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Document 52016AE6928
Opinion of the European Economic and Social Committee on the ‘Report from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions: Energy prices and costs in Europe’ (COM (2016) 769 final)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Energiepreise und -kosten in Europa“ (COM(2016) 769 final)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Energiepreise und -kosten in Europa“ (COM(2016) 769 final)
ABl. C 345 vom 13.10.2017, p. 120–125
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
13.10.2017 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 345/120 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Energiepreise und -kosten in Europa“
(COM(2016) 769 final)
(2017/C 345/20)
Berichterstatterin: |
Laure BATUT |
Befassung |
Europäische Kommission, 17.2.2017 |
Rechtsgrundlage |
Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union |
Zuständige Fachkommission |
Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft |
Annahme in der Fachgruppe |
14.6.2017 |
Verabschiedung auf der Plenartagung |
5.7.2017 |
Plenartagung Nr. |
527 |
Ergebnis der Abstimmung (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen) |
127/15/4 |
1. Empfehlungen
1.1. |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) betont, dass mit dem Paket für die Energieunion der Verbraucher in den Mittelpunkt des Energiesystems gestellt werden soll, und fordert nun eine Definition und Konkretisierung dieses Konzepts. Die Verbraucher können ihre neue Rolle nur dann wahrnehmen, wenn sie sich auf klare Rechtsvorschriften stützen können, die ihnen die notwendigen Handlungskompetenzen einräumen. Für den Erfolg der Energieunion muss den europäischen Bürgern und Unternehmen klar aufgezeigt werden, welche Vorteile ihnen daraus erwachsen, zum Beispiel mehr Gleichbehandlung. |
1.2. |
Der EWSA betont, dass die Bürger und Unternehmen durch die Sensibilisierung für ihren Energiebedarf (Erziehungs- und Bildungsmaßnahmen) zu mehr Selbstverantwortung bei ihren Energieentscheidungen und ihrem Energieverhalten bewogen werden können. Die Energieeffizienz kann in den Energiebedarfsbilanzen verbucht werden, zur Senkung des Energieverbrauchs beitragen und die Energiekosten somit selbst bei steigenden Energiepreisen beeinflussen. Sie kann jedoch die Probleme im Zusammenhang mit dem Klimawandel, der Versorgungssicherheit oder der Armut nicht alleine lösen (1). Energieeffizienz und Energieeinsparungen sind keine Energiequelle. |
1.3. |
Der EWSA empfiehlt, die Prüfung der Daten in den kommenden Jahren durch die Berücksichtigung einer breiteren Palette an Energieträgern auszuweiten; außerdem sollten drei Arten von Verbrauch untersucht werden: der Verbrauch der Haushalte, der Industrie und der Dienstleitungsunternehmen. |
1.4. |
Der Bericht sollte ferner eine Bewertung der Energieversorgungslösungen beinhalten, um beurteilen zu können, inwieweit der Energiebedarf zu erschwinglichen Preisen gedeckt wurde (Artikel 14 AEUV). |
1.5. |
Der EWSA empfiehlt darüber hinaus, in dem Bericht auf die Mittel einzugehen, die von den Unternehmen und/oder Verbrauchern für FuE und die Berücksichtigung der Energiespeicherforschung bereitgestellt werden und sich in den Energiepreisen und den Kosten für die Netzfinanzierung niederschlagen dürften. |
1.6. |
Die Umweltkosten sollten ebenfalls bewertet und allgemein leicht zugänglich gemacht werden. |
1.7. |
Der EWSA spricht sich dafür aus, dass am Beginn der zweijährlichen Kommissionsberichte über die Energiepreise und -kosten ein Glossar eingefügt wird, in dem grundlegende Begriffe erläutert und so für alle Verbraucher verständlich gemacht werden. |
1.8. |
Im Sinne der Transparenz fordert der EWSA die Europäische Kommission außerdem auf, ein Merkblatt für jeden untersuchten Mitgliedstaat mit fünf Referenzwerten pro Energieträger hinzuzufügen:
|
2. Einleitung
2.1. |
Im Jahr 2014 legte die Europäische Kommission einen ersten Bericht über Energiepreise und -kosten in der Europäischen Union vor. Aufgrund der Unzulänglichkeit der erfassten Daten schlug sie eine Verordnung über europäische Erdgas- und Strompreisstatistik (2) vor. |
2.2. |
Ziel ist es, den Stand der Entwicklung des Energiebinnenmarkts, der nur teilweise vollendet ist, zu prüfen und zur Festlegung weiterer Maßnahmen beizutragen, um Energieeffizienz und Energiesicherheit in diesem Bereich geteilter Zuständigkeit zu erhöhen. |
3. Zusammenfassung des Kommissionsberichts
3.1. |
Der in dieser Stellungnahme behandelte Bericht ist der zweite Bericht der Europäischen Kommission. Darin werden die Energiepreise in den Sektoren Strom, Gas und Erdölerzeugnisse und ihre Auswirkungen auf die Haushalte und die Industrie bewertet und strategische Maßnahmen der EU zur Verwirklichung der Energieunion hervorgehoben. |
4. Strompreise
4.1. |
Die Europäische Kommission nennt als Faktoren zur Beeinflussung der Strompreise u. a. die Erhöhung der Energieeffizienz und die Nutzung alternativer Energiequellen; in letzterem Bereich will die EU weltweit die Führungsrolle übernehmen. |
4.2. |
Die Nettoeinfuhren von Strom aus fossilen Brennstoffen durch die Mitgliedstaaten sind gestiegen, was wiederum die Abhängigkeit der Mitgliedstaaten erhöht und erneut die problematischen Diskussionen über Schiefergas und -öl angefacht hat. |
4.3. |
Die Großhandelspreise sind seit 2008 stetig zurückgegangen und haben sich im Binnenmarkt angeglichen, wodurch die Preise für Kohle und Erdgas gesunken sind. Allerdings verhindern zahlreiche national bedingte Faktoren die Umlegung dieser Preissenkungen auf die Endkundenpreise, die immer weiter steigen. So stieg der durchschnittliche Preis für Haushalte im gleichen Zeitraum um 3,2 %:
|
4.4. |
Die Strompreise für die Industrie zeigen geringere Anstiege, und zwar zwischen 0,8 und 3,1 % pro Jahr im Zeitraum 2008-2015, da große Energieverbraucher in den Genuss angepasster Tarife kommen. |
4.5. |
Die Europäische Kommission betont, dass zwischen den Mitgliedstaaten deutliche Unterschiede bestehen, wobei die Preise aufgrund der Komponente Steuern und Abgaben für Haushalte bis ums Dreifache variieren können (von 59 % in Dänemark bis zu 5 % in Malta). |
4.6. |
Die durchschnittlichen europäischen Strompreise liegen über den US-amerikanischen, aber deutlich unter den japanischen Strompreisen. |
5. Gaspreise
5.1. |
Auf Gas entfallen 23 % des Primärenergieverbrauchs in Europa. Gas wird bei der Erzeugung von 15 % des Stroms verwendet und deckt fast ein Drittel des Endenergiebedarfs von Haushalten und Industrie. |
5.2. |
Da die EU für 69 % ihres Gasverbrauchs von Einfuhren und einer begrenzten Anzahl an Anbietern abhängig ist, muss sie den weltweiten Preisschwankungen folgen. |
5.3. |
Die Großhandelspreise sind seit 2013 um 50 % gefallen, insbesondere aufgrund der schwachen globalen Nachfrage, der Förderung von Schiefergas in den Vereinigten Staaten und der Ölpreisbindung. |
5.4. |
Die Gaspreise für Privathaushalte sind seit 2008 um fast 2 % pro Jahr gestiegen. Auch hier ist der Anteil der Komponente Steuern und Abgaben hoch und verzeichnete einen Anstieg um 4,2 % pro Jahr, der neben den Netzkosten die erheblichen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten erklärt, in denen der höchste Preis (Schweden) viermal so hoch wie der niedrigste Preis (Rumänien) ist. |
5.5. |
Für die Industrie und industrielle Großkunden sind die Preise gesunken; die Energiekomponente gibt bei der Preisbildung den größten Ausschlag; durch die Weitergabe vom Großhandelspreis an den Endkundenpreis wird somit eine größere Konvergenz auf dem Binnenmarkt ermöglicht. |
5.6. |
Weltweit liegt Europa im Durchschnitt der konvergierten Preise mit einem Abwärtstrend seit 2013, bleibt allerdings über den US-amerikanischen und russischen Preisen. |
6. Erdölproduktpreise
6.1. |
In den 19 Monaten von Mai 2014 bis Januar 2016 sind die Rohölpreise in USD zunächst um 77 % gefallen und dann wieder gestiegen; derzeit liegen sie bei der Hälfte der Preise von 2014. |
6.2. |
Aufgrund der Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar hatte dies geringere Auswirkungen auf die Endkundenpreise; außerdem bleiben Steuern und Abgaben eine wichtige Preiskomponente. Die EU setzte Mindestverbrauchssteuersätze (4) fest, aber fast alle Mitgliedstaaten entschieden sich für höhere Sätze: 2015 machten die Steuern 63 % des durchschnittlichen Endkundenpreises bei Benzin und 57 % bei Diesel aus, wobei es allerdings Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt. |
6.3. |
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Preise für die drei großen Energiequellen seit dem letzten Bericht gesunken sind und diese Preissenkungen sich auf die Großhandelspreise ausgewirkt haben. Sie haben auch zu fallenden Endkundenpreise für Erdölerzeugnisse geführt, wohingegen die Endkundenpreise für Strom und Gas aufgrund der steigenden Netzkosten und vor allem Steuern und Abgaben angestiegen sind. |
7. Ausgaben der Haushalte für Energie
7.1. |
Für die Haushalte ist der Verbrauch bei Strom, Gas und Heizöl seit 2008 relativ stabil geblieben. Aufgrund des Anstiegs der Endkundenpreise für Strom und Gas (ohne Verkehr) sind ihre Energieausgaben gestiegen. In Bezug auf den Anteil der Haushaltsaugaben für Energie bestehen große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, wobei dies ärmere Haushalt natürlich stärker betrifft (8,6 % im Jahr 2016 gegenüber 6,2 % im Jahr 2004). Der Energieverbrauch der Haushalte ist in diesem Zeitraum um 4 % zurückgegangen. |
7.2. |
Die Europäische Kommission unterstreicht, dass soziale Maßnahmen für wirtschaftlich schwächere Verbraucher erforderlich sind, um Energiearmut entgegenzuwirken. |
8. Energiekosten für die Industrie
8.1. |
In 14 energieintensiven Sektoren sind die Energiekosten der Unternehmen zwischen 2008 und 2013 zurückgegangen; in den letzten Jahren betrug der Anteil der Energiekosten an den Produktionskosten durchschnittlich zwischen 5 und 10 %. Dies ist auf den Rückgang der Preise für Großverbraucher sowie auf Steuerbefreiungen und -senkungen und nicht unbedingt auf Energieeffizienzmaßnahmen zurückzuführen. |
8.2. |
Nach Ansicht der Europäischen Kommission ist die Europäische Union im internationalen Vergleich keine sehr energieintensive Wirtschaft. Ein wettbewerbsfähiger und ordnungsgemäß funktionierender Energiemarkts sollte die von Haushalten und Industrie benötigte Energie in der kosteneffizientesten Weise liefern können, ohne die Inflation anzukurbeln und ohne öffentliche Subventionen, die zu ungerechtfertigten Wettbewerbsverzerrungen führen. 2012 beliefen sich die Subventionen auf 113 Mrd. EUR, 17,2 Mrd. EUR davon in Form direkter Subventionen. 2014 betrugen die Einnahme aus Energiesteuern 263 Mrd. EUR, das entspricht 1,88 % des BIP der EU. |
9. Allgemeine Bemerkungen
9.1. |
Energie ist ein zentrales Element für die Industrie und die Haushalte. Der Energieverbrauch ist mit CO2-Emissionen verbunden, die Mensch und Klima schaden. Die Europäische Union hat den Wandel hin zu einer Niedrigemissionswirtschaft angestoßen. Das Wissen über die Mechanismen für die Festsetzung der Energiekosten und -preise sollte zu einer besseren Energiewende und zur Bekämpfung von Energiearmut beitragen (5). |
9.2. |
Aus dem Bericht der Europäischen Kommission geht hervor, dass es nicht einen Energiepreis in der EU gibt, sondern Preise für die verschiedenen Energieträger, die je nach geografischer Lage, nationalen Gepflogenheiten, Zeitpunkt und Verbrauchsgewohnheiten der Nutzer unterschiedlich sind. |
9.3. |
In mehreren europäischen Ländern wird ein „Energiepreisbarometer“ (Europäische Klimastiftung ECF) für die Haushalte veröffentlicht; die Europäische Kommission legt ihrerseits seit zwei Jahren einschlägige Berichte vor. |
10. Die Energieträger
10.1. |
Erdöl, Kohle und Erdgas, die nach wie vor den überwiegenden Teil der weltweit verbrauchten Energie erzeugen, wie auch Biomasse, Kernkraft und Strom, können nicht in gleicher Weise gespeichert oder transportiert werden:
|
10.2. |
Der Energiepreis wiederum wirkt sich je nach direktem Energieverbrauch und Energieverbrauch für Vorleistungskosten für die Erzeugung eines Produkts auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Sektors aus. Ein niedriger Energiepreis kann die Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen (siehe das Beispiel Schiefergas in den USA), ohne gleichzeitig ein struktureller Produktivitätsfaktor zu sein. |
10.3. |
Zahlreiche Mitgliedstaaten importieren Energie von ihren EU-Nachbarn oder Drittländern; daher hat auch die geopolitische Situation Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit und den Preis. |
10.4. |
Der Preis für ein Barrel Erdöl ist nach wie vor in US-Dollar festgelegt; die Währungskurse und somit die Entwicklung der globalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft wirken sich auf den Wettbewerb und die Preisbildung für die Endverbraucher aus. |
10.5. |
Die Auswirkungen der Energiepreise für Unternehmen und Haushalte haben wiederum Folgen für die globale Nachfrage. Der EU-Handel findet großteils im EU-Binnenmarkt und mit Verarbeitungserzeugnissen statt, die von Energiepreisschwankungen beeinflusst werden. |
11. Preise und Kosten
11.1. * Preise
11.1.1. |
Kosten oder Preise? In der Alltagssprache werden diese beiden Begriffe häufig in einen Topf geworfen. Der Kommissionsbericht (COM(2017) 769 final) wäre durch eine Präzisierung dieser Begriffe klarer geworden. |
11.1.2. |
Der Preis ist am eindeutigsten zu definieren. Er steht für den Handelswert einer energetischen Einheit, Ware oder Dienstleistung. In einem vollkommen „freien“ Markt würde er zum Marktgleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage führen. |
11.1.3. |
Auf einem ausgereiften globalen Markt gibt es genauso viele Preise wie Märkte. In jeder Transaktionsetappe wirken auch externe Elemente (Externalitäten) auf den Preis ein. Darüber hinaus beeinflussen auch die Elemente der internen Politik der Mitgliedstaaten den Preis wie beispielsweise die Struktur des Energiesektors, das Steuerwesen, das Klima, die Kaufkraft der Haushalte oder die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. |
11.1.4. |
Unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips könnte die Energieunion diese Elemente ausgleichen, die Unterschiede und Ungerechtigkeiten zwischen den Unionsbürgern bedingen. |
11.2. * Kosten
11.2.1. |
Die Kosten entsprechen dem Preis für die energetischen Rohstoffe, die für die Herstellung einer Ware bzw. einer Dienstleistung und ihre Bereitstellung für die Verbraucher erforderlich sind („Les prix et les coûts des sources d’énergie“, Jean-Marie Martin-Amouroux, 20. Februar 2017). Je nach gewählter Energiequelle kann es erhebliche Kostenunterschiede geben (SWD(2016) 420 final). |
11.2.2. |
Betreffend KMU, die 90 % des europäischen Wirtschaftsgefüges ausmachen, kann der Preis, zu dem sie ihre Energie kaufen, und der Preis für die Energie, die in den von ihnen verarbeiteten Primärerzeugnissen erhalten ist, trotz ihres vergleichsweise geringen Energieverbrauchs erhebliche Auswirkungen auf die Gestehungskosten ihrer Erzeugnisse und deren Verkauf haben. |
11.2.3. |
Außerdem sind die Energiekosten kein einfach zu ändernder Faktor, sie sind eine Zwangsausgabe; wenn die Energiekosten ein wichtiger Faktor in den Produktionskosten sind, wirken sie sich auf den Verkaufspreis der Erzeugnisse und somit die Kaufkraft der Verbraucher aus; das Nachfragewachstum kann dadurch ebenfalls gebremst werden (siehe den Automobilsektor). Für die Unternehmen bleiben die Energiequellen ersetzbar; wird Erdöl zu teuer, steigen sie auf Gas usw. um. |
11.2.4. |
Die Frage der Energiekosten steht auch in Verbindung mit der europäischen Diplomatie und der Definition einer europäischen Industriepolitik, und zwar nicht nur für energieintensive Industriezweige. |
12. Besondere Bemerkungen
12.1. |
Dieser Bericht, in dem die Europäische Kommission Bilanz der Energiepreise und -kosten in Europa zieht, ist Teil des Pakets „Saubere Energie für alle Europäer“ (6). Der EWSA bedauert, dass die Perspektive der Energiewende nicht stärker herausgestellt wird. Die je nach Energieträger unterschiedliche Kostenaufschlüsselung wäre verständlicher. Der Energiegehalt einer Ware hängt von der gesamten Produktionskette und den Energiekosten ab. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und darüber hinaus ihre Fähigkeit, nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen und die Umwelt zu erhalten, stehen auf dem Spiel. |
12.2. |
Aufgrund ihrer Rechtsvorschriften ist die EU zur gemeinsamen Referenz im internationalen Kampf gegen Klimagasausstoß und für die Förderung von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien geworden. Die Entscheidung über den Energiemix liegt allerdings bei den Mitgliedstaaten, die ihrerseits unterschiedliche Ansätze bei der Besteuerung und dem Klimaschutz verfolgen. Diese Situation führt zu Dumping und erschwert die Governance der Energieunion (7). |
12.3. |
Ein Ansatz nach dem Motto „Wettbewerb ist alles“ wie in den 1980er-Jahren trägt weder der weltweiten Realität des Energiesektors noch dem Paradigmenwechsel der EU Rechnung: Der Verbraucher steht im Mittelpunkt des Systems und es kann nicht mehr über die „Unzulänglichkeiten des Marktes“ oder über das breite Spektrum an öffentlichen Maßnahmen für den Energiesektor, die nichts weniger als Subventionen sind, oder über die erheblichen Steuereinnahmen der öffentlichen Hand geklagt werden. Man könnte dies auch als Umverteilung zum Ausgleich der sozialen Kosten der Energie bezeichnen, die für zahlreiche Bürger nicht mehr tragbar sind. |
12.4. |
Der Anstieg der Energiepreise, insbesondere der Strompreise, kann zur Verlagerung von Arbeitsplätzen führen. Eine stabile öffentliche Politik ist für die Arbeitnehmer, Unternehmer und Investoren von grundlegender Bedeutung. |
12.5. |
Es gibt nach wie vor Ungleichheiten zwischen den Bürgern wie auch zwischen den Mitgliedstaaten. Derartige Unterschiede bestehen auch zwischen den Unternehmen, d. h. zwischen den energieintensiven und den übrigen Unternehmen, sowie zwischen Unternehmen und Privatpersonen. Die Liberalisierung des Binnenmarktes, mit der nationale Monopole zugunsten des Wettbewerbs zerschlagen wurden, was Vorteile für die Verbraucher bringen sollte, hat eine Erhöhung der Gas- und Stromrechnungen für die Endverbraucher bewirkt und das Entstehen von außerwettbewerblichen Oligopolen nicht verhindert. Nach Meinung des EWSA könnte die Idee einer Gleichbehandlung der Verbraucher durch Ausgleichsregelungen zu einem europäischen Konzept werden. |
12.6. |
In ihrer Mitteilung „Schnellere Innovation im Bereich saubere Energien“ (8) bekräftigt die Europäische Kommission selbst, dass „das Energiesystem einen Wendepunkt erreicht [hat]“ und „die Kosten erneuerbarer Energieträger […] zunehmend wettbewerbsfähig [sind]“. Der Europäische Rat hat Vorschläge zur Dekarbonisierung der Wirtschaft und zur Integration des Energiemarktes angenommen. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung wächst ständig. Die Energieintensitätswerte, mit denen der Energieverbrauch im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung gemessen wird, gehen vor allem in entwickelten Ländern ständig zurück. |
12.7. |
In dieser Mitteilung wird ein auf folgende drei übergeordnete Zielsetzungen gestütztes Legislativpaket vorgeschlagen:
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12.8. |
Die EU muss ihr Konzept für die Energiepreise und -kosten radikal überarbeiten, sie muss den Anforderungen schutzbedürftiger Verbraucher Rechnung tragen und klar darlegen, inwieweit die erneuerbaren Energien durch öffentliche Mittel finanziert werden dürfen, damit die Haushalte nicht zu hart von der damit verbundenen Besteuerung getroffen werden. Die Europäische Kommission regt einen intuitiveren und verbrauchernahen regionalen Ansatz für die Vollendung des Binnenmarkts an. |
12.9. |
Die Europäische Kommission unterstreicht, dass soziale Maßnahmen für wirtschaftlich schwächere Verbraucher erforderlich sind, um Energiearmut entgegenzuwirken. Dies ist positiv, doch werden diese Maßnahmen nicht aus den Gewinnspannen der großen Energieunternehmen finanziert, sondern von den Bürgern über ihre Steuern und somit aus den Staatshaushalten. |
12.10. |
Der EWSA nimmt zur Kenntnis, dass in dem Bericht zahlreiche Informationen enthalten sind, die bei vielen Interessenträgern eingeholt wurden, bedauert jedoch, dass sich diese Transparenz der Preise und der Kosten nicht bis auf die Ebene der Haushalte fortsetzt: Für erneuerbare Energien können die Netzkosten eine Erhöhung von 50 % bewirken („Rapport du Centre d’analyse stratégique“, 2012, Frankreich). Damit die Verbraucher ihre Wahl bzw. ihre Entscheidung treffen können, brauchen sie aussagekräftige Statistiken — wie in der in Fußnote 1 genannten Verordnung vorgesehen. Diese Statistiken müssen die Umweltkosten berücksichtigen und für die Bürger leicht zugänglich sein, für die diese Maßnahmen getroffen werden und die verstehen wollen, warum und wie sie ihre Energie erhalten und bezahlen. |
Brüssel, den 5. Juli 2017
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Georges DASSIS
(1) EWSA-Stellungnahme „Saubere Energie für alle Europäer“ (ABl. C 246 vom 28.7.2017, S. 64).
(2) ABl. L 311 vom 17.11.2016, S. 1.
(3) COM(2016) 769 final, S. 7, Fußnote 8.
(4) ABl. L 283 vom 31.10.2003, S. 51.
(5) ABl. C 341 vom 21.11.2013, S. 21.
(6) COM(2015) 80 final.
(7) EWSA-Stellungnahme „Governance der Energieunion“ (ABl. C 246 vom 28.7.2017, S. 34).
(8) EWSA-Stellungnahme „Schnellere Innovation im Bereich saubere Energien“ (TEN/619), noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.