Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52011AE1376

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Einfuhren bestimmter gewerblicher Waren auf die Kanarischen Inseln“ KOM(2011) 259 endg. — 2011/0111 (CNS)

    ABl. C 376 vom 22.12.2011, p. 58–61 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    22.12.2011   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 376/58


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Einfuhren bestimmter gewerblicher Waren auf die Kanarischen Inseln“

    KOM(2011) 259 endg. — 2011/0111 (CNS)

    2011/C 376/10

    Hauptberichterstatter: Bernardo HERNÁNDEZ BATALLER

    Der Rat beschloss am 16. Juni 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 114 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

    Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Einfuhren bestimmter gewerblicher Waren auf die Kanarischen Inseln

    KOM(2011) 259 endg. — 2011/0111 (CNS)

    Am 20. September 2011 beauftragte das Präsidium die Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch mit den Vorarbeiten zu diesem Thema.

    Angesichts der Dringlichkeit der Arbeiten beschloss der Ausschuss auf seiner 474. Plenartagung am 21./22. September 2011 (Sitzung vom 22. September), Bernardo HERNÁNDEZ BATALLER zum Hauptberichterstatter zu bestellen, und verabschiedete mit 132 gegen 5 Stimmen folgende Stellungnahme:

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss unterstützt den Vorschlag, weil er aus sozioökonomischer Sicht zweckmäßig erscheint und die Europäische Union aufgrund ihrer ausschließlichen Zuständigkeit auf dem Gebiet des Zollwesens eindeutig dazu legitimiert ist.

    1.2   Überdies betrifft der Vorschlag nur eine bestimmte Zahl von Waren und Gütern, für die bereits Zollvergünstigungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 704/2002 des Rates vom 25. März 2002 gelten, wobei lediglich vier weitere Güter (Kautschuk und eine Reihe von Polymeren) hinzugefügt wurden.

    1.3   Kontrollen der besonderen Verwendung gemäß den Bestimmungen des Zollkodex der Gemeinschaften und seiner Durchführungsvorschriften sind in diesem Kontext ein gängiges Verfahren, das den Verwaltungsaufwand der regionalen und lokalen Behörden und Wirtschaftsbeteiligten nicht wesentlich erhöht.

    1.4   Die Beibehaltung der Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs auf Einfuhren bestimmter gewerblicher Waren wird als vorteilhaft für die kanarische Wirtschaft angesehen, die stärker unter den Folgen der Krise zu leiden hat als andere Gebiete in der EU und Spanien.

    1.5   Der EWSA bekräftigt seine Auffassung (1), dass die Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen und steuerlichen Sonderregelungen unerlässlich ist, um den Regionen in äußerster Randlage bei der Überwindung ihrer Strukturprobleme zu helfen.

    2.   Einleitung

    2.1   Die Kanarischen Inseln haben eine Gesamtfläche von 7 542 km2 und sind eine Inselgruppe im Atlantik in über 1 000 km Entfernung vom nächsten Punkt der Iberischen Halbinsel. Zusammen mit den Inselgruppen der Azoren, Madeira, den Ilhas Selvagens und den Kapverdischen Inseln bilden sie die biogeografische Region Makaronesien. Die Kanaren gelten u.a. aufgrund ihrer Abgelegenheit und Insellage als ein Gebiet in äußerster Randlage; der Ausschuss hat sich bereits mehrfach zur Problematik dieser Regionen geäußert (2).

    2.1.1   Die Kanarischen Inseln haben eine Gesamtbevölkerung von derzeit 2 118 519 Einwohnern, wobei Teneriffa (906 854 Einwohner) und Gran Canaria (845 676 Einwohner) (3) am stärksten besiedelt sind und 80 % der Bevölkerung sich auf diesen beiden Inseln konzentriert. Diese dichte Besiedlung verursacht bestimmte soziale Probleme im Zusammenhang mit der hohen Arbeitslosigkeit und starken Einwanderung.

    2.1.2   Die Wirtschaftsbeteiligten auf diesen Inseln sind aufgrund der Abgelegenheit wirtschaftlich und kommerziell erheblich benachteiligt, was sich ungünstig auf die demografische Entwicklung, die Beschäftigung und die soziale und wirtschaftliche Entwicklung auswirkt. Insbesondere das industrielle Gewerbe und die Bauwirtschaft mit ihren Nebensektoren sind von der derzeitigen Wirtschaftskrise stark betroffen, was zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit über den spanischen Landesdurchschnitt hinaus geführt hat. Es besteht zudem die Gefahr, dass sich die allgemeine Wirtschaftslage weiter verschlechtert, da der internationale Tourismus, von dem die Kanaren in zunehmendem Maße abhängig sind, großen Schwankungen unterliegt.

    2.1.3   Der Ausschuss hat bereits darauf hingewiesen (4), dass diese Inseln dauerhaften Nachteilen ausgesetzt sind, weswegen sie sich deutlich von Festlandregionen unterscheiden. Diese dauerhaften Nachteile weisen gemeinsame Merkmale auf, betreffen die Inseln jedoch in unterschiedlichem Maße. Dazu gehören u.a.: die Isolation vom Festland; die höheren Kosten des See- und Luftverkehrs, der Kommunikation und der Infrastrukturen aufgrund natürlicher und klimatischer Gegebenheiten; die begrenzte nutzbare Landfläche; die begrenzten Fischereiressourcen; die begrenzten Wasservorräte; die nur spärlich vorhandenen Energiequellen; die Meeres- und Küstenverschmutzung; die besonderen Schwierigkeiten bei der Abfallbewirtschaftung; die Abwanderung, insbesondere junger Menschen; die Küstenerosion; der Mangel an qualifizierten Arbeitnehmern; das Fehlen eines günstigen wirtschaftlichen Umfelds für das Unternehmertum und die Schwierigkeit des Zugangs zu Bildungs- und Gesundheitsdiensten.

    2.1.4   Der Ausschuss äußerte sich bereits (5) zur Frage der „Mehrkosten“ der Regionen in äußerster Randlage und zählte dazu u.a. die höheren Kosten für den Transport von Gütern, Material und Menschen, die Lagerhaltungskosten, die Personaleinstellungskosten oder die Niederlassungskosten, welche ebenfalls höher ausfallen.

    2.1.5   Das industrielle Gewerbe auf den Kanaren produziert im Wesentlichen für den lokalen Markt der Inseln. Die Kundengewinnung außerhalb der Inseln gelingt kaum. Diese schwierige Lage ist hauptsächlich auf einen Mangel an Beförderungsmitteln und die hohen Kosten zurückzuführen, die beim Erwerb und Vertrieb von Waren entstehen. Das wirkt sich negativ auf die Herstellungskosten von Fertigerzeugnissen aus, die deutlich über den Herstellungskosten ähnlicher Unternehmen auf der Iberischen Halbinsel liegen können.

    3.   Die Kanarischen Inseln und die Europäische Union

    3.1   Die Kanarischen Inseln gehören seit dem Beitritt Spaniens im Jahr 1986 zur Europäischen Union. In der Akte über den Beitritt Spaniens und Portugals wurde die besondere und schwierige wirtschaftliche und soziale Lage der Inselgruppe anerkannt. In Anbetracht der besonderen Probleme wurden die Kanarischen Inseln ursprünglich vom Zollgebiet der Gemeinschaft und der gemeinsamen Handelspolitik sowie von der Anwendung der gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik ausgenommen.

    3.2   Die Europäische Union ist sich sowohl der einzigartigen und besonderen Probleme bewusst, mit denen diese Region konfrontiert ist, als auch der Auswirkungen dieser Probleme auf die Eingliederung der Kanarischen Inseln in die Union. In den letzten Jahren wurden Maßnahmen eingeleitet, die den Umfang und die Auswirkungen dieser Ausnahmeregelungen auf schonende Weise und unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten der Insellage und der äußersten Randlage reduziert haben und in deren Ergebnis die Region seit dem 31. Dezember 2000 Teil des gemeinsamen Zollgebiets der Union ist und vollständig dem Gemeinsamen Zolltarif unterliegt (6).

    3.3   Deshalb wurde die Verordnung (EWG) Nr. 911/91 des Rates vom 26. Juni 1991 über die Anwendung der Vorschriften des Gemeinschaftsrechts auf die Kanarischen Inseln (7) erlassen und dann mehrfach geändert. In Anwendung der Verordnung Nr. 1911/91 wurden durch den Beschluss 91/314/EWG des Rates über ein Programm zur Lösung der spezifisch auf die Abgelegenheit und Insellage der Kanarischen Inseln zurückzuführenden Probleme (POSEICAN) (8) spezifische Maßnahmen entwickelt. Dieses Programm hat die Flexibilisierung in bestimmten Politikfeldern der EU und die Durchführung spezifischer Maßnahmen zugunsten der Kanaren ermöglicht.

    3.4   Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 704/2002 des Rates vom 25. März 2002 zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs auf Einfuhren bestimmter gewerblicher Waren und zur Eröffnung und Verwaltung autonomer Gemeinschaftszollkontingente für Einfuhren bestimmter Fischereierzeugnisse auf die Kanarischen Inseln läuft die Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte Investitionsgüter zur kommerziellen und gewerblichen Verwendung am 31. Dezember 2011 aus, weshalb der hier behandelte Vorschlag noch vor dem Auslaufen der Verordnung (EWG) Nr. 704/2002 vorgelegt wurde.

    3.5   Zudem wird in Artikel 349 AEUV der besondere Status der Kanarischen Inseln als Region in äußerster Randlage anerkannt, deren strukturbedingte soziale und wirtschaftliche Lage durch die Faktoren Abgelegenheit, Insellage, geringe Größe, schwierige Relief- und Klimabedingungen und wirtschaftliche Abhängigkeit von einigen wenigen Erzeugnissen erschwert wird. Als ständige Gegebenheiten und durch ihr Zusammenwirken beeinträchtigen diese Faktoren die Entwicklung nachhaltig, weshalb der Rat auf Vorschlag der Kommission spezifische Maßnahmen festlegen kann, die insbesondere die Zoll- und Handelspolitik, die Steuerpolitik, Freizonen, die Agrar- und Fischereipolitik, die Bedingungen für die Versorgung mit Rohstoffen und grundlegenden Verbrauchsgütern, staatliche Beihilfen sowie die Bedingungen für den Zugang zu den Strukturfonds und den bereichsübergreifenden Programmen der EU betreffen.

    4.   Der Verordnungsvorschlag des Rates

    4.1   Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union lässt Sondermaßnahmen zugunsten der Gebiete der Europäischen Union in äußerster Randlage zu, um die durch die geografische Lage bedingten wirtschaftlichen Nachteile dieser Gebiete auszugleichen. Die lange Dauer der Wirtschafts- und Finanzkrise hat die Probleme bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und durch den Verlust an Wettbewerbsfähigkeit auf den Kanarischen Inseln noch verschärft.

    4.2   Deshalb hat die Regierung des Königreichs Spanien die Verlängerung der geltenden Regelung der Aussetzung der Zollsätze bei der Einfuhr bestimmter gewerblicher Waren für diese Inseln beantragt. Als Instrument dafür wurde eine Verordnung des Rates vorgeschlagen, durch die zugleich der Gemeinsame Zolltarif für vier weitere Erzeugnisse ausgesetzt wird.

    4.3   Dieser Vorschlag steht mit der Politik der EU auf anderen Gebieten und insbesondere in den Bereichen internationaler Handel, Wettbewerb, Unternehmen, Entwicklung und Außenbeziehungen in Einklang. Maßnahmen dieser Art werden regelmäßig eingesetzt, um die Wirtschaftsbeteiligten zu stärken.

    4.3.1   Der Vorschlag erlaubt es den lokalen Wirtschaftsbeteiligten, bestimmte Rohstoffe, Teile, Bauteile und Investitionsgüter zollfrei auf die Kanarischen Inseln einzuführen, da die Zollsätze dafür vorübergehend ausgesetzt wurden.

    4.3.1.1   Konkret werden vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2021 die Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs für die im Anhang zur Verordnung aufgeführten Investitionsgüter zur kommerziellen und gewerblichen Verwendung bei der Einfuhr auf die Kanarischen Inseln vollständig ausgesetzt.

    4.3.1.2   Diese Waren müssen für einen Zeitraum von mindestens 24 Monaten nach ihrer Überlassung in den freien Verkehr von den Wirtschaftsbeteiligten auf den Kanarischen Inseln verwendet werden.

    4.3.1.3   Vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2021 werden auch die Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs auf Einfuhren auf die Kanarischen Inseln der in den KN-Codes des Anhangs II (in der aktualisierten Fassung) genannten Rohstoffe, Teile und Bauteile, die auf den Kanarischen Inseln zur gewerblichen Verarbeitung oder zur Wartung verwendet werden, vollständig ausgesetzt.

    4.3.2   Um jeden Missbrauch oder jede Änderung des üblichen Warenflusses dieser Erzeugnisse zu vermeiden, sollen für die Waren, für deren Einfuhr die Zollaussetzung beantragt wird, Kontrollen der besonderen Verwendung festgelegt und Kooperationsmechanismen vorgesehen werden.

    4.3.3   Rohstoffe, Teile und Bauteile müssen zur gewerblichen Verarbeitung und Wartung auf den Kanarischen Inseln verwendet werden, damit die Zollaussetzung gewährt wird.

    4.3.4   Außerdem müssen Investitionsgüter mindestens zwei Jahre lang von lokalen Unternehmen auf den Inseln verwendet werden, bevor sie abgabenfrei an andere Unternehmen in anderen Teilen des Zollgebiets der Europäischen Union veräußert werden können.

    4.3.4.1   Damit Investoren langfristig planen und Wirtschaftsbeteiligte ihrer Gewerbe- oder Handelstätigkeit gut nachgehen können, wird die vollständige Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte Waren gemäß Anhang II und Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 740/2002 für einen Zeitraum von zehn Jahren verlängert.

    4.3.4.2   Um sicherzustellen, dass diese Zolltarifmaßnahmen nur Wirtschaftsbeteiligten im Gebiet der Kanarischen Inseln zugute kommen, soll die Aussetzung gemäß Zollkodex der Gemeinschaften von der Endverwendung der Erzeugnisse abhängig gemacht werden. Bei Verkehrsverlagerungen wird die Kommission ermächtigt, die Aussetzung vorübergehend aufzuheben.

    5.   Allgemeine Bemerkungen

    5.1   Der EWSA begrüßt den Vorschlag zur Änderung der Verordnung und ist der Ansicht, dass die darin enthaltenen besonderen Maßnahmen erlassen werden können, da sie in keiner Weise die Integrität und Kohärenz der gemeinschaftlichen Rechtsordnung, die auch den Binnenmarkt und die gemeinschaftlichen Politiken umfasst, gefährden.

    5.2   Die rechtlichen und wirtschaftlichen Gründe, die dafür sprechen, werden durch weitere Umstände untermauert: Die Sachverständigengruppe der Kommission „Wirtschaftliche Tariffragen“ hat keinerlei Einwände gegen den Erlass der vorgeschlagenen Maßnahmen erhoben, und aufgrund der allgemeinen Anwendung der vorgeschlagenen Maßnahmen konnte auf eine Folgenabschätzung verzichtet werden.

    5.3   Als Rechtsgrundlage für den Verordnungsvorschlag führt die Kommission Artikel 349 AEUV an, obgleich die Maßnahmen in ihrer Gänze die Zollpolitik betreffen, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fällt. Die Zuleitung des Entwurfs an die nationalen Parlamente scheint daher ein übertriebener Formalismus, möglicherweise im Ergebnis einer weitreichenden Auslegung von Artikel 2 Absatz 1 des Protokolls Nr. 1 im Anhang zum EUV und AEUV (über die Rolle der einzelstaatlichen Parlamente in der EU).

    5.4   Das Rechtsetzungsverfahren zum Erlass der Verordnung wird dadurch voraussichtlich verlangsamt und möglicherweise auch mit interner Polemik und Kontroversen verbunden sein, die dem allgemeinen Interesse der Union und der angemessenen Verwirklichung bestimmter spezifischer Ziele, wie dem Schutz der Gebiete und Regionen in äußerster Randlage vor ungünstigen wirtschaftlichen Bedingungen, häufig Abbruch tun.

    5.5   Angebracht wäre auch eine quantitative und qualitative Abgrenzung des Begriffs „Verkehrsverlagerungen“, deren Auftreten die Kommission ermächtigt, die Aussetzung über Durchführungsrechtsakte aufzuheben.

    5.6   Dies gilt umso mehr, als die quantitative Bemessung dieser Verkehrsverlagerungen die Anfertigung komplexer wirtschaftlicher Marktanalysen erfordert, um das tatsächliche Gleichgewicht zwischen den Einfuhren relevanter Produkte und den Erfordernissen aufgrund der Nachfrage im Inselhandel zu ermitteln.

    5.7   Außerdem sollte die rechtliche Natur der Akte konkretisiert werden, mit denen nach Ablauf des in Artikel 4 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags festgelegten Zwölfmonatszeitraums endgültig beschlossen werden muss, ob die Aussetzung fortzusetzen oder aufzuheben ist.

    5.8   Da es dem Rat obliegt, die hier behandelte Verordnung zur vorübergehenden Aussetzung nach einem besonderen Gesetzgebungsverfahren zu erlassen, erscheint es folgerichtig, dass es auch der Rat ist, der den genannten endgültigen Beschluss fasst und damit die der Kommission übertragenen Befugnisse für Durchsetzungsrechtsakte in Bezug auf die genannte vorübergehende Aufhebung für einen Höchstzeitraum von 12 Monaten einschränkt.

    5.9   Nach Ansicht des Ausschusses trägt der Vorschlag dazu bei, den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und den Wettbewerb zu gleichen Bedingungen in allen Teilen der Europäischen Union zu gewährleisten, indem ein Ausgleich für die dauerhaften geografischen, natürlichen, wirtschaftlichen, sozialen und strukturellen Nachteile der Kanarischen Inseln geschaffen wird.

    5.10   Die vorgeschlagene Aussetzung der Zollsätze steht mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Einklang, wenn man bedenkt, wie gravierend die Nachteile der Kanarischen Inseln - in puncto Zugänglichkeit, demografischer Situation und eventuell Produktivität - sind. Nach Auffassung des Ausschusses dienen die Aussetzungen der Zollsätze dem Ausgleich der durch die Situation der Inseln bedingten Mehrkosten und verzerren nicht den Wettbewerb auf dem Markt, sondern bringen ihn eher wieder ins Gleichgewicht.

    6.   Besondere Bemerkungen

    6.1   Da sich die schlechte Anbindung an das europäische Festland nicht wirklich verbessert hat, wirkte die Einführung einer differenzierten Wirtschafts- und Steuerregelung zum Ausgleich der strukturellen Nachteile belebend auf die kanarische Wirtschaft.

    6.2   Aufgrund der Größe des Marktes der kanarischen Wirtschaft und ihrer Unternehmen sind keine Synergieeffekte auf den Gebieten Rohstoffwirtschaft, Produktionsprozesse, Verkehr, Kommerzialisierung des internen Konsumgütermarktes und Exportkapazität möglich, weshalb die Unternehmen keine Möglichkeit haben, auf nachhaltige Art und Weise oder über nachfrageabhängige Grenzkosten (Nutzung von Größenvorteilen) Mehrwert zu schaffen.

    6.3   Aufgrund all dieser durch die Insellage bedingten Faktoren und „Mehrkosten“ verliert das industrielle Gewerbe an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den übrigen Märkten, die in einem immer stärker globalisierten Umfeld wegen der Möglichkeit von Betriebsverlagerungen an Relevanz gewinnen. Für die kanarische Wirtschaft wäre der Niedergang eines Sektors, der stabile hochqualifizierte Arbeitsplätze schafft und in dem es leichter zu Innovationsprozessen kommt, folgenreich.

    6.4   Durch die Steuer- und Zollregelungen wurde versucht, die durch die Randlage verursachten „Mehrkosten“ zu kompensieren, mit denen die Industrie dieses Gebiets zu kämpfen hat. In einer neueren Studie wurden die aufgrund der Randlage der Kanarischen Inseln anfallenden „Mehrkosten“ auf 5 988 273 924 EUR beziffert, von denen 25 % auf der Industrie lasten.

    6.5   Nach Schätzungen der kanarischen Industrie sind 32 % der „Mehrkosten“ auf die „ungenutzten Produktionskapazitäten“ zurückzuführen, weil Größenvorteile nicht genutzt werden können, da die kanarischen Unternehmen auf einem sehr kleinen lokalen Markt operieren müssen und Schwierigkeiten im Zugang zu den Außenmärkten haben, denn 25 % der Mehrkosten entstehen durch den Transport und 28 % sind energiebedingte „Mehrkosten“.

    Brüssel, den 22. September 2011

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Staffan NILSSON


    (1)  ABl. C 211 vom 19.8.2008, S. 72.

    (2)  ABl. C 221 vom 17.9.2002, S. 37.

    (3)  Angaben des spanischen Nationalen Instituts für Statistik.

    (4)  ABl. C 268 vom 19.9.2000, S. 32.

    (5)  ABl. C 211 vom 19.8.2008, S. 72.

    (6)  Beitrittsakte, Protokoll Nr. 2.

    (7)  ABl. L 171 vom 29.6.1991, S. 1.

    (8)  ABl. L 171 vom 29.6.1991, S. 5.


    Top