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Document 52012AE1595

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recycling von Schiffen“ COM (2012) 118 final – 2012/0055 (COD)

ABl. C 299 vom 4.10.2012, p. 158–164 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

4.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 299/158


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recycling von Schiffen“

COM (2012) 118 final – 2012/0055 (COD)

2012/C 299/29

Berichterstatter: Martin SIECKER

Der Rat und das Europäische Parlament beschlossen am 10. April bzw. 19. April 2012, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

"Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recycling von Schiffen"

COM(2012) 118 final — 2012/0055 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 26. Juni 2012 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 482. Plenartagung am 11./12. Juli 2012 (Sitzung vom 12. Juli) mit 122 gegen 31 Stimmen bei 6 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Das Abwracken von Schiffen erfolgt auf unverantwortliche Weise. Der Großteil der Schiffe wird in Bangladesch, Indien und Pakistan nach der Strandungsmethode abgewrackt, bei der man Schiffe auf Sandstrände auflaufen lässt. Anschließend werden sie direkt am Strand durch ungeschulte Arbeitnehmer, darunter viele Kinder, ohne geeignete Geräte und ohne Schutz gegen die unzähligen dabei freigesetzten Gefahrstoffen zerlegt.

1.2

Ausgemusterte Schiffe werden als gefährlicher Abfall eingestuft und fallen unter das Basler Übereinkommen, das die Verbringung gefährlicher Abfälle regelt. Aufgrund der jahrelangen systematischen und massiven Verstöße gegen dieses Übereinkommen nahm die IMO 2009 das Übereinkommen von Hongkong über das sichere und umweltverträgliche Recycling von Schiffen ("Hongkong-Übereinkommen") an. Die EU und ihre Mitgliedstaaten gelangten zu dem Schluss, dass das Kontroll- und Durchsetzungsniveau beider Übereinkommen in Bezug auf Schiffe, die als Abfall einzustufen sind, gleichwertig ist. Sämtliche afrikanischen und zahlreiche lateinamerikanischen Länder teilten diese Schlussfolgerung jedoch nicht. Das Hongkong-Übereinkommen wird voraussichtlich 2020 in Kraft treten, wenn es von einer ausreichenden Anzahl Staaten ratifiziert wird.

1.3

Die Europäische Union trägt in diesem Bereich eine große Verantwortung, da ein Großteil der Weltflotte im Besitz von Reedern aus EU-Mitgliedstaaten ist. Die Europäische Kommission verfolgt die Entwicklungen in diesem Sektor schon seit Jahren mit Sorge, weshalb sie vor geraumer Zeit beschloss, dagegen vorzugehen. So hat sie in den letzten fünf Jahren zunächst ein Grünbuch, dann einen Strategievermerk und nun einen Verordnungsvorschlag zu dieser Thematik vorgelegt. Letzterer setzt einige Bestimmungen des Hongkong-Übereinkommens frühzeitig in Kraft.

1.4

Der Vorschlag für eine Verordnung zum Schiffsrecycling erscheint im Vergleich zu dem in der Vergangenheit zum gleichen Thema vorgelegten Grünbuch und Strategievermerk allerdings eher "zahnlos". In letzteren beiden Dokumenten werden die Probleme in Bezug auf das Schiffsrecycling, insbesondere in Bangladesch, Indien und Pakistan, präzise analysiert; außerdem bringt die Europäische Kommission darin ihre Überzeugung zum Ausdruck, dass entschlossene Maßnahmen getroffen werden müssen, um gegen die Missstände in diesen Ländern vorzugehen. Die in dem Verordnungsvorschlag vorgesehenen Maßnahmen bieten jedoch keine Lösung für dieses Problem. Der Ausschuss kann daher nur zu dem Schluss kommen, dass es offensichtlich am politischen Willen zur Problembewältigung mangelt.

1.5

In dem Vorschlag fehlt u.a. ein wirtschaftliches Instrument, mit dem die Europäische Kommission die Entwicklung in die gewünschte Richtung lenken kann. In den Vordokumenten wurde ein derartiges Instrument sehr wohl noch erörtert. Die Europäische Kommission ließ außerdem Möglichkeiten zur Einrichtung eines Fonds untersuchen, zu dem jedes Schiff, das einen europäischen Hafen anläuft, einen Beitrag leisten muss. Die Höhe dieses Beitrags wird gemäß einer Formel aus Tonnage und Toxizität festgelegt. Außerdem lässt sich die Einrichtung eines derartigen Fonds hervorragend mit dem Verursacherprinzip vereinbaren. Ein Teil der Fondsmittel kann dann zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Südostasien verwendet werden, indem die Arbeitnehmer über Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz informiert werden sowie das lokale Bewusstsein für die Gefahren unverantwortlichen Abwrackens von großen Schiffen geschärft und die öffentliche Infrastruktur vor Ort verbessert wird.

1.6

Der Ausschuss fordert die Europäische Kommission auf, die Möglichkeit der Nutzung dieser Mittel zum Aufbau von Abwrack- und Recyclingkapazitäten in Europa zu untersuchen. Die EU verfügt über ausreichende Dockkapazitäten, die kaum mehr für Schiffsbau und -reparatur gebraucht werden, aber für das Abwracken und Recyceln geeignet sind. Das schließt wiederum sehr gut an das Bestreben der Europäischen Union an, sich zu einer nachhaltigen "Recyclinggesellschaft" zu entwickeln, d.h. einer Gesellschaft, in der Abfall in einem ausgeklügelten und engmaschigen Recyclingnetz wieder zu Rohstoff umgewandelt wird. So können beträchtliche wirtschaftliche Erträge im Sinne wertvoller Rohstoffe erzielt werden, mit denen ein erheblicher Teil der Rohstoffnachfrage abgedeckt und neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Angesichts der steigenden Rohstoffpreise und der hohen Arbeitslosigkeit in einigen EU-Mitgliedstaaten kann dies für ganz Europa sehr nutzbringend sein. Außerdem könnte der Aufbau einer Recyclingindustrie für ausgemusterte Schiffe eine Chance für die Entwicklung von Küstenregionen, die Ausbildung junger Menschen in den neu entstehenden Berufssparten und die Beschäftigung von Arbeitslosen bieten.

1.7

Will Europa ein verantwortliches Abwracken seiner Schiffe sicherstellen, ist es wohl gerechtfertigt, dass es auch für den Aufbau der für ein "sauberes" Abwracken erforderlichen Kapazitäten mitbezahlt. In einer Marktwirtschaft gibt es nun einmal nichts umsonst, alles hat seinen Preis. Im Falle des verantwortungsvollen Schiffsabwrackens ist dieser Preis in Geld zu begleichen. Im Falle des unverantwortlichen Schiffsabwrackens hingegen wird er teilweise in anderer "Währung" bezahlt, beispielsweise in Umweltverschmutzung vor Ort und in Menschenleben. Da die EU diese Art von "Währung" nicht als gesetzliches Zahlungsmittel akzeptieren will, darf sie sie auch im Zahlungsverkehr mit Drittländern nicht zulassen. Die Europäische Kommission könnte diesen Aspekt stärker betonen. Nach Meinung des Ausschusses sollte die Europäische Kommission daher einen besseren, ideenreicheren und mutigeren Vorschlag mit mehr Initiativgeist vorlegen, der den ehrgeizigen Zielen ihrer früheren Dokumente und den Empfehlungen der einschlägigen Ausschussstellungnahmen entspricht.

1.8

In Bezug auf die Genehmigung der Schiffsabwrackung in Anlagen in Nicht-OECD-Ländern, sofern diese die Auflagen erfüllen und auf der europäischen Liste stehen, empfiehlt der Ausschuss, dass die Verordnung sich insbesondere auf die Leitlinien der entsprechenden internationalen Organisationen (1) sowie auf das Basler Übereinkommen selbst und seine technischen Leitlinien stützen sollte.

2.   Einleitung

2.1

Ende der 1980er-Jahre entstand internationale Entrüstung über die Verbringung von giftigen Abfällen aus Industrieländern in Entwicklungsländer. Berichte über 8 000 Fässer mit Chemieabfällen, die am Meeresufer der nigerianischen Hafenstadt Koko abgeladen wurden, oder über Schiffe wie die "Karin B", die von Hafen zu Hafen fuhr, um ihre Ladung gefährlicher Abfälle loszuwerden, gerieten damals in die Schlagzeilen. Rufe nach einer Stärkung des internationalen Rechtsrahmens wurden laut. Im Jahr 1989 wurde das Basler Übereinkommen der Vereinten Nationen angenommen, das einen Rahmen für die internationale Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle festlegt.

2.2

Im Basler Übereinkommen ist ein globales System der vorausgehenden schriftlichen Benachrichtigung und Zustimmung zur Verbringung von Abfällen zwischen Ländern vorgesehen. Dieses Übereinkommen wurde 1995 dahingehend geändert, dass die Verbringung von gefährlichen Abfällen aus den EU- und OECD-Staaten in Nicht-OECD-Staaten verboten wurde. Die EU hat dieses Übereinkommen und seine Änderung in Bezug auf das Verbringungsverbot in Gemeinschaftsrecht umgesetzt (2).

2.3

Obwohl die Abfallverbringungsvorschriften auch für Schiffe gelten und Schiffe gemäß dem Basler Übereinkommen ab einem bestimmten Punkt als Abfall eingestuft werden können, werden aufgrund anderer internationaler Vorschriften weiterhin als Schiffe angesehen. Da so gut wie alle Schiffe beachtliche Mengen von Gefahrstoffen wie Öl und Ölschlamm, Asbest, Glaswolle, PCB, TBT, Schwermetalle in Farben usw. enthalten, sind Schiffe, die abgewrackt werden sollen, als gefährlicher Abfall anzusehen. Daher dürfen derartige aus OECD-Ländern "exportierte" Schiffe unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaats im Einklang mit dem Basler Übereinkommen nur in OECD-Ländern abgewrackt werden.

2.4

Da Schiffe jedoch systematisch diese Rechtsvorschriften umgehen, verfehlen sowohl die internationalen Bestimmungen als auch die EU-Vorschriften ihr Ziel. Um die Lage zu verbessern, baten die Vertragsparteien des Basler Übereinkommens die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO), verbindliche Vorschriften für das Recycling von Schiffen auszuarbeiten. Die IMO legte 2006 einen Entwurf für ein Übereinkommen vor, der 2009 als Übereinkommen von Hongkong über das sichere und umweltverträgliche Recycling von Schiffen ("Hongkong-Übereinkommen") angenommen wurde. Dieses Übereinkommen muss von einer ausreichenden Anzahl Flaggen- und Recycling-Staaten ratifiziert werden, um in Kraft treten und Wirkung zeigen zu können.

2.5

Die Vertragsparteien des Basler Übereinkommens begrüßten 2006 den von der IMO vorgelegten Entwurf und nahmen eine erste Prüfung der Frage in Angriff, ob die Kontroll- und Durchsetzungsregelung des Hongkong-Übereinkommens der diesbezüglichen Regelung des Basler Übereinkommens entspricht. Die EU und ihre Mitgliedstaaten schlossen ihre Prüfung 2010 ab und gelangten zu dem Schluss, dass das Kontroll- und Durchsetzungsniveau beider Übereinkommen in Bezug auf Schiffe, die als Abfall einzustufen sind, zumindest gleichwertig ist. Im Oktober 2011 plädierten die Vertragsparteien des Basler Übereinkommens für die Ratifizierung des Hongkong-Übereinkommens, damit dieses in Kraft treten kann. Damit ist frühestens 2020 zu rechnen. Nach seinem Inkrafttreten sind die Vertragsparteien verpflichtet, ihre großen Handelsschiffe nur in Ländern abzuwracken, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind.

2.6

Umweltschädliche und unsichere Praktiken beim Abwracken von Schiffen sind nach Ansicht der Europäischen Kommission noch immer ein ernst zu nehmendes Problem, weshalb sie die Entwicklungen genau verfolgt. So legte sie 2007 ein Grünbuch zur Verbesserung der Abwrackung von Schiffen (3) und 2008 eine Mitteilung mit Vorschlägen für eine EU-Strategie für eine Verbesserung des Abwrackens von Schiffen (4) vor, zu denen sich der Ausschuss in früheren Stellungnahmen (5) äußerte. Gegenstand der jetzigen Stellungnahme ist der Kommissionsvorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recycling von Schiffen (6).

3.   Hintergrund

3.1

Die Schiffsabwrackung wird durch Marktfaktoren bestimmt. Die Instandhaltungskosten einer alternden Flotte, Frachtraten und Schrottpreise bestimmen, wann ein Schiff abgewrackt wird. Die Wahl des Abwrackorts hängt vom Preis ab, den ein Abwrackunternehmen für das abzuwrackende Schiff bietet. Dieser Preis hängt wiederum von der Nachfrage nach Recyclingstahl in dem betreffenden Gebiet und den Infrastrukturkosten für den Schutz der Arbeitnehmer und der Umwelt ab. Aufgrund dieser Faktoren hat sich das Abwracken von großen Schiffen mit der Zeit nach Süd-Ost-Asien verlagert.

3.2

Weltweit wurden seit 2004 mehr als 80 % der ausgemusterten Schiffe in Indien, Pakistan und Bangladesch nach der Strandungsmethode abgewrackt, bei der man Schiffe auf Sandstrände auflaufen lässt, wo sie dann ohne schweres Gerät abgewrackt werden. In diesen Ländern fehlt es außerdem an Anlagen zur verantwortungsvollen Bewirtschaftung schwer verunreinigter und giftiger Abfälle. Die Regierungen dieser südostasiatischen Länder weigern sich, diesen Praktiken entgegenzutreten, da Schiffsrecycling in ihren Augen eine wichtige Wirtschaftstätigkeit ist, die so wenig wie möglich behindert werden darf. Außerdem ist diese Branche ein wesentlicher Arbeitgeber, allerdings mit verheerenden sozialen und ökologischen Folgen.

3.3

Große Schiffe, die zum Abwracken nach Asien geschickt werden, stellen einen der größten Ströme gefährlicher Abfälle aus Industrieländern in Entwicklungsländer dar. Dabei handelt es sich um Stoffe wie Asbest, Öl und Ölschlamm, PCB (polychlorierte Biphenyle) sowie Schwermetalle. Laut einer Studie der Europäischen Kommission (GD TREN) aus dem Jahr 2004 werden bis 2015 jährlich schätzungsweise 1 000 bis 3 000 t Asbest, 170 bis 540 t PCB, 6 000 bis 20 000 t umweltschädliche Farben und 400 000 bis 1,3 Mio. t Ölschlamm anfallen. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind bisher kaum eingehend untersucht worden, die verfügbaren Daten deuten aber darauf hin, dass es erhebliche Beeinträchtigungen für Meerwasser, Strandboden und Sedimente gibt. Auf Luftbildaufnahmen der Abwrackanlagen in Indien und Bangladesch ist die Ölverseuchung des Meeres deutlich zu erkennen. NRO berichten, dass es in diesen Gebieten keine Vegetation oder Fische mehr gibt.

3.4

In den südasiatischen Abwrackwerften herrschen kritische Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen. Das Risiko schwerer Unfälle ist hoch, weil es an schwerem Gerät und Sicherheitsausrüstungen für die Arbeiter mangelt. Laut einem indischen Regierungsbericht kam es zwischen 1996 und 2003 in den Werften von Alang zu 434 Unfällen, die 209 Arbeitern das Leben kosteten. Berichten zufolge wurden in Pakistan zwischen 1986 und 2006 mehr als 400 Arbeiter tödlich und 6 000 schwer verletzt. Außerdem wird geschätzt, dass sich Tausende durch den Umgang mit und das Einatmen von giftigen Substanzen ohne die geringsten Schutzmaßnahmen unheilbare Erkrankungen zuziehen. Die meisten Arbeitnehmer kommen aus den ärmsten Regionen, sind ungelernt, arbeiten ohne Vertrag, Kranken- oder Unfallversicherung und dürfen keine Gewerkschaften bilden. Aus Studien in Indien geht hervor, dass der Anteil an Kinderarbeit hoch ist. Ein Viertel aller Arbeitnehmer ist jünger als 18 Jahre, 10 % sind sogar jünger als 12 Jahre.

4.   Die Kernpunkte der Verordnung

4.1

Das Ziel der Schiffsrecycling-Verordnung besteht darin, die negativen sozialen und ökologischen Auswirkungen des Abwrackens von Schiffen unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaats vor allem in Südostasien drastisch zu mindern, ohne dadurch unnötige wirtschaftliche Belastungen zu verursachen. Die vorgeschlagene Verordnung setzt einige Bestimmungen des Hongkong-Übereinkommens frühzeitig in Kraft und beschleunigt somit sein Inkrafttreten auf globaler Ebene.

4.2

Folgende Bestimmungen des Hongkong-Übereinkommens werden frühzeitig in Kraft und gesetzt:

4.2.1

Schiffe unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaats müssen während ihres gesamten Lebenszyklus ein Inventar der an Bord befindlichen Gefahrstoffe mitführen. Neue Schiffe müssen dieses Inventar sofort aufstellen; bereits in Betrieb befindliche Schiffe haben dazu fünf Jahre Zeit. Das Inventar muss vor der Versendung eines Schiffes zum Abwracken auf den neuesten Stand gebracht werden, damit sichergestellt ist, dass die gewählte Abwrackwerft in der Lage ist, alle an Bord befindlichen Gefahr- und Abfallstoffe zu bewirtschaften.

4.2.2

Auf Grundlage des Hongkong-Übereinkommens wurde eine Liste der von den Abwrackwerften zu erfüllenden Auflagen erstellt, die um zusätzliche Auflagen ergänzt wurden, um einen besseren Gesundheits- und Umweltschutz zu gewährleisten. Abwrackwerften, die diese Auflagen erfüllen, können in eine europäische Liste der Abwrackwerften aufgenommen werden. Schiffe unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaats dürfen nur in Anlagen verschrottet werden, die auf dieser Liste stehen.

4.2.3

Schiffe unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaats müssen bei Übergabe an die Abwrackwerft möglichst wenig gefährliche Abfälle an Bord haben. Im Fall von Tankschiffen müssen die Schiffseigner sicherstellen, dass die Schiffe in einem Zustand in der Abwrackwerft ankommen, der sicheres Begehen (safe-for-entry) und sicheres feuergefährliches Arbeiten (safe-for-hot-work) gestattet, damit Explosionen und (tödliche) Unfälle der Werftarbeiter vermieden werden.

4.3

Im Gegensatz zu den geltenden Vorschriften basiert die vorgeschlagene Verordnung auf dem Kontroll- und Durchsetzungssystem des Hongkong-Übereinkommens, das speziell auf Schiffe im internationalen Seeverkehr ausgerichtet ist. Eine Verbesserung der Einhaltung der EU-Vorschriften erscheint dadurch eher möglich. Das große Problem der geltenden Regelung ist, dass schwer zu bestimmen ist, zu welchem Zeitpunkt ein Schiff zum Wrack (d.h. zu Abfall) wird. Gemäß der neuen Regelung werden die Mitgliedstaaten beizeiten über den geplanten Beginn und den Abschluss des Abwrackprozesses benachrichtigt. Indem sie die Liste der Schiffe, für die sie eine Inventarbescheinigung ausgestellt haben, mit der Liste der Schiffe, die in zugelassenen Werften abgewrackt wurden, vergleichen, können sie leichter feststellen, welche Schiffe illegal abgewrackt wurden.

4.4

Neben den wirtschaftlichen Faktoren ist auch die Frage der Kapazitäten in Europa ein Problem für ein verantwortungsvolles Schiffsrecycling. Es gibt gerade einmal ausreichende Recyclingkapazitäten für Kriegs- und sonstige Staatsschiffe der EU-Mitgliedstaaten. Indem Schiffe auch in Anlagen außerhalb der OECD-Länder verschrottet werden dürfen, so lange diese die Auflagen erfüllen und auf der europäischen Liste stehen, wird auch das Problem des Mangels an Recyclingkapazitäten behoben, die für die Schiffseigner legal zugänglich sind. Dies ist umso wichtiger, als in den kommenden zehn Jahren ein "Abwrackhoch" zu erwarten ist.

5.   Allgemeine Bemerkungen

5.1

Das Abwracken von Schiffen erfolgt auf unverantwortliche Weise. Der Großteil der Schiffe wird in Bangladesch, Indien und Pakistan nach der Strandungsmethode abgewrackt, bei der man Schiffe auf Sandstrände auflaufen lässt. Sie werden direkt am Strand durch ungeschulte Arbeitnehmer, darunter viele Kinder, ohne geeignete Geräte und ohne Schutz gegen die unzähligen dabei freigesetzten Gefahrstoffen zerlegt. Die Arbeitnehmer werden ausgebeutet, ohne sich dagegen wehren zu können, da Gewerkschaften in diesem Bereich, vor allem in Bangladesch und Pakistan, nicht geduldet werden. Die Regierungen sind nicht bereit, diesen Missständen entgegenzutreten, handelt es sich doch um wichtige Wirtschaftstätigkeiten für diese Länder, die in erster Linie durch schwache und korrupte Behörden und insbesondere in diesem Sektor einflussreiche und gewissenlose Unternehmen gekennzeichnet sind.

5.2

Die wirtschaftliche Bedeutung liegt nicht allein in der Schaffung von Arbeitsplätzen, sondern vor allem in der Rohstoffversorgungsfunktion. Diese Länder decken den Großteil ihres Stahlbedarfs über Schiffsrecycling ab. Die Schaffung von Arbeitsplätzen ist in diesen Ländern natürlich auch wichtig, aber aus sozialer Sicht zweifelhaft, werden doch in erster Linie ungeschulte Arbeitnehmer aus den ärmsten Bevölkerungsgruppen beschäftigt, allerdings ohne festen Arbeitsvertrag, da sie nur tageweise angeheuert werden. Das europäische und internationale Konzept von Beschäftigung (Entschließung der Internationalen Arbeitsorganisation: "Überwindung der Krise: Ein globaler Pakt für Beschäftigung", 2009) bedeutet, dass ein Arbeitnehmer von seinem Einkommen leben und eine Familie ernähren kann. Mit dem, was die Menschen in den Abwrackwerften auf den südostasiatischen Strängen verdienen, können sie nicht leben, sie sind bestenfalls in der Lage, eine Zeitlang zu überleben. In der Praxis lassen viele Arbeitnehmer dabei ihr Leben, entweder schnell durch Arbeitsunfälle oder langsam durch eine der bösartigen und unheilbaren Krankheiten, die sie sich bei der Arbeit zuziehen.

5.3

Die Europäische Union trägt in diesem Bereich eine große Verantwortung, da ein Großteil der Weltflotte im Besitz von Reedern aus EU-Mitgliedstaaten ist. Die Europäische Kommission verfolgt die Entwicklungen in diesem Sektor schon seit Jahren mit Sorge, insbesondere die massiven Verstöße gegen die Bestimmungen des Basler Übereinkommens. Vor geraumer Zeit beschloss sie daher, dagegen vorzugehen. So hat sie in den letzten fünf Jahren der Reihe nach ein Grünbuch, einen Strategievermerk und nun einen Verordnungsvorschlag zu dieser Thematik vorgelegt.

5.4

Der Vorschlag für eine Verordnung zum Schiffsrecycling erscheint im Vergleich zu dem in der Vergangenheit zum gleichen Thema vorgelegten Grünbuch und Strategievermerk allerdings eher "zahnlos". In letzteren beiden Dokumente werden die Probleme in Bezug auf das Schiffsrecycling insbesondere, in Bangladesch, Indien und Pakistan, präzise analysiert; außerdem bringt die Europäische Kommission darin ihre Überzeugung zum Ausdruck, dass entschlossene Maßnahmen getroffen werden müssen, um gegen die Missstände in diesen Ländern vorzugehen. Die in dem Verordnungsvorschlag vorgesehenen Maßnahmen bieten jedoch keine Lösung für dieses Problem. Der Ausschuss kann daher nur zu dem Schluss kommen, dass es offensichtlich am politischen Willen zur Problembewältigung mangelt. Dies ist nicht nur bedauerlich, sondern auch bemerkenswert, hat die Europäische Kommission in vergleichbaren Fragen doch sehr wohl den erforderlichen politischen Willen an den Tag gelegt.

5.5

Von den Vorschlägen aus den früheren Kommissionsdokumenten, mit denen beispielsweise den Schiffseignern, Schiffsbauern und Hafenarbeitern bestimmte Verpflichtungen auferlegt werden sollten, um ein verantwortungsvolles Abwracken und Recycling der Schiffe am Ende ihres Lebenszyklus zu gewährleisten, ist in dem Verordnungsvorschlag wenig übriggeblieben. Die darin vorgeschlagenen Maßnahmen sind sehr verhalten und voller Rechtslücken.

5.6

Nach Vorlage der Bestimmungen des Hongkong-Übereinkommens prüften die Vertragsparteien des Basler Übereinkommens die Frage, ob das Kontroll- und Durchsetzungsniveau des Basler Übereinkommens und des Hongkong-Übereinkommens gleichwertig sind. Und erzielten in dieser Frage keine Übereinstimmung. So waren IMO und EU-Mitgliedstaaten der Meinung, dass dies sehr wohl der Fall sei. Einer der Gründe für diese abweichenden Einschätzungen könnte darin liegen, dass sich das Hongkong-Übereinkommen lediglich auf das Abwracken von Schiffen bezieht. Im Mittelpunkt des Basler Übereinkommens steht hingegen das verantwortungsvolle Bewirtschaften von gefährlichen Stoffen, gekoppelt an Auflagen für das gesamte Umfeld. Im Hongkong-Übereinkommen wird diese Frage mehr oder weniger ausgeklammert. Der Ausschuss hält fest, dass dieser Aspekt im Kommissionsvorschlag, sei es in allgemeiner Form, sehr wohl aufgegriffen wird, und empfiehlt, in Bezug auf die Genehmigung der Schiffsabwrackung in Anlagen in Nicht-OECD-Ländern, sofern diese die Auflagen erfüllen und auf der europäischen Liste stehen, dass die Verordnung sich insbesondere auf die Leitlinien der entsprechenden internationalen Organisationen (7) sowie auf das Übereinkommen selbst und seine technischen Leitlinien stützen sollte.

5.7

Die Europäische Kommission geht mit ihrem Vorschlag zwar über die Bestimmungen des Hongkong-Übereinkommens hinaus, bleibt jedoch hinter den Bestimmungen des Basler Übereinkommens zurück. Sie erklärt, dass sie die Latte nicht zu hoch legen wollte, da andernfalls Länder, in denen Abwrackungen unter menschenunwürdigen und umweltschädlichen Bedingungen stattfinden, dem Hongkong-Übereinkommen nicht beitreten würden und die Verordnung ihr Ziel verfehlen würde. Dies ist freilich eine fragwürdige Argumentation: Wird eine bestimmte Rechtsvorschrift oder Regelung (das Basler Übereinkommen) vielfach missachtet, scheint die Lösung, diese Rechtsvorschrift durch eine neue, durchsatzschwächere Rechtsvorschrift zu ersetzen (das Hongkong-Übereinkommen), nicht unbedingt die naheliegendste Maßnahme, um das Problem anzugehen. Die Europäische Kommission hätte in ihrem Vorschlag einer besseren Durchsetzung mehr Gewicht beimessen können.

5.8

Zwei beliebte Methoden, um sich den Verpflichtungen des Basler Übereinkommens zu entziehen, sind das Ausflaggen eines Schiffes aus einem EU-Mitgliedstaat in ein Drittland und der Verkauf des Schiffes an einen Aufkäufer. Erfolgt der Verkauf in europäischen Hoheitsgewässern, darf der Aufkäufer das Schiff nicht in ein Nicht-OECD-Land zum Recycling versenden, da es in den Geltungsbereich des Basler Übereinkommens fällt. In diesem Fall gibt der Aufkäufer eine Erklärung ab, in der er bestätigt, dass er das Schiff nicht zum Zwecke des Abwrackens, sondern zur wirtschaftlichen Nutzung kauft. Sobald dieses Schiff dann die europäischen Hoheitsgewässer verlässt, nimmt es oftmals direkt Kurs auf die Strände in Südostasien, und die Erklärung ist nichts weiter als Schall und Rauch.

5.9

Der Ausschuss betont, dass die Europäische Kommission wesentliche Elemente des Hongkong-Übereinkommens in ihren Vorschlag übernimmt, in denen die Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen zum einen den Flaggen-, Recycling- und Hafenstaaten und zum anderen den Schiffseignern, Schiffsbauern und Recyclinganlagen festgelegt ist. Er hegt jedoch erhebliche Zweifel an der Ausgewogenheit dieser Aufteilung und empfiehlt, auch die Stellung der Vorbesitzer/wirtschaftlichen Eigentümer (beneficial owners) in dieser Aufteilung zu berücksichtigen.

5.10

In dem Vorschlag fehlt u.a. ein wirtschaftliches Instrument, mit dem die Europäische Kommission die Entwicklung in die gewünschte Richtung lenken kann. In den Vordokumenten wurde ein derartiges Instrument sehr wohl noch erörtert. Die Europäische Kommission ließ außerdem Möglichkeiten zur Einrichtung eines Fonds untersuchen, zu dem jedes Schiff, das einen europäischen Hafen anläuft, einen Beitrag leisten muss. Die Höhe dieses Beitrags wird gemäß einer Formel aus Tonnage und Toxizität festgelegt. Außerdem lässt sich die Einrichtung eines derartigen Fonds hervorragend mit dem Verursacherprinzip vereinbaren. Ein Teil der Fondsmittel kann dann zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Südostasien verwendet werden, indem die Arbeitnehmer über Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz informiert werden sowie das lokale Bewusstsein für die Gefahren unverantwortlichen Abwrackens von großen Schiffen geschärft und die öffentliche Infrastruktur vor Ort verbessert wird.

5.11

Der Ausschuss fordert die Europäische Kommission auf, die Möglichkeit der Nutzung dieser Mittel zum Aufbau von Abwrack- und Recyclingkapazitäten in Europa zu untersuchen. Die EU verfügt über ausreichende Dockkapazitäten, die kaum mehr für Schiffsbau und -reparatur gebraucht werden, aber für das Abwracken und Recyceln geeignet sind. Das schließt wiederum sehr gut an das Bestreben der Europäischen Union an, sich zu einer nachhaltigen “Recyclinggesellschaft” zu entwickeln, d.h. einer Gesellschaft, in der Abfall in einem ausgeklügelten und engmaschigen Recyclingnetz wieder zu Rohstoff umgewandelt wird. So können beträchtliche wirtschaftliche Erträge im Sinne wertvoller Rohstoffe erzielt werden, mit denen ein erheblicher Teil der Rohstoffnachfrage abgedeckt und neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Angesichts der steigenden Rohstoffpreise und der hohen Arbeitslosigkeit in einigen EU-Mitgliedstaaten kann dies für ganz Europa nutzbringend sein.

5.12

Will Europa dafür sorgen, dass seine Schiffe auf verantwortliche Weise abgewrackt werden, ist es durchaus auch gerechtfertigt, dass Europa auch für den Aufbau der für ein “sauberes” Abwracken erforderlichen Kapazitäten mitbezahlt. In einer Marktwirtschaft gibt es nun einmal nichts umsonst, alles hat seinen Preis. Im Falle des verantwortungsvollen Schiffsabwrackens ist dieser Preis in Geld zu begleichen. Im Falle des unverantwortlichen Schiffsabwrackens hingegen wird er teilweise in anderer “Währung” bezahlt, beispielsweise in Umweltverschmutzung vor Ort und in Menschenleben. Da die EU diese Art von “Währung” nicht als gesetzliches Zahlungsmittel akzeptieren will, darf sie sie auch nicht im Zahlungsverkehr mit Drittländern zulassen. Die Europäische Kommission sollte diesen Aspekt stärker herausarbeiten. Nach Meinung des Ausschusses sollte die Europäische Kommission daher einen besseren, ideenreicheren und mutigeren Vorschlag mit mehr Initiativgeist vorlegen, der den ehrgeizigen Zielen ihrer früheren Dokumente und den Empfehlungen der einschlägigen Ausschussstellungnahmen entspricht.

6.   Besondere Bemerkungen

6.1

Der Ausschuss begrüßt das Ziel des Verordnungsvorschlags für Schiffsrecycling und den allgemeinen Ansatz der Europäischen Kommission, hegt jedoch erhebliche Bedenken in Bezug auf seine Effizienz und Durchführbarkeit. Der Ausschuss kritisiert insbesondere folgende Punkte:

6.2

In Artikel 15 des Verordnungsvorschlags ist festgehalten, dass außerhalb der EU ansässige Recycling-Unternehmen in eine europäische Liste aufgenommen werden können, wenn sie die Auflagen der EU für ein verantwortungsvolles Abwracken erfüllen. Den Nachweis, dass es die Auflagen erfüllt, muss das Unternehmen jedoch selbst erbringen. Vor-Ort-Kontrollen durch die Kommission oder durch in deren Namen handelnde Kontrollbeauftragte werden in dem Verordnungsvorschlag nur als Option erwähnt. Der Ausschuss fordert die Europäische Kommission daher auf, einen eigenen und wirksamen Kontroll- und Überprüfungsmechanismus durch unabhängige Dritte zu schaffen, um die Einhaltung der in Artikel 12 genannten Auflagen sicherzustellen.

6.3

In Artikel 12 werden die Auflagen aufgelistet, die eine Abwrackwerft erfüllen muss, um in die europäische Liste aufgenommen zu werden. Zu den Auflagen selbst gibt es nicht viel anzumerken. In der Übergangsbestimmung in Artikel 28 ist jedoch festgehalten, dass die Mitgliedstaaten vor Veröffentlichung der europäischen Liste und vorbehaltlich der Überprüfung, dass die Abwrackwerft die Auflagen von Artikel 12 erfüllt, das Abwracken von Schiffen in Werften außerhalb der Europäischen Union auf Basis der vom Schiffseigner oder von der Abwrackwerft oder aus anderer Quelle übermittelten Informationen zulassen können. Der Ausschuss fordert die Europäische Kommission daher erneut auf, einen ausdrücklichen und wirksamen Kontroll- und Überprüfungsmechanismus durch unabhängige Dritte zu schaffen, um die Einhaltung der in Artikel 12 genannten Auflagen sicherzustellen.

6.4

Gegenstand von Artikel 23 sind Sanktionen bei Verstößen gegen die Verordnungsbestimmungen; diese können sowohl zivilrechtlicher als auch verwaltungsrechtlicher Art sein und müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Beispiele für konkrete Sanktionen werden jedoch nicht genannt. In diesem Artikel ist außerdem festgehalten, dass auch gegen den vorletzten Schiffseigner Sanktionen verhängt werden können, wenn das Schiff verkauft und innerhalb von weniger als sechs Monaten nach dem Verkauf zu einer nicht auf der europäischen Liste stehenden Abwrackwerft verbracht wird. Der Ausschuss merkt an, dass diese sechs Monate angesichts der durchschnittlichen Lebensdauer eines Schiffes eine sehr kurze Frist sind. Außerdem können die Bedingungen für die Ausnahme von bestimmten Sanktionen, namentlich wenn der Schiffseigner nachweisen kann, dass er sein Schiff nicht mit der Absicht des Recyclings verkauft hat, problemlos mittels Erklärungen erfüllt werden. Dies hat sich schon mehrmals in Verbindung mit den aktuellen Durchsetzungsproblemen betreffend das Basler Übereinkommen gezeigt.

6.5

Laut Artikel 30 wird die Europäische Kommission diese Verordnung spätestens zwei Jahre nach dem Tag des Inkrafttretens des Hongkong-Übereinkommens überprüfen. Da das Hongkong-Übereinkommen voraussichtlich erst 2020 in Kraft tritt, bedeutet dies, dass die Verordnung somit 2022 überprüft wird. Die Europäische Kommission zieht in Erwägung, bei dieser Überprüfung der Aufnahme von Werften, die von Vertragsparteien des Hongkong-Übereinkommen zugelassen wurden, in die europäische Liste von Abwrackwerften Rechnung zu tragen, um Doppelarbeit und unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden. Gleichzeitig ist es jedoch durchaus denkbar, dass die Werften, die von Vertragsparteien des Hongkong-Übereinkommen zugelassen wurden, insbesondere diejenigen, die im Zusammenhang mit dem Abwracken für die verantwortungsvolle Bewirtschaftung der Gefahrstoffe zuständig sind, die Auflagen der europäischen Liste nicht erfüllen. Auch hier wird die gängige Praxis aufgeweicht.

6.6

Der Ausschuss hält fest, dass beim Schiffsrecycling nach der Strandungsmethode die Sicherheitsbedingungen am Arbeitsplatz völlig unzureichend sind, die Arbeitnehmer ausgebeutet werden und es verheerende Folgen für die Umwelt gibt. Die Schiffe werden manuell auf dem Strand abgewrackt, sämtliche im Schiff enthaltenen Gefahrstoffe (Öl und Ölschlamm, PCB usw.) laufen direkt in das Meer oder sickern in den Sand. Vor Ort durchgeführte Untersuchungen haben gezeigt, dass es in einem weiten Umkreis von diesen Abwrackstränden keine Flora und Fauna mehr gibt. Angesichts der Nachhaltigkeitsagenda der EU wäre doch zu erwarten, dass die Europäische Kommission Recyclingwerften, die derartige Methoden anwenden, von der europäischen Liste ausschließt. Im Kommissionsvorschlag fehlt es diesbezüglich jedoch an einer klaren Aussage.

Brüssel, den 12. Juli 2012

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  Technische Richtlinien für die umweltgerechte Behandlung von Abfällen aus dem vollständigen oder teilweisen Abwracken von Schiffen, Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, UNEP;

Sicherheit und Gesundheit beim Abwracken von Schiffen: Leitlinien für asiatische Länder und die Türkei, Internationale Arbeitsorganisation (ILO);

Leitlinien für das Recycling von Schiffen, Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO).

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen.

(3)  COM(2007) 269 final.

(4)  COM(2008) 767 final.

(5)  CESE 1701/2007, ABl. C 120 vom 16.5.2008 S. 33 und CESE 877/2009, ABl. C 277 vom 17.11.2009, S. 67.

(6)  COM(2012) 118 final.

(7)  Siehe Fußnote 1.


ANHANG

zu der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Folgende abgelehnte Änderungsanträge erhielten mindestens ein Viertel der Stimmen:

Ziffer 5.5

Ändern:

"Von den Vorschlägen aus den früheren Kommissionsdokumenten, mit denen beispielsweise den Schiffseignern, Schiffsbauern und Hafenarbeitern bestimmte Verpflichtungen auferlegt werden sollten, um ein verantwortungsvolles Abwracken und Recycling der Schiffe am Ende ihres Lebenszyklus zu gewährleisten, ist in dem Verordnungsvorschlag wenig übriggeblieben. Die darin vorgeschlagenen Maßnahmen und ."

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen

:

70

Nein-Stimmen

:

72

Enthaltungen

:

0

Ziffer 5.7

Ändern:

"Die Europäische Kommission geht mit ihrem Vorschlag zwar über die Bestimmungen des Hongkong-Übereinkommens hinaus, bleibt jedoch hinter den Bestimmungen des Basler Übereinkommens zurück. Sie erklärt, dass sie die Latte nicht zu hoch legen wollte, da andernfalls Länder, in denen Abwrackungen unter menschenunwürdigen und umweltschädlichen Bedingungen stattfinden, dem Hongkong-Übereinkommen nicht beitreten würden und die Verordnung ihr Ziel verfehlen würde. "

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen

:

65

Nein-Stimmen

:

86

Enthaltungen

:

0

Ziffer 5.10 und Ziffer 1.5 (gemeinsame Abstimmung)

Streichen:

""

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen

:

69

Nein-Stimmen

:

80

Enthaltungen

:

2


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