EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 32006D0269

2006/269/EG: Entscheidung der Kommission vom 8. Februar 2006 — Staatliche Beihilfe C 22/2004 (ex N 648/2001) — Steuervergünstigungen für Berufsfischer (Schweden) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 265) (Text von Bedeutung für den EWR)

OJ L 99, 7.4.2006, p. 21–26 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2006/269/oj

7.4.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 99/21


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 8. Februar 2006

Staatliche Beihilfe C 22/2004 (ex N 648/2001) — Steuervergünstigungen für Berufsfischer (Schweden)

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 265)

(Nur der schwedische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2006/269/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (1), insbesondere auf Artikel 14,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Abgabe einer Stellungnahme gemäß Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1 EG-Vertrag,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 4. September 2001 notifizierten die schwedischen Behörden der Kommission einen Vorschlag zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (1999:1229). Die Kommission ersuchte mit Schreiben vom 10. Dezember 2001, 25. April 2002, 23. Juli 2002, 4. Oktober 2002, 11. März 2003, 24. Juli 2003 und 3. Februar 2004, welche die schwedischen Behörden mit Schreiben vom 26. Februar 2002, 7. Juni 2002, 29. Juli 2002, 19. Dezember 2002, 19. Mai 2003, 19. Dezember 2003 beziehungsweise 8. März 2004 beantworteten, um weitere Informationen zu dem Vorschlag.

(2)

Die Kommission unterrichtete Schweden mit Schreiben vom 16. Juni 2004 über ihren Beschluss, wegen dieses Vorschlags das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

(3)

Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens wurde am 20. Oktober 2004 im Amtsblatt der Europäischen Union  (2) veröffentlicht. Die Kommission forderte eventuelle Beteiligte auf, Stellungnahmen abzugeben. Die schwedischen Behörden antworteten mit Schreiben vom 9. November 2004. Weitere Stellungnahmen gingen nicht ein.

(4)

Mit dem notifizierten Vorschlag zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (1999:1229) sollen Fischereiberechtigte für die Kosten, die ihnen bei der Fischerei entstehen, entschädigt werden. Sie bedeutet eine Änderung der bestehenden Steuervergünstigungen.

(5)

Im Jahr 2002 erließ die schwedische Steuerbehörde neue allgemeine Empfehlungen zu Steuervergünstigungen für Berufsfischer, die auch heute noch gelten und im Wesentlichen in der Anwendung des allgemeinen, für alle Sektoren geltenden Steuerrechts auch auf den Fischereisektor bestehen. Die seit diesem Jahr bestehenden Steuervergünstigungen für Fischer werden daher nicht als Beihilfen betrachtet.

(6)

Den Empfehlungen aus dem Jahre 2002 zufolge müssen Fischer, um Steuervergünstigungen erhalten zu können, während der Fangreise eine Nacht außer Haus verbracht haben, da eine Nacht außer Haus eine allgemeine Voraussetzung nach geltendem Steuerrecht darstellt. Diesen Empfehlungen zufolge können Fischer ferner die gleichen Steuervergünstigungen für erhöhte Lebenshaltungskosten geltend machen wie andere selbständig Erwerbstätige, und für die gleichen Beträge. Den schwedischen Behörden zufolge sind 99 % aller Berufsfischer in Schweden selbständig und stellen somit Einzelunternehmen dar.

(7)

Den derzeitigen Regeln zufolge gelten in Bezug auf Unterbringungskosten für Fischer und Selbständige dieselben Bedingungen. Normalerweise wird für jede außer Haus verbrachte Nacht ein Regelsatz in Abzug gebracht. Dies bedeutet, dass Fischer oder andere Personen die ihnen tatsächlich entstandenen Ausgaben nicht nachweisen müssen, um den Regelsatz von SEK 95 pro Tag abziehen zu können.

(8)

Selbständige aus anderen Sektoren müssen eine zufriedenstellende Erklärung für ihre erhöhten Kosten geben, einschließlich von Informationen über Datum, Zweck und Ziel der Geschäftsreise sowie der Dauer der Hin- und Rückreise.

(9)

Eine ähnliche Anforderung hinsichtlich der Lieferung einer derartigen Erklärung besteht für Fischer nicht, aber eine Steuervergünstigung kann nur dann gewährt werden, wenn die Fischer während der Fangreise eine Nacht außer Haus verbracht haben. Um den Steuerbehörden die Berechnung der Höhe des Regelsatzes, auf den ein Fischer Anspruch hat, zu ermöglichen, müssen die Fischer Angaben zu den Daten und der Dauer der Fangreisen machen. Die schwedischen Behörden haben dieses Kriterium gewählt, um das Steuersystem und seine Anwendung nicht zu komplizieren, da Fangreisen schon ihrem Wesen nach das Geschäft eines Fischers bilden.

(10)

Wenn die erhöhten Lebenshaltungskosten für höher als den Pauschalbetrag von SEK 95 gehalten werden, können sich sowohl Fischer als auch Selbständige für die Option entscheiden, den Nachweis dafür zu erbringen, dass ihre erhöhten Lebenshaltungskosten den Regelsatz übersteigen, indem sie eine Aufstellung sämtlicher Einsätze/Geschäftsreisen im jeweiligen Steuerjahr vorlegen. Wird diese Option gewählt, findet sie auf das gesamte Jahr Anwendung, sodass es nicht möglich ist, innerhalb ein und desselben Steuerjahrs für einige Reisen einen Pauschalbetrag und für andere Reisen die tatsächlichen Ausgaben anzuwenden.

(11)

Nach der der Kommission notifizierten neuen Regelung muss keine Nacht mehr außer Haus verbracht werden, um von der Steuervergünstigung für erhöhte Lebenshaltungskosten profitieren zu können. Somit stellt diese Regelung, die nur für Fischer gilt, in steuerlicher Hinsicht die Fischer, welche die Nacht nicht außer Haus verbringen, mit denjenigen Fischern gleich, welche die Nacht außer Haus verbringen.

(12)

Ziel der neuen Regelung ist es, neutrale Wettbewerbsbedingungen für schwedische, dänische und norwegische Fischer zu schaffen und die ungleiche Behandlung von Fischern, die ein Anrecht auf diese Steuervergünstigung haben, und Fischern, die kein Anrecht darauf haben, aufzuheben.

(13)

Außerdem wird die Verwaltungslast für die Fischer und für die Steuerbehörden verringert werden, da eine als bestimmter, einkommensbezogener Prozentsatz zu gewährende Steuervergünstigung als einfacher zu verwalten und zu überprüfen betrachtet wird, als eine Steuervergünstigung, die auf der Grundlage der Anzahl der auf Fangeinsätzen verbrachten Tage gewährt wird.

(14)

Die neue Regelung wird bewirken, dass auch Küsten- und Binnenfischer das System steuerlicher Vergünstigungen nutzen können, die dies gegenwärtig nicht können. Die neue Regelung kommt somit diesen Fischern zugute, ohne dass vorausgesetzt wird, dass die Fischer über Nacht außer Haus gewesen sind (und ihnen dadurch möglicherweise Kosten entstanden sind), da die einzige Voraussetzung für die Zahlung ist, dass der Fischer zur Ausübung der berufsmäßigen Fischerei berechtigt ist.

(15)

Wie auch im Falle der derzeitigen, für alle Sektoren geltenden Regelung könnten Fischer, die die notifizierte Regelung in Anspruch nehmen, keine anderen steuerlichen Vergünstigungen für erhöhte Lebenshaltungskosten nutzen.

(16)

Die unter der derzeitigen Regelung geltende Minderung der Steuerlast des einzelnen Fischers von 95 SEK pro Tag wird geändert. Sie wird als Prozentsatz des Einkommens berechnet und beträgt nicht mehr als 40 000 SEK (4 444 EUR) pro Jahr. Die Steuervergünstigung darf ferner nicht mehr als 20 % des Jahreseinkommens betragen. Dies bedeutet beispielsweise, dass sich die Steuervergünstigung bei einem Jahreseinkommen von 100 000 SEK (11 111 EUR) auf 20 000 SEK (2 222 EUR) belaufen wird, und dass die maximale Steuervergünstigung erst ab einem Jahreseinkommen von 200 000 SEK (22 222 EUR) gewährt werden kann.

(17)

Mit Schreiben vom 4. Oktober 2002 fragte die Kommission die schwedischen Behörden, ob sie eine Schätzung dazu vorlegen könnten, wie viele der 2 000 Berufsfischer, welche die Bestimmungen des Vorschlags werden nutzen können, Anspruch auf die maximale Steuervergünstigung von 40 000 SEK haben werden, d. h. Fischer mit einem Jahreseinkommen von mindestens 200 000 SEK.

(18)

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2002 antworteten die schwedischen Behörden, dass keine Statistiken dazu verfügbar seien, welche Einnahmen Berufsfischer mit der Fischereitätigkeit allein erzielen, sodass eine Antwort auf diese spezifische Frage nicht gegeben werden könne.

(19)

Den in den Notifizierungen gemachten Angaben zufolge würde die notifizierte Regelung im Falle ihrer Anwendung eine jährliche Minderung der Steuereinnahmen um 34 400 000 SEK (3 822 222 EUR) nach sich ziehen: 18 200 000 SEK (2 022 222 EUR) an Sozialversicherungsbeiträgen und 16 200 000 SEK (1 800 000 EUR) an regionalen Abgaben der einzelnen Regionen.

(20)

Es gibt in Schweden etwa 3 000 Berufsfischer mit Fischereiberechtigung, von denen zurzeit etwa 2 000 diese Tätigkeit ausüben. Zum Zeitpunkt der Einleitung der förmlichen Prüfung verfügten die schwedischen Behörden nicht über Daten, die zeigten, wie viele der 2 000 erwerbstätigen Fischereiberechtigten auf ihren Fangreisen über Nacht außer Haus waren. Daher konnte keine Schätzung der Anzahl der Fischer vorgenommen werden, die zurzeit die bestehenden Steuervergünstigungen für Fischer nutzen können.

(21)

Die Kommission befand, dass das bestehende System der Steuervergünstigungen ohne Unterschied für sämtliche Wirtschaftssektoren gelte und somit kein selektiver Vorteil für den Fischereisektor sei, sondern eine allgemeine Maßnahme. Die Kommission war der Ansicht, dass das System durch die Gewährung der Steuervergünstigung ohne die Bedingung einer Übernachtung der Fischer außer Haus einen selektiven Vorteil ausschließlich zugunsten des Fischereisektors darstellen würde. Dieser Vorteil schien gewährt zu werden, ohne eine Verpflichtung seitens des Empfängers zu verlangen. Die Maßnahmen schienen daher zur Verbesserung der finanziellen Lage von Betrieben bestimmt zu sein und eine Einkommensverbesserung des Begünstigten zum Ergebnis zu haben, wodurch sie, als Betriebsbeihilfen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar waren.

(22)

Den schwedischen Behörden zufolge wurde die Maßnahme vorgeschlagen, um die ungleiche Behandlung von Fischern, die das derzeitige System der Steuervergünstigungen nutzen können (d. h. Fischer, welche die Nacht außer Haus verbringen), und Fischern, die dies nicht können (Küsten-/Binnenfischer), aufzuheben und die geltende Steuerregelung derjenigen der Nachbarstaaten anzugleichen.

(23)

Die schwedischen Behörden schätzen, dass von den 2 000 zurzeit erwerbstätigen Fischereiberechtigten gegenwärtig 1 500 Fangreisen unternehmen, bei denen sie über Nacht außer Haus sind, und dass daher 500 Fischer, die derzeit keine Steuervergünstigungen erhalten, von der vorgeschlagenen Regelung profitieren werden.

(24)

Im Rahmen des derzeitigen Systems können die Fischer einen Festbetrag für Mahlzeiten, geringfügige Ausgaben und Unterbringung abziehen. Wie oben dargelegt, argumentieren die schwedischen Behörden, dass viele Berufsfischer in Schweden lange Fangreisen unternehmen, was im Rahmen des derzeitigen Systems der Steuervergünstigungen für die Steuerbehörden zu einer großen Fallzahl von Vergünstigungen für erhöhte Lebenshaltungskosten in Verbindung mit Fangreisen führt.

(25)

Die schwedischen Behörden führen an, dass die Regelung genehmigt werden sollte, da sie die steuerliche Lage von Berufsfischern, die die Nacht außer Haus verbringen, und Berufsfischern, die dies nicht tun, insofern angleiche, als diesen ähnliche Kosten entstehen, und dass es daher angebracht sei, die beiden Gruppen im Hinblick auf die Besteuerung gleich zu behandeln.

(26)

Die schwedischen Behörden argumentieren ferner, dass die besondere Art der Anforderungen von Berufsfischern die steuerliche Sonderbestimmung rechtfertige, und dass, da die Fischer im Allgemeinen Kleinunternehmer seien, die Vereinfachung der Vergünstigungen sowohl für die Steuerbehörden als auch für die Fischer selbst die Verwaltung erleichtern werde. Die schwedischen Behörden machen daher geltend, dass die vorgeschlagene Regelung für die Effektivität des schwedischen Steuersystems notwendig sei und durch die Art oder die allgemeine Regelung des schwedischen Steuersystems gerechtfertigt werde.

(27)

Im Hinblick auf das Budget argumentieren die schwedischen Behörden schließlich, dass die Berechnung der Verluste für den schwedischen Fiskus nicht korrekt sei und dass die Auswirkungen als marginal zu betrachten seien. Sie erklären, dass die bestehende Regelung zu einem Steuerausfall von 41 100 000 SEK (4 566 667 EUR) führe, und dass sich der Steuerausfall, falls alle Berufsfischer die neue, notifizierte Regelung nutzen sollten, auf nur 34 300 000 SEK (3 811 111 EUR) belaufen würde. Da die Regelung zum Nachteil einiger der Fischer wäre, die zurzeit die bestehenden Regeln nutzen, wird zudem davon ausgegangen, dass etwa 500 Fischer die neue Regelung nicht nutzen, sondern weiterhin die bestehenden Regeln anwenden würden.

(28)

Auf dieser Grundlage haben die schwedischen Behörden die Auswirkungen für die öffentlichen Finanzen für das Jahr 2005 auf 49 700 000 SEK (5 522 222 EUR) berechnet, entsprechend 41 100 000 SEK (4 566 667 EUR) an Vergünstigungen im Rahmen der bestehenden Regelung und 8 600 000 SEK (955 556 EUR) an Vergünstigungen im Rahmen der vorgeschlagenen Regelung.

A.   Vorliegen einer Staatlichen Beihilfe

(29)

Damit eine staatliche Beihilfe vorliegt, muss die Maßnahme erstens den Begünstigten einen Vorteil verschaffen, der sie von Belastungen freistellt, die sie normalerweise aus ihren Budgets zu bestreiten hätten. Der Vorteil kann durch eine Minderung der Steuerlast auf verschiedene Arten gewährt werden, unter anderem durch eine Verringerung der Steuerbemessungsgrundlage, wie es bei der vorliegenden notifizierten Regelung der Fall ist.

(30)

Zweitens muss der Vorteil vom Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährt werden. Ein verringertes Steueraufkommen ist einem Verbrauch staatlicher Mittel in Form von Steuerausgaben gleichzusetzen. Dies ist auch bei dieser notifizierten Regelung der Fall.

(31)

Drittens muss die Maßnahme den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen. Durch die Begünstigung eines bestimmten Sektors verfälschen Beihilfen jeglicher Form den Wettbewerb oder drohen ihn zu verfälschen. Der Handel zwischen Mitgliedstaaten wird beeinträchtigt, wenn in dem betreffenden Sektor eine Wirtschaftstätigkeit stattfindet, die einen Handel zwischen diesen Staaten umfasst, was beim Fischereisektor der Fall ist.

(32)

Die Tatsache, dass eine Maßnahme die Abgaben in dem betreffenden Sektor denjenigen seiner Wettbewerber in anderen Mitgliedstaaten annähert, ändert nichts an der Tatsache, dass es sich um eine Beihilfe handelt (3).

(33)

Schließlich muss die Maßnahme spezifisch oder selektiv sein, also bestimmte Unternehmen oder die Herstellung bestimmter Waren begünstigen. Der selektive Charakter einer Maßnahme kann jedoch durch die Art oder allgemeine Regelung des Systems gerechtfertigt werden. Es ist jedoch Aufgabe der Mitgliedstaaten, eine derartige Rechtfertigung vorzubringen.

(34)

Erstens muss deutlich gemacht werden, dass das bestehende System von Steuervergünstigungen ohne Unterschied für sämtliche Wirtschaftssektoren angewandt wird. Es handelt sich somit nicht um einen selektiven Vorteil für den Fischereisektor und damit nicht um staatliche Beihilfe, sondern um eine allgemeine Maßnahme.

(35)

Durch die Gewährung der Steuervergünstigung ohne die Bedingung einer Übernachtung der Fischer außer Haus würde die notifizierte Regelung einen selektiven Vorteil ausschließlich zugunsten des Fischereisektors darstellen, wodurch die Regelung staatliche Beihilfe darstellt.

B.   Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(36)

Da die notifizierte Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellt, muss festgestellt werden, ob eine derartige Beihilfe gemäß den Ausnahmebestimmungen von Artikel 87 Absatz 2 und Artikel 87 Absatz 3 mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

(37)

In diesem Fall kann keine der Ausnahmebestimmungen nach Artikel 87 Absatz 2 EG-Vertrag angewandt werden, da die Reform des Steuersystems keine der in diesen Bestimmungen aufgeführten Zielsetzungen verfolgt.

(38)

In ähnlicher Weise gelten auch die Ausnahmebestimmungen nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstaben a, b oder d EG-Vertrag nicht, da die Beihilfe nicht für ein Gebiet bestimmt ist, in dem die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht. Sie ist weder zur Förderung eines wichtigen Vorhabens von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Schwedens, noch zur Förderung der Kultur oder der Erhaltung des kulturellen Erbes bestimmt.

(39)

Die Maßnahme muss auch im Lichte der Leitlinien für die Prüfung der einzelstaatlichen Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor (4) geprüft werden. Gemäß Nummer 1.2 dieser Leitlinien sind staatliche Beihilfen, die gewährt werden, ohne dass von den Begünstigten eine Verpflichtung hinsichtlich der Verwendung verlangt wird, und die zur Verbesserung der finanziellen Lage ihrer Betriebe bestimmt sind und eine Einkommensverbesserung der Begünstigten zum Ergebnis hätten, als Betriebsbeihilfen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

(40)

Für den Zweck der Feststellung der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt hat der Gerichtshof festgestellt, dass die von der Kommission im Bereich der Überwachung staatlicher Beihilfen herausgegebenen Leitlinien und Mitteilungen für die Kommission bindend sind, sofern sie nicht von den Bestimmungen des EG-Vertrags abweichen und sofern sie von den Mitgliedstaaten akzeptiert werden (5). Zweitens hat die Kommission gemäß Artikel 253 EG-Vertrag ihre Entscheidungen mit Gründen zu versehen, einschließlich von Entscheidungen betreffend die Weigerung, eine Beihilfe für nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären (6). Da Schweden weitere Argumente vorgelegt hat, wird die Kommission diese Argumente im Rahmen der Würdigung der Vereinbarkeit der Regelung mit dem Gemeinsamen Markt in Übereinstimmung mit ihren Verpflichtungen nach Artikel 10 EG-Vertrag prüfen.

(41)

Den schwedischen Behörden zufolge wurde die Regelung vorgeschlagen, um die ungleiche Behandlung von Fischern, welche die derzeitige Steuervergünstigung nutzen können (d. h. Fischer, welche die Nacht außer Haus verbringen), und Fischern, die dies nicht können (Küsten-/Binnenfischer), aufzuheben. Diese Regelung stellt die Fischer, welche die Nacht außer Haus verbringen, mit denjenigen Fischern, die dies nicht tun, in steuerlicher Hinsicht gleich. Für andere Sektoren bleiben die bestehenden Steuervorschriften betreffend erhöhte Lebenshaltungskosten gleich.

(42)

Die schwedischen Behörden sind der Ansicht, dass Fischern, die auf ihren Fangreisen die Nacht nicht außer Haus verbringen, generell keine geringeren Kosten entstehen als Berufsfischern, die längere Fangreisen mit Übernachtung außer Haus unternehmen. Daher sind die Behörden der Auffassung, dass es angebracht ist, diese beiden Gruppen von Fischern in steuerlicher Hinsicht gleich zu behandeln.

(43)

Obwohl dies eines der Hauptargumente für die notifizierte Regelung ist, konnten die schwedischen Behörden nur eine grobe Schätzung dazu vorlegen, wie viele der 2 000 zurzeit erwerbstätigen Fischereiberechtigten Fangreisen unternehmen, bei denen sie über Nacht außer Haus sind. Noch wichtiger ist, dass sie keine Daten dazu vorlegen können, um welche Arten von Kosten es sich handelt, was einen Vergleich zwischen den Kosten ermöglichen würde, die den beiden Gruppen von Fischern entstehen.

(44)

Ohne Daten, die belegen, dass beiden Gruppen von Berufsfischern tatsächlich dieselben Kosten entstehen, unabhängig davon, ob ihre Fangreisen eine Übernachtung außer Haus umfassen oder nicht, muss davon ausgegangen werden, dass das vorgeschlagene System die Handelsbedingungen innerhalb des schwedischen Fischereisektors beeinträchtigt, und daher für mit Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag unvereinbar befunden werden muss.

(45)

Das Argument, dass das neue System eine neutrale Wettbewerbssituation für schwedische Fischer im Verhältnis zu dänischen und norwegischen Fischern schaffen würde, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, da die Regelung an sich die Handelsbedingungen innerhalb des schwedischen Fischereisektors beeinträchtigt.

(46)

Das Argument der schwedischen Behörden, dass viele Berufsfischer in Schweden lange Fangreisen zum Teil auch aus dem Grund unternehmen, dass Schweden ein in geografischer Hinsicht langes Land mit langen Küstenlinien sowohl zur Nordsee hin als insbesondere auch zur Ostsee hin ist, kann nicht als Unterstützung für das Argument betrachtet werden, dass das System die ungleiche Behandlung von Meeres- und Binnenfischern im Hinblick auf den Zugang zu dem System der Steuervergünstigungen aufhebt. Dagegen zeigt dieser Aspekt, dass ein erheblicher Unterschied zwischen den Fischereitätigkeiten der beiden Gruppen von Fischern besteht, der eine unterschiedliche Behandlung im Rahmen der steuerlichen Regelung rechtfertigen würde.

(47)

Schließlich erklären die schwedischen Behörden, dass das vorgeschlagene System von Steuervergünstigungen zu einer besseren Nutzung administrativer Ressourcen führen wird, da die Berechnung der Vergünstigungen nicht mehr auf der Gesamtzahl der auf Fangeinsätzen verbrachten Tage basieren wird, sondern auf der Anwendung eines jährlichen Pauschalbetrags, der anhand des mit der Fischerei erzielten Jahreseinkommens errechnet wird.

(48)

Es wäre tatsächlich zu erwarten, dass das auf einem jährlichen Pauschalbetrag basierende System zu einer besseren Nutzung administrativer Ressourcen führen wird, als ein pro Tag berechneter Pauschalbetrag. Es gibt für Berufsfischer jedoch keine spezifischen Regeln hinsichtlich der Rechnungslegung und Buchführung, und die schwedischen Behörden konnten keine Statistiken zu dem mit der Fischerei allein erzielten Einkommen von Berufsfischern vorlegen. Angesichts der Tatsache, dass die meisten Fischer Einkommen aus mehr als einer beruflichen Tätigkeit erzielen, ist daher davon auszugehen, dass der auf dem mit der Fischereitätigkeit erzielten Jahreseinkommen basierende jährliche Pauschalbetrag schwierig zu ermitteln ist. Da insbesondere die Anzahl der auf Fangeinsätzen verbrachten Tage in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Gemeinsamen Fischereipolitik erfasst wird und somit problemlos zugänglich ist, kann die Kommission einen Vorteil der Umstellung des Systems auf eine auf dem Jahreseinkommen basierende Berechnung nicht erkennen.

(49)

Wie in Randnummer 10 dargelegt, weisen die schwedischen Behörden in dem Schreiben vom 9. November 2004 zudem darauf hin, dass es für etwa 1 500 Fischer nach wie vor vorteilhafter sein könnte, Vergünstigungen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten zu beantragen. Somit wird die neue Regelung höchstwahrscheinlich nur für die 500 Fischer Anwendung finden, die gemäß der bestehenden Regelung keinen Anspruch auf diese Vergünstigungen haben. Auch wenn das angewandte System effizienter sein mag, würde es im Vergleich zur derzeitigen Situation, in der diese Fischer eine derartige Vergünstigung nicht erhalten, eine Zunahme der allgemeinen Verwaltungslast nach sich ziehen.

(50)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen erachtet die Kommission die Regelung als staatliche Beihilfe, die mit Artikel 87 EG-Vertrag unvereinbar ist.

(51)

Im Lichte der in Abschnitt IV vorgenommenen Würdigung ist die Kommission der Auffassung, dass diese Beihilferegelung insoweit mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, als sie Berufsfischern unabhängig davon, ob deren Fischereitätigkeit Übernachtungen außer Haus umfasst, bestimmte Steuervergünstigungen für erhöhte Lebenshaltungskosten gewährt —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Der von Schweden gemachte Vorschlag zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (1999:1229) „Steuervergünstigungen für Berufsfischer“ ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Schweden darf die im ersten Absatz genannte Beihilferegelung nicht durchführen.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an das Königreich Schweden gerichtet.

Brüssel, den 8. Februar 2006

Für die Kommission

Joe BORG

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1. Verordnung geändert durch die Beitrittsakte aus dem Jahr 2003.

(2)  ABl. C 258 vom 20.10.2004, S. 2.

(3)  Rechtssache 173/73 Italien gegen Kommission [1974] Slg. 709, Absatz 17.

(4)  ABl. C 19 vom 20.1.2001, S. 7.

(5)  Rechtssache C 313/90 Comité international de la rayonne et des fibres synthétiques gegen Kommission [1993] Slg. I-1125.

(6)  Rechtssache C 482/99 Frankreich gegen Kommission [2003] Slg. I-1487.


Top