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Document 52022AE1946

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über fluorierte Treibhausgase, zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 517/2014“ (COM(2022) 150 final — 2022/0099 (COD))

    EESC 2022/01946

    ABl. C 365 vom 23.9.2022, p. 44–49 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    23.9.2022   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 365/44


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über fluorierte Treibhausgase, zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 517/2014“

    (COM(2022) 150 final — 2022/0099 (COD))

    (2022/C 365/08)

    Berichterstatter:

    Kęstutis KUPŠYS

    Befassung

    Europäisches Parlament, 5.5/2022

    Rat, 10.5.2022

    Rechtsgrundlage

    Artikel 192 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umwelt

    Annahme in der Fachgruppe

    31.5.2022

    Verabschiedung im Plenum

    15.6.2022

    Plenartagung Nr.

    570

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    140/1/6

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Die Überarbeitung der Verordnung über fluorierte Treibhausgase (im Folgenden „F-Gas-Verordnung“, Verordnung (EU) Nr. 517/2014) (1), die die Kommission am 5. April 2022 vorgeschlagen hat (2), ist ein Schritt in die richtige Richtung. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) sieht bei den Ambitionen aber noch mehr Spielraum, damit nicht noch jahrzehntelang ein Bestand klimaschädlicher Geräte in europäischen Unternehmen und Haushalten in Betrieb bleibt und die EU ihre weltweite Führungsrolle beim Klimaschutz durch die Anwendung der aus Umweltsicht besten technischen Lösungen behält.

    1.2.

    Viele teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW) haben ein erhebliches Treibhaus- und somit Erderwärmungspotenzial (global warming potential, GWP). Die Verbesserung des derzeitigen Vorschlags der Kommission bietet somit eine zusätzliche Gelegenheit, die direkten Klimaauswirkungen erheblich zu verringern, indem die Verwendung von HFKW mit hohem Treibhauspotenzial vermieden wird, und ohne Umwege zu HFKW-freien Alternativen mit geringem GWP-Wert überzugehen.

    1.3.

    Für Wärmepumpen, Raumklimageräte, Kühlaggregate und kühlungstechnische Anwendungen stehen Alternativen mit natürlichen Kältemitteln mit geringem Treibhauspotenzial zur Verfügung. Der EWSA befürwortet ein Verbot aller Kältemittel mit einem GWP-Wert von 5 oder mehr für derartige Geräte ab 2030. Nach Ansicht des EWSA sendet ein sektorbezogenes Verbot ein klares Signal an den Markt. Auch ist es verwaltungstechnisch leicht umzusetzen und es besteht nur ein geringes Risiko, dass es umgangen wird.

    1.4.

    Der EWSA empfiehlt nachdrücklich, das Ziel von REPowerEU (3) mit dem Auslaufen der Verwendung von F-Gas zu verknüpfen, um die Verwendung von Kältemitteln mit dem geringstmöglichen Treibhauspotenzial anzustreben, insbesondere bei Wärmepumpen. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Furcht vor Marktengpässen in diesem Sektor wegen der gestiegenen Produktionskapazität der Branche unbegründet ist, die hauptsächlich auf natürlichen Kältemitteln beruhen wird. Für die EU ergibt sich eine eindeutige Gelegenheit, dies zu einem Vorbild für die Festlegung globaler grüner Standards zu machen.

    1.5.

    Es wurde davon ausgegangen, dass ein Quotensystem der Verwendung von Gasen mit hohem Treibhauspotenzial entgegenwirken würde. Dies hat jedoch nicht zu einer ausreichenden Änderung des Marktes beigetragen. Offensichtlich hat der illegale Handel mit diesen Gasen zugenommen, um die anhaltende Marktnachfrage zu befriedigen. Der EWSA würde einen Mechanismus befürworten, der höhere Einnahmen aus Quotenverkäufen erbringt. Diese Einnahmen können zweckgebunden verwendet werden, um die Zollkontrollen auf der Ebene der Mitgliedstaaten zu verstärken, bei der Einführung von Alternativen mit niedrigem Treibhauspotenzial zu helfen und den Installateuren der betreffenden Ausrüstung eine ausreichende Schulung anzubieten.

    1.6.

    Den Schulungsbedarf zu HFKW-Alternativen zu decken, ist von zentraler Bedeutung. Qualifizierte Techniker sowie Qualifizierungs-, Zertifizierungs- und Registrierungssysteme sind grundlegend für die Förderung natürlicher Kältemittel mit niedrigem Treibhauspotenzial.

    2.   Allgemeine Bemerkungen

    Einleitung

    2.1.

    Fluorierte Gase sind starke Treibhausgase. Ohne Regulierung könnten HFKW-Emissionen zu einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 0,35-0,5 oC bis 2100 führen. Die Vermeidung dieser Emissionen hätte erheblichen Einfluss auf die Begrenzung der Erderwärmung. Angesichts des engen Zeitrahmens (2050) wäre eine Verringerung der HFKW-Emissionen ein ungemein wirksamer Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise (4).

    2.2.

    Viele HFKW haben ein erhebliches Treibhaus- und somit Erderwärmungspotenzial (global warming potential, GWP). Trifluormethan (HFKW-23) ist mit einem GWP-Wert von 14 600 der stärkste bekannte Fluorkohlenwasserstoff, d. h., ein einzelnes Kilogramm HFKW-23 erwärmt den Planeten wie fast 15 Tonnen CO2. Die HFKW-23-Konzentrationen in der Atmosphäre nehmen in alarmierendem Tempo zu, nämlich von 21 ppt (5) im Jahr 2008 auf den derzeitigen Höchststand von 35 ppt.

    2.3.

    Ein weiteres, ähnliches Gas — Schwefelhexafluorid (SF6), das häufig als Dämmgas in Schaltanlagen verwendet wird — gilt als das schädlichste F-Gas, da es einen GWP-Wert von 25 200 aufweist. Eine typische Wärm- und Kühlvorrichtung, wie sie 2022 in der EU an Haushalte verkauft wird, kann F-Gase mit einem GWP-Wert von mehr als 700 enthalten, was bedeutet, dass das in der Anlage enthaltene Kältemittel von etwa 0,5 kg einen CO2-Fußabdruck von 0,35 Tonnen hat.

    2.4.

    Insgesamt sind F-Gase für rund 2,5 % aller Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich.

    2.5.

    Ozonabbauende Stoffe führen zum Abbau der Ozonschicht und zu einem wärmeren Klima. Einige wurden durch HFKW ersetzt, die zwar nicht zum Abbau der Ozonschicht, aber doch zur Erderwärmung beitragen. Der EWSA hat eine entsprechende Stellungnahme (6) zur Verordnung über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen (7), verabschiedet.

    2.6.

    Mit der F-Gas-Verordnung sollen die F-Gas-Emissionen unter anderem dadurch verringert werden, dass die Verwendung von HFKW in der EU schrittweise eingestellt wird. Im Rahmen des Montrealer Protokolls wird auch weltweit ein Ausstieg aus den HFKW vollzogen. Die beiden Verordnungen — über ozonabbauende Stoffe und F-Gase — müssen gemeinsam sicherstellen, dass die Union ihren Verpflichtungen aus dem Protokoll nachkommt.

    2.7.

    Die derzeitige F-Gas-Verordnung zielt darauf ab, die F-Gas-Emissionen der EU bis 2030 um zwei Drittel gegenüber dem Stand von 2014 zu senken. Im Einklang mit dem Klimagesetz wird der neue Vorschlag dazu beitragen, die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 % zu senken und Europa bis 2050 klimaneutral zu machen, insbesondere durch die folgenden, von der Kommission hervorgehoben politischen Initiativen:

    ehrgeizigere Ziele erreichen,

    die Durchsetzung und Umsetzung verbessern,

    eine umfassendere Überwachung,

    die Einhaltung des Montrealer Protokolls gewährleisten.

    F-Gase vor dem Hintergrund des Grünen Deals

    2.8.

    Der F-Gas-Vorschlag sieht einen ehrgeizigen Ausstieg aus den HFKW vor und enthält eine Reihe neuer Verbote für marktgängige Produkte und Anlagen. Dies bedeutet, dass Anlagen und Produkte mit F-Gasen mit hohem GWP-Wert schrittweise vom Markt verschwinden. Der EWSA hält es jedoch für äußerst wichtig, die unmittelbare Umstellung auf F-Gas-freie Lösungen mit dem niedrigsten GWP-Wert zu fördern und Zwischenlösungen zu vermeiden. Die EU-Märkte zeigen, dass dies möglich ist, und die EU sollte mit gutem Beispiel vorangehen.

    2.9.

    Es ist unbedingt notwendig, die Latte höher zu legen, damit nicht noch jahrzehntelang ein Bestand klimaschädlicher Geräte in europäischen Unternehmen und Haushalten in Betrieb bleibt. Darüber hinaus ist es wichtig, die weltweite Führungsrolle der EU beim Klimaschutz durch die Anwendung der aus Umweltsicht besten technischen Lösungen in allen Bereichen, in denen F-Gase zum Einsatz kommen, beizubehalten.

    2.10.

    Die schrittweise Abschaffung von HFKW ist ein sehr kostengünstiger Weg, um zur Erreichung der Klimaziele beizutragen. Laut dem abschließenden Bewertungsbericht vom März 2022 (8) betrugen die Emissionsreduktionskosten durchschnittlich etwa 6 Euro pro Tonne CO2-Äquivalent.

    2.11.

    Wärmepumpen, Raumklimageräte, Kühlaggregate und kühlungstechnische Anwendungen sind Geräte und Systeme, bei denen Alternativen mit Kältemitteln mit geringem GWP-Wert und natürlichen Kältemitteln verfügbar sind. Der EWSA spricht sich für ein Verbot von F-Gas-Kältemitteln für diese Geräte aus, indem ab 2030 ein GWP-Grenzwert von 5 festgelegt wird. Nach Ansicht des EWSA senden sektorbezogene Verbote ein klares Signal an den Markt, sie sind verwaltungstechnisch leicht umzusetzen und es besteht nur ein geringes Risiko, dass sie umgangen werden. Ad-hoc-Ausnahmen könnten dort gewährt werden, wo HFKW auf der Grundlage der Bestimmungen von Artikel 16 Absatz 4 als technisch notwendig erachtet werden.

    2.12.

    Für einige Verwendungszwecke ist ein Ersatz für HFKW bereits auf dem Markt, darunter Propan (GWP-Wert 0,02) und Ammoniak (GWP-Wert 0). Der EWSA fordert, die Forschungsausgaben stark aufzustocken, damit diese Null-GWP-Lösungen genutzt werden.

    2.13.

    Die einzige nachhaltige Politik für die EU wäre ein Ansatz der „grünen Kühlung“, bei dem natürliche Kältemittel mit einem extrem niedrigen GWP-Wert (GWP < 5) mit energieeffizienten Geräten kombiniert werden. Alle Arten von F-Gas-Mischungen, auch solche mit niedrigem Treibhauspotenzial, werfen betriebsbedingte Probleme auf, insbesondere was das Recycling und die Aufbereitung betrifft, und sie machen die Wartung und Instandhaltung wesentlich komplizierter. Daher sollte auf sie verzichtet werden.

    2.14.

    Bestehende Wärme- und Kältesysteme müssen mit den derzeitigen HFKW gewartet und instandgehalten werden. Der REPowerEU-Aktionsplan, in dem das Ziel aufgestellt wird, bis 2030 30 Millionen Wärmepumpen in Europa zu installieren, führte bei den Interessenträgern zu berechtigten Befürchtungen (9). Vertretern der Industrie zufolge könnten die vorgeschlagenen neuen Bestimmungen im Rahmen der F-Gas-Verordnung die dringend erforderliche Einführung von Wärmepumpen in Europa verlangsamen.

    2.15.

    Nach Ansicht des EWSA wird durch ein frühzeitiges Verbot von HFKW in neuen Wärmepumpenanlagen sichergestellt, dass die Installation von Wärmepumpen nicht durch einen Mangel an HFKW-Nachschub für die Instandhaltung bestehender Anlagen gefährdet wird. Dadurch ließe sich der Einschluss großer Mengen an HFKW in Restbeständen vermeiden. Für HFKW-Restbestände müssen Management- und Vernichtungsmaßnahmen ergriffen werden, andernfalls wird der Austritt von HFKW aus ausgedienten Geräten verheerende Auswirkungen auf das Klima haben.

    2.16.

    Der auf dem Markt befindliche Bestand an HFKW mit hohem Treibhauspotenzial bildet eine besondere Gefahr: Kältemittel mit hohem GWP-Wert werden gemeinhin zur Instandhaltung bestehender Geräte und Anlagen verwendet und dienen dem regelmäßigen Ausgleich der kontinuierlichen Emissionen (die Leckrate kann jährlich bis zu 15-20 % betragen), was dank des technischen Fortschritts vermieden werden könnte.

    2.17.

    Daher fordert der EWSA nachdrücklich, das Ziel von REPowerEU mit dem Auslaufen der Verwendung von F-Gasen zu verknüpfen, um die Verwendung von Kältemitteln mit dem geringstmöglichen GWP-Wert anzustreben. Zur Einordnung der Zahl neuer Wärmepumpen (schrittweise 30 Millionen im Lauf von sieben Jahren) könnten globale Zahlen aus dem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) herangezogen werden: Im Jahr 2020 wurden fast 180 Millionen Wärmepumpen zum Heizen genutzt, während der weltweite Bestand in den letzten fünf Jahren um fast 10 % pro Jahr zugenommen hat. Im IEA-Szenario „Netto-Null-Emissionen bis 2050“ würde der Bestand an installierten Wärmepumpen bis 2030 auf 600 Millionen anwachsen. Der entsprechende Anteil der EU entspricht voll und ganz ihrem Anteil an den Haushalten im globalen Kontext.

    2.18.

    Die Furcht vor Marktengpässen in diesem Sektor hält der EWSA für unbegründet, da der vorgeschlagene Verlauf der Installation von Wärmepumpen in Europa überwiegend mit dem Ausbau der Produktionskapazitäten der Industrie einhergeht, die sich dabei auf Kältemittel mit sehr niedrigem GWP-Wert (insbesondere natürliche Kältemittel) stützen wird. Für die EU ergibt sich eine eindeutige Gelegenheit, dies zu einem Vorbild für die Festlegung globaler grüner Standards zu machen.

    2.19.

    In Anbetracht der vorstehend beschriebenen Faktoren empfiehlt der EWSA, den Vorschlag für eine Überarbeitung der F-Gas-Verordnung in folgender Hinsicht nachzuschärfen:

    noch mehr Ehrgeiz beim schrittweisen Ausstieg aus HFKW entsprechend dem 1,5 oC-Szenario des Übereinkommens von Paris,

    Verbot der Verwendung von HFKW-404A (mit einem GWP-Wert von 4 728) und anderen HFKW mit hohem GWP-Wert,

    Senkung der 150 GWP-Sektorgrenzwerte auf den geringstmöglichen GWP-Wert für die jeweilige Technologie,

    Förderung von Anreizsystemen und der Vergabe öffentlicher Aufträge für F-Gas-freie Alternativen,

    Unterstützung der Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen, Anreize für grünere Lösungen mit sehr geringem Treibhauspotenzial (bzw. soweit möglich ohne F-Gase) zu schaffen.

    Umweltbelange

    2.20.

    Beim Übergang zu natürlichen Kältemitteln mit extrem niedrigem Treibhauspotenzial oder zu HFKW mit einem niedrigen GWP-Wert sollten Umwandlungen in Stoffe wie Hydrofluoroolefine aufgrund ihrer Abbauprodukte, etwa schädliche Trifluoressigsäure, vermieden werden. Trifluoressigsäuren und andere poly- und perfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) werden als „ewige Chemikalien“ („forever chemicals“) bezeichnet, da sie nicht aus der Umwelt entfernt werden können (10). Ausgehend vom Vorsorgeprinzip sollte eine klare Verbindung zu den von der Kommission in ihrem „Null-Schadstoff-Aktionsplan“ (11) vorgeschlagenen Maßnahmen hergestellt werden.

    2.21.

    Beim schrittweisen Ausstieg aus HFKW sollten die Stoffe, die HFKW ersetzen, gründlich betrachtet werden. Der EWSA fordert, keine neuen F-Gas-Substitute zu dulden, mit denen das Problem des hohen Treibhauspotenzials lediglich gegen andere Umweltprobleme ausgetauscht wird. Stattdessen fordert der EWSA, die Verantwortung in dem Sinne wahrzunehmen, den Übergang hin zu wirklich klima- und umweltfreundlichen, F-Gas-freien natürlichen Alternativen zu steuern. Der Verweis auf das europäische REACH-Verfahren reicht nicht aus, da dieses Verfahren schleppend ist und gefährliche F-Gas-Substitute auf diesem Wege nicht rechtzeitig verboten werden.

    Illegaler Handel

    2.22.

    Der illegale Handel mit HFKW ist in der EU ein großes Problem. Obwohl er schwierig zu quantifizieren ist, steht fest, dass illegaler HFKW-Handel in erheblichem Umfang stattfindet. Aus verschiedenen Analysen geht hervor, dass die illegalen Einfuhren bis zu einem Drittel des legalen EU-Marktes ausmachten (12).

    2.23.

    Es wurde davon ausgegangen, dass ein Quotensystem der Verwendung von Gasen mit hohem Treibhauspotenzial entgegenwirken würde. Dies hat jedoch nicht zu einer ausreichenden Änderung des Marktes beigetragen. Offensichtlich hat der illegale Handel mit diesen Gasen zugenommen, um die anhaltende Marktnachfrage zu befriedigen. Diese Dynamik verstärkt das Plädoyer des EWSA für ein vollständiges Verbot von Gasen mit hohem GWP-Wert.

    2.24.

    Leider wurde der illegale HFKW-Handel in dem Vorschlag nicht angemessen berücksichtigt. Der EWSA fordert Transparenz und die vollständige Rückverfolgbarkeit von HFKW in der gesamten Lieferkette. Es wurden Lösungen mit QR-Code-basierten Kennzeichnungen vorgeschlagen, was der EWSA für eine kostengünstige Lösung hält.

    2.25.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass Kontrollen des Angebots von HFKW im Bereich des elektronischen Handels ebenfalls verstärkt werden sollten. Der EWSA fordert entweder ein Verbot des Verkaufs von F-Gasen auf Online-Marktplätzen oder die Einführung verbindlicher Zertifizierungen für Unternehmen, die große Mengen an F-Gasen im Internet verkaufen.

    2.26.

    Die strenge Kontrolle aller HFKW-Ein- und -Ausfuhren sollte beibehalten werden, einschließlich der Gase für Zwecke, die vom Ausstieg ausgenommen sind (z. B. als Ausgangsstoffe, zur Vernichtung, Wiederausfuhr oder für andere ausgenommene Verwendungen). Unternehmen sollten über eine gültige Registrierung im F-Gas-Portal verfügen, um zu vermeiden, dass die Ausnahmen dazu missbraucht werden, dem illegalen Handel Vorschub zu leisten. Der EWSA warnt davor, dass die Liste der Ausnahmen in Artikel 20 Absatz 4 ein Schlupfloch im Lizenzsystem schafft, das sicherlich von illegalen Händlern ausgenutzt werden wird.

    2.27.

    Um die Wirksamkeit der Maßnahmen der nationalen Zollbehörden zu erhöhen, fordert der EWSA die Festlegung von Leitlinien für die Entsorgung beschlagnahmter Erzeugnisse, Behälter und Ausrüstung, die illegal in die EU eingeführt werden, sowie für die Zuweisung von Mitteln an die Mitgliedstaaten für deren Vernichtung, falls die Mitgliedstaaten sich für die Vernichtung entscheiden sollten.

    2.28.

    Die Bekämpfung des illegalen Handels mit F-Gasen und deren illegaler Entsorgung sollte mit den Vorschlägen der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt (13) in Einklang gebracht werden, die darauf abzielt, die Umwelt wirksamer zu schützen, indem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, strafrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, und indem die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gefördert wird (14).

    Quoten und Mittelzuweisungen

    2.29.

    Tausenden neuer Marktteilnehmer wurden HFKW-Quoten für die Einfuhr in den EU-Markt zugeteilt. Viele von ihnen haben keinen Zugang zu Infrastrukturen in der EU, um die Anforderungen der Verordnung an die Verwertung, das Recycling und die Rückgewinnung der von ihnen importierten HFKW zu erfüllen.

    2.30.

    Der EWSA begrüßt zwar neue Bedingungen für die Registrierung und den Erhalt der Quoten, sieht jedoch Potenzial für die Erhöhung der Zuteilungsgebühr, um die tatsächlichen CO2-Preise besser widerzuspiegeln.

    2.31.

    Offensichtlich ist die Quotengebühr von 3 Euro pro Tonne CO2-Äquivalent zu niedrig, um angemessene Einnahmen zu erzielen und der Verwendung von HFKW entgegenzuwirken, damit schneller auf natürliche Kältemittel umgestellt wird.

    2.32.

    Darüber hinaus fordert der EWSA eine Neubewertung der Verwendung der aus dem Verkauf der Quoten fließenden Finanzmittel.

    2.33.

    Der EWSA bekräftigt, dass diese Einnahmen direkt für folgende Zwecke verwendet werden sollten:

    Förderung der Erforschung von Alternativen mit niedrigem Treibhauspotenzial, insbesondere natürlicher Kältemittel,

    Unterstützung der Behörden der Mitgliedstaaten bei der Marktüberwachung,

    Aufbau von Kompetenzen und Sensibilisierung, einschließlich Sensibilisierungskampagnen für Endverbraucher,

    Unterstützung von Schnellkursen und Schulungen für bestehende und künftige Arbeitskräfte.

    Aus- und Fortbildung

    2.34.

    Den Schulungsbedarf zu HFKW-Alternativen zu decken, ist von zentraler Bedeutung. Qualifizierte Techniker sowie Qualifizierungs-, Zertifizierungs- und Registrierungssysteme sind für die Förderung natürlicher Kältemittel mit niedrigem Treibhauspotenzial von wesentlicher Bedeutung. Eine Zertifizierung ist auch für F-Gas-Substitute, nicht nur für die F-Gase selbst erforderlich. Der EWSA fordert eine obligatorische Kompetenz in Bezug auf die Komponente natürlicher Kältemittel in Zertifizierungsprogrammen.

    2.35.

    Ausbildung und Zertifizierung sind eine Frage der Subsidiarität und müssen zu den bestehenden nationalen Regelungen passen. In dem Vorschlag wird den Mitgliedstaaten ein Jahr eingeräumt, um ihre Programme dahingehend zu aktualisieren, dass die Alternativen aufgenommen werden. Einige Marktteilnehmer halten dies für eine relativ kurze Frist. Nicht nur der Zeitplan ist wichtig, sondern auch eine klare Zielsetzung. Der EWSA empfiehlt, nationale Planverpflichtungen mit klaren KPI festzulegen, z. B. 50 % ausgebildete Installateure bis 2025.

    Globale Reichweite

    2.36.

    Bei der Angleichung an das Montrealer Protokoll sollte berücksichtigt werden, dass die Kigali-Änderung in relativ naher Zukunft verstärkt werden muss, um die globalen Netto-Null-Ziele zu erreichen.

    2.37.

    In diesem Zusammenhang setzt die EU im Rahmen des Montrealer Protokolls weltweit wichtige Impulse. Der Vorschlag für die neue europäische F-Gas-Verordnung wird von allen globalen Akteuren aufmerksam verfolgt. Die Annahme der Kigali-Änderung war ein guter erster Schritt in die richtige Richtung, allerdings sind frühere und ehrgeizigere Maßnahmen zum Ausstieg aus HFKW erforderlich. Die EU könnte ihre globale Wirkung durch den sogenannten „Brüssel-Effekt“ effizienter einsetzen.

    2.38.

    Daher hält es der EWSA für dringend erforderlich, im Rahmen des Montrealer Protokolls Gespräche aufzunehmen, um die Fortschritte bei der Kigali-Änderung zu beschleunigen, wobei der Ton mit ehrgeizigen Vorschlägen zur Überarbeitung der F-Gas-Verordnung auf EU-Ebene im Einklang mit dem 1,5 oC-Szenario des Übereinkommens von Paris vorgegeben werden sollte.

    Transparenz und Inklusion

    2.39.

    Obwohl die Debatten über F-Gase für mehrere wichtige Wertschöpfungsketten von großer Tragweite sind, bleibt die Diskussion über entsprechende Maßnahmen auf Fachkreise begrenzt. Es sollten Anstrengungen unternommen werden, um diese Diskussion auf alle Interessenträger auszuweiten und eine breite Vertretung der Zivilgesellschaft anzustreben. In der neuen Verordnung über F-Gase sollte ein Konsultationsforum vorgesehen werden, das mindestens zweimal jährlich auf EU-Ebene und in jedem Mitgliedstaat stattfinden würde.

    Brüssel, den 15. Juni 2022

    Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Christa SCHWENG


    (1)  Verordnung (EU) Nr. 517/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über fluorierte Treibhausgase und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 (ABl. L 150 vom 20.5.2014, S. 195).

    (2)  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=COM:2022:150:FIN

    (3)  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=COM:2022:108:FIN

    (4)  https://acp.copernicus.org/articles/13/6083/2013/acp-13-6083-2013.pdf

    (5)  Die Einheit ppt steht hier für parts per trillion, also ein Billionstel. Angaben laut „Advanced Global Atmospheric Gases Experiment“.

    (6)  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1005/2009“ (siehe Seite 50 dieses Amtsblatts).

    (7)  Verordnung (EG) Nr. 1005/2009 über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen (ABl. L 286 vom 31.10.2009, S. 1).

    (8)  Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/clima/system/files/2022-04/f-gas_evaluation_report_en.pdf.

    (9)  https://www.coolingpost.com/world-news/f-gas-quota-cuts-will-hit-heat-pump-ambitions/

    (10)  Siehe https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/persistent-degradation-products-of-halogenated.

    (11)  COM(2021) 400 final, Auf dem Weg zu einem gesunden Planeten für alle — EU-Aktionsplan: „Schadstofffreiheit von Luft, Wasser und Boden“.

    (12)  Siehe den Bericht der EIA (2022) „Europe’s most chilling crime — the illegal trade in HFC refrigerant gases“. Abrufbar unter https://eia-international.org/report/europes-most-chilling-crime/. Eine Schätzung der F-Gas-Industrie, abrufbar unter https://stopillegalcooling.eu/wp-content/uploads/EFCTC_Press-Release_EN-2.pdf.

    (13)  https://ec.europa.eu/info/files/proposal-directive-european-parliament-and-council-protection-environment-through-criminal-law-and-replacing-directive-2008-99-ec_en

    (14)  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt und zur Ersetzung der Richtlinie 2008/99/EG“ (COM(2021) 851 final — 2021/0422 (COD)) (ABl. C 290 vom 29.7.2022, S. 143).


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