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Document 52022IP0274

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Juli 2022 zu der Frauenarmut in Europa (2021/2170(INI))

ABl. C 47 vom 7.2.2023, p. 2–14 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

7.2.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 47/2


P9_TA(2022)0274

Frauenarmut in Europa

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Juli 2022 zu der Frauenarmut in Europa (2021/2170(INI))

(2023/C 47/01)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

gestützt auf die Artikel 8, 9, 151, 153 und 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden die „Charta“), insbesondere die Bestimmungen über die sozialen Rechte und über die Gleichstellung von Männern und Frauen,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau von 1979,

unter Hinweis auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, den Grundsatz, niemanden zurückzulassen, und insbesondere Ziel 1, Armut zu beenden, Ziel 5, die Geschlechtergleichstellung zu erreichen und die Lebensbedingungen von Frauen zu verbessern, und Ziel 8, nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu fördern,

unter Hinweis auf die Wachstumsstrategie der EU, Europa 2020, und insbesondere das Ziel, die Zahl der unterhalb der nationalen Armutsgrenzen lebenden EU-Bürger und -Bürgerinnen bis 2020 um 25 % zu senken und somit mindestens 20 Millionen Menschen aus der Armut zu befreien, und unter Hinweis darauf, dass das gesamte Potenzial der Sozialversicherungs- und Altersversorgungssysteme der Mitgliedstaaten genutzt werden muss, damit für eine entsprechende Einkommensbeihilfe gesorgt ist,

unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul),

unter Hinweis auf das Übereinkommen Nr. 190 der Internationalen Arbeitsorganisation über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt,

unter Hinweis auf den Aktionsplan zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte,

unter Hinweis auf die Empfehlung (EU) 2021/1004 des Rates vom 14. Juni 2021 zur Einführung einer Europäischen Garantie für Kinder (1),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (2),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (3) (Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. März 2020 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025“ (COM(2020)0152),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Oktober 2005 zu Frauen und Armut in der Europäischen Union (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. März 2011 zur Frauenarmut in der Europäischen Union (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. September 2011 zur unternehmerischen Tätigkeit von Frauen in kleinen und mittelständischen Unternehmen (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. Mai 2016 zu dem Thema „Armut: eine geschlechtsspezifische Perspektive“ (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. April 2017 zu Frauen und ihren Rollen in ländlichen Gebieten (8),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Juni 2017 zur Notwendigkeit einer EU-Strategie zur Beendigung und Vermeidung des geschlechtsspezifischen Rentengefälles (9),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. Oktober 2017 zur Stärkung der wirtschaftlichen Stellung der Frau im Privatsektor und im öffentlichen Sektor in der EU (10),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2018 zu Betreuungsangeboten in der EU für eine verbesserte Gleichstellung der Geschlechter (11),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2019 zu der Gleichstellung der Geschlechter und der Steuerpolitik in der EU (12),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 30. Januar 2020 zu den Einkommensunterschieden zwischen Frauen und Männern (13),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu der geschlechtsspezifischen Sichtweise in der COVID-19-Krise und der Zeit danach (14),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Juli 2021 zu dem Thema „Das Altern des Alten Kontinents — Chancen und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Politik betreffend das Altern in der Zeit nach 2020“ (15),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Februar 2021 zu der Verringerung der Ungleichheiten mit besonderem Augenmerk auf der Erwerbstätigenarmut (16),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 10. Dezember 2019 zu dem Thema „Gleichstellungsorientierte Volkswirtschaften in der EU: Der Weg in die Zukunft“,

unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) vom 5. März 2020 mit dem Titel „Beijing + 25: the fifth review of the implementation of the Beijing Platform for Action in the EU Member States“ (Peking + 25: fünfte Überprüfung der Umsetzung der Aktionsplattform von Peking in den EU-Mitgliedstaaten),

unter Hinweis auf den Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation vom 27. Mai 2020 mit dem Titel „COVID-19 and the world of work. Fourth edition“ (COVID-19 und die Arbeitswelt. Vierte Ausgabe),

unter Hinweis auf den Policy Brief von Eurofound und EIGE vom 15. Juli 2021 mit dem Titel „Upward convergence in gender equality: How close is the Union of equality?“ (Aufwärtskonvergenz bei der Gleichstellung der Geschlechter: Wie nah ist die Union der Gleichstellung?),

unter Hinweis auf die Studie der Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten der Generaldirektion Interne Politikbereiche vom Dezember 2017 mit dem Titel „Gender perspective on access to energy in the EU“ (Geschlechterperspektive zum Zugang zu Energie in der EU),

unter Hinweis auf die Gleichstellungsindizes 2019 und 2020 des EIGE,

unter Hinweis auf das Positionspapier des Weltmütterverbandes (Make Mothers Matter) vom Juni 2021 zur Mütterarmut in der EU,

unter Hinweis auf die Beurteilung der Jahresstrategie für nachhaltiges Wachstum 2021 und des Vorschlags für einen gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2021 vom Februar 2021 des Europäischen Netzes gegen Armut mit dem Titel „Working towards a Socially Inclusive and Poverty-proof Recovery from the COVID-19 Pandemic“ (Auf dem Weg zu einer gesellschaftlich inklusiven und armutsfesten Erholung von der COVID-19-Pandemie),

unter Hinweis auf die Studie der Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten der Generaldirektion Interne Politikbereiche vom 19. Mai 2021 mit dem Titel „COVID-19 and its economic impact on women and women’s poverty: Insight from 5 European Countries“ (Die COVID-19-Pandemie und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen auf Frauen und Frauenarmut: Erkenntnisse aus fünf europäischen Ländern),

unter Hinweis auf die Studie der Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten der Generaldirektion Interne Politikbereiche vom 14. Juni 2021 mit dem Titel „Gender equality: Economic value of care from the perspective of the applicable EU funds“ (Gleichstellung der Geschlechter: Wirtschaftlicher Wert der Betreuungs- und Pflegearbeit im Hinblick auf die einschlägigen EU-Mittel),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. April 2016 über die Verwirklichung des Ziels der Armutsbekämpfung in Anbetracht der steigenden Haushaltskosten (17) sowie auf die zugehörige Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter,

unter Hinweis auf die Arbeit der im Juni 2021 eingerichteten Europäischen Plattform zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit,

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter (A9-0194/2022),

A.

in der Erwägung, dass die Gleichstellung der Geschlechter ein in Artikel 2 EUV festgeschriebener Grundwert der Europäischen Union ist; in der Erwägung, dass in Artikel 8 AEUV der Grundsatz der Gleichstellung von Männern und Frauen festgeschrieben ist;

B.

in der Erwägung, dass die Beseitigung der Armut eine der Prioritäten der EU ist, die in Artikel 3 EUV, Artikel 34 der Charta und als Kernziel im Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte verankert ist, um der Verpflichtung der EU Rechnung zu tragen, mit ihrer Politik die Armut zu bekämpfen;

C.

in der Erwägung, dass die Anzahl der in Armut lebenden Frauen in der EU immer noch höher ist als die der in Armut lebenden Männer (18); in der Erwägung, dass trotz einer Verringerung der Armut sowohl von Frauen als auch von Männern in der EU Frauen weiterhin unverhältnismäßig stärker von Armut und dem Risiko der sozialen Ausgrenzung betroffen sind als Männer, insbesondere Frauen, die sich überschneidende Formen der Diskriminierung erfahren; in der Erwägung, dass im Jahr 2020 das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung in der EU für Frauen (22,9 %) höher war als für Männer (20,9 %), obwohl es bei beiden Geschlechtern seit 2015 zurückgegangen ist (24,9 % bzw. 23,1 %); in der Erwägung, dass das Armutsgefälle zwischen Frauen und Männern seit 2017 in 21 Mitgliedstaaten größer geworden ist (19); in der Erwägung, dass den Daten zufolge Frauen in den verschiedenen Mitgliedstaaten in höchst unterschiedlichem Maße von Armut betroffen sind; in der Erwägung, dass aufgrund der starken Korrelation zwischen Frauenarmut und Kinderarmut jedes vierte Kind in der EU von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht ist;

D.

in der Erwägung, dass Schätzungen für 2019 zufolge Frauen in der EU-27 besonders stark von dem Risiko, zu verarmen, betroffen sind, wobei die Armutsquote bei 17,1 % nach Sozialtransfers liegt; in der Erwägung, dass Frauen seit Beginn der COVID-19-Pandemie im sozioökonomischen Bereich unverhältnismäßig stark betroffen sind, in einigen Fällen auch durch den Verlust des Arbeitsplatzes; in der Erwägung, dass die Beschäftigungsquote von Frauen sogar noch stärker gesunken ist als während der Rezession von 2008; in der Erwägung, dass dies unter anderem auf die Zunahme der unbezahlten Pflege-, Haus- und Erziehungsarbeit zurückzuführen ist, die hauptsächlich von Frauen geleistet wird, und auch zu einer Zunahme der Frauenarmut geführt hat; in der Erwägung, dass bereits vor der COVID-19-Pandemie die Mehrheit der Arbeitnehmer in befristeten Arbeitsverhältnissen und in Teilzeitbeschäftigung Frauen waren, insbesondere im Dienstleistungssektor, und dass die Pandemie diesen Trend noch verstärkt hat; in der Erwägung, dass die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie noch gar nicht vollständig absehbar sind und dass sich die sozioökonomischen Folgen noch jahrelang bemerkbar machen werden; in der Erwägung, dass es daher unerlässlich ist, die Frauenarmut im Zusammenhang mit der Bewältigung und den Folgen der COVID-19-Krise zu untersuchen; in der Erwägung, dass die Maßnahmen, die zur Überwindung der Finanzkrise von 2008 ergriffen wurden, nicht ausgereicht haben, um die Frauenarmut zu verringern; in der Erwägung, dass Kürzungen der Mittel für soziale öffentliche Dienste und niedrigere Löhne Frauen unverhältnismäßig stark treffen, da sie stärker auf soziale öffentliche Dienste und Beihilfen angewiesen sind;

E.

in der Erwägung, dass Gender Mainstreaming bedeutet, im gesamten Politikzyklus die Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu berücksichtigen und zusätzlich einen intersektionalen Ansatz zu verfolgen, der bei der Konzeption, Umsetzung und Bewertung von politischen Maßnahmen, Programmen und Vorhaben Frauen und Männer in ihrer Vielfalt würdigt, um die Gleichstellung der Geschlechter zu verbessern; in der Erwägung, dass in der Politik der Union bisher weder wirklich gleichstellungsorientierte Maßnahmen aufgeboten noch ein intersektionaler Ansatz angewandt wurde;

F.

in der Erwägung, dass Artikel 3 Absatz 3 EUV die Union dazu verpflichtet, „soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen“ zu bekämpfen und „soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz [sowie] die Gleichstellung von Frauen und Männern“ im Einklang mit dem Konzept der sozialen Marktwirtschaft zu fördern; in der Erwägung, dass der Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte das spezifische Ziel hat, die Anzahl Menschen, die von Armut bedroht sind, bis 2030 um mindestens 15 Millionen zu reduzieren, darunter 5 Millionen Kinder; in der Erwägung, dass die sozialen und grünen Agenden sowie die Agenda zur Gleichstellung der Geschlechter verknüpft sind und dass mit ihnen das gemeinsame Ziel verfolgt wird, nachhaltiges Wachstum und die gerechte Verteilung von Ressourcen sicherzustellen; in der Erwägung, dass bei den Diskussionen über eine Überprüfung des derzeitigen EU-Modells der sozioökonomischen Governance die Verpflichtung der EU, Ungleichheiten abzubauen und Armut — vor allem Frauenarmut — zu beseitigen, berücksichtigt werden sollte;

G.

in der Erwägung, dass der UN-Sonderberichterstatter zu extremer Armut und Menschenrechten, Olivier De Schutter, darauf hingewiesen hat, dass die Europäische Union eine EU-weite Strategie zur Armutsbekämpfung erarbeiten sollte, mit der für einen breit angelegten, strukturellen Ansatz zur Beseitigung von Frauenarmut gesorgt wird; in der Erwägung, dass für die Europäische Union nach der Pandemie ein gerechterer Gesellschaftsvertrag erforderlich ist, einschließlich einer Wirtschaftspolitik, die darauf abzielt, die wirtschaftlichen Ungleichheiten zu verringern;

H.

in der Erwägung, dass Armut der Eltern häufig zu Armut der Kinder führt; der Erwägung, dass durch die Investitionen in Maßnahmen zugunsten von Frauen auch die Lebensbedingungen ihrer Familien und insbesondere ihrer Kinder verbessert werden; in der Erwägung, dass die EU und die Mitgliedstaaten die Rechte des Kindes im Einklang mit dem EUV achten, schützen und umsetzen müssen; in der Erwägung, dass die Rechte des Kindes in Armutssituationen gefährdet sind; in der Erwägung, dass die Beseitigung von Kinderarmut in Grundsatz 11 der europäischen Säule sozialer Rechte verankert ist;

I.

in der Erwägung, dass Familien mit alleinerziehenden Elternteilen stärker gefährdet sind, zu verarmen und gesellschaftlich ausgegrenzt zu werden, und dass bei ihnen die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass die Armut von Generation zu Generation weitergegeben wird; in der Erwägung, dass es sich bei alleinerziehenden Elternteilen zu 85 % um Frauen handelt; in der Erwägung, dass 2020 bei 42,1 % der Alleinerziehenden mit unterhaltsberechtigten Kindern in der EU die Gefahr bestand, zu verarmen oder sozial ausgegrenzt zu werden;

J.

in der Erwägung, dass Frauenarmut das Ergebnis lebenslanger Diskriminierung ist; in der Erwägung, dass Geschlechterstereotypen nach wie vor die Arbeitsteilung zu Hause, in der Bildung, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft sowie den Zugang zu Macht und Entscheidungsbefugnissen beeinflussen; in der Erwägung, dass unbezahlte Betreuungs- und Hausarbeit, die zumeist von Frauen geleistet wird, diesen eine unverhältnismäßige Belastung auferlegt; in der Erwägung, dass Frauen weltweit über 70 % der Arbeitskräfte in der Gesundheits- und Pflegebranche ausmachen; in der Erwägung, dass diese Art der Beschäftigung systematisch unterbewertet wird, da sie von Frauen unentgeltlich im häuslichen Bereich ausgeübt wurde und wird; in der Erwägung, dass Frauen eine im Vergleich zu Männern geringere Entlohnung erhalten; in der Erwägung, dass Frauen aufgrund von Zeitmangel häufiger in Teilzeit beschäftigt sind; in der Erwägung, dass Frauen unter Erwerbstätigenarmut leiden, die aufgrund der geringen Arbeitsintensität ein höheres Risiko von Armut und gesellschaftlicher Ausgrenzung nach sich zieht;

K.

in der Erwägung, dass die Empfehlungen der europäischen Säule sozialer Rechte zur Gleichstellung der Geschlechter, zur Chancengleichheit und zur aktiven Unterstützung für Beschäftigung gebührend berücksichtigt werden müssen;

L.

in der Erwägung, dass Frauenarmut viele Dimensionen hat und dass daher alle Ursachen und Folgen von Frauenarmut in all ihren Ausprägungen bekämpft werden müssen, darunter materielle Unterversorgung, aber auch mangelnder Zugang zu verschiedenen Ressourcen und Dienstleistungen, was Frauen daran hindert, ihre Bürgerrechte vollumfassend auszuüben; in der Erwägung, dass Frauenarmut direkt beeinflusst wird durch das Fehlen einer fairen Bewertung der hauptsächlich von Frauen ausgeführten Tätigkeiten, von Unterbrechungen ihrer beruflichen Laufbahn wegen Mutterschaftsurlaub oder Betreuungspflichten, von der ungleichen Aufteilung von unbezahlten Betreuungspflichten und Hausarbeit sowie von der Segregation in der Bildung und folglich auch auf dem Arbeitsmarkt; in der Erwägung, dass Frauenarmut dazu führt, dass Frauen von bestimmten sozialen und politischen Aspekten des Lebens ausgeschlossen werden; in der Erwägung, dass das Fehlen eines angemessenen Zugangs zu Ressourcen und Dienstleistungen gleichzeitig das Risiko für Frauen erhöht, in Armut zu geraten oder zu bleiben, was zeigt, wie sich Armut und soziale und politische Ausgrenzung gegenseitig verstärken;

M.

in der Erwägung, dass sich Armut auf Frauen und Männer unterschiedlich auswirkt und dass daher auch Indikatoren, die ein besseres Verständnis der Feminisierung der Armut ermöglichen (etwa Alter, Lebenserwartung, Einkommensunterschiede, geschlechtsspezifische Lohngefälle, Zusammensetzung des Haushalts, Sozialtransfers), berücksichtigt werden müssen; in der Erwägung, dass Synergien zwischen verschiedenen ergriffenen Maßnahmen und politischen Aktionen zur Unterstützung der Gleichstellung der Geschlechter in den Bereichen Beschäftigung, Bildung, Steuerpolitik und Wohnraum dazu beitragen können, die tieferen Ursachen von Armut und gesellschaftlicher Ausgrenzung wirksamer zu bekämpfen;

N.

in der Erwägung, dass bei bestimmten Gruppen von Frauen wie alleinerziehenden Müttern, Frauen über 65 Jahre, Frauen mit Behinderungen, Frauen mit niedrigem Bildungsniveau und Frauen mit Migrationshintergrund ein höheres Risiko der Verarmung und sozialen Ausgrenzung besteht;

O.

in der Erwägung, dass unter der Bevölkerung im höheren Lebensalter in der EU-27 Frauen Männern zahlenmäßig überlegen sind; in der Erwägung, dass es 2019 mehr als doppelt so viele hochbetagte Frauen (85 Jahre und älter) als hochbetagte Männer gab; in der Erwägung, dass die Bevölkerungsalterung weitreichende Folgen für Regierungen, Unternehmen und die Zivilgesellschaft haben wird, wovon insbesondere das Gesundheitswesen und die Sozialsysteme, die Arbeitsmärkte, die öffentlichen Finanzen und die Rentenansprüche betroffen sein werden;

P.

in der Erwägung, dass aus den entsprechenden Zahlen hervorgeht, dass in der EU 29,5 % der Frauen mit Behinderungen von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, während dies nur bei 27,5 % der Männer mit Behinderungen der Fall ist;

Q.

in der Erwägung, dass Frauen aus besonders schutzbedürftigen Gruppen, wie z. B. junge Frauen, Frauen mit Behinderungen, Frauen mit Migrationshintergrund, Roma-Frauen, Frauen, die religiösen oder ethnischen Minderheiten angehören, sowie LBTQI+-Frauen, beim Zugang zu Bildung, Gesundheitsfürsorge, Beschäftigung und sozialen Diensten mit zusätzlichen und sich überschneidenden Formen der Diskriminierung konfrontiert und daher einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt sind;

R.

in der Erwägung, dass Roma beim Zugang zu Beschäftigungsinitiativen wie der Jugendgarantie diskriminiert werden; in der Erwägung, dass öffentliche Arbeitsverwaltungen häufig nicht die Kapazitäten haben, um sie zu erreichen, oder indirekte Diskriminierungspraktiken anwenden;

S.

in der Erwägung, dass in Bezug auf Daten zur Armut die Erhebungseinheit Haushalt Armut innerhalb von Haushalten definiert und somit die geschlechtsspezifischen Ungleichheiten bei der internen Verteilung der Ressourcen nicht berücksichtigt, was es schwierig macht, zuverlässige nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten zu erhalten;

T.

in der Erwägung, dass Frauenarmut das Risiko von Obdachlosigkeit, fehlendem Zugang zu angemessenem Wohnraum und Energiearmut erhöht; in der Erwägung, dass politische Maßnahmen erforderlich sind, die speziell auf Alleinerziehende zugeschnitten sind;

U.

in der Erwägung, dass die Gleichstellung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt ein wichtiges Instrument zur Beseitigung von Frauenarmut ist, von dem nicht nur Frauen profitieren, sondern die Wirtschaft insgesamt, und das sich positiv auf das BIP, das Beschäftigungsniveau und die Produktivität auswirkt; in der Erwägung, dass eine Verbesserung der Gleichstellung der Geschlechter zu einem Anstieg des BIP pro Kopf in der EU um 6,1 bis 9,6 % und zu 10,5 Millionen zusätzlichen Arbeitsplätzen bis 2050 führen würde, wovon sowohl Frauen als auch Männer profitieren würden;

V.

in der Erwägung, dass Arbeit in stark von Frauen dominierten Bereichen zwar wesentlich und von hohem sozioökonomischem Wert ist, diese Arbeit aber unterbewertet und schlechter bezahlt wird als Arbeit in Bereichen, in denen überwiegend Männer tätig sind; in der Erwägung, dass dringend neu bewertet werden muss, ob die Löhne in Bereichen, in denen überwiegend Frauen beschäftigt sind, ihrem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wert angemessen sind, und dass unbedingt Fortschritte bei Mindestlöhnen, Mindesteinkommen und Lohntransparenz in EU-Vorschriften erzielt werden müssen;

W.

in der Erwägung, dass das Recht auf Arbeit eine grundlegende Bedingung für die Durchsetzung der Gleichberechtigung, die wirtschaftliche Unabhängigkeit und die berufliche Verwirklichung der Frauen ist;

X.

in der Erwägung, dass die durchschnittliche Geschlechterdiskrepanz bei der Beschäftigungsquote 11,5 % beträgt, wobei Frauen in Bereichen mit gering bezahlten, prekären Beschäftigungsmöglichkeiten unverhältnismäßig stark vertreten sind; in der Erwägung, dass Frauen bei flexiblen Arbeitsformen, atypischen und flexiblen Arbeitsverträgen (Teilzeit- bzw. Zeitarbeit) stärker vertreten sind; in der Erwägung, dass Frauen wegen Schwangerschaft und Mutterschaft diskriminiert werden; in der Erwägung, dass auf EU-Ebene Frauen 2019 durchschnittlich 14,1 % weniger verdienten als Männer, wobei es erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gab (20); in der Erwägung, dass sich seit 2010 in 17 Mitgliedstaaten das Gehaltsgefälle zwischen den Geschlechtern und in 19 Mitgliedstaaten das Einkommensgefälle zwischen den Geschlechtern vergrößert hat, was insgesamt zu einer Zunahme der Geschlechterdiskrepanzen bei Gehalt und Einkommen in der EU geführt hat (21); in der Erwägung, dass etwa 10 % der Erwerbsbevölkerung in der EU von Armut bedroht sind und dass es vor allem Frauen sind, die für den Mindestlohn oder eine Vergütung unter dem existenzsichernden Lohn arbeiten, was unter anderem auf den größeren Anteil von Frauen in der informellen Wirtschaft zurückzuführen ist; in der Erwägung, dass die Bekämpfung der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit und die Festsetzung angemessener und gerechter Mindestlöhne, die einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen, dazu beitragen können, Lohnungleichheit, das Einkommensgefälle zwischen Frauen und Männern und die Frauenarmut zu verringern;

Y.

in der Erwägung, dass die Europäische Sozialcharta das Recht aller Erwerbstätigen, also auch der Arbeitnehmerinnen, auf gerechte Entlohnung, die für einen angemessenen Lebensstandard für sie selbst und ihre Familien ausreichend ist, und das Recht auf gleiches Entgelt bei gleichwertiger Arbeit anerkennt; in der Erwägung, dass in ihr darüber hinaus das Recht auf Schutz vor Armut und sozialer Ausgrenzung verankert ist, und sie zur Verringerung des gegenwärtigen Einkommensgefälles zwischen Männern und Frauen beiträgt;

Z.

in der Erwägung, dass die Quote von Transgender-Personen in einer bezahlten Beschäftigung bei nur 51 % liegt, im Vergleich zu 69,3 % der allgemeinen Bevölkerung; in der Erwägung, dass Arbeitslosigkeit ein besonderes Problem für transsexuelle Frauen ist, deren Wahrscheinlichkeit, von Arbeitslosigkeit betroffen zu sein, nahezu dreimal so hoch wie im Durchschnitt der allgemeinen Bevölkerung ist (22);

AA.

in der Erwägung, dass nur 20,7 % der Frauen mit Behinderungen und 28,6 % der Männer mit Behinderungen vollzeitbeschäftigt sind; in der Erwägung, dass in einigen Mitgliedstaaten Menschen mit Behinderungen häufig bei Aufnahme einer Beschäftigung ihre Leistungsansprüche im Zusammenhang mit ihrer Behinderung verlieren, was ihr Risiko, von Erwerbstätigenarmut betroffen zu sein, erhöht;

AB.

in der Erwägung, dass die geschlechtsspezifische Rentenlücke im Jahr 2019 durchschnittlich 29,4 % betrug (23), was auf die Ungleichgewichte zurückzuführen ist, die durch anhaltende lebenslange Ungleichheiten entstehen; in der Erwägung, dass dieses Rentengefälle bedeutet, dass Frauen mit höherer Wahrscheinlichkeit mit zunehmendem Alter unter die Armutsgrenze rutschen, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass die Lebenserwartung von Frauen jene von Männern übertrifft, was die Auswirkungen von Armut und gesellschaftlicher Ausgrenzung weiter verschärft; in der Erwägung, dass eine stärkere Eingliederung in den Arbeitsmarkt während des gesamten Lebens dazu beitragen wird, das geschlechtsspezifische Rentengefälle zu schließen;

AC.

in der Erwägung, dass die technologische und digitale Revolution, die wir erleben, den digitalen Fortschritt und neue Geschäftsmöglichkeiten fördert und dass diese technologische und digitale Revolution die wirtschaftlichen Strukturen, die Gesellschaftssysteme und den Arbeitsmarkt verändert; in der Erwägung, dass alle Menschen in unserer Gesellschaft, besonders Frauen, die Chance zur Teilhabe am Wohlstand haben müssen;

AD.

in der Erwägung, dass Strategien, die darauf ausgerichtet sind, die Teilhabe von Frauen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) sowie KI zu stärken, und eine vielschichtige Herangehensweise zur Verringerung des Geschlechtergefälles auf allen Ebenen der Bildung und Beschäftigung im digitalen Bereich weiter gefördert werden müssen;

AE.

in der Erwägung, dass Mädchen Jungen in der Schule leistungsmäßig übertreffen, sich aber häufig größeren Schwierigkeiten gegenübersehen oder durch familiären und sonstigen Druck daran gehindert werden, diesen Bildungserfolg in einen beruflichen Erfolg umzuwandeln;

AF.

in der Erwägung, dass Frauen, die in ländlichen Gebieten leben, in besonderem Maße von Armut betroffen sind; in der Erwägung, dass viele Frauen, die in ländlichen Gebieten leben, überhaupt nicht auf dem Arbeitsmarkt registriert und nicht arbeitslos gemeldet sind; in der Erwägung, dass der Anteil der arbeitslosen Frauen in den ländlichen Gebieten besonders hoch ist, und die in Beschäftigung stehenden Frauen über sehr geringe Einkommen verfügen; in der Erwägung, dass Frauen in ländlichen Gebieten nur begrenzt Zugang zu Bildung haben;

AG.

in der Erwägung, dass ein gemeinsamer EU-Ansatz für die Pflegebranche, zusätzlich zu den Maßnahmen der Mitgliedstaaten, einen erheblichen Mehrwert schaffen würde; in der Erwägung, dass Frauen häufiger als Männer unbezahlte Betreuungsarbeit leisten und die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen daher einer der häufigsten Gründe für Frauen ist, ihre Arbeitszeit zu reduzieren oder sich aus dem Arbeitsmarkt zurückzuziehen; in der Erwägung, dass Frauen ihre Karriere öfter unterbrechen oder eine kurzfristige, Teilzeit-, prekäre oder sogar informelle Beschäftigung annehmen, die sich an die Betreuungszeiten anpassen lässt, was sich auf ihr Einkommen und ihre Beiträge zu den Rentenfonds auswirkt und somit ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit im Alter beeinträchtigt; in der Erwägung, dass der allgemeine kostengünstige Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung und zu sozialen Diensten und Einrichtungen, wie frühkindliche Betreuung und Bildung oder die Betreuung anderer hilfsbedürftiger Personen, nicht nur der Schlüssel zur Vermeidung zunehmender Armut, besonders für Frauen, sondern auch entscheidend für eine Wirtschaft ist, die dem öffentlichen Interesse dient; in der Erwägung, dass Investitionen in diese Dienste positive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen und deren Fähigkeit zur Teilhabe am Arbeitsmarkt haben; in der Erwägung, dass Sozialschutzmaßnahmen von allergrößter Bedeutung sind, um Frauenarmut nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht sondern auch in ihrer gesamten Vielschichtigkeit zu überwinden;

AH.

in der Erwägung, dass Armut die Auswirkungen von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen verschärft, da zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten es Frauen in von Missbrauch geprägten Beziehungen erschweren, ihren Partner zu verlassen; in der Erwägung, dass geschlechtsspezifische Gewalt ein strukturelles Problem ist, das in allen sozioökonomischen Gruppen vorkommt und unabhängig von der Herkunft oder dem Glauben ist; in der Erwägung, dass Armut zu einem höheren Risiko für Frauen führt, Opfer von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung zu werden, da sie und ihre Familien dadurch wirtschaftlich von den Gewalttätern abhängig werden; in der Erwägung, dass geschlechtsspezifische Gewalt auch zu Armut und sozialer Ausgrenzung beiträgt, da Gewalt gesundheitliche Folgen hat und zum Verlust des Arbeitsplatzes und zur Obdachlosigkeit führen kann;

AI.

in der Erwägung, dass Belästigung am Arbeitsplatz, einschließlich der sexuellen und psychologischen Belästigung, wovon größtenteils Frauen betroffen sind, auf Frauen abschreckend wirkt und zu häufigerer Abwesenheit, niedrigerer Produktivität und in der Folge zu Einkommenseinbußen führt und dazu beiträgt, Frauen aus dem Arbeitsmarkt zu drängen, woraus sich negative Auswirkungen auf die berufliche Laufbahn und die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Betroffenen ergeben; in der Erwägung, dass die Meldung von Fällen von Belästigung am Arbeitsplatz zur Entlassung oder Isolation des Opfers führen kann;

AJ.

in der Erwägung, dass sich Schätzungen zufolge derzeit eines von zehn Mädchen keine Hygieneartikel leisten kann; in der Erwägung, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 15. Januar 2019 zu der Gleichstellung der Geschlechter und der Steuerpolitik in der EU alle Mitgliedstaaten aufgefordert hat, die sogenannte Pflege- und Tamponsteuer abzuschaffen, indem sie von der in der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Flexibilität Gebrauch machen und diese grundlegenden Güter von der Mehrwertsteuer befreien bzw. Nullsätze darauf anwenden;

AK.

in der Erwägung, dass Russlands Krieg gegen die Ukraine zu einem weiteren Anstieg der Armut, insbesondere von Frauen, führt, da er ukrainische Frauen und Kinder zwingt, in die Nachbarländer zu fliehen, und da die steigenden Preise für grundlegende Dienstleistungen und Waren zwar alle Europäer spüren, jedoch diejenigen stärker betrifft, die bereits über weniger Ressourcen verfügen;

1.

weist darauf hin, dass nach Angaben von Eurostat derzeit 64,6 Millionen Frauen und 57,6 Millionen Männer in den Mitgliedstaaten in Armut leben, was deutlich macht, dass Frauen und Männer in unterschiedlicher Weise von Armut betroffen sind; fordert die Kommission auf, eine ehrgeizige europäische Armutsbekämpfungsstrategie 2030 mit konkreten Zielen zur Minderung der Armut und mit Schwerpunkt auf der Beseitigung der Frauenarmut und dem Durchbrechen des Kreislaufs der Risiken der generationenübergreifenden Armut auszuarbeiten;

2.

betont, dass die Frauenarmut auch unter intersektionalen Gesichtspunkten analysiert werden muss, die eine geschlechtersensible Analyse beinhaltet, die sich überschneidende Formen der Diskriminierung aufgrund von Merkmalen wie sozioökonomischem Hintergrund, Migrations- und ethnischem Hintergrund, Alter, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität und Ausdruck der Geschlechtlichkeit berücksichtigt; fordert, dass der Gleichstellungsindex der EIGE in das sozialpolitische Scoreboard aufgenommen wird; fordert die EIGE auf, Daten intersektional und nach Geschlecht aufgeschlüsselt bereitzustellen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Daten zu nutzen, um länderspezifische Probleme besser angehen zu können und nationale Aufbaupläne zu entwickeln, sowie die Synergieeffekte zwischen verschiedenen Paketen, Fonds und Maßnahmen zu verbessern;

3.

betont den Stellenwert von Maßnahmen, bei denen die demografische Herausforderung berücksichtigt wird und mit denen gleiche Chancen für alle — insbesondere für diejenigen, die besonders von der Krise betroffen sind, wie etwa schutzbedürftige Gruppen, Familien in all ihrer Vielfalt, die junge Generation und ältere Menschen — gefördert werden, und betont auch, dass sichergestellt werden muss, dass bei allen Geschäftsmöglichkeiten, die sich durch die aktuelle technologische und digitale Revolution ergeben, ein Schwerpunkt auf Frauen gelegt wird;

4.

fordert die Mitgliedstaaten auf, auf ähnliche Weise und regelmäßig an der Erhebung und Analyse aufgeschlüsselter Daten zu arbeiten, wenn sie ihre Strategien und Verfahren konzipieren oder bewerten, um Informationen und Zahlen über die Situation von Frauen in bestimmten prekären Situationen zu sammeln, wie zum Beispiel über Frauen, die unter Energieunsicherheit, der digitalen Kluft, Berufskrankheiten, Unter- oder Mangelernährung leiden;

5.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu auf, die Ungleichbehandlung, die Frauen erfahren, durch die Bekämpfung ihrer Hauptkomponenten anzugehen, d. h. durch die Bekämpfung der Hindernisse auf dem Arbeitsmarkt sowie der Hindernisse beim Zugang zu erschwinglichen hochwertigen Diensten, wie Kinderbetreuung und langfristigen Pflegediensten, und den Zugang zu öffentlichen Rentensystemen für Selbständige, Nichterwerbstätige, Arbeitslose (Kurzzeit- oder Langzeitarbeitslose) oder Personen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen zu fördern;

6.

stellt fest, dass Armut nach wie vor auf der Grundlage des Gesamteinkommens eines Haushalts bemessen wird, wobei davon ausgegangen wird, dass alle Haushaltsmitglieder das Gleiche verdienen und die Mittel gleich untereinander aufteilen; fordert individualisierte Ansprüche und Berechnungen auf der Grundlage des individuellen Einkommens, um das tatsächliche Ausmaß der Armut von Frauen zu bekämpfen;

7.

fordert Multidimensionalität bei der Bemessung von Armut, einschließlich Zeitarmut; fordert Eurostat auf, sich bei der geschlechtersensiblen Gestaltung der Europäischen Zeitbudgeterhebung und der Häufigkeit ihrer Durchführung mit den Mitgliedstaaten abzustimmen;

8.

begrüßt die Ankündigung der Kommission einer „Europäischen Strategie für Pflege und Betreuung“, fordert jedoch, dass sie über Maßnahmen in der Pflegebranche hinausreichen und sicherstellen muss, dass ein Übergang zu einer Pflegewirtschaft stattfindet, die einen ganzheitlichen, geschlechtergerechten und lebenslangen Pflegeansatz verfolgt, einschließlich Maßnahmen zur Förderung ökologischer Nachhaltigkeit, gerechter Arbeitsbedingungen und angemessener Löhne, um die Attraktivität der Arbeit im Bereich der Pflege und Betreuung zu erhalten, Diskriminierung zu beenden, Armut, Gewalt und Missbrauch zu bekämpfen, Mindeststandards und angemessene Qualitätsrichtlinien für die Pflege und Betreuung von Menschen über ihr gesamtes Leben hinweg festzulegen sowie Pflegefachkräfte und informelle Pflegekräfte, unbezahlte Pflegekräfte und die Menschen, für die sie sorgen, zu unterstützen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Anreize für Arbeitgeber zu schaffen, um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu fördern;

9.

stellt fest, dass alle Mitgliedstaaten die Pflegepakete während der Pandemie aufgestockt und Sonderregelungen für Alleinerziehende eingeführt haben; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, diese Bestimmungen während der Erholungsphase auszuweiten;

10.

ist überzeugt, dass der Grundsatz „Arbeit ist das beste Mittel gegen Armut“ angesichts von Niedriglohnsektoren, atypischen und prekären Arbeitsbedingungen und dem Abbau von sozialen Sicherungssystemen heute nicht mehr zutrifft und dass funktionierende Tarifvertrags- und Mindestlohnsysteme erforderlich sind, um zu einer Gesellschaft ohne Armut zu gelangen;

11.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, für ausreichenden finanziellen Schutz zu sorgen, nicht nur für Menschen mit langfristiger Beschäftigung, sondern auch für solche, die unbezahlte Pflegetätigkeiten für betreuungsbedürftige Angehörige sowie haushalts- und bildungsbezogene Betreuungstätigkeiten ausüben, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen stehen oderlangfristig arbeitslos sind;

12.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, politische Maßnahmen zu fördern, die darauf abzielen, prekären Beschäftigungsverhältnissen und unfreiwilliger Teilzeitarbeit ein Ende zu setzen, um die Lage der Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern;

13.

hebt die entscheidende Bedeutung von Frauen hervor, die in den Bereichen Soziales, Pflege, Reinigung, Bildung, Gesundheit und Einzelhandel tätig sind und somit die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft aufrechterhalten, wie die COVID-19-Krise gezeigt hat; fordert, dass Arbeitsbereiche, in denen typischerweise überwiegend Frauen tätig sind, neu beurteilt und bewertet werden und dass bereichsübergreifende geschlechtsneutrale Werkzeuge zur Beschäftigungsbewertung entwickelt und angewandt werden, damit Arbeit, die überwiegend von Frauen erbracht wird, besser bewertet und gerechter bezahlt und gleiches Entgelt für gleiche Arbeit und gleichwertige Arbeit sichergestellt werden kann, wobei gleichzeitig die unternehmerische Initiative von Frauen in kleinen und mittleren Unternehmen gestärkt wird;

14.

weist darauf hin, dass Beschäftigte im Einzelhandel und Reinigungskräfte zum allergrößten Teil Frauen sind, die häufig lediglich den Mindestlohn erhalten und nun durch die COVID-19-Pandemie noch stärker von Armut bedroht sind; betont, dass die Lohnverhältnisse dringend verbessert und prekäre Beschäftigungsverhältnisse dringend bekämpft werden müssen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu auf, den Stellenwert der Angehörigen der Gesundheitsberufe durch angemessene Arbeitsentgelte und -bedingungen und vor allem durch Abschluss ordnungsgemäßer Arbeitsverträge aufzuwerten;

15.

hebt hervor, dass die Vielschichtigkeit von Frauenarmut nur angegangen werden kann, wenn die Segregation unbezahlter häuslicher Tätigkeiten und Betreuungspflichten, denen überwiegend Frauen nachgehen, überwunden und die Bekämpfung von Stereotypen stärker betrieben wird, um die Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben im Bereich der Pflegedienste auszubauen sowie familienfreundliche Arbeitsregelungen zu stärken, wie zum Beispiel flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit der Telearbeit, damit das Modell gefördert wird, bei dem Erwerbstätigkeit und Betreuungsaufgaben gleichmäßig aufgeteilt sind (Zeitnutzungsstrategie) (24), sodass Frauen und Männer ihr Berufsleben besser mit ihrem Privatleben vereinbaren können; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu auf, die Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben vollständig umzusetzen und anzuwenden, um eine gerechte Aufteilung von Berufs- und Familienleben sicherzustellen, und fordert sie auf, über die Mindeststandards der Richtlinie hinauszugehen; betont, dass zur Bekämpfung der Erwerbstätigenarmut bei den Ursachen angesetzt werden muss, beispielsweise durch Förderung von allgemeiner und beruflicher Bildung, Festlegung von Mindestlöhnen und Sicherstellung des Sozialschutzes; fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu anzuhalten, in hochwertige allgemeine und berufliche Bildung zu investieren, und sie dabei zu unterstützen, sich über bewährte Verfahren auszutauschen und besonderes Augenmerk auf das lebenslange Lernen zu legen;

16.

betont, dass unverhältnismäßig viele Frauen häufig unfreiwillig einer prekären Beschäftigung nachgehen, darunter ein hoher Anteil im Bereich der Teilzeit- und Niedriglohnbeschäftigung sowie im Rahmen von befristeten Arbeitsverträgen und Null-Stunden-Verträgen; fordert die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, die Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zur Reduzierung des Ausmaßes prekärer Arbeitsverhältnisse umzusetzen, indem sie beispielsweise die Bedingungen, unter denen solche Beschäftigungsverhältnisse erlaubt sind, verschärfen und den maximalen Zeitraum, in dem Arbeitnehmer im Rahmen solcher Verträge beschäftigt sein dürfen, begrenzen;

17.

fordert die Mitgliedstaaten auf, aktive und wirksame Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Belästigung, einschließlich der sexuellen und psychischen Belästigung, am Arbeitsplatz einzuleiten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, für geeignete und angemessene Finanzierungsmechanismen für Programme und Maßnahmen zur Bekämpfung von Belästigung am Arbeitsplatz zu sorgen, einschließlich Mechanismen zur Unterstützung von Frauen bei der Meldung von Fällen von Belästigung; fordert die Mitgliedstaaten und die EU dazu auf, das Übereinkommen Nr. 190 der Internationalen Arbeitsorganisation über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt zu ratifizieren;

18.

betont, dass es wichtig ist, den Folgen der arbeitsmarktbezogenen Entscheidungen von Frauen mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, und dass Frauen zum Schutz vor Armut und sozialer Ausgrenzung wirtschaftlich unabhängig sein müssen;

19.

äußert sich besorgt darüber, dass Frauen mit Kindern am Arbeitsplatz diskriminiert werden, weil sie Mütter sind, und nicht, weil sie im Beruf weniger leisten als Kolleginnen und Kollegen; fordert die Mitgliedstaaten auf, aktiv ein positives Bild von Müttern als Arbeitnehmerinnen zu fördern;

20.

betont, dass hochwertige öffentliche Dienste eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung der Frauenarmut spielen, insbesondere Dienste für die frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung oder die Pflege sonstiger pflegebedürftiger Personen, z. B. älterer Menschen; fordert die Mitgliedstaaten auf, angemessene Mechanismen zur Anerkennung dieser Leistungen im Leben einzurichten;

21.

betont, dass auch der Klimawandel umfassende Auswirkungen auf Frauenarmut hat, da Frauen stärker von natürlichen Ressourcen abhängig sind und — zumal die Mehrheit der armen Menschen in der EU Frauen sind — über weniger Mittel verfügen, um sich selbst vor den negativen Folgen des Klimawandels zu schützen; bedauert, dass im Rahmen der klimapolitischen Maßnahmen der EU keine kohärente Geschlechterperspektive eingeführt wurde; fordert die Kommission auf, die Geschlechtergleichstellung bei der Klimaschutzpolitik und den entsprechenden Rechtsvorschriften der EU durchgängig zu berücksichtigen; ist der Auffassung, dass das Paket „Fit für 55“ und der soziale Klimafonds mit einer eindeutigen geschlechtsspezifischen Dimension konzipiert und umgesetzt werden sollten und Frauen ebenso zugutekommen sollten wie Männern;

22.

fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, in Energiearmut lebende Frauen zu schützen, indem eine rechtzeitige, koordinierte Reaktion ermöglicht wird, um die langfristigen Folgen der Energiekrise zu bewältigen; betont, dass Haushalten mit geringem Einkommen der Zugang zu einer erschwinglichen Versorgung garantiert werden muss, insbesondere älteren Frauen und alleinerziehenden Müttern;

23.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Gleichstellungsaspekt bei allen Strategien, Programmen und Maßnahmen durchgängig zu berücksichtigen und bessere Strategien zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sowie angemessene Maßnahmen zur Sicherstellung der Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt einzuführen, wie zum Beispiel einen besseren Mutterschaftsurlaub, erheblich längere Vaterschaftsurlaube, bezahlte und nicht übertragbare Elternzeit, flexible Arbeitszeiten, Einrichtungen zur Kinderbetreuung vor Ort, Pflegeeinrichtungen und Strategien für Telearbeit; erachtet es als wichtig, die Geschlechtergleichstellung durchgängig zu berücksichtigen und die wirtschaftspolitische Antwort auf die COVID-19-Pandemie so zu gestalten, dass sie den speziellen Anforderungen von Frauen und der Struktur ihrer Erwerbstätigkeiten gerecht wird;

24.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Gleichstellungsaspekt bei allen auf den Verkehr bezogenen Rechtsvorschriften, Strategien, Programmen und Maßnahmen durchgängig zu berücksichtigen und eine geschlechtsspezifische Perspektive in die Gestaltung von Mobilität, erschwinglichem Wohnraum und Stadtplanung einfließen zu lassen;

25.

hebt hervor, dass Obdachlosigkeit unter Frauen nicht unterschätzt und fälschlicherweise als geringfügiges soziales Problem in der EU wahrgenommen werden sollte; weist darauf hin, dass es an umfassenden aufgeschlüsselten Daten zu Art und Ausmaß der Obdachlosigkeit von Frauen mangelt, wodurch dieses Problem weniger sichtbar wird; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Geschlechterperspektive in ihre Strategien und Verfahren zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit und des Mangels an Zugang zu erschwinglichem und angemessenem Wohnraum und Energie zu integrieren und konkrete Strategien zu entwickeln, mit denen diese Probleme bis 2030 ausgeräumt werden und dafür gesorgt wird, dass die entsprechenden Dienste angemessen und wirksam funktionieren, um den Bedürfnissen obdachloser Frauen gerecht zu werden; hebt hervor, dass geschlechtsspezifische Gewalt als eine der Ursachen anerkannt werden muss, die das Risiko der Obdachlosigkeit unter Frauen erhöhen, und betont, dass berücksichtigt werden muss, inwiefern sich die Bedürfnisse von Frauen mit allgemeinen sozioökonomischen und strukturellen Hindernissen überschneiden; fordert alle Akteure auf, eine Geschlechterperspektive in die Europäische Plattform zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit einfließen zu lassen; ist der Überzeugung, dass der Grundsatz, dem Wohnraum Vorrang einzuräumen, eine wesentliche Rolle bei der Bekämpfung von Obdachlosigkeit spielen kann, und fordert die Einführung dieser Projekte in allen Mitgliedstaaten;

26.

weist darauf hin, dass aufgrund der sich verschlechternden sozialen und wirtschaftlichen Situation, die durch die COVID-19-Pandemie verursacht wird, sämtliche Formen des Missbrauchs und der Gewalt gegen Frauen sowie die Prostitution zugenommen haben, wodurch Menschenrechte von Frauen verletzt werden; hebt hervor, dass die öffentlichen, finanziellen und personellen Mittel und Ressourcen aufgestockt werden müssen, um von Armut bedrohte Gruppen unterstützen und überall dort eingreifen zu können, wo Kinder, Jugendliche, ältere Menschen, Menschen mit Behinderung oder Obdachlose gefährdet sind;

27.

stellt fest, dass die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen wesentlich dazu beiträgt, dass sie geschlechtsspezifischer Gewalt entkommen können; fordert daher die Bereitstellung von Stützungs- und Schutzmaßnahmen, um Frauen in solchen Situationen zu unterstützen, die Annahme einer umfassenden Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung aller Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt, die Hinzufügung geschlechtsspezifischer Gewalt zur Liste der EU-Straftatbestände, die Ratifizierung des Übereinkommens von Istanbul durch die EU sowie durch Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Lettland, Litauen und die Slowakei; betont, dass ein Leben ohne Gewalt von grundlegender Bedeutung ist, damit Frauen am Arbeitsmarkt teilhaben, ihr vollständiges Potenzial erreichen und finanziell unabhängig sein können; verurteilt vorsätzliche Desinformationen über Instrumente und Initiativen zur Bekämpfung von geschlechtsbezogener Gewalt in der EU; äußerst sich besorgt darüber, dass diese Desinformationen in Europa Fuß fassen und es dadurch noch schwieriger wird, Frauen vor Gewalt zu schützen;

28.

fordert die Mitgliedstaaten auf, schädliche Praktiken wie die Verstümmelung weiblicher Genitalien, Früh- und Zwangsehen und die sogenannte Gewalt aus Gründen der Ehre, wodurch vor allem junge Frauen und Mädchen Verletzungen und Einschränkungen erfahren, zu bekämpfen;

29.

hält Prostitution für eine schwere Form der Gewalt und Ausbeutung, von der vor allem Frauen und Kinder betroffen sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, spezifische Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Ursachen von Prostitution zu ergreifen, sodass Frauen in einer Situation der Armut und sozialen Ausgrenzung nicht Opfer einer solchen Ausbeutung werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, spezifische Maßnahmen zu ergreifen, um Prostituierten bei ihrer sozialen und beruflichen Wiedereingliederung zu helfen;

30.

fordert die Kommission auf, im Rahmen der Europäischen Sozialfonds und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums proaktive Maßnahmen vorzuschlagen, um die Beschäftigung von Frauen, die Erleichterung des Zugangs zu sozialen Diensten und die sozioökonomische Entwicklung in ländlichen Gebieten zu fördern; legt den Mitgliedstaaten nahe, in Zusammenarbeit mit den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften das Risiko der Armut unter Frauen in ländlichen Gebieten zu senken, indem durch Bereitstellung von Programmen für hochwertige Bildung und durch hochwertige Beschäftigungsbedingungen, einschließlich Telearbeit und angemessenem Einkommen, ihre Rolle gestärkt und ihre Lebensqualität verbessert wird; fordert positive Maßnahmen, durch die vor allem Landwirtinnen darin bestärkt werden, in ländlichen Regionen zu bleiben, unter anderem durch Förderung von Gemeinschaftszentren, die technische Beratung und Hilfe anbieten können, damit landwirtschaftliche Betriebe erhalten bleiben, die ihnen helfen zu überleben und die junge Menschen darin bestärken, in die Landwirtschaft und in Viehbestände zu investieren, um deren langfristiges Überleben zu sichern;

31.

betont die entscheidende Rolle aller Sozialfonds und -programme der EU, insbesondere des Europäischen Sozialfonds Plus, des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer, des Fonds für einen gerechten Übergang, der Aufbau- und Resilienzfazilität sowie des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds; hebt hervor, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission mit dem ESF+ das Ziel verfolgen sollten, die sozioökonomischen Auswirkungen der Krise, insbesondere auf Frauen, abzumildern, die Anzahl der Frauen in Beschäftigungsverhältnissen zu erhöhen und ihnen dabei zu helfen, Berufs- und Privatleben miteinander in Einklang zu bringen, gegen Armut und ihre geschlechtsspezifische Dimension, die Feminisierung der Armut und die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts auf dem Arbeitsmarkt und in der allgemeinen und beruflichen Bildung vorzugehen, die am stärksten gefährdeten Personen zu unterstützen und die Kinderarmut zu bekämpfen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Fonds mit einer geschlechtsspezifischen Perspektive in vollem Umfang zu nutzen;

32.

betont, dass nationale Anstrengungen zur Inklusion der Roma in allen Mitgliedstaaten beschleunigt werden sollten; fordert die Kommission auf, Inklusion zu fördern und so die Beteiligung von Roma-Mädchen und -Frauen auf allen Ebenen sicherzustellen, einschließlich derer, die auf lokaler und regionaler Ebene sowie auf EU-Ebene arbeiten; weist darauf hin, dass dabei die Gleichstellung von Männern und Frauen berücksichtigt und der Schwerpunkt darauf gelegt werden sollte, die in den Mitgliedstaaten bewährten Verfahren auf die Ebene der Union zu übertragen;

33.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Hinblick auf die Verbesserung der Situation der Roma die Finanzhilfen der EU um Studienprogramme und Projekte zu ergänzen, die es talentierten Roma-Mädchen und -Frauen ermöglichen, sich durch weiterführende Bildung aus der generationsübergreifenden Armut zu befreien, ihre soziale Integration zu fördern und ihr Fachwissen auszubauen; fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, die Unterstützung anzugeben, die sie für die Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen zur Eingliederung der Roma-Bevölkerung benötigen würden;

34.

hebt hervor, dass ein Anstieg der Armut von Frauen umfassende Auswirkungen auf die allgemeine Gesellschaft hat; äußert sich besorgt über die Auswirkungen, die dies in Bezug auf Kinderarmut haben wird; begrüßt in dieser Hinsicht die Annahme der Empfehlung des Rates (EU) 2021/1004 vom 14. Juni 2021, mit der eine europäische Garantie für Kinder eingerichtet wird;

35.

betont, welch wichtigen Beitrag Frauen in der Arbeitswelt und in den Bereichen Kultur, Bildung, Wissenschaft und Forschung leisten; nimmt die wesentliche Verschlechterung der Lebensbedingungen von Frauen, die in den Bereichen Kunst und Kultur sowie in landwirtschaftlichen und ländlichen Kleinst- und u tätig sind, zur Kenntnis, die sich aufgrund der Aussetzung der wirtschaftlichen und kulturellen Tätigkeiten während der Pandemie ergeben hat;

36.

fordert einen geschlechtersensiblen Ansatz für den digitalen Wandel; fordert die Kommission nachdrücklich auf, bestehende Programme und Finanzierungsmöglichkeiten zu nutzen und gegebenenfalls zusätzliche Mittel für die Bekämpfung der digitalen Armut von Frauen zur Verfügung zu stellen, damit Frauen die Fähigkeiten erwerben können, die erforderlich sind, um im digitalen Umfeld sicher zu arbeiten, und damit sie ihre digitale Kompetenz verbessern können;

37.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Hindernisse für das weibliche Unternehmertum zu ermitteln und insbesondere eine umfassende Analyse des Zugangs von Frauen zu Finanzmitteln durchzuführen, um zur Beseitigung der Armut von Frauen in der Europäischen Union beizutragen, indem Frauen dazu befähigt werden, Unternehmerinnen und Gründerinnen von kleinen und mittleren Unternehmen zu werden und somit zum grünen und digitalen Wandel beizutragen; stellt fest, dass weibliches Unternehmertum zur Schaffung von Arbeitsplätzen führt, den Binnenmarkt stärkt und die Arbeitslosigkeit verringert; stellt fest, dass durch eine Verringerung bürokratischer Lasten Hindernisse für Unternehmer und Unternehmerinnen beseitigt werden sollten, damit mehr Frauen ein Unternehmen gründen; betont, wie wichtig Kenntnisse über das Unternehmertum und praktische Erfahrungen in Schulen sind; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Stärkung der Stellung von Frauen durch Bildung, Ausbildung und lebenslanges Lernen zu fördern; fordert insbesondere eine verstärkte Förderung von MINT-Fächern, digitaler Bildung, künstlicher Intelligenz und Finanzwissen, um die vorherrschenden Stereotypen zu bekämpfen und dafür zu sorgen, dass sich mehr Frauen für diese Bereiche entscheiden und zu ihrer Weiterentwicklung beitragen;

38.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass mit der gesamten neuen Steuerpolitik, einschließlich der Besteuerung mit klarer geschlechtsspezifischer Dimension, gegen sozioökonomische und geschlechtsspezifische Ungleichheiten in all ihren Dimensionen vorgegangen wird und diese beseitigt werden (25); fordert die Mitgliedstaaten auf, eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in ihrer Steuerpolitik zu unterbinden und die Mehrwertsteuer auf Hygieneartikel für Frauen abzuschaffen, da sie die Würde von Frauen mit niedrigerem Einkommen unverhältnismäßig beeinträchtigt, und somit sicherzustellen, dass alle Frauen Zugang zu diesen wesentlichen Produkten haben;

39.

fordert die Mitgliedstaaten auf, bei einer Reform des Rentensystems und der Anpassung des Rentenalters die geschlechtsspezifische Dimension und die Unterschiede zwischen Arbeitszeiten und Arbeitsrhythmus von Frauen und Männern, einschließlich aller Arten der unbezahlten Arbeit, sowie das höhere Risiko der Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere von älteren Frauen, zu berücksichtigen; fordert die Mitgliedstaaten angesichts der Alterung der Bevölkerung und des Anteils älterer Frauen, die sich in einer benachteiligten oder schutzbedürftigen Lage befinden, mit Nachdruck auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um das Risiko zu senken, dass ältere Frauen und Frauen im Ruhestand von Armut bedroht sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihre Rentensysteme eine Entschädigung für unbezahlte Pflegearbeit aufzunehmen, beispielsweise über Betreuungsgutschriften oder sonstige Leistungen, die Pflege- und Betreuungspersonal zusätzlich zur Rente erhält, unabhängig davon, ob minderjährige Kinder, ältere Menschen, kranke Menschen oder Personen mit Behinderung betreut oder gepflegt wurden, und Männer gleichzeitig darin zu bestärken, Pflege- und Betreuungstätigkeiten zu übernehmen;

40.

fordert die Kommission auf, keine politischen Empfehlungen zu fördern, die eine Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse, eine Deregulierung der Arbeitszeiten, eine Senkung der Löhne, eine Untergrabung von Tarifverhandlungen oder die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und der sozialen Sicherheit zur Folge hätten;

41.

begrüßt die laufenden Verhandlungen über die Annahme einer Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union; fordert die EU-Organe auf, ein EU-Rahmenwerk zu verabschieden, mit dem bevorzugt die Festlegung oder Anpassung eines Mindestlohns je Land unter anderem auf Grundlage eines nationalen Warenkorbs zu Realpreisen erfolgt, der unter anderem angemessenen Wohnraum, gesunde und ausgewogene Lebensmittel, Kleidung, nachhaltigen Verkehr und nachhaltige Energie, Gesundheitsversorgung und Betreuung sowie Ressourcen enthält, die den Menschen eine sinnvolle Teilhabe an Gesellschaft, Kultur und Bildung ermöglichen, sodass für einen angemessenen Lebensstandard gesorgt wird, der teilweise dazu beitragen würde, die Armut trotz Erwerbstätigkeit zu verringern, vor allem für Frauen; fordert faire und angemessene Mindestlöhne in den Mitgliedstaaten als notwendige Sicherung, um für eine gerechtere Lohnverteilung zu sorgen und eine Lohnuntergrenze zum Schutz von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt sicherzustellen; ist der Auffassung, dass die Einrichtung eines Rahmenwerks für Mindestlöhne durch klare Regeln, transparente Verfahren und effiziente Vorgehensweisen erreicht und erhalten werden muss, wobei Kriterien und Leitindikatoren zur Bewertung der Angemessenheit zum Einsatz kommen und unter anderem beratende Stellen sowie Sozialpartner einbezogen werden sollten;

42.

fordert die Mitgliedstaaten auf, bei der Umsetzung der europäischen Garantie für Kinder und der Lohntransparenzrichtlinie sowie der künftigen Richtlinie über Mindestlöhne und der Empfehlung zum Mindesteinkommen ehrgeizig vorzugehen;

43.

bedauert, dass der Gleichstellungsaspekt noch nicht durchgängig über den gesamten EU-Haushalt hinweg berücksichtigt wird, wie es vom europäischen Rechnungshof dargelegt wurde, und fordert, dass diese Situation als dringende Angelegenheit berichtigt wird; betont, dass der Gleichstellungsaspekt auf allen Ebenen des Politikzyklus durchgängig berücksichtigt und auf zuverlässigen Daten beruhen muss; hebt hervor, wie wichtig die Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts bei der Haushaltsplanung ist, unter anderem bei allen Programmen des Haushalts für 2022, um eine Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen und die Frauenarmut zu bekämpfen; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die Einführung einer wirksamen, transparenten und umfassenden Methode zu beschleunigen und zur Messung der einschlägigen Ausgaben in Bezug auf den Gleichstellungsaspekt eng mit dem Parlament zusammenzuarbeiten, wie dies in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (26) festgelegt ist, damit sie für den Haushaltsplan für 2022 greifbare Ergebnisse vorweisen kann und die Methode auf alle Programme des mehrjährigen Finanzrahmens ausgeweitet werden kann;

44.

weist darauf hin, dass die Fiskalkapazität der EU möglicherweise eine Überarbeitung der derzeitigen Wirtschafts- und Sozialordnungspolitik erfordert, um Ungleichheiten und Frauenarmut zu verringern und die Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen; fordert, dass Wirtschafts- und Sozialordnungspolitik mit dem Erreichen der Ziele hinsichtlich der Gleichstellung der Geschlechter kohärent sein müssen und die Frauenarmut beseitigt werden muss;

45.

fordert den Rat auf, eine auf die Gleichstellung der Geschlechter ausgerichtete Struktur einzurichten, um allgemeine und konkrete Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen im Bereich der Frauenrechte und der Gleichstellung der Geschlechter zu treffen und sicherzustellen, dass Themen der Gleichstellung der Geschlechter auf höchster politischer Ebene diskutiert werden;

46.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die ungleichen geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Inflation und des Anstiegs der Energiepreise, die im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ausgelöst wurden, zu analysieren und dies bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Abmilderung der Auswirkungen auf die Ärmsten zu berücksichtigen;

47.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1)  ABl. L 223 vom 22.6.2021, S. 14.

(2)  ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 23.

(3)  ABl. L 188 vom 12.7.2019, S. 79.

(4)  ABl. C 233 E vom 28.9.2006, S. 130.

(5)  ABl. C 199 E vom 7.7.2012, S. 77.

(6)  ABl. C 51 E vom 22.2.2013, S. 56.

(7)  ABl. C 76 vom 28.2.2018, S. 93.

(8)  ABl. C 298 vom 23.8.2018, S. 14.

(9)  ABl. C 331 vom 18.9.2018, S. 60.

(10)  ABl. C 346 vom 27.9.2018, S. 6.

(11)  ABl. C 363 vom 28.10.2020, S. 80.

(12)  ABl. C 411 vom 27.11.2020, S. 38.

(13)  ABl. C 331 vom 17.8.2021, S. 5.

(14)  ABl. C 456 vom 10.11.2021, S. 191.

(15)  ABl. C 99 vom 1.3.2022, S. 122.

(16)  ABl. C 465 vom 17.11.2021, S. 62.

(17)  ABl. C 58 vom 15.2.2018, S. 192.

(18)  Webseite von Eurostat mit dem Titel „Living conditions in Europe — poverty and social exclusion“, abgerufen am 30 Mai 2022. Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Living_conditions_in_Europe_-_poverty_and_social_exclusion&oldid=544210

(19)  Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen, „Gender Equality Index 2020: Digitalisation and the future of work“ (Gleichstellungsindex 2020: Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit), Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, 2020.

(20)  Webseite von Eurostat mit dem Titel „Gender pay gap statistics“ (Statistik zum Lohngefälle zwischen Frauen und Männern), abgerufen am 30 Mai 2022. Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Gender_pay_gap_statistics

(21)  „Gender pay gap statistics“ (Statistik zum Lohngefälle zwischen Frauen und Männern).

(22)  https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/7341d588-ddd8-11ea-adf7-01aa75ed71a1/language-en

(23)  Artikel von Eurostat vom 3. Februar 2021 mit dem Titel „Closing the gender pension gap?“ (Verringerung des geschlechtsspezifischen Rentengefälles?).

(24)  EIGE-Datenbank für geschlechtsspezifische Statistiken, abgerufen am 30. Mai 2022. Abrufbar unter: https://eige.europa.eu/gender-statistics/dgs/browse/ta/ta_timeuse

(25)  Bericht der Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten des Parlaments von April 2017 mit dem Titel „Gender equality and taxation in the European Union“ (Geschlechtergleichstellung und Besteuerung in der Europäischen Union).

(26)  ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.


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