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Document 52017AE3111

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusseses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Überwachung und Meldung der CO2-Emissionen und des Kraftstoffverbrauchs neuer schwerer Nutzfahrzeuge“ (COM(2017) 279 final — 2017/0111 (COD))

    ABl. C 81 vom 2.3.2018, p. 95–101 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    2.3.2018   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 81/95


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusseses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Überwachung und Meldung der CO2-Emissionen und des Kraftstoffverbrauchs neuer schwerer Nutzfahrzeuge“

    (COM(2017) 279 final — 2017/0111 (COD))

    (2018/C 081/13)

    Berichterstatter:

    Dirk BERGRATH

    Mitberichterstatter:

    Mihai MANOLIU

    Befassung

    Europäisches Parlament, 15.6.2017

    Rat, 22.6.2017

    Rechtsgrundlage

    Artikel 192 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion, Verbrauch

    Annahme in der Fachgruppe

    4.10.2017

    Verabschiedung auf der Plenartagung

    18.10.2017

    Plenartagung Nr.

    529

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    188/0/3

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Nach Ansicht des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) sollten die vorrangigen politischen Ziele der EU die Schaffung von Arbeitsplätzen, Investitionen zur Reindustrialisierung Europas, Wirtschaftswachstum, der Übergang zu sauberer Energie, neue Geschäftsmodelle, Spitzentechnologien, Umweltschutz und die öffentliche Gesundheit sein.

    1.2.

    Nach Meinung des EWSA haben Verkehrsunternehmen Chancen zur Senkung ihrer Kraftstoffkosten verpasst, die ein Viertel ihrer Betriebskosten ausmachen. Die Kraftstoffeffizienz ist ein grundlegendes Kriterium für Kaufentscheidungen; eine Verringerung des Kraftstoffverbrauchs würde auch eine Senkung der Kosten für Brennstoffeinfuhren bewirken. Die EU benötigt Zertifizierung, Kraftstoffverbrauchsbewertung sowie Emissions- und Verbrauchsnormen, um Innovationen zu fördern. Maßnahmen und Pläne für Elektrofahrzeuge haben einen harten Konkurrenzkampf zwischen Fahrzeugherstellern angefacht. Der Verkehrssektor muss ebenso wie die Bereiche Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft seinen Beitrag zur Verringerung der Emissionen leisten.

    1.3.

    Ein Tätigwerden der EU ist angesichts der grenzüberschreitenden Auswirkungen des Klimawandels und der Notwendigkeit, die Binnenmärkte für Kraftstoffe, Fahrzeuge und Verkehrsdienstleistungen zu schützen, gerechtfertigt. Die Fragmentierung des Verkehrsmarkts und der Verlust an Markttransparenz, unterschiedliche Rechtsvorschriften und politische Praktiken für die Überwachung sowie das Fehlen einer gemeinsamen Datenbank der Überwachungsdaten haben erhebliche soziale und wirtschaftliche Auswirkungen.

    1.4.

    Der EWSA begrüßt, dass mit dem Verordnungsvorschlag die Überwachung und Verbreitung der CO2-Werte von in der EU neu zugelassenen schweren Nutzfahrzeugen erleichtert wird und den Kunden, meist KMU, transparente Verbrauchsinformationen zur Verfügung gestellt werden.

    1.5.

    Der EWSA befürwortet die im Verordnungsvorschlag gewählte dritte Option einer kombinierten Meldung, da damit der digitale Informationsfluss sichergestellt wird, Daten auf nationaler wie auch auf EU-Ebene erfasst werden und nur geringe Verwaltungskosten entstehen.

    1.6.

    Der EWSA hebt hervor, dass wichtige Märkte wie die Vereinigten Staaten, Kanada, Japan und China in den vergangenen Jahren Zertifizierungs- und Kraftstoffeffizienzmaßnahmen in Form von Kraftstoffverbrauchs- und/oder Emissionsnormen umgesetzt haben, um Innovationen zu fördern und die Fahrzeugeffizienz rasch zu verbessern. Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Hersteller schwerer Nutzfahrzeuge hängt also auch daran, dass sie diese Normen erfüllen.

    1.7.

    Grundsätzlich besteht zwar ein marktwirtschaftlich getriebener Druck auf die Hersteller, die Reduzierung der Kraftstoffverbräuche von Lkw in der EU weiter voranzutreiben, doch den meist mittelständischen Verkehrsunternehmen fällt es häufig schwer, den höheren Anschaffungspreis der kraftstoffeffizienteren Schwer-Lkw zu finanzieren.

    1.8.

    Der EWSA empfiehlt der Kommission, bei der Ausgestaltung möglicher CO2-Grenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge eine ausgewogene Balance zwischen kurz- bis mittelfristig erreichbaren Zielen und dem längerfristigen Ziel eines emissionsfreien Straßenverkehrs anzustreben. Dabei gilt es, Innovation in bestehende Technologie zu fördern, ohne die Investitionsmittel für emissionsfreie Fahrzeuge zu unterbinden.

    1.9.

    In diesem Zusammenhang hält der EWSA seine im Rahmen der Stellungnahme zum Schlussbericht der hochrangigen Gruppe CARS 21 ausgesprochenen Empfehlungen für auch auf schwere Nutzfahrzeuge übertragbar, vor allem in Bezug auf den Zeitrahmen für die Umsetzung.

    1.10.

    Der EWSA unterstreicht die Rolle von öffentlichen Investitionen und Regulierung bei der Reduktion von Emissionen im Straßenverkehr, auch beim Schwerverkehr.

    1.11.

    Der EWSA betont, dass jedwede regulatorische Maßnahme durch eine verstärkte Politik der Dämpfung der Straßenverkehrsnachfrage — auch für schwere Nutzlasten — mittels Verlagerung auf Verkehrsarten mit geringeren Treibhausgasemissionen wie Schiene, Binnenschifffahrt usw. flankiert werden muss.

    2.   Einleitung

    2.1.

    Mit diesem Verordnungsvorschlag sollen die Überwachung und Meldung der CO2-Emissionen und des Kraftstoffverbrauchs neuer schwerer Nutzfahrzeuge geregelt werden, die in der Europäischen Union zugelassen sind. Die Regelung gilt nur für schwere Nutzfahrzeuge, die für den Güter- oder Personenkraftverkehr konstruiert und gebaut sind (1).

    2.2.

    Verkehr und Mobilität sind für Europas Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit entscheidend. Diese Bedeutung zeigt sich auch in dem breiten Spektrum anderer politischer Rahmenbestimmungen, die großen Einfluss auf diesen Sektor haben. Die erfolgreichen Prioritäten Energieunion, Digitaler Binnenmarkt und Agenda für Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen kommen allesamt dem Verkehrssektor und der Mobilität zugute.

    2.3.

    Im Oktober 2014 haben die Staats- und Regierungschefs der EU (2) das verbindliche Ziel aufgestellt, die in der Union verursachten Emissionen bis 2030 in der gesamten Wirtschaft um mindestens 40 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Diese Zielvorgabe beruht auf weltweiten Projektionen, die mit dem mittelfristigen Horizont des Übereinkommens von Paris zum Klimawandel (COP 21) im Einklang stehen (3). Die Kommission hat die Einführung von Kraftstoffeffizienznormen für neue schwere Nutzfahrzeuge angekündigt.

    2.4.

    Angaben der Industrie zufolge generierte die Ausfuhr von Lkw im Jahr 2015 einen Handelsbilanzüberschuss von 5,1 Mrd. EUR. Dieser Sektor ist Teil einer Automobilindustrie, die 12,1 Mio. direkte und indirekte Arbeitsplätze in Europa schafft (dies entspricht 5,6 % aller Arbeitsplätze in der EU).

    2.5.

    In der Strategie für eine krisenfeste Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzstrategie von Februar 2015 (4) wurde der Übergang zu einem energieeffizienten Verkehrssektor mit geringen CO2-Emissionen zu einem der zentralen Handlungsschwerpunkte erklärt. Angeregt durch das Übereinkommen von Paris zum Klimawandel werden die Maßnahmen, die in der im Juli 2016 angenommenen Strategie für emissionsarme Mobilität (5) bereits dargelegt sind, nun umgesetzt. Infrastrukturinvestitionen im Rahmen der Investitionsoffensive für Europa können die Schaffung einer künftigen sauberen, wettbewerbsfähigen und vernetzten Mobilität in Europa vorantreiben.

    2.6.

    In der Europäischen Union (EU) stiegen im Zeitraum von 1990 bis 2014 die CO2-Emissionen von Nutzfahrzeugen deutlich schneller an als die von Pkw. Bei den Nutzfahrzeugen betrug der Anstieg der CO2-Emissionen etwa 25 %, bei den Pkw-Emissionen dagegen lediglich etwa 12 %. Lkw und Busse sind mittlerweile für rund ein Viertel der CO2-Emissionen aus dem Straßenverkehr in der EU verantwortlich. Dieser Anteil von Lkw und Bussen nimmt weiterhin zu, da die Emissionen von Pkw und auch von Kleintransportern aufgrund immer strengerer CO2-Grenzwerte sinken.

    2.7.

    Heute liegt der Kraftstoffverbrauch einer typischen europäischen 40-Tonnen 4×2 Sattelzugmaschine im sog. Long-Haul-Testzyklus auf Straßen und Autobahnen in etwa bei 33,1 l/100 km. Der Kraftstoffverbrauch eines typischen europäischen 12-Tonnen 4×2 Verteiler-Lkw im sog. Urban-Delivery-Testzyklus liegt bei etwa 21,4 l/100 km (6).

    2.8.

    Schwere Nutzfahrzeuge werden in der Regel mehrstufig gefertigt, es gibt zumeist nur maßgeschneiderte Produkte. Nachdem ein Hersteller das Fahrgestell gefertigt hat, erhält dieses in einem weiteren Schritt einen Aufbau von einem anderen Hersteller. Der Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch und damit die CO2-Emissionen des komplettierten Fahrzeugs verteilt sich daher auf verschiedene Hersteller.

    2.9.

    Die Abnehmer schwerer Nutzfahrzeuge sind überwiegend Güterverkehrsunternehmen. Die Kraftstoffkosten können mehr als ein Viertel ihrer Betriebskosten ausmachen, sodass die Kraftstoffeffizienz für sie das wichtigste Kaufkriterium ist. Die Kraftstoffeffizienz von schweren Nutzfahrzeugen hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte zwar verbessert, jedoch haben viele der mehr als eine halbe Million Verkehrsunternehmen, bei denen es sich zum großen Teil um KMU handelt, nach wie vor keinen Zugang zu standardisierten Informationen zur Bewertung kraftstoffeffizienter Technologien und zum Vergleich von Lastkraftwagen, um möglichst sachkundige Kaufentscheidungen zu treffen und ihre Kraftstoffkosten zu senken. Dies wird durch das Fehlen einer gemeinsam vereinbarten Methodik für die Kraftstoffverbrauchsmessung noch erschwert.

    2.10.

    Aufgrund mangelnder Markttransparenz stehen die Hersteller von schweren Nutzfahrzeugen in der EU weniger unter Druck, auf einem doch wettbewerbsorientierten globalen Markt die Fahrzeugeffizienz zu erhöhen und in Innovationen zu investieren. Die EU-Hersteller laufen daher Gefahr, ihren bisherigen Führungsanspruch bei der Kraftstoffeffizienz von Fahrzeugen zu verlieren.

    2.11.

    Transparenz in Bezug auf die Leistung der Fahrzeuge hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen könnte auch den Wettbewerb im Binnenmarkt ankurbeln; 2016 deckte die Kommission ein Kartell einer Reihe von Lkw-Herstellern auf, die zwischen 1997 und 2011 Absprachen trafen.

    3.   Der Verordnungsvorschlag

    3.1.

    Dieser Verordnungsvorschlag ist ein Teil des Pakets „Europa in Bewegung“, mit dem die Verkehrssicherheit verbessert, eine gerechtere Mauterhebung gefördert, CO2-Emissionen, Luftverschmutzung, Verkehrsüberlastung und der Verwaltungsaufwand für Unternehmen verringert, illegale Beschäftigung bekämpft sowie angemessene Bedingungen und Ruhezeiten für die Arbeitnehmer gewährleistet werden sollen.

    3.2.

    Langfristig werden sich diese Maßnahmen weit über den Verkehrssektor hinaus positiv auswirken — sie fördern Beschäftigung, Wachstum und Investitionen, stärken die soziale Gerechtigkeit, vergrößern die Wahlmöglichkeiten für Verbraucher und geben Europa einen klaren Weg für die Senkung der Emissionen vor.

    3.3.

    Dieses Paket wird in den kommenden zwölf Monaten durch weitere Vorschläge ergänzt, die auch Emissionsstandards für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge sowie erstmals für schwere Nutzfahrzeuge für die Zeit nach 2020 enthalten werden. Durch diese Vorschläge werden die Innovation weiter vorangetrieben, die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt, die CO2-Emissionen gesenkt und die Luftqualität, die öffentliche Gesundheit sowie die Straßenverkehrssicherheit verbessert.

    3.4.

    Die Wissenslücke wird mittels einer Simulationssoftware verringert, ein effizientes Instrument zur Berechnung des Kraftstoffverbrauchs und der Kosten. Die neue (Typgenehmigungs-)Zertifizierungsverordnung über die Bestimmung von CO2-Emissionen wird auf individuellen Leistungsdaten und einem zertifizierten Verfahren zur Beschaffung und Verwaltung der Eingabedaten beruhen.

    3.5.

    Mit diesem Verordnungsvorschlag wird die Mitteilung über eine Strategie zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen von Lastkraftwagen aus dem Jahr 2014 umgesetzt. Im Rahmen der Strategie für schwere Nutzfahrzeuge wurde eine Durchführungsmaßnahme zur Festlegung des Verfahrens für die Zertifizierung der mithilfe des VECTO-Simulationsinstruments berechneten CO2-Emissionswerte neuer schwerer Nutzfahrzeuge, die in der EU in Verkehr gebracht werden, sowie ein Legislativvorschlag für die Überwachung und Meldung dieser Emissionen angekündigt.

    3.6.

    Da VECTO nur ein Simulationsinstrument ist, sollte das zweite Maßnahmenpaket Straßenprüfungen für den Kraftstoffverbrauch beinhalten, die die Kommission auch für Fahrzeuge und leichte Nutzfahrzeuge plant. Es gilt, eine Methodik zur Differenzierung von Infrastrukturnutzungsgebühren für neue schwere Nutzfahrzeuge entsprechend den CO2-Emissionen zu entwickeln (Überarbeitung der „Eurovignetten-Richtlinie“ und der Energieeffizienzrichtlinie).

    3.7.

    Der EWSA fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Zugang von Dritten (Forschungseinrichtungen, Verkehrsunternehmen, NGO) zu den offiziellen VECTO-Daten über den Kraftstoffverbrauch zu gewährleisten, damit diese Daten durch unabhängige Prüfungen abgeglichen werden können. Die übermittelten Daten müssen Gegenstand einer Qualitätskontrolle und einer Überprüfung sein, um etwaige Lücken zu schließen oder Unregelmäßigkeiten zu beheben. Diese Überprüfungen sollten im Einklang mit den Grundrechten durchgeführt werden.

    3.8.

    Mit diesem Vorschlag wird auch die europäische Strategie für emissionsarme Mobilität aus dem Jahr 2016 umgesetzt, mit der u. a. die Treibhausgasemissionen im Straßenverkehr bis 2050 um mindestens 60 % gegenüber 1990 gesenkt und die Emission von Luftschadstoffen drastisch verringert werden sollen. In der Strategie heißt es ferner, dass die Kommission die Prüfung der Gestaltungsoptionen für CO2-Emissionsnormen im Hinblick auf die Ausarbeitung eines Legislativvorschlags noch während der Amtszeit dieser Kommission beschleunigen will.

    3.9.

    Zum Zwecke der Überwachung melden ab dem Jahr 2020 jährlich bis zum 28. Februar eines Jahres sowohl die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Daten über neue, im Vorjahr in der Union erstmals zugelassene Fahrzeuge, als auch die Hersteller schwerer Nutzfahrzeuge Daten über Fahrzeuge, deren Herstellungsdatum im vorangegangenen Kalenderjahr liegt. Die Art der zu meldenden Daten ist in Anhang I Teil A und B des Verordnungsvorschlags dargelegt.

    3.10.

    Die Europäischen Umweltagentur (EUA) verwaltet im Namen der Kommission ein zentrales Register der gemeldeten Daten, das — bis auf einige sensible Daten — öffentlich zugänglich ist.

    3.11.

    Die zuständigen Behörden und die Hersteller sind für die Richtigkeit und Qualität der von ihnen gemeldeten Daten verantwortlich. Die Kommission kann jedoch eine eigene Überprüfung der Qualität der gemeldeten Daten durchführen und ergreift gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen zur Berichtigung der im Zentralregister veröffentlichten Daten. Es bestehen keine direkten Meldepflichten für KMU oder Kleinstunternehmen.

    3.12.

    Die Kommission berichtet jährlich über ihre Analyse der von den Mitgliedstaaten und den Herstellern für das vorangegangene Kalenderjahr übermittelten Daten. Die Analyse umfasst mindestens die Angaben über den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen der Flotte schwerer Nutzfahrzeuge insgesamt und der Fahrzeugflotte der einzelnen Hersteller. Dabei werden — soweit verfügbar — Daten über die Verbreitung neuer und fortschrittlicher Technologien zur Reduzierung der CO2-Emissionen berücksichtigt.

    3.13.

    Der Kommission wird mittels delegierter Rechtsakte die Befugnis übertragen, die in den Anhängen des Verordnungsvorschlags festgelegten Datenanforderungen sowie das Überwachungs- und Meldeverfahren zu ändern.

    4.   Allgemeine Bemerkungen

    4.1.

    Wie bereits in früheren Stellungnahmen zu Legislativvorschlägen der Kommission in Bezug auf die Reduzierung der CO2-Emissionen bekräftigt der EWSA, dass er alle Gemeinschaftsinitiativen befürwortet, mit denen konkrete Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen erreicht werden sollen, was einen wesentlichen Aspekt der Eindämmung des Klimawandels darstellt. Vor diesem Hintergrund dürfen daher keine zumutbaren Maßnahmen vernachlässigt werden, um auch die Emissionen der Nutzfahrzeuge, die mehr als 10 % des Fahrzeugbestands ausmachen, zu senken.

    4.2.

    Darüber hinaus scheint das gewählte Instrument — eine „Verordnung“ — am besten geeignet zu sein, um sicherzustellen, dass die erlassenen Vorschriften unverzüglich eingehalten werden, und um Wettbewerbsverzerrungen und deren mögliche Auswirkungen auf den Binnenmarkt zu vermeiden.

    4.3.

    Die Daten zu den CO2-Emissionen und zum Kraftstoffverbrauch werden mittels einer IT-Simulationssoftware namens VECTO (Vehicle Energy Consumption Calculation Tool) ermittelt.

    4.3.1.

    Die Entscheidung zur Entwicklung dieser Software fiel nach der Bewertung anderer Optionen für Prüfverfahren, u. a. Motorprüfstände, Rollenprüfstände und Prüfverfahren unter realen Verkehrsbedingungen mit am Fahrzeug befestigten portablen Emissionsmesssystemen (PEMS). Die Hauptgründe für die Entscheidung zugunsten der Simulation anstelle eines anderen Prüfverfahrens waren:

    1.

    Vergleichbarkeit: Die Prüfergebnisse für verschiedene Typen schwerer Nutzfahrzeuge sind direkt vergleichbar;

    2.

    Kosteneffizienz angesichts der hohen Kosten von Prüfeinrichtungen im Vergleich zur Simulation;

    3.

    Fähigkeit der Berücksichtigung hoher Variabilität: Die Produktionsserien für schwere Nutzfahrzeuge sind sehr klein, da die Fahrzeuge weitgehend gemäß den Anforderungen der Endnutzer maßgeschneidert werden;

    4.

    Wiederholbarkeit: Simulation liefert die besten Ergebnisse in Bezug auf die Reproduzierbarkeit der Prüfverfahren;

    5.

    Genauigkeit: Schon kleine Einsparungen aufgrund der Optimierung einer einzelnen Komponente können festgestellt werden;

    6.

    Vollständigkeit: Simulation kann zur Optimierung der Fahrzeugkonfiguration insgesamt genutzt werden, um den Kraftstoffverbrauch zu senken, da sie alle Komponenten umfasst (u. a. die Kabine, die Reifen, den Motor und das Getriebe). Dieser Ansatz wurde in der Strategie für schwere Nutzfahrzeuge 2014 bekräftigt.

    4.3.2.

    Die verpflichtende Ermittlung und Bereitstellung der VECTO-Daten für alle neuen schweren Nutzfahrzeuge ermöglicht den Käufern sowohl einen Vergleich zwischen den einzelnen Fahrzeugmodellen, den jeweiligen Technologien zum Kraftstoffverbrauch und den unterschiedlichen Fahrzeugaufbauten — z. B. Kran, Kühlraum — als auch einen Vergleich zwischen verschiedenen Kombinationen der einzelnen Komponenten. Im Gegensatz zu Pkw-Modellen werden einzelne Nutzfahrzeug-Modelle abhängig von ihrem Aufbau sehr unterschiedlich genutzt: Hierdurch divergieren Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß stark. Außerdem erhöht die Vergleichbarkeit den Wettbewerb sowohl zwischen den Fahrzeugherstellern als auch zwischen den Aufbautenherstellern.

    4.3.3.

    Der EWSA begrüßt, dass mit dem Verordnungsvorschlag die Überwachung und Verbreitung der CO2-Werte von in der EU neu zugelassenen schweren Nutzfahrzeugen erleichtert wird und den Kunden, meist KMU, transparente Verbrauchsinformationen zur Verfügung gestellt werden.

    4.3.4.

    Der EWSA ist sich bewusst, dass eine Emissionsmessung im praktischen Fahrbetrieb (Real Driving Emissions, RDE) mittels mobiler Emissionsmessung (Portable Emission Measurement System, PEMS) einer Emissionsmessung im Rollenprüfstand oder — wie hier vorgesehen — mittels Simulationssoftware vorzuziehen ist. Nach einer Einführungsperiode und der Auswertung der Erfahrungen mit den VECTO-System sollte die Kommission analysieren, ob und wenn ja wie RDE-Tests für schwere Nutzfahrzeuge realisierbar sind.

    4.4.

    Im Rahmen der Folgenabschätzung hatte die Kommission drei Optionen zur Datenerhebung und Datenübermittlung an die Europäischen Umweltagentur (EUA) geprüft: 1) Meldung durch die nationalen Behörden, 2) Meldung durch die Hersteller schwerer Nutzfahrzeuge und 3) kombinierte Meldungen durch die nationalen Behörden und die Hersteller.

    4.4.1.

    Der EWSA befürwortet die im Verordnungsvorschlag gewählte dritte Option einer kombinierten Meldung, da damit der digitale Informationsfluss sichergestellt wird, Daten auf nationaler wie auch auf EU-Ebene erfasst werden und nur geringe Verwaltungskosten entstehen.

    4.4.2.

    Der EWSA begrüßt, dass die an die Kommission gemeldeten Daten der zuständigen nationalen Behörden und der Hersteller schwerer Nutzfahrzeuge öffentlich zugänglich sind. Aus Gründen des Daten- und Wettbewerbsschutzes begrüßt der EWSA jedoch, dass sowohl die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) als auch die Herstellerdaten von relevanten Zulieferteilen (Getriebe, Achsen und Reifen) nicht veröffentlich werden.

    4.5.

    Es erscheint aus Sicht des EWSA sinnvoll, über CO2-basierte Streckennutzungsgebühren für schwere Nutzfahrzeuge nachzudenken. Hierzu müssten die Daten aus dem zentralen Datenregister (Fahrzeug-Identifizierungsnummer und CO2-Emissionswerte) mit den Zulassungsdaten (Kennzeichen) verknüpft und mit den Betreibern der Straßennutzungsgebühren ausgetauscht werden.

    4.5.1.

    Der EWSA hat in der Vergangenheit wiederholt (7) die Absicht der Kommission begrüßt, auf europäischer Ebene ein einheitliches System für Straßennutzungsgebühren auf der Grundlage des Verursacherprinzips einzuführen. Ein öffentlich geführtes, einheitliches System für Straßennutzungsgebühren wäre auch aus Datenschutzgründen sinnvoll.

    4.6.

    Die Kommission sieht ihren Verordnungsvorschlag als notwendigen Schritt für die Umsetzung und Durchsetzung künftiger CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge. Ein Überwachungs- und Meldesystem ist vor allem für die Beurteilung der Einhaltung solcher künftigen Normen erforderlich, wie dies bereits bei Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen der Fall ist.

    4.6.1.

    Für Pkw gelten seit 2009 verpflichtende CO2-Grenzwerte in der EU, für Kleintransporter seit 2011. Für schwere Nutzfahrzeuge dagegen existieren vergleichbare Grenzwerte für CO2 bislang nicht. Für das Jahr 2018 wird jedoch ein Legislativvorschlag der Kommission erwartet, mit dem auch für diese Fahrzeuge verpflichtende CO2-Grenzwerte eingeführt würden.

    4.6.2.

    Wichtige Märkte wie die Vereinigten Staaten, Kanada, Japan und China haben in den vergangenen Jahren Zertifizierungs- und Kraftstoffeffizienzmaßnahmen in Form von Kraftstoffverbrauchs- und/oder Emissionsnormen umgesetzt, um Innovationen zu fördern und die Fahrzeugeffizienz rasch zu verbessern. Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Hersteller schwerer Nutzfahrzeuge hängt also auch daran, dass sie diese Normen erfüllen.

    4.7.

    Grundsätzlich besteht zwar ein marktwirtschaftlich getriebener Druck auf die Hersteller, die Reduzierung der Kraftstoffverbräuche von Lkw weiter voranzutreiben. Denn die Kraftstoffkosten bilden mit einem Anteil von ca. 30 % den mit Abstand größten Einzelposten in der Kostenstruktur des Straßengüterferntransports. Die Transportunternehmen als Abnehmer schwerer Nutzfahrzeuge haben also ein Eigeninteresse an möglichst verbrauchsarmen Lkw.

    4.7.1.

    Die Erfahrung zeigt aber auch, dass unverbindliche Ziele und Marktkräfte alleine nicht ausreichen, um den Kraftstoffverbrauch und damit auch die CO2-Emissionen von Neufahrzeugen deutlich zu reduzieren.

    4.7.2.

    Im Straßenverkehrssektor sind vor allem KMU tätig. Eines ihrer größten Probleme ist ihr schwieriger Zugang zu Finanzmitteln. Deshalb fällt es Verkehrsunternehmen häufig schwer, den höheren Anschaffungspreis der kraftstoffeffizienteren Schwer-Lkw zu finanzieren.

    4.7.3.

    Der EWSA empfiehlt der Kommission, bei der Ausgestaltung möglicher CO2-Grenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge eine ausgewogene Balance zwischen kurz- bis mittelfristig erreichbaren Zielen und dem längerfristigen Ziel eines emissionsfreien Straßenverkehrs anzustreben. Dabei gilt es, Innovation in bestehende Technologie zu fördern, ohne die Investitionsmittel für emissionsfreie Fahrzeuge zu unterbinden.

    4.7.4.

    In diesem Zusammenhang hält der EWSA seine im Rahmen der Stellungnahme zum Schlussbericht der hochrangigen Gruppe CARS 21 (8) ausgesprochenen Empfehlungen für auch auf schwere Nutzfahrzeuge übertragbar. etwa, den Unternehmern Zeit einzuräumen, um die Technologien zu entwickeln, die notwendig sind, um strengere Vorschriften einzuhalten, ohne dass dies zu einer nennenswerten Verteuerung der Produkte und damit letztendlich zu einer Verlangsamung bei der Erneuerung der Fahrzeugparks führt.

    4.7.5.

    Diesbezüglich sind die in den USA erlassenen Vorschriften für neue schwere Nutzfahrzeuge, Zugmaschinen, Anhänger und Motoren ein konkretes Beispiel für eine vorausschauende Umsetzung. Im Anschluss an die erste Phase, die Normen für die Modelljahre 2014-2018 umfasste, werden in einer zweiten Phase Vorschriften für die Modelljahre 2018-2027 umgesetzt.

    4.8.

    Der EWSA unterstreicht die Rolle von öffentlichen Investitionen und Regulierung bei der Reduktion von Emissionen im Straßenverkehr, auch beim Schwerverkehr.

    4.8.1.

    Eine künftige Option wäre das so genannte eHighway-System, bei dem Hybrid-Lkw über Oberleitungen auf wichtigen Frachtkorridoren betrieben werden, vergleichbar mit Straßenbahnen, Zügen und O-Bussen. Einmal an die Oberleitung angedockt, könnten die Lkw voll-elektrisch betrieben. Nach Verlassen der E-Spur würde der Antrieb über einen Dieselmotor oder einen durch einen Batteriespeicher betriebenen Elektromotor erfolgen.

    4.8.2.

    Mit dem so genannten „Truck Platooning“ könnte der CO2-Ausstoß um rund 10 % gesenkt werden. Dabei fahren Lkw dicht hintereinander im Konvoi und nutzen modernste Vernetzungstechnologien und Fahrassistenzsysteme. Der erste Lkw ist das Führungsfahrzeug; wenn er bremst, bremsen auch die anderen Fahrzeuge im Konvoi. Die Reaktionszeit ist praktisch die gleiche für alle Lkw. Platooning sorgt für geringeren Kraftstoffverbrauch und erhöhte Sicherheit; allerdings könnten rechtliche Anpassungen erforderlich sein.

    4.8.3.

    Durch die Richtlinie (EU) 2015/719 (9) wurden endlich die Regelungen für schwere Nutzfahrzeuge angepasst, um im europäischen Straßenverkehr Fahrzeugkonstruktionen mit verbesserter Aerodynamik und folglich höherer Kraftstoffeffizienz und geringeren Emissionen zuzulassen. Im Rahmen dieser Änderungen wurden Ausnahmeregelungen für die Gesamthöchstlängen der Schwer-Lkw eingeführt, um die Nachrüstung bereits zugelassener Lkw mit aerodynamischen Luftleiteinrichtungen am hinteren Fahrzeugteil und die Ausrüstung neuer Lkw mit diesen aerodynamischen Bauteilen sowie einer runderen, längeren Form von Führerhäusern zu ermöglichen. Die Hersteller von Anhängern berichten jedoch über Schwierigkeiten mit den Zulassungsbehörden bei der Anwendung der neuen Vorschriften.

    4.9.

    Der EWSA betont, dass jedwede regulatorische Maßnahme durch eine verstärkte Politik der Dämpfung der Straßenverkehrsnachfrage — auch für schwere Nutzlasten — mittels Verlagerung auf Verkehrsarten mit geringeren Treibhausgasemissionen wie Schiene, Binnenschifffahrt usw. flankiert werden muss.

    Brüssel, den 18. Oktober 2017

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Georges DASSIS


    (1)  Gemäß Richtlinie 2007/46/EG, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 385/2009: Fahrzeugklassen M1, M2, N1 und N2 mit einer Bezugsmasse von mehr als 2 610 kg, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates fallen, alle Fahrzeuge der Klassen M3 und N3 sowie Fahrzeuge der Klassen O3 und O4.

    (2)  Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24. Oktober 2014, EUCO 169/14, S. 2.

    (3)  FCCC/CP/2015/L.9/Rev.1.

    (4)  COM(2015) 80 final.

    (5)  COM(2016) 501 final.

    (6)  Delgado, O., Rodríguez, F., Muncrief, R., Fuel efficiency technology in European heavy-duty vehicles: Baseline and potential for the 2020-2030 timeframe, Internationaler Rat für sauberen Verkehr, ICCT Weißbuch, Berlin, Juli 2017.

    (7)  EESC-2017-02887 (siehe Seite 181 dieses Amtsblatts), EESC-2017-02888 (siehe Seite 188 dieses Amtsblatts), EESC-2017-03231 (siehe Seite 195 dieses Amtsblatts).

    (8)  ABl. C 10 vom 15.1.2008, S. 15.

    (9)  ABl. L 115 vom 6.5.2015, S. 1.


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