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Document 52013AE4163

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Grünbuch über die Vorbereitung auf die vollständige Konvergenz der audiovisuellen Welt: Wachstum, Schöpfung und Werte — COM(2013) 231 final

    ABl. C 341 vom 21.11.2013, p. 87–91 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    21.11.2013   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 341/87


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Grünbuch über die Vorbereitung auf die vollständige Konvergenz der audiovisuellen Welt: Wachstum, Schöpfung und Werte

    COM(2013) 231 final

    2013/C 341/20

    Berichterstatter: Jorge PEGADO LIZ

    Die Europäische Kommission beschloss am 8. Juli 2013, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

    Grünbuch über die Vorbereitung auf die vollständige Konvergenz der audiovisuellen Welt: Wachstum, Schöpfung und Werte

    COM(2013) 231 final.

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 2. September 2013 an.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss verabschiedete auf seiner 492. Plenartagung am 18./19. September 2013 (Sitzung vom 18. September) mit 175 gegen 2 Stimmen bei 8 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1

    Der EWSA begrüßt die Initiative der Kommission, das Dossier der audiovisuellen Politik in einem konvergierenden Umfeld wieder zu öffnen, um eine stärkere Verbreitung des Zugangs zu diversifizierten europäischen Inhalten zu ermöglichen und eine neue öffentliche Konsultation insbesondere zu den Auswirkungen dieses Bereichs auf das Wirtschaftswachstum, die Beschäftigung und die Innovation auf EU-Ebene zu starten.

    1.2

    Der EWSA bedauert jedoch, dass die Kommission diese Gelegenheit nicht genutzt hat, um diesbezüglich konkretere und besser strukturierte Vorschläge zu unterbreiten.

    1.3

    Der EWSA hätte gewünscht, dass die Kommission bei der Gestaltung dieses Weißbuchs einen stärker auf die Grundwerte der freien Meinungsäußerung, des Pluralismus der Medien, der Wahrung der Menschenwürde sowie der Rechte und Interessen von Bürgern/Nutzern – insbesondere von Minderjährigen und anderen schutzbedürftigen Nutzergruppen – ausgerichteten Ansatz gewählt und davon ausgehend die programmatischen Ziele der Förderung der Innovation, der Entwicklung des Marktes und der entsprechenden Finanzierung anvisiert hätte.

    1.4

    Desungeachtet begrüßt der EWSA alles in allem die im Grünbuch angesprochenen Themen und erkennt die Zweckmäßigkeit der meisten im Rahmen der öffentlichen Konsultation gestellten Fragen an; er stellt allerdings fest, dass mitunter der rote Faden bei der Präsentation der verschiedenen Themen und Fragen fehlt.

    1.5

    Der EWSA nimmt insbesondere die neuen Herausforderungen und Perspektiven zur Kenntnis, die sich mit der Konvergenz eröffnen; für die unabhängigen Produzenten bieten sich beachtliche Geschäftsmöglichkeiten, die Veränderungen der bestehenden industriellen Geschäftsmodelle zur Folge haben können.

    1.6

    Der EWSA ist sich der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung der auf Abruf bereitgestellten audiovisuellen Dienste in der Medienlandschaft der EU bewusst; er weist jedoch darauf hin, dass die traditionelle Palette an linearen audiovisuellen Diensten immer noch einen sehr bedeutenden Anteil bei den Medienkonsumgewohnheiten der europäischen Bürger ausmacht, insbesondere aufgrund der technologischen Innovation im Bereich des traditionellen Angebots, und gerade in diesem Bereich liegen die Grundlagen der kulturellen und sprachlichen Identität und Vielfalt, die es unbedingt zu erhalten gilt.

    1.7

    Desgleichen erkennt der EWSA die zahlreichen positiven Aspekte der Strategie der Innovation und der technischen Konvergenz der audiovisuellen Dienste mit dem Internet an; weist allerdings auf die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die traditionellen Medien hin, namentlich die bürgernahen regionalen und lokalen Medien insbesondere in EU-Mitgliedstaaten mit Minderheitensprachen. Deshalb müssen die entsprechenden Bedingungen erhalten bzw. geschaffen werden, damit diese traditionellen Medien ihre wichtigen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die die sprachliche und kulturelle Vielfalt und die Erhaltung des Informationspluralismus fördern, weiterhin erbringen können.

    1.8

    Er ist überdies der Auffassung, dass die Wahrung des Informationspluralismus, die Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt sowie die Erhaltung der maßgeblichen Rolle der Medien als öffentliche Dienstleistung in der europäischen Medienlandschaft Werte von allgemeinem Interesse sind, die im Rahmen der künftigen Politik nicht nur erhalten, sondern auch als Teil des europäischen Sozialmodells gefördert werden müssen.

    1.9

    Zusammenfassend vertritt der EWSA den Standpunkt, dass die Förderung der europäischen Kulturen und die damit untrennbar verbundene Wahrung der Interessen der Bürger und ihrer Grundrechte, insbesondere der Schutz Minderjähriger und anderer schutzbedürftiger Gruppen, zentrale Ziele in der Debatte über die Konvergenz der audiovisuellen Welt sein müssen.

    1.10

    Der EWSA appelliert daher an die Europäische Kommission, bei allen künftigen Maßnahmen legislativer oder sonstiger Art die Empfehlungen seiner zahlreichen Stellungnahmen sowie insbesondere die besonderen Bemerkungen in dieser Stellungnahme zu berücksichtigen.

    2.   Gegenstand des Grünbuchs

    2.1

    Mit dem Grünbuch (COM(2013) 231 final) will die Kommission eine breit angelegte öffentliche Debatte über die Auswirkungen des gegenwärtigen Wandels der audiovisuellen Mediendienste anstoßen, der durch die zunehmende Konvergenz dieser Dienste mit dem Internet verstärkt wird.

    2.2

    Die Kommission sieht diese Entwicklung des technologischen Umfelds als eine Chance für die stärkere Verbreitung des Zugangs zu diversifizierten und qualitativ hochwertigen europäischen Inhalten, was Überlegungen zur Angemessenheit des geltenden Rechtsrahmens sowie zu eventuellen politischen Antworten auf europäischer Ebene erfordert.

    2.3

    Mit diesem strategischen Ziel vor Augen wirft die Kommission zwei wichtige Fragen auf:

    Wie lässt sich die Konvergenz auf einem größeren europäischen Markt in Wirtschaftswachstum und geschäftliche Innovation in Europa umsetzen?

    Wie wirkt sich die Konvergenz auf Werte wie Medienpluralismus, kulturelle Vielfalt und Verbraucherschutz und z.B. auf bestimmte Gruppen wie Minderjährige aus?

    2.4

    Ausdrücklich ausgeklammert werden Aspekte im Zusammenhang mit den Urheberrechten und dem geistigen Eigentum, die Gegenstand eines anderen Grünbuchs (1) sind, sowie die ebenfalls in Kommissionsvorschlägen (2) neueren Datums behandelten Datenschutzaspekte, wenngleich ihre Bedeutung und ihre Verbindung zu den angesprochenen Themen anerkannt wird.

    2.5

    Die Kommission hält fest, dass die öffentliche Konsultation ergebnisoffen durchgeführt wird. Sie räumt aber ein, dass die Konsultation langfristig den Weg für mögliche regulatorische und andere politische Ansätze ebnen kann, insbesondere was ein besseres Internet für Kinder, die Freiheit und Vielfalt der Medien sowie die Arbeit von Selbstregulierungsinitiativen angeht.

    3.   Allgemeine Bemerkungen

    3.1

    Angesichts der Bedeutung und Aktualität des Themas begrüßt der EWSA die Initiative der Kommission. Die fortschreitende Konvergenz der linearen Fernsehdienste mit dem Internet wird als einer der unausweichlichen Trends in der Entwicklung des audiovisuellen Marktes anerkannt.

    3.2

    Nach Auffassung des EWSA wird jedoch das gewählte Instrument (Grünbuch) recht spät eingesetzt und geht nicht weit genug; bei der Präsentation der verschiedenen Themen und Fragen fehlt der rote Faden, was auf eine gewisse Unsicherheit der Kommission bezüglich des zu verfolgenden Kurses schließen lassen könnte.

    3.3

    Im Einklang mit seinen zahlreichen Stellungnahmen zu verschiedenen Aspekten dieser Thematik und als Vorstufe zu der künftigen Gestaltung einer integrierten Politik im audiovisuellen Bereich vor dem Hintergrund der technologischen Konvergenz in der EU hätte der EWSA gewünscht, dass die Kommission einen stärker auf die Grundwerte der freien Meinungsäußerung, des Pluralismus der Medien, der Wahrung der Menschenwürde sowie der Rechte und Interessen von Bürgern/Nutzern – insbesondere von Minderjährigen und anderen schutzbedürftigen Gruppen – ausgerichteten Ansatz gewählt und davon ausgehend die wichtige Aspekte der Innovation, des Marktes und der Finanzierung anvisiert hätte, wie dies in der Entschließung des EP vom 21. Mai 2013 (P7_TA(2013)0203) dargelegt wird, und nicht umgekehrt.

    3.4

    Desungeachtet begrüßt der EWSA alles in allem die im Grünbuch angesprochenen Themen und erkennt die Zweckmäßigkeit der meisten im Rahmen der öffentlichen Konsultation gestellten Fragen an.

    3.5

    Er ist sich der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung der auf Abruf bereitgestellten audiovisuellen Dienste in der Medienlandschaft der EU bewusst.

    3.5.1

    Er weist jedoch darauf hin, dass die traditionelle Palette an linearen audiovisuellen Diensten immer noch einen sehr bedeutenden Anteil bei den Medienkonsumgewohnheiten der europäischen Bürger ausmacht.

    2012 lag der durchschnittliche Fernsehkonsum in Europa bei 3 Stunden und 55 Minuten pro Tag und damit 7 Minuten über dem 2011 verzeichneten Wert.

    3.6

    Der EWSA erkennt die strategische Bedeutung der Innovation und der technologischen Konvergenz der audiovisuellen Dienste mit dem Internet zwar an, weist aber auf die möglichen Auswirkungen dieser Entwicklung auf die traditionellen Medien hin, insbesondere die Printmedien und den Rundfunk

    3.6.1

    Nach Auffassung des EWSA muss die Kommission eine wichtige Rolle bei der Schaffung der notwendigen Voraussetzungen spielen, die es den traditionellen Medien ermöglichen, sich an das digitale Zeitalter anzupassen und unter Berücksichtigung bestimmter soziokultureller Besonderheiten der jeweiligen Zielgruppe im Offline-Format weiter zu existieren.

    3.6.2

    Er vertritt daher den Standpunkt, dass auf EU-Ebene die entsprechenden Bedingungen geschaffen werden müssen, damit die traditionellen Medien, insbesondere die bürgernahen regionalen und lokalen Medien, ihre wichtigen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die die sprachliche und kulturelle Vielfalt und die Erhaltung des Informationspluralismus fördern, im Rahmen der Erhaltung des europäischen Sozialmodells weiterhin erbringen können.

    3.7

    Er ist überdies der Auffassung, dass die Wahrung des Informationspluralismus, die Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt sowie die Erhaltung der maßgeblichen Rolle der Medien als öffentliche Dienstleistungen in der europäischen Medienlandschaft Werte von Interesse für die Öffentlichkeit im Allgemeinen und für die Nutzer der Medien im Besonderen sind, denen bei der künftigen Politik unbedingt Rechnung getragen werden muss (3).

    3.8

    Zusammenfassend ist der EWSA der Meinung, dass die Förderung des allgemeinen Interesses und die Wahrung der Interessen und der Rechte der Bürger im Allgemeinen und der Nutzer im Besonderen eines der zentralen Ziele in der europäischen Diskussion über die Konvergenz der audiovisuellen Welt sowie die grundlegende Leitlinie der EU-Politik in diesem Bereich sein muss

    4.   Besondere Bemerkungen

    4.1   Die für die öffentliche Konsultation formulierten Fragen können unter 6 Themenkreisen zusammengefasst werden: Zugang zu Inhalten und Plattformen (Fragen 1 bis 3); Finanzierung der audiovisuellen Produktion (Fragen 4 und 5); Interoperabilität (Frage 6); Infrastrukturen und Frequenzspektrum (Fragen 7 bis 9); Auswirkungen der Konvergenz auf die Rechtsvorschriften (Fragen 10 bis 19); Schutz Minderjähriger (Fragen 20 bis 25); Barrierefreiheit (Fragen 26 bis 27).

    4.2   Zugang zu Inhalten und Plattformen

    4.2.1

    Der EWSA teilt die Sorge, dass die Sammelplattformen für Inhalte den freien Wettbewerb bei der Erbringung audiovisueller Dienstleistungen verzerren und sich dadurch negativ auf die Wahlfreiheit der Verbraucher sowie ihren freien Zugang zu qualitativ hochwertigen und vielfältigen Inhalten auswirken könnten.

    4.2.2

    Daher müssen seiner Meinung nach spezifische Regulierungsmaßnahmen über die Wettbewerbsregeln hinaus erwogen werden, um den Zugang zu diesen Plattformen auf nationaler und transnationaler Ebene zu fördern und zu erleichtern, wie dies bereits in der Kommissionsmitteilung von 2009 umrissen wurde (4).

    4.3   Finanzierung der audiovisuellen Produktion

    4.3.1

    Der EWSA hat bereits mehrfach die Bedeutung der europäischen Kulturwirtschaft und u.a. auch des audiovisuellen Sektors im Rahmen der EU-Entwicklungsstrategie bekräftigt (5).

    4.3.2

    Angesichts der Veränderungen in der Wertschöpfungskette des audiovisuellen Sektors, insbesondere der zunehmenden Bedeutung der Plattformbetreiber und Zusammensteller von Inhalten, sind die derzeitigen Anforderungen der AVMD-Richtlinie nach Auffassung des EWSA nicht die angemessenste, verhältnismäßigste und wirksamste Möglichkeit, um Schaffung, Verbreitung und Nutzung europäischer Werke zu fördern.

    4.3.3

    Der EWSA vertritt daher den Standpunkt, dass die Kommission die Verpflichtungen der Fernsehveranstalter neu bewerten und diese auf neue Marktteilnehmer in der Wertschöpfungskette des audiovisuellen Sektors in einem konvergierenden Umfeld ausweiten muss, wobei unter Berücksichtigung der zunehmenden Auswirkungen dieser Dienste auf die Bürger kurzfristig eine Überarbeitung der Richtlinie eingeleitet werden sollte.

    4.4   Interoperabilität von Hybridfernsehen

    4.4.1

    Nach Auffassung des EWSA muss die Kommission die Interoperabilität der verschiedenen über die Hybridplattformen verbreiteten Dienste sicherstellen; sie sollte für alle Anbieter von Inhalten und Diensten gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen und gewährleisten, dass die Nutzer frei und ohne Diskriminierung insbesondere in geografischer Hinsicht aus einem hochwertigen und vielfältigen Angebot auswählen können.

    4.5   Frequenzpolitik

    4.5.1

    Der EWSA verweist im Wesentlichen auf seine Stellungnahmen zum ersten Programm für die Funkfrequenzpolitik / Europäische Breitbandnetze  (6), zu der Kommissionsmitteilung Ummünzung der digitalen Dividende in sozialen Nutzen und wirtschaftliches Wachstum  (7), sowie der Kommissionsmitteilung Förderung der gemeinsamen Nutzung von Funkfrequenzen im Binnenmarkt  (8).

    4.5.2

    Was die zunehmende Nutzung von Hybridmodellen durch die Anbieter audiovisueller Dienste angeht, die den terrestrischen Rundfunk mit der Breitbandkommunikation bei der Verbreitung von Inhalten kombinieren, hält der EWSA die Durchführung von Folgenabschätzungen für derartige Geschäftsmodelle in der Wertschöpfungskette des audiovisuellen Sektors für unverzichtbar; besondere Aufmerksamkeit ist dabei Fragen des Zugangs zu Inhalten und Plattformen seitens der Bürger wie auch seitens der Anbieter und Produzenten von Inhalten zu widmen. Der EWSA verweist auf die Notwendigkeit von Infrastrukturen, die eine Breitbandabdeckung des gesamten EU-Gebiets gewährleisten, als entscheidenden Faktor für die Förderung der digitalen Gleichstellung der Bürger.

    4.6   Ordnungspolitische Auswirkungen

    4.6.1

    Angesichts der technologischen und Marktentwicklungen sollte die Kommission nach Auffassung des EWSA kurzfristig eine formelle öffentliche Konsultation zur Änderung der AVMD-Richtlinie einleiten.

    4.6.2

    Im Zuge dieses Konsultationsverfahrens sollte die Kommission die Problematik des Anwendungsbereichs der Richtlinie bewerten, insbesondere was die Aufnahme von Bestimmungen zur Transparenz und zur Eigentumskonzentration bei den linearen und nichtlinearen audiovisuellen Mediendiensten angeht wie auch die zentrale Frage der Definition des Konzepts der redaktionellen Verantwortung bei diesen Diensten. Grundlegendes Leitprinzip bei dieser Änderung muss sein, dass unabhängig vom audiovisuellen Medium die grundlegenden Werte in gleicher Weise gewahrt und gewährleistet werden müssen, unbeschadet der unverzichtbaren Anpassungen je nach den besonderen Merkmalen des betreffenden Mediums.

    4.6.3

    Außerdem hält es der EWSA für sinnvoll, dass die Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung und Systematisierung der Bestimmungen über die kommerzielle Kommunikation in den audiovisuellen Mediendiensten vorlegt, die derzeit auf verschiedene Rechtsakte verteilt sind, worauf bereits in früheren Stellungnahmen (9) hingewiesen wurde.

    4.7   Meinungsfreiheit und Pluralismus der Medien

    4.7.1

    Es muss gebührend berücksichtigt werden, dass die Wahrung der Pressefreiheit und des Medienpluralismus gemäß Artikel 11 der Grundrechtecharta als wesentliche Elemente der aktiven Bürgerschaft und der partizipativen Demokratie eine bedeutende Rolle bei der Konsolidierung des europäischen Integrationsprozesses spielt.

    4.7.2

    Im Einklang mit der vom Europäischen Parlament bekundeten Sorge vertritt der EWSA die Auffassung, dass die Kommission an erster Stelle geeignete Maßnahmen ergreifen und u.a. eine Gesetzesinitiative zu Medienpluralismus und -konzentration vorlegen sollte, insbesondere als Folgemaßnahme zu dem Bericht des Zentrums für Medienpluralismus und -freiheit sowie dem Bericht der hochrangigen Expertengruppe zu Medienfreiheit und -pluralismus.

    4.7.3

    Angesichts der besonderen Merkmale des audiovisuellen Marktes in Europa – der fragmentiert, durch verschiedene sprachliche und kulturelle Barrieren gekennzeichnet sowie durch eine besonders schwierige Wirtschaftslage belastet ist – unterstreicht der EWSA die Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Medien für den Schutz des politischen Pluralismus und die Förderung der kulturellen Vielfalt. Er schlägt daher vor, dass die Kommission eine breit angelegte Debatte über das Governance-Modell für die öffentlich-rechtlichen Medien vor dem neuen Hintergrund der Konvergenz anstoßen sollte, bei der insbesondere die jüngsten diesbezüglichen Schlussfolgerungen des Europarates Berücksichtigung finden.

    4.8   Schutz Minderjähriger und anderer besonders schutzbedürftiger Gruppen

    4.8.1

    Angesichts der kulturellen Dimension der Medien und ihrer Auswirkungen auf die Gesellschaft im Allgemeinen hat der EWSA den Schutz Minderjähriger und anderer besonders schutzbedürftiger Gruppen sowohl im audiovisuellen als auch im digitalen Bereich (Internet, soziale Netzwerke usw.) zu einem seiner wichtigsten Anliegen erklärt; dabei geht es um so wichtige Aspekte wie Recht auf Privatsphäre, Schutz des Ansehens und andere Grundrechte, die insbesondere in der Europäischen Menschenrechtskonvention anerkannt werden und inzwischen auch in der EU-Grundrechtecharta verankert sind, die erfreulicherweise Eingang in die aktuelle Fassung des Vertrages gefunden hat. Die Konvergenz im audiovisuellen Bereich, die den Zuschauer zum Akteur der Medien macht (Interaktivität), eröffnet enorme neue Möglichkeiten der Kommunikation und Information; zugleich sind aber besonders schutzbedürftige Personen verstärkt rechtswidrigem Verhalten (Cyberkriminalität) ausgesetzt.

    4.8.2

    Dies war daher einer der Aspekte, die der EWSA in mehreren seiner jüngeren Stellungnahmen zu einigen an sich zwar löblichen, seiner Meinung nach jedoch nicht weit genug gehenden Initiativen der Kommission herausgestellt hat; er betont nochmals, dass entsprechende Instrumente für eine den verschiedenen Altersgruppen angemessene Filterung und Klassifizierung von Inhalten vorhanden sein und den Erziehungsberechtigten von Minderjährigen zu erschwinglichen Bedingungen zur Verfügung stehen müssen.

    4.8.3

    Der Ausschuss ist davon überzeugt, dass in der Frage des Schutzes Minderjähriger und anderen schutzbedürftigen Gruppen bei der Nutzung des Internets im Allgemeinen und der audiovisuellen Medien im Besonderen ein Gleichgewicht und ein rechtes Maß zwischen dem Grundrecht der Meinungsfreiheit und dem Schutz Minderjähriger als Ziel von allgemeinem Interesse gewährleistet werden muss, und zwar unabhängig vom jeweiligen Medium.

    4.8.4

    Allerdings hat die Kommission selbst eingeräumt (10), dass in Bezug auf die Koregulierungs-/Selbstregulierungssysteme zum Schutz Minderjähriger vor schädlichen Inhalten wie auch hinsichtlich der technischen Mittel, die eine selektive Beschränkung des Zugangs der Kinder zu Inhalten im Internet ermöglichen, keine wirksamen Maßnahmen seitens der Anbieter von auf Abruf bereitgestellten Fernsehdiensten ergriffen wurden.

    4.8.5

    Dies ist somit nach Ansicht des EWSA eines der wichtigsten der Themen im Rahmen der umfassenden Festlegung einer künftigen EU-Politik für die audiovisuellen Dienste, wobei nicht nur gesetzgeberische oder Koregulierungs-/Selbstregulierungsmaßnahmen vorzusehen sind, sondern auch Maßnahmen in den Bereichen Medienerziehung, Information, Medienkompetenz und Befähigung nicht nur der Minderjährigen, sondern auch der Familien und der Schulen. In dieser Hinsicht appelliert er an die Kommission und die Mitgliedstaaten, entsprechende Maßnahmen für eine verstärkte Nutzung von Inhaltefiltern durch Eltern und Erziehungsberechtigte zu ergreifen.

    4.9   Barrierefreiheit

    4.9.1

    Der EWSA verweist hier im Wesentlichen auf seine Stellungnahmen zur Barrierefreiheit (11).

    4.9.2

    Darin wird generell auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Barrierefreiheit als Grundrecht zu stärken und im speziellen Fall der audiovisuellen Dienste und Websites als Dienste von allgemeinem Interesse einzustufen (12).

    4.9.3

    Demnach sind leicht durchsetzbare rechtliche Auflagen bezüglich der Barrierefreiheit audiovisueller Dienste erforderlich, um den Zugang für Menschen mit eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten jeglicher Art zu gewährleisten.

    Diese rechtlichen Auflagen sollten durch eine verstärkte europäische Normung unterstützt werden, und zwar nicht nur was die audiovisuellen Inhalte angeht, sondern auch in Bezug auf die Netzverbreitung, die Benutzerendgeräte und die Schnittstellensoftware. Es muss ein echter europäischer Markt für barrierefreie Lösungen geschaffen werden, um neue Anbieter für diesen Markt zu gewinnen und die Kosten zu senken.

    4.10   Abschließend betont der EWSA nochmals, dass ein umfassender und ganzheitlicher Ansatz für das programmatische Ziel der digitalen Inklusion erforderlich ist. Die EU und die Mitgliedstaaten müssen durch die Förderung und Unterstützung von Initiativen für die lebensbegleitende Vermittlung digitaler Fertigkeiten und Kompetenzen den Zugang aller Bürger zum digitalen Umfeld und insbesondere zu den Hybridfernsehdiensten gewährleisten (13).

    Brüssel, den 18. September 2013

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Henri MALOSSE


    (1)  COM(2011) 427 final, ABl. C 143 vom 22.5.2012, S. 69-73.

    (2)  COM(2012) 10 final, COM(2012) 11 final, ABl. C 229 vom 31.7.2012, S. 90-97.

    (3)  ABl. C 140 vom 18.5.2000, S. 19-23; ABl. C 116 vom 20.4.2001, S. 30-36; und ABl. C 77 vom 31.3.2009, S. 109-114.

    (4)  ABl. C 257 vom 27.10.2009.

    (5)  ABl. C 181 vom 21.6.2012, S. 35-39; ABl. C 198 vom 10.7.2013, S. 39-44; ABl. C 77 vom 31.3.2009, S. 63-68; ABl. C 248 vom 25.8.2011, S. 144-148; und ABl. C 143 vom 22.5.2012, S. 69-73.

    (6)  ABl. C 107 vom 6.4.2011, S. 53-57.

    (7)  ABl. C 44 vom 11.2.2011, S. 178-181.

    (8)  ABl. C 133 vom 9.5.2013, S. 22-26.

    (9)  ABl. C 351 vom 15.11.2012, S. 6-11.

    (10)  COM(2011) 556 final.

    (11)  ABl. C 94 vom 18.4.2002, S. 9-13; ABl. C 117 vom 30.4.2004, S. 49-51; ABl. C 110 vom 9.5.2006, S. 26-32; ABl. C 175 vom 27.7.2007, S. 91-95; Barrierefreier Zugang zu Websites öffentlicher Stellen (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Barrierefreiheit als Menschenrecht (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

    (12)  Erschwinglichkeit der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

    (13)  ABl. C 318 vom 29.10.2011, S. 9-18.


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