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Document 32022H0627(03)

Empfehlung des Rates vom 16. Juni 2022 zu individuellen Lernkonten 2022/C 243/03

ST/8944/2022/INIT

ABl. C 243 vom 27/06/2022, p. 26–34 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

27.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 243/26


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 16. Juni 2022

zu individuellen Lernkonten

(2022/C 243/03)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292, in Verbindung mit Artikel 149,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Qualifizierte Arbeitskräfte sind von entscheidender Bedeutung, um die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit der Union zu stärken, eine beschäftigungswirksame Erholung von der COVID-19-Pandemie zu unterstützen und einen sozial gerechten digitalen und ökologischen Wandel sicherzustellen. Die Menschen müssen mit der Entwicklung der Arbeitsmärkte Schritt halten, indem sie ihre Kompetenzen verbessern. Neue und bessere Kompetenzen eröffnen mehr Möglichkeiten und versetzen die Menschen in die Lage, vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eine aktive Rolle bei der Bewältigung von Übergängen auf dem Arbeitsmarkt zu spielen und uneingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Darüber hinaus können Weiterqualifizierung und Umschulung Erwachsener wirksame Instrumente zur Förderung sozialer Gerechtigkeit und Inklusion im Sinne eines gerechten Übergangs darstellen.

(2)

Gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Charta der Grundrechte (1) hat jede Person das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Aus- und Weiterbildung. Im ersten Grundsatz der vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission am 17. November 2017 gemeinsam verkündeten europäischen Säule sozialer Rechte (2) (im Folgenden „Säule“) ist festgelegt, dass jede Person das Recht auf allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen von hoher Qualität und in inklusiver Form hat, damit sie Kompetenzen bewahren und erwerben kann, die es ihr ermöglichen, vollständig am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und Übergänge auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu bewältigen. Der vierte Grundsatz der Säule betrifft die aktive Unterstützung für Beschäftigung, um das Recht jeder Person auf frühzeitige und bedarfsgerechte Unterstützung zur Verbesserung der Beschäftigungs- oder Selbstständigkeitsaussichten zu wahren. Im fünften Grundsatz der Säule über sichere und anpassungsfähige Beschäftigung heißt es, dass Arbeitnehmer ungeachtet der Art und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses das Recht auf faire und gleiche Behandlung im Hinblick auf Arbeitsbedingungen sowie den Zugang zu sozialem Schutz und Fortbildung haben.

(3)

Am 25. Juni 2021 begrüßte der Europäische Rat die EU-Kernziele des Aktionsplans zur europäischen Säule sozialer Rechte im Einklang mit der Erklärung von Porto vom 8. Mai 2021 und unterstützt damit das Ziel, sicherzustellen, dass bis 2030 mindestens 60 % aller Erwachsenen jedes Jahr an einer Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen. Allerdings stagnierte die Teilnahme an der Erwachsenenbildung in der Union in den letzten zehn Jahren, und 21 Mitgliedstaaten haben das Ziel der Union für 2020 nicht erreicht. In Anbetracht dessen nahm der Rat die Entschließung zu einer neuen europäischen Agenda für die Erwachsenenbildung 2021-2030 (3) an, um Fortschritte bei der Verwirklichung dieses Kernziels der Union zur Erwachsenenbildung zu unterstützen. Für viele Erwachsene, z. B. jene in atypischen Beschäftigungsverhältnissen, Beschäftigte kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), Arbeitslose, Nichterwerbstätige und Geringqualifizierte, sind die Möglichkeiten zur Kompetenzentwicklung allzu oft unerreichbar.

(4)

In der am 1. Juli 2020 von der Kommission angenommenen europäischen Kompetenzagenda wird eine Revolution im Kompetenzbereich gefordert, um den ökologischen und den digitalen Wandel in Chancen für eine rasche und faire Erholung zu verwandeln. Unter anderem wird darin angekündigt, dass die Kommission individuelle Lernkonten als Instrument zur Unterstützung der Weiterbildung und Umschulung von Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter prüfen und andere Maßnahmen ergänzen wird, die sich an Arbeitgeber und Anbieter von allgemeiner und beruflicher Bildung richten.

(5)

Im Zusammenhang mit dem Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft werden Kompetenzen für den ökologischen Wandel und eine Weiterqualifizierung und Umschulung der Arbeitskräfte benötigt, wie im europäischen Grünen Deal vorgesehen, der Klimaneutralität bis 2050 anstrebt. In der Mitteilung der Kommission vom 14. Juli 2021 mit dem Titel „Fit für 55“ wird anerkannt, dass der ökologische Wandel nur gelingen kann, wenn die Union über die qualifizierten Arbeitskräfte verfügt, die sie braucht, um wettbewerbsfähig zu bleiben, und es wird auf die wichtigsten Maßnahmen der Europäischen Kompetenzagenda verwiesen, um die Menschen mit der richtigen Qualifizierung auszustatten, die für den ökologischen und den digitalen Wandel erforderlich ist.

(6)

In der Mitteilung der Kommission vom 9. März 2021 über „den europäischen Weg in die digitale Dekade“ wird der Mangel an Personal mit geeigneten digitalen Kompetenzen sowie das unausgewogene Geschlechterverhältnis unter Fachkräften der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) und Absolventen der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) anerkannt. In der Mitteilung wird das Ziel bekräftigt, dass bis 2030 mindestens 80 % der Unionsbevölkerung zumindest über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen sollen, und als Ziel vorgeschlagen, ebenfalls bis 2030, 20 Millionen IKT-Fachkräfte zu beschäftigen, wobei ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Frauen und Männern angestrebt wird. In dem Vorschlag der Kommission vom 15. September 2021 zum Weg in die digitale Dekade wird nahegelegt, Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Verwirklichung dieser Ziele voranzubringen. Im Aktionsplan für digitale Bildung 2021–2027 vom 30. September 2020 wird betont, dass technologische Mittel eingesetzt werden sollten, um den Zugang zu erleichtern und die Lernchancen, einschließlich Weiterbildung und Umschulung, flexibler zu gestalten.

(7)

In der Kommissionsmitteilung vom 10. März 2020 zur neuen Industriestrategie für Europa werden entschiedene Maßnahmen gefordert, um lebenslanges Lernen für alle zu verwirklichen und sicherzustellen, dass die allgemeine und die berufliche Bildung mit der Entwicklung Schritt halten und zum Gelingen des doppelten Übergangs beitragen.

(8)

In den Schlussfolgerungen des Rates vom 8. Juni 2020 (4) werden die Mitgliedstaaten ersucht, unter Berücksichtigung der nationalen Gegebenheiten sowie unter Achtung der Rolle und der Autonomie der Sozialpartner, auszuloten, welche Möglichkeiten für eine öffentliche und private Finanzierung von Maßnahmen des lebenslangen Lernens und der Kompetenzentwicklung auf individueller Ebene bestehen, da eine nachhaltige Finanzierung insbesondere im Kontext des Fachkräftemangels besonders wichtig ist, und ein besonderes Augenmerk auf benachteiligte Gruppen und geringqualifizierte Arbeitnehmer zu richten, und wird die Kommission ersucht, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die Mitgliedstaaten bei diesen Bemühungen zu unterstützen.

(9)

Eine unzureichende finanzielle Unterstützung für Einzelpersonen ist eines der Haupthindernisse, die sich auf die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen auswirken. Die öffentlichen und privaten Investitionen sind insgesamt unzureichend. Die meisten berufsbezogenen Weiterbildungsmaßnahmen in der Union werden von den Arbeitgebern finanziert. Viele Unternehmen, insbesondere KMU, bieten oder finanzieren jedoch keine Weiterbildungen für ihre Mitarbeiter, und Personen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen haben weniger oder gar keinen Zugang zu von Arbeitgebern geförderten Weiterbildungen. Diese Ungleichheiten können das Wohlergehen und die Gesundheit des Einzelnen beeinträchtigen, verringern die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, führen zu verpassten Chancen und Innovationshemmnissen und bergen die Gefahr, dass Menschen beim Übergang zu nachhaltigeren Wirtschaftstätigkeiten zurückbleiben.

(10)

Neben den unmittelbaren Kosten ist der Zeitmangel ein wichtiger Faktor, der Erwachsene davon abhält, sich weiterzubilden. Wenngleich in den meisten Mitgliedstaaten (5) bereits Bestimmungen über bezahlten Bildungsurlaub bestehen, so sind sich Erwachsene im Erwerbsalter dieser Möglichkeit jedoch kaum bewusst oder sie nehmen Bildungsurlaub kaum in Anspruch, und die Bestimmungen gelten häufig nicht in atypischen Beschäftigungsverhältnissen, oder sie bieten den Erwachsenen keine Möglichkeit zur Aus- und Weiterbildung in Zeiten von Arbeitslosigkeit oder geringer Erwerbstätigkeit.

(11)

Vielen Erwachsenen, insbesondere Geringqualifizierten und Personen, die auf dem Arbeitsmarkt am schwersten zu vermitteln sind, fehlt es an Motivation für eine Weiterbildung. Möglicherweise sind sie sich ihres eigenen Qualifikationsbedarfs nicht bewusst und wissen nicht, ob Unterstützung und Weiterbildungen verfügbar, von guter Qualität und auf dem Arbeitsmarkt anerkannt sind. Darüber hinaus kann es sein, dass die Menschen nicht dazu motiviert sind, eine Weiterbildung zu absolvieren, die ohne sie zu konsultieren ausgewählt wurde und nicht auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist.

(12)

Es bedarf eines neuen Ansatzes im Bereich der Weiterbildung und Umschulung in der Union. Dieser sollte die bestehenden Instrumente ergänzen und den politischen Verpflichtungen nachkommen, indem Einzelpersonen zur Selbstbestimmung befähigt und mit der Unterstützung und den Instrumenten ausgestattet werden, die sie zur Weiterbildung und Umschulung auf allen Kompetenzniveaus benötigen.

(13)

In seiner Stellungnahme vom 16. August 2021 zur Initiative der Union zu individuellen Lernkonten und zur Stärkung des Berufsbildungsangebots in Europa argumentierte der Beratende Ausschuss für Berufsbildung, mit einer solche Initiative könne dazu beigetragen werden, das Engagement, die Motivation und die Teilnahme von Erwachsenen an der allgemeinen und beruflichen Bildung zu verbessern. Die größte Herausforderung bestehe darin, Qualifikationen und Arbeitsplätze besser aufeinander abzustimmen und den Zugang zu diversifizierten, qualitativ hochwertigen Weiterbildungsmöglichkeiten durch ein relevanteres und gezielteres Angebot sicherzustellen. Der Beratende Ausschuss für Berufsbildung betont in seiner Stellungnahme, dass die Finanzierungsmechanismen und maßgeschneiderten Anreize für die jeweiligen Zielgruppen auf nationaler Ebene entsprechend dem nationalen Bedarf und den nationalen Prioritäten gewählt werden sollten.

(14)

Eine Möglichkeit, die beschriebenen Probleme anzugehen, besteht darin, den Lernenden direkte Unterstützung in Form von Weiterbildungsansprüchen über individuelle Lernkonten zu gewähren. Zudem sollten auf breiter Basis günstige Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den Einzelnen Zugang zu Weiterbildungsmöglichkeiten, Informationen, Beratung, bezahltem Bildungsurlaub und der Anerkennung von Weiterbildungsergebnissen ermöglichen. Dieser Ansatz kann bestehende Initiativen auf nationaler Ebene ergänzen.

(15)

Es wird empfohlen, auf nationaler Ebene einen individuellen Weiterbildungsanspruch zu definieren, der sich an den Bildungsbedürfnissen der Menschen orientiert (6), wobei bestehende Instrumente zu berücksichtigen wären. Durch eine bedarfsgerechte Anpassung der Finanzierung ließe sich die Effizienz der Initiative erhöhen. Die Mitgliedstaaten können je nach nationalem Kontext und dem sich wandelnden Arbeitsmarkt zusätzliche Weiterbildungsansprüche für Personen, deren Bedarf am größten ist, festlegen. Beispielsweise könnten die Mitgliedstaaten individuelle Lernkonten in strategischen Sektoren aufstocken (7), um den ökologischen und den digitalen Wandel zu unterstützen. Neben den finanziellen Ansprüchen sind die Relevanz, der Nutzen und die Anerkennung der Weiterbildung wichtige Faktoren bei der Teilnahme an Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen. Ferner wird empfohlen, zu diesen Aspekten die Sozialpartner und die einschlägigen Interessenträger zu konsultieren.

(16)

Individuelle Lernkonten sollten es den Einzelnen ermöglichen, während eines – auf nationaler Ebene zu bestimmenden – festgelegten Zeitraums Weiterbildungsansprüche zu erwerben und zu nutzen, sodass sie längere oder kostspieligere Weiterbildungen in Anspruch nehmen oder sich in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs weiterbilden können, um auf neue Qualifikationsanforderungen zu reagieren. Einzelpersonen sollten in der Lage sein, ihre individuellen Weiterbildungsansprüche unabhängig von ihrem Erwerbs- oder Beschäftigungsstatus und über berufliche Veränderungen hinweg zu erhalten. Die Mitgliedstaaten werden ersucht, Regeln für den Verfall von Ansprüchen festzulegen, die den Lernenden einen Anreiz bieten, ihre Ansprüche in vollem Umfang zu nutzen.

(17)

Die Möglichkeit, individuelle Weiterbildungsansprüche auch in Zeiten zu wahren, in denen die betreffende Person in einem anderen Mitgliedstaat lebt, oder individuelle Weiterbildungsansprüche zu nutzen, um auf anerkannte und qualitätsgesicherte Weiterbildungen aus dem nationalen Verzeichnis des Lernkontos vom Ausland aus zuzugreifen, sollte gefördert werden. Die Übertragbarkeit von Ansprüchen zwischen den Mitgliedstaaten ist längerfristig ein wünschenswertes Merkmal, das weiter untersucht werden muss, wobei potenzielle Auswirkungen auf nationale Arbeitsmärkte zu berücksichtigen wären.

(18)

Um Einzelpersonen dabei zu unterstützen, einen geeigneten Bildungsweg zu finden und so ihre Lernmotivation zu erhöhen, muss ihnen der Zugang zu Berufsberatungs- und Validierungsmöglichkeiten ermöglicht werden. Zudem bedarf es aktueller öffentlicher Verzeichnisse anerkannter Weiterbildungen über spezielle zentrale nationale digitale Portale, die allen (einschließlich Menschen mit Behinderungen) zugänglich und vorzugsweise mit der Europass-Plattform vernetzt sind.

(19)

Es wird empfohlen, individuelle Lernkonten zu nutzen, um Zugang zu Validierungen, einschließlich Möglichkeiten der Kompetenzbewertung, zu erhalten. Die jüngste Evaluierung der Kommission betreffend die Arbeit im Rahmen der Empfehlung des Rates vom 20. Dezember 2012 zur Validierung nichtformalen und informellen Lernens (8) weist auf erhebliche Fortschritte hin, zeigt aber auch anhaltende Herausforderungen und Vorschläge für Lösungen auf. Insbesondere muss dem Einzelnen eine bedarfsgerechte Unterstützung geboten werden und es müssen eine engere Koordinierung mit den Beratungsdiensten sowie eine wirksame Anpassung der Validierungsinitiativen an benachteiligte und gefährdete Gruppen sichergestellt werden. Die Mitgliedstaaten werden ersucht, gegebenenfalls die Bereitstellung von Microcredentials auf der Grundlage des ermittelten Bedarfs im Einklang mit der Empfehlung des Rates vom 16. Juni 2022 zu Microcredentials für lebenslanges Lernen und Beschäftigungsfähigkeit zu fördern (9).

(20)

Mit dieser Empfehlung wird die Einführung des bezahlten Bildungsurlaubs unterstützt. Ein angemessener bezahlter Bildungsurlaub würde es den Arbeitnehmern ermöglichen, ihr Einkommen oder ein Ersatzeinkommen zu behalten. Die Mitgliedstaaten werden ersucht, mit den Sozialpartnern einen Dialog über Regelungen aufzunehmen, die es den Arbeitnehmern ermöglichen, während der Arbeitszeit über ihre individuellen Lernkonten an Weiterbildungen teilzunehmen, wobei die Weiterbildungsmöglichkeiten und -programme auf nationaler Ebene zu berücksichtigen sind. In diesem Zusammenhang sollte die Situation von KMU und Kleinstunternehmen berücksichtigt werden.

(21)

Eine breitere Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierungsmaßnahmen und -kampagnen sind von entscheidender Bedeutung, um die Beteiligung Erwachsener an Lernmöglichkeiten signifikant zu verbessern, insbesondere bei Gruppen, die sich der Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten kaum bewusst sind, wie jene, die auf dem Arbeitsmarkt am schwersten zu vermitteln sind. Durch die Zusammenarbeit zwischen Behörden, Sozialpartnern, Organisationen der Zivilgesellschaft und anderen Interessenträgern auf der Grundlage des gemeinsamen Verständnisses, dass Weiterbildung und Umschulung eine Investition darstellen, ließe sich die Wirksamkeit von Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierungsmaßnahmen erhöhen. Beachtung der Barrierefreiheit sollte die Teilnahme von Erwachsenen mit Behinderungen erleichtern.

(22)

Überwachung auf nationaler Ebene sowie kontinuierliche Verbesserung der individuellen Lernkonten und der günstigen Rahmenbedingungen sind wichtig, um die Umsetzung dieser Empfehlung zu unterstützen. Spätere Anpassungen könnten sich auf die Höhe der individuellen Weiterbildungsansprüche, die vorrangigen Gruppen oder eine benutzerfreundliche Einbindung der verschiedenen Elemente der günstigen Rahmenbedingungen beziehen.

(23)

Eine angemessene Finanzierung ist ein Schlüsselelement dafür, dass das System für individuelle Lernkonten erfolgreich ist. Ein nationales System individueller Lernkonten könnte die Kostenteilung zwischen verschiedenen Finanzierungsquellen, wie Behörden, Arbeitgebern und von den Sozialpartnern verwalteten Fonds, erleichtern, indem es verschiedenen Finanzierungsquellen die Möglichkeit bietet, Beiträge zu dem individuellen Lernkonto zu leisten. Eine Kombination aus öffentlichen und privaten Finanzierungsquellen sollte die Nachhaltigkeit der Initiative in den Mitgliedstaaten sicherstellen, die für ihren Erfolg von grundlegender Bedeutung ist. Eine derartige Kombination von Finanzierungsquellen erleichtert die Modulation der Unterstützung und Aufstockungen durch die Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmer, sei es freiwillig oder als Ergebnis von Tarifvereinbarungen.

(24)

Unionsmittel zur Unterstützung von Programmen für die Erwachsenenbildung wie der Europäische Sozialfonds Plus (10), der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (11) und der Fonds für einen gerechten Übergang (12) sowie gegebenenfalls die Aufbau- und Resilienzfazilität (13) im Rahmen von Next Generation EU und bedarfsgerechtes Fachwissen im Rahmen des Instruments für technische Unterstützung (14) können die Einrichtung individueller Lernkonten und die günstigen Rahmenbedingungen unterstützen. Das Lernen voneinander, das von der Kommission gefördert wird, kann ebenfalls unterstützend auf den Prozess wirken.

(25)

Diese Empfehlung lässt die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und die Aufteilung der Zuständigkeiten innerhalb jedes Mitgliedstaats auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene in Bezug auf die Finanzierung sowie die Organisation und den Inhalt ihrer Systeme der allgemeinen und beruflichen Erwachsenenbildung unberührt. Sie hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, andere oder weitergehende als die in dieser Empfehlung empfohlenen Bestimmungen zur allgemeinen und beruflichen Erwachsenenbildung beizubehalten oder einzuführen.

(26)

Die Mitgliedstaaten sollten Sozialpartner und alle einschlägigen Interessenträger, wie auch Organisationen der Zivilgesellschaft, in die Gestaltung der Reformen einbeziehen. Diese Empfehlung achtet uneingeschränkt die Autonomie der Sozialpartner, auch dort, wo diese für die Einrichtung und Verwaltung der Weiterbildungsprogramme verantwortlich sind.

(27)

Die in dieser Empfehlung beschriebenen Maßnahmen treten nicht an die Stelle der Weiterbildungsangebote durch Arbeitgeber, öffentliche und private Arbeitsvermittlungen oder andere Bildungsanbieter, sie sollen keinerlei Eingriff in diese Weiterbildungsangebote darstellen, und sie sollten nicht an die Stelle der öffentlichen Unterstützung von Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung oder von anderen Formen der Unterstützung treten. Zusätzlicher Verwaltungsaufwand sollte so gering wie möglich gehalten werden —

EMPFIEHLT:

Ziele

(1)

Mit dieser Empfehlung sollen Initiativen der Mitgliedstaaten unterstützt werden, damit mehr Erwachsene im erwerbsfähigen Alter in die Lage versetzt werden, sich weiterzubilden, sodass die Teilnahmequoten erhöht und Qualifikationslücken verringert werden. Sie trägt somit zum Ziel der Union bei, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft zu fördern, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt. Insbesondere sollen

a)

alle Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter beim Zugang zur Weiterbildung unterstützt werden, auch bei beruflichen Übergängen und unabhängig von ihrem Erwerbs- oder Beschäftigungsstatus,

b)

die Anreize und die Motivation des Einzelnen für eine Weiterbildung erhöht werden.

(2)

Zur Verwirklichung der in Absatz 1 genannten Ziele wird den Mitgliedstaaten empfohlen, die Einrichtung individueller Lernkonten zu erwägen, durch die dem Einzelnen die Möglichkeit geboten wird, an arbeitsmarktrelevanten Weiterbildungen teilzunehmen. Soweit die Mitgliedstaaten beschließen, individuelle Lernkonten einzurichten, wird ihnen empfohlen, günstige Rahmenbedingungen einschließlich Beratungs- und Validierungsmöglichkeiten zu schaffen, um die wirksame Inanspruchnahme der Weiterbildung zu fördern, wie in dieser Empfehlung festgelegt.

Anwendungsbereich

(3)

Diese Empfehlung bezieht sich auf Erwachsene im erwerbsfähigen Alter, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben, unabhängig von ihrem Bildungsniveau und ihrem aktuellen Erwerbs- oder Beschäftigungsstatus. Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, für jede Person, die zu dieser Gruppe gehört, dem nationalen Bedarf und den nationalen Gegebenheiten entsprechend ein individuelles Lernkonto einzurichten.

Es wird empfohlen, dass Grenzgänger und Selbstständige, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat ihres rechtmäßigen Wohnsitzes arbeiten, von dem Mitgliedstaat, in dem sie arbeiten, miteinbezogen werden.

Begriffsbestimmungen

(4)

Für die Zwecke dieser Empfehlung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)

„Individueller Weiterbildungsanspruch“ ist das Recht auf Zugang zu einem persönlichen Budget, das einer Person zur Verfügung steht, um förderfähige unmittelbare Kosten für eine arbeitsmarktrelevante Weiterbildung, Beratung, Kompetenzbewertung oder -validierung zu decken;

b)

ein „individuelles Lernkonto“ ist eine Form der Bereitstellung individueller Weiterbildungsansprüche. Dabei handelt es sich um ein persönliches Konto, das es Einzelpersonen ermöglicht, im Laufe der Zeit Ansprüche auf die von ihnen für am nützlichsten erachteten förderfähigen, jederzeit nutzbaren Weiterbildungs-, Beratungs- oder Validierungsmöglichkeiten im Einklang mit den nationalen Vorschriften zu erwerben und zu bewahren. Auf diese Weise kann der Einzelne voll und ganz über die Ansprüche verfügen, unabhängig von der Finanzierungsquelle;

c)

„Übertragbarkeit“ der individuellen Weiterbildungsansprüche bedeutet, dass diese Ansprüche, sobald sie gewährt werden, im Besitz der betreffenden Person verbleiben, beispielsweise bei einem Arbeitsplatzwechsel oder beim Übergang von einer Erwerbstätigkeit zu einer Aus- bzw. Weiterbildung, von der Beschäftigung zur Arbeitslosigkeit sowie zwischen Erwerbstätigkeit und Nichterwerbstätigkeit;

d)

„günstige Rahmenbedingungen“ umfassen Unterstützungsmaßnahmen, die die wirksame Inanspruchnahme individueller Weiterbildungsansprüche fördern. Dazu gehören Berufsberatungs- und Validierungsmöglichkeiten, ein nationales Verzeichnis mit Möglichkeiten, die für eine Finanzierung aus individuellen Weiterbildungsansprüchen in Frage kommen, ein zentrales nationales digitales Portal für den Zugriff auf das individuelle Lernkonto und auf das nationale Verzeichnis sowie bezahlter Bildungsurlaub.

Individuelles Lernkonto

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, im Einklang mit den nationalen Gepflogenheiten und dem nationalen Bedarf

(5)

nach Anhörung der Sozialpartner und der einschlägigen Interessenträger ein individuelles Lernkonto, durch das bestehende Maßnahmen ergänzt werden könnten, für jede Person einzurichten, die in den Anwendungsbereich dieser Empfehlung fällt;

(6)

sicherzustellen, dass für jedes individuelle Lernkonto ein angemessener jährlicher Betrag zur Verfügung steht, der über einen bestimmten Zeitraum angespart und genutzt werden kann, um eine umfassendere Weiterbildung zu ermöglichen;

(7)

nach Anhörung der Sozialpartner und der einschlägigen Interessenträger zusätzliche individuelle Weiterbildungsansprüche für die Lernkonten von Personen vorzusehen, deren Weiterbildungs- und Umschulungsbedarf am größten ist, und zwar auf der Grundlage des nationalen oder branchenbezogenen Bedarfs, des Erwerbs- oder Vertragsstatus, des Qualifikationsniveaus der Person bzw. anderer relevanter Umstände sowie nach klaren und transparenten Kriterien;

(8)

die Arbeitgeber zu ersuchen, zusätzliche individuelle Weiterbildungsansprüche auf die individuellen Lernkonten ihrer Beschäftigten und anderer in ihrer industriellen Wertschöpfungskette tätiger Personen, insbesondere jener, die in KMU arbeiten, zu übertragen, wobei in die betriebliche Weiterbildung nicht eingegriffen werden sollte;

(9)

die öffentlichen und privaten Arbeitsvermittlungsstellen zu ersuchen, zusätzliche individuelle Weiterbildungsansprüche auf die individuellen Lernkonten von Personen mit dem größten Bedarf an Weiterbildung und Umschulung zu übertragen;

(10)

die Bedingungen festzulegen, unter denen individuelle Weiterbildungsansprüche erworben und bewahrt werden können, sodass ein Gleichgewicht zwischen der Möglichkeit für Einzelpersonen, ihre Ansprüche anzusparen, um längere Weiterbildungen zu finanzieren, und dem Anreiz für Einzelpersonen, ihre Ansprüche während ihres gesamten Arbeitslebens regelmäßig zu nutzen, gewahrt wird: beispielsweise könnten die Mitgliedstaaten eine zeitliche Begrenzung und einen Höchstbetrag für das Ansparen und Aufbewahren festlegen;

(11)

zu fördern, dass individuelle Weiterbildungsansprüche in einem Lernkonto in einem Mitgliedstaat für förderfähige Weiterbildungs-, Berufsberatungs- und Validierungsmöglichkeiten in diesem Mitgliedstaat genutzt werden können, und zwar auch in Zeiten, in denen die betreffende Person ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat.

Günstige Rahmenbedingungen

Es wird empfohlen, dass die Mitgliedstaaten, die individuelle Lernkonten einführen, für diese günstige Rahmenbedingungen schaffen, die Folgendes umfassen:

Berufsberatung und Validierung

(12)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, sicherzustellen, dass im Einklang mit der Empfehlung des Rates vom 20. Dezember 2012 zur Validierung nichtformalen und informellen Lernens (15) Berufsberatungsdienste und Validierungsmöglichkeiten, einschließlich Möglichkeiten zur Kompetenzbewertung, die persönlich oder online genutzt werden können, für jeden Inhaber eines individuellen Lernkontos kostenlos oder unter Nutzung seiner individuellen Weiterbildungsansprüche zur Verfügung stehen und zugänglich sind.

Ein nationales Verzeichnis förderfähiger qualitativ hochwertiger Weiterbildungs-, Berufsberatungs- und Validierungsmöglichkeiten

(13)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, ein öffentliches Verzeichnis der Weiterbildungs-, Berufsberatungs- und Validierungsmöglichkeiten, die für eine Finanzierung aus individuellen Weiterbildungsansprüchen in Frage kommen, einzurichten und auf dem neuesten Stand zu halten (16). Berufsberatungsdienste und Validierungsmöglichkeiten, die von den Mitgliedstaaten kostenlos für Einzelpersonen angeboten werden, sollten ebenfalls in dieses Verzeichnis aufgenommen werden.

(14)

Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, klare Regeln für die Aufnahme verschiedener Formen arbeitsmarktrelevanter Weiterbildungs-, Berufsberatungs- und Validierungsmöglichkeiten in das Verzeichnis festzulegen und zu veröffentlichen, und zwar auf der Grundlage transparenter Qualitätsanforderungen und der Erfassung von Daten über Kompetenzen sowie in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern und einschlägigen Interessenträgern. Sie sollten diese Regeln regelmäßig überprüfen, um dafür sorgen, dass diese dem Bedarf des Arbeitsmarktes entsprechen.

(15)

Den Mitgliedstaaten wird gegebenenfalls empfohlen, Anbieter formaler und nichtformaler Lernangebote dazu anzuregen, ihr Angebot auf der Grundlage des ermittelten Bedarfs weiterzuentwickeln und zu erweitern, beispielsweise auch durch die Bereitstellung von Microcredentials im Einklang mit der Empfehlung des Rates zu Microcredentials für lebenslanges Lernen und Beschäftigungsfähigkeit und durch die Nutzung von Kompetenzrahmen der Union und nationalen Kompetenzrahmen.

(16)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, die Sozialpartner, den Bildungssektor und andere einschlägige Interessenträger zu ersuchen, sich an der Festlegung der Förderkriterien für die in das Verzeichnis aufgenommenen Weiterbildungen zu beteiligen.

(17)

Den Mitgliedstaaten wird gegebenenfalls empfohlen, ihr nationales Verzeichnis auf transparente Weise für Weiterbildungsangebote von Anbietern in anderen Ländern zu öffnen.

Ein Zentrales nationales digitales Portal zur Unterstützung individueller Lernkonten

(18)

Die Mitgliedstaaten werden ersucht, Einzelpersonen den Zugang zu ihrem individuellen Lernkonto und die einfache Navigation des Verzeichnisses durch eine sichere elektronische Authentifizierung über ein barrierefreies (17) zentrales nationales digitales Portal (18), das von mobilen Geräten aus leicht zugänglich und vorzugsweise mit der Europass-Plattform vernetzt ist, zu ermöglichen und sie dabei zu unterstützen.

Bezahlten Bildungsurlaub

(19)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, mit den Sozialpartnern einen Dialog über Regelungen aufzunehmen, die es den Arbeitnehmern ermöglichen, während der Arbeitszeit über ihre individuellen Lernkonten an Weiterbildungen teilzunehmen.

(20)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, Bestimmungen über bezahlten Bildungsurlaub oder Ersatzeinkommen einzuführen oder die Angemessenheit bestehender Bestimmungen zu überprüfen und dabei zu berücksichtigen,

a)

dass diese alle Arten von Beschäftigungsverhältnissen sowie die Selbstständigen umfassen,

b)

dass es eine finanzielle und nichtfinanzielle Unterstützung für Arbeitgeber (insbesondere KMU) gibt, deren Arbeitnehmer bezahlten Bildungsurlaub in Anspruch nehmen,

c)

dass für eine wirksame Umsetzung dieser Bestimmungen zu sorgen ist.

Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierungsmaßnahmen

(21)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, gemeinsam mit Sozialpartnern, Organisationen der Zivilgesellschaft, regionalen und lokalen Organisationen und anderen einschlägigen Akteuren eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierungsmaßnahmen und -kampagnen durchzuführen, die auf die Bedürfnisse potenzieller Begünstigter des Programms für individuelle Lernkonten zugeschnitten sind. Besonderes Augenmerk sollte auf Personen gerichtet werden, deren Weiterbildungs- und Umschulungsbedarf gemäß der Festlegung auf nationaler Ebene am größten ist, um anspruchsberechtigte Personen über ihre Rechte und Vorteile in Bezug auf individuelle Lernkonten und über die günstigen Rahmenbedingungen zu informieren und zu motivieren. Auch sollten sich die Sensibilisierungsmaßnahmen unter anderem an Arbeitnehmer in KMU wenden.

Kontrolle und kontinuierliche Verbesserung

(22)

Die Mitgliedstaaten, die individuelle Lernkonten einführen, werden ermutigt, die Funktionsweise solcher Konten und die günstigen Rahmenbedingungen auf nationaler Ebene zu überwachen und zu bewerten sowie erforderlichenfalls Anpassungen vorzunehmen, um die Ziele dieser Empfehlung auf möglichst effiziente Weise zu erreichen, beispielsweise in Bezug auf die Höhe der Weiterbildungsansprüche, die Festlegung der Personen mit dem größten Weiterbildungs- und Umschulungsbedarf und die benutzerfreundliche Einbindung der verschiedenen Elemente der günstigen Rahmenbedingungen. Die Sozialpartner und die einschlägigen Interessenträger sollten dazu konsultiert werden.

Finanzierung

(23)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, für die angemessene und nachhaltige Finanzierung der individuellen Lernkonten zu sorgen und dabei den nationalen Gegebenheiten sowie bereits bestehenden anderen Maßnahmen Rechnung zu tragen, wobei den KMU besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist.

(24)

Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, eine Kombination verschiedener öffentlicher und privater Finanzierungsquellen zu erleichtern, um – auch als Ergebnis von Tarifverhandlungen – zu den individuellen Weiterbildungsansprüchen beizutragen.

(25)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, für eine nachhaltige Finanzierung der günstigen Rahmenbedingungen sowie der in dieser Empfehlung genannten Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierungsmaßnahmen sorgen.

(26)

Die Mitgliedstaaten werden ersucht, Mittel und Instrumente der Union, insbesondere den Europäischen Sozialfonds Plus, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Fonds für einen gerechten Übergang, die Aufbau- und Resilienzfazilität und das Instrument für technische Unterstützung, bestmöglich und effizient für Folgendes zu nutzen:

a)

Einrichtung nationaler individueller Lernkonten, die in günstige Rahmenbedingungen eingebettet sind, unter anderem durch die Entwicklung eines zentralen nationalen digitalen Portals für individuelle Lernkonten und damit verbundene anerkannte Dienste sowie Einrichtung nationaler Verzeichnisse anerkannter Weiterbildungen,

b)

Bereitstellung zusätzlicher individueller Weiterbildungsansprüche für die Konten der Personen mit dem größten Weiterbildungs- und Umschulungsbedarf, unter Berücksichtigung nationaler Gegebenheiten und der Prioritäten der Union, auch im Hinblick auf den ökologischen und den digitalen Wandel,

c)

Schaffung und Bereitstellung von Berufsberatungs- und Validierungsmöglichkeiten,

d)

Organisation von Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierungsmaßnahmen.

Unterstützung durch die Union

(27)

Der Rat begrüßt die Absicht der Kommission, im Rahmen der Zuständigkeit der Kommission und unter gebührender Beachtung der Subsidiarität die Umsetzung dieser Empfehlung zu unterstützen und dabei das Fachwissen des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung (Cedefop), der Europäischen Stiftung für Berufsbildung (ETF), der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound) und der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) zu nutzen, indem sie

a)

das Lernen voneinander unter den Mitgliedstaaten erleichtert, um die Gestaltung und Durchführung geeigneter Maßnahmen zur Umsetzung dieser Empfehlung zu unterstützen,

b)

die Wissensbasis über individuelle Lernkonten und damit zusammenhängende Themen erweitert und einschlägige Leitfäden entwickelt,

c)

in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten weitere Entwicklungen auf der Europass-Plattform insbesondere zur Gewährleistung der Interoperabilität mit den zentralen nationalen digitalen Portalen für die individuellen Lernkonten prüft und die Lern-, Berufsberatungs- und Validierungsmöglichkeiten, für die die verschiedenen nationalen individuellen Weiterbildungsansprüche genutzt werden können, sichtbar macht.

Berichterstattung und Bewertung

(28)

Die Mitgliedstaaten werden ersucht, Schritte zu unternehmen, um die unter Nummer 1 dieser Empfehlung genannten Ziele zu verwirklichen. Die Fortschritte bei der Verwirklichung dieser Ziele sollten im Rahmen der multilateralen Überwachung im Rahmen des Zyklus des Europäischen Semesters überwacht werden. Die Kommission sollte sicherstellen, dass bei der Überwachung bereits im Rahmen anderer Überwachungsrahmen gesammelte Informationen genutzt werden und Doppelarbeit vermieden wird, um den Verwaltungsaufwand in Grenzen zu halten.

(29)

Die Kommission sollte in Zusammenarbeit mit den betreffenden Mitgliedstaaten und nach Anhörung der Sozialpartner und der einschlägigen Interessenträger die Fortschritte bei der Umsetzung dieser Empfehlung bewerten und evaluieren und dem Rat bis zum 17. Juni 2027.

Geschehen zu vom 16. Juni 2022.

Im Namen des Rates

Der Präsident

O. DUSSOPT


(1)  ABl. C 326 vom 26.10.2012, S. 391.

(2)  ABl. C 428 vom 13.12.2017, S. 10.

(3)  ABl. C 504 vom 14.12.2021, S. 9.

(4)  Schlussfolgerungen des Rates vom 8. Juni 2020 zur Umschulung und Weiterbildung als Grundlage für mehr Nachhaltigkeit und eine bessere Beschäftigungsfähigkeit im Kontext der Förderung der wirtschaftlichen Erholung und des sozialen Zusammenhalts (ST 8682/20).

(5)  Bestimmungen über bezahlten Bildungsurlaub bestehen bereits in 24 Mitgliedstaaten, und 12 Mitgliedstaaten haben das Übereinkommen über den bezahlten Bildungsurlaub der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) unterzeichnet (Stand März 2022).

(6)  So könnten beispielsweise anerkannte Weiterbildungsmaßnahmen im Wert von 30 Stunden pro Jahr für alle und von bis zu 50 Stunden bei erhöhtem Weiterbildungsbedarf, ermöglicht werden.

(7)  In der Mitteilung der Kommission vom 5. Mai 2021 mit dem Titel „Aktualisierung der neuen Industriestrategie von 2020: einen stärkeren Binnenmarkt für die Erholung Europas aufbauen“ werden vierzehn industrielle Ökosysteme genannt, die gezielt unterstützt werden sollen, unter anderem bei der Entwicklung der Kompetenzen ihrer derzeitigen und künftigen Arbeitskräfte.

(8)  ABl. C 398 vom 22.12.2012, S. 1.

(9)  Siehe Seite 10 dieses Amtsblatts.

(10)  Verordnung (EU) 2021/1057 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 zur Einrichtung des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1296/2013 (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 21).

(11)  Verordnung (EU) 2021/1058 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und den Kohäsionsfonds (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 60).

(12)  Verordnung (EU) 2021/1056 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 zur Einrichtung des Fonds für einen gerechten Übergang (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 1).

(13)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 057 vom 18.2.2021, S. 17).

(14)  Verordnung (EU) 2021/240 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Februar 2021 zur Schaffung eines Instruments für technische Unterstützung (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 1).

(15)  ABl. C 398 vom 22.12.2012, S. 1.

(16)  Die Mitgliedstaaten werden ersucht, dieses Verzeichnis so zu gestalten, dass es mit dem „European Learning Model“, einem europäischen Bildungsdatenmodell, mit dem die Darstellung und die gemeinsame Nutzung von Bildungsdaten standardisiert werden sollen, kompatibel ist. Das „European Learning Model“ kann in verschiedenen Bildungskontexten genutzt werden, z. B. zur Beschreibung von Bildungsangeboten, Qualifikationen, Credentials bzw. Zertifikaten und Akkreditierungen. Es basiert auf den in Anhang VI der Empfehlung des Rates vom 22. Mai 2017 über den Europäischen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen angegebenen Datenfeldern (ABl. C 189 vom 15.6.2017, S. 15).

(17)  Im Einklang mit den Barrierefreiheitsanforderungen der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 70).

(18)  Solche Portale sollten im Einklang mit den Grundsätzen der Mitteilung der Kommission vom 23. März 2017 über einen europäischen Interoperabilitätsrahmen eingerichtet werden.


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