EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52007AE1703

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Wein und zur Änderung bestimmter Verordnungen KOM(2007) 372 endg. — 2007/0138 (CNS)

ABl. C 120 vom 16.5.2008, p. 42–46 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

16.5.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 120/42


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Wein und zur Änderung bestimmter Verordnungen“

KOM(2007) 372 endg. — 2007/0138 (CNS)

(2008/C 120/10)

Der Rat beschloss am 7. September 2007, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 36 und 37 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Wein und zur Änderung bestimmter Verordnungen“

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe nahm ihre Stellungnahme am 27. November 2007 an Berichterstatter war Herr KIENLE.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 440. Plenartagung am 12./13. Dezember 2007 (Sitzung vom 12. Dezember) mit 109 gegen 5 Stimmen bei 12 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Zusammenfassung der Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt, dass die Europäische Kommission mit ihrem Entwurf zur Reform der Europäischen Weinmarktorganisation im Grundsatz die Beibehaltung einer weinspezifischen Marktorganisation vorschlägt. Er hätte sich gewünscht, dass die EU-Kommission mehr seiner Vorschläge, die er in seiner Stellungnahme vom 14.12.2006 zur „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische ParlamentAuf dem Weg zur Nachhaltigkeit im europäischen Weinsektor“  (1) entwickelt hatte, aufgegriffen hätte.

1.2

Der EWSA fordert erneut, dass das wichtigste Ziel der Reform sein muss, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Weine zu verbessern und Marktanteile zurückzugewinnen. Dabei sollte die Kommission bei der Reform und den Außenhandelsregelungen die Position des europäischen Weinsektors als Weltmarktführer stärker berücksichtigen.

1.3

Der EWSA unterstreicht, dass der Wein und der Weinbau wichtige und integrale Bestandteile der europäischen Kultur und Lebensart sind. Der Weinbau prägt in vielen europäischen Weinbauregionen das gesellschaftliche und wirtschaftliche Umfeld. Der Ausschuss legt deshalb Wert darauf, dass sowohl bei den Zielen als auch bei den Maßnahmen nicht nur die ökonomischen Konsequenzen, sondern auch die Folgen für Beschäftigung, Sozialgefüge, Umwelt — insbesondere durch die Rodeprogramme — sowie Verbraucherschutz und Gesundheit bei der Reform bedacht werden. Dies erfolgt in dem Entwurf der EU-Kommission nur in unzureichender Weise.

1.4

Der EWSA weist darauf hin, dass der Weinbau in der Europäischen Union Existenzgrundlage für 1,5 Mio. überwiegend kleine Familienbetriebe ist und über 2,5 Mio. Arbeitnehmern zumindest saisonal Beschäftigung gibt. Daher achtet der Ausschuss besonders darauf, dass bei der Reform Maßnahmen bevorzugt werden, die sich positiv auf die Einkommen der Winzer und die Beschäftigungsmöglichkeiten im europäischen Weinbau auswirken.

1.5

Der EWSA erachtet den Vorschlag der Europäischen Kommission, den Wein erzeugenden Mitgliedstaaten jeweils einen nationalen Finanzrahmen zur Verfügung zu stellen, als wichtigen Beitrag zu mehr Subsidiarität und Berücksichtigung der regionalen Unterschiede. Der Katalog an Förderinstrumenten muss jedoch ausgebaut werden, um die Ziele der Reform zu erreichen.

1.6

Der EWSA bewertet die von der Europäischen Kommission vorgelegten Vorschläge für Maßnahmen der Verbraucherinformation als unzureichend. Er begrüßt die Vorschläge für die Absatzförderung auf Exportmärkten, hält jedoch eine Ausdehnung auf den Binnenmarkt für notwendig.

2.   Vorschläge der EU-Kommission

2.1

Die Europäische Kommission schlägt eine Reform der Marktorganisation für Wein vor allem in folgenden Bereichen vor:

Stützungsmaßnahmen in einem nationalen Finanzrahmen für die Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen, Grünernte, Fonds auf Gegenseitigkeit, Ernteversicherung sowie Absatzförderung auf Drittmärkten;

Mittelübertragung auf den ländlichen Raum;

Änderung der Vorschriften für die Weinbereitung, insbesondere für önologischen Verfahren, Alkoholerhöhung und Säuerung;

Änderung der Kennzeichnungsvorschriften, insbesondere bezüglich der Angabe des Ursprungs und der Herkunft sowie Anpassung der übrigen Kennzeichnungsvorschriften;

Erzeuger- und Branchenorganisationen;

Liberalisierung der Anpflanzregelungen ab 2013;

Freiwilliges Rodungsprogramm;

Abschaffung von bisherigen Marktmechanismen;

Übertragung von Kompetenzen vom Ministerrat auf die EU-Kommission.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Der EWSA kann die Ziele des Vorschlags der Europäischen Kommission weitgehend unterstützen. Hinsichtlich der vorgeschlagenen Maßnahmen hält er jedoch Anpassungen und Verbesserungen für erforderlich.

3.2

Der EWSA erneuert seine Forderung, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Weinerzeuger im Binnenmarkt und auf den Exportmärkten zu verbessern, den europäischen Wirtschaftsstandort zu stärken, Qualitätsanstrengungen zu unterstützen und sich vermehrt an den Marktentwicklungen und Verbraucherwünschen auszurichten. Die Kommission trägt bei ihrem vorgelegten Verordnungsentwurf diesen Forderungen nicht ausreichend Rechnung.

3.3

Der EWSA legt weiterhin Wert darauf, dass die ökonomischen Ziele konkretisiert und um soziale und beschäftigungspolitische Ziele ergänzt werden. Hierzu zählen eine Verbesserung der Einkommenssituation für die Weinbaubetriebe, bessere Entwicklungsmöglichkeiten von Jungwinzern, nachhaltige Beschäftigungsmöglichkeiten und eine angemessene Entlohnung für Vollarbeitskräfte und für saisonale Arbeitnehmer.

3.4

Der EWSA steht nach wie vor einer Übertragung von Kompetenzen vom Ministerrat auf die Kommission, z. B. bei der Zulassung neuerer Weinbereitungsverfahren, kritisch gegenüber, da die Kommission bei der Verhandlung bilateraler Abkommen die Interessen der europäischen Weinerzeuger unzureichend vertreten hat.

3.5

Der EWSA bestätigt seine Auffassung, dass die derzeitigen Finanzmittel aufgestockt werden müssen, um dem Beitritt von zwei neuen Erzeugerländern zur EU Rechnung zu tragen.

3.6

Der EWSA fordert erneut eine bessere und umfassendere Marktbeobachtung, um als Grundlage für die Organisation des Weinmarkts bessere Daten über die Erzeugung, den Handel und den Verbrauch zu erhalten. Die bisher verwendeten Gesamtdaten sind wichtig, aber unzureichend. Notwendig sind auch aktuelle Informationen über Veränderungen der Produktionsstrukturen, der Absatzwege und des Konsumentenverhaltens.

3.7

Der EWSA unterstützt die Kommission in ihrer Auffassung, dass die neue Weinmarktorganisation baldmöglichst in Kraft treten soll. Er hält jedoch eine „phasing-out-Periode“ für erforderlich, um den Betrieben bei Bedarf eine schrittweise Anpassung an die neuen Rahmenbedingungen zu ermöglichen.

3.8

Der EWSA begrüßt, dass die EU-Kommission ihren Vorschlag für ein Rodungsprogramm modifiziert hat. Er hält es jedoch für sinnvoll, dass diese Maßnahmen innerhalb regionaler bzw. nationaler Strukturprogramme durchgeführt werden, um negative Auswirkungen singulärer Rodungen (z. B. Brachland inmitten von Weinbergsgelände) zu verhindern und eine geordnete Durchführung zu gewährleisten.

3.9

Der EWSA wiederholt seine Ablehnung gegenüber einer totalen Liberalisierung der Anpflanzungsregeln, da hierdurch die ökonomischen, sozialen, umweltpolitischen und landschaftserhaltenden Ziele der Weinmarktreform gefährdet werden.

4.   Spezielle Bemerkungen

4.1   Titel II: Stützungsmaßnahmen Kapitel 1: Stützungsprogramme

4.1.1

Der EWSA begrüßt, dass seinen Forderungen nach stärkerer Berücksichtigung der regionalen Unterschiede und einer konsequenteren Umsetzung der Subsidiarität im Weinsektor mit der Einführung eines nationalen Finanzrahmens grundsätzlich Rechnung getragen wird. Allerdings betrachtet er die angebotenen Stützungsmaßnahmen als unzureichend.

4.1.2

Der EWSA stimmt der EU-Kommission zu, dass ein konsequenter und angemessener Gemeinschaftsrahmen beibehalten werden muss. Innerhalb dieses Rahmens soll es in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegen, Maßnahmen für ihre Weinbaugebiete auszuwählen. Dabei kann den Erzeugerorganisationen, Branchenvereinigungen, Regulierungsorganisationen und anderen Einrichtungen mit entsprechender Zielsetzung eine große Bedeutung zugemessen werden.

4.1.3

Der EWSA spricht sich für einen umfangreicheren Maßnahmenkatalog aus, um den Zielen der Marktorganisation gerecht werden zu können. Er verweist auf seine früheren Stellungnahen zur Reform GMO/Wein (2), in denen er bereits unter anderem Programme zur Förderung der Qualitätsprodukte im Weinbau, in der Kellerwirtschaft, in der Vermarktung und in der Verbraucherinformation, Maßnahmen zu Gunsten der benachteiligten Gebiete sowie die Möglichkeit flächenbezogener Direkthilfen gefordert hatte.

4.1.4

Der EWSA erneuert seine Forderung nach kohärenten und integrierten Maßnahmen, um die größtmögliche Wirksamkeit zu erzielen. Diese Maßnahmen müssen daher in umfassende Pläne für die gesamte Produktionskette integriert werden, die vom Weinanbau über die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung des Produkts reichen. Hierzu zählen auch Maßnahmen zur Erschließung alternativer Absatzmärkte für alle Erzeugnisse der Weintraube.

4.1.5

Der EWSA fordert erneut mit Nachdruck ein spezielles Programm zur Förderung der benachteiligten Weinbaugebiete, wie z. B. Steil- und Hanglagen sowie diejenigen Gebiete, die extremen klimatischen Bedingungen unterworfen sind.

4.1.6

Der EWSA begrüßt, dass die EU-Kommission innerhalb des nationalen Finanzrahmens Exportförderungsmaßnahmen eine wesentliche Bedeutung beigemessen hat. Zusätzlich sind Maßnahmen erforderlich, um im Binnenmarkt die Verbraucher über die Kultur des Weinbaus zu informieren und sie insbesondere über die Vorzüge eines moderaten Weinkonsums und die Gefahren des Missbrauchs aufzuklären. Er erneuert seine Forderung, die Einrichtung einer europäischen Marktbeobachtung zu unterstützen.

4.1.7

Der EWSA hält einen sofortigen Ausstieg aus den Interventionsmaßnahmen für nicht vertretbar. Daher empfiehlt er, dass innerhalb des nationalen Finanzrahmens in der „phasing-out-Periode“ 2008-2010 Beihilfen für Destillationen zur Herstellung von Trinkbranntwein und zur privaten Lagerhaltung angeboten werden können.

4.1.8

Der EWSA ist der Auffassung, dass innerhalb des nationalen Finanzrahmens Maßnahmen zur Krisenbewältigung vorgesehen werden müssen, die auf der Mitverantwortung der Erzeuger basieren. Die bisher vorgesehenen Maßnahmen (Ernte-Versicherung und Fonds auf Gegenseitigkeit) sind unzureichend für die Bewältigung konjunktureller Krisen. Daher sollte geprüft werden, ob die bisherigen Krisendestillationen sich bewährt haben und eine Krisendestillation innerhalb des nationalen Finanzrahmens vorgesehen werden kann.

4.1.9

Das geltende Verbot für das vollständige Auspressen von Weintrauben, von Maische und von Weintrub hat sich bewährt, um die Qualität der Weinerzeugnisse zu gewährleisten und eventuellen Missbrauch zu vermeiden. Es sollte daher beibehalten werden. Den Mitgliedstaaten sollte die Ermächtigung eingeräumt werden, die zu destillierenden Prozentsätze der Erzeugung in bestimmten Jahren zu erhöhen.

4.1.10

Der EWSA nimmt zur Kenntnis, dass die EU-Kommission hinsichtlich der Verteilung des Budgets für den nationalen Finanzrahmen einen Vorschlag entwickelt hat. Für die neuen EU-Mitgliedstaaten, bei denen es keinen historischen Bezug gibt, sollte ein eigener Finanzschlüssel entsprechend der Rebflächenanteile festgelegt werden.

4.2   Kapitel 2: Mittelübertragung

4.2.1

Der EWSA hat in verschiedenen Stellungnahmen die Bedeutung der 2. Säule für die zukünftige Entwicklung des ländlichen Raums, zu dem auch die europäischen Weinbaugebiete zählen, betont. Aber auch unter Berücksichtigung dieser grundsätzlichen Zielrichtung spricht er sich zur Lösung der speziellen Probleme des Weinsektors dafür aus, dass die im Rahmen der Weinmarktreform diskutierten Maßnahmen insgesamt aus dem Weinbudget finanziert werden. Daher darf das Budget weder durch Kürzungen noch durch Mitteltransfers geschmälert werden.

4.3   Titel III: Regulierungsmaßnahmen Kapitel 2: Önologische Verfahren und Einschränkungen

4.3.1

Der EWSA hält eine international akzeptierte Definition des Produktes Wein für unbedingt erforderlich. Dies verlangt auch die Festlegung von anerkannten Produktionsmethoden. Es sollte klargestellt werden, dass sog. „Fruchtweine“ nicht Gegenstand der Weinmarktorganisation sind.

4.3.2

Der EWSA spricht sich dafür aus, die Orientierung der Weinbereitungsverfahren an die OIV-Normen konsequenter in die strategische Ausrichtung von bilateralen oder internationalen Handelsverträgen einzubeziehen. Die Zulassung jeglicher Verfahren bei Importweinen, die irgendwo auf der Welt akzeptiert werden, widerspricht der stärkeren Orientierung an den OIV-Normen für europäische Weine und würde zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen führen. Ebenso widerspricht der EWSA dem Vorschlag, beim Export von Weinen önologische Verfahren zuzulassen, die bei der Vermarktung im Binnenmarkt verboten sind.

4.3.3

Der EWSA spricht sich für ein Verzeichnis der zulässigen önologischen Verfahren als Anhang zu dieser Verordnung aus und der Rat sollte die Befugnisse zur Aktualisierung dieser Verfahren und zur Zulassung neuer Verfahren behalten.

4.3.4

Der EWSA begrüßt, dass die EU-Kommission von der vorgesehenen Zulassung, aus importierten Traubenmosten oder Mostkonzentraten in Europa Wein herzustellen oder Drittlandsprodukte mit europäischen Erzeugnissen zu verschneiden, Abstand genommen hat.

4.3.5

Der EWSA fordert die Kommission auf, bei ihren Vorschlägen für die Produktionsregeln den unterschiedlichen Standort-, Klima- und Witterungsbedingungen innerhalb der Europäischen Union Rechnung zu tragen. Er weist darauf hin, dass diese Thematik sehr sensibel ist und nicht zu einer Entzweiung der europäischen Weinwirtschaft oder gar zu einer Blockade der Reformvorschläge führen darf. Der EWSA schließt sich der Forderung nach einer stärkeren Kontrolle aller önologischen Verfahren an, um die Qualität der Weine zu fördern und zu sichern.

4.3.6

Der EWSA bewertet daher die Vorschläge der Kommission unter Berücksichtigung seiner bisherigen Stellungnahme, der vorgetragenen Analysen der Kommission, der vorgeschlagenen Liberalisierung der Weinbereitungsmethoden, der Anerkennung von Weinbereitungsverfahren in bilateralen Verträgen sowie im Lichte der Reformziele, insbesondere der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Senkung der Produktionskosten. Bei Abwägung des Für und Wider des Kommissionsvorschlags spricht er sich für eine grundsätzliche Fortführung der geltenden Regelungen für die Verwendung von Saccharose und für die Beihilfe für Mostkonzentrate aus.

4.4   Kapitel 3: Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben

4.4.1

Der EWSA begrüßt, dass die EU-Kommission ihre Vorschläge zur Kennzeichnung von Weinen gemäß ihrer Herkunft präzisiert hat. Er ist ebenso wie die Kommission der Auffassung, dass das Konzept von Qualitätsweinen in der Gemeinschaft unter anderem auf den besonderen Merkmalen, die auf den geografischen Ursprung des Weins zurückgehen, basiert. Der Schutz der Ursprungsbezeichnungen sowie der geographischen Angaben ist von hoher Priorität. Deshalb sollte auch die Verwendung einer Ursprungsbezeichnung oder einer geographischen Angabe an die Weinbereitung innerhalb der begrenzten geografischen Gebiete gebunden werden.

4.4.2

Der EWSA begrüßt, dass die EU-Kommission in der Zwischenzeit ihre Vorschläge dahingehend erläutert und präzisiert hat, dass bewährte Systeme der Qualitätspolitik, die nicht oder nicht ausschließlich auf dem Prinzip der Ursprungsbezeichnungen bestehen, fortgeführt werden können. Insbesondere die Qualitätsweinprüfung hat sich in vielen Ländern im Sinne der Erzeuger und vor allem der Verbraucher bewährt.

4.4.3

Ungeachtet dessen bleiben viele Fragen hinsichtlich der Vereinbarkeit mit der Verordnung Nr. 753/2002 der Kommission vom 29. April 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates hinsichtlich der Beschreibung, der Bezeichnung, der Aufmachung und des Schutzes bestimmter Weinbauerzeugnisse (3). Der EWSA fordert daher eine Übereinstimmungstabelle vorzulegen, um die Auswirkungen auf die geographischen und traditionellen Bezeichnungen feststellen zu können.

4.5   Kapitel IV: Kennzeichnung

4.5.1

Der EWSA bewertet die Vorschläge als sehr komplex und erwartet von der Europäischen Kommission eine genaue Simulation der Folgen der vorgeschlagenen Änderungen.

4.5.2

Der EWSA verweist darauf, dass das Bezeichnungsrecht erst vor kurzem nach jahrelanger Diskussion geändert wurde. Er fordert die Europäische Kommission auf darzulegen, welche neuen Gesichtspunkte vorliegen, die bei der gerade zu Ende gegangenen Diskussion nicht gewürdigt worden sind.

4.5.3

Der EWSA begrüßt Vereinfachungen der Etikettierungsregeln, wenn sie der besseren Verbraucherinformation dienen. Derartige Änderungen dürfen jedoch nicht dazu führen, dass die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen oder Irreführung der Verbraucher wächst und zu einer Flut von gerichtlichen Auseinandersetzungen führt. Unter diesen Gesichtspunkten ist auch der Vorschlag der EU-Kommission für eine fakultative Angabe von Rebsorte und Jahrgang für Weine ohne Ursprungsbezeichnung bzw. geographischer Angabe als bedenklich zu bewerten. Dieser Vorschlag kann nur dann akzeptiert werden, wenn im Sinne des Verbraucherschutzes und zur Vermeidung der Irreführung und eines unlauteren Wettbewerbs ein Kontroll- und Zertifizierungssystem für die Rückverfolgbarkeit dieser Weine sichergestellt wird.

4.5.4

Der EWSA weist darauf hin, dass bei einer immer größer werdenden Europäischen Union die Sprachenvielfalt wächst und daraus Handelsbehinderungen entstehen können, wie dies zur Zeit bei der Angabe der Sulfite der Fall ist. Daher ist bei der Etikettierung von obligatorischen Angaben, z. B. Zutaten, die Möglichkeit zu schaffen, sie durch allgemein verständliche Symbole anzugeben.

4.6   Titel V: Produktionspotenzial

4.6.1

Der EWSA begrüßt, dass die Kommission ihre Vorschläge bezüglich der Rodungsregelungen modifiziert und das vorgesehene Budget gekürzt hat. Er erkennt die Bedeutung der Rodung als ein Instrument der Marktorganisation an, das als Bestandteil regionaler bzw. nationaler Strukturprogramme innerhalb des gemeinschaftlichen Gesamtrahmens zeitlich limitiert für drei bis fünf Jahre angeboten werden soll. Die Rodung sollte zur Beseitigung von Reben auf Flächen, die nicht für den Weinbau geeignet sind, und zur sozialen Abfederung des Ausstiegs von nicht zukunftsfähigen Betrieben als freiwillige Maßnahme angeboten werden.

4.6.2

Der EWSA begrüßt, dass die Kommission ihre ursprünglichen Terminpläne für die Liberalisierung der Anpflanzungsregeln modifiziert hat. Jedoch lehnt der EWSA nach wie vor eine völlige Liberalisierung — auch zu einem späteren Zeitpunkt — ab, da hierdurch die ökonomischen, sozialen, umweltpolitischen und landschaftserhaltenden Ziele der Weinmarktreform gefährdet werden. Eine Verlagerung des Weinanbaus aus den kulturell wertvollen Weinlandschaften in die kostengünstiger zu bewirtschaftenden Flächen kann aufgrund der Gesamtverantwortung für die Beschäftigung, für die Ökonomie und Infrastruktur der Weinbaugebiete, für das Sozialgefüge, für die Umwelt und den Naturschutz nicht unterstützt werden.

4.6.3

Wenn die europäische Anbauregelung verbunden mit einem Neuanpflanzungsverbot nicht fortgesetzt werden soll, dann ist ein Ermächtigungsrahmen zu schaffen, damit die Weinbauregionen ihre Pflanzrechte- und Anbauregelungen im Einklang mit den Zielen der Europäischen Weinmarktorganisation fortführen oder ausgestalten können.

4.7   Neuer Titel: Absatzförderung und Information

4.7.1

Der EWSA bewertet die Vorschläge der Kommission für unzureichend, um im Binnenmarkt Marktanteile gegenüber den Weinen aus Drittländern, insbesondere der Neuen Welt, zurückzugewinnen.

4.7.2

Der EWSA fordert die Kommission auf, im nationalen Finanzrahmen eine Förderung von Maßnahmen für die Verbraucherinformation und die Absatzförderung nicht nur auf Exportmärkten, sondern auch im Binnenmarkt vorzusehen. Dabei muss einer umfassenden Information über die Vorzüge eines moderaten Weinkonsums als Bestandteil einer gesundheitsbewussten Ernährung und eines modernen Lebensstils besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.

4.7.3

Der EWSA betont, dass die Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen alle aus der Weintraube hergestellten Erzeugnisse berücksichtigen sollen.

4.7.4

Der EWSA empfiehlt, die Kommunikationsmaßnahmen für Weinerzeugnisse mit Tourismus, Gastronomie und anderen Erzeugnissen der Weinbauregionen zu verknüpfen.

Brüssel, den 12. Dezember 2007

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  ABl. C 325 vom 30.12.2006, S. 29.

(2)  ABl. C 101 vom 12.4.1999, S. 60-64 + idem Fußnote 1.

(3)  ABl. L 118 vom 4.4.2002, S. 1-54.


ANHANG

zur Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Folgende Änderungsanträge, die mehr als ein Viertel der abgegebenen Stimmen als Ja-Stimmen auf sich vereinigen konnten, wurden abgelehnt:

Ziffer 4.3.6

Letzten Absatz streichen und wie folgt ersetzen:

Nach Abwägung des Für und Wider des Kommissionsvorschlags vertritt der EWSA die Ansicht, dass die Möglichkeit der Verwendung von Saccharose für Länder, die ein solches Verfahren bereits praktizieren, beibehalten werden sollte, soweit dies auf gesetzliche und herkömmliche Art und Weise geschieht. Um jedoch die Gleichbehandlung aller Weinerzeuger in der EU zu gewährleisten, müssen die Beihilferegelungen für Mostkonzentrate bzw. rektifizierte Mostkonzentrate beibehalten und hinsichtlich der niedrigeren Zuckerpreise an die neuen Marktbedingungen angepasst werden. Diese Beihilfen, die notwendig sind, um auch weiterhin im Wesentlichen gleiche Kosten zu gewährleisten, dürfen sich nicht auf die nationalen Finanzrahmen auswirken, sondern sollten einen eigenständigen Haushaltsposten für Weinbau bilden.

Begründung

Die bereits seit einiger Zeit geltende Reform der GMO/Zucker sowie die komplexe Reform der GMO/Wein führen zu einer tief greifenden Veränderung der Kostenstruktur der Weinerzeugung. Sollen der „Status quo ante“ wirklich beibehalten und Wettbewerbsverzerrungen (Zucker und Most gelten bei Anreicherung von Wein als Konkurrenzprodukte) grundsätzlich verhindert werden, müssen die Beihilfen für Most entweder angepasst oder haushaltstechnisch aus den nationalen Finanzrahmen ausgegliedert werden.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 25 Nein-Stimmen: 54 Stimmenthaltungen: 8

Neue Ziffer 4.3.7

Neue Ziffer einfügen:

4.3.7

Der EWSA vertritt die Ansicht, dass die Verwendung von Saccharose zur Anreicherung von Wein auf den Etiketten der angereicherten Weine vermerkt werden muss, da dabei ein nicht aus der Weintraubenverarbeitung stammendes Produkt hinzugefügt wird und sich der Ausschuss als Institution der Transparenz der Kennzeichnung und dem Verbraucherschutz verpflichtet sieht.

Begründung

Es gehört zu den unveräußerlichen und elementaren Aufgaben des EWSA, sich ständig und kontinuierlich für höchste Transparenz bei der Information der Verbraucher von Waren und Dienstleistungen einzusetzen.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 30 Nein-Stimmen: 70 Stimmenthaltungen: 21


Top