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Document 52021AE2524

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung“ (COM(2021) 420 final — 2021/0239 (COD)), zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers und Transfers bestimmter Kryptowerte (Neufassung)“ (COM(2021) 422 final — 2021/0241 (COD)) und zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die von den Mitgliedstaaten einzurichtenden Mechanismen zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2015/849“ (COM(2021) 423 final — 2021/0250 (COD))

    EESC 2021/02524

    ABl. C 152 vom 6.4.2022, p. 89–96 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    6.4.2022   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 152/89


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung“

    (COM(2021) 420 final — 2021/0239 (COD))

    zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers und Transfers bestimmter Kryptowerte (Neufassung)“

    (COM(2021) 422 final — 2021/0241 (COD))

    und zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die von den Mitgliedstaaten einzurichtenden Mechanismen zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2015/849“

    (COM(2021) 423 final — 2021/0250 (COD))

    (2022/C 152/15)

    Berichterstatter:

    Javier DOZ ORRIT

    Mitberichterstatter:

    Benjamin RIZZO

    Befassung

    Europäisches Parlament, 4.10.2021

    Rat, 8.10.2021

    Rechtsgrundlage

    Artikel 114 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt

    Annahme in der Fachgruppe

    23.11.2021

    Verabschiedung im Plenum

    8.12.2021

    Plenartagung Nr.

    565

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    230/7/0

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Berichte der Europäischen Kommission (2019) und des Europäischen Rechnungshofs (2021), wissenschaftliche Studien und jüngst auch die Pandora Papers sowie weitere vergleichbare Veröffentlichungen machen das Ausmaß des Phänomens der Geldwäsche in der EU deutlich. Die geltenden europäischen Rechtsvorschriften sind angesichts der Koordinierungsdefizite und nationalen Unterschiede völlig unzureichend.

    1.2.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) unterstützt nachdrücklich das Legislativpaket zur Bekämpfung der Geldwäsche, insbesondere die Einrichtung und Struktur der Europäischen Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (AMLA) mit direkten Aufsichtsbefugnissen. Die AMLA sollte mit ausreichenden Mitteln ausgestattet werden, um als Dreh- und Angelpunkt eines integrierten europäischen Aufsichts- und Nachrichtendienstsystems zu fungieren.

    1.3.

    Der EWSA stimmt der inhaltlichen Aufteilung zwischen der ersten Verordnung zur Bekämpfung von Geldwäsche (Aufsicht über private Einrichtungen) und der sechsten Richtlinie gegen Geldwäsche (Koordinierung der nationalen Aufsichtsbehörden und zentralen Meldestellen) sowie den in beiden Rechtsakten festgelegten Bestimmungen zur Harmonisierung nationaler Rechtsvorschriften und zur Automatisierung der Aufzeichnung und Übermittlung von Informationen zu.

    1.4.

    Eine erfolgreiche Bekämpfung von Geldwäsche und damit zusammenhängender Vortaten erfordert einen kulturellen Wandel und die wirksame Beteiligung der organisierten Zivilgesellschaft. Der EWSA bekräftigt seinen Vorschlag für einen europäischen Pakt zur Bekämpfung von Verhaltensweisen, die die ethischen und politischen Grundsätze unserer Demokratien untergraben und staatlichem Eigentum schaden. Er schlägt auch vor, innerhalb der AMLA oder im Rahmen der Europäischen Kommission und unter Beteiligung der AMLA ein beratendes zivilgesellschaftliches Gremium einzurichten.

    1.5.

    Nach Ansicht des EWSA gilt es, die Verordnung über Kryptowerte im Gesetzgebungspaket zur Bekämpfung von Geldwäsche (AML) umgehend umzusetzen. Der Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über den Markt für Kryptowerte (1) ist ein Schritt hin zu einer allgemeinen Regulierung und sollte unverzüglich in Kraft treten. Er kann jedoch nicht das gesamte Instrumentarium ersetzen, das für den Schutz vor den finanziellen und kriminellen Gefahren dieser Finanzprodukte erforderlich ist.

    1.6.

    Der EWSA ruft die Kommission auf, die Anwendbarkeit des Legislativpakets auf Geldwäschekanäle außerhalb des Finanzsystems zu prüfen: auf den Markt für Kunstwerke und hochwertige Vermögensgegenstände, Freihäfen, Zolllager und Sonderwirtschaftszonen, bestimmte Handelsgeschäfte oder -transaktionen, Immobilieninvestitionen, Glücksspielunternehmen usw. Hier hält er neue europäische Rechtsvorschriften für erforderlich.

    1.7.

    Der EWSA schlägt vor, Europol mehr Befugnisse und ausreichende Ressourcen an die Hand zu geben, um Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität zu bekämpfen und die nationalen Polizeidienste in diesen Bereichen zu koordinieren. Eine unverzügliche und wirksame Koordinierung zwischen der Europäischen Staatsanwaltschaft, Europol und der neuen AMLA könnte für den praktischen Erfolg des Legislativpakets von entscheidender Bedeutung sein.

    1.8.

    Der EWSA legt der Kommission nahe, in allen Mitgliedstaaten auf die unverzügliche Umsetzung der Richtlinie 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) zu drängen, die eine gemeinsame Definition des Straftatbestands der Geldwäsche enthält. Er fordert ebenfalls eine neue Richtlinie zur Festlegung einer gemeinsamen Definition der damit zusammenhängenden Straftaten, die auch eine Spannbreite für die entsprechenden Strafmaße vorsieht.

    1.9.

    Der EWSA bringt seine große Besorgnis über die Vielzahl der in der EU existierenden Briefkastenfirmen zum Ausdruck, die bei der Geldwäsche und Steuervermeidung eine Schlüsselrolle spielen. Er schlägt vor, dass durch die derzeit zuständigen Behörden und das künftige integrierte Aufsichtssystem spezifische Programme zur Überwachung dieser von bestimmten Anwaltskanzleien, Beratungsfirmen oder Steuerberatern verwalteten Unternehmen erstellt werden, um ihre tatsächlichen Eigentümer und die für ihre Transaktionen Verantwortlichen zu ermitteln und etwaige Straftaten zu untersuchen.

    1.10.

    Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, zu prüfen, ob die AMLA noch vor 2026 ihre Arbeit einschließlich der direkten Aufsicht vollumfänglich aufnehmen kann. In jedem Fall ruft der EWSA alle beteiligten Institutionen auf, in der Zwischenzeit enger zusammenzuarbeiten, um die geltenden Rechtsvorschriften wirksamer anzuwenden.

    1.11.

    Nach Auffassung des EWSA muss eine neue, der Realität entsprechende und wahrheitsgetreue Liste von Drittländern mit hohem Risiko, einschließlich jener, die Geldwäsche erleichtern, erstellt werden. Der EWSA schlägt überdies vor, dass die Europäische Kommission eine Vorschrift erlässt, laut der Unternehmen und Einzelpersonen, die an Finanzkriminalität oder Geldwäsche beteiligt sind, von Vergabeverfahren auszuschließen sind.

    1.12.

    Der EWSA fordert die EU und die nationalen Regierungen auf, das Leben und die Integrität von Journalisten, Arbeitnehmern und Beamten zu schützen, die wirtschaftliche und politische Korruptionsfälle melden, und hält die Verzögerung bei der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) für untragbar.

    2.   Vorschlag der Europäischen Kommission und Hintergrund

    2.1.

    Im Juli 2019 legte die Europäische Kommission ihre Bewertung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AML-CFT) vor. In der Mitteilung und in den vier Bewertungen (4) wurden gravierende Mängel bei der Umsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften und Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der AML-CFT aufgezeigt.

    2.2.

    Zur Bewältigung dieser Probleme veröffentlichte die Kommission am 7. Mai 2020 einen AML-CFT- Aktionsplan (5) und leitete eine öffentliche Konsultation dazu ein. Der Aktionsplan baut auf sechs Säulen auf: wirksame Umsetzung des bestehenden EU-Rahmens, einheitliches EU-Regelwerk, Aufsicht auf EU-Ebene, Unterstützung und Kooperation für die zentralen Meldestellen, bessere Durchsetzung strafrechtlicher Bestimmungen und Stärkung der Rolle der EU im internationalen Rahmen. In seiner Stellungnahme mit dem Titel „Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuervermeidung, Geldwäsche und Steueroasen“ (6), brachte der EWSA seine Unterstützung für den Plan zum Ausdruck und wies darauf hin, dass er dringend weiterentwickelt und umgesetzt werden muss.

    2.3.

    Nach Billigung durch den Rat und das Europäische Parlament und nach der öffentlichen Konsultation hat die Kommission die im Aktionsplan enthaltenen Legislativvorschläge in ihrem Legislativpaket vom 20. Juli 2021 konkretisiert. Dieses Paket umfasst folgende Vorschläge:

    eine Verordnung zur Errichtung einer Europäischen Behörde für die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (7);

    ein einheitliches AML-CFT-Regelwerk, das einen Teil der diesbezüglichen Rechtsvorschriften enthält (8);

    eine neue, sechste Richtlinie, mit der einige der verbleibenden Rechtsvorschriften geändert werden (9), und

    die Reform der Verordnung über den Geldtransfer, um Kryptowerte zu erfassen (10).

    2.4.

    Im Mittelpunkt des Legislativpakets steht die Errichtung einer neuen EU-Behörde zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AMLA), die über direkte Aufsichtsbefugnisse verfügen und die Koordinierung und Kooperation mit den nationalen Behörden stärken soll, um sicherzustellen, dass die EU-Vorschriften in der Privatwirtschaft korrekt und konsequent angewandt werden. Die neue Behörde wird insbesondere:

    zusammen mit den nationalen Behörden ein einheitliches, integriertes AML-CFT-Aufsichtssystem schaffen;

    einige der am stärksten risikobehafteten, in einer Vielzahl von Mitgliedstaaten tätigen Finanzinstitute direkt beaufsichtigen, wobei die AMLA Sanktionen gegen diese ausgewählten Verpflichteten verhängen kann;

    die für andere Finanz- und Nichtfinanzinstitute zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden und die Anwendung der EU-Vorschriften überwachen und koordinieren, sowie bestimmte oder sämtliche Tätigkeiten einer, mehrerer oder aller Finanzaufsichtsbehörden einschließlich ihrer Instrumente und Ressourcen zur Gewährleistung hoher Aufsichtsstandards und -praktiken regelmäßig bewerten;

    die Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen fördern und unterstützen sowie die grenzüberschreitende Informationsübermittlung und gemeinsame Analysen erleichtern.

    2.5.

    Geleitet wird die AMLA von einer Vorsitzenden/einem Vorsitzenden, einem fünfköpfigen Direktorium und einem Verwaltungsrat mit zwei alternativen Zusammensetzungen und Zuständigkeitsbereichen (Aufsicht und zentrale Meldestellen). Zur Steuerung des integrierten europäischen Systems für Aufsicht und zentrale Meldestellen im Finanzbereich werden diesen Gremien die Leiter der nationalen Aufsichtsbehörden und Nachrichtendienste angehören. Den Leitungsgremien der AMLA wird zudem ein Mitglied der Europäischen Kommission angehören. Der Verwaltungsrat wird sich aus Vertretern der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und der Europäischen Zentralbank (EZB) als Beobachter zusammensetzen, deren Zuständigkeiten und Instrumente (zentrale Datenbank und FIU.net im Bereich AML-CFT) an die neue Behörde übertragen werden. Die AMLA soll ihre Tätigkeit 2024 aufnehmen, bis 2026 alle ihre Stellen besetzen und in diesem Jahr auch mit der direkten Aufsicht beginnen.

    2.6.

    Mit der ersten AML-CFT-Verordnung der EU wird die Liste der Verpflichteten auf Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, Crowdfunding-Plattformen und Migrationshelfer (die Investoren beim Erwerb der Gebietsansässigkeit und mitunter der Staatsangehörigkeit unterstützen) erweitert. Maßnahmen und Kontrollen in Bezug auf die Sorgfaltspflicht werden verstärkt und präzisiert. Die Anforderungen an Drittländer und politisch exponierte Personen werden revidiert. Ebenso werden die Anforderungen in Bezug auf das wirtschaftliche Eigentum präzisiert sowie neue Anforderungen festgelegt, um das Risiko zu mindern, dass Kriminelle sich hinter mehreren Schichten von Mittelsleuten verstecken. Ferner sind Maßnahmen gegen den Missbrauch von Inhaberinstrumenten vorgesehen. Die Verwendung von Bargeld wird auf 10 000 EUR begrenzt.

    2.7.

    Im Gegensatz zu der auf den Privatsektor ausgerichteten Verordnung konzentriert sich die sechste AML-CFT-Richtlinie auf das entsprechende institutionelle System und seine Anpassung in den einzelnen Mitgliedstaaten. Mit dem Vorschlag werden die Zuständigkeiten, Aufgaben und der Zugang zu Informationen der zentralen Meldestellen präzisiert sowie ein Rahmen für gemeinsame Analysen und eine Rechtsgrundlage für das System FIU.net festgelegt. Die Handlungsbefugnisse der Aufsichtsbehörden werden gestärkt und die Mechanismen für die Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden und anderen Behörden verbessert. Auch die Vernetzung der Bankkontenregister ist vorgesehen.

    2.8.

    Bei der vorgeschlagenen Verordnung über Geldtransfers und bestimmte Kryptowerte handelt es sich um eine Neufassung der Verordnung (EU) 2015/847 des Europäischen Parlaments und des Rates (11) über Geldtransfers mit dem Ziel, für Kryptowertetransfers ähnliche Rückverfolgbarkeits- und Identifizierungsanforderungen festzulegen wie für Geldtransfers. Gleichzeitig unterliegen Anbieter von Krypto-Dienstleistungen den Anforderungen der Verordnung zur Bekämpfung von Geldwäsche für andere Finanzakteure.

    3.   Allgemeine Bemerkungen

    3.1.

    Die erste Geldwäscherichtlinie wurde 1991 erlassen. Seitdem wurden vier weitere Richtlinien im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie etliche weitere ergänzende Richtlinien verabschiedet, die das Finanzsystem oder damit zusammenhängende Straftaten und Vergehen betreffen. Die Ergebnisse dieser Bemühungen, die von den EU-Behörden als prioritär eingestuft werden, sind bislang eindeutig unbefriedigend gewesen.

    3.2.

    Darin herrscht weitgehende Übereinstimmung, was bereits in den Bewertungen der Kommission aus dem Jahr 2019 und anderer Institutionen zum Ausdruck kam, so des Europäischen Parlaments in seinen Entschließungen vom März 2019 und Juli 2020 (12), des Rechnungshofs in seinem Bericht „EU-Maßnahmen gegen Geldwäsche im Bankensektor sind fragmentiert und werden unzulänglich umgesetzt“ (13) vom Juni 2021 und auch in der überwiegenden Mehrheit der Analysen von Fachleuten, Wissenschaftlern und Denkfabriken (insbesondere im Bericht der CEPS-ECRI Task Force (14)).

    3.3.

    Schätzungen zufolge macht die Geldwäsche zwischen 1 % (laut Europol und Europäischer Kommission) und 1,3 % (laut Rechnungshof) des BIP der EU-27 aus, was 140 Mrd. bis 208 Mrd. EUR pro Jahr entspricht. Nach Angaben von Europol wird jedoch nur rund 1 % dieses Betrags wieder eingezogen. In den letzten Jahren kam es zu zahlreichen Geldwäscheskandalen, an denen große Finanzinstitute beteiligt waren, und viele von ihnen wären ohne die Anwendung des europäischen Rechts oder das Eingreifen der Aufsichtsbehörden nicht aufgedeckt worden. Trotz der Bemühungen und der Bereitschaft der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments sind also im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung keine Fortschritte erzielt worden.

    3.4.

    Die Veröffentlichung der Pandora Papers durch das Internationale Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) hat erneut das Ausmaß des Problems der Geldwäsche und damit zusammenhängender Straftaten aufgezeigt und deutlich gemacht, welch wichtige Rolle Steueroasen bei der Begünstigung dieser Verbrechen spielen. Deshalb ist schwer nachvollziehbar, dass das in den Papieren am häufigsten genannte Gebiet nicht auf der EU-Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete steht und dass der Rat (Wirtschaft und Finanzen) unlängst ein Gebiet aus der Liste gestrichen hat, dessen Rechtsprechung es unmöglich macht, die wahren Eigentümer von Unternehmen und Konten zu ermitteln.

    3.5.

    Der EWSA verweist die EU-Institutionen und nationalen Regierungen auf die Notwendigkeit eines soliden Schutzes des Lebens und der Integrität von Journalisten, Arbeitnehmern und Beamten, die wirtschaftliche und politische Korruptionsfälle melden. Der EWSA ist besorgt, dass einige Mitgliedstaaten noch nicht mit der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, in nationales Recht begonnen haben, und ruft die Kommission auf, die dringende Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht bis Ende 2021 sicherzustellen.

    3.6.

    Die Gründe für die Misserfolge und Mängel der EU-Politik im Bereich AML-CTF sind vielschichtig und haben kumulative Auswirkungen: i) Fragmentierung der Zuständigkeiten zwischen unterschiedlichen Institutionen auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten; ii) Fehlen einer europäischen AML-CFT-Aufsichtsbehörde; iii) begrenzte Instrumente, die den zuständigen EU-Gremien zur Verfügung stehen; iv) schlechte Koordinierung, sowohl bei Präventiv- als auch bei konkreten Maßnahmen gegen ermittelte Risiken, und langsame Umsetzung; v) Mängel bei der Arbeitsweise der Aufsichtsbehörden und zentralen Meldestellen in vielen Ländern; vi) sehr späte und zwischen den Mitgliedstaaten stark variierende Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht mit deshalb von der Europäischen Kommission eingeleiteten administrativen und juristischen Verfahren; und vii) unzureichende Sensibilisierung für die Bedeutung eines entschlossenen Vorgehens gegen Geldwäsche und damit zusammenhängende Verbrechen in einer ganzen Reihe von Ländern; viii) Unterschiede aufgrund von abweichenden strafrechtlichen Definitionen der Verstöße, angefangen bei der Geldwäsche selbst, sowie bei den damit verbundenen Strafmaßnahmen; ix) unzureichende Ermittlungen damit zusammenhängender Vortaten insbesondere in Drittländern und x) mangelnder politischer Wille einiger EU-Regierungen, europäische Standards einzuführen und umsetzen. Die geografischen und sektoralen Unterschiede, die sich aus all diesen Faktoren ergeben, tragen dazu bei, dass Finanzstraftäter für ihren illegalen Handel äußerst zweckmäßige Netze bilden können.

    3.7.

    In einigen Bereichen wird eine Zusammenarbeit zwischen den EU-Institutionen als nicht notwendig erachtet. Dies gilt beispielsweise für die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und der EBA bei der Untersuchung von Verstößen gegen das EU-Recht, was den Rechnungshof zu der Feststellung veranlasst hat, dass es diesem Verfahren an Wirksamkeit mangele (15). Auch die Zusammenarbeit des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) mit der Europäischen Kommission bei der Erstellung der Liste der „Drittländer mit hohem Risiko“ in der AML-CFT war nicht immer zielführend (16). Die vom EP unterstützte Liste der Europäischen Kommission für 2019 wurde schließlich vom Rat abgelehnt und die im Mai 2020 angenommene Liste ist eine Anpassung der Liste der Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (FATF) und weist erhebliche Lücken auf.

    4.   Standpunkt des EWSA

    4.1.

    Der EWSA unterstützt das Legislativpaket der Kommission in vollem Umfang, da er der Auffassung ist, dass dessen korrekte und rasche Umsetzung stark dazu beitragen würde, die vorstehend skizzierte, unhaltbare Situation umzukehren. Insbesondere unterstützt er die Schaffung und Struktur der AMLA, die unter Ausübung ihrer unmittelbaren Aufsichtsbefugnisse zum Kernstück eines europäischen Aufsichts- (und Nachrichtendienst)systems im Bereich der AML-CFT wird, wobei ihrem Verwaltungsrat die nationalen Aufsichtsbehörden und zentralen Meldestellen sowie als Beobachter auch Vertreter der anderen beteiligten EU-Institutionen angehören werden.

    4.2.

    Der EWSA stimmt der inhaltlichen Aufteilung zwischen der ersten Verordnung und der sechsten Richtlinie sowie den in beiden Rechtsakten festgelegten Bestimmungen zur Standardisierung nationaler Rechtsvorschriften und zur Erleichterung der Funktionsweise der nationalen zentralen Meldestellen und Aufsichtsbehörden in den folgenden wichtigen Bereichen zu: Aufzeichnungen und Meldungen sowie Untersuchung verdächtiger Transaktionen mithilfe von Berichten über verdächtige Transaktionen (englische Abkürzung: SAR) unter Nutzung standardisierter Techniken. Um eines der wichtigsten derzeitigen Probleme zu lösen, wäre es äußerst zweckmäßig, den Schwerpunkt auf eine möglichst rasche Erfüllung der verschiedenen Auflagen durch die Behörden zu setzen. Der EWSA ist der Auffassung, dass die vorgeschlagenen Rechtsakte mit dem europäischen Datenschutzrahmen und den Rechten von Einzelpersonen und Unternehmen im Einklang stehen, die letztlich durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) geschützt werden.

    4.3.

    Der EWSA fordert die nationalen Regierungen und die europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft auf, die Annahme und ordnungsgemäße Umsetzung dieses Legislativpakets zu unterstützen. Weder die EU noch die Mitgliedstaaten können es sich leisten, den Status quo aufrechtzuerhalten, zumal der Kampf gegen die gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der COVID-19-Pandemie und die Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft eine erhebliche Aufstockung der öffentlichen Mittel durch die Mitgliedstaaten und die EU erfordern. Laut dem Bericht von CEPS-ECRI sind Maßnahmen, mit denen Geldwäsche ausgemerzt oder zumindest deutlich eingeschränkt werden soll, in jeder demokratischen Gesellschaft, in der die Bürgerinnen und Bürger vor dem Gesetz frei und gleich sind, und in einem gerechten Kooperationssystem ein moralischer Imperativ. Unklarheiten, Verzögerungen und Ineffizienz würden Geldwäsche nur noch mehr befeuern (17).

    4.4.

    Der EWSA weiß um die Bedeutung öffentlich-privater Partnerschaften in diesem Bereich. In einigen Ländern sind die Forschungskapazitäten weitgehend im privaten Sektor angesiedelt (18). Der EWSA fordert die EU-Organe einerseits auf, bei der Umsetzung des Legislativpakets alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die nationalen Aufsichtsbehörden und zentralen Meldestellen zu stärken, andererseits appelliert er aber auch an sie, öffentlich-private Partnerschaften auf diesem Gebiet so weit wie möglich zu fördern.

    4.5.

    Ein wirkungsvollerer Kampf gegen Wirtschafts- und Steuerkriminalität setzt in vielen Ländern wahrscheinlich einen kulturellen Wandel und eine stärkere Einbeziehung der Zivilgesellschaft voraus. Dies war einer der Beweggründe für den Vorschlag des EWSA für einen Europäischen Pakt zur Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuervermeidung und Geldwäsche (19). In diesem Sinne betont auch das EP, wie wichtig es ist, „das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederherzustellen und für faire und transparente Steuersysteme und Steuergerechtigkeit zu sorgen“ (20). Um dies zu erreichen, schlägt der EWSA vor, ein beratendes Gremium der Zivilgesellschaft im Rahmen der AMLA oder der Kommission unter Beteiligung der AMLA einzurichten (21), um gemeinsam mit den zivilgesellschaftlichen Organisationen aktiver in den Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung eingebunden zu werden und eigene Erfahrungen und Vorschläge einbringen zu können. EU-Institutionen und die organisierte Zivilgesellschaft müssen gemeinsam handeln und die Unionsbürgerinnen und -bürger über die sehr negativen Auswirkungen von Geldwäsche und damit zusammenhängender Straftaten auf öffentliche Güter und über die Grundsätze von Gerechtigkeit und Fairness aufzuklären, auf denen Demokratie beruht.

    4.6.

    Bedienstete von Europol und andere Sachverständige sind der Auffassung, dass Geldwäsche und damit zusammenhängende Straftaten, insbesondere solche, die auf elektronischem Wege und unter Verwendung von Kryptowährungen und anderen Kryptowerten begangen werden, seit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie zugenommen haben (22). Deshalb hält es der EWSA für mehr als gerechtfertigt, eine Verordnung zu erlassen, in der diese Transaktionen Gegenstand derselben Auflagen werden wie alle anderen Transaktionen, was bedeutet, dass die Benennung der tatsächlichen Eigentümer verbindlich vorgeschrieben wird. Der Vorschlag für eine Verordnung über den Markt für Kryptowerte (23) ist ein Schritt hin zu einer allgemeinen Regulierung und sollte unverzüglich in Kraft treten. Er kann jedoch nicht das gesamte Instrumentarium ersetzen, das zum Schutz vor den finanziellen Risiken und Straftatbeständen dieser Finanzprodukte erforderlich ist.

    4.7.

    Der EWSA, das EP und andere Institutionen haben auf die Gefahr hingewiesen, die von Hunderttausenden von Briefkastenfirmen (24) in der EU ausgeht, die von bestimmten Anwaltskanzleien, Beratungsfirmen und Steuerberatern legalisiert und verwaltet und in der Mehrheit für Geldwäsche und andere damit zusammenhängende Vortaten sowie für Steuervermeidung genutzt werden. Durch sie fließen enorme Kapitalströme. Die jetzigen zuständigen Behörden und die Gremien im Rahmen des neuen europäischen Aufsichtssystems müssen spezifische Programme erstellen, um die Vorschriften für die Ermittlung der wirtschaftlichen Eigentümer dieser Unternehmen sowie der Auftraggeber und Empfänger der entsprechenden Transaktionen anwenden und die von vielen dieser Unternehmen begangenen Wirtschafts- und Finanzstraftaten strafrechtlich verfolgen zu können. In keinem Mitgliedstaat sollte es möglich sein, ein Unternehmen bzw. eine sonstige Organisation, die für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung genutzt werden könnte, zu registrieren, wenn die eigentlichen Eigentümer nicht bekannt sind oder mit solchen Aktivitäten verbunden sind.

    4.8.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten die Umsetzung der Richtlinie 2018/1673, die eine gemeinsame Definition des Straftatbestands der Geldwäsche vorsieht, unverzüglich abschließen müssen. Der EWSA schlägt vor, in einer neuen Richtlinie gemeinsame Definitionen der in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorgesehenen anderen Straftaten im Zusammenhang mit Geldwäsche aufzustellen, wobei das Strafmaß für diese Delikte innerhalb einer gemeinsamen Spannbreite liegen sollte. In Artikel 83 AEUV heißt es ausdrücklich, dass die Definitionen und Strafen für Geldwäsche und damit zusammenhängende grenzüberschreitende Straftaten durch europäische Mindestvorschriften harmonisiert werden können.

    4.9.

    Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, zu prüfen, ob die AMLA noch vor 2026 ihre Arbeit einschließlich der direkten Aufsicht vollumfänglich aufnehmen kann. In jedem Fall fordert der EWSA die Kommission und die anderen einschlägigen Organe auf, ihre Zusammenarbeit in der Zwischenzeit zu intensivieren, um die geltenden Rechtsvorschriften im Sinne der Anmerkungen des EP und des Europäischen Rechnungshofs wirksamer durchzusetzen. Dies gilt insbesondere für die EBA und ihren neuen Unterausschuss für die Bekämpfung von Geldwäsche (Anti Money Laundring Committee, AMLC), die EZB und Europol. Darüber hinaus ruft der EWSA die Europäische Kommission, den EAD und Europol auf, so bald wie möglich eine neue Analyse der Drittländer vorzunehmen, die in eine neue EU-Liste von im Bereich AML-CFT nicht kooperierender Staaten aufzunehmen sind.

    4.10.

    Der EWSA weiß um die Bedeutung, die der Europäischen Staatsanwaltschaft bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zukommen könnte, und ruft die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten auf, darauf hinzuwirken, dass sie ihre Arbeit unverzüglich und uneingeschränkt aufnehmen kann. Er bedauert, dass einige Regierungen den Abschluss dieses Prozesses behindern, insbesondere in einigen Ländern, die unlängst den EU-Ratsvorsitz innehatten. Der EWSA pflichtet der an die Europäische Kommission gerichteten Forderung des EP bei, den Vorschlag zur Schaffung eines europäischen Rahmens für grenzüberschreitende Ermittlungen bei Finanz- und Steuerstraftaten zu prüfen.

    4.11.

    Der länderübergreifende Charakter von Geldwäsche macht eine verstärkte Koordinierung zwischen den nationalen Polizei- und Nachrichtendiensten erforderlich. Gleichzeitig wäre es nach Auffassung des EWSA sehr sinnvoll, Europol mehr Befugnisse und ausreichende personelle und materielle Ressourcen für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie grenzüberschreitender organisierter Kriminalität an die Hand zu geben, und die nationalen Polizeidienste zu koordinieren. Eine wirksame Koordinierung zwischen der Europäischen Staatsanwaltschaft, der neuen AMLA und Europol könnte für den praktischen Erfolg des neuen Legislativpakets von entscheidender Bedeutung sein.

    4.12.

    Der EWSA ist der Ansicht, dass eine neue, der Realität entsprechende und wahrheitsgetreue Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete erstellt werden sollte. Zudem schlägt er vor, dass die Kommission mit einer neuen Richtlinie festlegt, dass Unternehmen und Einzelpersonen, die an Finanzkriminalität oder Geldwäsche beteiligt sind, von jeglichem Vergabeverfahren auszuschließen sind.

    4.13.

    Der EWSA ist außerdem der Auffassung, dass die derzeitigen Beziehungen zwischen den zentralen Meldestellen und den Mitgliedstaaten beibehalten und in die neue Struktur der AMLA aufgenommen werden sollten. Die Informationskanäle und strategischen Allianzen, die über Jahre hinweg zwischen den zentralen Meldestellen verschiedener Mitgliedstaaten aufgebaut wurden, dürfen nicht aufgegeben werden.

    4.14.

    Ein erheblicher Teil der Geldwäsche findet außerhalb des Finanzsystems statt. Dabei wird Bargeld für die Anschaffung von Waren benutzt, die anschließend legalisiert oder gelagert werden. Auch im Rahmen bestimmter Handelsgeschäfte wird Geld gewaschen. Der EWSA ruft die Kommission auf, zu prüfen, wie das vorgeschlagene Legislativpaket auf den Markt für Kunstwerke, hochwertige Vermögensgegenstände und ihre Lagerung in Freihäfen, Zolllagern und Sonderwirtschaftszonen sowie auf bestimmte Handelsgeschäfte, Handelstransaktionen mit zinslosen Darlehen, die in einem Bestimmungsland zurückgezahlt werden, Immobilieninvestitionen und Transaktionen mit Glücksspielunternehmen möglichst wirksam angewandt werden könnte. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollten gegebenenfalls als Grundlage für weitere Legislativvorschläge zur Bekämpfung von Geldwäsche und damit zusammenhängenden Straftaten dienen.

    4.15.

    Die Aktivitäten der allermeisten gemeinnützigen Organisationen der Zivilgesellschaft stärken die Demokratie, weil sie sie partizipativ machen. Außerdem sind sie ein Wirtschaftssektor von wachsendem Wert. Viele von ihnen bekämpfen Geldwäsche und tragen zur Aufdeckung von Geldwäschepraktiken bei. Dennoch könnten einige gemeinnützige Organisationen der Zivilgesellschaft für Geldwäscheoperationen benutzt werden. Deshalb ist bei der Konzipierung von Maßnahmen für gemeinnützige Organisationen der Zivilgesellschaft eine diesbezügliche Risikobewertung sehr wichtig, um Fälle aufzudecken, in denen solche Organisationen für illegale Zwecke eingesetzt werden. Ihre Entwicklung darf jedoch dabei nicht beeinträchtigt werden, und es gilt zu verhindern, dass sich autoritäre Regierungen dies zunutze machen, um regierungskritische Organisationen anzugreifen.

    5.   Besondere Bemerkungen

    5.1.

    Während der Pandemie war neben einer Zunahme virtueller Transaktionen und einer stärkeren Nutzung von Kryptowerten auch ein Boom des Marktes für „nicht ersetzbare“ digital verschlüsselte Objekte (Non-Fungible Token, NFT) (25) zu verzeichnen, bei denen unter Einsatz der Blockchain-Technologie Geld zwischen verschiedenen Ländern transferiert wird (im ersten Halbjahr 2021 2,5 Mrd. USD). Der EWSA schlägt vor, die NFT-Marktplatzbetreiber ebenfalls auf die Liste der Verpflichteten zu setzen. Ebenso müssen bargeldlose Transaktionen überwacht werden, die für die Zwecke der Geldwäsche benutzt werden.

    5.2.

    Im Zuge der Pandemie ist die Verwendung von Bargeld zurückgegangen. Dies und der Beschluss, den Druck von 500-Euro-Banknoten einzustellen, haben dazu geführt, dass sich Kriminelle nun gezwungen sehen, dieses Geld zu „waschen“ und in die Realwirtschaft einzuschleusen. Der EWSA empfiehlt der Europäischen Kommission deshalb, die Möglichkeit zu prüfen, die Obergrenze für Bargeldtransaktionen unter Berücksichtigung der verschiedenen Gegebenheiten in den einzelnen Mitgliedstaaten auf unter 10 000 EUR zu senken.

    5.3.

    Der EWSA hält es für wesentlich, dass die zentralen Meldestellen ordnungsgemäß funktionieren. Hierfür sind ausreichende -hochtechnische und hochqualifizierte personelle — Ressourcen erforderlich, deren Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit anderen zentralen Meldestellen und EU-Behörden durch kompatible Standards, Verfahren und IT-Tools sowie ausreichende und vergleichbare Schulungsmaßnahmen für alle Beschäftigten ausgebaut werden muss. Die AMLA sollte mit den zuständigen nationalen Behörden zusammenarbeiten, damit sie möglichst effizient ist. Der EWSA fordert die nationalen Regierungen (und insbesondere jene, die in den länderspezifischen Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters genannt werden) auf, dem Ziel eines reibungslosen Funktionierens der zentralen Meldestellen Vorrang einzuräumen und die wirksame Zusammenarbeit mit den europäischen Behörden zu fördern.

    5.4.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass hohe fachliche Kompetenz, Erfahrung, Unabhängigkeit (im Sinne der ausschließlichen Verteidigung der Interessen und Werte der EU) und Redlichkeit der leitenden und sonstigen Beschäftigten der AMLA für deren ordnungsgemäßes Funktionieren grundlegend sind. Bei den Auswahlverfahren sind deshalb eine strenge Einhaltung der Regeln sowie Transparenz geboten. Der Ausschuss schlägt vor, dass die Kommission eine Liste von Grundsätzen und Werten erstellt, die als Grundlage für die ersten Einstellungsverfahren dienen und die in dem von den Dienststellen der Behörde zu erstellenden und zu genehmigenden Ethikkodex berücksichtigt werden könnten.

    5.5.

    Der EWSA bekräftigt seinen (mit dem des EP im Einklang stehenden) Vorschlag (26), die Regelung für die Gewährung der Gebietsansässigkeit im Gegenzug für Investitionen auslaufen zu lassen und eine Verleihung der Staatsbürgerschaft in diesem Zusammenhang ganz zu untersagen. In der Zwischenzeit ist streng zu kontrollieren, ob diejenigen, die diese Regelung bereits in Anspruch genommen haben, ihren gesetzlichen Pflichten in den Herkunftsländern nachkommen und nicht an Geldwäschegeschäften beteiligt sind.

    5.6.

    Der EWSA schlägt der Europäischen Kommission vor, eine Datenbank zur Terrorismusfinanzierung einzurichten, um KMU über die entsprechenden gegen Einzelpersonen und Unternehmen verhängten Sanktionen und ihre Dauer zu informieren.

    5.7.

    Die AMLA muss mit einem Budget ausgestattet werden, das es ihr erlaubt, die wichtigsten Herausforderungen im Zusammenhang mit ihren Zielen und Aufgaben zu bewältigen. Ein wirkungsvoller Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wird zur Verbesserung des sozialen und politischen Zusammenhalts und zur erheblichen Steigerung der Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten beitragen, die sich den Herausforderungen des ökologischen und digitalen Wandels und des damit zusammenhängenden gerechten Übergangs stellen müssen. Zu berücksichtigen sind auch die Kosten, die den Unternehmen durch die Einhaltung der neuen rechtlichen Auflagen entstehen, die regelmäßig auf ihre Wirksamkeit hin bewertet werden müssen. Der EWSA schlägt vor, die AMLA aus dem EU-Haushalt zu finanzieren.

    5.8.

    Ein wesentlicher Aspekt einer erfolgreichen Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ist die Verfügbarkeit guter vernetzter und für befugte Personen leicht zugänglicher Datenbanken und Register der wirtschaftlichen Eigentümer von Konten, Immobilien, Fonds bzw. Treuhänder und Transaktionen. Mit zunehmendem Umfang dieser Register und Datenbanken und einem immer schnelleren Zugang steigen auch die Anforderungen an den Schutz personenbezogener Daten. Der EWSA ist der Auffassung, dass diesem Thema die größtmögliche Aufmerksamkeit geschenkt werden muss.

    Brüssel, den 8. Dezember 2021

    Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Christa SCHWENG


    (1)  COM(2020) 593 final.

    (2)  Richtlinie (EU) 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche (ABl. L 284 vom 12.11.2018, S. 22)

    (3)  Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 17).

    (4)  COM(2019) 360 final, COM(2019) 370 final, COM(2019) 371 final und COM(2019) 372 final vom 24.7.2019.

    (5)  C(2020) 2800 final.

    (6)  ABl. C 429 vom 11.12.2020, S. 6.

    (7)  COM(2021) 421 final.

    (8)  COM(2021) 420 final.

    (9)  COM(2021) 423 final.

    (10)  COM(2021) 422 final.

    (11)  Verordnung (EU) 2015/847 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1781/2006 (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 1)

    (12)  Entschließung des EP vom 26. März 2019 zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (ABl. C 108 vom 26.3.2021, S. 8) und Entschließung des EP vom 10.7.2020.

    (13)  Sonderbericht 13/2021 des Europäischen Rechnungshofes.

    (14)  CEPS-ECRI: TF-Bericht: AML in der EU; 01/2021.

    (15)  Europäischer Rechnungshof, ebenda, Punkt 86. In zehn Jahren hat der Rat der Aufseher der EBA aus eigener Initiative keine einzige AML-FT-Untersuchung durchgeführt. Da er rechtlich nicht verpflichtet ist, zeitnah auf Anfragen zu reagieren, hat er in nur zwei der insgesamt vier von der Europäischen Kommission eingereichten Beschwerdefällen ermittelt.

    (16)  Europäischer Rechnungshof, ebenda, Punkte 26 und 28.

    (17)  CEPS-ECRI, ebenda, S. 2.

    (18)  CEPS-ECRI, ebenda, S. 4.

    (19)  Stellungnahme des EWSA „Wirksame und koordinierte Maßnahmen der EU zur Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuervermeidung, und Geldwäsche und Steueroasen“ (ABl. C 429 vom 11.12.2020, S. 6), Ziffern 3.4, 3.5 und 3.6.

    (20)  Entschließung des EP vom 10.7.2020 zum Aktionsplan zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

    (21)  Um die Konsultation mit den Interessenträgern zu erleichtern, verfügen EBA, ESMA (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) und EIOPA (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) seit ihrer Gründung über Interessengruppen, deren Mitglieder in einem ausgewogenen Verhältnis Privatunternehmen, Verbraucher, Nutzer, Arbeitnehmervertreter branchenspezifischer Unternehmen und hochrangige Wissenschaftler vertreten.

    (22)  Europol-EFECC: Enterprising criminals. Europe’s fight against the global networks of financial and economic crime (Geschäftstüchtige Kriminelle. Europas Kampf gegen globale Netzwerke der Finanz- und Wirtschaftskriminalität) (06/2020) und WCA: COVID 19 opened the doors for a new wave of money laundering (COVID-19 löste eine neue Geldwäschewelle aus).

    (23)  COM(2020) 593 final.

    (24)  Briefkastenfirmen, Strohfirmen bzw. Scheinfirmen sind Unternehmen, die in dem Land, in dem sie registriert sind, keinen Geschäftsbetrieb unterhalten und keinen bzw. nur sehr wenige Mitarbeiter beschäftigen. Einige dienen der Geldwäsche, der Steuervermeidung oder der Umgehung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern. Siehe: EPRS, 10/2018: An overview of shell companies in the European Union (Ein Überblick über Briefkastenfirmen in der Europäischen Union); IMF, F&D, 09/2019: Damgaard, Elkjaer und Johannesen: The Rise of Phantom Investments (Der Anstieg von Scheininvestitionen) und EWSA-Stellungnahme zum Thema „Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuervermeidung, Geldwäsche und Steueroasen“ (ABl. C 429 vom 11.12.2020, S. 6).

    (25)  Reuters: NFT sales volume (Verkaufsvolumen von NFT), 6.6.2021.

    (26)  ABl. C 47 vom 11.2.2020, S. 81 und ABl. C 429 vom 11.12.2020, S. 6.


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