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Document 32014D0416

    2014/416/EU: Beschluss der Kommission vom 9. April 2014 über die von Frankreich durchgeführte staatliche Beihilferegelung SA.23257 (12/C) [ex NN 8/10, ex CP 157/07] (Branchenvereinbarung des französischen Verbands zur Förderung des Garten- und Landschaftsbaus Val'Hor (Association française pour la valorisation des produits et des secteurs professionnels de l'horticulture et du paysage — Val'Hor)) (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2014) 2223)

    ABl. L 192 vom 1.7.2014, p. 59–65 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2014/416/oj

    1.7.2014   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 192/59


    BESCHLUSS DER KOMMISSION

    vom 9. April 2014

    über die von Frankreich durchgeführte staatliche Beihilferegelung SA.23257 (12/C) [ex NN 8/10, ex CP 157/07] (Branchenvereinbarung des französischen Verbands zur Förderung des Garten- und Landschaftsbaus Val'Hor (Association française pour la valorisation des produits et des secteurs professionnels de l'horticulture et du paysage — Val'Hor))

    (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2014) 2223)

    (Nur der französische Text ist verbindlich)

    (2014/416/EU)

    DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

    nach Aufforderung der Interessenträger zur Äußerung gemäß dem genannten Artikel und angesichts dieser Stellungnahmen,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    I.   VERFAHREN

    (1)

    Mit Schreiben vom 9. Mai 2007 ging bei der Kommission eine Beschwerde über die Ausdehnung der Branchenvereinbarung des französischen Verbands zur Förderung des Garten- und Landschaftsbaus Val'Hor (Association française pour la valorisation des produits et des secteurs professionnels de l'horticulture et du paysage — Val'Hor) ein. Der Fall wurde unter der Nr. CP 157/07 registriert. Am 4. Februar 2010 wurde diese Regelung unter der Nr. NN 8/10 als nicht angemeldete staatliche Beihilfe erfasst.

    (2)

    Im Rahmen der Beschwerde Nr. CP 157/07 gingen am 26. Oktober 2009 und am 16. Mai 2011 Stellungnahmen des Beschwerdeführers bei der Kommission ein.

    (3)

    Die Kommissionsdienststellen haben die französischen Behörden mit Schreiben vom 13. Juli 2007, 10. Dezember 2007, 26. Juni 2008, 22. Februar 2010, 16. Dezember 2010 und 13. Oktober 2011 aufgefordert, weitere Informationen zu einer möglichen staatlichen Beihilfe im Bereich Gartenbau vorzulegen. Frankreich hat diese Informationen mit Schreiben vom 17. Oktober 2007, 7. April 2008, 1. September 2008, 2. April 2010, 22. Februar 2011 und 15. November 2011 vorgelegt.

    (4)

    Mit dem Beschluss C(2011) 10053 vom 11. Januar 2012 eröffnete die Kommission das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV.

    (5)

    Der Eröffnungsbeschluss der Kommission für das Verfahren wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (1) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Interessenträger auf, sich zu der betreffenden Maßnahme zu äußern.

    (6)

    Bei der Kommission sind Stellungnahmen der Interessenträger eingegangen, die sie an Frankreich weitergeleitet hat, damit es Gelegenheit zur Stellungnahme hat.

    (7)

    Per E-Mail vom 20. Januar 2012 übermittelte die ständige Vertretung Frankreichs bei der Europäischen Union der Kommission ein Schreiben der französischen Behörden, in dem diese um eine weitere Frist von einem Monat für ihre Stellungnahme zur Eröffnung des Verfahrens baten. Diese Fristverlängerung wurde per Fax vom 26. Januar 2012 gewährt.

    (8)

    Per E-Mail vom 14. März 2012 übermittelte die ständige Vertretung Frankreichs bei der Europäischen Union die Stellungnahme der französischen Behörden zur Eröffnung des Verfahrens gemäß Artikel 108 Absatz 2 AEUV.

    (9)

    Per E-Mail vom 10. Juli 2012 übermittelte die ständige Vertretung Frankreichs bei der Europäischen Union die Reaktion der französischen Behörden auf die Äußerungen der verschiedenen Interessenträger.

    II.   BESCHREIBUNG

    DER BRANCHENVERBAND VAL'HOR IM ÜBERBLICK

    (10)

    Der französische Verband für Garten- und Landschaftsbau Val'Hor ist eine anerkannte Branchenorganisation für den Bereich Gartenbau in Frankreich. Sein Aufbau und seine Funktionsweise sind in den Artikeln L. 631-1 ff. des französischen Flurgesetzbuchs („Code Rural“) geregelt.

    (11)

    Der 1997 gegründete französische Verband für Garten- und Landschaftsbau wurde am 13. August 1998 von den staatlichen Stellen als nationale Branchenvertretung des Bereichs Garten- und Landschaftsbau im Sinne von Artikel L. 632-1 des Flurgesetzbuchs („Code Rural“) anerkannt. Seine Satzung wurde von der Hauptversammlung am 25. März 2004 gebilligt.

    (12)

    Val'Hor darf — wie die anderen anerkannten Branchenverbände — Vereinbarungen abschließen und bei allen Mitgliedern der angeschlossenen Berufsgruppen freiwillige Beiträge zu deren Finanzierung erheben. Diese Vereinbarungen können für alle Branchenangehörigen unabhängig davon, ob sie im Branchenverband Val'Hor Mitglied sind oder nicht, nach den Vorgaben des „Code Rural“ durch Ministerialerlass (sogenannte „allgemeinverbindlich erklärte“ Vereinbarung) verbindlich gemacht werden. Gemäß „Code Rural“ ist eine Allgemeinverbindlicherklärung der Vereinbarungen nur zulässig, wenn diese auf ein „gemeinsames Interesse“ zielen, das auf Maßnahmen „im Sinne des Allgemeinwohls und in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Gemeinsamen Agrarpolitik“ beruht (siehe Artikel L. 632-3 des „Code Rural“).

    (13)

    Val'Hor nahm am 12. November 2004 die Finanzierungsvereinbarung für die Branche an, die am 14. September 2006 durch den Nachtrag Nr. 1 geändert wurde. Gemäß Artikel II dieser Vereinbarung muss jedes Mitglied einer in der Branchenorganisation Val'Hor vertretenen Berufsgruppe — ob natürliche oder juristische Person — einen Jahresbeitrag abführen.

    (14)

    Die im Rahmen von Val'Hor geschlossene Finanzierungsvereinbarung der Branche wurde am 12. April 2005 durch Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft, Ernährung, Fischerei und ländlichen Raum, der im Amtsblatt der Französischen Republik (JORF) vom 12. Mai 2005 veröffentlicht wurde, erstmals für die Dauer eines Jahres für allgemeinverbindlich erklärt. Durch Erlass vom 16. November 2006, der im Amtsblatt der Französischen Republik vom 8. Dezember 2006 veröffentlicht wurde, wurde sie für ein weiteres Jahr für allgemeinverbindlich erklärt.

    (15)

    Durch Erlass vom 31. März 2008, der im Amtsblatt der Französischen Republik vom 11. April 2008 veröffentlicht wurde, wurden die Bestimmungen der Branchenvereinbarung vom 21. Februar 2008 für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2008 auf alle Mitglieder der dem Verband angehörenden Berufsgruppen ausgedehnt. Durch Erlass vom 16. September 2008, der im Amtsblatt der Französischen Republik vom 25. September 2008 veröffentlicht wurde, wurden die Bestimmungen der Branchenvereinbarung vom 22. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2010 für allgemeinverbindlich erklärt. Durch Erlass vom 27. Mai 2010, der im Amtsblatt der Französischen Republik vom 8. Juni 2010 veröffentlicht wurde, wurden die Bestimmungen der Branchenvereinbarung vom 22. Juli 2008 auf das Wirtschaftsjahr vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2011 ausgedehnt. Und schließlich wurden die Bestimmungen der Branchenvereinbarung durch Erlass vom 3. Oktober 2011, der im Amtsblatt der Französischen Republik vom 15. Oktober 2011 veröffentlicht wurde, vom 12. September 2011 bis zum 30. Juni 2014 für allgemeinverbindlich erklärt.

    (16)

    Wie aus den von den französischen Behörden am 17. Oktober 2007 vorgelegten Informationen hervorgeht, sollte mit dem freiwilligen Pflichtbeitrag (CVO), der für Unternehmen im Bereich Zierpflanzen aus Gartenbau und Baumschulen sowie im Bereich Landschaftsbau eingeführt wurde, die Durchführung von Maßnahmen und die Beschaffung von Mitteln für die gemeinsame Werbung für den Garten-, Blumen- und Landschaftsbau, entsprechende Erzeugnisse und Berufsbilder auf dem Inlands- und Auslandsmarkt, die Vermittlung von Kenntnissen zu Angebot und Nachfrage und den Marktmechanismen, Verbesserungen in Funktion, Steuerung und Transparenz des Markts, die Produktqualität, den Aufbau und die Verbesserung branchenspezifischer Praktiken und Beziehungen in dem Bereich, die Durchführung von Programmen zur Schulung, angewandten Forschung, Erprobung und Entwicklung sowie der laufende Betrieb des Verbands ermöglicht werden.

    DIE AUFGABE DES STAATES

    (17)

    Der französische Staat hat Val'Hor mit dem Erlass vom 13. August 1998 als Branchenorganisation im Sinne von Artikel L. 632-1 des „Code Rural“ anerkannt.

    (18)

    Die Funktionsweise, die Aufgaben und die Zusammensetzung von Val'Hor sind in der Satzung geregelt. Damit dieser Branchenverband anerkannt werden konnte, mussten die zuständigen Behörden prüfen, ob verschiedene Kriterien erfüllt waren, insbesondere ob die Satzung gesetzeskonform ist (Artikel L. 632-1 des „Code Rural“), ob die betreffenden in Val'Hor zusammengeschlossenen Organisationen repräsentativ sind und die Ziele der nationalen und gemeinschaftlichen Politik einhalten. Sein Bestehen, seine Aufgaben und seine Funktionsweise sind in den Artikeln L. 631-1 ff. des „Code Rural“ geregelt.

    (19)

    Den französischen Behörden zufolge stellten die von den in Val'Hor zusammengeschlossenen Mitgliedern der Berufsgruppen bezahlten Pflichtbeiträge bis 2007 die einzige Einkommensquelle des Branchenverbands dar. Obwohl Val'Hor eine privatrechtliche juristische Person ist, die sich durch Mitgliedsbeiträge des betreffenden Bereichs finanziert, ist für das Funktionieren des Beitragssystems das Eingreifen des Staates erforderlich. So werden die freiwilligen Pflichtbeiträge erst durch ein Dekret oder einen Ministerialerlass für die gesamte Branche für verbindlich erklärt.

    (20)

    Bei Val'Hor findet man Beratung zu den Leitlinien und Maßnahmen der einschlägigen Branchenpolitik (Artikel L. 632-2-1 des „Code Rural“).

    NATIONALE RECHTSGRUNDLAGE

    (21)

    Flurgesetzbuch („Code Rural“), sechstes Buch, Titel III (Artikel L. 631-1 bis L. 632-13). Ministerialerlasse über die Allgemeinverbindlicherklärung der Branchenvereinbarungen (siehe Randnummern 13-14); Branchenvereinbarungen (siehe Randnummern 10-12).

    DIE MASSNAHME

    (22)

    Mit dem Erlös aus den freiwilligen Pflichtbeiträgen sollen Maßnahmen zugunsten des Gartenbausektors durchgeführt werden, die sich in nachstehende drei Kategorien einteilen lassen: Werbemaßnahmen, Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen sowie technische Unterstützung.

    (23)

    Die französischen Behörden geben an, dass mit den Einnahmen grundsätzlich keine Ausgaben von Unternehmen einer beliebigen Berufsgruppe finanziert werden, sondern es handele sich ausschließlich um kollektiv ausgerichtete Maßnahmen.

    III.   GRÜNDE FÜR DIE ERÖFFNUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS

    (24)

    Die Kommission eröffnete das Verfahren gemäß Artikel 108 Absatz 2 AEUV, weil die erhobenen Beiträge ihrer Ansicht nach eine steuerähnliche Abgabe, d. h. öffentliche Mittel, darstellen und die Maßnahmen der Branchenverbände dem Staat zuzurechnen sind. Dazu ging sie insbesondere von ihrer Auslegung im Urteil „Pearle“ (2) aus; ihrer Ansicht nach erfüllt die Maßnahme nicht alle vom Gerichtshof in diesem Fall aufgestellten Voraussetzungen, insbesondere weil die Genehmigung der Regierung — durch Anerkennung des Branchenverbands — eine Voraussetzung für die Annahme der Mitgliedsbeiträge war und es eines staatlichen Rechtsaktes (Ministerialerlass) bedurfte, um sie rechtskräftig erheben zu können (3).

    IV.   STELLUNGNAHME DER FRANZÖSISCHEN BEHÖRDEN ZUR FÖRMLICHEN ERÖFFNUNG DES PRÜFVERFAHRENS

    (25)

    In ihrem per E-Mail vom 14. März 2012 übermittelten Schreiben widersprachen die französischen Behörden dem Standpunkt der Europäischen Kommission, wonach die von Val'Hor mit den Beitragseinnahmen durchgeführten Maßnahmen dem Staat zuzurechnen sind und im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV aus staatlichen Mitteln finanziert werden.

    (26)

    Den französischen Behörden zufolge erfüllten die von dieser Branchenorganisation durchgeführten Maßnahmen die Anforderungen des Pearle-Urteils und seien daher nicht als staatliche Beihilfe zu werten. Der Verband Val'Hor ist nämlich eine privatrechtliche juristische Person, die dem französischen Vereinsgesetz vom 1. Juli 1901 unterliegt. Er wurde ohne Druck von außen am 28. Mai 1997 auf Initiative der repräsentativsten Erzeugungs-, Vermarktungs- und Förderungsorganisationen für Zierpflanzen aus den Bereichen Garten- und Landschaftsbau gegründet. Er wurde nach Maßgabe von Artikel L. 632-1 des „Code Rural“ durch den Erlass vom 13. August 1998 anerkannt, der im Amtsblatt der Französischen Republik vom 3. September 1998 veröffentlicht wurde. Zur Gewährung dieser Anerkennung hat die Verwaltungsbehörde nur geprüft, ob die Berufsorganisationen, von denen die Gründung von Val'Hor ausging, repräsentativ sind und ob der Branchenverband das Ziel hat, gemeinsame Maßnahmen im wirtschaftlichen Interesse der privaten Unternehmen des Sektors durchzuführen.

    (27)

    Wie die französischen Behörden weiter ausführten, können nach Maßgabe der Artikel L. 632-3 und L. 632-6 des „Code Rural“ von den Mitgliedsorganisationen von Val'Hor einstimmig beschlossene Branchenvereinbarungen für alle Branchenangehörige allgemeinverbindlich gemacht und über freiwillige Pflichtbeiträge finanziert werden, wenn gemeinsame Maßnahmen oder im gemeinsamen Interesse durchgeführte Maßnahmen darin vorgesehen sind. Die Verwaltungsbehörde prüft die Vereinbarung lediglich auf Konformität mit den nationalen und europäischen Rechtsvorschriften und kontrolliert, ob mit den Einnahmen aus den erhobenen Pflichtbeiträgen regelmäßig die von der Branchenorganisation selbst definierten Maßnahmen zum Nutzen des gesamten Wirtschaftszweigs finanziert werden. So hat die Verwaltungsbehörde keinen Einfluss auf die Zusammensetzung, die Organisation und die Funktionsweise von Val'Hor. Der Verband hat daher bei der Festlegung branchenweiter Maßnahmen, die er durchführen möchte, weitestgehende Handlungsfreiheit.

    (28)

    Daraus folgt für die französischen Behörden, dass die von Val'Hor veranstalteten branchenweiten Maßnahmen nicht als Instrumente für die Umsetzung einer staatlichen Politik dienen, da der Staat zu keinem Zeitpunkt die Macht hat, um die Verwendung der Pflichtbeiträge bei der Finanzierung dieser Maßnahmen zu beeinflussen.

    (29)

    Betreffend den Standpunkt der Kommission, inwieweit die Pflichtbeiträge und die Verwendung der damit erzielten Einnahmen zu einer Ungleichbehandlung ein- oder ausgeführter Erzeugnisse führen, und in der Frage, ob durch diese Finanzierungsweise nicht der Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden könnte, wiesen die französischen Behörden darauf hin, dass die Pflichtbeiträge nicht auf ein- oder ausgeführte Erzeugnisse erhoben würden, da sich die Bemessungsgrundlage für die vom Branchenverband beschlossenen Beiträge ausschließlich nach der Betriebsfläche oder nach der Beschäftigtenzahl des Betriebs richte. Die Finanzierung branchenweiter Maßnahmen über die Pflichtbeiträge führe somit nicht zu einer Ungleichbehandlung zwischen nationalen Erzeugnissen und ein- bzw. ausgeführten Erzeugnissen und wirke daher auch nicht wettbewerbsverzerrend.

    (30)

    Und schließlich stellen die französischen Behörden klar, dass die finanzierten Maßnahmen ihrer Ansicht nach ohnehin, da die Pflichtbeiträge nicht auf eingeführte Erzeugnisse erhoben würden, unter die Entscheidung der Europäischen Kommission K(2008) 7846 vom 10. Dezember 2008 fallen, mit der die Kommission die Vereinbarkeit der angemeldeten Beihilferegelung mit dem Binnenmarkt anerkennt.

    V.   STELLUNGNAHMEN DER INTERESSENTRÄGER ZUR ERÖFFNUNG DES PRÜFVERFAHRENS

    (31)

    Am 4. April 2012 ging bei der Kommission die Stellungnahme eines Interessenträgers zur Eröffnung des Verfahrens ein.

    (32)

    Darin hinterfragt dieser die Einrichtung von Systemen, bei denen der Branchenverband Val'Hor als Initiator, gesetzgeberische Instanz und Einzugsstelle für finanzielle Gegenleistungen zugleich auftritt. Entsprechende Fragestellungen hätten sich bei der Durchsicht der Satzung des Branchenverbands ergeben, in der die Vertretung der Innungsverbände geregelt ist, indem sie den Zugang zum Branchenverband nur auf die Vertreter einiger weniger Unternehmen einer bestimmten Betriebsgröße beschränke.

    (33)

    Am 5. April 2012 ging bei der Kommission die Stellungnahme eines zweiten Interessenträgers zur Eröffnung des Verfahrens ein.

    (34)

    Darin stellt sich dieser voll hinter die Analyse der Kommission in Bezug auf die Einstufung der Pflichtbeiträge, die seiner Ansicht nach gegen Artikel 110 AEUV verstoßen. Der Interessenträger weist die Kommission auf die ganz und gar rechtswidrige Natur der Pflichtbeiträge und die Aufgabe der nationalen Gerichte bei der Ahndung dieser Rechtswidrigkeit hin, die durch die Anerkennung eines vollständigen Erstattungsanspruchs für die bezahlten Beiträge zum Ausdruck kommen müsste.

    (35)

    Am 6. April 2012 ging bei der Kommission die Stellungnahme eines dritten Interessenträgers zur Eröffnung des Verfahrens ein.

    (36)

    Darin widerspricht dieser der Bewertung der Kommission, wonach die von Val'Hor durchgeführten Maßnahmen dem Staat zuzurechnen seien und seine Mittelausstattung mit staatlichen Mitteln gleichzustellen sei, da der Staat nur die Gesetzeskonformität des Verbands, nicht aber die vom Branchenverband verfolgte Politik überwache.

    (37)

    Mit Schreiben vom 10. Juli 2012 übermittelten die französischen Behörden ihre Anmerkungen zu den von den Interessenträgern abgegebenen Stellungnahmen und gelangten zu dem Schluss, dass die von diesen vorgebrachten Anmerkungen nicht geeignet sind, die von den französischen Behörden an die Kommission übermittelten Stellungnahmen in Frage zu stellen.

    VI.   WÜRDIGUNG

    (38)

    Vorab stellt die Kommission klar, dass ein Teil der hier beanstandeten Werbe- oder Absatzförderungsmaßnahmen zugunsten des Gartenbaus über Zuschüsse von France-Agrimer („FAM“) im Rahmen der Beihilferegelungen finanziert wurde, die bei der Kommission unter den Nummern N 671/07 und XA 220/07 (die zuletzt genannte Nummer entspricht einer freigestellten Beihilfe) angemeldet worden waren. Im vorliegenden Beschluss bleibt somit die bereits getroffene beihilferechtliche Würdigung dieser Subventionen unberührt. Ebenso sollen mögliche Branchensubventionen, die keiner genauen Maßnahme zuzuordnen sind, aber dem Haushalt des Branchenverbands Val'Hor zugeflossen sind, im vorliegenden Beschluss nicht beihilferechtlich gewürdigt werden.

    (39)

    Die Kommission wird somit im Folgenden lediglich prüfen, ob die Finanzierung der beanstandeten Maßnahmen durch Pflichtbeiträge beihilferechtlich relevant ist.

    VI.1.   Vorliegen einer Beihilfe

    (40)

    Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“.

    (41)

    So können die geprüften Maßnahmen nur dann als staatliche Beihilfen bezeichnet werden, wenn sie dem Staat zuzurechnen sind und aus staatlichen Mitteln finanziert werden.

    (42)

    In Bezug auf das Branchensystem und die Natur der Pflichtbeiträge hat die Kommission die beanstandete Maßnahme unter anderem im Lichte des Urteils des Gerichtshofs vom 30. Mai 2013 in der Rechtssache C-677/11 „Doux élevages“ geprüft, um feststellen zu können, ob die Mitgliedsbeiträge staatliche Mittel darstellen können.

    Vom Gerichtshof beschlossene Lösung im Urteil „Doux Elevages“

    (43)

    In der Rechtssache „Doux élevages“ antwortete der Gerichtshof auf eine zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage zur Auslegung von Artikel 107 Absatz 1 AEUV und insbesondere zur Klärung des Begriffs „staatliche Mittel“ in den Fällen, in denen es um für verbindlich erklärte freiwillige Mitgliedsbeiträge geht.

    (44)

    In seinem Urteil stellte der Gerichtshof fest, dass die Entscheidung einer nationalen Behörde, durch die eine Vereinbarung — wie die in Rede stehende Branchenvereinbarung — zur Einführung eines Beitrags im Rahmen einer von der nationalen Behörde anerkannten Branchenorganisation auf alle Branchenangehörigen ausgedehnt und damit für verbindlich erklärt wird, um die Umsetzung von Maßnahmen betreffend Öffentlichkeitsarbeit, Verkaufsförderung, Außenbeziehungen, Qualitätssicherung, Forschung und Verteidigung der Interessen der Branche zu ermöglichen, kein Element einer staatlichen Beihilfe darstellt.

    (45)

    In seinem Urteil befand der Gerichtshof, dass die Mitgliedsbeiträge von privaten Wirtschaftsteilnehmern stammen, die eine Wirtschaftstätigkeit auf den betreffenden Märkten ausüben, d. h. dieser Mechanismus bedeutet keine unmittelbare oder mittelbare Übertragung staatlicher Mittel. Die durch die Zahlung dieser Beiträge generierten Mittel durchlaufen nicht den Haushalt des Staates oder einer anderen staatlichen Stelle, und der Staat verzichtet auf keine wie auch immer beschaffenen Einnahmen wie Steuern, Gebühren, Abgaben oder sonstige Zahlungen, die nach nationalem Recht dem staatlichen Haushalt hätten zugeführt werden müssen.

    (46)

    Dem Gerichtshof zufolge behalten diese Beiträge auf ihrem gesamten Erhebungs- und Verwendungsweg ihren privatrechtlichen Charakter, und die nationalen Behörden können nicht auf diese Mittel zurückgreifen, um bestimmte Unternehmen zu unterstützen. Über die Verwendung dieser Mittel entscheiden die betreffenden Berufsorganisationen, und diese fließen folglich in vollem Umfang in von ihnen selbst festgelegte Ziele. Ebenso stehen diese Mittel nicht ständig unter staatlicher Kontrolle und zur Verfügung der staatlichen Behörden.

    (47)

    In Bezug auf den möglichen Einfluss, den der Staat auf die Funktionsweise der Branchenorganisation durch die Entscheidung über die Allgemeinverbindlicherklärung einer Branchenvereinbarung für sämtliche Branchenangehörige ausüben kann, ist der Gerichtshof der Auffassung, dass er die oben getroffenen Feststellungen nicht zu ändern vermag. Denn wie der Gerichtshof betonte, wird der zuständigen Behörde durch die fragliche Regelung nicht die Befugnis übertragen, die Zuweisung der Gelder zu lenken oder zu beeinflussen.

    (48)

    Außerdem berechtigten nach Rechtsprechung der zuständigen nationalen Gerichte die Bestimmungen des „Code Rural“, die die Allgemeinverbindlicherklärung einer Vereinbarung über die Einführung von Beiträgen im Rahmen einer Branchenorganisation regeln, die Behörden nicht, die Pflichtbeiträge einer anderen Kontrolle als derjenigen der Recht- und Gesetzmäßigkeit zu unterwerfen. Die staatlichen Behörden handelten nur als „Instrument“, um die Abgaben allgemeinverbindlich zu machen, die von den Branchenorganisationen zur Verfolgung von ihnen selbst festgelegter Zwecke eingeführt wurden. Wie der Gerichtshof zudem betonte, werden die von den Branchenorganisationen verwendeten privaten Mittel nicht einfach dadurch zu „öffentlichen Mitteln“, dass sie gemeinsam mit Beträgen, die eventuell aus dem öffentlichen Haushalt stammen, verwendet werden.

    (49)

    Im Übrigen stellte der Gerichtshof fest, dass weder die Befugnis des Staates, eine Branchenorganisation nach Artikel L. 632-1 des „Code Rural“ anzuerkennen, noch die Befugnis dieses Staates, eine Branchenvereinbarung gemäß den Artikeln L. 632-3 und L. 632-4 des „Code Rural“ auf sämtliche Branchenangehörigen auszudehnen, den Schluss zulassen, dass die von der Branchenorganisation durchgeführten Tätigkeiten dem Staat zurechenbar sind.

    (50)

    Im Eröffnungsbeschluss stützte die Kommission ihre beihilferechtliche Würdigung insbesondere in der Frage, ob staatliche Mittel beteiligt sind und die Maßnahmen dem Staat zuzurechnen sind, auf Argumente, die im vorgenannten Urteil „Doux élevages“ vom Gerichtshof zurückgewiesen worden sind.

    Anwendung der Rechtsprechung „Doux Elevages“ auf den vorliegenden Fall

    (51)

    Zum Branchenverband Val'Hor: Wie bei den anderen Branchenverbänden in Frankreich unterliegen sein Bestehen, seine Aufgaben und seine Funktionsweise der Anerkennung durch eine staatliche Behörde. Er bleibt trotzdem eine privatrechtliche juristische Person, die nicht Teil der öffentlichen Verwaltung ist, wobei sich die Aufgabe des Staates auf seine Anerkennung und die Allgemeinverbindlicherklärung der Vereinbarungen aus ihrem Zuständigkeitsbereich beschränkt, wie aus den von französischen Behörden vorgelegten Informationen hervorgeht.

    (52)

    Zum Mechanismus der freiwilligen Pflichtbeiträge: Gemäß Artikel L. 632-6 des „Code Rural“ bleiben die Mitgliedsbeiträge — ungeachtet ihrer verbindlichen Natur — privatrechtliche Forderungen. Sie durchlaufen weder den Staatshaushalt noch eine öffentliche Körperschaft noch einen Fond, der unter der Kontrolle der staatlichen Stellen steht. Wie sich aus den Artikeln des „Code Rural“ ergibt, beschränkt sich die Aufgabe des Staates auf die Allgemeinverbindlicherklärung der Vereinbarungen, während der Branchenverband — in diesem Fall Val'Hor — für die Festsetzung der Beitragssätze und die Verwendung der Beiträge für von ihm selbst bestimmte Ziele verantwortlich ist.

    (53)

    Im Hinblick auf die vorgenannten Ziele, welche die Branchenverbände insbesondere mit den durchgeführten Maßnahmen verwirklichen müssen, hat der Gerichtshof in der Rechtssache „Doux élevages“ festgestellt, dass in Artikel L. 632-3 des „Code Rural“ in sehr allgemein gehaltener, nicht ausführlicher Form die Ziele genannt werden, die eine Branchenvereinbarung fördern muss, um von der öffentlichen Behörde für allgemeinverbindlich erklärt werden zu können; danach ist also die Allgemeinverbindlicherklärung einer derartigen Vereinbarung nicht von der Verfolgung konkreter, von den Behörden festgelegter und definierter Ziele abhängig.

    (54)

    Aus dem Urteil „Doux élevages“ geht hervor, dass die nationalen Behörden die Mittel aus den fraglichen Beitragseinnahmen grundsätzlich nicht zur Förderung bestimmter Unternehmen heranziehen können. Über die Verwendung dieser Mittel entscheidet die betreffende Berufsorganisation, und diese fließen folglich in vollem Umfang in von ihr festgelegte Ziele. Außerdem stehen diese Mittel nicht ständig unter öffentlicher Kontrolle und auch nicht zur Verfügung der staatlichen Behörden. Die fragliche Regelung verleiht der zuständigen Behörde nämlich nicht die Befugnis, die Zuweisung der Gelder zu lenken oder zu beeinflussen. Wie der Gerichtshof außerdem klargestellt hat, kann der mögliche Einfluss, den der Staat auf die Funktionsweise der Branchenorganisation durch die Entscheidung über die Allgemeinverbindlicherklärung einer Branchenvereinbarung für sämtliche Branchenangehörige ausüben kann, die oben getroffenen Feststellungen nicht ändern.

    (55)

    Nachdem der Gerichtshof betont hat, dass von den Branchenorganisationen verwendete private Gelder nicht einfach dadurch zu „öffentlichen Mitteln“ werden, dass sie zusammen mit eventuell aus dem Staatshaushalt stammenden Beträgen verwendet werden, lässt es allein der Umstand, dass bestimmte der betreffenden Maßnahmen auch durch FAM-Zuschüsse finanziert werden, nicht zu, die beanstandeten Pflichtbeiträge als staatliche Mittel zu betrachten, solange keine Anzeichen dafür vorliegen, dass es dem Staat über diese Subventionen möglich gewesen sein sollte, eine ausreichende Kontrolle über die aus der Einziehung der Pflichtbeiträge stammenden Gelder auszuüben.

    (56)

    Weiter hat der Gerichtshof festgestellt, dass weder die Befugnis des Staats, eine Branchenorganisation gemäß Artikel L. 632.1 des „Code Rural“ anzuerkennen, noch die Befugnis dieses Staats, eine Branchenvereinbarung gemäß den Artikeln L. 632-3 und L. 632-4 des „Code Rural“ auf alle Branchenangehörigen auszudehnen, darauf schließen lassen, dass die von der Branchenorganisation durchgeführten Maßnahmen dem Staat zuzurechnen sind.

    (57)

    Aus den in den vorstehenden Erwägungsgründen ausgeführten Gründen ist die Kommission der Auffassung, dass die Finanzierung der beanstandeten Maßnahmen, die vom Branchenverband Val'Hor mit Hilfe von freiwilligen Pflichtbeiträgen durchgeführt wurden, nicht aus staatlichen Mitteln stammen und somit keine staatliche Beihilfe darstellen.

    VII.   SCHLUSSFOLGERUNG

    (58)

    Daraus ergibt sich, dass die Finanzierung der Maßnahmen über freiwillige Pflichtbeiträge keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt —

    HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

    Artikel 1

    Die Finanzierung von Maßnahmen betreffend Absatzförderung, Werbung, technischer Hilfe, Forschung und Entwicklung durch den Branchenverband Val'Hor über freiwillige Pflichtbeiträge während des Zeitraums 2005-2014 bildet, unbeschadet der Frage, ob staatliche Subventionen für einen Branchenverband eine Beihilfe an den betreffenden Sektor darstellen oder ob die für die entsprechenden Maßnahmen bereitgestellten Subventionen staatliche Beihilfen bilden, keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV.

    Artikel 2

    Dieser Beschluss ist an die Französische Republik gerichtet.

    Brüssel, den 9. April 2014

    Für die Kommission

    Dacian CIOLOȘ

    Kommissionsmitglied


    (1)  ABl. C 66 vom 6.3.2012, S. 32.

    (2)  Urteil vom 15. Juli 2004, Rechtssache C-345/02.

    (3)  Urteil vom 20. September 2007, Rechtssache T-136/05, Kommission/Salvat.


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