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Document 32021D1940

    Beschluss (EU) 2021/1940 des Rates vom 9. November 2021 über die teilweise Aussetzung der Anwendung des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Belarus zur Erleichterung der Visaerteilung

    ST/12825/2021/INIT

    ABl. L 396 vom 10.11.2021, p. 58–60 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2021/1940/oj

    10.11.2021   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 396/58


    BESCHLUSS (EU) 2021/1940 DES RATES

    vom 9. November 2021

    über die teilweise Aussetzung der Anwendung des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Belarus zur Erleichterung der Visaerteilung

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe a und Artikel 218 Absatz 9,

    gestützt auf das Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Belarus zur Erleichterung der Visaerteilung (1), insbesondere auf Artikel 14 Absatz 5,

    auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)

    Das Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Belarus zur Erleichterung der Visaerteilung (im Folgenden „Erleichterungsabkommen“) trat am 1. Juli 2020 parallel zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Belarus zur Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt (im Folgenden „Rückübernahmeabkommen“) (2) in Kraft.

    (2)

    Zweck des Erleichterungsabkommens ist die Erleichterung der Erteilung von Visa für einen geplanten Aufenthalt von höchstens 90 Tagen pro Zeitraum von 180 Tagen für Unionsbürger und Staatsbürger der Republik Belarus auf der Grundlage der Gegenseitigkeit. Das Erleichterungsabkommen trägt dazu bei, die Kontakte zwischen den Menschen zu intensivieren und gemeinsame Werte, darunter die Achtung der Menschenrechte und die demokratischen Grundsätze, zu fördern.

    (3)

    Nach Artikel 14 Absatz 5 des Erleichterungsabkommens kann jede Vertragspartei das Erleichterungsabkommen ganz oder teilweise aussetzen. Die Entscheidung über die Aussetzung ist der anderen Vertragspartei spätestens 48 Stunden vor ihrem Inkrafttreten mitzuteilen. Die Vertragspartei, die die Anwendung des Erleichterungsabkommens ausgesetzt hat, hat die andere Vertragspartei unverzüglich über das Entfallen der für die Aussetzung ausschlaggebenden Gründe zu informieren.

    (4)

    Als Reaktion auf die anhaltenden brutalen Repressionen gegen die gesamte belarussische Gesellschaft und insbesondere auf die Entführung eines Passagierflugzeugs am 23. Mai 2021 hat die Union den belarussischen Luftfahrtunternehmen das Überfliegen des Gebiets der Union und den Zugang zu Flughäfen in der Union untersagt und mit der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 des Rates (3) und dem Beschluss 2012/642/GASP des Rates (4) das vierte Sanktionspaket gegen natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen sowie gezielte Wirtschaftssanktionen eingeführt.

    (5)

    Als Reaktion auf diese restriktiven Maßnahmen haben die belarussischen Behörden am 28. Juni 2021 als Vergeltungsmaßnahme die Aussetzung ihrer Beteiligung an der Östlichen Partnerschaft sowie die Aussetzung des Rückübernahmeabkommens angekündigt. Am 8. September 2021 wurde dem belarussischen Parlament ein Gesetzentwurf über die Aussetzung des Rückübernahmeabkommens vorgelegt.

    (6)

    Gleichzeitig verzeichnen Litauen und seit Kurzem Polen und Lettland einen beispiellosen Anstieg irregulärer Grenzübertritte aus Belarus. Dieser plötzliche Anstieg deutet darauf hin, dass das belarussische Regime irreguläre Migration aus politischen Gründen unterstützt, insbesondere als Vergeltung gegen Litauen, Polen und Lettland aufgrund ihrer Haltung gegenüber Belarus.

    (7)

    Die von Belarus ergriffenen Maßnahmen verletzen die Grundprinzipien, auf denen das Erleichterungsabkommen beruht, und laufen den Interessen der Union und ihrer Mitgliedstaaten zuwider. Diese Maßnahmen stehen insbesondere im Widerspruch zur Achtung der Menschenrechte oder demokratischen Grundsätzen und führen zu irregulärer Migration aus dem Hoheitsgebiet von Belarus in das Hoheitsgebiet der Union.

    (8)

    Daher sollte die Anwendung einiger Bestimmungen des Erleichterungsabkommens, die Erleichterungen für bestimmte Gruppen von Antragstellern für Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt vorsehen, insbesondere für Mitglieder offizieller belarussischer Delegationen, Mitglieder nationaler und regionaler Regierungen und Parlamente von Belarus, Mitglieder des Verfassungsgerichts von Belarus und des Obersten Gerichtshofs von Belarus in Ausübung ihres Amtes ausgesetzt werden.

    (9)

    Dieser Beschluss stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich Irland gemäß dem Beschluss 2002/192/EG des Rates (5) nicht beteiligt; Irland beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet.

    (10)

    Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet —

    HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

    Artikel 1

    Die Anwendung der folgenden Bestimmungen des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Belarus zur Erleichterung der Visaerteilung (im Folgenden „Erleichterungsabkommen“) wird ausgesetzt:

    a)

    Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a in Bezug auf Visumantragsteller, die Mitglieder offizieller Delegationen, einschließlich ständiger Mitglieder dieser Delegationen, sind, die mit einer an Belarus gerichteten offiziellen Einladung an offiziellen Treffen, Beratungen, Verhandlungen oder Austauschprogrammen sowie an Veranstaltungen zwischenstaatlicher Organisationen teilnehmen, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stattfinden;

    b)

    Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a und b in Bezug auf Visumantragsteller, die in Ausübung ihres Amtes Mitglieder nationaler oder regionaler Regierungen oder Parlamente von Belarus, des Verfassungsgerichts von Belarus oder des Obersten Gerichtshofs von Belarus sind, sowie Visumantragsteller, die ständige Mitglieder belarussischer offizieller Delegationen sind und die mit einer an Belarus gerichteten offiziellen Einladung regelmäßig an Treffen, Beratungen, Verhandlungen oder Austauschprogrammen sowie an Veranstaltungen zwischenstaatlicher Organisationen teilnehmen, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stattfinden;

    c)

    Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a in Bezug auf Visumantragsteller, die Mitglieder einer belarussischen offiziellen Delegation sind und mit einer offiziellen an Belarus gerichteten Einladung regelmäßig an offiziellen Treffen, Beratungen, Verhandlungen oder Austauschprogrammen sowie an Veranstaltungen zwischenstaatlicher Organisationen teilnehmen, die im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten stattfinden;

    d)

    Artikel 6 Absatz 3 Buchstaben a und b in Bezug auf Visumantragsteller, die Mitglieder nationaler oder regionaler Regierungen oder Parlamente von Belarus oder des Verfassungsgerichts von Belarus oder des Obersten Gerichtshofs von Belarus sind, sowie Visumantragsteller, die Mitglieder einer belarussischen offiziellen Delegation, einschließlich ständiger Mitglieder dieser Delegationen, sind und mit einer an Belarus gerichteten offiziellen Einladung an offiziellen Treffen, Beratungen, Verhandlungen oder Austauschprogrammen sowie an Veranstaltungen zwischenstaatlicher Organisationen teilnehmen, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stattfinden.

    Artikel 2

    Der Präsident des Rates nimmt die in Artikel 14 Absatz 5 des Erleichterungsabkommens vorgesehene Notifikation im Namen der Union spätestens 48 Stunden vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Beschlusses vor.

    Artikel 3

    Dieser Beschluss tritt am zweiten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

    Geschehen zu Brüssel am 9. November 2021.

    Im Namen des Rates

    Der Präsident

    A. ŠIRCELJ


    (1)  ABl. L 180 vom 9.6.2020, S. 3.

    (2)  ABl. L 181 vom 9.6.2020, S. 3.

    (3)  Beschluss des Rates (EG) Nr. 765/2006 vom 18. Mai 2006 über restriktive Maßnahmen gegen Präsident Lukaschenko und verschiedene belarussische Amtsträger (ABl. L 134 vom 20.5.2006, S. 1).

    (4)  Beschluss 2012/642/GASP des Rates vom 15. Oktober 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Belarus (ABl. L 285 vom 17.10.2012, S. 1).

    (5)  Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20).


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