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Document 52008AE1192

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Thema Entwicklung des europäischen Unternehmensdienstleistungssektors

ABl. C 27 vom 3.2.2009, p. 26–33 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

3.2.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 27/26


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Thema „Entwicklung des europäischen Unternehmensdienstleistungssektors“

(2009/C 27/06)

Am 6. Dezember 2007 ersuchten Margot WALLSTRÖM, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, zuständig für institutionelle Beziehungen und Kommunikationsstrategie, sowie Günter VERHEUGEN, Vizepräsident der Europäischen Kommission, zuständig für Unternehmen und Industrie, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um Erarbeitung einer Sondierungsstellungnahme zu folgendem Thema:

„Entwicklung des europäischen Unternehmensdienstleistungssektors“.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 11. Juni 2008 an. Berichterstatter war Herr CALLEJA.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 446. Plenartagung am 9./10. Juli 2008 (Sitzung vom 9. Juli) mit 135 gegen 2 Stimmen bei 12 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Einleitung

1.1

Margot WALLSTRÖM, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, zuständig für institutionelle Beziehungen und Kommunikationsstrategie, sowie Günter VERHEUGEN, Vizepräsident der Europäischen Kommission, zuständig für Unternehmen und Industrie, ersuchten den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss im Nachgang zu einer früheren Stellungnahme (1), in der die Wechselwirkungen zwischen Dienstleistungen und Industrie untersucht worden waren, um Erarbeitung einer Sondierungsstellungnahme mit einer weiterführenden Analyse des Themas Unternehmensdienstleistungen.

1.1.1

Im Rahmen einer solchen Analyse ist zu berücksichtigen, dass die Europäische Kommission der Lissabon-Agenda im Hinblick auf die Wahrung und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie durch eine im Einklang mit der europäischen Strategie für nachhaltige Entwicklung stehende Steuerung des Wandels sowie im sozialen Bereich durch die Förderung eines stärkeren Auftretens der repräsentativen Sozialpartner bei Verhandlungen auf der geeigneten Ebene große Bedeutung beimisst.

1.1.2

Die Umsetzung der vorstehend beschriebenen Ziele muss Hand in Hand gehen mit der Vereinfachung des Regelungsumfelds für die Industrie, einer der Hauptprioritäten der Industriepolitik der Europäischen Kommission.

1.1.3

Die Industriepolitik zeichnet sich außerdem durch einen integrierten Ansatz aus, in dessen Rahmen den Bedürfnissen der einzelnen Wirtschaftszweige Rechnung getragen wird.

2.   Zusammenfassung der Schlussfolgerungen und Empfehlungen

2.1   Anerkennung der Bedeutung des Dienstleistungssektors für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ist der Auffassung, dass es dringend einer Verlagerung und Ausweitung des Schwerpunkts hin zu den Dienstleistungen bedarf, die nicht mehr nur als reine „Anhängsel“ der Fertigungsindustrie betrachtet werden dürfen. Die Gesellschaft durchläuft einen tiefgreifenden Wandel, und die Dienstleistungen stehen im Mittelpunkt dieser Veränderungen. Die Europäische Kommission muss diese Entwicklung daher anerkennen und ihr mehr Beachtung schenken.

2.2   Zuweisung von Prioritäten für die Maßnahmen

Angesichts der großen Bandbreite an Maßnahmen, die in den mit den Unternehmensdienstleistungen im Zusammenhang stehenden Politikbereichen ergriffen werden können, ist es von entscheidender Bedeutung, den einzelnen Maßnahmen Prioritäten zuzuweisen. Dringend notwendig sind Fortschritte bei der Umsetzung der zehn Hauptziele, die im Rahmen des Vorschlags für ein Lissabon-Programm der Gemeinschaft für den Zeitraum 2008-2010 festgelegt wurden. Dies wirkt sich direkt bzw. indirekt auf die künftige Entwicklung im Dienstleistungsbereich aus. Nach Auffassung des EWSA sollten die Prioritäten wie folgt festgelegt werden:

Maßnahmen im Bereich der Unternehmensdienstleistungspolitik und Einsetzung einer Hochrangigen Gruppe — Der Ausschuss empfiehlt die Einsetzung einer Hochrangigen Gruppe zum Thema Unternehmensdienstleistungen. Diese könnte eine vertiefte Analyse des Sektors sowie eine Bestandsaufnahme der bestehenden Maßnahmen durchführen, um die wirksamsten und erfolgreichsten Maßnahmen mit Auswirkungen auf die Unternehmensdienstleistungen herauszuarbeiten und konkrete Maßnahmen zur Beseitigung der schwerwiegendsten Unzulänglichkeiten und Befriedigung der wichtigsten Bedürfnisse vorzuschlagen. Dabei sollte den erheblichen Unterschieden zwischen den einzelnen Teilsektoren im Bereich der Unternehmensdienstleistungen besonderes Augenmerk gewidmet und untersucht werden, welche Teilsektoren ins Zentrum der politischen Maßnahmen gestellt und auf welcher Ebene (regionale, nationale bzw. europäische Ebene) diese durchgeführt werden sollten.

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Bereich der Unternehmensdienstleistungen — Aus sozialpolitischer Sicht muss auf sektoraler Ebene eingehend geprüft werden, welche Probleme sich im Zusammenhang mit den neuen Beschäftigungsformen ergeben, die im Rahmen der Interaktionen zwischen dem Unternehmensdienstleistungssektor und der Fertigungsindustrie entstehen. Dabei sind sowohl die Bereiche Bildung, Weiterbildung und lebenslanges Lernen als auch die Beschäftigungsbedingungen für Arbeitnehmer einschließlich der von Auslagerungsprozessen Betroffenen zu berücksichtigen. Zur Erreichung dieses Ziels sollte der soziale Dialog auf Sektorebene gefördert werden. In diesem Zusammenhang sollte eine Agenda festgelegt werden, um die Veränderungen im Bereich der Arbeitsbedingungen und der Beschäftigungsmöglichkeiten zu untersuchen, die sich aufgrund des Strukturwandels im Unternehmensdienstleistungssektor ergeben.

Unternehmensdienstleistungen im Zusammenhang mit innovationspolitischen Maßnahmen — FuE und Innovationsprogramme sowie Maßnahmen zur Förderung innovativer Dienstleistungen sollten nachdrücklich unterstützt werden. Bereichen wie der organisatorischen Innovation, den wissensintensiven Unternehmensdienstleistungen und dem Innovationsmanagement ist mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Entwicklung von Standards für Unternehmensdienstleistungen — Unternehmen sollten dazu ermuntert werden, nach eingehender Konsultation mit den Nutzern von Unternehmensdienstleistungen durch Selbstregulierung zur Entwicklung von Standards beizutragen. Die Unterstützung durch den Europäischen Normungsausschuss CEN und seine Partner (offene Plattform) ist wichtig, um die Ergebnisse erfolgreicher Innovation vor allem mittels einer raschen informellen Konsensbildung zu verbreiten.

Förderung der „Dienstleistungswissenschaft“ als neue Disziplin in der allgemeinen und beruflichen Bildung.

Der Binnenmarkt und die Vorschriften, die Unternehmensdienstleistungen betreffen — Der EWSA hat ein Verzeichnis der Gebiete zusammengestellt, auf denen eine Vereinfachung, Klärung und Verringerung der regulatorischen Belastungen erfolgen muss, ohne die bestehenden Verpflichtungen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und die Arbeitnehmervertretung einzuschränken. Unter anderem wird darauf verwiesen, dass bislang keine Abschätzung der Folgen der Dienstleistungsrichtlinie auf Unternehmensdienstleistungen durchgeführt wurde und es zur Bewältigung dieser Aufgabe großer Anstrengungen bedarf, insbesondere nach erfolgter Umsetzung der Richtlinie in nationale Rechtsvorschriften. Dabei sollten auch weitere mögliche Maßnahmen für einen freieren Handel und einen freieren Wettbewerb im erweiterten EU-Binnenmarkt ermittelt werden.

Weitere Verbesserungen im Bereich der statistischen Erfassung von Daten zu Unternehmensdienstleistungen — Von Seiten der Mitgliedstaaten ist eine stärkere Zusammenarbeit erforderlich, um bessere Statistiken über Unternehmensdienstleistungen und insbesondere genauere Informationen über ihre Leistung und ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft der Mitgliedstaaten zu erhalten. Derartige Statistiken sind für die Regierungen ein wichtiges Hilfsmittel, um dem Sektor die nötige Unterstützung zur Entwicklung seines Potenzials zukommen zu lassen. Auch die jüngsten Änderungen in Kapitel 74 der Europäischen Klassifikation der Wirtschaftszweige NACE reichen nicht aus, um die nötigen Details für aussagekräftige Daten über Unternehmensdienstleistungen zu erhalten.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Hintergrund — In der im September 2006 verabschiedeten Initiativstellungnahme des EWSA (CCMI/035) wurde vorgeschlagen, den Unternehmensdienstleistungen größere Aufmerksamkeit zu schenken, da sie zur Leistungsfähigkeit der europäischen verarbeitenden Industrie beitragen. In dieser Stellungnahme wurden die Wechselwirkungen zwischen Dienstleistungen und Industrie sowie ihre Folgen für die sozialen und wirtschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der Beschäftigung, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit herausgestellt. Dies wurde als Ausgangspunkt genommen, um die vorliegende Anschlussstellungnahme zu erarbeiten und eine eingehendere Untersuchung der Unternehmensdienstleistungen durchzuführen. Zu Beginn sollte eine Definition der Unternehmensdienstleistungen gegeben werden: Dabei handelt es sich um eine Reihe von Dienstleistungen, die durch ihren Einsatz als Produktionsmittel die Qualität und Effizienz von Produktionsaktivitäten beeinflussen, indem sie die unternehmensinternen Dienstleistungsfunktionen ergänzen oder ersetzen (Rubalcaba und Kox, 2007). Diese Definition weist einige Übereinstimmungen mit NACE rev. 1 (Schlüssel 72-74), der neuen Version der NACE (Schlüssel 69-74, 77-78, 80-82) sowie der Aufstellung der verschiedenen Dienstleistungskategorien auf. So lassen sich Unternehmensdienstleistungen in zwei Hauptkategorien unterteilen:

wissensintensive Unternehmensdienstleistungen (z.B. Dienstleistungen in den Bereichen EDV und Informationstechnologie, Managementberatung, Buchhaltungs-, Steuer- und Rechtsberatung, Marketing und Meinungsforschung, Technik und Ingenieurswesen sowie Personalwesen, -schulungen und -einstellung);

betriebsbezogene Unternehmensdienstleistungen (z.B. Dienstleistungen in den Bereichen Sicherheit, Reinigung, Verwaltung, Buchhaltung, Zeitarbeit, Call Center, Übersetzung und Verdolmetschung).

Ziel dieser Stellungnahme ist es, um mehr Anerkennung für diese Branche zu werben und ihr eine ungehinderte Entwicklung zu ermöglichen sowie die europäische Wirtschaft in ihren Bemühungen zu unterstützen, auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähiger zu werden.

3.2

Die Bedeutung der Dienstleistungen und der Unternehmensdienstleistungen — Die Bedeutung der Dienstleistungen für die Bürger, Fachkräfte, Unternehmen, Regionen und Staaten nimmt beständig zu. Dienstleistungen dominieren heute zu einem großen Teil das neue Angebot und die neue Nachfrage in den sozialen und wirtschaftlichen Systemen. Obwohl Dienstleistungen in den meisten Bereichen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens präsent sind, wird ein großer Teil dieser Tätigkeit in den Statistiken nicht erfasst. Die traditionelle Einteilung nach Produktionssektoren, selbst wenn sie unvollständig ist und die ausgeprägten Wechselbeziehungen zwischen den Branchen nicht offenlegt, ermöglicht es, die Bedeutung der wichtigsten Wirtschaftsaktivitäten einzuschätzen. Die Bedeutung der Dienstleistungen als wirtschaftlichem Sektor steigt in Europa weiter an: Ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung ist mit 70 % geringer als in den USA (80 %) und größer als in Japan (67 %). In Europa wie in den USA und Japan kann der Teilsektor der Unternehmensdienstleistungen auf eine sehr dynamische Entwicklung zurückblicken, die zu einem entsprechenden Anstieg des Anteils an der Gesamtbeschäftigung führte. Der Anteil von Unternehmen mit Hauptgeschäftsbereich Unternehmensdienstleistungen beläuft sich auf 10-12 % der Gesamtbeschäftigten und des Mehrwerts. Berücksichtigt man auch jene Unternehmen, für die Unternehmensdienstleistungen nur ein Nebengeschäftsbereich sind, liegt der Beschäftigtenanteil noch deutlich höher. Die führenden europäischen Länder auf dem Gebiet der Unternehmensdienstleistungen waren 2004 die Benelux-Staaten, das Vereinigte Königreich, Frankreich und Deutschland. Im Zeitraum 1995-2004 konnten Länder wie Ungarn, Polen, Österreich, Lettland, Malta u.a. ihren Unternehmensdienstleistdungssektor beträchtlich ausbauen. Dies lässt auf eine gewisse Konvergenz zwischen einigen EU-Staaten schließen. Untersucht wurde in diesen Ländern nur die Beschäftigung in Unternehmen, die in der Hauptsache Unternehmensdienstleistungen anbieten. Die meisten davon sind KMU.

3.3

Bewertung der Entwicklung — Der Ausschuss hat die Situation im Lichte der Entwicklung seit der Verabschiedung der letzten Stellungnahme zu diesem Thema (CCMI/035) im September 2006 erneut geprüft und dabei zu seiner Zufriedenheit festgestellt, dass die Kommission der Bedeutung von Unternehmensdienstleistungen für die Fertigungsindustrie bei ihren Entscheidungen nunmehr stärker Rechnung trägt.

Im Anschluss an die vorstehend genannte EWSA-Stellungnahme hat die Kommission eine Mitteilung zu der „Halbzeitbewertung der Industriepolitik: Ein Beitrag zur EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung“ (2) vorgelegt, in der Maßnahmen vorgeschlagen werden, um die Dienstleistungssektoren sowie ihre Wettbewerbsfähigkeit zu prüfen und ihre Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu analysieren. Nötigenfalls sollten die Entwicklungen in den einzelnen Sektoren eingehender untersucht werden. Auf diese Weise sollen alle Hindernisse für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ermittelt und mögliche Fälle von Marktversagen beseitigt werden, was Maßnahmen zur Bewältigung besonderer Probleme in bestimmten Industrie- und/oder Dienstleistungssektoren rechtfertigen könnte. Die Europäische Kommission wird diese vertiefte Untersuchung dieses Jahr durchführen und die Ergebnisse bis Ende des Jahres vorlegen.

Die Kommissionsdienststellen haben im Juli 2007 das Arbeitsdokument „Towards a European strategy in support of innovation in services: Challenges and key issues for future actions“ (3) (Erarbeitung einer europäischen Strategie zur Förderung von Innovation im Dienstleistungsbereich: Herausforderungen und Schlüsselfragen für künftige Maßnahmen) vorgelegt; im Februar 2008 wurde die Europäische Plattform für Unternehmensdienstleistungen geschaffen; und schließlich wird die Kommission (voraussichtlich Ende 2008) eine Mitteilung zum Thema Innovation im Dienstleistungsbereich vorlegen. Alles in allem könnte damit ein wichtiger Schritt in Richtung einer adäquaten Berücksichtigung von Dienstleistungen im Rahmen der innovationspolitischen Maßnahmen der EU getan werden.

Die Verabschiedung der bis spätestens 28. Dezember 2009 umzusetzenden „Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt“ (4) wird sich unter der Voraussetzung, dass die Bestimmungen der Richtlinie in das nationale Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden und sichergestellt wird, dass das Arbeitsrecht und die Tarifverträge desjenigen Landes gelten, in dem die Dienstleistungen erbracht werden, als ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem echten Binnenmarkt für Dienstleistungen erweisen. Sowohl die Unternehmen, als auch die Verbraucher werden in vollem Umfang in den Genuss der Vorteile kommen, die diese Richtlinie bietet. Sie sollte auch der Funktionsfähigkeit des Marktes für Unternehmensdienstleistungen zugute kommen, indem Handel und Investitionen zwischen EU-Mitgliedstaaten vereinfacht und neue Möglichkeiten für Fertigungsunternehmen eröffnet werden, mehr, bessere oder billigere Dienstleistungen zu wählen. Die neuen Wettbewerbsvorteile bei der Inanspruchnahme von Unternehmensdienstleistungen sollten zu mehr Beschäftigung, gesteigerter Produktivität und einer höheren Wirtschaftsleistung führen.

3.4

Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmensdienstleistungen — Neben den laufenden groß angelegten EU-Initiativen zur Förderung von Unternehmensdienstleistungen im Rahmen der Industrie- und Innovationspolitik sowie den potenziellen Wechselwirkungen der Binnenmarktrichtlinie tragen folgende weitere Maßnahmen der Kommission indirekt zu einer stärkeren Anerkennung der Bedeutung der Unternehmensdienstleistungen für die Fertigungsindustrie bei:

Eurostat hat eine überarbeitete NACE-Klassifikation eingeführt, mit deren Hilfe mehr Daten zu Dienstleistungen erfasst werden sollen.

Das Enterprise Europe Network wurde ins Leben gerufen, das auf die Förderung der unternehmerischen Initiative und des Wachstums von Unternehmen in der EU abzielt, wobei den Unternehmern aufgrund des Zusammenschlusses der Euro-Infozentren und der Verbindungsbüros für Forschung und Technologie über 500 Anlaufstellen zur Verfügung stehen (5). Dieses Netz soll eine Hilfestellung für die KMU und damit für die überwiegende Mehrheit der Anbieter von Unternehmensdienstleistungen sein.

Die Europäische Kommission hat seit 2005 Vorschläge für Vereinfachungen und eine Verringerung der Verwaltungslasten vorgelegt. Die jüngsten Vorschläge aus dem Jahr 2008 (6) betreffen Schnellmaßnahmen zur Verringerung der Verwaltungslasten. Das sind gute Nachrichten für die KMU, die aufgrund ihrer geringen Größe unverhältnismäßig unter den beträchtlichen Verwaltungslasten zu leiden haben.

Die Mitteilung der Kommission „Gemeinsame Grundsätze für den Flexicurity-Ansatz herausarbeiten: Mehr und bessere Arbeitsplätze durch Flexibilität und Sicherheit“ (7) wurde erörtert, und im Rahmen des sozialen Dialogs der Sozialpartner konnten Fortschritte erzielt werden. Dies sollte den Weg für eine unionsweite Umsetzung dieses Konzepts ebnen, wobei je nach den unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Mitgliedstaaten entsprechende Anpassungen erforderlich sind. Im dynamischen Unternehmensdienstleistungssektor kann ein von den Sozialpartnern ausgehandelter Flexicurity-Ansatz eine nützliche Rolle spielen, wenn gleichzeitig bessere und qualitativ hochwertige Arbeitsplätze gefördert werden. Will die EU wirksam auf den Globalisierungsdruck reagieren, sollten die Sozialpartner einbezogen werden.

Die Kommission hat die Mitteilung „Für einen stärkeren Beitrag der Normung zur Innovation in Europa“ (8) vorgelegt. Neben weiteren Impulsen wird damit eine raschere Mitwirkung der Industrie und anderer Akteure an der Entwicklung, Umsetzung und Anwendung von Normen gefördert, die sich im Sinne einer nachhaltigen Industriepolitik förderlich auf die Innovation auswirken.

3.5

Haupterfordernisse des Unternehmensdienstleistungssektors — Trotz der verstärkten Maßnahmen, die gegenwärtig im Zusammenhang mit Dienstleistungen ergriffen werden, bleiben entscheidende Lücken bestehen und wichtige Erfordernisse unberücksichtigt. Das Rahmenkonzept der Gemeinschaftspolitik ist in seiner gegenwärtigen Form hauptsächlich auf die Fertigungsindustrie ausgerichtet, obwohl Dienstleistungen bei weitem den größten Anteil an der Gesamtwirtschaft ausmachen, die wichtigste Rolle für die Gesellschaft spielen und in sämtlichen Bereichen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens einen Beitrag zum Wachstum leisten.

3.5.1

Bei den meisten sektorübergreifenden und sektorspezifischen Initiativen, die im Rahmen der EU-Industriepolitik sowohl auf der Ebene der Mitgliedstaaten als auch der EU durchgeführt werden, liegt der Schwerpunkt auf der Fertigungsindustrie, wobei über die wesentliche Unterstützungsfunktion hinweggesehen wird, die den Unternehmensdienstleistungen in diesem Zusammenhang zukommt. Es muss daher dringend für eine ausgewogene EU-Politik gesorgt werden, bei der die Bedeutung der Unternehmensdienstleistungen für die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Fertigungsindustrie im Einzelnen sowie für die Gesamtwirtschaft nicht unterbewertet wird. Sektorübergreifende Maßnahmen müssen unabhängig von den Wirtschaftsbereichen, auf die sie abzielen, wirklich Querschnittscharakter haben und auf die Bedürfnisse der Unternehmen und Arbeitnehmer in der neuen Dienstleistungswirtschaft abgestimmt sein, in der Industrie- und Dienstleistungssektor untrennbar miteinander verwoben sind, wodurch sich als unmittelbares Ergebnis der Synergien zwischen diesen beiden Bereichen neue Möglichkeiten für die europäische Wirtschaft auf dem Weltmarkt ergeben. Zahlreiche Initiativen der EU-Politik, die Bestandteil der Industriepolitik sind, müssen auf den Dienstleistungssektor abgestimmt und angewandt werden. Hierbei reicht die Palette von einem voll funktionsfähigen Binnenmarkt für Dienstleistungen, dem internationalen Handel und Bestimmungen zu staatlichen Beihilfen bis hin zu arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Maßnahmen, Bildungs- und Regionalpolitik, FuE, Innovation, Normung, Unternehmertum, Verbesserung der Statistiken und der Informationspolitik usw., wobei gegebenenfalls die besonderen Erfordernisse des Dienstleistungssektors zu berücksichtigen sind. Dies sollte nicht in dem Sinne verstanden werden, dass alle Maßnahmen in vertikalem Sinne speziell auf den Dienstleistungssektor ausgerichtet werden sollten. Vielmehr ist damit gemeint, dass die Auswirkungen all dieser Maßnahmen auf den Dienstleistungssektor überprüft werden sollten, um erforderlichenfalls besondere Maßnahmen zu ergreifen.

3.5.2

Handlungsbedarf besteht insbesondere in folgenden Bereichen:

Industriepolitik — Nach der jüngsten Einbeziehung von Unternehmensdienstleistungen in die Industriepolitik und der laufenden Überprüfung sollte nun den besonderen Bedingungen mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, unter denen sich die Nutzung von Dienstleistungen positiv auf die industrielle Leistungsfähigkeit auswirkt, so z.B. die Rolle der Dienstleistungen für die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität der Industrie aus wirtschaftlicher Perspektive. Um im globalen Wettbewerb bestehen zu können, muss Europa in Innovation, Wissen, Produktgestaltung, Logistik, Marketing und andere Unternehmensdienstleistungen — kurz in die gesamte globale Wertschöpfungskette — investieren.

Beschäftigungs- und Bildungspolitik — Der Dienstleistungssektor schafft die meisten Arbeitsplätze, woran sich auch in Zukunft nichts ändern wird. (So sollten die politischen Entscheidungsträger nicht außer Acht lassen, dass 20 % der Zwischenprodukte der Fertigungsindustrie auf den Dienstleistungssektor zurückgehen.) Daher müssen sich die Mitgliedstaaten aufgrund der potenziellen Auswirkungen der weltweiten Beschaffung und der Auslagerung von Arbeitsplätzen im Dienstleistungssektor (bis zu 30 % laut einer Studie der OECD aus dem Jahr 2006) um eine Förderung der einschlägigen Fertigkeiten und Qualifikationen bemühen, mit denen ihre Industrie in die Lage versetzt wird, dem globalen Wettbewerb standzuhalten.

Innovations- und Produktivitätspolitik — Die Innovationsförderung im Dienstleistungsbereich ist von wesentlicher Bedeutung, um die industrielle Wettbewerbsfähigkeit anhand von Qualitätsfaktoren zu stärken. Innovationen im Dienstleistungsbereich wirken sich entscheidend und positiv auf Qualität, Beschäftigung und Interaktionen mit den Kunden aus. Darüber hinaus bietet der Unternehmensdienstleistungssektor hochwertige Arbeitsplätze mit guten Arbeitsbedingungen und einem wissensintensiven Umfeld, wobei die Arbeitnehmer einen Beitrag zur Ermöglichung und zum Erfolg von Dienstleistungsinnovation leisten. Die Unternehmen können so ihre Wettbewerbsposition verbessern, und Arbeitnehmern eröffnen sich neue berufliche Möglichkeiten. Die positiven Auswirkungen von Innovationen im Dienstleistungsbereich sollten dazu genutzt werden, die stagnierenden Wachstumsraten im Bereich der Unternehmensdienstleistungen auszugleichen. In den meisten Ländern sind immer noch geringe Produktivitätswachstumsraten zu verzeichnen, auch wenn der Beitrag von Unternehmensdienstleistungen zu Produktivitätsgewinnen insgesamt aufgrund von Problemen bei der statistischen Messung unterschätzt wird.

Binnenmarkt — Es gilt, einen europäischen Markt für Dienstleistungen zu schaffen, um die EU in die Lage zu versetzen, eine entscheidende Rolle im Globalisierungsprozess zu spielen, indem alle Faktoren, die einen Einfluss auf die Märkte und die Wettbewerbsfähigkeit ausüben, berücksichtigt werden. Es bedarf besonderer Folgemaßnahmen zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie in den Mitgliedstaaten und in Bezug auf die Auswirkungen von Unternehmensdienstleistungen.

Regionalpolitik — In vielen Regionen sind die Unternehmensdienstleistungen wenig ausgeprägt, da sich diese im Allgemeinen eher in großen Ballungsräumen und Regionen mit hohem Einkommensniveau konzentrieren. Auf regionaler Ebene ist es wichtig, sowohl die Nachfrage nach Unternehmensdienstleistungen als auch deren Angebot zu fördern und anzuregen und die Vorteile bestehender Netzwerke zu nutzen, mit denen Synergien zwischen unterschiedlichen lokalen Akteuren verstärkt werden können.

Weitere Politikbereiche im Zusammenhang mit Unternehmensdienstleistungen — Zwei Bereiche sind im Zusammenhang mit Unternehmensdienstleistungen relevant: überwiegend stark regulierte Politikfelder (Binnenmarkt, Wettbewerb, bessere Rechtsetzung, öffentliches Auftragswesen) und überwiegend weniger stark regulierte Politikfelder (Innovation, Befähigung, Qualität und Beschäftigung, Normen, Unternehmen und KMU, Regionalpolitik, Wissen und Statistik). Besonderes Augenmerk sollte der Rolle von Normen, der neuen Disziplin der Dienstleistungswissenschaft und der Statistik gelten.

3.6

Wechselwirkungen zwischen Unternehmensdienstleistungen und zielgerichteten Maßnahmen — Die Erfahrung hat gezeigt, welche Wechselwirkungen sich zwischen ersten umfassenden Maßnahmen ergeben könnten und inwiefern diese zu einer wirkungsvollen Weiterentwicklung der Unternehmensdienstleistungen beitragen könnten, um künftigen Herausforderungen gewachsen zu sein. Synergieeffekte und Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Politikfeldern und Maßnahmen sollten berücksichtigt werden.

3.7

Bei der Konzipierung besonderer Maßnahmen der EU-Politik zur Förderung von Unternehmensdienstleistungen ist eine wirtschaftliche Argumentation vonnöten. Dies wurde jüngst von Kox und Rubalcaba verdeutlicht (siehe Business Services in European Economic Growth, 2007. Zur Bekräftigung ihrer Argumente verwiesen sie in erster Linie auf Marktversagen und systemische Mängel wie Informationsasymmetrie und externe Effekte.

3.8

Lissabon-Agenda 2008-2010 — Die Politikbereiche mit Relevanz für Unternehmensdienstleistungen könnten hinsichtlich der Vorschläge für ein Lissabon-Programm der Gemeinschaft 2008-2010 (KOM(2007) 804 endg.) einen wertvollen Beitrag leisten. Die meisten der bis 2010 zu verwirklichenden 10 Hauptziele haben direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Dienstleistungen:

3.8.1

Die Kommission wird bis Mitte 2008 eine erneuerte Sozialagenda vorschlagen und einen Beitrag zur Bekämpfung des Qualifikationsdefizits leisten. Bei den meisten besonders arbeitsintensiven Unternehmensdienstleistungen sind erhebliche Defizite und Bedarfslagen zu erkennen. In seiner Stellungnahme zum Thema „Beschäftigung für vorrangige Bevölkerungsgruppen (Lissabon-Strategie)“ (9) stellte der Ausschuss fest, dass die ambitionierten Beschäftigungsziele von Lissabon nur bedingt erreicht wurden und die in den letzten Jahren zu beobachtenden Beschäftigungszuwächse insbesondere bei Frauen in hohem Maß aus einem Plus an Teilzeitarbeitsplätzen resultieren. Bei älteren Arbeitnehmern herrscht weiterhin ein eklatanter Mangel an adäquaten Arbeitsplätzen vor und insbesondere bei Jugendlichen ist eine starke Zunahme atypischer (nicht dem Standard entsprechender) Beschäftigungsformen festzustellen, die teilweise rechtlich und sozial nicht ausreichend abgesichert sind. In der EWSA-Stellungnahme wird dafür plädiert, dass im Zusammenhang mit dem Flexicurity-Konzept auf ein hohes Maß an sozialer Sicherheit, eine aktive Arbeitsmarktpolitik und auf Bildung sowie Aus- und Weiterbildung geachtet wird.

3.8.2

Die Kommission hat im ersten Halbjahr 2008 Vorschläge für eine gemeinsame Zuwanderungspolitik unterbreitet. Dies könnte sich auf die Zuwanderung hochqualifizierter Arbeitnehmer auf Gebieten wie beispielsweise wissensintensiven Unternehmensdienstleistungen sowie weniger qualifizierter Arbeitnehmer für Tätigkeiten wie etwa Reinigungs- oder Sicherheitsdienste auswirken.

3.8.3

Die Gemeinschaft wird eine Regelung für kleine Unternehmen, einen „Small Business Act“, einführen, mit deren Hilfe das Wachstumspotenzial der KMU während ihres gesamten Lebenszyklus erschlossen werden kann. Im Unternehmensdienstleistungssektor gibt es die meisten Unternehmensneugründungen und -abwicklungen, sodass besondere Aufmerksamkeit in Bezug auf neue KMU angezeigt erscheint. In seiner Stellungnahme zum Thema „Unternehmenspotenzial — insbesondere von KMU (Lissabon-Strategie)“ (10) fordert der EWSA anlässlich der nächsten Revision der integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung für den Zeitraum 2008-2010 die Festlegung gezielterer und strafferer integrierter Leitlinien für die KMU. Letztere werden auch von der Verringerung der EU-Verwaltungslast bis 2012 um 25 % profitieren.

3.8.4

Die Gemeinschaft wird den Binnenmarkt stärken und den Wettbewerb im Dienstleistungsbereich fördern. In der bereits erwähnten EWSA-Stellungnahme INT/324 wird beklagt, dass der Binnenmarkt unvollendet ist, und die schleppende Umsetzung von Richtlinien durch die Mitgliedstaaten, der Verwaltungsaufwand und die fehlende Mobilität der Arbeitnehmer bemängelt. Für KMU sind dies enorme Hindernisse.

3.8.5

Die Gemeinschaft arbeitet darauf hin, die fünfte Grundfreiheit (freier Verkehr von Wissen) umzusetzen und einen echten europäischen Forschungsraum zu schaffen. Im Rahmen dieser Lissabon-Priorität dürften wissensintensive Unternehmensdienstleistungen von Bedeutung sein.

3.8.6

Die Gemeinschaft wird die Rahmenbedingungen für die Innovation verbessern. Der EWSA hat zudem eine Stellungnahme zum Thema „Investitionen in Wissen und Innovation“ (11) erarbeitet. Die Kernaussage ist hier, dass Europa seinen Vorsprung in Forschung, technologischer Entwicklung und Innovation wahren muss und es einer stärkeren Förderung aus dem EU-Haushalt, einer Verbesserung der Bildungseinrichtungen und einer allgemeinen Anhebung der Standards bedarf. Es muss ferner für ein gesellschaftliches Klima gesorgt werden, das gegenüber Fortschritt und Innovation aufgeschlossen ist; die erforderlichen Rahmenbedingungen sind zu schaffen und die entsprechenden richtungweisenden Entscheidungen müssen getroffen werden, sodass seitens der Wirtschaft genügend Vertrauen und Optimismus für Investitionen in neue Unternehmungen in Europa aufgebaut wird. Dazu gehört auch, die elementare Bedeutung der Grundlagenforschung noch bewusster zu machen und bei denjenigen, die innovations- und risikobereit sind, Unternehmergeist zu wecken. Auch muss ein gewisses Maß an Fehlschlägen und Verlusten hingenommen werden, die mit Risiken unweigerlich einhergehen. Der EWSA untersuchte ferner die rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für ein innovationsfreudiges Unternehmertum und einen innovationsfreundlichen Markt.

3.8.7

Die Gemeinschaft wird eine Industriepolitik fördern, die auf eine nachhaltigere Produktion und einen nachhaltigeren Verbrauch ausgerichtet ist. Die Rolle der ökologischen Unternehmensdienstleistungen in der Industriepolitik könnte unter dieser Priorität angesiedelt werden.

3.8.8

Die Gemeinschaft wird bilateral mit den Haupthandelspartnern verhandeln, um neue Möglichkeiten für den internationalen Handel und Investitionen auszuloten und eine gemeinsame Plattform für rechtliche Bestimmungen und Standards zu bilden.

4.   Prioritäten für die Maßnahmen zur Förderung der Unternehmensdienstleistungen

Diese Notwendigkeit ergibt sich aufgrund des breiten Spektrums an Politikfeldern, die den Bereich Unternehmensdienstleistungen berühren. Nach Auffassung des EWSA sollten folgende Prioritäten gesetzt werden:

4.1

Priorität 1: Die Europäische Kommission sollte im Rahmen der Unternehmens- und Industriepolitik eine Hochrangige Gruppe für Unternehmensdienstleistungen einsetzen, um sicherzustellen, dass bei Maßnahmen auch die Wechselwirkungen mit dem industriellen und gesamtwirtschaftlichen Umfeld, in das der Dienstleistungssektor eingebettet ist, berücksichtigt werden. Die Hochrangige Gruppe könnte insbesondere die nachstehend beschriebenen Zielsetzungen verfolgen:

gründliche Analyse der Bedürfnisse im Bereich der Unternehmensdienstleistungen einschließlich der Bedürfnisse der einzelnen, sehr unterschiedlichen Teilsektoren;

Überprüfung der derzeitigen Politik in Bezug auf die Unternehmensdienstleistungen sowie Erarbeitung konkreter politischer Maßnahmen auf den geeigneten Ebenen (regionale, nationale, europäische Ebene);

Empfehlung strategischer Zielsetzungen für die WTO-Verhandlungen über Dienstleistungen (GATS) unter besonderer Berücksichtigung von Maßnahmen, die erforderlich sind, um den KMU den Export von Dienstleistungen zu ermöglichen;

Ermittlung und Zusammenschluss der politischen Akteure in Bereichen, in denen sie nur begrenzt und fragmentarisch vertreten werden;

Einrichtung einer Europäischen Beobachtungsstelle für Unternehmensdienstleistungen, die die Ergebnisse der durch die EU-Politik getroffenen Maßnahmen überprüft und bewährte Verfahrensweisen verbreitet. Der Beobachtungsstelle sollten Mitglieder des EWSA, Vertreter von Gewerkschaften und Unternehmensverbänden sowie Experten für Unternehmensdienstleistungen angehören.

4.2

Priorität 2: Es sollte ein spezifisch diesem Sektor der Unternehmensdienstleistungen gewidmeter sozialer Dialog angeregt werden, in dessen Rahmen folgende Fragen erörtert und Empfehlungen zu folgenden Bereichen abgegeben werden könnten:

neue Beschäftigungsmöglichkeiten;

lebenslanges Lernen;

Outsourcing und Offshoring;

Ermittlung von Qualifikationsdefiziten;

Teilzeitarbeit und Telearbeit;

Flexicurity im Bereich Unternehmensdienstleistungen (dieses Thema wurde vom EWSA bereits in allgemeiner Form in einer jüngeren Stellungnahme behandelt — SOC/283);

Personalmangel in wissensintensiven Unternehmensdienstleistungen und die Bedeutung der Immigration;

Mobilität.

In der Tat wird die Durchführbarkeit und Wirksamkeit eines solchen sektorbezogenen Sozialdialoges (u.a. Anerkennung von Vereinbarungen, organisatorische Unterstützung) hier allerdings von der Festlegung und Anerkennung der repräsentativen europäischen Verbände auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite abhängen.

4.3

Priorität 3: FuE und Innovation im Dienstleistungsbereich:

Analyse der Möglichkeiten für Innovationen im Bereich der Unternehmensdienstleistungen und Untersuchung der Auswirkungen dieser Innovationen auf die Produktivität und das wirtschaftliche und soziale Wachstum;

Rolle der wissensintensiven Unternehmensdienstleistungen für die Entwicklung innovativer Dienstleistungen;

Verhältnis zwischen der IKT-Entwicklung und den Innovationen im Dienstleistungsbereich;

Untersuchung der Programme für FuE und Innovation, um die Stellung der Unternehmensdienstleistungen zu bewerten;

Anwendung der Methoden des Lean Manufacturing im Dienstleistungsbereich;

Funktion der Innovation bei Dienstleistungen und weiterer möglicher politischer Maßnahmen für wissensintensive Dienstleistungen auf regionaler Ebene. Nutzung der Innovationspolitik für die Förderung von Angebot und Nachfrage im Bereich der Unternehmensdienstleistungen.

4.4

Priorität 4: Erarbeitung von Normen — Die Erarbeitung von Normen im Dienstleistungsbereich kommt nur schleppend voran. Sie kommen meist auf Nachfrage zustande. Die Anbieter von Unternehmensdienstleistungen haben mit Strukturproblemen zu kämpfen. In den meisten Fällen handelt es sich um kleine Unternehmen, die nicht zu repräsentativen Organisationen gehören, weder in ihrem eigenen Land, noch auf europäischer Ebene, wo diese Unternehmenskategorie in den europäischen Organisationen kaum vertreten ist. Die einzige Möglichkeit, eine Verbesserung der Situation herbeizuführen, besteht darin, die Nutzer zu mobilisieren und sie dazu aufzufordern, ihren Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen. Der Markt für Unternehmensdienstleistungen wird von klaren Normen auf diesem Gebiet enorm profitieren. Die Entwicklung von Normen kann nützlich sein, um:

Vorschriften zu ergänzen oder sogar zu ersetzen;

die Qualität zu verbessern und dem Wettbewerb Impulse zu verleihen;

in einem Markt mit fehlender Transparenz zum Nutzen des Anbieters und des Nutzers Informationsasymmetrie zu vermeiden;

die Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wenn ein Nutzer sich verschiedenen Angeboten gegenübersieht und eine Entscheidung treffen muss;

die Ergebnisse der Programme für FuE und Innovation einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, also Innovationen zu nutzen, um die Qualität der Dienstleistungen zu verbessern;

die Zahl der Rechtsstreitigkeiten zu verringern, indem die Rechte und Pflichten der Dienstleistungsanbieter und der Nutzer und der in diesem Sektor Beschäftigten klar herausgestellt werden;

soziale Konflikte zu vermeiden, indem die einschlägigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen von den Dienstleistungserbringern und Nutzern eingehalten und gegebenenfalls Tarifverhandlungen auf der geeigneten Ebene geführt werden;

Skalenerträge für kleine Unternehmen, die ähnliche Dienstleistungen in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten anbieten, zu ermöglichen und so die Hindernisse für eine Marktintegration aus dem Weg zu räumen;

einen soliden Exportsektor aufzubauen sowie Hilfestellung bei öffentlichen Ausschreibungen und bei der Vergabe von Unteraufträgen für Dienstleistungen zu bieten.

4.5

Priorität 5: Weitere Verbesserungen im Bereich der statistischen Erfassung von Daten zu Unternehmensdienstleistungen. Politische Maßnahmen hängen von der Untersuchung der aktuellen Trends ab, die nur durch klare und aussagekräftige Statistiken ermittelt werden können. Der offensichtliche Mangel an zufriedenstellenden Produktivitätszuwächsen im Vergleich zu den USA könnte zum Teil auf unzuverlässige Statistiken zurückzuführen sein, die auf Methoden beruhen, die bei der Messung der Leistungsfähigkeit in der Fertigungsindustrie Anwendung finden. Genauere Statistiken über Unternehmensdienstleistungen erfordern nicht nur eine Entscheidung von Eurostat, sondern auch die Mitarbeit der einzelstaatlichen Regierungen, die ihre Methoden zur statistischen Erfassung ändern müssen. Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei der Funktion der Unternehmensdienstleistungen innerhalb anderer Industrie- oder Dienstleistungssektoren geschenkt werden.

4.6

Priorität 6: Dienstleistungswissenschaft

Die Dienstleistungswissenschaft (auch „Service Science, Management and Engineering“, SSME) ist eine neue, sich entwickelnde Fachrichtung, in der verschiedene fragmentarische Ansätze für die Dienstleistungen behandelt werden, so u.a. Dienstleistungswirtschaft, Dienstleistungsmanagement, Dienstleistungsmarketing und Dienstleistungs-Engineering. Dienstleistungsforscher und Unternehmen sind sich darüber einig, dass alle diese Bereiche gefördert und besser aufeinander abgestimmt werden müssen. Innerhalb der Dienstleistungswissenschaft ist das Dienstleistungs-Engineering ein gutes Beispiel. Es hat sich zu einer eigenen technischen Fachrichtung entwickelt, in der die systematische Entwicklung und Gestaltung von Dienstleistungsprodukten unter Verwendung geeigneter Modelle, Methoden und Werkzeuge behandelt wird. Zwar umfasst das Dienstleistungs-Engineering auch Bereiche des Dienstleistungsmanagements, doch ist sein Hauptschwerpunkt die Entwicklung von neuen Dienstleistungsprodukten. Gleichzeitig befasst sich das Dienstleistungs-Engineering auch mit der Gestaltung von Entwicklungssystemen, d.h. mit den dienstleistungsbezogenen Fragen des allgemeinen FuE- und Innovationsmanagements. Integrierte Ansätze für die parallele technische Planung von materiellen Gütern, Software und Dienstleistungen werden eine gewohnte Erscheinung.

Die Grundlagenforschung zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, Methoden und Instrumente wird dem Dienstleistungs-Engineering zu einem Aufschwung verhelfen. Und schließlich wird die zunehmende Harmonisierung der Dienstleistungsstandards die Spezialisierung und effiziente Entwicklung von neuen Dienstleistungen fördern (12).

Dienstleistungs-Engineering ist einer der wenigen Bereiche im Dienstleistungssektor, der grundlegend durch die europäische Forschung geprägt wurde. Eine engere Verflechtung mit internationalen Netzen und der gezielte Aufbau einer eigenen Fachwelt für Dienstleistungs-Engineering sind unerlässlich, um künftig in diesem Bereich eine Führungsrolle zu behalten (13).

4.7

Priorität 7: Binnenmarkt und Regelungen im Bereich der Unternehmensdienstleistungen

Verringerung und Vereinfachung der regulatorischen Belastungen — Es gibt verschiedene restriktive Faktoren, mit denen die Anbieter von Unternehmensdienstleistungen zu kämpfen haben und die ihre Bemühungen, die Produktivität zu steigern und ihre Dienste auch in anderen Mitgliedstaaten anzubieten, zunichte machen. Dazu gehören Probleme im Zusammenhang mit der Arbeitskräftemobilität und der Anerkennung von Berufsqualifikationen. Der Umfang und die Komplexität der Regulierungen hat in den letzten Jahren ständig zugenommen, so dass kleine Dienstleistungsanbieter unter dieser Belastung immer mehr zu leiden haben. Die wichtigsten Punkte, die Aufmerksamkeit verlangen, sind:

Gründung und Übertragung von Unternehmen — Die Zeit und die Mittel, die für die Neugründung oder die Übertragung eines Unternehmens erforderlich sind, stehen KMU nicht zur Verfügung.

Hindernisse für den Export von Dienstleistungen — Kleine und mittlere Unternehmen, die ihre Dienstleistungen exportieren wollen, müssen einen erheblichen Aufwand und hohe Kosten für die Ermittlung der für ihr Unternehmen relevanten Bestimmungen sowie für Beratungen in Kauf nehmen. Um unnötige Hindernisse für europäische Dienstleister auf den Außenmärkten für Unternehmensdienstleistungen zu beseitigen, muss diese Frage auch in den internationalen Handelsverhandlungen erörtert werden. Die von der Europäischen Kommission erstellte Datenbank über den Marktzugang kann ein wichtiges Hilfsmittel für die Erkennung derartiger Hindernisse sein.

Hindernisse für die multidisziplinäre Zusammenarbeit — Einige der bestehenden Hindernisse für den Zugang von freiberuflichen Dienstleistungsanbietern können möglicherweise mit dem Inkrafttreten der Dienstleistungsrichtlinie beseitigt werden.

Unzureichende Umsetzung des EU-Rechts sowie Unterschiede in der einzelstaatlichen Gesetzgebung. Selbst wenn Rechtsvorschriften dem Binnenmarkt nicht direkt entgegenstehen, so wirken sich die großen Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedstaaten doch nachteilig auf die Marktintegration aus.

Öffentliches Auftragswesen und Bestimmungen bezüglich des Wettbewerbs zwischen privaten und staatlichen Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.

Hindernisse für das grenzübergreifende Anbieten von Dienstleistungen — Berufsverbände legen in ihren Bestimmungen eine defensive Haltung bezüglich der Zulassung von Dienstleistungsanbietern aus anderen Mitgliedstaaten an den Tag.

Entsendung hochqualifizierter Arbeitskräfte — Es treten Schwierigkeiten bei der Entsendung von Arbeitskräften in andere Mitgliedstaaten auf, selbst wenn es sich um hochqualifizierte Arbeitskräfte handelt. In seiner Stellungnahme zur Entsendung von Arbeitskräften (14) schlägt der EWSA diesbezüglich eine Reihe von Handlungsmöglichkeiten vor.

Anerkennung von Berufsabschlüssen — Die Umsetzungsfrist für die Richtlinie 2005/36/EG vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, durch die fünfzehn einschlägige Richtlinien ersetzt wurden, ist am 20. Oktober 2007 abgelaufen. Durch diese Richtlinie sollte ein echtes umfassend modernisiertes Gemeinschaftssystem entstehen, in dem der EU-Markt für Unternehmensdienstleistungen durch flexiblere und automatische Anerkennung von Qualifikationen gefördert wird. Mittlerweile bietet eine Initiative der Europäischen Kommission zu einem Binnenmarktinformationssystem (BIS) einen praktischen Ansatz für Behörden und Arbeitgeber in den Mitgliedstaaten, um in einer zentralen Datenbank die (auf regionaler und nationaler Ebene) zuständige Behörde zu ermitteln, die befugt ist, Befähigungs- und Qualifizierungsnachweise auszustellen und die Authentizität derartiger Nachweise zu prüfen.

Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie — Eine sektorspezifische Analyse würde Unternehmensdienstleister in die Lage versetzen, das neue Regelungsumfeld möglichst optimal zu nutzen, vor allem um während und nach der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie die noch verbleibenden Hindernisse zu ermitteln. So werden in einer Untersuchung von 2010 an die Fortschritte bei der Umsetzung bewertet, wobei die Art und Weise, wie diese Fortschritte erzielt werden, aufmerksam verfolgt wird. Besonderes Augenmerk sollte dabei den Auswirkungen auf die Unternehmensdienstleistungen als Wirtschaftsform gelten. Das Binnenmarktinformationssystem kann nützliche Informationen für Anschlussmaßnahmen und für die weitere Verringerung der Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten liefern.

Brüssel, den 9. Juli 2008

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  ABl. C 318 vom 23.12.2006, S. 4 (CCMI/035).

(2)  KOM(2007) 374 endg. vom 4. Juli 2007.

(3)  SEK(2007) 1059 vom 27. Juli 2007. Anm. d. Ü.: Dieses Dokument liegt nur in englischer Fassung vor.

(4)  Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006.

(5)  Siehe Pressemitteilung IP/08/192 vom 7. Februar 2008.

(6)  Memo/08/125 vom 10. März 2008.

(7)  KOM(2007) 359 endg.

(8)  KOM(2008) 133 endg. vom 11. März 2008.

(9)  ABl. C 256 vom 27.10.2007, S. 93 (SOC/251).

(10)  ABl. C 256 vom 27.10.2007, S. 8 (INT/324).

(11)  ABl. C 256 vom 27.10.2007, S. 17 (INT/325).

(12)  „Service engineering — methodical development of new service products“ von Hans-Jörg Bullinger, Klaus-Peter Fähnrich und Thomas Meiren.

(13)  Thomas Meiren, Fraunhofer Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation, Stuttgart.

(14)  Siehe CESE 995/2008 vom 29. Mai 2008 (SOC/282). ABl. C 224 vom 30.8.2008, S. 95.


ANHANG

zu der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Folgender Text der Fachgruppenstellungnahme wurde gemäß einem vom Plenum angenommenen Änderungsantrag geändert, erhielt jedoch mehr als ein Viertel der abgegebenen Stimmen:

Ziffer 2.2 — zweiter Aufzählungspunkt:

„—

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Bereich der Unternehmensdienstleistungen — Aus sozialpolitischer Sicht muss auf sektoraler Ebene eingehend geprüft werden, welche Probleme sich im Zusammenhang mit den neuen Beschäftigungsformen ergeben, die im Rahmen der Interaktionen zwischen dem Unternehmensdienstleistungssektor und der Fertigungsindustrie entstehen. Dabei sind sowohl die Bereiche Bildung, Weiterbildung und lebenslanges Lernen als auch die Beschäftigungsbedingungen für Arbeitnehmer einschließlich der von Auslagerungsprozessen Betroffenen zu berücksichtigen. Zur Erreichung dieses Ziels sollte die Agenda für den sozialen Dialog ausgeweitet werden, um die Veränderungen im Bereich der Arbeitsbedingungen und der Beschäftigungsmöglichkeiten zu untersuchen, die sich aufgrund des Strukturwandels im Bereich der Unternehmensdienstleistungen ergeben.“

Abstimmungsergebnis:

87 Stimmen für den Änderungsantrag, 35 Gegenstimmen und 13 Stimmenthaltungen.


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