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Document 52010AE0976

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die offene Koordinierungsmethode und die Sozialklausel vor dem Hintergrund der Europa-2020-Strategie“ (Sondierungsstellungnahme)

ABl. C 44 vom 11.2.2011, p. 23–27 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

11.2.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 44/23


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die offene Koordinierungsmethode und die Sozialklausel vor dem Hintergrund der Europa-2020-Strategie“ (Sondierungsstellungnahme)

2011/C 44/04

Hauptberichterstatter: Jan OLSSON

In einem Schreiben vom 28. April 2010 ersuchte die stellvertretende belgische Premierministerin und Ministerin für soziale Angelegenheiten und Volksgesundheit, Laurette Onkelinx, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Namen des künftigen belgischen Ratsvorsitzes um eine Sondierungsstellungnahme zum Thema

Die offene Koordinierungsmethode und die Sozialklausel vor dem Hintergrund der Europa-2020-Strategie

Das Präsidium des Ausschusses beauftragte die Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft am 25. Mai 2010 mit der Ausarbeitung dieser Stellungnahme.

Aufgrund der Dringlichkeit der Arbeiten bestellte der Ausschuss auf seiner 464. Plenartagung am 14./15. Juli 2010 (Sitzung vom 15. Juli) Jan OLSSON zum Hauptberichterstatter und verabschiedete mit 61 Stimmen bei 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der EWSA begrüßt die Initiative des belgischen Ratsvorsitzes, die horizontale Sozialklausel und die gestärkte offene Methode der Koordinierung (OMK) zu verwenden, da auf diese Weise betont wird, dass der soziale Zusammenhalt mit der engeren wirtschaftspolitischen Koordinierung Schritt halten muss, damit alle Ziele der Europa-2020-Strategie erreicht werden können.

1.2

Eine wirkliche Einbeziehung der Zivilgesellschaft in sämtliche Phasen und auf allen Ebenen ist zur Gewährleistung einer wirksamen Anwendung der horizontalen Sozialklausel und der OMK von grundlegender Bedeutung. Der Ausschuss schlägt vor, dass die Kommission einen jährlichen „Governance-Bericht“ über eine solche Einbeziehung erarbeitet. Der Ausschuss kann bei dieser Aufgabe behilflich sein und empfiehlt, Pilotprojekte für eine entsprechende Einbeziehung im Rahmen des PROGRESS-Programms zu fördern. Darüber hinaus schlägt der Ausschuss einen Verhaltenskodex für eine partizipative Steuerung der OMK vor.

1.3

Der Ausschuss betont, dass dringend ein Koordinierungsprozess benötigt wird, der das Zusammenspiel zwischen sämtlichen Zielen und Maßnahmen berücksichtigt. Dies sollte die übergreifende Leitlinie für die Umsetzung der Sozialklausel und der OMK sein. Die Kommission sollte diese Koordination leiten und dabei vom Ausschuss für Sozialschutz und dem Beschäftigungsausschuss unterstützt werden. Die beiden Ausschüsse sollten sich Vertretern externer Akteure öffnen.

1.4

Die Umsetzung der horizontalen Sozialklausel muss effizient sein. Soziale Folgenabschätzungen sollten alle zehn integrierten wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Leitlinien abdecken, veröffentlicht werden und in den OMK-Prozess einfließen. Dabei sollten die Folgen für die Beschäftigung, die Zahl der in Armut lebenden Personen und die sozialen Risiken im Vordergrund stehen.

1.5

Der Ausschuss unterstützt die Stärkung der OMK, so dass Beschäftigung, Sozialschutz und soziale Inklusion in der aktuellen Krise nicht ins Hintertreffen geraten. Die OMK sollte „stärker vor Ort“ stattfinden und dadurch mit gezielten Maßnahmen unter dem Dach des Europäischen Sozialfonds verbunden werden. Gegenseitige Überprüfungen (Peer Reviews) auf Grundlage des wechselseitigen Lernens sollten zu nationalen Fahrplänen für den sozialen Zusammenhalt führen. Die Indikatoren sollten sich auch auf qualitative Wohlfahrtskriterien konzentrieren. Der Ausschuss unterstützt die Europäische Plattform zur Bekämpfung der Armut, ist jedoch der Ansicht, dass die OMK und die horizontale Sozialklausel auch zur Entwicklung anderer Leitinitiativen beitragen können.

2.   Hintergrund

2.1

Der belgische EU-Ratsvorsitz hat den Ausschuss um die Erarbeitung einer Sondierungsstellungnahme zu folgendem Thema ersucht: Wie kann durch die Europa-2020-Strategie und durch Stärkung der offenen Methode der Koordinierung sozialer Zusammenhalt in Europa erreicht werden, welche praktische Rolle kann die horizontale Sozialklausel für die soziale Dimension der EU-Politik spielen und wie kann dies umgesetzt werden?

2.2

Die Stellungnahme wird in eine Konferenz des belgischen Ratsvorsitzes am 14./15. September 2010 zum Thema „EU-Koordination im Sozialsektor im Rahmen der Europa-2020-Strategie“ einfließen.

2.3

In ihrer Mitteilung „Europa 2020“ betont die Europäische Kommission die Notwendigkeit, die Sozialpartner und Vertreter der Zivilgesellschaft aller Ebenen einzubeziehen. Außerdem heißt es darin: „Darüber hinaus werden der Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie der Ausschuss der Regionen enger einbezogen“.

2.4

Um die Europa-2020-Strategie erfolgreich umzusetzen, verabschiedete der Europäische Rat am 17. Juni fünf Kernziele (Beschäftigungsrate, FuE, Treibhausgase, Bildung und soziale Inklusion) und erklärte, dass diese miteinander verknüpft sind und sich gegenseitig verstärken. Die Grundlage für eine „viel stärkere wirtschaftspolitische Steuerung“ wurde gelegt, indem der „Verstärkung der wirtschaftspolitischen Koordinierung“ Vorrang eingeräumt wurde. Effiziente Überwachungsmechanismen sind entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung der Ziele. Der Rat verständigte sich auf das Ziel, 20 Millionen Menschen aus der drohenden Armut zu helfen und es dabei den Mitgliedstaaten zu überlassen, ihre nationalen Ziele anhand mindestens eines der folgenden drei Indikatoren festzulegen: Armutsgefährdung, materielle Entbehrung und Arbeitslosenhaushalte.

2.5

Die Europa-2020-Strategie bezieht sich auf eine Mischung aus Maßnahmen auf EU- und auf nationaler Ebene zur Erreichung eines „intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums“. Zehn integrierte wirtschafts- und beschäftigungspolitische Leitlinien unterstützen die fünf Kernziele. Außerdem sollen sieben Leitinitiativen auf den Weg gebracht werden. Die Mitgliedstaaten werden nationale Ziele und Durchführungsbestimmungen festsetzen, die die nationalen Gegebenheiten berücksichtigen, und auch nationale Reformprogramme (NRP) aufstellen.

2.6

Die horizontale „Sozialklausel“ (Artikel 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) wurde in den Lissabon-Vertrag aufgenommen und besagt: „Bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen trägt die Union den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, mit der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung“.

2.7

Die steht in Einklang mit den anderen Querschnittsklauseln des Vertrags (Artikel 8, 10, 11 und 12 AEUV): Gleichstellung von Männern und Frauen, Umweltschutz und Verbraucherschutz, die durch den Vertrag von Amsterdam eingeführt wurden, sowie Bekämpfung von Diskriminierung, die Teil des Lissabon-Vertrags ist.

2.8

Die offene Methode der Koordinierung (OMK) wurde im Jahr 2000 als ein Instrument der Lissabon-Strategie definiert. Kurz gesagt legt der Rat Ziele fest, die in den nationalen Aktionsplänen und Reformprogrammen weiterverfolgt werden, während Fortschritte anhand von Benchmarks, Indikatoren, gegenseitigen Überprüfungen und dem Austausch bewährter Verfahrensweisen gemessen werden. Das OMK-Modell hat für bestimme Politikbereiche eine Rechtsgrundlage im Lissabon-Vertrag (Artikel 149, 153, 156, 168, 173 und 181 AEUV).

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Um sich von der aktuellen schweren Wirtschafts- und Sozialkrise zu erholen, bewegt sich Europa immer mehr hin zu einer stärkeren wirtschaftspolitischen Koordinierung. Der Ausschuss betont, dass die sozialen Fortschritte mit den wirtschaftlichen Reformen Schritt halten müssen, wenn alle Ziele der Europa-2020-Strategie erreicht werden sollen. Deshalb ist es unbedingt notwendig, die wirtschaftliche, soziale und umweltpolitische Dimension der Strategie miteinander zu verbinden. Integrierte, sich gegenseitig verstärkende Maßnahmen erfordern, dass alle Instrumente eingespannt, koordiniert und gestärkt werden.

3.2

Vor diesem Hintergrund begrüßt der Ausschuss die Tatsache, dass sich der belgische EU-Ratsvorsitz auf die Steuerung und den sozialen Zusammenhalt konzentriert, indem er die Beutung der horizontalen Sozialklausel und einer stärkeren OMK hervorhebt. Diese Ausrichtung sollte langfristig beibehalten werden. Der Ausschuss fordert Ungarn nachdrücklich auf, dieses Thema zu einer der Prioritäten seines bevorstehenden EU-Ratsvorsitzes zu machen.

3.3

Der Ausschuss möchte jedoch ebenfalls unterstreichen, dass die Bestimmungen der Grundrechtecharta bei der Stärkung der Instrumente zur Erreichung sozialer Fortschritte berücksichtigt werden sollten.

3.4

Der Ausschuss hat immer wieder betont, dass eine wirkliche Einbindung der Bürger und der organisierten Zivilgesellschaft in alle Phasen und auf allen Ebenen des Prozesses ein unerlässlicher Bestandteil der Governance ist. Mit den Sozialpartnern und anderen wichtigen Akteuren muss ein Konsens über die wirtschaftlichen und sozialen Reformen erzielt werden, wodurch die Chancen auf Erreichung der Kernziele erhöht werden.

3.5

Der Ausschuss sieht es als entscheidend an, die Sozialpartner und Vertreter der Zivilgesellschaft eng in die Festlegung der nationalen Ziele und die Gestaltung der NRP sowie in die Stärkung der OMK und die Umsetzung der horizontalen Sozialklausel einzubeziehen. Die Ansichten der organisierten Zivilgesellschaft sollten auch berücksichtigt werden, wenn die Kommission und der Rat Ziele bestätigen und Fortschritte bewerten.

3.6

Die Europa-2020-Strategie muss auf allen Regierungsebenen umgesetzt werden. Ein von der Basis nach oben gerichteter Ansatz muss bei der Gestaltung und Umsetzung sozialpolitischer Maßnahmen der EU mit „Top-down-Initiativen“ der EU interagieren. Daher muss die Zivilgesellschaft wirkliche und effiziente Partnerschaften mit regionalen und lokalen Parlamenten/Behörden aufbauen, um regionale Ziele festzulegen und geeignete Politiken zu definieren. Dies geht mit der wirksamen Umsetzung des Partnerschaftsprinzips einher, das die Nutzung und Zuweisung der EU-Strukturfonds in Zukunft leiten soll, wodurch Synergien zwischen der Europa-2020-Strategie und dem Europäischen Sozialfonds (ESF) genutzt werden können (1).

3.7

Der Ausschuss spricht sich auch für die aktive Einbeziehung der nationalen Wirtschafts- und Sozialräte und vergleichbarer Einrichtungen aus.

3.8

Er schlägt vor, dass die Europäische Kommission zeitgleich zu dem jährlichen Fortschrittsbericht über die NRP in den Mitgliedstaaten auf Grundlage der partizipativen Steuerungsweise der OMK und der horizontalen Sozialklausel einen „Governance-Bericht“ erarbeiten sollte, zu dem das Europäische Parlament, der EWSA und der AdR konsultiert werden. Der Ausschuss könnte auf sein Netz nationaler WSR und vergleichbarer Organisationen zurückgreifen, um die Einbeziehung der organisierten Zivilgesellschaft mitzuverfolgen. Er könnte auch eigene Berichte veröffentlichen.

3.9

Es wird dringend ein Koordinationsprozess benötigt, der sich der Wechselbeziehungen zwischen den Kernzielen, den integrierten Leitlinien und den Leitinitiativen annimmt. Die strategisch wichtige Rolle der Kommission besteht darin, diese „Koordination der Koordination“ zu leiten. Die integrierten Leitlinien sollten im wahrsten Sinne des Wortes „integriert“ sein, d.h. alle Maßnahmen sollten untereinander schlüssig und auf sämtliche Ziele ausgerichtet sein. Eine solche Integration sollte die übergreifende Leitlinie bei der Einführung von Mechanismen zur Umsetzung der Sozialklausel und Stärkung der OMK sein. Um die Verbindung zwischen diesen beiden Instrumenten zu verstärken, sollten die Ergebnisse aus der Umsetzung der horizontalen Sozialklausel in den OMK-Prozess einfließen.

3.10

Daher unterstützt der EWSA uneingeschränkt die Vorschläge, die am 21. Mai 2010 in dem Beitrag des Ausschuss für Sozialschutz zu der neuen europäischen Strategie gemacht wurden (2). Der Ausschuss für Sozialschutz möchte, dass die Sozialklausel in die Präambel der wirtschaftspolitischen Leitlinien aufgenommen wird. Weiterhin hält er eine thematische Bewertung und Berichterstattung über die Fortschritte in Bezug auf ihre soziale Dimension für einen wichtigen Bestandteil der integrierten Vision von Europa 2020.

3.11

Der EWSA weiß die Arbeit des Ausschusses für Sozialschutz und des Beschäftigungsausschusses (EMCO) zu schätzen und ist der Ansicht, dass ihre Rolle ausgebaut werden sollte, wenn die Instrumente zur Erreichung der sozialen Dimension gestärkt werden. Der EWSA ist der Ansicht, dass nicht nur Regierungen in den Ausschüssen vertreten sein sollten, sondern auch die Sozialpartner und andere einschlägige Organisationen der Zivilgesellschaft. Der EWSA schlägt vor, dass die Ausschüsse regelmäßiger mit Vertretern dieser Akteure von der europäischen und der nationalen Ebene zusammentreffen. Außerdem ist es Sache der Regierungsvertreter im Ausschuss für Sozialschutz und im Beschäftigungssausschuss, Konsultationen mit den Sozialpartnern und anderen relevanten Akteuren der Zivilgesellschaft in ihrem Land zu organisieren und daran teilzunehmen.

3.12

Der Ausschuss unterstützt den Vorschlag der Kommission, Kommunikationsinstrumente zu entwickeln, um Bürger, Arbeitnehmer, Unternehmen und die sie vertretenden Verbände einzubinden. Die Initiative der Europäischen Kommission zur Bestandsaufnahme der sozialen Realität kann als Vorbild dienen und könnte regelmäßiger vorgenommen werden, auch unter Einbeziehung der lokalen Ebene. Die Sozialpartner und die Organisationen der Zivilgesellschaft müssen jedoch in der Frage, wie die horizontale Sozialklausel und die OMK genutzt werden können, von sich aus aktiv werden. Daher empfiehlt der Ausschuss Pilotprojekte, die im Rahmen des PROGRESS-Programms bezuschusst werden.

4.   Besondere Anmerkungen zur horizontalen Sozialklausel

4.1

Die Auswirkungen der Querschnittsklauseln betreffend die Umwelt, die Gleichstellung von Männern und Frauen und den Verbraucherschutz, die vor über 10 Jahren im Vertrag festgeschrieben wurden, sind vor allem informeller Art.

4.2

Der EWSA betont, dass soziale Folgenabschätzungen ein grundlegender Bestandteil der Verlaufskontrolle der Europa-2020-Strategie sein müssen. Diese sollten wirksame Mechanismen zur Abschätzung sozialer Risiken bereitstellen, veröffentlicht und öffentlich zur Diskussion gestellt werden können. Der Ausschuss betont, dass die Auswirkungen auf die Beschäftigung und insbesondere auf die Zahl der armutsgefährdeten Menschen bewertet werden sollten.

4.3

Die Kommission sollte das mit Unterstützung des Ausschusses für Sozialschutz und des Beschäftigungsausschusses übernehmen. Die europäischen Sozialpartner und andere wichtige Akteure sollten aktiv einbezogen werden. Ihre Ansichten sollten zusammen mit den Folgenabschätzungen (als Anlage) veröffentlicht werden. In diesem Zusammenhang sollte angemerkt werden, dass die Kommission bereits Mechanismen für soziale Folgenabschätzungen in Form der integrierten Folgenabschätzung eingerichtet hat, die aber kaum bekannt sind und wenig genutzt werden.

4.4

Nach Ansicht des EWSA muss sichergestellt werden, dass die Wirtschaftspolitik und die Haushaltskonsolidierung zu mehr Beschäftigung, weniger Armut und verbesserten sozialen Rechten führen. Daher sollten soziale Folgenabschätzungen vor allem alle zehn integrierten wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Leitlinien abdecken. Es sollten gegebenenfalls jedoch auch andere, zur Erreichung der fünf Kernziele ergriffene Maßnahmen bewertet werden.

4.5

Soziale Folgenabschätzungen sollten auch auf nationaler und regionaler Ebene vorgenommen werden.

4.6

Ein erster Bericht sollte bis Dezember 2010 vorliegen, damit er in die erste jährliche Bewertung der Europa-2020-Strategie einfließen kann.

5.   Besondere Anmerkungen zur OMK

5.1

Der EWSA hat oft kritisiert, dass die OMK nicht die erwarteten Ergebnisse geliefert hat. Sie ist auf nationaler Ebene ineffektiv und unsichtbar. Außerdem bezieht sie die Sozialpartner und andere Organisationen der Zivilgesellschaft nicht ausreichend ein.

5.2

Andererseits sind insbesondere im Bereich der sozialen Inklusion Verbesserungen festgestellt worden, und der EWSA hat sich in mehreren Stellungnahmen als ein überzeugter Verfechter der Einführung der OMK in neuen Politikbereichen (z.B. Gesundheits- und Jugendpolitik, demografische Herausforderungen, Einwanderungs- und Asylpolitik) gezeigt.

5.3

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die OMK in der aktuellen Krise gestärkt werden sollte, um zu gewährleisten, dass der Sozialschutz und die Politik der sozialen Inklusion nicht ins Hintertreffen geraten.

5.4

Der EWSA unterstützt uneingeschränkt die Einrichtung der „Europäischen Plattform zur Bekämpfung der Armut“ als Instrument zur Förderung des Engagements der Unternehmen, Arbeitnehmer und der Allgemeinheit zur Reduzierung der sozialen Ausgrenzung durch praktische Maßnahmen. Die Plattform und die OMK werden gegenseitig von Nutzen füreinander sein. Der Ausschuss ist jedoch der Ansicht, dass die OMK auch dazu beitragen kann, andere Leitinitiativen zu entwickeln, insbesondere wenn sie durch die sozialen Folgenabschätzungen der horizontalen Klausel unterstützt wird.

5.5

Der Ausschuss hat vorgeschlagen, dass die OMK durch Festlegung verbindlicher Ziele auf Ebene der Mitgliedstaaten gestärkt werden sollte, um die Ziele der Europa-2020-Startegie zu erreichen. Diese Ansicht kommt in mehreren EWSA-Stellungnahmen zum Ausdruck, wie z.B. in der jüngsten Stellungnahme zu den „Beschäftigungsleitlinien“ (3), in der ehrgeizigere und besser messbare Vorgaben für Beschäftigung, Bildung und soziale Inklusion auf Grundlage einer besseren Politikkoordinierung gefordert werden. Darüber hinaus unterstützt der Ausschuss ausdrücklich die auf seiner Biennalen Konferenz in Florenz geäußerte Forderung, dass die Europa-2020-Strategie spezifische Indikatoren zur Messung der Auswirkungen der frühkindlichen Erziehung auf die Reduzierung von sozialer Ausgrenzung im späteren Leben enthalten sollte.

5.6

Der EWSA betont jedoch, dass wenn die Mitgliedstaaten die Freiheit haben, die für sie am besten geeigneten Indikatoren auszuwählen (siehe Ziffer 2.4), im Rahmen der OMK ein Benchmarking aller relevanten Indikatoren vorgenommen werden sollte. Die Mitgliedstaaten sollten die Kernziele der EU nicht umgehen können. Nach Ansicht des Ausschusses ist die Zahl der armutsgefährdeten Menschen, gemessen anhand des Indikators der relativen Einkommensarmut (4), für jeden Mitgliedstaat von Bedeutung. Darüber hinaus ist es wichtig, dass nationale Ziele in einem wirklichen partizipativen Dialog mit den Beteiligten festgelegt werden.

5.7

Der Ausschuss hält bessere Anreize für die Mitgliedstaaten, ihren Verpflichtungen nachzukommen, für nötig, z.B. durch eine klare Kopplung an Mittelzuweisungen aus dem ESF. Dieser Ansatz wird noch untermauert werden, wenn die operationellen Programme des ESF noch stärker auf die soziale Inklusion ausgerichtet und durch eine effiziente Partnerschaft mit den Sozialpartnern und den Organisationen der Zivilgesellschaft unterstützt werden.

5.8

Die OMK sollte „stärker vor Ort“ stattfinden, indem lokale und regionale Aktionspläne in Zusammenarbeit mit örtlichen Behörden und Organisationen erarbeitet werden, was den von unten nach oben gerichteten partizipativen Ansatz und die Koordination von Partnern und Maßnahmen widerspiegelt. Dies sollte auch mit Unterstützung der Strukturfonds geschehen. Eine entsprechende Dezentralisierung dieser Methode wird der dringend nötigen Politikintegration mehr Profil geben.

5.9

Der EWSA ist ausdrücklich der Meinung, dass ein Benchmarking der partizipativen Steuerung der OMK - insbesondere der Einbindung der organisierten Zivilgesellschaft - auf der Grundlage von Indikatoren, gegenseitigen Überprüfungen, wechselseitigen Lernens und eines Austauschs bewährter Verfahrensweisen vorgenommen werden sollte. Der Ausschuss schlägt vor, dass die Kommission und der Ausschuss für Sozialschutz in Zusammenarbeit mit den wichtigsten europäischen Akteuren ein solches Benchmarking in Form eines Verhaltenskodexes vornehmen. Er könnte sich auf folgende Kriterien stützen (5):

Struktur des Dialogs

alle relevanten Akteure sind einzubeziehen

Art des Dialogs – eine wirkliche Einbeziehung sollte gefördert werden, nicht nur Information und Konsultation

Einbeziehung der regionalen/lokalen Ebene durch partizipative Aktionspläne usw.

Einbindung der nationalen WSR

rechtzeitige Einbeziehung der Akteure in jeder Phase des Politikzyklus

Dokumentierung der Ergebnisse des Dialogs

Festlegung nationaler/regionaler Ziele

Bestimmung und Überprüfung der Indikatoren

Beteiligung der Akteure an gegenseitigen Überprüfungen, wechselseitigem Lernen und der Ermittlung bewährter Verfahrensweisen

Einbindung der Akteure in praktische Maßnahmen zur Förderung von Beschäftigung und sozialer Inklusion.

5.10

Es muss eine klare Verbindung zwischen Vorschlägen, die sich auf „gemeinsame Grundsätze“ stützen, und der OMK geben. Gemeinsame Grundsätze sind Empfehlungen, die an die Mitgliedstaaten gerichtet sind und in der EU-Politik zum Beispiel bereits für thematische Strategien zur Flexicurity, der aktiven Inklusion und dem aktiven Altern herangezogen wurden.

5.11

Die Ergebnisse der OMK sollten letztendlich zu Vorschlägen für die Nutzung anderer Instrumente führen, wie z.B. der „verstärkten Zusammenarbeit“ zwischen den Mitgliedstaaten, der Anwendung der Gemeinschaftsmethode usw.

5.12

Der EWSA betont, dass die Indikatoren über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hinausgehen müssen, indem auch Indikatoren für das gesellschaftliche Wohlbefinden ermittelt werden, wie es von der Stiglitz-Kommission (6) vorgeschlagen wurde. Der Ausschuss hat bereits quantitative und qualitative sozialpolitische Indikatoren ermittelt, unter anderem für Geschlechtergleichstellung, Beschäftigung junger Menschen, in Armut lebende Erwerbstätige, Menschen mit Behinderungen, qualitätvolle Arbeitsplätze, Armut von Kindern und Jungendlichen, Einkommensverteilung, Systeme für Mindestlohn/Mindesteinkommen, Zugang zu Gesundheits- und Sozialdienstleistungen. Es ist auch ein praxistauglicher Indikator für die Lebensqualität vorgeschlagen worden, der sechs verschiedene Bereiche abdeckt (7). Qualitative Indikatoren, die Zugänglichkeit und Qualität in Bezug auf die Erwartungen der Menschen, die Einbindung der Verbraucher und die Benutzerfreundlichkeit messen, sind ebenfalls vorgeschlagen worden.

5.13

Während Indikatoren auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene festgelegt werden müssen, betont der EWSA, dass die Beteiligten aufgefordert werden sollten, sich an deren Erarbeitung und Bewertung zu beteiligen.

5.14

Der EWSA sieht es als wichtig an, dass die Mitgliedstaaten mit vergleichbaren, aber anpassbaren europäischen Indikatoren über die Fortschritte bei der Erreichung jedes Ziels berichten, sowohl zur Erstellung einer Rangfolgentabelle, wie im Kok-Bericht (8) vorgeschlagen, als auch zur Verwendung als Diagnosewerkzeug, anhand dessen nationale und lokale Akteure die nötigen Verbesserungen und Selbstkorrekturen durchführen können.

5.15

Wirksame Systeme für wechselseitiges Lernen, den Transfer bewährter Verfahrensweisen und die Nutzung anderer als legislativer Maßnahmen müssen die Entscheidungsträger auf allen Ebenen einbeziehen. Da die Sozialpartner und anderen relevanten Akteure der Zivilgesellschaft über einzigartige Kenntnisse und umfassende Erfahrungen in der Sozial- und Beschäftigungspolitik verfügen, müssen sie in die Ermittlung und Bewertung von Möglichkeiten zur Weitergabe von Erfolgsbeispielen, insbesondere innovativen Maßnahmen, einbezogen werden.

5.16

Die gegenseitigen Überprüfungen der Mitgliedstaaten sollten durch Einbeziehung der Sozialpartner und anderer relevanter Beteiligter ausgeweitet werden. Die Überprüfungen auf der Grundlage wechselseitigen Lernens und bewährter Verfahrensweisen sollten zu öffentlichen Empfehlungen an die Mitgliedstaaten mit Vorschlägen für einen nationalen Fahrplan für den sozialen Zusammenhalt führen.

Brüssel, den 15. Juli 2010

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Mario SEPI


(1)  ECO/258, „Effiziente Partnerschaften/Kohäsionspolitik“, Berichterstatter: Jan Olsson.

(2)  Rat 9964/10

(3)  Siehe EWSA-Stellungnahme vom 27.5.2010 zum Thema „Beschäftigungsleitlinien“, Hauptberichterstatter: Wolfgang Greif, CESE 763/2010.

(4)  Laut diesem Indikator ist die Armutsgrenze definiert als ein Einkommen, das unter 60 % des mittleren Einkommens liegt.

(5)  Sie zum Beispiel „EU Policy Coordination Beyond 2010: Towards a New Governance Structure“ von Jonathan Zeitlin.

(6)  Kommission zur Messung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und des sozialen Fortschritts

(7)  Siehe die EWSA-Stellungnahme vom 22.10.2008 zum Thema „Jenseits des BIP - Messgrößen für nachhaltige Entwicklung“, Berichterstatter: Martin Siecker (ABl. C 100 vom 30.4.2009, S. 53-59.)

(8)  „Die Herausforderung annehmen - Die Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung“, Bericht der Hochrangigen Sachverständigengruppe unter Vorsitz von Wim Kok, November 2004.


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