Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52010AE0961

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Bericht der Kommission — Bericht über die Wettbewerbspolitik 2008“ KOM(2009) 374 endg.

    ABl. C 44 vom 11.2.2011, p. 143–147 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    11.2.2011   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 44/143


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Bericht der Kommission — Bericht über die Wettbewerbspolitik 2008“

    KOM(2009) 374 endg.

    2011/C 44/24

    Berichterstatter: Arno METZLER

    Die Europäische Kommission beschloss am 23. Juli 2009, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

    Bericht der Kommission 6 Bericht über die Wettbewerbspolitik 2008

    KOM(2009) 374 endg.

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 15. Juni 2010 an.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 464 Plenartagung am 14. und 15. Juli 2010 (Sitzung vom 14 Juli) mit 111 Stimmen bei 1 Gegenstimme und 8. Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

    1.   Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

    1.1   Der EWSA begrüßt, dass die Kommission der Verbraucherproblematik im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Kartelle zum ersten Mal ein ganzes Kapitel gewidmet hat. Er möchte an der immer noch zur Umsetzung anstehende Sammelklagevorfahren erinnern. Darüber hinaus sollte aber die Wirkung und Bedeutung unterstrichen werden, die Wettbewerbs- und Kartellrecht für andere Felder der europäischen Zivil- und Wirtschaftsgesellschaft haben. Hierzu sollte künftig berichtet werden.

    1.2   Der EWSA begrüßt und unterstützt das Bemühen der Kommission, bei der Rückführung von Staatshilfen und Staatsgarantien auf die Wiederherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen der europäischen Gesamtmärkte zu achten und diese durchzusetzen. Der EWSA ist der Überzeugung, dass dies für die Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit europäischen Wettbewerbsrechts elementar ist.

    1.3   Der EWSA ermuntert die Kommission, mehr und größere Anstrengungen zu unternehmen, gerade diese Gesichtspunkte ihres Handelns den Bürgern Europas durch stärkere Kommunikation nahezubringen.

    1.4   Der EWSA bittet die Kommission zu erklären, ob und inwieweit sie aus ihren Erfahrungen im Rahmen der Nothilfe für Finanz- und Realwirtschaft mit Staatshilfen - ausgelöst durch die Krise - Änderungen der Regelungen und bisherigen Leitlinien ableiten wird. Daraus erhofft sich der Ausschuss Erkenntnisse, wie bei künftigen Staatshilfen für systemrelevante Industrien (Automotive etc.) die Kommission sich verhalten wird.

    Bei Wettbewerbsfragen sollten auch Gegebenheiten und Erfordernisse der Globalisierung Berücksichtigung finden.

    1.5   Der EWSA unterstreicht seine Aussage aus der Stellungnahme zum Bericht 2007, dass die Kommission ihr Augenmerk auf die Bedeutung von Sozialdumping, die Nichteinhaltung von Arbeitsschutzvorschriften etc. richten und über Ergebnisse berichten sollte. Dies sollte einen besonderen Schwerpunkt im Bereich Verkehr haben.

    2.   Inhalt des Wettbewerbsberichtes 2008

    2.1   Der Bericht der Europäischen Kommission weist im Jahre 2008 den besonderen Schwerpunkt Kartelle und Verbraucherschutz auf. Am Beispiel des Bananenkartells, aber auch des Autoglaskartells, (Verfahren in 2008), hat die Kommission aufgezeigt, wie Kartelle von Herstellern sich negativ auf die Verbraucher und die von ihnen zu zahlenden Preise, aber auch auf die Innovationskraft von Branchen, auswirken.

    Die Kommission hat gezeigt, dass das Instrumentarium der Kronzeugenregelung wirkt. Die Schaffung der Möglichkeit, bei der Verhängung von Bußgeldern Kooperationsbereitschaft zur Aufdeckung von Kartellen mindernd zu berücksichtigen, hat positive Wirkung auf Arbeit und Erfolge der Kommission. Die Kommission hat dargelegt, wie die Verhängung hoher Bußgelder die generalpräventive Wirkung der kartellrechtlichen und wirtschaftsrechtlichen Vorschriften unterstützt.

    2.2   2008 setzte die Kommission ihr entschiedenes Vorgehen gegen Kartelle fort. Sie belegte 34 Unternehmen in sieben Kartellfällen mit Geldbußen in Höhe von 2 271 Mrd. EUR.

    Die Kommission hat 2008 Schadensschätzungen angestellt. Dabei hat sie 18 Kartelle, die zwischen 2005 und 2007 Gegenstand von Entscheidungen der Kommission waren, aufbereitet. Sie hat einen Preisaufschlag von 5-15 % auf die Warenproduktion der Kartellteilnehmer gemacht und 4 bis 11 Mrd. EUR geschätzt als Schaden aus diesen Kartellen.

    Vor dem Hintergrund der Schätzungen der britischen Wettbewerbsbehörde Office of Fair Trading (OFT) ergibt sich, dass für jedes aufgedeckte Kartell fünf weitere unentdeckte gebildet bzw. vor Aufdeckung aufgelöst werden. Diesen Annahmen zufolge hätten die 18 Kartellentscheidungen der Jahre 2005 bis 2007, einschließlich Abschreckungswirkung, möglicherweise weitere Schäden für die Verbraucher in Höhe von ca. 60 Mrd. EUR verhindert.

    3.   Instrumente

    3.1   Kartelle, Artikel 81 und 82 EG-Vertrag

    3.1.1   Am 2. April des Jahres 2008 hat die Kommission das Weißbuch zur Schadensersatzklage wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts angenommen. Dies war wegen des Instrumentes der Individualklage gegen Kartellrechtsverletzer ein viel diskutiertes Projekt der EU-Kommission zum Kartell- und Wettbewerbsrecht. Der EWSA hat sich für ein Gemeinschaftsinstrument ausgesprochen, mit dem bestimmte Aspekte individueller und kollektiver Schadenersatzklagen wegen Verstößen gegen Artikel 101 und 102 AEUV harmonisiert werden.

    Darüber hinaus hat die Kommission zur Kartellbekämpfung ein vereinfachtes Vergleichsverfahren eingeführt. Das Paket für Vergleichsverfahren ist zum 1. Juli 2008 in Kraft getreten, bestehend aus Kommissionsverordnungen und Kommissionsmitteilungen. So können einsichtige Kartellisten, die nach Eröffnung des Verfahrens und Gewährung von Einblick in Unterlagen „geständig sind“, 10 % Ermäßigung der Geldbußen erreichen. Eine echte Vereinfachung.

    3.1.2   Ebenfalls 2008 veröffentlichte die Kommission Erläuterungen zu Ihren Prioritäten bei der Anwendung von Artikel 82 auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen. Hier hat die Kommission den analytischen Rahmen dargelegt, wie sie bei Entscheidungen den Schädigungsprozess für Verbraucher nachvollziehen und darstellen kann.

    3.1.3   2008 wurde die Überarbeitung der Gruppenfreistellungsverordnung für die vertikalen Vereinbarungen und die Gruppenfreistellungsvereinbarung für den Kraftfahrzeugsektor, die Gruppenfreistellungsverordnung für die Versicherungswirtschaft begonnen bzw. fortgesetzt.

    3.1.4   Anwendung der Vorschriften auf nicht kartellrechtliches Urheberrecht

    3.1.4.1   Hier hat die Kommission 2008 der internationalen Vereinigung der Autorengesellschaften und Musikkomponisten untersagt, mit Ausschließlichkeitsvereinbarungen in ihren Gegenseitigkeitsvereinbarungen Beschränkungen fortzuführen und damit nationale Abgrenzungen durchzusetzen.

    3.1.4.2   Auch im Bereich missbräuchliche Ausnutzung marktbeherrschender Stellungen ist die Kommission tätig geworden, indem sie gegen die Firma Microsoft ein endgültiges Zwangsgeld in Höhe von 899 Mio. EUR verhängt hat. Der inzwischen in Gang gekommene Rechtsstreit konnte im Dezember 2009 abgeschlossen werden.

    3.2   Staatliche Maßnahmen zu öffentlichen Unternehmen oder Unternehmen mit ausschließlichen und besonderen Rechten

    3.2.1   Auch der öffentliche Sektor ist Gegenstand der europäischen Wettbewerbspolitik nach § 86 EU-Vertrag.

    Hier hat die Kommission sich mit Entscheidungen zu Postmonopol und Energiewirtschaft zu Wort gemeldet.

    3.3   Kontrolle der Konzentration und Überwachung der Abhilfemaßnahmen

    3.3.1   Mitteilung über Abhilfemaßnahmen

    In diesem Feld hat die Kommission im Oktober 2008 eine neue Mitteilung sowie eine Durchführungsverordnung erlassen. Beide haben das Ziel, in diesem Sektor Verbraucherschutz besser und im Sinne von geringeren Preisen spürbar werden zu lassen, so z.B. durch strengere Informationsanforderungen und eine Systematisierung der Informationen, die dem Produkt mitgegeben werden müssen.

    3.3.2   Durchsetzung der Regeln

    Darüber hinaus hat die Kommission dargelegt, welche Mittel und Maßnahmen zum Schutze der Verbraucher ergriffen wurden. Auch hier war die Zahl der der Kommission gemeldeten Vorhaben mit 347 (Fusionen und Fälle der Zusammenarbeit) 2008 wieder sehr hoch. Die Kommission hat 340 endgültige Entscheidungen erlassen.

    3.4   Beihilfekontrollen, Entwicklung der Vorschriften der Wettbewerbspolitik

    3.4.1   Hier verzeichnete die Kommission 2008 den größten Veränderungsdruck und Veränderungsbedarf. Im Zusammenhang mit der Finanzkrise trieb sie die weitere Umsetzung des Aktionsplanes staatliche Beihilfen voran. Drei Mitteilungen über die Rolle der Beihilfenpolitik bei der Krisenbewältigung und dem Erholungsprozess wurden veröffentlicht.

    3.4.2   Bezüglich der allgemeinen Entwicklung der Vorschriften der Wettbewerbspolitik hat die Kommission, wie angekündigt, zur allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung einen Umsetzungsplan angenommen.

    3.4.3   Mitteilungen über staatliche Beihilfen in Form von Garantien (Amtsblatt C 155 vom 20.6.2008 und Amtsblatt C 244 vom 25.9.2008) legen offen, wie die Beihilfeelemente einer Garantie gerechnet werden sollen und sehen vereinfachte Vorschriften für KMU vor.

    3.4.4   Auch 2008 arbeitete die Kommission weiter an der besseren Durchsetzung und Kontrolle der Einhaltung der Beihilfeentscheidungen. Sie war bestrebt, durch die Bekanntmachung der Umsetzung von Rückforderungsentscheidungen sowie deren wirksame sofortige Vollstreckung deutlich zu machen, dass sie willens und in der Lage ist, die Auswirkungen von Beihilfen zu begrenzen.

    Wie schon im entsprechenden Aktionsplan angekündigt, hat die Kommission in fünf Fällen nach Artikel 88 Absatz 2 und in acht Fällen nach Artikel 228 Absatz 2 EU-Vertrag Verfahren gegen Mitgliedstaaten eingeleitet, die die Rückforderungsentscheidung nicht ausreichend vollstreckt haben.

    3.4.5   Der Anzeiger für staatliche Beihilfen 2008 lässt erkennen, dass EU-Mitgliedstaaten dem Wunsch der Kommission folgen, Beihilfen gezielter einzusetzen. So haben 80 % der von den Mitgliedstaaten im Jahre 2007 gewährten Beihilfen eine horizontale Zielsetzung.

    3.4.6   Beim Gemeinschaftsrahmen für Forschung, Entwicklung und Innovation hat sich die GD Wettbewerb mit dem Gesichtspunkt staatlicher Beihilfe beschäftigt (88 Fälle).

    Bei Risikokapitalfinanzierungen für KMU hat die Kommission 18 Risikokapitalregelungen nach den Risikokapitalleitlinien genehmigt.

    4.   Sektorale Entwicklungen

    4.1   Energie und Umwelt

    Die Konzentration im Bereich der Energie und umweltpolitische Gesichtspunkte des Klimawandels mit Förderung der Umstellung der Energiegewinnung auf CO2-freundliche Prozesse waren Gegenstand der Betrachtungen der Kommission. Der Energierat hat am 10. Oktober Kompromisse verabschiedet.

    Die Kartelluntersuchungen zu diesem Bereich haben Behinderungsmissbrauch, Ausbeutungsmissbrauch und Absprachen im Blickpunkt. Insbesondere die Durchleitung für Energieanbieter, die neu sind, ist immer wieder Gegenstand von entsprechenden Verfahren in fast allen EU-Staaten.

    4.2   Finanzdienstleistungen

    4.2.1   Die Hilfen für die Finanzwirtschaft haben 2008 ganz erhebliche Eingriffe in den Wettbewerb auf dem Sektor der Finanzdienstleistungen gebracht.

    Die Beihilfenkontrolle der EU Kommission ist hier gemeinsam mit den Mitgliedstaaten gefordert.

    4.2.2   Die Kommission hat Leitlinien für staatliche Maßnahmen aufgestellt. Inzwischen hat die Kommission sich mit entsprechenden Maßnahmen der Rekapitalisierung von Finanzinstituten beschäftigt und ein Minimum an Vorkehrungen gegen unverhältnismäßige Wettbewerbsverzerrungen getroffen. Auf der Basis dieser Bestimmungen sind für über 16 Länder der Europäischen Gemeinschaft und zahllose Institute in diesen Ländern konkrete Maßnahmen von Garantieregelungen über Einzelbeihilfen und Liquiditätshilfen genehmigt worden.

    4.2.3   Die Kommission handelte dabei nach eigener Einschätzung rasch, um das Vertrauen der Märkte wieder herzustellen.

    4.2.4   Sie zeigte durch ihre Maßnahmen, dass das Wettbewerbsrecht zur Krisenbewältigung ein wirksames Instrumentarium ist.

    4.3   Instrumente für die Realwirtschaft

    4.3.1   Die Kommission hat für die Unternehmen der „Realwirtschaft“ staatliche Beihilfen, Kreditgarantien, subventionierte Kredite und Risikokapitalbeihilfen zugelassen.

    Der Nachweis des Marktversagens wurde als Genehmigungsvoraussetzung für Exportkreditversicherungen vereinfacht.

    4.4   Elektronische Kommunikation

    4.4.1   Hier setzte die Kommission sich für die Überführung nationaler Monopole in wettbewerbsbestimmte Märkte ein. Die Empfehlung der Kommission von 2007 zeigt Wirkung. 2008 kamen die meisten nationalen Regulierungsbehörden zu dem Schluss, dass nationale Besonderheiten nicht entgegenstehen.

    4.4.2   Im Bereich Informationstechnologie konnten große Verfahren abgeschlossen bzw. bis zur Abschlussreife gebracht werden. Der Übergang von analogem zum digitalen Rundfunk ist ebenso wie die kritische Betrachtung von staatlichen Beihilfen für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten Gegenstand des Kommissionsberichtes.

    4.5   Verkehr

    4.5.1   Hier berichtet die Kommission von Verfahren zum Schienen- und kombinierten Verkehr sowie vom Inkrafttreten der Leitlinien für staatliche Beihilfen an Eisenbahnunternehmen sowie Fusionskontrolle und Entscheidungen zur Förderung des Schienenverkehrs im kombinierten Verkehr. Sie stellt für den Seeverkehr einen Abschluss des Reformprozesses der Wettbewerbsvorschriften in Aussicht. Auch hier sind die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ebenso Gegenstand besonderer Aktivitäten wie im Bereich Luftverkehr.

    Weitere Konzentrationsprozesse seien zu erwarten.

    4.5.2   Anmerkungen zur Einhaltung von Sozialstandards für den Wettbewerb im Verkehrsbereich fehlen.

    4.6   Pharmazeutische Industrie

    4.6.1   Die Kommission prüfte diesen Sektor aufgrund von Informationen und Hinweisen. Sie hat insbesondere den Bereich Markteinführung von Generika geprüft und allgemein einen Innovationsrückgang festgestellt.

    Über 100 Unternehmen und Stichproben von 219 chemischen Werkstoffen wurden untersucht.

    Sie stellt fest, dass die Einführung eines einheitlichen Gemeinschaftspatents und einer einheitlichen Patentsgerichtsbarkeit gut für die Innovationskraft dieser Branche sein könnten. Zulassungs-, Preisfestsetzungs-, und Erstattungsverfahren in einzelnen Ländern unterschiedlich ausgeprägt, sollten nach dem Bericht der Kommission vereinfacht werden.

    4.7   Lebensmittel

    4.7.1   Bei Lebensmitteln und anderen Versorgungsbereichen hat die Kommission keine Konsolidierungstendenz festgestellt. Die Kommission hat zwei Mitteilungen über Lebensmittelpreise gemacht (KOM(2008) 321 endg. und KOM(2008) 821 endg.), die dies untermauern.

    5.   Verbraucherverbindungsstelle

    5.1   Die GD Wettbewerb errichtete 2008 die Verbindungsstelle für Verbraucherfragen. Sie übermittelt Informationen zum besseren Verständnis der Märkte. Im Umkehrwege erhält sie Informationen und Erkenntnisse über Marktversagen. Die Verbraucherverbindungsstelle führte mit den Verbraucherverbänden Konsultationsverfahren erfolgreich durch und beteiligte sich an der Debatte mit dem EWSA im Rahmen der Erarbeitung der Initiativstellungnahme zum Thema „Wirtschaftsdemokratie im Binnenmarkt“ in der Hoffnung, diese Art der Zusammenarbeit künftig fortzuführen, um sicherzustellen, dass die Wettbewerbspolitik auf das Wohl der Verbraucher und den Schutz der Werte der Zivilgesellschaft abzielt.

    6.   Europäisches Wettbewerbsnetz und Gerichte in den Mitgliedstaaten

    6.1   2008 ist die Zusammenarbeit im europäischen Wettbewerbsnetz zwischen den nationalen Wettbewerbsstellen und der Generaldirektion der EU problemlos gelaufen und wird von der Kommission als Erfolg bezeichnet.

    6.2   Für die Tätigkeit und das Zusammenwirken mit den Gerichten gilt das Gleiche.

    7.   Internationale Tätigkeiten

    7.1   Die Kommission berichtet, dass sie im Bereich internationaler Kooperationen mit China und Korea 2008 zusammen arbeitet. Bei der OECD ist sie aktiv; ebenso im internationalen Wettbewerbsnetz.

    8.   Interinstitutionelle Zusammenarbeit

    8.1   Die GD Wettbewerb betont ihre hervorragenden Kontakte zu EP, Rat und EWSA.

    9.   Positionsbildung des EWSA

    9.1   Verbraucherschutz

    9.1.1   Der Ausschuss begrüßt, dass die GD Wettbewerb den Schwerpunkt Verbraucherfragen ausgebaut hat, insbesondere im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihres „Weißbuchs zur Schadensersatzklage wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“, das seine Unterstützung verdient. Gleichwohl beklagt er, dass über zwei Jahre verstrichen sind und ein juristischer Mechanismus der Sammelklage im Rahmen des Verbraucherschutzes, wie er im Weißbuch vorgesehen ist und zu dem sich der EWSA in mehreren Stellungnahmen befürwortend geäußert hat, noch immer nicht verwirklicht wurde.

    9.1.2   Der Ausschuss ist der Ansicht, dass eine Betonung der Zusammenarbeit mit dem Verbraucherschutz - bei uneingeschränkter Fortführung dieser Aktivitäten - nicht den Gedanken und den Arbeitsschwerpunkt verdrängen darf, dass Kartellrecht auch noch andere als verbraucherschützende Aspekte abdecken muss, zum Beispiel:

    Sicherung des Zugangs zu Grundrechten und Grundfreiheiten;

    Keine Gefährdung von demokratischen und freiheitlichen Strukturen durch Wirtschaftsmacht (too big to fail);

    Keine System- oder Sektorendominanz;

    Schutz von KMU-Strukturen.

    9.2   Staatsbeihilfen

    9.2.1   Der Ausschuss unterstützt das Bemühen, die Mitgliedstaaten in der Durchsetzung der Rückführung der Darlehen und Garantien zu überwachen, um wieder gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen.

    9.2.2   Der EWSA sieht aus der konkreten Berichterstattung über einzelne Verfahren bei der Schaffung neuer Verfahrenspakete im Sinne des Abschlusses von Kartellverfahren durch Vergleich, dass die Kommission mit den neuen Instrumentarien gute Erfolge erzielte. Er glaubt deshalb dass gerade das Verfahrensrecht immer wieder den wechselnden Bedingungen angepasst werden muss.

    9.2.3   Im Finanzbereich steht in den nächsten Jahrzehnten die Glaubwürdigkeit des europäischen Wettbewerbsrechts auf dem Prüfstand. Die Wiederherstellung eines „Levelplayingfield“ fehlt. Das Handeln der Kommission entscheidet hier über Vertrauen der europäischen Bürger in europäische Einrichtungen und Rechtsetzung.

    9.2.4   Die Europäische Kommission wird gebeten, bei der Kontrolle der Staatsbeihilfen und der für diese gemachten Auflagen darauf zu achten, dass im Finanzbereich die Rekapitalisierung von Banken mit der Wiederherstellung der Funktonalität der Geldströme und Kreditgewährungsmechanismen verknüpft bleibt. Die Belastung der öffentlichen Haushalte ist nur zu rechtfertigen, wenn die realwirtschaftlichen Zielstellungen von den Begünstigten nachhaltig unterstützt werden.

    9.3   Die Kommission wird gebeten, zu erklären, ob und inwieweit ihr fallbezogenes Vorgehen und die Berücksichtigung politischer Opportunitäten bei Genehmigung der Staatshilfen für den Finanzsektor eine dauerhafte Abkehr von ihren bisher angewendeten Prinzipien und Regeln darstellt und Genehmigungen nach Art 107 (2A3) auch für andere Industrien mit Systemrelevanz, z.B. für den Arbeitsmarkt (Autoindustrie) künftig offen stehen.

    9.4   Dienstleistungen von öffentlichem Interesse

    9.4.1   Der Ausschuss unterstützt die Kommission bei ihrem Bemühen, bei Strom-, Gas-, Telefon- und Verkehrdienstleistungen, verbrauchergünstige Regelungen durchzusetzen.

    9.5   Verkehr

    9.5.1   Der Ausschuss unterstützt die Bemühungen der Europäischen Gemeinschaft.

    Zum Bericht 2007 hat der Ausschuss festgestellt, dass die Einhaltung von Sozialvorschriften in diesem Sektor eine Wettbewerbskomponente enthält.

    9.5.2   Der EWSA fordert, diesem Gesichtspunkt im Interesse der Mitarbeiter im Transportsektormehr Aufmerksamkeit zuzuwenden. Noch immer ist ein Sozialstandardgefälle im europäischen Transportsektor wettbewerbsverzerrend wirksam. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Europäische Kommission hier den Mitgliedstaaten fester widerstehen sollte.

    9.6   Elektronische Kommunikation und Medien

    9.6.1   Der EWSA sieht sowohl Verbraucherinteressen als auch Demokratieinteressen, Transparenzinteressen, Meinungsfreiheitsinteressen der Zivilgesellschaft tangiert.

    Sie sollten als Ziele verstärkt berücksichtigt werden.

    9.7   Verbraucherverbindungsstelle

    9.7.1   Der Ausschuss begrüßt die Einrichtung und den Betrieb der Verbindungsstelle Verbraucher und unterstützt die Kommission bei dem Ausbau.

    9.8   Europäisches Netzwerk und Zusammenwirken der Mitgliedstaaten

    9.8.1   Der EWSA stellt fest, dass das europäische Wettbewerbsrechtsnetz funktioniert - sowohl zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden als auch den gerichtlichen Stellen.

    9.8.2   Die internationale Bedeutung des Wettbewerbsrechts wird nach Ansicht des EWSA noch nicht ausreichend gewürdigt.

    9.8.3   Schon in der Stellungnahme zum Wettbewerbsbericht 2007 hat der EWSA deutliche Worte zur wettbewerbsrechtlichen Relevanz, von Sozialdumping, Nichteinhaltung von Arbeitnehmervorschriften, sowie der Nichteinhaltung von Umweltschutzvorschriften gefunden. Er hat seinerzeit die Kommission aufgefordert, hierzu zu berichten. Dies fehlt und sollte nachgeholt werden.

    9.8.4   Der EWSA appelliert an die Kommission eine Abstimmung zwischen Industrie- und Wettbewerbspolitik herbei zu führen.

    9.9   Wettbewerb und Globalisierung

    9.9.1   Der EWSA spricht sich dafür aus, bei der Beurteilung von Wettbewerbsfragen auch Aspekte der Globalisierung, namentlich Leitlinien von GATT und WTO, einzubeziehen.

    9.9.2   Ein Feld, das dem Wettbewerbsbericht 2008 nach Ansicht des EWSA fehlt, ist die Auseinandersetzung mit der wettbewerbsverzerrenden Wirkung staatlichen Eigentums an Finanzholdings, auch außerhalb der EU. Darüber hinaus ist die Wirkung des Aufkaufs europäischer Unternehmen durch Fonds anderer Staaten - auch außerhalb der EU - und die Durchsetzung staatlich-strategischer Belange durch Kapitalbeteiligungen ein Feld der Besorgnis.

    10.   Wettbewerb und Urheberrecht

    10.1   Hier sollte eine Betrachtung der Wettbewerbskomponente des Urheberrechts ergänzt werden.

    10.2   Fairtrade und Freetrade sind gegenüber Urheberrechtsverletzern nur bedingt möglich. Auch das Wettbewerbsrecht ist eine scharfe Waffe in diesem Feld, das der Aufmerksamkeit der Kommission anempfohlen wird.

    11.   Zusammenarbeit mit anderen europäischen Einrichtungen

    11.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss stellt fest, dass er gern zur Verfügung steht.

    Brüssel, den 14. Juli 2010

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Mario SEPI


    Top