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Document 52010IE1625

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland“ (Initiativstellungnahme)

ABl. C 54 vom 19.2.2011, p. 24–30 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

19.2.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 54/24


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland“

(Initiativstellungnahme)

(2011/C 54/05)

Berichterstatter: Ivan VOLEŠ

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss auf seiner Plenartagung am 17./18. Februar 2010, gemäß Artikel 29 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung eine Initiativstellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten:

„Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland“.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Außenbeziehungen nahm ihre Stellungnahme am 23. November 2010 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 467. Plenartagung am 8./9. Dezember 2010 (Sitzung vom 9. Dezember) mit 195 Ja-Stimmen ohne Gegenstimmen bei 8 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Empfehlungen

1.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt die auf dem EU-Russland-Gipfel in Rostow am Don (31. Mai - 1. Juni 2010) verabschiedete gemeinsame Stellungnahme zur Partnerschaft für Modernisierung (PfM), in der an die Zivilgesellschaft appelliert wird, sich durch einen intensiveren Dialog stärker an der Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland zu beteiligen. Die Beziehungen EU/Russland haben für beide Seiten strategische Bedeutung und sollten auf gegenseitigem Vertrauen gründen. Die Zivilgesellschaften in der EU und Russland sollten ihre Zusammenarbeit vorantreiben und zur Umsetzung der PfM-Initiative beitragen. Der EWSA ist bereit, dazu aktiv beizutragen.

1.2   In Bezug auf die Gemeinsamen Räume spricht sich der EWSA für die bestehende Struktur aus, fordert jedoch, die Zivilgesellschaften auf beiden Seiten stärker einzubinden und ihnen Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt darzulegen und ihre Initiativen in den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen vorzustellen.

1.3   Der EWSA schlägt vor, mehr Interessenträger in den Dialog über Wirtschafts- und Handelsbeziehungen einzubinden und die Einrichtung eines umfassenden repräsentativen Unternehmensforums EU-Russland zu erwägen.

1.4   Der EWSA befürwortet Bemühungen um rasche Fortschritte in den Verhandlungen über eine Vereinfachung und Lockerung der Visavorschriften.

1.5   In die Menschenrechtskonsultationen zwischen der EU und Russland sollten mehr nichtstaatliche Akteure einbezogen werden. Der EWSA erklärt sich bereit, seinen Beitrag dazu zu leisten.

1.6   Es sollten mehr Plattformen geschaffen werden, auf denen die zivilgesellschaftlichen Organisationen der EU und Russlands an der Begleitung und Beobachtung der Beziehungen EU-Russland mitwirken können. Eine solche Plattform könnte z.B. das Zivilgesellschaftliche Forum EU-Russland nach dem Vorbild des Zivilgesellschaftlichen Forums der Östlichen Partnerschaft sein.

1.7   Der EWSA fordert als Mittel zur Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses und des Vertrauens mehr persönliche Kontakte und einen regeren Austausch auf dem Gebiet der Bildung und des interkulturellen Dialogs.

1.8   Die Haltung der EU-Mitgliedstaaten gegenüber Russland sollten besser koordiniert werden, damit die EU mit einer Stimme spricht - mit ehrgeizigen, aber gleichzeitig auch realistischen Zielen und mit ausreichender Flexibilität.

1.9   Der EWSA misst einer Mitgliedschaft Russlands in der WTO große Bedeutung bei, unterstützt den Beitrittsprozess uneingeschränkt und wünscht dessen baldmöglichste Beendigung

1.10   Die EU sollte die Regelungen über die finanzielle Unterstützung der Nichtregierungsorganisationen im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte überarbeiten. Das Instrument sieht einen hohen Kofinanzierungsanteil vor, der es vielen russischen Nichtregierungsorganisationen unmöglich macht, diese Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

1.11   Der EWSA empfiehlt, nach Möglichkeiten zu suchen, um Russland insbesondere in den Bereichen Umwelt, Gesundheitswesen, Verkehr und Energieeffizienz an großen Regionalprojekten zu beteiligen, die mit den östlichen Partnerländern erörtert würden. Die russische Zivilgesellschaft sollte zu den Sitzungen der verschiedenen Plattformen des Zivilgesellschaftlichen Forums der Östlichen Partnerschaft eingeladen werden, in denen derartige Projekte von gemeinsamem Interesse zwischen der EU, den Ländern der Östlichen Partnerschaft und Russland erörtert würden. Es geht um eine stärkere Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Umsetzung der Politik der Nördlichen Dimension, der Ostseestrategie, der Schwarzmeersynergie und weiterer relevanter Initiativen.

1.12   Der EWSA bekräftigt seinen Vorschlag, im künftigen Abkommen die Schaffung eines gemeinsamen Organs der Zivilgesellschaft EU/Russland vorzusehen.

1.13   Der EWSA wird eine Kontaktgruppe für die Beziehungen EU/Russland einrichten und außerdem den Austausch mit der Gesellschaftskammer der Russischen Föderation vorantreiben, wobei seines Erachtens zivilgesellschaftliche Organisationen, die nicht in der Gesellschaftskammer vertreten sind, in stärkerem Maße in die gemeinsamen Tätigkeiten einbezogen werden sollen.

2.   Beziehungen EU/Russland: Stand der Dinge

2.1   Die Beziehungen zwischen der EU und Russland haben in den letzten zwei Jahrzehnten mehrere Höhen und Tiefen erlebt. Der militärische Konflikt zwischen Russland und Georgien im August 2008 und der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine im Januar 2009 wirkten sich negativ auf die gegenseitigen Beziehungen aus. Allerdings haben sich seither beide Seiten um Wege aus dieser verfahrenen Situation bemüht. In dieser Stellungnahme möchte der EWSA im Wesentlichen Empfehlungen dazu abgeben, wie die Beziehungen EU/Russland verbessert werden könnten und wie die Zivilgesellschaften der EU und der Russischen Föderation zu dieser Verbesserung beitragen können.

2.2   Gespräche über ein neues bilaterales Abkommen EU/Russland als Ersatz für das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen von 1994 wurden im Juni 2008 in Chanty-Mansijsk angeregt und im Juli 2008 förmlich eröffnet. Zu Beginn der Verhandlungen vertraten beide Seiten hinsichtlich des Wesens des neuen Abkommens unterschiedliche Schwerpunkte. Die EU möchte einen umfassenden und ausführlichen Strategievertrag, während Russland den Abschluss eines grundlegenden politischen Rahmenvertrags bevorzugt, auf den dann detaillierte sektorspezifische Abkommen in den Bereichen, die für Russland von Interesse sind, folgen würden (1).

2.3   Im November 2010 begann die 12. Verhandlungsrunde zwischen der EU und der Russischen Föderation, die über die Arbeitsgruppen, die die einzelnen Gemeinsamen Räume widerspiegeln, abgewickelt wird. Bezüglich der bisherigen Verhandlungsergebnisse äußert sich die Europäische Kommission vorsichtig optimistisch. Es ist noch nicht abzusehen, wann die Gespräche über den neuen Vertrag abgeschlossen werden können.

2.4   Die langsamen Fortschritte bei den gegenwärtigen Verhandlungen über ein neues Abkommen zeugen davon, dass beide Seiten unterschiedliche Auffassungen von ihren bilateralen Beziehungen haben. Die EU bietet Russland etwas, was das Land noch nicht bereit ist, vollständig anzunehmen, z.B. eine komplexe gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Modernisierung in Einklang mit europäischen Rechtsvorschriften und Institutionen. Russland möchte andererseits als souveräne Weltmacht mit eigenem Verständnis von Demokratie und Menschenrechten sowie eigenen Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen behandelt werden (2). Um diese Rolle zu spielen, nutzt Russland alle seine Trümpfe (Erdgas- und Erdölversorgung, Kernwaffenarsenal, Raumfahrtprogramme usw.), einschließlich seiner Stellung in internationalen Organisationen (UN-Sicherheitsrat, Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, GUS, G-20 usw.). Die internationale Reichweite dieser Ambitionen ist jedoch aufgrund der schwachen gegenwärtigen sozioökonomischen Situation Russlands eingeschränkt (3).

2.5   Die Meinungen der EU und Russlands über mögliche Änderungen an der europäischen Sicherheitsarchitektur gehen deutlich auseinander. Russland möchte die europäische Sicherheitsarchitektur neu gestalten, wie sich in den von Dmitri MEDWEDEW im Juni 2008 vorgebrachten Vorschlägen Russlands für den Abschluss eines neuen europäischen Sicherheitspakts zeigte.

2.6   Auch auf dem Gebiet der Energiesicherheit bestehen weiterhin große Differenzen. Russland möchte als der für die EU wichtigste Lieferant von Erdgas und Erdöl eine Sonderbehandlung erreichen, was eine bevorzugte Behandlung seiner Energieunternehmen und deren Zugang zum EU-Markt sowie die Anerkennung seiner besonderen Stellung und Interessen im Energiesektor von Belarus und der Ukraine mit einschließt (4). Im August 2009 stieg Russland aus dem Vertrag über die Energiecharta (ECT) aus. Die EU betrachtet ihrerseits den ECT als Grundlage für jede weitere Liberalisierung ihres Energiemarkts, was auch dessen Öffnung für russische Energieunternehmen beinhaltet. Die von Präsident MEDWEDEW kürzlich ergriffene Initiative für einen neuen umfassenden Energiesicherheitsvertrag, der den ECT ablösen soll, war an die Mitgliedstaaten der G-20 gerichtet - und nicht ausschließlich an die EU, auch wenn die EU Russlands wichtigster Handelspartner im Energiesektor bleibt.

2.7   Russland versucht, seine Interessen gegenüber der EU durch den Aufbau besonderer Beziehungen zu den traditionellen europäischen „Schwergewichten“ zu verfechten. Tatsächlich unterhalten die EU-Mitgliedstaaten eigene bilaterale Beziehungen zu Russland, die ihre Traditionen und Interessen widerspiegeln; allerdings sollten sie sich darum bemühen, ihre Positionen und Aktivitäten im Hinblick auf die Gestaltung einer allgemeinen EU-Politik gegenüber Russland besser zu koordinieren. Der neue Vertrag von Lissabon hat den Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU gestärkt und der Union mehr Befugnisse im Bereich der Energiesicherheit übertragen.

2.8   Russland und die EU sind sich auch bezüglich der Östlichen Partnerschaft uneins. So betrachtet Russland die Östliche Partnerschaft als Versuch der EU, ihren Einflussbereich zu erweitern. Die EU hingegen versteht sie als Instrument, um ihren östlichen Nachbarländern die gemeinsamen Werte und Normen zu vermitteln, deren Umsetzung zur wirtschaftlichen und sozialen Modernisierung der betreffenden Länder führt sowie zur Sicherheit und Stabilität des gesamten europäischen Kontinents beiträgt.

2.9   Die Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland hat sich im Rahmen der gemeinsamen Politik der Nördlichen Dimension von EU, Russland, Norwegen und Island positiv entwickelt. Partnerschaftsprojekte haben zu konkreten Ergebnissen geführt, z.B. in den Bereichen Umwelt, Gesundheitswesen, Kultur, Verkehr und Infrastruktur. Der EWSA hat ständig zur Umsetzung dieser Politik beigetragen und in seiner Stellungnahme zur Nördlichen Dimension die Bedeutung der Einbeziehung der Zivilgesellschaft herausgestellt (5).

2.10   Ungeachtet der vorgenannten Missverständnisse und Schwierigkeiten herrscht sowohl in der EU als auch in Russland die allgemeine Auffassung vor, dass bilaterale Beziehungen von strategischer Bedeutung sind. Der politische Wille zur Aufwertung der bilateralen Beziehungen zeigt sich eindeutig in den Schlussfolgerungen des Gipfels EU/Russland in Rostow am Don (31. Mai - 1. Juni 2010), und in der gemeinsamen Stellungnahme zur Partnerschaft für Modernisierung (6).

3.   Lehren aus den Gemeinsamen Räumen

3.1   Allgemeine Bemerkungen

3.1.1   Der institutionalisierte Dialog im Rahmen der Gemeinsamen Räume (7) hat die intensivsten Gespräche ermöglicht, die die EU bis dato im Bereich ihrer Außenbeziehungen mit einem Drittstaat geführt hatte. Im Hinblick auf die Verhandlungen über das neue Abkommen zwischen der EU und Russland sind folgende Lehren aus der bestehenden Zusammenarbeit im Rahmen der Gemeinsamen Räume EU-Russland zu ziehen (8):

Die Struktur der Gemeinsamen Räume ist ein stabiler institutioneller Rahmen zur Aufrechterhaltung eines breiten politischen und sektoralen Dialogs zwischen der EU und Russland und sollte deswegen gewahrt werden.

Trotz gewisser Fortschritte in sektorspezifischen Fragen haben die Gemeinsamen Räume - gemessen an den ursprünglichen Erwartungen auf beiden Seiten - zu eher bescheidenen Ergebnissen geführt.

Zur Verbesserung des Dialogs und der Zusammenarbeit ist ein stärkerer politischer Wille, gegenseitiges Vertrauen und die Fähigkeit auf beiden Seiten erforderlich, sich auf Bedingungen und Werte zu einigen (einschließlich von beiden Seiten vereinbarter Standards).

3.2   Gemeinsamer Wirtschaftsraum

3.2.1   Bei der Errichtung eines Gemeinsamen Wirtschaftsraums (GWR) verfolgte die EU das Ziel, einen offenen und integrierten Markt zwischen der EU und Russland schaffen. Die Fortschritte bei der Verwirklichung dieses Ziels sind jedoch schleppend, und eine Freihandelszone scheint in weite Ferne gerückt.. Es ist wichtig, dass Russland der WTO beitritt; der EWSA begrüßt die Absicht Russlands, den Beitrittsprozess möglichst schnell zum Abschluss zu bringen. Nach der Einrichtung der Zollunion mit Kasachstan und Belarus stellt sich jedoch die Frage, inwiefern diese die Verhandlungen mit der WTO beeinflussen wird.

3.2.2   Der verschiedene Bereiche betreffende Dialog über den GWR wird auf mehreren Ebenen geführt und berührt viele wesentliche Aspekte von Wirtschaft, Handel, Finanzen und Industrie (9). Der EWSA empfiehlt, im Dialog über den GWR auch die Beschäftigungs- und Sozialpolitik unter Beteiligung der Sozialpartner, die bisher noch nicht in den Verhandlungsprozess einbezogen waren, zu untersuchen, wobei zugleich den begrenzten Befugnissen der EU in diesen Bereichen Rechnung zu tragen ist. Besondere Aufmerksamkeit sollte den Fragen des Gesundheitswesens gewidmet werden, darunter Gesundheits-, Pflanzen- und Verbraucherschutzmaßnahmen.

3.2.3   Das Diskussionsforum der Industrieunternehmen EU-Russland ist das institutionelle Forum zur Beteiligung von Unternehmen am GWR. Es gibt zwar positive Aspekte wie die nachdrückliche Unterstützung für eine vertiefte Wirtschaftsintegration seitens der Unternehmen der EU und Russlands. Einige Arbeitsgruppen, die eingesetzt wurden, um den Dialog EU/Russland über regulatorische Aspekte und Fragen der Industriepolitik zu erleichtern, sind aber immer noch nicht operationell (10); außerdem werden Empfehlungen und Vorschläge von Entscheidungsträgern in Politik und staatlicher Verwaltung nicht berücksichtigt. Eine größere und systematischere Beteiligung von Interessenträgern am Verhandlungsprozess würde zur Ermittlung und Beseitigung der „künstlichen“ Hürden beitragen, die dem Handelsaustausch und den wechselseitigen Investitionen im Wege stehen. Zur Förderung dieser Mitwirkung müssen entsprechende Instrumente eingesetzt werden. Ein solches Instrument könnte das Unternehmensforum EU/Russland sein, in dem die wichtigsten Wirtschafts- und Geschäftsakteure vertreten wären.

3.2.4   Die wichtigsten Themen aller Arbeitsgruppen im Rahmen des GWR sollten die Beseitigung von Hürden für Unternehmen und Investitionen, die Verhinderung von Protektionismus und die Gewährleistung des fairen Wettbewerbs sowie die Verhandlung über die Harmonisierung von Rechtsvorschriften und Standards sein. Der EWSA fordert, den Fortschritt verantwortlicher zu gestalten und die Kapazitäten Russlands zur Umsetzung der Änderungen auf rechtlicher und praktischer Ebene auszubauen. Darüber hinaus verleiht der Lissabon-Vertrag der EU eine Zuständigkeit im Bereich der Investitionen, sowohl was deren Regulierung als auch deren Schutz betrifft. Deshalb sollte die EU in das neue Abkommen, das das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen ersetzt und aktualisiert, substanzielle Investitionsregelungen aufnehmen, einschließlich Bestimmungen für eine faire und gleiche Behandlung und insbesondere glaubwürdige und zuverlässige Schiedsklauseln zur Sicherung der Beziehungen zwischen Investor und Staat.

3.2.5   Die EU-Finanzinstrumente zur Förderung der Zusammenarbeit in diesem Bereich sollten stärker maßnahmenbezogen sein. Zudem müssen die Verwaltungsverfahren für ihren Einsatz vereinfacht werden. Die Umsetzung- und Auswertungsphasen des Prozesses müssen ausgebaut werden. Insbesondere sollten Treuhandfonds für kleinere Vorhaben eingerichtet werden, und zwar mit vereinfachten Verfahren, damit die Fonds größeren Zielgruppen und -institutionen (u.a. Unternehmerinnen, KMU und der Sozialwirtschaft) zugänglich sind und für kleine, aber konkrete und ergebnisorientierte Projekte verwendet werden (11). Eine etwaige Reduzierung verfügbarer Fonds sollte durch eine höhere Kofinanzierung durch die russische Seite kompensiert werden, die dafür mehr Einfluss auf und Teilhabe an Programmen und Projekten erhalten sollte.

3.3   Gemeinsamer Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

3.3.1   Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist insofern besonders wichtig, als er Fragen der Demokratie sowie der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten berührt. Es liegt im Interesse beider Seiten, Herausforderungen wie organisierte Kriminalität, Terrorismus, Drogenhandel und illegale Einwanderung zu bewältigen.

3.3.2   Ein Hauptthema in den Verhandlungen ist die Visums- und Rückübernahmepolitik. Der EWSA fordert die Berücksichtigung der Ansichten der Zivilgesellschaft u.a. zu diesen Visumfragen: vereinfachte Ausstellung von Visa für Unternehmen, zivilgesellschaftliche Organisationen und Studierende, Ausstellung von Mehrfachvisa für Bewohner der Grenzregionen, Reduzierung oder Abschaffung von Visumgebühren, Registrierung von Ausländern und diesbezügliche Vereinfachung, ausgewogene und diskriminierungsfreie Umsetzung der jeweiligen Regelungen über Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen. Dabei ist den Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten in diesen Punkten Rechnung zu tragen. Der EWSA spricht sich für eine rasche Vereinfachung und Liberalisierung des Visumsystems durch die Umsetzung gemeinsam festgelegter Verpflichtungen aus.

3.3.3   Die EU muss sich weiterhin darum bemühen, nichtstaatliche Akteure in die Menschenrechtskonsultationen EU-Russland einzubinden.

3.4   Gemeinsamer Raum der äußeren Sicherheit

3.4.1   Es gibt nur eine begrenzte Anzahl gemeinsamer Anstrengungen der EU und Russlands im Bereich der äußeren Sicherheit. Zweifellos sollte sich die EU nach den positiven Erfahrungen mit gemeinsamen Missionen in den Westbalkanstaaten und im Tschad darum bemühen, Russland in gemeinsame Aktionen einzubeziehen, die auf die Aufrechterhaltung der Sicherheit abzielen.

3.4.2   Russland wurde in die EU-Missionen im Westbalkan und im Tschad einbezogen. Auf der anderen Seite wurde die EU von Russland gebeten, nach dem Russland-Georgien-Konflikt im August 2008 im Streit mit Georgien zu vermitteln. Russland muss noch sämtlichen in den Abkommen vom 12. August und 8. September 2008 festgelegten Verpflichtungen nachkommen. Die Überwachungsmission der Europäischen Union (EUMM) ist ein unerlässlicher Faktor bei den Stabilisierungsanstrengungen in Georgien. Der Zugang zu Abchasien und Südossetien bliebt ein wichtiger, aber nicht realisierter Aspekt ihres Mandats. In dieser Hinsicht ist Russlands Kooperation von größter Bedeutung..

3.4.3   Trotz ihrer unterschiedlichen Positionen zur Sicherheit in Europa und in der Welt sollten beide Seiten den bilateralen Sicherheitsdialog und den Dialog im Rahmen der bestehenden internationalen Institutionen fortsetzen, die dazu genutzt werden sollten, um über die Beziehungen EU/Russland zu diskutieren: Vereinte Nationen, Europarat, OSZE und NATO-Russland-Rat.

3.4.4   Die EU darf die Interessen ihrer östlichen Nachbarn im Rahmen ihrer Beziehungen zu Russland nicht vernachlässigen - und umgekehrt. Sie muss an ihrem Engagement zur Erleichterung der Umgestaltung der östlichen Partnerländer festhalten.

3.4.5   Die Geschlossenheit in Kernfragen (Beziehungen zu Russland; Energiepolitik; Beziehungen zu den östlichen Partnern) wird die Position der EU beim Umgang mit der Russischen Föderation stärken. In erster Linie sollte die EU mit einer Stimme sprechen.

3.4.6   Trotz offizieller Kontakte kooperieren zivilgesellschaftliche Organisationen, Forschungsinstitute und Denkfabriken in der EU und Russland nach wie vor in nur wenigen Themenbereichen. Unzureichende Kontakte und mangelnde Zusammenarbeit führen zu einer klischeebehafteten Auffassung der Interessen und Intentionen des jeweils anderen Partners. Deshalb sollte der bilaterale zivilgesellschaftliche Dialog dazu beitragen, ein neues Konzept für Fragen von beiderseitigem Interesse (z.B. den internationalen Terrorismus und seine Wurzeln) zu ermitteln.

3.5   Gemeinsamer Raum der Forschung, Bildung und Kultur

3.5.1   Dieser Gemeinsame Raum ist ein Beispiel für eine besonders erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland, wobei hier naturwissenschaftliche Projekte sehr stark im Vordergrund stehen.

3.5.2   Der Erfolg zeigt sich am aktiven Engagement beider Seiten in Form der bereitgestellten Programme und Fonds sowie des von unten nach oben gerichteten Ansatzes, d.h. der Tatsache, dass die Wissenschaftler für ihre Arbeiten die Struktur und Form wählen, die ihnen am besten geeignet erscheint (12).

3.5.3   Andererseits steht dieses Konzept im Widerspruch zur relativ eingeschränkten Mobilität im Bildungsbereich, in dem etwas Austausch erreicht wurde, z.B. durch die Programme TEMPUS und ERASMUS MUNDI. Es besteht ferner die Schwierigkeit, weitere Informationen über die Arbeitsweise der Arbeitsgruppen zu erhalten. Mehr Aufmerksamkeit verdienen die Jugendmobilität und der interkulturelle Austausch. Die Zivilgesellschaft sollte an den Verhandlungen und der Weiterverfolgung der Abkommen in diesem Gemeinsamen Raum stärker beteiligt werden, um die Auswirkungen von Forschungsvorhaben auf die wissensbasierte Gesellschaft zu beobachten.

4.   Situation der Zivilgesellschaft in Russland

4.1   Den verfügbaren Informationen zufolge entsprechen die Lage der russischen Zivilgesellschaft und der soziale und zivile Dialog (13) nicht gänzlich europäischen Standards, obschon sich ihre Position und ihr Einfluss seit der letzten Beurteilung der Beziehungen EU-Russland durch den EWSA teilweise verbessert haben (14).

4.2   Die 2006 geschaffene Gesellschaftskammer der Russischen Föderation ist zur offiziellen Vertretungsinstanz der Zivilgesellschaft in Russland geworden. Sie wurde auf Erlass des Präsidenten eingerichtet, der ein Drittel ihrer Mitglieder ernennt. Der Gesellschaftskammer ist es gelungen, zu einem Sprachrohr für die Zivilgesellschaft bei wichtigen Themen auf nationaler und regionaler Ebene (viele Regionen haben eigene Kammern eingerichtet) zu werden. Sie unterbreitet Empfehlungen, äußert sich zu Gesetzesentwürfen und analysiert die Branchen und die Lage in den einzelnen Regionen. Die Positionen der Gesellschaftskammer können sehr deutlich und kritisch gegenüber der Regierungspolitik ausfallen (15).

4.3   Laut dem Bericht der Gesellschaftskammer über die Situation der Zivilgesellschaft in der Russischen Föderation von 2009 (16) liegt die Zahl der in Russland eingetragenen gemeinnützigen Nichtregierungsorganisationen mit Rechtspersönlichkeit bei 670 000. Zwischen 2004 und 2009 ging ihre Anzahl um 17 % zurück. Die Gesellschaftskammer empfiehlt, die Klassifizierung der gemeinnützigen Nichtregierungsorganisationen zu ändern und die Methode der UN zu verwenden, die die von staatlicher Seite ins Leben gerufenen Nichtregierungsorganisationen nicht betrifft.

4.4   Entsprechend ihren Tätigkeitsbereichen ergibt sich folgende Rangliste von Nichtregierungsorganisationen: Soziales (54 %), Wissenschaft und Bildung (44 %), Verteidigung der Rechte (42 %), Wohltätigkeit (39 %), Fremdenverkehr und Sport (32 %), Kultur (30 %), Information (27 %), Gesundheit (22 %), Umwelt (12 %), Kommunales (9 %), Religion (9 %), Wirtschaft (6 %), Wohnungswesen (5 %) und sonstiges (5 %).

4.5   Die Gesellschaftskammer hat Beziehungen zu ausländischen Partnerorganisationen aufgenommen, auch zum EWSA (gemeinsame Absichtserklärung 2008), und ist Mitglied der AICESIS, deren Sitzung sie im Dezember 2009 ausrichtete. Die Beziehungen zwischen dem EWSA und der Gesellschaftskammer wurden seither durch die Veranstaltung gemeinsamer Seminare zu Themen von beiderseitigem Interesse und die Verabschiedung gemeinsamer Schlussfolgerungen als Ergebnis dieser Seminare intensiviert (17).

4.6   Die russische Führung wird sich zunehmend der Tatsache bewusst, dass es ohne die Einbeziehung der Zivilgesellschaft nicht möglich sein wird, das Strategieziel der Modernisierung Russlands zu verwirklichen. Im letzten Jahr wurden mehrere Änderungsanträge zu geltenden Rechtsvorschriften angenommen, um den Status der Zivilgesellschaft zu verbessern und u.a. die Beschränkungen für die Tätigkeiten der vom Ausland finanzierten NRO zu lockern.

4.7   Auch wenn das Verständnis der Rolle der organisierten Zivilgesellschaft bei der Modernisierung des politischen Systems Russlands wächst, bleibt noch viel zu tun.

4.8   Der soziale Dialog zwischen den Sozialpartnern auf nationaler Ebene findet im russischen trilateralen Ausschuss zur Regulierung der Sozial- und Arbeitsbeziehungen statt. Die Generalabkommen werden zwischen den gesamtrussischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden unter Beteiligung der Regierung ausgehandelt. Tarifvereinbarungen werden normalerweise in den Unternehmen getroffen, in denen es Gewerkschaftsvertreter gibt; dennoch kommt es bei Meinungsverschiedenheiten gelegentlich zu Arbeitsniederlegungen. Russland hat die meisten ILO-Konventionen ratifiziert; allerdings ist es wichtig, dass diese Konventionen auch uneingeschränkt eingehalten werden.

4.9   Die Arbeitgeber sind in der Russischen Industriellen- und Unternehmerunion (RSPP), einer unabhängigen nichtstaatlichen Organisation, vertreten. Die RSPP repräsentiert über 120 regionale Verbände und Vereinigungen aus Schüsselindustrien und spielt eine aktive Rolle als Sozialpartner im russischen trilateralen Ausschuss. Sie kann neue Gesetzesentwürfe anregen. Darüber hinaus bemüht sie sich kontinuierlich um die Verbesserung der geltenden Rechtsvorschriften im Bereich Wirtschaft und Unternehmen. Die RSPP arbeitet eng mit Business Europe zusammen und unterstützt die Verbesserung der Geschäftsbeziehungen zwischen Russland und der EU und ihren Mitgliedstaaten.

4.10   Neben der RSPP gibt es weitere Organisationen zur Vertretung von Unternehmern und Arbeitgebern, z.B. die Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation (18), die russische Managervereinigung und der KMU-Verband (Opora Rossii). Sie sind alle in der Gesellschaftskammer der Russischen Föderation vertreten.

4.11   Die Gewerkschaften werden von zwei großen Dachorganisationen vertreten: die Föderation der unabhängigen Gewerkschaften Russlands (FNPR) und die Konföderation der Arbeit Russlands (KTR). Beide sind Mitglieder des Internationalen Gewerkschaftsbunds (IGB) und dessen Regionalstruktur für Europa, des Paneuropäischen Regionalrates (PERC) (19).

4.12   Der EWSA ist besorgt wegen der Probleme, vor denen die Gewerkschaften in Russland stehen und die in den letzten Jahren zugenommen haben. Die unabhängigen Gewerkschaften erachten die Missachtung der grundlegenden Rechte von Arbeitnehmern auf Vereinigung, Tarifverhandlung und Streik als das dringlichste Problem. Neben Fällen von Diskriminierung gibt es eindeutige Fälle, in denen auf unverhüllte Weise Druck auf Gewerkschaften, ihre Mitglieder und ihre Führer ausgeübt wird, um ihre gesetzlich erlaubten Tätigkeiten zu behindern. Es fehlt ein wirksamer rechtlicher Schutz der Arbeitnehmer vor Maßnahmen der Regierungsbehörden, die für die Rechtsdurchsetzung im Bereich der Arbeitsbeziehungen zuständig sind.

4.13   Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Nichtregierungsorganisationen. Ihre Interessengebiete werden in Ziffer 4.4 beschrieben. Regierungskritische Menschenrechtsorganisationen (20) sind verschiedenen Formen der Behinderung, des Drucks und der Bedrohung ausgesetzt. Die meisten basisnahen Verbraucher-, Umwelt-, Sozialwirtschafts- und Jugend-NRO usw. (21) haben Finanzierungsschwierigkeiten. Neben den Organisationen der Zivilgesellschaft, die auf föderaler Ebene tätig sind, gibt es Tausende regionaler und lokaler Nichtregierungsorganisationen, von denen einige seitens der regionalen bzw. lokalen Behörden boykottiert oder abweisend behandelt werden.

5.   Vorschläge des EWSA zur Verbesserung des Beziehungen EU-Russland

5.1   Allgemeine Vorschläge

5.1.1   Es ist dringend notwendig, gegenseitiges Vertrauen zwischen Russland und der EU aufzubauen. Diese Aufgabe kommt vornehmlich den politischen Entscheidungsträgern zu, aber auch der Zivilgesellschaft auf beiden Seiten, die bei diesem Prozess unterstützend tätig werden sollte. Ohne Vertrauen sind weitere Fortschritte in den Verhandlungen zwischen der EU und Russland über das neue Abkommen und im Dialog innerhalb der Struktur der Gemeinamen Räume kaum möglich.

5.1.2   Auf Seiten der EU könnten ein von den Mitgliedstaaten vereinbartes gemeinsames Vorgehen, klarere Zielsetzungen, realistische Ambitionen und größere Flexibilität dazu beitragen, die Beziehungen EU-Russland im Allgemeinen und den Aufbau der vier Gemeinsamen Räume im Besonderen voranzubringen.

5.1.3   Die Beziehungen EU-Russland benötigen einen neuen politischen Impuls, um beiden Seiten zu ermöglichen, ihre Zusammenarbeit neu zu beleben und das Bewusstsein für eine strategische Partnerschaft wiederzuentdecken. Die auf dem Gipfel am 1. Juni 2010 in Rostow am Don vereinbarte Agenda der Partnerschaft für Modernisierung sollte von der EU als ein zukunftsorientiertes Paket von Kooperationsvorschlägen betrachtet werden. Diese Vorschläge sollten den Beziehungen EU-Russland auf der Grundlage der Lehren aus den Gemeinsamen Räumen einen neuen Impuls verleihen und gleichzeitig die Östliche Partnerschaft, die bereits sechs osteuropäischen Ländern angeboten wurde, ergänzen.

5.1.4   Der EWSA begrüßt, dass die Agenda der Partnerschaft für Modernisierung nicht nur technologische und ökonomische Aspekte umfasst, sondern auch die Förderung persönlicher Kontakte und die Stärkung des Dialogs mit der Zivilgesellschaft für mehr Teilhabe von Bürgern und Unternehmen vorsieht. Der EWSA ist der Überzeugung, dass die Modernisierung der russischen Gesellschaft nicht erreicht werden kann, wenn Themen wie Menschenrechte, Demokratie, Korruptionsbekämpfung, Rechtsstaatlichkeit, Medienfreiheit, sozialer Dialog und Stärkung der Rolle der Zivilgesellschaft an der Vorbereitung, Umsetzung und Weiterverfolgung der notwendigen Reformen keine besondere Aufmerksamkeit erhalten.

5.1.5   Um die Zugänglichkeit und Effizienz von EU-Unterstützung für Tätigkeiten der russischen Nichtregierungsorganisationen zu verbessern, empfiehlt der EWSA zu erwägen, ob der obligatorische Kofinanzierungsanteil von 20 % für russische Nichtregierungsorganisationen gesenkt werden kann, falls sie Unterstützung im Rahmen des Förderprogramms der Europäischen Initiative für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) beantragen. Die Kofinanzierung als Voraussetzung für die Bewilligung von EIDHR-Hilfen schränkt die Bandbreite der für EU-Unterstützung in Frage kommenden russischen Nichtregierungsorganisationen erheblich ein.

5.1.6   Dass Russland Bedenken gegen die Initiative der Östlichen Partnerschaft hegt, sollte nicht bedeuten, dass die EU in Bezug auf bestimmte Regionen und regionale Projekte nicht eine Zusammenarbeit und Partnerschaft mit Russland vorschlagen kann unter der Voraussetzung, dass ihre gemeinsamen Nachbarn gleichberechtigt und konstruktiv daran beteiligt werden. In dieser Hinsicht sollten die Empfehlungen aus den Stellungnahmen zur Nördlichen Dimension (5), zur Ostseestrategie (22), zur Schwarzmeersynergie (23), zur Östlichen Partnerschaft (24) und zur Donaustrategie berücksichtigt werden. Die Ziele, die die EU mit ihren östlichen Partnern und Russland vereinbart hat, müssen möglichst kompatibel sein. Die sektoralen Dialoge mit der Russischen Föderation und die mit den östlichen Partnern vereinbarten Aktionspläne sollten vom Grundgedanken her in dieselbe Richtung zielen, auch wenn sie sich in Umfang und Zielsetzung höchstwahrscheinlich unterscheiden dürften.

5.1.7   Die EU, die Russische Föderation und ihre gemeinsamen Nachbarn sollten übergreifende Projekte in Bereichen wie Energiepolitik, Infrastrukturaufbau, Grenzschutz, Umweltschutz und Angleichung von Standards entwickeln, die dazu beitragen, die Trennlinien zu überwinden, welche letztlich aus der Verwirklichung der Östlichen Partnerschaft resultieren könnten.

5.1.8   Die Zivilgesellschaft sollte an der Ermittlung von Projekten, die für die EU, die Länder der Östlichen Partnerschaft und Russland von Interesse sind, beteiligten werden, und die Organisationen der russischen Zivilgesellschaft sollten eingeladen werden, an den Sitzungen der betreffenden Arbeitsgruppen des Zivilgesellschaftlichen Forums der Östlichen Partnerschaft teilzunehmen, wenn für die gesamte Region relevante Fragen zur Diskussion anstehen. Das Zivilgesellschaftliche Forum EU/Russland könnte ein Instrument für die Beteiligung russischer zivilgesellschaftlicher Organisationen an der Entwicklung der Beziehungen EU-Russland sein.

5.2   Rolle des EWSA

5.2.1   Der EWSA und die unabhängigen zivilgesellschaftlichen Organisationen Russlands sollten eingeladen werden, an den seit 2005 stattfindenden Konsultationen teilzunehmen.

Im Interesse einer stärkeren Interaktion zwischen der Zivilgesellschaft in der EU und der russischen Zivilgesellschaft sollten folgende Schritte unternommen werden:

5.2.2.1   Innerhalb der Fachgruppe REX des EWSA sollte eine neue Kontaktgruppe eingerichtet werden, die sich mit den Beziehungen EU/Russland beschäftigt.

5.2.2.2   Es sollte die Einrichtung eines gemeinsamen zivilgesellschaftlichen Gremiums des EWSA und der russischen Zivilgesellschaft als ein Punkt des künftigen Abkommens zwischen der EU und Russland vorgeschlagen werden. Ziel des zivilgesellschaftlichen Gremiums sollte es sein, einen Beitrag zur Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland zu leisten.

5.2.3   Die gegenseitigen Kontakte zur Gesellschaftskammer der Russischen Föderation und die Schritte hin zu einem verstärkten, letztlich ständigen und regelmäßigen Dialog sollten fortgesetzt und ausgebaut werden. Gleichzeitig sollte der EWSA die russische Seite darum ersuchen, Vertreter anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen, die in der Gesellschaftskammer derzeit nicht vertreten sind, zu den gemeinsamen Tätigkeiten einzuladen.

5.2.4   Der EWSA sollte auch weiterhin zu den bestehenden Kontakten zwischen der Zivilgesellschaft der EU und der russischen Zivilgesellschaft im Rahmen der Nördlichen Dimension, der Ostseestrategie, der Schwarzmeersynergie und weiterer relevanter Regionalinitiativen beitragen.

Brüssel, den 9. Dezember 2010

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  Treffen von Vertretern des EWSA mit dem Ersten Stellvertretenden Ministerpräsidenten der Russischen Förderation, Alexander ZHUKOV, am 29. Juni 2010.

(2)  Vgl. die nationale Sicherheitsstrategie der Russischen Föderation bis zum Jahr 2020, genehmigt per Erlass Nr. 537 des Präsidenten der Russischen Föderation vom 12. Mai 2009.

(3)  Nationale Sicherheitsstrategie der Russischen Föderation bis zum Jahr 2020, genehmigt per Erlass Nr. 537 des Präsidenten der Russischen Föderation vom 12. Mai 2009; siehe Teil 2. Die moderne Welt und Russland: Stand der Dinge und Entwicklungstendenzen, S. 4-8; und Teil 9: Strategische Stabilität und gleichberechtigte strategische Partnerschaft, S. 29-31.

(4)  Energiestrategie Russlands für den Zeitraum bis 2030, genehmigt per Erlass der Regierung der Russischen Föderation Nr. 1715-r vom 13. November 2009; siehe Teil 9: Energieaußenpolitik, S. 55-58.

(5)  ABl. C 309, 16.12.2006, S. 91-95.

(6)  Vorrangige Ziele der Partnerschaft für Modernisierung: Ausbau von Investitionsmöglichkeiten in wachstums- und innovationsfördernden Schlüsselbranchen; Verstärkung und Vertiefung der bilateralen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen und Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen; Förderung der Harmonisierung technischer Regelungen und Normen sowie weitgehende Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums; Verbesserung des Verkehrswesens; Förderung einer nachhaltigen kohlenstoffarmen Wirtschaft und der Energieeffizienz sowie internationaler Verhandlungen über die Bekämpfung des Klimawandels; Stärkung der Zusammenarbeit bei Innovation, Forschung und Entwicklung sowie Raumfahrt; Gewährleistung einer ausgewogenen Entwicklung durch die Bewältigung der regionalen und sozialen Folgen der wirtschaftlichen Umstrukturierung; Sicherstellung des effektiven Funktionierens des Gerichtswesens und verstärkte Korruptionsbekämpfung; Förderung direkter persönlicher Kontakte; Ausbau des Dialogs mit der Zivilgesellschaft für mehr Teilhabe von Bürgern und Unternehmen.

(7)  Im Mai 2003 verständigten sich die EU und Russland auf eine neue Kooperationsstruktur in Form von vier Gemeinsamen Räumen: Gemeinsamer Wirtschaftsraum; Gemeinsamer Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts; Gemeinsamer Raum der äußeren Sicherheit; Gemeinsamer Raum der Forschung, Bildung und Kultur. Im Mai 2005 handelten beide Seiten eine Reihe von Fahrplänen zur Verwirklichung der Gemeinsamen Räume aus. Vgl. auch: http://ec.europa.eu/external_relations/russia/docs/commonspaces_prog_report_2009_en.pdf.

(8)  „Searching for New Momentum in EU-Russia Relations. Agenda. Tools and Institutions“, Bratislava, Forschungszentrum der slowakischen Vereinigung für Außenpolitik, 2009.

(9)  In Bezug auf den Gemeinsamen Wirtschaftsraum gibt es folgende Hauptarbeitsgruppen: Verkehr; Industrie- und Unternehmenspolitik; Dialog über die Regulierung von Industrieprodukten; Weltraum; Informationsgesellschaft; Landwirtschaft; Fischerei; makroökonomische Politik; Finanzdienstleistungen; Energie; Beschaffungswesen; Umwelt; Handelserleichterungen; Rechte des geistigen Eigentums; Investitionen; interregionale Zusammenarbeit; Statistiken; Wirtschafts- und Finanzfragen;

(10)  Beispielsweise die Arbeitsgruppen zu Bauprodukten, Maschinen und elektrischen Geräten, Konformitätsprüfung und Standardisierung, Luftfahrt, Wettbewerb und Gesundheitswesen.

(11)  Welthandel, fairer Handel, lauterer Wettbewerb, Zugang zur Gerichtsbarkeit, Datenschutz und Privatsphäre, Nachhaltigkeit, Energieeffizienz, Wasserversorgung, Verbraucheraufklärung, elektronischer Handel, Lebensmittelpolitik, Sammelklagen, Gesundheit, Haftung für mangelhafte Produkte und Dienstleistungen, Finanzfragen, Telekommunikation, Vertragsbestimmungen usw.

(12)  Es gibt Arbeitsgruppen in den Bereichen: Gesundheit, Lebensmittel, Landwirtschaft und Biotechnologie, Nanotechnologien und neue Materialien, Energie, Luftfahrt und Umwelt, Kernspaltung und Kernfusion, Informations- und Kommunikationstechnologien. Sieben Gruppen wurden im Bereich der Zusammenarbeit im Raumfahrtsektor eingesetzt.

(13)  Bericht über die Situation der Zivilgesellschaft in der Russischen Föderation, veröffentlicht von der Gesellschaftskammer der Russischen Föderation, 2009 (http://www.oprf.ru/documents/1151/1256/); Informationspapier der GD RELEX für das Europäische Parlament, Februar 2009.

(14)  ABl. C 294 vom 25.11.2005, S. 33-37.

(15)  Siehe das Internetportal der Gesellschaftskammer der Russischen Föderation, einschließlich einer Reihe von Dokumenten (Stellungnahmen, Monitoringberichte, Maßnahmen usw.): http://www.oprf.ru. Über größere Fortschritte durch Maßnahmen gegenüber staatlichen Behörden auf föderaler und regionaler Ebene informiert die Rubrik „We did it!“ (http://ww.oprf.ru/ru/press/984/).

(16)  Siehe Fußnote 13.

(17)  Informationen über gemeinsame Seminare und der Text der Schlussfolgerungen sind abrufbar unter: http://www.eesc.europa.eu/?i=portal.en.events-and-activities-eu-russia-june-2010 (Englisch).

(18)  Die Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation ist Mitglied von Eurochambers.

(19)  Der Präsident der FNPR wurde vor Kurzem zum Präsidenten des PERC gewählt. Satzungsgemäß fungiert der Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbunds (EGB) als Generalsekretär des Paneuropäischen Regionalrates (PERC).

(20)  Zu den herausragenden Organisationen zählen: das Zentrum für die Entwicklung von Demokratie und Menschenrechten, das Menschenrechtsinstitut Russlands, die Jugend-Menschenrechtsbewegung, die Stiftung „Public Verdict“, die Stiftung Glasnost', die Vereinigung zum Schutz der Rechte von Wählern Golos, die russische Vertretung von Human Rights Watch, die Menschenrechtsorganisation Memorial und SOVA.

(21)  Beispielsweise die Interregionale Automobilistenorganisation Wahlfreiheit, Greenpeace Russland, die Umweltschutzorganisationen Bellona, das Institut für Kollektivmaßnahmen, die Bewegung gegen illegale Einwanderung, die Denkmalschutzorganisation Pamjat, die Russisch-Orthodoxe Kirche, die Russisch-Tschetschenische Freundschaftsgesellschaft, das Zentrum für analytische Informationen Sowa, die Union der Ausschüsse von Soldatenmüttern, die russische Ausgabe des World Wildlife Fund.

(22)  ABl. C 277 vom 17.11.2009, S. 42-48.

(23)  ABl. C 27 vom 3.2.2009, S. 144-151.

(24)  ABl. C 277 vom 17.11.2009, S. 30-36.


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