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Document 52008AE1924

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Wettbewerbsfähigkeit der Metallindustrie — Ein Beitrag zur EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung

    ABl. C 175 vom 28.7.2009, p. 100–104 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    28.7.2009   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 175/100


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Wettbewerbsfähigkeit der Metallindustrie — Ein Beitrag zur EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung“

    KOM(2008) 108 endg. — SEK(2008) 246

    (2009/C 175/19)

    Die Europäische Kommission beschloss am 22. Februar 2008, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

    „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Wettbewerbsfähigkeit der Metallindustrie — Ein Beitrag zur EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung“

    KOM(2008) 108 endg.

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Beratende Kommission für den industriellen Wandel nahm ihre Stellungnahme am 18. November 2008 an. Berichterstatter war Herr ZÖHRER, Ko-Berichterstatter Herr CHRUSZCZOW.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 449. Plenartagung am 3./4. Dezember 2008 (Sitzung vom 3. Dezember) mit 160 gegen 6 Stimmen bei 7 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1   Die enorme reale Wertschöpfung, die in der Metallindustrie und ihren nachgelagerten Produktionen erzielt wird, stellt einen unverzichtbaren Beitrag zur Entwicklung der gesamten europäischen Wirtschaft dar. Die Metallindustrie steht in einem globalen Wettbewerb und ist in den vergangenen Jahren immer wieder von umfangreichen Veränderungen und Umstrukturierungen erfasst worden.

    1.2   Künftige Umstrukturierungen werden in einem engen Zusammenhang mit der zunehmenden Globalisierung der Wertschöpfungsketten der Metallindustrie (von den Rohstoffen bis zur Weiterverarbeitung) stehen. Dies erfordert einen neuen Ansatz in der Industriepolitik, der auf Innovation, Qualifikation und faire globale Wettbewerbsbedingungen abzielt.

    Im Wesentlichen stimmt der Ausschuss der in der Mitteilung der Kommission beschriebenen Analyse der Merkmale des Sektors zu. Wobei zu berücksichtigen ist, dass es sich bei der Metallindustrie nicht um einen homogenen Sektor handelt und allgemeine Aussagen nur schwer zu treffen sind. Viele der von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen sind ein wenig zu allgemein gehalten. In einem Follow-up zur gegenständlichen Mitteilung fordert der Ausschuss die Kommission auf, einen Zeitplan mit einem konkreten Maßnahmenkatalog zu erstellen, der auch auf die einzelnen Untersektoren eingeht.

    1.3.1   Der Ausschuss regt an, eigene Studien zu den einzelnen Sektoren durchzuführen, die aufbauend auf den Erfahrungen der EGKS durch ein Monitoring und einen sozialen Dialog begleitet werden.

    1.4   In der Energiepolitik fordert der Ausschuss Maßnahmen, die durch Markt- und Preistransparenz eine sichere, auf längerfristigen Verträgen basierende Versorgung ermöglichen. Lücken in den Versorgungsnetzen müssen geschlossen werden. Darüber hinaus wird auf die Bedeutung erneuerbarer Energieträger und den Beitrag, den die Industrie selbst zur Strom- und Wärmeerzeugung leistet, hingewiesen.

    In der Umweltpolitik geht es vor allem darum, Lösungen zu finden, die die Ziele des Klimaschutzes mit Beschäftigung, Wachstum und globaler Wettbewerbsfähigkeit in Einklang bringen. Um Wettbewerbsnachteile für die europäische Metallindustrie zu vermeiden, fordert der Ausschuss:

    Priorität für internationale Abkommen;

    Förderung der Verbreitung der besten und energieeffizientesten Technologien;

    Berücksichtigung bereits getätigter Investitionen;

    den Fähigkeiten der einzelnen Sektoren zur Verminderung der Emissionen unter Berücksichtigung technischer Standards Rechnung zu tragen;

    rasche Entscheidung zur Anerkennung der Gefahr der Verlagerung von CO2-Emissionsquellen (carbon leakage).

    1.5.1   Der Ausschuss unterstützt die Vorhaben der Kommission zur IPPC-Richtlinie, zum Abfallrecht, zu REACH und zur Normung, erwartet aber eine konkrete Ausformulierung der einzelnen Vorschläge.

    1.6   Dem Recycling von Rohstoffen und der Verringerung der Materialintensität bzw. der Forschung nach „Ersatzmaterialien“ wird in Zukunft eine immer größere Bedeutung zukommen (sowohl im Hinblick auf die Bedeutung für den Umweltschutz als auch aus handelspolitischen Erwägungen).

    1.7   Der Ausschuss unterstützt das Engagement der Kommission zur Intensivierung der Innovation, der Forschung und Entwicklung und der Verbesserung der Qualifikation. Als Beispiel gilt hier das ULCOS-Projekt (Ultra Low CO2 Steelmaking) im Rahmen der Europäischen Plattform für Stahltechnologie (ESTEP). Für den zweiten Teil des 7. Rahmenprogramms regt der Ausschuss eine Überprüfung der Effizienz der bereits bestehenden Programme an und erwartet eine bessere Abstimmung und Unterstützung. Im Bereich der Aus- und Weiterbildung sind beträchtliche Investitionen in die Qualifikationsbasis vonnöten.

    1.8   Handelspolitische Fragen sind für die im globalen Wettbewerb stehende Metallindustrie von größter Bedeutung. Der Ausschuss ist der Meinung der Kommission, dass in handelspolitischen Fragen ein enger Dialog mit Drittländern zu pflegen ist. WTO-konforme handelspolitische Instrumente gegen Praktiken, die die EU-Metallindustrie benachteiligen oder diskriminieren, müssen aber weiter zur Verfügung stehen.

    1.9   Die Metallindustrie steht vor weitreichenden sozialen Herausforderungen, wie zum Beispiel:

    weitere Umstrukturierungen;

    alternde Belegschaften;

    steigende Qualifikationserfordernisse;

    Sicherheit und Gesundheitsschutz.

    Der Ausschuss zeigt sich ein wenig verwundert, dass die Kommission keine konkreten Maßnahmen oder Empfehlungen zu den sozialen Aspekten in ihrer Mitteilung anführt. Der Ausschuss fordert die Kommission auf, den sozialen Dialog in den betroffenen Sektoren (weiter) zu fördern, da dies der richtige Ort ist, diese Fragen zu erörtern.

    2.   Begründung/Inhalt der Mitteilung

    2.1   In dieser Mitteilung wird die Wettbewerbsfähigkeit der Metallindustrie bewertet und es werden Empfehlungen für die künftige Vorgehensweise ausgesprochen. Sie schließt an die Mitteilung der Kommission von 2005 über die Industriepolitik der EU an, in der mehrere sektorbezogene Initiativen, einschließlich einer Mitteilung über die Auswirkungen der Rohstoff- und Energieversorgung auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Metallindustrie (1), angekündigt wurden. Außerdem wird auch auf die Halbzeitbewertung der Industriepolitik von 2007 (2) eingegangen.

    2.2   Als eine ihrem Wesen nach äußerst energieintensive Branche ist die Metallindustrie direkt von den politischen Maßnahmen der Gemeinschaft in den Bereichen Energie und Klimawandel betroffen. So wurde auf dem Europäischen Rat (März 2007) „die große Bedeutung der energieintensiven Teile der Wirtschaft“ hervorgehoben. Weiter hieß es, „dass kosteneffiziente Maßnahmen erforderlich sind, um sowohl die Wettbewerbsfähigkeit als auch die Umweltverträglichkeit dieser Industriezweige in Europa zu verbessern“ In diesem Zusammenhang ist die Kommission in ihrem Paket zum Thema Klimawandel und erneuerbare Energien vom 23. Januar 2008 auf die besondere Lage der energieintensiven Industriezweige eingegangen, die dem globalen Wettbewerb direkt ausgesetzt sind.

    2.3   Die Kommission schlägt ein Paket von 16 Maßnahmen in den Bereichen Energie, Umwelt, Normung, Innovation, Forschung und Entwicklung, Qualifikation, Außenbeziehungen und Handelspolitik vor.

    3.   Allgemeine Bemerkungen

    3.1   Wie bereits in seiner Stellungnahme zur Mitteilung der Kommission „Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemeinschaft: Ein politischer Rahmen zur Stärkung des verarbeitenden Gewerbes in der EU — Auf dem Weg zu einem stärker integrierten Konzept für die Industriepolitik“ (KOM(2005) 474 endg.) vom 20. April 2006 begrüßt der Ausschuss generell die sektorspezifischen Aktivitäten der Kommission zur Hebung der Wettbewerbsfähigkeit und der Sicherung der Beschäftigung.

    Die Metallindustrie in Europa zählt zu den wichtigsten Sektoren in der Wertschöpfungskette vieler Wirtschaftszweige. Berechnungen der Industrie gehen davon aus, dass zum Beispiel die der Stahlindustrie nachgelagerten Industrien einen Umsatz von 3 157 Mrd. EUR erwirtschaften und 23 Millionen ArbeitnehmerInnen beschäftigen (siehe Anhang 1). Für die anderen Zweige der Metallindustrie liegen leider keine Berechnungen vor. Stahlerzeugnisse finden weithin als wichtiges Baumaterial Anwendung, insbesondere für energieeffiziente Infrastrukturbauten. Deshalb wird es im Hinblick auf Europas Fähigkeit zur weiteren Entwicklung und Anpassung an den Klimawandel vor allem auf eine stabile Versorgung des EU-Marktes mit Stahl ankommen.

    3.2.1   Angesichts der gegenwärtigen Krise auf den Finanzmärkten erscheint es dem Ausschuss besonders wichtig zu betonen, dass die enorme reale Wertschöpfung, die in der Metallindustrie und ihren nachgelagerten Produktionen erzielt wird, einen unverzichtbaren Beitrag zur Entwicklung der europäischen Wirtschaft darstellt. Die führende Rolle, die die europäische Metallindustrie in vielen Bereichen hat, ist auch die Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit anderer Industriezweige. Dieses Know-how muss in Europa gehalten und weiterentwickelt werden.

    Die Metallindustrie steht in einem globalen Wettbewerb und ist in den vergangenen Jahren immer wieder von umfangreichen Veränderungen und Umstrukturierungen erfasst worden. Diese haben zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit beigetragen, aber auch zu massiven Verlusten an Arbeitsplätzen geführt. Diese Umstrukturierungen sind aber nicht nur technologisch oder mit der Verbesserung der Produktivität zu begründen. Ein Teil ist auch darauf zurückzuführen, dass bestimmte Produktionen aus Europa ausgelagert wurden (zum Beispiel die Produktion von Rohaluminium), wobei Energiekosten, Umweltauflagen und die Nähe zu Rohstoffen eine Rolle spielen. Dieser Prozess ist nicht abgeschlossen, und mit weiteren Umstrukturierungen muss gerechnet werden. Wobei künftige Umstrukturierungen in einem engen Zusammenhang mit der zunehmenden Globalisierung der Wertschöpfungsketten der Metallindustrie (von den Rohstoffen bis zur Weiterverarbeitung) stehen werden.

    3.3   Von der aktuellen Debatte um den Klimaschutz sind diese Industriezweige aufgrund ihrer hohen Energieintensität besonders betroffen. Es geht nicht nur um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch um die Sicherung von Beschäftigung in den betroffenen Industrien. Daher ersucht auch der Rat „Wettbewerbsfähigkeit“ in seinen Schlussfolgerungen vom 3. Juni 2008 die Kommission und die Mitgliedstaaten, „… Gespräche mit der Wirtschaft und mit Drittländern über die Frage sektorspezifischer Ansätze aktiv weiterzuführen, um wirksame Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zu fördern und so auch der Verlagerung von CO2-Emissionsquellen entgegenzuwirken.“

    Im Übrigen stimmt der Ausschuss der Analyse der Merkmale des Sektors, wie sie von der Kommission vorgenommen wurde, zu. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Mitteilung auf Vorarbeiten aufbaut, die bereits 2004 begonnen haben, und es sich bei der Metallindustrie nicht um einen homogenen Sektor handelt.

    3.4.1   Bezüglich der Abgrenzung der in Rede stehenden Sektoren herrscht aber noch Unklarheit. Die Kommission bezieht sich bei der Definition auf den NACE-Kode 27, während die in den Dokumenten (Mitteilung und Anhang) enthaltenen Daten lediglich einen Teil der Untersektoren (Primärindustrie und Halbverarbeitung) widerspiegeln. Hier sollte die Kommission eine präzisere Beschreibung vornehmen, zumal pauschale Aussagen aufgrund der Vielfalt der verschiedenen Untersektoren (26 Industriesektoren in 5 Gruppen/lt. NACE 27) und den unterschiedlichen Strukturen (in der Grundstoffindustrie in der Mehrzahl große Unternehmen und in der Weiterverarbeitung viele KMU) nur schwer zu treffen sind.

    Die Kommission schlägt in ihrer Mitteilung eine Reihe von Maßnahmen vor, die darauf abzielen, das Umfeld für die betroffenen Industrien zu verbessern. Diese müssen auch im Zusammenhang mit anderen, scheinbar widersprüchlichen politischen Zielsetzungen der Gemeinschaft gesehen werden, die gleichzeitig behandelt werden. Der Ausschuss bedauert daher, dass viele der Vorschläge ein wenig zu allgemein gehalten sind, und fordert die Kommission auf, in einem Follow-up zu der gegenständlichen Mitteilung einen Zeitplan mit einem konkreteren Maßnahmenkatalog zu erstellen, der auch auf die einzelnen Untersektoren eingeht. Dies ist vor allem deswegen notwendig, da Investitionsentscheidungen in der Metallindustrie von mittel- bis langfristiger Natur sind und von den Maßnahmen beeinflusst werden.

    3.5.1   Der Ausschuss regt an, in Zusammenarbeit mit den Betroffenen eigene Studien über die Entwicklung der Nachfrage, der Produktion und der Technologien in den einzelnen Sektoren durchzuführen, die aufbauend auf den Erfahrungen der EGKS durch ein permanentes Monitoring und einen sozialen Dialog begleitet werden. Die Stahlindustrie dient dabei als Beispiel. Der EGKS-Vertrag sah für den Bereich Eisen und Stahl die Erhebung von Tatbeständen vor, die weit über das Maß der „Allgemeinen Industriestatistik“ hinausgingen. Nach dem Ende des EGKS-Vertrags im Jahre 2002 hat sich die europäische Stahlindustrie erfolgreich dafür eingesetzt, zumindest übergangsweise einige wesentliche statistische Sondererhebungen weiterzuführen, die nicht von der „Allgemeinen Industriestatistik“ abgedeckt sind. Umgesetzt wurde dies auf europäischer Ebene durch die Verordnung (EG) Nr. 48/2004. Der Ausschuss spricht sich für eine Fortsetzung der befristeten Verordnung aus und schlägt vor, auch für andere Bereiche der Metallindustrie ähnlich umfangreiche Erhebungen durchzuführen, da sich immer öfter zeigt, dass die allgemeinen Industriestatistiken zu wenig aufschlussreich sind, um konkreten politischen Handlungsbedarf daraus abzulesen.

    4.   Besondere Bemerkungen zu den Vorschlägen der Kommission

    4.1   Energiepolitik

    4.1.1   Wie die Kommission richtig feststellt, beeinträchtigen Schwankungen wie die zuletzt rapide gestiegenen Gas- und Strompreise sowie die Einschränkungen der Sicherstellung der Energieversorgung mittels langfristiger Verträge die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Metallindustrie.

    4.1.2   Es müssen Maßnahmen getroffen werden, die eine verbesserte Vorausschau auf die Preisentwicklung ermöglichen, höhere Markttransparenz garantieren und eine freie Wahl der Energieanbieter ermöglichen. Dazu werden sowohl die Rechtsetzung als auch die Anerkennung der Vereinbarkeit von geübten Praktiken mit dem Gemeinschaftsrecht beitragen müssen.

    4.1.3   Die Überprüfung der Möglichkeiten für langfristige Lieferverträge ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um die Berechenbarkeit der Versorgungsbedingungen zu verbessern. Dabei ist auch zu bedenken, inwiefern die betroffenen Energieversorger dann an dem Auktionssystem des ETS (EU Emission Trading Scheme) teilnehmen können oder nicht.

    4.1.4   Lösungen zur Schließung von Lücken in der Infrastruktur im Energietransport (Transeuropäische Netze) sind nötig, um einen freien Zugang zum Energiemarkt für alle betroffenen Unternehmen zu garantieren.

    4.1.5   Längerfristig ist der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien ein wesentlicher Faktor für die unabhängige Versorgung der EU-Industrien. Die Metallindustrie leistet einen Beitrag zum Erfolg der EU-Politik zur verstärkten Energieerzeugung (Strom und Wärme) aus erneuerbaren Energiequellen. In den Prozessen der Stahlerzeugung sowie in Kokereien fallen wertvolle Gase an, nämlich Hochofengas, Konvertergas (Sauerstoffblasstahlgas) und Kokereigas. Diese Gase enthalten unterschiedliche Anteile an Kohlenmonoxid (bei Konvertergas bis zu 65 %), Kohlendioxid, Stickstoff und Wasserstoff (bei Kokereigas bis zu 60 %). Statt sie abzublasen oder abzufackeln, können diese Gase effektiv zur Strom- und/oder Wärmeerzeugung genutzt werden. Dies geschieht zu einem guten Teil bereits heute, es müssen aber Anstrengungen unternommen werden, diese Technologien weiter zu entwickeln.

    4.1.6   Im Übrigen verweist der Ausschuss darauf, dass er sich in mehreren Stellungnahmen zum Thema Energiepolitik geäußert hat (zuletzt CCMI/052 und verschiedene TEN-Stellungnahmen).

    4.2   Umweltpolitik

    4.2.1   Die Metallindustrie ist bereits von einer großen Zahl von EU-Vorschriften im Bereich der Umweltpolitik betroffen, deren Umsetzung und Einhaltung die Industrie permanent vor die Herausforderung stellen, die unterschiedlichen Zielsetzungen zu vereinbaren (so ist zum Beispiel die Vermeidung von Schadstoffausstößen zum Teil mit erhöhtem Energieverbrauch verbunden, was wiederum der Energieeffizienz abträglich ist). Zweifellos zählen Teile der Metallindustrie zu den energieintensiven Branchen, die einem starken internationalen Kostenwettbewerb ausgesetzt sind. Die betroffenen Industriezweige zählen zu den Verursachern großer Mengen von CO2. Würden die von der Kommission vorgesehenen Maßnahmen zum Klimawandel, insbesondere die Ausdehnung des ETS, ohne weitere Einschränkungen auf die Metallindustrie angewendet, könnte das zu Verlagerungen der Investitionen (die auch heute schon feststellbar sind) und Verlusten an Arbeitsplätzen führen (risk of carbon leakage). Der beabsichtigte Effekt für den Klimawandel bleibt aber aus, solange sich nicht alle Länder diesen Zielsetzungen unterwerfen.

    4.2.2   Oberste Priorität muss daher dem Abschluss verbindlicher, internationaler Abkommen mit klaren Kriterien für ihre Wirksamkeit und Überprüfbarkeit gelten, um Wettbewerbsnachteile für die europäische Industrie zu vermeiden und dem Klimawandel auf globaler Ebene entgegenzuwirken.

    Weite Teile der Metallindustrie haben bereits in der Vergangenheit umfangreiche Investitionen in energieeffiziente Technologien getätigt. So ist die europäische Stahlindustrie zum Beispiel führend, was die Einsparung von CO2-Emissionen betrifft, und hat damit in vielen Unternehmen die Grenze der durch Technologie möglichen Emissionsreduktionen in der Produktion erreicht. Das Ziel einer 21 %igen Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 (gemessen an den Werten von 2005) sollte allen unter das EU-Emissionshandelssystem fallenden Sektoren (Energiewirtschaft und energieintensive Sektoren) zusammen gestellt werden; bei der Aufteilung der Anstrengungen ist der Fähigkeit der einzelnen Sektoren zur Verminderung der Emissionen unter Berücksichtigung technischer Zwänge ohne Beeinträchtigung der Erzeugungskapazität Rechnung zu tragen.

    4.2.3.1   Der Rat hat festgelegt, dass es durch die geplanten internationalen Abkommen zu einer wesentlich ambitionierteren Zielsetzung von bis zu 30 % Einsparung an CO2 kommen wird. Der Ausschuss betont in diesem Zusammenhang, dass hier zu klären ist, in welchen Bereichen diese Einsparungen erzielt werden sollen. Zweifellos kann dies nicht alleine in den derzeit vom ETS betroffenen Sektoren erfolgen. Nach Ansicht des Ausschusses müssen dabei auch Maßnahmen in Bereichen wie zum Beispiel der Gebäudeisolierung, der Transport- und Verkehrsorganisation oder allgemeine Energieeffizienz usw. im Vordergrund stehen.

    4.2.4   Nach Ansicht des Ausschusses sollten daher die Prioritäten bei den Maßnahmen zunächst in die Verbreitung der besten und energieeffizientesten Technologien und in weiterer Folge der Forschung und Entwicklung in Richtung der Verbesserung dieser Technologien und neuer Materialien gesetzt werden. Der technische Standard muss sowohl bei den Maßnahmen auf EU-Ebene als auch in den Verhandlungen über ein internationales Klimaschutzabkommen berücksichtigt werden.

    Die Kommission sollte möglichst rasch einen diesbezüglichen Plan erstellen, der alle geplanten Maßnahmen und Schritte enthält, um eine weitere Verunsicherung in der Industrie zu vermeiden. Der Ausschuss verweist in diesem Zusammenhang auf Artikel 10 b des Kommissionsvorschlags zum ETS (3).

    4.2.5   Bezüglich der IPPC-Richtlinie unterstützt der Ausschuss die Vorhaben der Kommission zur Harmonisierung, was nicht zuletzt zur Vereinfachung und besseren Rechtsetzung beiträgt. Als Basis für die Zertifizierung und den Betrieb industrieller Standorte muss die kodifizierte Richtlinie aber auf den individuellen Stand der technischen Entwicklung Rücksicht nehmen. Die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Metallindustrie darf nicht durch Auflagen gefährdet werden, die nicht auf die technologischen Möglichkeiten abgestimmt sind.

    4.2.6   Hinsichtlich der Vorschläge zum Abfallrecht, zu REACH und zur Normung stimmt der Ausschuss der Kommission im Grundsatz zu, erwartet aber eine konkretere Ausformulierung der einzelnen Vorschläge.

    4.3   Innovation, Forschung und Entwicklung, Qualifikation

    4.3.1   Der Ausschuss unterstützt das Engagement der Kommission zur Intensivierung der Innovation, der Forschung und Entwicklung und der Verbesserung der Qualifikation.

    4.3.2   Die Europäische Plattform für Stahltechnologie (ESTEP) trägt zur Gestaltung der Zukunft bei, indem sie ambitionierte FuE-Programme (im Rahmen der Strategic Research Agenda, SRA) für eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit vorschlägt. Vorrangige Zielstellung dieser Agenda ist die Verminderung der Umweltbelastung in den Prozessen und die Entwicklung moderner Produkte mit zusätzlichem Mehrwert und mehr Effizienz über die gesamte Lebensdauer. Das ULCOS-Projekt (Ultra Low CO2 Steelmaking) ist z.B. das erste Großvorhaben der Stahlplattform zur drastischen Senkung des CO2-Ausstoßes. Das Projekt ist das weltweit ehrgeizigste seiner Art und bereits ein großer Erfolg: vier vielversprechende Verfahren wurden ausgewählt und müssen jetzt im industriellen Maßstab getestet und mit CO2-Sequestrierungstechnologien verbunden werden. Die Stahlplattform leistet auch indirekte Beiträge zu Klimaschutz- und Energiefragen durch die Entwicklung vollständig wiederverwendbarer Leichtstahllösungen, z.B. für die Automobilindustrie und die Bauwirtschaft, und durch effiziente neue Lösungen für die Entwicklung zukunftsträchtiger Energiequellen (z.B. Windkraft).

    4.3.3   Die Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten ist eine wesentliche Voraussetzung für die Nachhaltigkeit des Sektors in Europa, weshalb beträchtliche Investitionen zur Verbesserung der Qualifikationsbasis nötig sind, z.B. durch Anwerben von talentierten Hochschulabsolventen und durch Entwicklung des lebensbegleitenden Lernens, insbesondere e-Learning. Im Hinblick auf dieses gesamtgesellschaftliche Ziel bedarf es der Unterstützung sowohl der EU als auch der Hochschulen (4).

    4.3.4   Der Ausschuss regt aber auch eine Überprüfung der Effizienz der bereits bestehenden Programme an. So führt zum Beispiel die im Rahmen der Europäischen Stahlplattform eingeführte „Strategic Research Agenda“ in den ersten Ausschreibungen des 7. Rahmenprogramms zu enttäuschenden Ergebnissen (weniger als 10 % Erfolgsrate), weil die Ausschreibungen offenbar nicht die Prioritäten der SRA abdecken. Für den zweiten Teil des 7. Rahmenprogramms wird eine bessere Abstimmung und Unterstützung erwartet.

    4.4   Außenbeziehungen und Handelspolitik

    4.4.1   Der Ausschuss begrüßt den Ansatz der Kommission, der Versorgung der Industrie mit Rohstoffen hohe Priorität einzuräumen. In diesem Zusammenhang muss allerdings darauf verwiesen werden, dass dies nicht nur eine reine Frage der Außenbeziehungen und des Außenhandels ist, wie das in seiner Stellungnahme CCMI/056 „Abbau nichtenergetischer Rohstoffe“ zum Ausdruck gebracht wird. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass dem Recycling von Rohstoffen und der Verringerung der Materialintensität bzw. der Forschung nach „Ersatzmaterialien“ in Zukunft eine immer größere Bedeutung zukommen wird (nicht nur aus handelspolitischen Erwägungen, sondern auch im Hinblick auf die Bedeutung für den Umweltschutz).

    4.4.2   Besonderes Augenmerk ist auf die in vielen Rohstoffbereichen vorhandene Konzentration auf nur wenige weltweit tätige Konzerne zu richten, die zu einem Preisdiktat führt.

    4.4.3   Der Ausschuss ist der Meinung der Kommission, dass in handelspolitischen Fragen ein enger Wirtschaftsdialog mit Drittländern zu pflegen ist. WTO-konforme handelspolitische Instrumente gegen Praktiken, die die EU-Metallindustrie benachteiligen oder diskriminieren, müssen aber weiter zur Verfügung stehen und es müssen klare Signale gegeben werden, dass diese auch angewandt werden, wenn durch den Dialog keine Fortschritte erzielt werden.

    4.5   Soziale Aspekte

    4.5.1   Angesichts der Herausforderungen, wie beispielsweise das Altern der Arbeitskräfte (vor allem in der Stahlindustrie), die Qualifikationserfordernisse und der weiter voranschreitende Strukturwandel, verwundert es den Ausschuss, dass die Kommission keine Maßnahmen oder Vorschläge an die Industrie zu den sozialen Aspekten, die sie in ihrer Mitteilung anführt, macht.

    4.5.2   Ein besonderes Augenmerk ist auf die Thematik der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes zu legen, da die Metallindustrie zu jenen Industrien gehört, die einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist.

    4.5.3   Der Ausschuss weist in diesem Zusammenhang erneut auf die Bedeutung des sozialen Dialoges hin.

    Brüssel, den 3. Dezember 2008

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Mario SEPI

    Der Generalsekretär des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Martin WESTLAKE


    (1)  KOM(2005) 474 endg., Anhang II.

    (2)  KOM(2007) 374 endg. vom 4.7.2007.

    (3)  KOM(2008) 16 endg. vom 23.1.2008.

    (4)  Hier muss angemerkt werden, dass es schon Initiativen in der Metallindustrie zur Förderung/Erhöhung der Mobilität der Fachkräfte im Metallbereich in Europa gibt, wie zu Beispiel den „EMU-Pass“ (www.emu-pass.com).


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