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Document 52022IR1407

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität

COR 2022/01407

ABl. C 79 vom 2.3.2023, p. 12–16 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

2.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 79/12


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität

(2023/C 79/03)

Berichterstatterin:

Aleksandra DULKIEWICZ (PL/EVP), Bürgermeisterin von Danzig

Referenzdokument:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat — Ein inklusiveres und besser schützendes Europa: Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität

COM(2021) 777 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

1.

stellt fest, dass die strafrechtliche Verfolgung von Hetze und Hasskriminalität in der EU derzeit durch den Rahmenbeschluss des Rates von 2008 zur strafrechtlichen Verfolgung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit geregelt ist (Rahmenbeschluss 2008/913/JI (1)). Die Liste der unter das EU-Recht fallenden Hassverbrechen ist auf Faktoren im Zusammenhang mit Rasse, Hautfarbe, Religion und nationaler bzw. ethnischer Herkunft begrenzt;

2.

stellt fest, dass die strafrechtliche Verfolgung weiterer Formen von Hetze und Hasskriminalität, insbesondere aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Ausrichtung, des Alters oder einer Behinderung, von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat variiert. Da die Verträge derzeit keine Grundlage für ein gemeinsames strafrechtliches Vorgehen zur gesamteuropäischen Bekämpfung aller Formen von Hetze und Hasskriminalität bieten, ruft der AdR den Rat auf, die Liste der EU-Straftaten gemäß Artikel 83 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AUEV) rasch zu erweitern, indem gemeinsame Mindeststandards für die einschlägigen einzelstaatlichen strafrechtlichen Bestimmungen unter uneingeschränkter Achtung des Subsidiaritätsprinzips festgelegt werden;

3.

begrüßt in diesem Zusammenhang nachdrücklich den Vorschlag der Europäischen Kommission für einen Beschluss des Rates zur Aufnahme von Hetze und Hasskriminalität in die Straftatbestände gemäß Artikel 83 Absatz 1 AUEV als Anhang zur Mitteilung der Europäischen Kommission vom Dezember 2021 „Ein inklusiveres und besser schützendes Europa: Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität“;

4.

verweist darauf, dass Hetze, Hasskriminalität, Fake News, Desinformation und Verschwörungstheorien Phänomene sind, gegen die entschlossen vorgegangen werden muss; betont zudem, dass es bei der Bekämpfung von Hetze und Hasskriminalität auch um die Bekämpfung von Vorurteilen, Rassismus, Chauvinismus, Homophobie und Antisemitismus geht; Hetze und Hasskriminalität schaden nicht nur den einzelnen Opfern, bei denen sie Leid und eine beträchtliche Einschränkung ihrer Grundrechte und -freiheiten verursachen, sondern auch der Gesellschaft insgesamt;

5.

ist besorgt über das Ausmaß des Phänomens und die Gleichgültigkeit, mit der ihm begegnet wird. Dies birgt die Gefahr, dass sich Hetze und Hasskriminalität in unserem Alltag etablieren und stets präsent sind;

Politische Empfehlungen

6.

verurteilt Situationen, in denen Hetze bei der Austragung politischer Konflikte eingesetzt wird; ist besorgt darüber, dass extreme Ansichten in der Mitte der Politik angekommen sind und dass die Sprache in der öffentlichen Debatte zunehmend verroht. Es besteht die Gefahr, dass die aggressive Sprache, deren sich Populisten in politischen Auseinandersetzungen bedienen, ein Klima begünstigt, in dem radikale Auffassungen, Fake News und Desinformation gedeihen, die zu Hasskriminalität führen können;

7.

ist sich bewusst, dass Hetze und Hasskriminalität alle Altersgruppen betreffen. Lediglich das Umfeld, in dem sie damit in Berührung kommen, variiert; spricht sich dafür aus, jungen Menschen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, die einerseits besonders anfällig für die virtuellen und reellen Auswirkungen von Hetze und Anstiftung zu Hassverbrechen sind, andererseits aber auch starke Verbündete bei der Bekämpfung dieses Phänomens sein können; stellt fest, dass Flüchtlinge, nicht heteronormative Menschen sowie ethnische und religiöse Minderheiten am häufigsten Gegenstand von Hetze sind, dass jedoch in den letzten Jahren der Anteil derer erheblich gestiegen ist, die Hetze in den Medien und im Alltag ausgesetzt sind;

8.

stellt fest, dass sich hassgetriebene verbale und physische Gewalt nicht nur gegen Minderheiten richtet. Auch politische Entscheidungsträger, die ein auf Wahlen beruhendes Mandat innehaben oder öffentliche Aufgaben wahrnehmen, werden immer häufiger Opfer von Hetze und Hasskriminalität. Besonders hart trifft dies Politikerinnen und Politiker der regionalen und lokalen Ebene, die beispielsweise die Rechte von Flüchtlingen, Migranten oder LGBTIQ+-Personen verteidigen, oder in jüngster Zeit auch vor dem Hintergrund globaler Bedrohungen wie der russischen Aggression gegen die Ukraine oder der COVID-19-Pandemie;

9.

ist der Ansicht, dass Politiker und öffentliche Organe über besonders gute Voraussetzungen verfügen, um Einfluss auf die öffentliche Meinung und den öffentlichen Diskurs zu nehmen; ruft die Entscheidungsträger auf allen Ebenen deshalb auf, von Äußerungen abzusehen, die zu Hetze bzw. Hassverbrechen gegen bestimmte Gruppen führen können;

10.

stellt auch mit Besorgnis fest, dass Drittländer im Rahmen organisierter Kampagnen, die zu Polarisierung und zunehmender Spaltung innerhalb der EU führen, ganz bewusst Hetze einsetzen und nicht vor Hassverbrechen zurückscheuen. Hetze und Hasskriminalität befeuern bewaffnete Konflikte. Sie sind kein lokales Phänomen mehr, sondern werden zunehmend zu einer Bedrohung globalen Ausmaßes. Ein Beispiel für Hetze ist das derzeitige Narrativ der Regierung von Präsident Putin hinsichtlich der Gründe für die Aggression gegen die Ukraine sowie das Ausmaß der in diesem Krieg begangenen (Hass)Verbrechen;

11.

verweist auf die globale Dimension von Hetze und Hassverbrechen, die unter anderem auf die problemlose Verbreitung über unterschiedliche digitale Kanäle zurückzuführen ist. Ihre wirksame Strafverfolgung muss daher grenzüberschreitend erfolgen; stimmt in dieser Hinsicht voll und ganz mit der Einschätzung der Europäischen Kommission überein, dass die Schwere solcher Straftaten zusammen mit ihrem grenzüberschreitenden Charakter nur durch ein gemeinsames Vorgehen auf EU-Ebene in Form einer gemeinsamen Reaktion der Union im Bereich der Strafjustiz und einer verstärkten justiziellen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten angegangen werden kann. Ein solches Vorgehen würde den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit nicht zuwiderlaufen;

12.

betont die negativen Nebeneffekte, die über das Internet verbreitete Hetze auf die lokale Bevölkerung haben kann, nämlich die Spaltung der Gesellschaft und die Aushöhlung des sozialen Zusammenhalts; ist der Ansicht, dass die Folgen von Hass und Hetze in der lokalen Bevölkerung am stärksten zu spüren sind;

13.

stellt besorgt fest, dass Verbrechen, die auf dem Potenzial beruhen, das Hass innewohnt, Angst und Stigmatisierung schüren, deren negative Auswirkungen über die Grenzen einer Stadt oder Gemeinde hinausgehen und zu Eskalationen bzw. größeren Konflikten beitragen können;

14.

betont die große Verantwortung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei der aktiven Bekämpfung von Hasskriminalität und Hetze sowie bei der Verhütung von Diskriminierung und Ausgrenzung, darunter auch politisch und ideologisch motivierter Gewalt; stellt fest, dass Untätigkeit und Gleichgültigkeit zu Eskalation bzw. einer Verschärfung der Situation führen können;

15.

betont, dass Bürgermeister und andere Regional- und Kommunalpolitiker die besten Voraussetzungen mitbringen, erste Anzeichen solcher Vorfälle in ihren Gemeinden zu erkennen; spricht sich dafür aus, in speziell für die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften ausgearbeiteten Empfehlungen aufzuzeigen, wie dieses Phänomen auf lokaler Ebene wirksam verhindert werden kann; ist darüber hinaus der Ansicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dazu ermutigt werden sollten, ausgehend von den örtlichen Gegebenheiten Präventionsarbeit zu leisten; fordert eine harmonische Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden, die Hetze und Hasskriminalität konsequent und wirksam bekämpfen müssen;

16.

empfiehlt den Erlass von Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Hetze in digitalen Diensten, damit die sozialen Medien nicht zur Verbreitung und Verstärkung von Hetze und Hassverbrechen beitragen. Die geltenden Vorschriften sind nicht ausreichend, um sicherzustellen, dass die Anbieter von Internetdiensten im Rahmen der von ihnen angebotenen Dienste zur wirksamen Bekämpfung und Verhinderung von Hetze beitragen. Untersuchungen (2) zeigen, dass Anbieter digitaler Dienste und Plattformen ihre eigenen Richtlinien oft nicht durchsetzen bzw. nicht über die notwendigen Kapazitäten zur Durchsetzung verfügen;

17.

stellt fest, dass das Gesetz über digitale Dienste, das derzeit erarbeitet wird, in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit bietet, um Mindeststandards für die Transparenz für die Ressourcen festzulegen, die Plattformen mobilisieren müssen, um die Umsetzung sowohl des Rechtsrahmens gegen Desinformation als auch ihrer eigenen Richtlinien sicherzustellen. Das Gesetz könnte als Anreiz dienen, die Beziehungen zwischen den Anbietern von Vermittlungsdiensten und den Bürgern und dem Staat zu verbessern. Das sozioökonomische Potenzial großer Plattformen erfordert koordinierte Anstrengungen auf gesamteuropäischer Ebene, wobei die Stärke des europäischen Binnenmarkts als Argument genutzt werden könnte;

18.

spricht sich für eine rasche Annahme des Gesetzes über digitale Dienste auf europäischer Ebene und für seine Umsetzung in den Mitgliedstaaten aus. Diese sollten sich an den weiteren Arbeiten am Gesetz in der EU beteiligen und sie voranbringen. Dabei sollte deutlich gemacht werden, dass das Gesetz über digitale Dienste ein europäisches Gesetz ist, das den von den einzelnen Mitgliedstaaten gegebenenfalls erlassenen gesonderten, unabhängigen Bestimmungen über digitale Dienste und die Meinungsfreiheit im Internet nicht zuwiderläuft;

19.

verweist auf die Rolle der Strafverfolgungsbehörden bei der Prävention, Aufdeckung und Verfolgung; hofft, dass infolge der Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hassverbrechen konsequent dagegen vorgegangen wird und Hetze und Hasskriminalität in jeder Phase der Strafverfolgung (Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichte) angemessen verfolgt werden und entsprechendes Augenmerk erhalten; weist darauf hin, wie wichtig unabhängige Gerichte dabei sind. Sie setzen mit ihrer Rechtsprechung Maßstäbe dafür, was zulässig ist und noch in die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung fällt und was bereits als Hetze gilt; empfiehlt, bei den Maßnahmen gegen die genannten Tatbestände EU-weit dieselben Maßstäbe anzulegen;

20.

spricht sich dafür aus, die Schaffung eines Modells in Erwägung zu ziehen, bei dem Hetze als Offizialdelikt und nicht als Antragsdelikt verfolgt wird. Es liegt im öffentlichen Interesse, dieses Phänomen einzudämmen. Die Täter sollten sich wiederum der Strafbarkeit ihrer Taten bewusst sein. Darüber hinaus gilt es, gegen die Anonymität der Täter von Hassverbrechen vorzugehen. Zu diesem Zweck sind Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden sowie die Bereitschaft der Internetdiensteanbieter zur Zusammenarbeit erforderlich;

21.

betont, dass die Fortschritte bei der Gleichstellung und den Menschenrechten, darunter auch bei der Bekämpfung von Hasskriminalität und Hetze durch Strafverfolgungsbehörden, in hohem Maße von der Zusammenarbeit der regionalen und lokalen Behörden abhängen;

22.

verweist darauf, dass das größte Hindernis für ein wirksames Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden darin besteht, dass Hassverbrechen nicht gemeldet werden; macht darauf aufmerksam, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie deren Bedienstete stärker von ihrer Bürgernähe profitieren und Maßnahmen zur Sensibilisierung für das Problem (auch unter Beamten) sowie zur Ermutigung der Opfer, Hetze und Hassverbrechen zu melden, fördern sollten;

23.

verweist insbesondere darauf, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Überwindung der Hindernisse bei der Meldung von Hassverbrechen beitragen sollten, beispielsweise durch die Sensibilisierung für die Rechte der Opfer, die Bereitstellung von Informationen über die gesetzlichen Meldemöglichkeiten, die Gewährleistung, dass Migranten unabhängig von ihrem rechtlichen Status Meldung erstatten können, oder die Förderung anonymer Meldungen bzw. Meldungen durch Dritte. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sollten auch bewährte Verfahren und die Zusammenarbeit unter Einbeziehung der Polizei, lokaler Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsstellen, sozialer Nichtregierungsorganisationen und anderer Opferunterstützungsdienste bei Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer fördern;

24.

kommt zu dem Schluss, dass selbst die besten rechtlichen Lösungen ins Leere laufen, wenn sie von den Strafverfolgungsbehörden nicht zur Verfolgung der Täter eingesetzt werden. Ebenso eingeschränkt sind die Handlungsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden, wenn die Anbieter von Online-Diensten (die Dienste auf elektronischem Wege erbringen) nicht die Daten von Personen übermitteln, die Hassverbrechen begehen und somit offenkundig gegen Gesetze verstoßen;

25.

macht im Zusammenhang mit Strafverfolgungsmaßnahmen geltend, dass die Strafverfolgungsbehörden (und insbesondere die Staatsanwaltschaft) vor dem Hintergrund, dass Hetze oftmals in den öffentlichen und politischen Diskurs einfließt, den Grundsatz der Unabhängigkeit achten und diesem Phänomen die gebührende Aufmerksamkeit schenken sollten. Ungeachtet der bestehenden nationalen Unterschiede bei den diesbezüglichen Rechtsvorschriften sowie der Bekämpfung und Verhütung von Hetze und beim Schutz konkreter Voraussetzungen ist es sehr wichtig, die Stabilität der Institutionen zu gewährleisten. Dies bedeutet erstens eine unabhängige Gerichtsbarkeit und zweitens eine Staatsanwaltschaft, die ohne Druck von außen eigenständige Entscheidungen im Bereich der Verfolgung dieser Straftaten durch öffentliche Anklage treffen kann;

26.

stellt fest, dass in mehreren EU-Mitgliedstaaten das Mandat der Gleichstellungsstellen auch Hetze und Hasskriminalität abdeckt (3) und dass diese deshalb eine wichtige Rolle in dieser Beziehung spielen; unterstützt in diesem Zusammenhang die Empfehlungen der Europäischen Kommission an die Mitgliedstaaten, mit denen sie bei der Verbesserung der Unabhängigkeit und Wirksamkeit der Gleichstellungsstellen unterstützt werden sollen (4); sieht dem angekündigten Legislativvorschlag zur weiteren Stärkung der Rolle und Unabhängigkeit der Gleichstellungsstellen erwartungsvoll entgegen;

27.

verweist auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen, die die Durchführung von Sensibilisierungsmaßnahmen und die Bekämpfung von Hetze und Hassgewalt unterstützen. Die Erfahrungen dieser Interessenträger, darunter auch der lokalen Behörden, müssen bei Maßnahmen zur Eindämmung und Bekämpfung von Hass genutzt werden;

28.

ist der Auffassung, dass an allen Schulen Bildungsprogramme im Bereich der Antidiskriminierung umgesetzt und die erforderlichen Kompetenzen für ein Leben in einer multikulturellen Gesellschaft mit unterschiedlichen Nationalitäten, Ethnien, Ideologien und Religionen vermittelt werden sollten. Unterrichtseinheiten im Bereich der Bekämpfung von Hetze sollten Bestandteil dieser Bildung sein;

29.

schlägt vor, die Problematik der Hetze in das allgemeine Bildungsprogramm aufzunehmen, und ruft die Regionen mit diesbezüglichen Zuständigkeiten auf, entsprechende Maßnahmen auf den Weg zu bringen;

30.

betont, dass die Unionsbürgerinnen und -bürger von heute über die Grenzen des Rechts auf freie Meinungsäußerung im Internet bzw. im öffentlichen Raum aufgeklärt und mit zwischenmenschlichen Kompetenzen ausgestattet werden müssen;

31.

spricht sich für breit angelegte öffentliche (auch EU-weite) Kampagnen zur Gleichstellung und Prävention von Diskriminierung aus, z. B. in Form von Folgemaßnahmen zur Konferenz zur Zukunft Europas;

32.

fordert die Unterstützung regionaler und lokaler Organisationen und ihrer Sozialpartner, die sich mit der Bekämpfung des verbalen und körperlichen Hasses durch multikulturelle Bildung befassen; verweist darauf, dass der Bürgermeister-Paweł-Adamowicz-Preis, der vom Ausschuss der Regionen, dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht (ICORN) und der Stadt Danzig finanziert wird, in diesem Zusammenhang ein positives Beispiel ist;

Schlussfolgerungen

33.

sieht in der Europäischen Union einen Garanten in Bezug auf die Schaffung von Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von öffentlichen Hassbekundungen und Taten aus Hass;

34.

ist sich bewusst, dass Hetze und Hasskriminalität grenzüberschreitende Auswirkungen haben, weshalb sie durch gemeinsame Maßnahmen auf EU-Ebene angegangen werden müssen; fordert die wirksame Bekämpfung von Hetze und Hasskriminalität auch aus anderen als den im Rahmenbeschluss 2008/913/JI genannten Gründen, so auch aus Gründen der Geschlechtsidentität, der sexuellen Ausrichtung, des Alters oder einer Behinderung, wie sie in den Vorschlägen der Europäischen Kommission für eine Union der Gleichheit genannt werden. Es ist wichtig, dass der Rat die Liste der Straftaten (Artikel 83 Absatz 1 AEUV) rasch um Hassverbrechen erweitert, um die Wirksamkeit der Strafverfolgung sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene zu gewährleisten;

35.

betont, dass die einzige wirksame Reaktion auf Hetze und Hasskriminalität in der Schaffung einer umfassenden, auf einer Rechtsgrundlage beruhenden Strategie zur Bekämpfung, Meldung und konsequenten Strafverfolgung besteht;

36.

fordert die Einführung von Mindestvorschriften auf EU-Ebene in Bezug auf Strafen bei Hetze und Hasskriminalität, was eine Änderung der nationalen Rechtsvorschriften ermöglichen würde, um die Mitgliedschaft in Organisationen, die jegliche Art von Hass fördern bzw. dazu animieren, sowie die Beteiligung an Aktivitäten dieser Art unter Strafe zu stellen. Weder in Europa noch weltweit sollte es Akzeptanz für antidemokratische Ansichten, Hetze und Feindseligkeiten gegen andere Menschen geben;

37.

empfiehlt, die Methoden zur Erfassung und Erhebung von Daten über Hassverbrechen zu optimieren und Expertengespräche mit den Mitgliedstaaten unter der Schirmherrschaft der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) zu führen, die den nationalen Behörden dabei helfen können, Probleme bei der praktischen Anwendung der Rechtsvorschriften anzugehen und eine wirksame Ermittlung, Verfolgung und Verurteilung von Hassverbrechen und Hetze sicherzustellen; sieht in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle für soziale Einrichtungen und Organisationen, die sich mit Hetze und Hasskriminalität befassen;

38.

hält organisatorische und rechtliche Lösungen für den Schutz der Opfer von Hetze und Hasskriminalität für notwendig, die von EU-Institutionen und Organisationen, den Mitgliedstaaten und den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sowie der Zivilgesellschaft in Europa unterstützt und gefördert werden müssen;

39.

stellt fest, dass zwischen der Bekämpfung von Hetze und der Zensur nur ein schmaler Grat verläuft. Bei der Ausarbeitung rechtlicher Lösungen zur Bekämpfung von Hetze und Hassverbrechen sollte das Recht auf freie Meinungsäußerung gewährleistet werden;

40.

stellt fest, dass es auf internationaler Ebene keine einheitliche Definition von Hassverbrechen gibt; fordert deshalb eine entsprechende Weiterentwicklung der Rechtsprechung und damit der Wirksamkeit der strafrechtlichen Verfolgung von Hetze und Hasskriminalität. Als Inspiration können hier die Empfehlung CM/Rec(2022) 16 (5) des Ministerkomitees des Europarates oder auch die Definition aus dem Rahmenbeschluss 2008/913/JI dienen;

41.

ist sich bewusst, dass es nicht darum geht, extreme politische Äußerungen zu regulieren. Es wird weiterhin Sache der Mitgliedstaaten bleiben, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu definieren; ist jedoch der Ansicht, dass es EU-weiter Standards zur Bekämpfung von verbalem und physischem Hass bedarf. Diesem Zweck dient die Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität.

Brüssel, den 1. Dezember 2022

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


(1)  Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 55).

(2)  Ein entsprechender Bericht ist abrufbar unter 210831_Reset_Facebook_Bundestagswahl_EN.pdf (hateaid.org) abrufbar.

(3)  Ein Beispiel wäre das Büro des Bürgerbeauftragten in Polen.

(4)  Empfehlung der Kommission zu Standards für Gleichstellungsstellen vom 22. Juni 2018 (C(2018) 3850 final).

(5)  Empfehlung CM/Rec(2022)16 des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Hetze: https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=0900001680a67955.


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