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Document 52008AE1196

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Aufbau eines vorrangig für den Güterverkehr bestimmten Schienennetzes KOM(2007) 608 endg.

ABl. C 27 vom 3.2.2009, p. 41–44 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

3.2.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 27/41


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Aufbau eines vorrangig für den Güterverkehr bestimmten Schienennetzes“

KOM(2007) 608 endg.

(2009/C 27/10)

Die Europäische Kommission beschloss am 18. Oktober 2007, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Aufbau eines vorrangig für den Güterverkehr bestimmten Schienennetzes“.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 5. Juni 2008 an. Berichterstatter war Herr BUFFETAUT.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 446. Plenartagung am 9./10. Juli 2008 (Sitzung vom 10. Juli) mit 111 Ja-Stimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss stimmt der Analyse der Europäischen Kommission in Bezug auf die Situation des Schienengüterverkehrs in der Europäischen Union zu und erachtet die Vorschläge der Europäischen Kommission als zweckdienlich, auch wenn sie angesichts der anstehenden Herausforderung nicht weit genug gehen.

1.2

Seiner Meinung nach bedarf es für eine Verbesserung der Situation:

eines echten Logistik-Dienstleistungsangebots anstelle einer schlichten Beförderungsleistung;

einer Kostensenkung, um wettbewerbsfähigere Tarife bieten zu können;

einer höheren Zuverlässigkeit der Dienste;

hinreichend kurzer Beförderungszeiten „von Tür zu Tür“;

eines flexiblen Angebots und einer erhöhten Reaktionsfähigkeit bei Störungen.

1.3   Ein echtes Logistik-Dienstleistungsangebot

Der Grundgedanke ist, von Natur aus eher komplexe Aspekte im Schienengüterverkehr für den Kunden einfach zu gestalten. Hierfür bedarf es einer echten Kundenbetreuung, klarer und zuverlässiger Informationen, der Ausweitung des Angebots individueller Güterwägen sowie der Bereitstellung von Diensten „von Tür zu Tür“ einschl. Be- und Entladung.

1.4   Kostensenkung

1.4.1

Zur Kostensenkung müssen die Anstrengungen in den Bereichen Interoperabilität und technische Harmonisierung in Europa fortgeführt werden. Geschichtlich bedingt verfügt jedes Netz über seine eigenen Regeln sowie seine eigenen Regulierungs- und Sicherheitsmechanismen. Es muss dafür gesorgt werden, dass all diese Systeme immer stärker ineinandergreifen. Die ehestmögliche Umsetzung des Europäischen Eisenbahnverkehrsmanagementsystems ERTMS muss vorrangiges Ziel sein.

1.4.2

Im Zuge der geeigneten Investitionen müssten im Rahmen des Möglichen auch die Merkmale der Schieneninfrastruktur in Bezug auf Lichtraumprofil, Zuglänge, Auf- und Abfahrtsrampen sowie Achslasten schrittweise geändert werden, um sie den Anforderungen des Güterverkehrs anzupassen, wie dies beispielsweise bereits in den Vereinigten Staaten geschehen ist.

1.4.3

Mit einer echten Wettbewerbssteigerung und einer Marktöffnung wären die Anbieter zu mehr Effizienz und Produktivität gezwungen. In diesem Zusammenhang stellt sich jedoch die Frage der Ausbildung des fahrenden Personals. Die neuen Marktteilnehmer könnten ein Unterangebot an qualifizierten Arbeitskräften vorfinden. Es muss daher dafür Sorge getragen werden, dass angemessene Schulungsmaßnahmen angeboten werden, um dieser Nachfrage nachzukommen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze für hochqualifizierte Arbeitnehmer zu ermöglichen.

1.4.4

Die Kostenaufteilung der Infrastrukturbetreiber auf die verschiedenen Unternehmen sollte überarbeitet werden. Außerdem sollten die externen Kosten besser auf die unterschiedlichen, miteinander in Wettbewerb stehenden Verkehrsträger zugeschieden werden, um die Voraussetzungen für einen freien und unverfälschten Wettbewerb zu schaffen.

1.4.5

Initiativen wie die Betuwe-Linie, das New Opera- oder das FERRMED-Projekt sollten untersucht und gefördert werden, um daraus Lehren zur Sammlung von Erfahrungen und Ermittlung bewährter Verfahren zu ziehen.

1.5   Höhere Zuverlässigkeit der Dienste

1.5.1

Es sollten verbindliche Vertragsvorschriften für die Entschädigung der Kunden im Falle mangelhafter Dienstleistungen festgelegt werden. Dies wäre ein Anreiz zur Verbesserung der Dienstleistungsqualität.

1.5.2

Qualität und Zuverlässigkeit sollten im Mittelpunkt jedes einzelnen Elements stehen, das für die Erbringung einer Dienstleistung erforderlich ist — vom rollenden Material bis hin zu den Signalanlagen, von den Gleisen bis hin zu den Informationssystemen.

1.5.3

Für eine höhere Zuverlässigkeit der Dienste ist auch eine sinnvolle Trassenzuweisung für den Güterverkehr erforderlich, z.B. durch die Festlegung von Regeln für den Vorrang des Güterverkehrs, insbesondere im Falle von Konfliktverkehr auf diesen Trassen, unter Wahrung der Interessen sämtlicher Nutzer. So konnte man u. a. mit den Zeitfenstern und Fahrzeiten jonglieren.

1.6   Hinreichend kurze Beförderungszeiten „von Tür zu Tür“

1.6.1

Einer der Hauptkritikpunkte am Schienengüterverkehr ist ganz allgemein die Beförderungslänge und -dauer. Um diesen Aspekten beizukommen sollte für Güterverkehrstrassen nur eine begrenzte Zahl an Zwischenstopps (bzw. gar keine) vorgesehen werden. Diese Trassen sollten außerdem so angelegt sein, dass es so gut wie keinen Konfliktverkehr mit anderen Zügen gibt. Ferner sollte dem Güterverkehr in Bezug auf den Streckenbetrieb im Falle von Konfliktverkehr so oft wie möglich Vorrang eingeräumt werden. Des Weiteren sollte die Entwicklung von Nacht-Hochgeschwindigkeits-Güterzügen vorangebracht werden.

1.6.2

Darüber hinaus sollten auch Investitionen in die Anpassung der Infrastruktur an höhere Geschwindigkeiten getätigt werden; dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Erhöhung der Geschwindigkeit auf einer Strecke an eine Verringerung der zulässigen Achslast gekoppelt ist. Will man der geringen Geschwindigkeit des derzeitigen Schienengüterverkehrs beikommen, ist eine konstante Fahrgeschwindigkeit das wichtigste Element. Eine konstante mittlere Geschwindigkeit ist daher sinnvoller als ein ständiges Beschleunigen und Abbremsen, das zu einer Anhäufung von Verspätungen führt.

1.7   Flexibilität

1.7.1

Die traditionellen Grundsätze und Arten der Verkehrssteuerung, denen zufolge auf theoretischen, vorab festgelegten Trassen systematisch dem Fahrgastverkehr Vorrang eingeräumt wird, haben unerwünschte, aber durchaus reelle Folgen: So schlägt sich für einen Güterzug eine kleine Verspätung bei der Abfahrt (z.B. rund zehn Minuten) letztlich fast immer in einer großen Verspätung bei der Ankunft (von mehreren Stunden oder gar einem ganzen Tag) nieder.

1.7.2

Aufgrund der mittel- bis langfristigen technologischen Entwicklungen wird eine flüssigere Gestaltung des Schienengüterverkehrs in Echtzeit möglich sein, ohne sich dabei einzig und allein auf eine theoretische, vorab festgelegte Trasse zu verlassen. Das Konzept des „Fahrens im Bremswegabstand“, Bestandteil der dritten und letzten ERTMS-Ebene, ermöglicht die Nutzung der gleichen Infrastruktur durch mehrere Züge sowie eine bessere Reaktionsfähigkeit bei Störfällen. Zu diesem Zweck müssen alle Mitgliedstaaten in das ERTMS investieren, um so rasch wie möglich die Interoperabilität und den durchgehenden Betrieb der einzelnen nationalen Netze sicherzustellen.

1.7.3

Ferner bedarf es nach wie vor an Investitionen in die Infrastrukturkapazitäten an Engpässen sowie für Be- und Entladungsplattformen zur Gewährleistung der Interoperabilität der Verkehrssysteme.

1.7.4

Die Frage der Umschlag-, Be- und Entladungsbahnhöfe ist ebenfalls von großer Bedeutung, doch kommen in diesem Zusammenhang auch unweigerlich die Sekundarnetze zur Anbindung in alle Himmelsrichtungen ins Spiel. Um wirklich wettbewerbsfähig zu sein, muss die Fracht im Schienengüterverkehr so nah wie möglich zum Kunden gebracht werden können.

1.8   Ein eigenes Schienengüterverkehrsnetz

1.8.1

Auch wenn die Forderung nach einem eigenen transeuropäischen Schienengüterverkehrsnetz heute noch durchaus realitätsfern scheint, so wäre ein eigenes Netz doch das beste Mittel zur Förderung des Schienengüterverkehrs, da es diesen zuverlässiger und pünktlicher, kostengünstiger und weniger zeitintensiv gestalten würde. Die Option der vorrangig für den Güterverkehr bestimmten Trassen hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt immerhin den Vorteil, realistisch zu sein; so lange es keine großen transkontinentalen Güterverkehrsnetze gibt, kann die Eingliederung einer immer größeren Zahl an dem Güterverkehr vorbehaltenen Trassen in die vorrangig für den Güterverkehr bestimmten Korridore zur Anbindung besonders aktiver Wirtschaftszentren in Betracht gezogen werden. Ein erfolgreiches Beispiel hierfür ist die Betuwe-Linie zur Anbindung des Rotterdamer Hafens an Deutschland. Die Mitgliedstaaten müssen sich ausdrücklich der Durchführung dieser Maßnahmen und der Umsetzung der Rechtsvorschriften verschreiben, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene zu steigern.

2.   Bestandsaufnahme

2.1   Eine besorgniserregende Sachlage

2.1.1

Der Gesamtgüterverkehr hat zwar zwischen 1995 und 2005 einen Zuwachs von 2,8 % verzeichnet, der Marktanteil des Schienengüterverkehrs ist jedoch kontinuierlich zurückgegangen und stagniert seit 2005 bei rund 10 %, dem niedrigsten Niveau seit 1945.

2.1.2

Nach Ansicht der Europäischen Kommission sind die Gründe für dieses schlechte Abschneiden des Schienengüterverkehrs mangelnde Zuverlässigkeit, unzureichende Kapazitäten, defizitäres Informationsmanagement, überlange Beförderungsdauer und fehlende Flexibilität. Trotz all dieser Schwierigkeiten könnten sich bei der derzeitigen Wirtschaftslage, die von einer Zunahme des Handelsverkehrs, überlasteten Straßen, einer Hausse der Kraftstoffpreise und einem immer größeren Umweltbewusstsein gekennzeichnet ist, durchaus neue Chancen eröffnen.

2.1.3

Die Europäische Union hat sich in der Vergangenheit für den Ausbau des Schienenverkehrs durch die Festlegung von drei politischen Schwerpunkten eingesetzt:

Öffnung des Schienengüterverkehrsmarkts einhergehend mit einer Umstrukturierung der traditionellen Betreiber;

Verwirklichung der technischen Interoperabilität und Erarbeitung gemeinsamer Sicherheitsbestimmungen;

Definition eines zum transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN-V) gehörenden Schienennetzes.

2.1.4

Allerdings sind die Ergebnisse insbesondere in Bezug auf den grenzüberschreitenden Verkehr noch unzureichend.

2.2   Eine anpassungsfähige gemeinsame Verkehrspolitik

2.2.1

Mit dem Weißbuch „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“ wurde eine Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene angestrebt; es enthielt bereits den Vorschlag zur „Schaffung multimodaler Korridore mit Vorrang für den Güterverkehr“. Bekanntermaßen wurde bei der Halbzeitbilanz zum Verkehrsweißbuch 2006 eine realistischere Sichtweise an den Tag gelegt: So wurden die Ziele für die Verlagerung von der Straße auf die Schiene weniger hoch angesetzt und das Konzept der Ko-Modalität entwickelt. Es wurde allerdings auch die Notwendigkeit bekräftigt, ein vorrangig für den Güterverkehr bestimmtes Schienennetz aufzubauen.

2.2.2

Diese Idee wird in der Kommissionsmitteilung aufgegriffen und durch die Festlegung von drei Zielen weiterentwickelt: Verkürzung der Beförderungsdauer, Erhöhung der Güterbeförderungszuverlässigkeit und Ausbau der Kapazitäten für einen Verkehr in einem ausgehend von den bestehenden transeuropäischen Netzen geschaffenen Netz.

3.   Die Vorschläge der Europäischen Kommission

3.1

Die Europäische Kommission verweist auf die bereits eingeleiteten Initiativen zur Förderung, Verbesserung und Unterstützung des Schienengüterverkehrs: Förderung der Interoperabilität und des Informationsmanagements (Europtirails), Bau von TEN-V-Infrastrukturen (z.B. Betuwe-Strecke) und Errichtung von Korridorverwaltungen. Diese Initiativen haben sich jedoch allesamt als unzureichend erwiesen.

3.2

Pro forma werden drei Optionen vorgeschlagen: Beibehaltung des Ist-Zustands, neue Maßnahmen für den Aufbau eines vorrangig für den Güterverkehr bestimmten Schienennetzes oder Erstellung eines speziellen Programms zur Errichtung eines gesonderten Güterverkehrsnetzes.

3.3

Gemäß dem Grundsatz der Philosophie der Antike „in medio stat virtus“ hat die Europäische Kommission den goldenen Mittelweg gewählt und die erste und die dritte Option verworfen, weil sie diese als zu ehrgeizig bzw. zu unrealistisch erachtet.

3.4   Die vorgeschlagenen Maßnahmen

3.4.1

Für den Aufbau eines vorrangig für den Güterverkehr bestimmten europäischen Schienennetzes plant die Europäische Kommission die Errichtung länderübergreifender Korridore. Es gilt, Korridore festzulegen, die über eine angemessene Infrastruktur verfügen, und gleichzeitig ein effizientes Management- und Betriebssystem zu schaffen. Allerdings ist für die Umsetzung dieses Konzepts die Unterstützung seitens der Mitgliedstaaten als Infrastrukturbetreiber erforderlich.

3.4.2

Die Europäische Kommission sieht hierfür eine Reihe von Legislativvorschlägen im Rahmen der für 2008 geplanten Neufassung des ersten Eisenbahnpakets sowie Anreiz- und Finanzierungsmaßnahmen vor, wobei die Finanzierung über die bestehenden Programme erfolgen soll.

3.4.3

Die Europäische Kommission will eine rechtliche Definition für die Korridore für den Güterverkehr vorschlagen, die Mitgliedstaaten und Infrastrukturbetreiber zur Errichtung länderübergreifender Güterverkehrskorridore auffordern und nach Finanzierungsmöglichkeiten für diese Strukturen, allerdings im Rahmen der bestehenden Programme, suchen.

3.4.4

Der Schienengüterverkehr wird vor allem in zwei Punkten kritisiert: Dienstleistungsqualität und Kundeninformation. Daher schlägt die Europäische Kommission die Formulierung einer echten Politik der Qualität und Transparenz und in der Folge die Annahme von Rechtsvorschriften hinsichtlich der Veröffentlichung von Qualitätsindikatoren vor. Sie beabsichtigt ferner die Veröffentlichung eines Berichts über die von den Eisenbahnunternehmen zur Verbesserung ihrer Schienenverkehrsdienste ergriffenen Maßnahmen.

3.4.5

Einige Streckenabschnitte, namentlich in den zentralen Gebieten der Europäischen Union, befinden sich derzeit an ihrer Belastungsgrenze. Diese Situation könnte sich in den kommenden Jahren noch verschlimmern. Es sind daher Investitionen in die Infrastrukturkapazitäten erforderlich, und zwar in Bezug auf Zuglänge, Lichtraumprofil, Achslasten und Höchstgeschwindigkeit. Diese Investitionen müssen zielgerichtet und koordiniert sein. Die Europäische Kommission schlägt die Erarbeitung von Investitionsprogrammen durch die Korridorverwaltungen vor, doch stellt sich auch diesbezüglich die Frage der Finanzierung, die erneut im Rahmen der laufenden Programme erfolgen soll.

3.4.6

Für einen störungsfreien und effizienten Schienengüterverkehr muss die Frage der Trassenzuweisung für den Güterverkehr aufgegriffen werden. Derzeit entscheidet jeder Infrastrukturbetreiber individuell und nach den in seinem Mitgliedstaat geltenden Bestimmungen über die Trassenzuweisung. Zur Bereitstellung zuverlässiger und leistungsfähiger Trassen wäre daher eine Vereinheitlichung der Bestimmungen für deren Zuweisung sinnvoll.

3.4.7

Die Europäische Kommission schlägt hierfür Rechtsvorschriften für die grenzübergreifende Trassenzuweisung und den Vorrang des Güterverkehrs, insbesondere bei Netzstörungen, vor.

3.4.8

Für den Schienengüterverkehr sind jedoch auch Terminals und Rangierbahnhöfe erforderlich; in den letzten Jahren ging der Trend aufgrund der hohen Nachfrage nach Bauland jedoch eher dahin, die Zahl der Bahnhöfe und Terminals in städtischen Gebieten zu verringern.

3.4.9

Aus den Kommissionsvorschlägen geht klar hervor, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nur dann greifen können, wenn die Mitgliedstaaten und die Akteure des Schienenverkehrs Initiativen ergreifen und sich engagieren.

3.5   Allgemeine Bemerkungen

3.5.1

Das Bild, dass die Europäische Kommission von der Situation des Schienengüterverkehr zeichnet, muss nicht weiter kommentiert werden, bestätigt es doch nur die bereits bekannten Defizite dieses Sektors. Um hier Abhilfe zu schaffen, müssen sich die verschiedenen öffentlichen Behörden und Wirtschaftsakteure mobilisieren und nicht nur politischen Willen und wirtschaftliche Dynamik an den Tag legen, sondern sich auch finanziell engagieren.

3.5.2

Und genau das ist der springende Punkt. Die Europäische Kommission schlägt eine Reihe von Legislativmaßnahmen vor, ohne jedoch neue Mittel zur Verfügung zu stellen. Es ist sicherlich sinnvoll, Regelwerke zu schaffen, doch reichen diese allein nicht aus. Für die Verwirklichung dieses Plans müssen auch die erforderlichen Mittel im Rahmen der bestehenden Programme gefunden werden. Dies impliziert heikle Entscheidungen. Und das daraus resultierende Spiel der kommunizierenden Gefäße wird nicht einfach zu handhaben sein.

3.5.3

Für den Erfolg dieses Planes müssen sich allerdings auch die Mitgliedstaaten und die Betreiber nachdrücklich einbringen, doch verfügen die Mitgliedstaaten oftmals nicht über die erforderlichen Mittel und können auch andere Prioritäten im Schienenverkehr verfolgen; und auch die Betreiber stehen nicht immer wirtschaftlich gut da, obwohl sie von der Trennung von — mit hohen Wartungskosten verbundenem — Netz und Betrieb profitiert haben.

3.6   Besondere Bemerkungen

3.6.1

Der Aufbau eines vorrangig für den Güterverkehr bestimmten Schienennetzes ist die Grundvoraussetzung für den Ausbau des Güterverkehrs, doch wurde dieser bislang immer zugunsten des Personenverkehrs vernachlässigt. Es handelt sich somit um eine Art „Kulturevolution“, für die zweifelsohne verbindliche, von den Mitgliedstaaten akzeptierte Ziele festgelegt und spezifische Mittel bereitgestellt werden müssen, wohl wissend, dass in der breiten Öffentlichkeit der Vorrang der Personenzüge als Besitzstand angesehen wird, der nicht einfach in Frage gestellt werden darf. Es geht somit eher um eine optimale Verwaltung der Netze und die Ausweisung von Schienengüterverkehrsnetzen, ohne jedoch die Qualität und die Pünktlichkeit der Personenzüge einzuschränken. Bei der Schaffung länderübergreifender Korridore sollten die Spurbreiten und das vorhandene rollende Material der Eisenbahnunternehmen der neuen und alten EU-Mitgliedstaaten, die Güterverkehrsströme von Beitrittskandidaten und Drittländern sowie die russische Enklave Kaliningrad berücksichtigt werden.

3.6.2

Information und Transparenz sind sicherlich wichtige Aspekte, doch legen die Kunden ihrer Entscheidung für oder wider den Schienenverkehr in erster Linie folgende Kriterien zugrunde: Kosten, Zuverlässigkeit, Beförderungsdauer, Zugang zu den Terminals sowie Be- und Entladungsbedingungen. Dreh- und Angelpunkt ist somit die Dienstleistungsqualität, die einerseits von den Mechanismen für das Management des Schienenverkehrs und andererseits von der Durchführung erheblicher Investitionen abhängt, wohl wissend, dass in der breiten Öffentlichkeit der Vorrang der Personenzüge als Besitzstand angesehen wird, der nicht einfach in Frage gestellt werden darf. Es geht somit eher um eine optimale Verwaltung der Netze und die Ausweisung von Schienengüterverkehrsnetzen.

3.6.3

In Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs wird allgemein anerkannt, dass dieser Verkehr auf eine bestimmte Art von Fracht, und zwar Schwerfracht, sowie große Gütermengen beschränkt ist. Daher sollte eine breitere Diversifizierung der Kunden in Betracht gezogen werden, die insbesondere durch den Einsatz von Containern möglich ist. Vor dem Hintergrund der steigenden Kraftstoffpreise und des wachsenden Bewusstseins für eine nachhaltige Entwicklung könnte so wiederum eine Marktöffnung erzielt und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden.

3.6.4

In Bezug auf die Finanzierung lässt die Kommissionsmitteilung viele Fragen offen, ist doch keinerlei spezifische Finanzierung vorgesehen. Außerdem beruht die vorgeschlagene Lösung auf Entscheidungen über eine Umverteilung der im Rahmen der bestehenden Programme zur Verfügung stehenden Mittel.

Brüssel, den 10. Juli 2008

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


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