.

(15)

Die Beihilfeempfänger im Rahmen der in Rede stehenden Regelung — Filmproduzenten, Drehbuchautoren, Filmvertreiber, Filmtheaterbetreiber — üben eine wirtschaftliche Tätigkeit aus und sind folglich als Unternehmen zu betrachten. Die staatliche Unterstützung stellt einen Vorteil dar, den die Beihilfeempfänger unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten würden. Die Regelung ist zudem selektiv, da nur Unternehmen, die im Bereich der Produktion, des Vertriebs und der Vorführung von Filmen tätig sind, Beihilfen erhalten können.

(16)

Der Markt für Filmproduktion und Filmvertrieb ist ein internationaler Markt. Die Beihilfeempfänger stehen international mit Produzenten und Vertreibern in anderen Mitgliedstaaten im Wettbewerb. Daher beeinträchtigt diese Maßnahme zur Unterstützung von Filmproduktion, -vertrieb und -förderung den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten und stellt eine staatliche Beihilfe nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar.

2.3.   Gründe für die Einleitung des Verfahrens

2.3.1.   Vereinbarkeit der geänderten Beihilferegelung für Videoabrufdienste mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe d AEUV

(17)

Bei der geplanten Maßnahme — der finanziellen Förderung von Videoabrufdiensten ohne Sitz oder Niederlassung in Deutschland und der Erhebung einer Abgabe bei Anbietern solcher Dienste — handelt es sich um eine Änderung der Regelung, die von der Kommission für die Zeit bis zum 31. Dezember 2016 genehmigt wurde. Die Kriterien für die Bewertung staatlicher Beihilfen haben sich seit der letzten Genehmigung der Regelung nicht geändert; die geplante Änderung betrifft lediglich Beihilfen für den Filmvertrieb über Videoabrufdienste und die von ausländischen Anbietern zu entrichtende Abgabe.

(18)

Beihilfen für den Vertrieb von Filmen über Videoabrufdienste wurden als solche von der Kommission bereits für mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe d AEUV vereinbar erklärt (4). Die Ausweitung des Kreises der in Frage kommenden Beihilfeempfänger auf nicht in Deutschland ansässige Unternehmen wirkt sich nicht negativ auf das Ergebnis der nach dem genannten Artikel durchgeführten Vereinbarkeitsprüfung aus.

2.3.2.   Mögliche Verletzung anderer Vorschriften des Unionsrechts

(19)

Bei der beihilferechtlichen Würdigung hat die Kommission auch die Vereinbarkeit der Finanzierung der Beihilfemaßnahme mit anderen Bestimmungen des Unionsrechts als den Wettbewerbsvorschriften zu prüfen, sofern die Finanzierung integraler Bestandteil der Beihilfemaßnahme ist. Dies ist der Fall, wenn zwischen der Abgabe und der Beihilfe ein Verwendungszusammenhang in dem Sinne besteht, dass das Abgabenaufkommen zwingend zur Finanzierung der Beihilfe verwendet wird und die Höhe der Abgabe sich unmittelbar auf die Höhe der Beihilfe auswirkt (5). Wenn in einem solchen Fall die Abgabe gegen andere Bestimmungen des Vertrags verstößt, kann die Kommission die Beihilferegelung, zu der auch diese Abgabe gehört, nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären (6).

(20)

Die angemeldete Regelung sieht vor, dass 30 % der Einnahmen aus der von Videoanbietern zu entrichtenden Abgabe zur Finanzierung des Videofilmvertriebs eingesetzt werden. Für die Finanzierung dieser Art von Beihilfen stehen im Übrigen keine anderweitigen Mittel zur Verfügung. Damit entsteht ein Zusammenhang zwischen der finanziellen Förderung des Videovertriebs und den Einnahmen aus der auf diese Tätigkeit erhobenen Abgabe, denn die Einnahmen aus der Abgabe stellen die einzige Finanzierungsquelle für die Förderung des Videovertriebs dar und wirken sich unmittelbar auf die Höhe der für die Beihilfen verfügbaren Mittel aus. Somit ist ein zwingender Verwendungszusammenhang zwischen der Abgabe und der Förderung gegeben und es muss geprüft werden, ob die Maßnahme auch mit anderen Bestimmungen des Unionrechts als den Wettbewerbsvorschriften im Einklang steht.

(21)

So ist zu prüfen, ob die Ausweitung der Abgabepflicht auf Anbieter von Videoabrufdiensten außerhalb Deutschlands mit Artikel 110 AEUV vereinbar ist, nach dem die Mitgliedstaaten auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten keine Abgaben erheben dürfen, die sie für gleichartige inländische Waren nicht erheben. Ferner ist zu prüfen, ob die Abgabe gegen die in der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (7) enthaltenen Bestimmungen zur Rechtshoheit über in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Anbieter von Videoabrufdiensten verstößt.

2.3.2.1.   Artikel 110 AEUV

(22)

Eine Abgabe wäre insoweit mit Artikel 110 unvereinbar und daher verboten, als sie zum Nachteil des eingeführten Erzeugnisses diskriminierend ist, also insoweit, als sie die Belastung des erfassten inländischen Erzeugnisses teilweise ausgleicht (8).

(23)

Dementsprechend können steuerähnliche Abgaben wie die im Rahmen der beschriebenen Regelung erhobene Abgabe mit Artikel 110 AEUV unvereinbar sein, wenn über die Regelung ausschließlich inländische Dienstleister gefördert werden oder wenn inländische Dienstleister stärker gefördert werden als Wettbewerber in anderen Mitgliedstaaten. In einem solchen Fall dürfen eingeführte Dienstleistungen nicht mit einer Abgabe belastet werden, da sonst ein Verstoß gegen den AEUV vorläge. Können die eingeführten Dienstleistungen der Anbieter in anderen Mitgliedstaaten, die der Abgabepflicht unterliegen, hingegen im Rahmen der Regelung in derselben Weise gefördert werden wie die Dienstleistungen inländischer Anbieter, liegt kein Verstoß gegen Artikel 110 AEUV vor.

(24)

Selbst wenn, wie im vorliegenden Fall, eine Regelung vorsieht, dass ausländische Anbieter in nicht diskriminierender Weise ebenfalls gefördert werden können, ist das allein noch nicht hinreichend. Es muss zudem ausgeschlossen werden, dass durch die Förderbedingungen in der Praxis inländische Betreiber strukturell begünstigt werden.

(25)

Die Kommission hat Deutschland und alle Beteiligten zur Stellungnahme und zur Übermittlung einschlägiger Informationen bezüglich der Vereinbarkeit der Regelung mit Artikel 110 AEUV aufgefordert.

2.3.2.2.   Richtlinie 2010/13/EU

(26)

Durch die angemeldete Maßnahme werden in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Anbieter von Videoabrufdiensten mit einer Abgabe belegt, deren Höhe sich nach ihrem Umsatz mit solchen Diensten auf dem deutschen Markt bemisst. Damit stellt sich die Frage, ob die Richtlinie 2010/13/EU auf diese Abgabe anwendbar ist.

(27)

Nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/13/EU sorgen die Mitgliedstaaten im Rahmen des praktisch Durchführbaren und mit angemessenen Mitteln dafür, dass audiovisuelle Mediendienste auf Abruf, die von ihrer Rechtshoheit unterworfenen Mediendiensteanbietern bereitgestellt werden, die Produktion europäischer Werke und den Zugang zu diesen Werken fördern. Als Beispiele für eine solche Förderung werden in Artikel 13 ein finanzieller Beitrag zur Produktion europäischer Werke und zum Erwerb von Rechten an europäischen Werken sowie die Festlegung des Anteils und die Herausstellung europäischer Werke in den Katalogen von Abrufdiensteanbietern genannt. Nach ihrem Erwägungsgrund 19 berührt die Richtlinie 2010/13/EU nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und ihrer Behörden „für die Organisation — einschließlich der gesetzlichen oder behördlichen Zulassungen oder der Besteuerung — und die Finanzierung der Sendungen sowie die Programminhalte“.

(28)

Es ist anzumerken, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie 2010/13/EU Abrufdienste, bei denen der Anbieter keinen Sitz im Empfangsmitgliedstaat hat, noch von geringer Bedeutung waren. Bis heute hat sich ihr Marktanteil jedoch deutlich erhöht. Der Markt für Videoabrufdienste hatte 2014 in der EU einen Wert von 2,501 Mrd. EUR, was ein Wachstum von 272 % seit 2010 bedeutet. In Deutschland wurde dieser Markt 2014 auf 315,2 Mio. EUR beziffert, was eine Zunahme von 172 % seit 2010 ausmacht (9).

(29)

Wäre das FFG als eine Maßnahme zur Umsetzung von Artikel 13 der Richtlinie 2010/13/EU zu betrachten, so wäre die Ausübung der Rechtshoheit durch Deutschland über in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Anbieter von Videoabrufdiensten im Lichte der in der Richtlinie enthaltenen Bestimmungen zur Rechtshoheit zu bewerten. Nach Artikel 2 Absatz 1, Absatz 2 Buchstabe a und Absatz 3 der Richtlinie 2010/13/EU üben die Mitgliedstaaten — im Einklang mit den in der Richtlinie festgelegten spezifischen Bestimmungen — die Rechtshoheit über die audiovisuellen Mediendienste aus, die von in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet niedergelassenen Diensteanbietern übertragen werden. Nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2010/13/EU „gewährleisten [die Mitgliedstaaten] den freien Empfang und behindern nicht die Weiterverbreitung von audiovisuellen Mediendiensten aus anderen Mitgliedstaaten in ihrem Hoheitsgebiet aus Gründen, die Bereiche betreffen, die durch diese Richtlinie koordiniert sind“.

(30)

Ist die Richtlinie 2010/13/EU anwendbar, würde es somit dem Mitgliedstaat, in dem der Mediendiensteanbieter niedergelassen ist, obliegen, die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen, die für seiner Rechtshoheit unterfallende audiovisuelle Mediendienste gelten. Mögliche Gründe für eine Abweichung von diesem Grundsatz in Bezug auf audiovisuelle Mediendienste auf Abruf sind in Artikel 3 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2010/13/EU erschöpfend aufgeführt.

(31)

Folglich hat die Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss Zweifel an der Vereinbarkeit der angemeldeten Änderung der bestehenden staatlichen Beihilfemaßnahme FFG mit dem Binnenmarkt geäußert. Die Zweifel betrafen insbesondere die Vereinbarkeit der Filmvertriebsförderung, die über einen Fonds finanziert wird, der sich unter anderem aus Abgaben von außerhalb Deutschlands ansässigen Anbietern von Videoabrufdiensten speist, mit der Richtlinie 2010/13/EU.

3.   STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN

(32)

Bei der Kommission sind Stellungnahmen von 10 Beteiligten eingegangen: Geäußert haben sich die deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF, der deutsche Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (im Folgenden „VPRT“), die European Digital Media (im Folgenden „EDiMA“), der Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber (im Folgenden „ANGA“), der öffentliche Filmfonds Mitteldeutsche Medienförderung GmbH (im Folgenden „MDM“), die Spitzenorganisation der Deutschen Filmwirtschaft e.V. (im Folgenden „SPIO“) als Vertreterin ihrer Mitglieder aus den Bereichen Filmproduktion, Filmtechnik und Filmvertrieb, die Filmtheaterbetreiber (AG Kino und HDF Kino) und die Allianz deutscher Produzenten (im Folgenden „Produzentenallianz“). Ein Beteiligter hat beantragt, dass seine Identität nicht bekannt gegeben wird.

3.1.   Möglicher Verstoß gegen Artikel 110 AEUV

(33)

Einerseits hegt der Beteiligte, dessen Identität nicht offengelegt werden kann (im Folgenden „Unternehmen X“), Bedenken, dass Artikel 110 AEUV verletzt wird. Wenngleich die Regelung vorsehe, dass ausländische Anbieter in nicht diskriminierender Weise ebenfalls gefördert werden könnten, würden in der Praxis die Förderbedingungen inländische Betreiber strukturell begünstigen.

(34)

Es werde zu einer Diskriminierung kommen, da es sich bei den Mitgliedern des Gremiums, das über die Vergabe der Beihilfen entscheidet, zumindest zum derzeitigen Zeitpunkt ausschließlich um Deutsche handele. Die Gewährung von Fördermitteln sei ermessensabhängig, so dass die Gelder aller Wahrscheinlichkeit nach deutschen Unternehmen zufließen würden. Ferner macht Unternehmen X geltend, dass ausländische Anbieter einen höheren Anteil ausländischer Inhalte anböten, auch wenn sie sich an ein deutsches Publikum richteten. Da sie eine geringere Zahl deutscher Filme im Angebot hätten, komme auch nur eine geringere Zahl ihrer Filme für eine Vertriebsbeihilfe in Betracht. Außerdem hätten ausländische Anbieter von Videoabrufdiensten eine Sprachbarriere zu überwinden, weil die einschlägigen Bestimmungen ausschließlich in deutscher Sprache vorlägen und auch die Anträge in deutscher Sprache einzureichen seien.

(35)

Unternehmen X kritisiert die geringe Höhe der pro Film gewährten Vertriebsbeihilfe sowie den insgesamt geringen Anteil des Vertriebs über Videoabruf bei dieser Art von Beihilfe im Vergleich zu Verkäufen von Videos auf DVD oder Blu-Ray. Bemängelt wird ferner, dass die Abgabe auf den mit allen Filmen erzielten Umsatz erhoben wird, unabhängig davon, ob sie als deutsche oder europäische Filme für eine Vertriebsbeihilfe in Betracht kämen oder nicht. Zudem seien inländische Anbieter von Videoabrufdiensten in geringerem Maße von der Abgabe betroffen, da es sich bei einigen von ihnen um vertikal integrierte Anbieter von Videoabrufdiensten und TV- oder Kabelbetreiber handele, die auch in den Genuss einer Produktionsbeihilfe des aus Beiträgen von Anbietern von Videoabrufdiensten gespeisten Deutschen Filmförderfonds kommen könnten.

(36)

Der ANGA, der auch Anbieter von Videoabrufdiensten in Deutschland vertritt, sieht dagegen eine Diskriminierung inländischer Anbieter, da sie eine Pflichtabgabe auf ihr inländisches Angebot zu entrichten hätten, wohingegen ausländische Wettbewerber, die mit maßgeschneiderten Angeboten für denselben Markt mit ihnen im Wettbewerb stünden, allein deswegen, weil sie ihren Sitz im Ausland hätten, auf ihre relevanten Umsätze keine Abgabe abzuführen hätten. Die SPIO, der VPRT, die Produzentenallianz und die MDM gehen zudem davon aus, dass die Abgabe der Diskriminierung inländischer Anbieter ein Ende setzen wird. Nach Angaben der SPIO wird der größte Teil des Umsatzes mit Videoabrufdiensten in Deutschland von 13 Unternehmen generiert, von denen 6 im Ausland niedergelassen sind. Nicht berücksichtigt ist bei diesen Zahlen der kürzliche Markteintritt eines führenden Anbieters von Videoabrufdiensten aus den Vereinigten Staaten, der in den Niederlanden niedergelassen ist. Aus Sicht der SPIO sollte der entscheidende Faktor für die Erhebung der Abgabe nicht der mehr oder weniger zufällige Standort des Anbieters sein. Im digitalen Zeitalter benötige ein Anbieter nicht mehr als eine Niederlassung im Binnenmarkt. Von größerer Relevanz für die Abgabenerhebung solle die Frage sein, ob der Anbieter Filmlizenzen für den deutschen Markt erwirbt, die es ihm ermöglichen, dort Geschäfte mit den Endverbrauchern zu tätigen. Die SPIO verweist zudem auf von ihr erhobene Daten, aus denen hervorgeht, dass ausländische Anbieter von Videoabrufdiensten in ihren Angeboten deutschen Produktionen einen vergleichbaren Stellenwert einräumen wie inländische Anbieter.

3.2.   Vereinbarkeit mit der Richtlinie 2010/13/EU

(37)

Mit Blick auf die Richtlinie 2010/13/EU vertreten Unternehmen X und die EDiMA die Auffassung, dass die angemeldete Regelung eine Maßnahme zur Förderung des Zugangs zu europäischen Werken im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 dieser Richtlinie darstelle und gegen das Herkunftslandprinzip verstoße.

(38)

Die übrigen Beteiligten befürworteten den deutschen Vorschlag und vertraten die Ansicht, dass die Abgabe nicht gegen Artikel 13 Absatz 1 in Verbindung mit den Artikeln 2 und 3 der Richtlinie 2010/13/EU verstoße.

4.   STELLUNGNAHME DEUTSCHLANDS

(39)

Deutschland legt dar, dass es generell im Interesse aller Mitgliedstaaten liege, zu verhindern, dass Unternehmen ihren Firmensitz in erster Linie aus steuer- oder abgaberechtlichen Gründen wählen und es damit im Filmbereich zu einem verzerrten Standortwettbewerb kommt. Ein Ausschluss der Anbieter von Videoabrufdiensten, die außerhalb Deutschlands niedergelassen sind und sich an eine deutsche Kundschaft richten, werde sich negativ auf die Förderung europäischer Werke auswirken.

4.1.   Möglicher Verstoß gegen Artikel 110 AEUV

(40)

Deutschland bekräftigt seine Überzeugung, dass die geplante Abgabe für ausländische Anbieter von Videoabrufdiensten auch in der Praxis inländische Betreiber nicht gegenüber ausländischen Betreibern begünstige. Die Behauptung von Unternehmen X, dass die Fördermittel deutschen Unternehmen zufließen würden, weil das Vergabegremium sich aus Deutschen zusammensetze, ist laut Deutschland nicht haltbar. Kriterium für eine Förderung sei nicht der Sitz des Antragstellers, sondern die kulturelle und kreative Qualität der audiovisuellen Werke, die für eine Vertriebsförderung in Betracht kämen. Deutschland erkennt ausdrücklich an, dass ausländische Anbieter von Videoabrufdiensten eine beträchtliche Zahl förderfähiger deutscher Filme anbieten, und begrüßt dies.

(41)

Nicht stichhaltig sei auch das Argument, ausländische Unternehmen böten einen höheren Anteil ausländischer Inhalte an und somit auch weniger Filme, die für eine Vertriebsförderung in Betracht kämen, obwohl die Abgabe auf den mit allen Filmen erzielten Gesamtumsatz erhoben würde. Erstens werde nicht zwischen inländischen und ausländischen Anbietern unterschieden. Inländische Anbieter mit einem zum größten Teil nicht förderfähigen Filmangebot befänden sich in derselben Situation. Zweitens stelle dies keine indirekte Diskriminierung dar, da ausländische Unternehmen tatsächlich nicht weniger förderfähige Filme anböten als ihre inländischen Wettbewerber, sondern sogar mehr, wie die von der Kommission in ihrer Mitteilung über den europäischen Film im digitalen Zeitalter (10) angeführten Daten der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle bestätigten.

(42)

Deutschland weist außerdem das Argument zurück, ausländische Anbieter von Videoabrufdiensten müssten eine Sprachbarriere überwinden. Der Abgabepflicht unterworfen seien ausschließlich Anbieter, die ihr Angebot aktiv in deutscher Sprache auf dem deutschen Markt vermarkten; diese müssten ohnehin mit den einschlägigen Rechtsvorschriften vertraut sein. Im Übrigen erteile der Fonds den Anbietern bei Bedarf auch Auskünfte in englischer Sprache.

(43)

Was die angeblich geringe Höhe der pro Film gewährten Vertriebsbeihilfe sowie den insgesamt geringen Anteil des Vertriebs über Videoabruf bei dieser Art von Beihilfe anbelangt, vertritt Deutschland die Auffassung, dass sich die Bedingungen für die Gewährung der Vertriebsbeihilfe nicht von denen für die Gewährung der verschiedenen Formen technischer Hilfe unterschieden. In keinem Fall förderfähig seien beispielsweise die Kosten für die Schaffung der allgemeinen technischen Infrastruktur für die Bereitstellung der Filme auf den verschiedenen Trägermedien. Die Beihilfe werde für ein bestimmtes förderfähiges Werk gewährt.

(44)

Was schließlich das Argument anbelangt, inländische Anbieter von Videoabrufdiensten seien in geringerem Maße von der Abgabe betroffen, da es sich bei einigen von ihnen um vertikal integrierte Videoabrufdienste und TV- oder Kabelbetreiber handele, stellt Deutschland klar, dass dies zum einen nur auf einige Anbieter zutreffe und dass zum zweiten bei dieser Argumentation übersehen werde, dass der Rundfunkbereich dieser Unternehmen ebenfalls Beiträge an den Filmfonds abführen müsse.

4.2.   Vereinbarkeit mit der Richtlinie 2010/13/EU

(45)

Deutschland vertritt die Auffassung, dass die geplante Abgabe nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2010/13/EU falle. Somit verstoße sie nicht gegen Artikel 13 Absatz 1 in Verbindung mit den Artikeln 2 und 3 dieser Richtlinie. Die Abgabe könne nicht als Regulierungsmaßnahme betrachtet werden, die sich auf Mediendienste, ihre Programme und ihren Vertrieb auswirkt. Die Filmförderung sei auf Unionsebene nicht harmonisiert. Eine Erhebung der Abgabe am Ort der Nutzung bzw. Inanspruchnahme des Mediendienstes folge auch der Logik, die bei der seit 1. Januar 2015 geltenden Mehrwertbesteuerung von Dienstleistungen in der Union zugrunde gelegt werde.

(46)

Angesichts des rasch wachsenden Marktanteils ausländischer Anbieter von Videoabrufdiensten stelle es für die deutschen Anbieter einen Wettbewerbsnachteil dar, wenn sie weiterhin eine Abgabe entrichten müssten, der ihre ausländischen Wettbewerber auf dem nationalen Markt nicht unterworfen seien. So sei beispielsweise iTunes, das nicht in Deutschland niedergelassen sei, schon heute der führende Anbieter von Videoabrufdiensten für deutsche Filme.

5.   WÜRDIGUNG DER MASSNAHME

5.1.   Vorliegen einer Beihilfe

(47)

Wie in den Erwägungsgründen 13 bis 16 dieses Beschlusses dargelegt, stellt die beschriebene Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar. Die finanzielle Unterstützung zur Förderung des Filmvertriebs wird aus staatlichen Mitteln gewährt, sie verschafft Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil, und dieser Vorteil ist selektiv und kann den Wettbewerb und den Handel im Binnenmarkt verfälschen oder zu verfälschen drohen.

5.2.   Vereinbarkeit der geänderten Beihilferegelung für Videoabrufdienste mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe d AEUV

(48)

Bei der geplanten Maßnahme — der finanziellen Förderung von Videoabrufdiensten ohne Sitz oder Niederlassung in Deutschland und der Erhebung einer Abgabe von Anbietern solcher Dienste — handelt es sich um eine Änderung der Regelung, die von der Kommission für die Zeit bis zum 31. Dezember 2016 genehmigt wurde. Die Kriterien für die Würdigung staatlicher Beihilfen haben sich seit der letzten Genehmigung der Regelung nicht geändert.

(49)

Beihilfen für den Filmvertrieb über Videoabrufdienste als solche wurden von der Kommission bereits für mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe d AEUV vereinbar erklärt. (11) Daher hat sie schon im Einleitungsbeschluss festgestellt, dass sich die Ausweitung des Kreises der in Frage kommenden Beihilfeempfänger auf nicht in Deutschland ansässige Unternehmen an sich nicht negativ auf das Ergebnis der nach dem genannten Artikel durchgeführten Vereinbarkeitsprüfung auswirkt.

5.3.   Mögliche Verletzung anderer Vorschriften des Unionsrechts

5.3.1.   Vereinbarkeit mit Artikel 110 AEUV

(50)

Die neue Abgabe verstößt nicht gegen Artikel 110 AEUV. Ausländische Anbieter von Videoabrufdiensten können auch in der Praxis die Förderung in gleicher Weise in Anspruch nehmen. Wie von Deutschland dargelegt, sieht die Regelung wirksame Vorkehrungen vor, die es ausländischen Anbietern von Videoabrufdiensten ermöglichen, in gleicher Weise eine Vertriebsförderungsbeihilfe zu beantragen wie ihre deutschen Wettbewerber.

(51)

Ausländische Unternehmen können sich genauso wie in Deutschland ansässige Unternehmen über die Möglichkeit einer Förderung informieren. In jedem Fall erlangen sie individuell davon Kenntnis, wenn sie Beiträge an einen Fonds abführen müssen, über den Fördermittel für den Filmvertrieb zur Verfügung gestellt werden. Zudem wird die Beihilfe nur auf Antrag gewährt, und Anträge ausländischer Unternehmen werden genauso behandelt wie Anträge deutscher Unternehmen. Das Auswahlgremium ist verpflichtet, Anträge ausschließlich aufgrund der kulturellen Qualität der Filme, für die eine Förderung beantragt wird, zu bewerten. Demnach gehört die Niederlassung des Vertreibers nicht zu den Kriterien, die das Auswahlgremium bei seiner Entscheidung heranziehen darf.

(52)

Außerdem profitieren ausländische Anbieter deutschsprachiger Filme auch indirekt — genauso wie ihre deutschen Wettbewerber — von der Förderung der Filmproduktion in Deutschland. Durch diese Unterstützung wird ein dauerhaftes Angebot an von Deutschland geförderten Filmen sichergestellt, die die ausländischen Anbieter in ihr Angebot aufnehmen können. Dies wird auch durch die Tatsache bestätigt, dass der Anteil deutscher Filme in ihren Katalogen dem Anteil in den Katalogen inländischer Anbieter vergleichbar ist.

(53)

Das Unternehmen X hat das Argument angeführt, dass inländische Anbieter von Videoabrufdiensten in geringerem Maße von der Abgabe betroffen seien, da es sich bei einigen von ihnen um vertikal integrierte Videoabrufdienste und TV- oder Kabelbetreiber handele, die auch eine Produktionsbeihilfe in Anspruch nehmen könnten. Bei dieser Argumentation wird außer Acht gelassen, dass eine derartige Differenzierung zwischen integrierten und nicht integrierten Unternehmen nicht mit dem Niederlassungsort zusammenhängt. Auch die Auswirkungen für deutsche Anbieter von TV- und Videoabrufdiensten wären unterschiedlich. Außerdem wird übersehen, dass auch Anbieter von Videoabrufdiensten förderfähige Filme produzieren.

5.3.2.   Vereinbarkeit mit der Richtlinie 2010/13/EU

(54)

Es stellt sich die Frage, ob die betreffende Abgabe, die durch ihre Ausgestaltung auf Dienste erhoben wird, die sich an ein deutsches Publikum richten, in den Geltungsbereich von Richtlinie 2010/13/EU fällt. Die betreffende Abgabe fließt in einen öffentlichen Fonds (die FFA), der zur Förderung unterschiedlicher Kulturziele im audiovisuellen Sektor verwendet wird. 30 % der durch die Abgabe generierten Einnahmen werden für die Förderung des Filmvertriebs über Bildträger oder Videoabrufdienste eingesetzt. Der Rest wird gemeinsam mit den Abgaben von Kinobetreibern und Fernsehveranstaltern über andere Kanäle in die allgemeinere Förderung der Filmproduktion oder des Filmvertriebs fließen.

(55)

In Artikel 13 Absatz 1 der Richtlinie 2010/13/EU sind Maßnahmen im Zusammenhang mit der Förderung europäischer Werke durch audiovisuelle Mediendienste auf Abruf vorgesehen sowie, dass der Mitgliedstaat mit Rechtshoheit über die Anbieter solcher Dienste diese Förderung sicherstellt. Dies kann beispielsweise über einen finanziellen Beitrag solcher Dienste zur Produktion europäischer Werke erfolgen.

(56)

Die Tatsache, dass die in Rede stehende Abgabe zur Finanzierung einer öffentlichen Einrichtung dient, deren Aufgabe unter anderem darin besteht, die Produktion und den Vertrieb europäischer Werke zu fördern, lässt Zweifel aufkommen, ob sie unter Artikel 13 Absatz 1 der Richtlinie 2010/13/EU fällt. In Artikel 13 Absatz 1 der Richtlinie 2010/13/EU ist nicht angegeben, ob die Förderung europäischer Werke ohne Beteiligung anderer Parteien als des Abrufdiensteanbieters selbst zu erfolgen hat.

(57)

Zudem könnte die Erhebung einer Abgabe wie der in Rede stehenden auf Dienste aus einem Mitgliedstaat, die auf den Markt eines anderen Mitgliedstaats abzielen, die Frage aufwerfen, ob mit dieser Abgabe nicht der in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2010/13/EU verankerte Grundsatz in Frage gestellt wird, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Mediendiensteanbieter niedergelassen ist, die Rechtshoheit über diesen Anbieter hat.

(58)

Es wurde eine Änderung der Richtlinie 2010/13/EU vorgeschlagen, um sicherzustellen, dass in der Richtlinie auf angemessene Weise die linearen und nichtlinearen Marktentwicklungen im Zusammenhang mit audiovisuellen Mediendiensten berücksichtigt werden. Der Vorschlag für diese Änderung wurde am 25. Mai 2016 von der Kommission angenommen. (12) Darin wird klargestellt, dass die Mitgliedstaaten das Recht haben, die ihrer Rechtshoheit unterworfenen Anbieter audiovisueller Mediendienste auf Abruf dazu zu verpflichten, finanziell zur Produktion europäischer Werke beizutragen. Mit der vorgeschlagenen Änderung des Artikels 13 wird insbesondere präzisiert, dass die Mitgliedstaaten das Recht haben, Anbieter audiovisueller Mediendienste auf Abruf, die auf Zuschauer in ihrem Gebiet ausgerichtet, aber in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, zur Leistung solcher Beiträge zu verpflichten. Für diesen Fall sieht die vorgeschlagene Änderung vor, dass der finanzielle Beitrag nur auf den Einnahmen beruht, die im Empfangsmitgliedstaat erzielt werden. Wenn der Mitgliedstaat, in dem der Anbieter niedergelassen ist, einen finanziellen Beitrag auferlegt, berücksichtigt er etwaige von Empfangsmitgliedstaaten auferlegte finanzielle Verpflichtungen.

(59)

Die Kommission betrachtet den vorgeschlagenen Wortlaut des Artikels 13 der Richtlinie 2010/13/EU als Klarstellung dessen, was bereits im Rahmen der derzeit geltenden Richtlinie möglich war. Dieser Artikel ist auch in seiner für die Zwecke des vorliegenden Beschlusses anzuwendenden Fassung nicht so zu verstehen, dass dem Mitgliedstaat, in dem der Anbieter niedergelassen ist, die ausschließliche Zuständigkeit dafür zugewiesen wird, die Anbieter von Mediendiensten auf Abruf mit einer Abgabe zu belegen, um einen Beitrag zur Produktion von europäischen Werken, zum Erwerb von Rechten an diesen europäischen Werken oder zur Festlegung des Anteils und/oder zur Herausstellung europäischer Werke in den Programmkatalogen des audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf zu leisten. Denn der Wortlaut des Artikels ist weder kategorisch noch uneingeschränkt. Zudem ist die Erhebung einer Abgabe von Anbietern audiovisueller Mediendienste auf Abruf lediglich ein Beispiel für mögliche Maßnahmen, die der Mitgliedstaat mit Rechtshoheit treffen kann.

(60)

Eine Auslegung wonach das Herkunftslandprinzip gemäß Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 2010/13/EU auf eine Abgabe wie derjenigen im vorliegenden Fall Anwendung findet, führt zu Situationen, in denen Anbieter, die auf demselben Markt tätig sind, unterschiedlichen Verpflichtungen unterliegen. In der Tat würde eine Auslegung, nach der ein Mitgliedstaat Anbieter von Videoabrufdiensten, die sich gezielt an sein Publikum richten, aber in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, von einem Beitrag zur Förderung europäischer Werke freistellen müsste, zu einer Diskriminierung von Anbietern, die in dem erstgenannten Mitgliedstaat niedergelassen sind und einer Abgabe unterliegen, führen, während sich beide Anbieter auf demselben Markt im Wettbewerb finden.

(61)

Zudem war das Ausmaß des Wachstum des Marktanteils der grenzüberschreitenden Bereitstellung von Videoabrufdiensten und dementsprechend der Bedeutung ihres Beitrag zu Filmfonds, wie in Erwägungsgrund 28 dargelegt, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie 2010/13/EU noch nicht erkennbar. Die Kommission stellt insbesondere fest, dass die von Deutschland angemeldete Maßnahme die abgabenpflichtigen Einnahmen ausdrücklich auf die im Empfangsmitgliedstaat erzielten Einnahmen, auf welche nicht bereits im Niederlassungsmitgliedstaat ein Beitrag erhoben wird, begrenzt.

(62)

Folglich wird die Zulässigkeit der Erhebung der Abgabe auf bestimmte Anbieter von Videoabrufdiensten, die ihre Dienste von Standorten außerhalb Deutschlands aus erbringen, insbesondere nicht durch die Richtlinie 2010/13/EU infrage gestellt.

6.   SCHLUSSFOLGERUNG

(63)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass die Änderung der Beihilferegelung FFG, die Deutschland zur Förderung des Videoabrufvertriebs durchzuführen beabsichtigt, mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe d und Artikel 110 AEUV vereinbar ist und auch nicht gegen die Richtlinie 2010/13/EU verstößt —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Maßnahme, die Deutschland mit dem Filmförderungsgesetz in der Fassung des siebten Änderungsgesetzes durchzuführen beabsichtigt, ist im Sinne des Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe d des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union mit dem Binnenmarkt vereinbar.

Die Durchführung der Maßnahme wird daher genehmigt.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 1. September 2016

Für die Kommission

Margrethe VESTAGER

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 437 vom 5.12.2014, S. 57.

(2)  Vgl. Fußnote 1.

(3)  Die Abgabe für die Videowirtschaft beträgt 1,8 % bei einem Umsatz von bis zu 30 Mio. EUR, 2,0 % bei einem Umsatz zwischen 30 und 60 Mio. EUR und 2,3 % bei einem Umsatz von über 60 Mio. EUR.

(4)  Kommissionsbeschluss vom 3. Dezember 2013 in der Beihilfesache SA.36753 — Deutschland, Filmförderungsgesetz, mit Bezugnahme auf die Erwägungsgründe 80-95 der Kommissionsentscheidung vom 10. Dezember 2008 in der Sache N 477/2008 — Deutschland, Deutsches Filmförderungsgesetz.

(5)  Urteil Régie Networks, C-333/07, EU:C:2008:764, Rn. 99; Urteil vom 11. Juli 2014, DTS Distribuidora de Televisión Digital/Kommission, T-533/10, Slg, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2014:629, Rn. 51, und Urteil Telefónica de España et Telefónica Móviles España/Kommission, T-151/11, Slg, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2014:631, Rn. 101.

(6)  Urteile DTS Distribuidora de Televisión Digital/Kommission, oben in Fn. 5 angeführt, EU:T:2014:629, Rn. 50, und Telefónica de España et Telefónica Móviles España/Kommission, oben in Fn. 5 angeführt, EU:T:2014:631, Rn. 100.

(7)  Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1).

(8)  Entscheidung der Kommission 2000/116/EG in der Sache C 34/1997 über die aus steuerähnlichen Abgaben finanzierte staatliche Beihilfe der Niederlande für die Förderung von Zierpflanzen (ABl. L 34 vom 9.2.2000, S. 20), Erwägungsgrund 63.

(9)  European Audiovisual Observatory — Trends in Video-on-Demand revenues, p. 3-4, https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/study-data-and-information-costs-and-benefits-audiovisual-media-service-directive-avmsd.

(10)  COM(2014) 272 final, S. 4 und 5: „Was die Präsenz europäischer Filme betrifft, geht aus verfügbaren Daten hervor, dass ein globaler Wirtschaftsakteur (der in 26 Ländern der EU wirtschaftlich tätig ist) in den wichtigsten nationalen Läden mehr EU-Blockbuster und Gewinner europäischer Filmauszeichnungen anbietet als nationale VoD-Anbieter.“

(11)  Siehe Fußnote 4.

(12)  Vorschlag für eine Richtlinie des Europäisches Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste im Hinblick auf sich verändernde Marktgegebenheiten (COM(2016) 287 final), http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52016PC0287&from=DE.


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