EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52021IR1679

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen

COR 2021/01679

ABl. C 300 vom 27.7.2021, p. 24–28 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

27.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 300/24


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen

(2021/C 300/06)

Hauptberichterstatterin:

Daniela BALLICO (IT/EKR), Bürgermeisterin von Ciampino (Rom)

Referenzdokument:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Union der Gleichheit: Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030

COM(2021) 101 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

betont, dass die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die in den Artikeln 2, 9, 10, 19, 168 und 216 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), den Artikeln 2 und 21 des Vertrages über die Europäische Union (EUV), den Artikeln 3, 15, 21, 23 und 26 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und den Artikeln 3 und 17 der europäischen Säule sozialer Rechte sowie dem am 26. November 2009 ratifizierten Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verankert sind, in allen Bereichen und auf allen Ebenen der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten gewährleistet und gefördert werden müssen;

2.

begrüßt die Mitteilung „Union der Gleichheit: Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030“ als strategische Initiative zur Förderung von Autonomie und Inklusion, zur Gewährleistung der gleichberechtigten Ausübung der Rechte und zum Schutz der von Diskriminierung und sozialer Marginalisierung am stärksten bedrohten Bürgerinnen und Bürger;

3.

ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufgrund ihrer Zuständigkeiten und der entsprechend von ihnen geleisteten Arbeit bei der Konzipierung, Umsetzung und Überwachung der Strategie als strategische Partner anerkannt werden müssen;

4.

fordert eine stärkere Anerkennung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, da viele Maßnahmen zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen vor Ort in enger Zusammenarbeit mit den Betroffenen durchgeführt und umgesetzt werden müssen. Im Hinblick auf eine volle Eigenverantwortung für die Strategie sind neben den entsprechenden nationalen, regionalen und kommunalen Strategien und Mitteln auch ausreichende zusätzliche Mittel aus europäischen Fonds erforderlich, um den gerechten Übergang zu einem eigenständigen Leben für Menschen mit Behinderungen zu bewerkstelligen und ihre Teilhabe an der Gemeinschaft zu gewährleisten;

5.

hebt die Bedeutung des politischen Rahmens der Strategie und ihrer Maßnahmen hervor: Sie bietet eine neue Gelegenheit, vor Ort konkrete Ziele auf dem Gebiet der Inklusion und Unabhängigkeit von Menschen mit Behinderungen in der Europäischen Union, ausgehend von den Mitgliedstaaten zu erreichen. Die Strategie kommt zu einem schwierigen Zeitpunkt, da die COVID-19-Pandemie das Überleben, die Gesundheit und die Würde der Menschen mit Behinderungen ernsthaft gefährdet und die Schwächen der Sozialschutz- und Inklusionssysteme offenbart hat;

6.

begrüßt die Schaffung eines Rahmens für Maßnahmen zur Gewährleistung von Rechten und Möglichkeiten für die Gruppe der Menschen mit motorischen und/oder organischen, sensorischen oder geistigen Behinderungen, psychischen Problemen oder Mehrfachbehinderungen, die ein Fünftel der europäischen Bevölkerung ausmacht. Behinderung ist ein erhöhter Risikofaktor für Armut, Ausgrenzung und Depression, insbesondere dann, wenn das Umfeld nicht für die Menschen in all ihrer Vielfalt konzipiert ist;

7.

begrüßt die Strategie zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen — den ersten universellen Aktionsplan für die Gewährleistung von Rechten und Chancen für Menschen mit Behinderungen;

8.

unterstützt die von der Kommission für 2021 geplante Einrichtung einer Plattform für das Thema Behinderungen und fordert, daran als Beobachter beteiligt zu werden, um die wirksame Inklusion der Menschen mit Behinderungen in allen Politikbereichen und Programmen sicherzustellen; betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften umfassend einbezogen werden müssen, denn sie sind die Schlüsselakteure bei den Maßnahmen mit direkten Auswirkungen auf die Menschen mit Behinderungen vor Ort;

9.

fordert eine verstärkte Zusammenarbeit mit den repräsentativen europäischen Institutionen und betont in diesem Zusammenhang, dass er durch Mobilisierung und Sensibilisierung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für die Herausforderungen der neuen Strategie in Bezug auf die Bekämpfung von Vorurteilen und Diskriminierung gegenüber Menschen mit Behinderungen und durch Förderung einer angemessenen und gleichberechtigten Behandlung im Alltag zu den Arbeiten der Plattform beitragen kann;

10.

betont, wie wichtig es ist, mit den Organisationen der Zivilgesellschaft und den Verbänden Betroffener und ihrer Familienangehörigen zusammenzuarbeiten, um dem Grundsatz „ohne uns nichts über uns“ gerecht zu werden. Dazu sollten die in diesem Bereich tätigen Einrichtungen Mechanismen für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und ihren Familien gewährleisten, und zudem spezielle Räume für Frauen und Mädchen mit Behinderungen geschaffen werden;

11.

weist erneut darauf hin, dass eine ganzheitliche bereichsübergreifende Perspektive notwendig ist; fordert die Aufnahme spezifischer Maßnahmen für schutzbedürftige Gruppen von Menschen mit Behinderungen, die auf Barrieren aufgrund einer Kombination aus vielfältigen Faktoren stoßen, beispielsweise biologisches oder soziales Geschlecht, sexuelle Ausrichtung, Rasse oder ethnische Herkunft, Alter, Religion oder Weltanschauung bzw. schwierige sozioökonomische oder sonstige Situation; fordert die Kommission daher auf, diesen bereichsübergreifenden Ansatz stärker auszubauen und Initiativen auszuarbeiten, deren Umsetzung sich auf die Planung, Durchführung und Bewertung der öffentlichen Maßnahmen auswirkt;

12.

weist darauf hin, dass die öffentlichen Verwaltungen in Bezug auf die soziale Inklusion und die Gewährleistung der Rechte und Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen grundsätzlich mit gutem Beispiel vorangehen müssen — sowohl im Hinblick auf die Eingliederung in den offenen Arbeitsmarkt als auch die Erbringung barrierefreier Dienstleistungen. In dieser Hinsicht sollte auch der AdR als Arbeitgeber und institutioneller Akteur Vorbild sein und einen Zeitplan hierfür festlegen;

13.

betont, dass insbesondere in den Bereichen der Integration in den Arbeitsmarkt und der Barrierefreiheit von Gütern und Dienstleistungen deutlich gemacht werden muss, wie der Privatsektor im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften beteiligt werden kann;

14.

stellt fest, dass die Pandemie in der Strategie nur unter dem Gesichtspunkt der unabhängigen Lebensführung und marginal im Zusammenhang mit der Inklusion im Bildungsbereich berücksichtigt wird; verweist auf die mangelnde Anerkennung der informellen Pflege, die in der Regel durch Frauen erbracht wird. Insbesondere ist dies während der Pandemie sichtbar geworden, als die Betreuung und Pflege durch Familienangehörige eingeschränkt war, was die Bedeutung der maßgeblichen Betreuungs- und Pflegearbeit sowie das Erfordernis deutlich gemacht hat, die Verfügbarkeit und den Einsatz von Technologien im privaten Bereich zu verbessern;

15.

fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, in die nationalen Reformpläne und die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne spezifische Maßnahmen für Menschen mit Behinderungen aufzunehmen;

Barrierefreiheit, Autonomie und Gleichheit

16.

befürwortet, dass die Europäische Kommission 2022 das Ressourcenzentrum „AccessibleEU“ einrichten will, in dem alle Interessenträger zusammenkommen sollen; fordert darüber hinaus eine Bewertung der Funktionsweise des Binnenmarkts für assistive Technologien bis 2023, die Unterstützung der Umsetzung der in den Richtlinien über die öffentliche Auftragsvergabe vorgesehenen Barrierefreiheitsanforderungen, eine Bewertung der Anwendung der Richtlinie über Barrierefreiheit im Internet und die Erstellung eines Verzeichnisses der Maßnahmen im Bereich der Eisenbahninfrastruktur unter Angabe der Barrierefreiheit;

17.

begrüßt die Ratifizierung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (VN-BRK) durch die EU und ihre Mitgliedstaaten; ruft den Rat und alle Mitgliedstaaten auf, das Fakultativprotokoll zum VN-BRK zu unterzeichnen;

18.

stimmt mit der Europäischen Kommission darin überein, dass es notwendig ist, die Umsetzung der verschiedenen Richtlinien zur Barrierefreiheit genau zu überwachen, damit die EU und alle Institutionen angemessene Umsetzungsmaßnahmen ergreifen können; die Vorschriften zur Barrierefreiheit müssen strikt eingehalten und verbessert werden, um ein barrierefreies Umfeld sowohl in Wohngebäuden als auch bezüglich aller Elemente der Zugänglichkeitskette bereitzustellen;

19.

weist darauf hin, dass Menschen mit Behinderungen jegliche Möglichkeit erhalten müssen, ein unabhängiges Leben zu führen, und dass das Recht auf Autonomie während ihres gesamten Lebens gewährleistet sein muss. Die persönliche Betreuung von körperbehinderten Menschen mit einem höheren Maß an Abhängigkeit muss unbedingt geregelt werden;

20.

unterstreicht dabei die maßgebliche Rolle der Menschen mit Behinderungen, die ihre Bedürfnisse selbst am besten kennen. In dieser Hinsicht kommt den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine wesentliche Rolle zu, wenn es darum geht, die aktive Beteiligung der Menschen mit Behinderungen an den Entscheidungsprozessen, einschließlich im Bereich der Barrierefreiheit, anzuerkennen; weist in diesem Zusammenhang auf die Auszeichnung Access City Award hin, die die Europäische Kommission jährlich an drei europäische Städte vergibt, die sich um ein städtisches Umfeld mit mehr Barrierefreiheit für alle Bürgerinnen und Bürger verdient gemacht und dabei insbesondere Problemen im Zusammenhang mit dem Alter und der allgemeinen Mobilität besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben; fordert, mit vergleichbaren Initiativen auch die Zugänglichkeit im ländlichen Raum und Naturgebieten zu würdigen;

21.

ruft die Europäische Kommission auf, bei der für 2021 geplanten Überprüfung des Rechtsrahmens für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden die Barrierefreiheit als ein verbindliches Kriterium aufzunehmen, um die Gebäude für Menschen mit Behinderungen leichter zugänglich zu machen;

Wahrnehmung von EU-Rechten

Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit

22.

stimmt zu, dass es erforderlich ist, bis Ende 2023 einen europäischen Behindertenausweis einzuführen, damit die Menschen mit Behinderungen ihre Rechte in der Europäischen Union in vollem Umfang wahrnehmen können und der Behindertenstatus in allen Mitgliedstaaten anerkannt wird; sieht dem Vorschlag der Kommission zum europäischen Ausweis erwartungsvoll entgegen und hofft, dass damit die während der Testphase aufgetretenen Schwierigkeiten überwunden werden;

23.

unterstützt die Absicht der Kommission, im Interesse einer möglichst raschen Einführung des Behindertenausweises mit den Mitgliedstaaten wirksamer zusammenzuarbeiten und gleichzeitig die Harmonisierung der Anerkennung des Behindertenstatus voranzutreiben. Dies ist Voraussetzung, um das Recht auf Mobilität innerhalb der Europäischen Union, angefangen beim Recht auf gleichwertige Leistungen und Unterstützung, zu gewährleisten und Barrieren zu beseitigen;

Förderung der Teilhabe am demokratischen Prozess

24.

teilt die in der Strategie herausgestellte Notwendigkeit, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am staatsbürgerlichen und politischen Leben zu fördern, da diese immer noch diskriminiert werden, nicht zuletzt bei der Ausübung ihres Wahlrechts;

25.

fordert die Europäische Kommission auf, eine europäische Vereinbarung zum Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen in Erwägung zu ziehen, damit die diesbezüglichen Hindernisse aller Art beseitigt werden und Menschen mit Behinderungen ihre politischen Präferenzen uneingeschränkt und gleichberechtigt mit anderen Unionsbürgerinnen und -bürgern zum Ausdruck bringen können; weist darauf hin, dass die Kommission ein Programm für Konsultationen zu inklusiven Europawahlen angenommen hat, das das Thema Behinderungen unberücksichtigt lässt; empfiehlt, dieses Programm unverzüglich auch auf Menschen mit Behinderungen sowie auf alle Gebiete auszuweiten, in denen Wahlen stattfinden;

26.

teilt die Auffassung, dass der Zugang von Menschen mit Behinderungen zur Gesundheitsversorgung verbessert werden muss; teilt auch die Einschätzung der Europäischen Kommission in Bezug auf die Unzulänglichkeit der Sozial- und Gesundheitsdienste, deren Grenzen während der Pandemie offenbart wurden; hebt die besonders schwierige Lage in abgelegenen und ländlichen Gebieten hervor; stellt fest und begrüßt, dass die Frage der Segregation erstmals in einem europäischen Dokument von solcher Tragweite aufgegriffen wird; hält es für absolut richtig, sich der Frage der Segregation von Menschen mit Behinderungen und der Deinstitutionalisierung im Hinblick auf die uneingeschränkte und wirksame Wahrnehmung des Rechts auf unabhängige Lebensführung in der Gemeinschaft zu widmen, indem lokale Dienstleistungen entwickelt werden, die Gesundheitsüberwachung, Digitalisierung der Unterstützung für die persönliche Autonomie und persönliche Betreuung umfassen und bei denen die Menschen wählen können, wo, mit wem und wie sie leben möchten;

Entwicklung neuer Kompetenzen für neue Beschäftigungsperspektiven

27.

weist darauf hin, dass die COVID-19-Krise in der gesamten Europäischen Union zu Arbeitsplatzverlusten insbesondere unter Menschen mit Behinderungen geführt hat; macht überdies darauf aufmerksam, dass davon auch die pflegenden Familienangehörigen von Menschen mit Behinderungen betroffen sind — insbesondere Mütter, Partnerinnen und Töchter;

28.

teilt die Auffassung, dass die Beschleunigung des digitalen und des ökologischen Wandels dank der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien, künstlicher Intelligenz und Robotik, die an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen angepasst sind, Chancen bietet und dass es erforderlich ist, in ihre digitalen Kompetenzen zu investieren;

29.

betont die Notwendigkeit, vergleichbare Daten über Menschen mit Behinderungen zu erheben, um ihre Situation in unterschiedlichen Kontexten besser bewerten, Strategien und Aktionen messen, die Fortschritte überwachen und geeignete Maßnahmen ergreifen zu können;

30.

fordert die Kommission auf, das Problem der Informationslücke in Bezug auf Menschen mit Behinderungen insbesondere im ländlichen Raum systematisch anzugehen. Wie im Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (VN-BRK) gefordert und vom Ausschuss der Vereinten Nationen für Menschenrechte bekräftigt, müssen zur Schließung der Informationslücke nicht nur aufgeschlüsselte Daten erhoben, sondern auch Inklusionsindikatoren aufgenommen werden, mit denen die politischen Maßnahmen erfasst werden und ermittelt wird, inwieweit Menschen mit Behinderungen ihre Rechte befriedigen können;

31.

stimmt zu, dass es notwendig ist, die beruflichen Kompetenzen von Menschen mit Behinderungen durch die allgemeine und berufliche Bildung und den nächsten Aktionsplan für digitale Bildung 2021-2027 anzupassen; unterstützt die Strategie zur Umsetzung dieser Maßnahmen durch ein starkes Engagement gegenüber den Mitgliedstaaten, um sicherzustellen, dass diese über inklusive und barrierefreie Programme und die erforderlichen Ressourcen verfügen, wobei eine bessere Nutzung und Komplementarität der vorhandenen Ressourcen angestrebt wird; unterstreicht darüber hinaus, dass der Hochschulzugang von Menschen mit Behinderungen stärker gefördert werden muss;

32.

betont, dass es spezifischer Bestimmungen bedarf, die die Weiterqualifizierung und Umschulung von Menschen mit Behinderungen ermöglichen, um insbesondere das Potenzial des digitalen Wandels zu nutzen; begrüßt auf dieser Grundlage den Einsatz von Ausbildung als Instrument der sozialen Inklusion im Rahmen der Jugendgarantie;

33.

unterstützt, dass die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten nachdrücklich auffordert, klare Ziele für die Erhöhung der Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen insbesondere auf dem offenen Arbeitsmarkt festzulegen und die Kapazitäten der Arbeitsvermittlungsstellen zu stärken; bekräftigt, dass selbstständige Erwerbstätigkeit und Unternehmertum von Menschen mit Behinderungen erleichtert werden müssen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Steuererleichterungen für Unternehmen, die Menschen mit Behinderungen einstellen, oder Steuervergünstigungen für Selbstständige und insbesondere Unternehmer mit Behinderungen in Erwägung zu ziehen;

34.

begrüßt die Vorlage des Aktionsplans für die Sozialwirtschaft, der die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft vorsieht, wozu auch Möglichkeiten für Menschen mit Behinderungen gehören; fordert mehr Investitionen in Sozialunternehmen mit dem Schwerpunkt auf Integration; betont, dass Sozialunternehmen ein marktorientiertes Modell für Tätigkeiten fördern können, die, wenn sie erfolgreich umgesetzt werden, ausgeweitet und auf dem offenen Arbeitsmarkt finanziell tragfähig sein können (1);

Gleichberechtigter Zugang und Nichtdiskriminierung

35.

erkennt an, dass die Frage des Zugangs zur Justiz nicht zweitrangig ist und insbesondere die institutionelle Diskriminierung von Menschen mit kognitiven, psychosozialen oder geistigen Behinderungen betrifft; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die bewährten Verfahren, die für die Weitergabe von Wissen und zur Schaffung eines Multiplikatoreffekts entwickelt wurden, sichtbar zu machen;

36.

verweist auf die große Zahl der EU-Bürgerinnen und -Bürger, die an einer Entwicklungsstörung und/oder an einer psychischen Erkrankung leiden und deshalb unter Vormundschaft oder rechtliche Betreuung gestellt werden könnten; äußert jedoch seine Besorgnis, dass eine rechtliche Betreuung den nahezu vollständigen Verlust der gesetzlichen Rechte des Betroffenen nach sich ziehen kann und Entscheidungen über fast alle Aspekte seines Lebens dann von seinem gesetzlichen Vertreter getroffen werden. Viele Erwachsene sind gegen ihren Willen von ihrem gerichtlich bestellten Vertreter in einem Heim untergebracht worden. Der AdR fordert die Mitgliedstaaten auf, Rechtsvorschriften zur Umsetzung von Artikel 12 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (2) zu erlassen und Betroffene, Angehörige, die einschlägigen Interessenverbände und Fachleute in die Entscheidungen einzubeziehen;

37.

hält es für unbedingt notwendig, gegen die Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen, insbesondere gegen Frauen, Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, vorzugehen und sich auch Menschen mit geistigen Behinderungen und Kontakt- oder Kommunikationsstörungen zu widmen; ist der Auffassung, dass die Maßnahmen in diesen Bereichen im Rahmen der neuen Strategie intensiviert werden müssen. So sollten beispielsweise geschützte Wohneinrichtungen besser überwacht werden und Beratungszentren und geschützte Unterkünfte für Frauen grundsätzlich vollständig barrierefrei sein;

38.

teilt die Auffassung, dass es zu den wichtigsten Herausforderungen der Europäischen Union in diesem Bereich gehört, Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen zu bekämpfen;

39.

weiß um die Tatsache, dass Bildung das wichtigste Instrument zur Bekämpfung von Ungleichheiten ist — auch in Bezug auf Menschen mit Behinderungen; stimmt zu, dass die Gewährleistung einer inklusiven Bildung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderungen von großer Bedeutung ist; ist der Auffassung, dass die diesbezüglichen europäischen Programme solche Maßnahmen unterstützen und fördern; fordert mit Blick auf die Förderung des Austauschs bewährter Verfahren eine Mitwirkung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie der Verbände von Menschen mit Behinderungen und ihrer Familienangehörigen an den Bildungsprogrammen für Menschen mit Behinderungen und ihre aktive Beteiligung bei der Integration von Maßnahmen zur sozialen Eingliederung im Bildungsbereich;

Verbesserter Zugang zu Kunst und Kultur, Erholung, Freizeit, Sport und Tourismus

40.

unterstützt die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung von Menschen und besonders von Kindern und Jugendlichen mit (und ohne) Behinderung durch den Zugang zu Kunst und Kultur, Erholung, Freizeit, Sport und Tourismus;

41.

stellt insbesondere die Rolle des Sports bei der Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen heraus und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Programme zu fördern, mit denen die Teilnahme von durch eine Behinderung besonders eingeschränkten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen erleichtert wird;

Mit gutem Beispiel voran

42.

ist sich bewusst, wie wichtig es ist, ein vielschichtiges System für eine wirksame Umsetzung der Strategie zu schaffen. Der erste Schritt ist die systematische Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in die Entscheidungsfindung;

43.

betont die Notwendigkeit, wirksam gegen Stereotype im Zusammenhang mit körperlichen und geistigen Behinderungen im öffentlichen Diskurs, in der Darstellung in den Medien und im Bildungsbereich vorzugehen und dabei eine Nulltoleranz-Politik gegenüber Vorurteilen und Stigmatisierung aufgrund körperlicher und/oder geistiger Behinderung, auch gegenüber diskriminierendem Sprachgebrauch, zu etablieren. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sind sowohl als Arbeitgeber als auch als Dienstleister und aufgrund ihrer Bürgernähe sehr gut aufgestellt, um mit gutem Beispiel voranzugehen;

44.

unterstützt die Zusage der Kommission, ihre Personalstrategie zu stärken, damit Menschen mit Behinderungen in Beschäftigung gebracht und durch angemessene Vorkehrungen unterstützt werden, um Gleiches leisten zu können wie ihre Kolleginnen und Kollegen. Dies umfasst die Barrierefreiheit von Gebäuden und allen Arbeitsmitteln, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf Konzipierung, Entwicklung und Einsatz von im Dienste der Menschen stehenden Technologien liegt;

45.

unterstützt die Notwendigkeit, den Überwachungsrahmen für die Umsetzung der Strategie durch die Einführung wirksamer Indikatoren, die sich auf bereits vorhandene Daten stützen, zur Messung und Bewertung der Auswirkungen der sozialen Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu stärken sowie im Anschluss an die Bewertung Maßnahmen vorzuschlagen und zu integrieren; erinnert daran, wie wichtig es ist, jährliche Berichte über die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Inklusion von Menschen mit Behinderungen auch unter Verweis auf bewährte Verfahren der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie der Verbände Betroffener und ihrer Familien zu erstellen;

46.

fordert die Europäische Union, die Mitgliedstaaten und ihre regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auf, in den nationalen und regionalen Statistiksystemen Menschen mit Behinderungen stärker zu berücksichtigen, um über zuverlässige und regelmäßige Daten in Abstimmung mit EUROSTAT zu verfügen.

Brüssel, den 7. Mai 2021

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Apostolos TZITZIKOSTAS


(1)  Eurofound (2021), Disability and labour market integration: Policy trends and support in EU Member States, https://www.eurofound.europa.eu/sites/default/files/ef_publication/field_ef_document/ef20013en.pdf

(2)  https://www.un.org/disabilities/documents/convention/convention_accessible_pdf.pdf


Top