Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52006AE1182

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 417/2002 zur beschleunigten Einführung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 2978/94 des Rates KOM(2006) 111 endg. — 2006/0046 (COD)

    ABl. C 318 vom 23.12.2006, p. 229–230 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

    23.12.2006   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 318/229


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 417/2002 zur beschleunigten Einführung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 2978/94 des Rates“

    KOM(2006) 111 endg. — 2006/0046 (COD)

    (2006/C 318/37)

    Der Rat beschloss am 25. April 2006, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 80 Absatz 2 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 4. September 2006 an. Berichterstatter war Herr SIMONS.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 429. Plenartagung am 13./14. September 2006 (Sitzung vom 13. September) mit 187 gegen 4 Stimmen bei 8 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1

    Der Ausschuss befürwortet, dass die EU-Mitgliedstaaten ihren politischen Verpflichtungen nachkommen sollten. Die Unterstützung derjenigen Mitgliedstaaten, die ihren Verpflichtungen bereits nachkommen, im Wege der vorgeschlagenen Verordnung und der weltweite Nachweis, dass die Europäische Union tatsächlich ernsthaft gewillt ist, die auf IMO-Ebene gemachten Zusagen auch in der Praxis einzuhalten, sind als konkrete Maßnahmen weitaus wichtiger als jedwede rein spekulative und, wenn überhaupt, außerdem auch nur sehr geringe negative Auswirkungen.

    2.   Einleitung

    2.1

    Durch die Verordnung (EG) Nr. 417/2002, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1726/2003 wurden Vorschriften eingeführt, die den Transport von Schweröl mit Einhüllen-Öltankschiffen von oder nach Häfen der Europäischen Union untersagen, um die Gefahr von Ölverschmutzungen durch Unfälle in europäischen Gewässern zu verringern.

    2.2

    Ein ähnliches Verbot auf der Grundlage der von der EU angenommenen Maßnahmen wurde weltweit von der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) durch die Aufnahme der neuen Regeln 13G und 13H in Anlage I des Internationalen Übereinkommens von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe und in dem dazugehörigen Protokoll von 1978 in seiner geänderten Fassung („MARPOL 73/78“) durchgesetzt. Gemäß Absatz 7 der Regel 13G sowie Absatz 5, 6 und 7 der Regel 13H des MARPOL-Übereinkommens können Behörden Öltankschiffe jedoch unter bestimmten Bedingungen von diesem Verbot ausnehmen. Dies war der unumgängliche Kompromiss, damit eine Einigung auf eine weltweite Regelung überhaupt zustande kommen konnte. Unmittelbar nach den üblicherweise im Vorfeld stattfindenden und für alle verbindlichen Koordinierungsgesprächen, erklärte der italienische EU-Vorsitz im Namen aller Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission, dass sie alle von diesen Abweichungsmöglichkeiten keinen Gebrauch machen werden. Nach dem Inkrafttreten der Regelung am 5. April 2005 hat jedoch ein Mitgliedstaat bereits am 18. April 2005 der IMO zu verstehen gegeben, dass er diese Ausnahmemöglichkeit, um die es im vorliegenden Kommissionsvorschlag geht, sehr wohl in Anspruch nehmen wird. In den Monaten danach haben viele Mitgliedstaaten, entsprechend der bei den Koordinierungsgesprächen getroffenen Vereinbarung der IMO mitgeteilt, dass sie nicht auf die Abweichungsmöglichkeiten zurückgreifen werden. Vier Mitgliedstaaten haben dies bislang noch nicht offiziell getan, aber bereits auf COREPER-Ebene und somit der Europäischen Kommission und den anderen Mitgliedstaaten gegenüber signalisiert, in Kürze dem Beispiel der anderen 19 Mitgliedstaaten folgen zu wollen.

    2.3

    Die Europäische Kommission verweist auf die vor und unmittelbar nach Erlass des IMO-Verbots eingegangenen politische Verpflichtungen und die vom italienischen EU-Ratsvorsitz vor der IMO im Dezember 2003 abgegebene Erklärung, in der sich die damals 15 und nunmehr 25 EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichten, keinerlei Befreiung unter dem MARPOL-Übereinkommen mehr zu gewähren.

    2.4

    Die Europäische Kommission schlägt eine Änderung der Verordnung (EG) Nr. 417/2002 vor, um die politische Verpflichtung in eine konkrete Rechtsvorschrift umzuwandeln, mit der der Geltungsbereich der Verordnung ausgeweitet werden soll, indem der Transport von Schweröl für alle Einhüllen-Öltankschiffe verboten wird, die die Flagge eines EU-Mitgliedstaats führen, unabhängig davon, welcher Gerichtsbarkeit die Häfen, Vorhäfen und Meeresgebiete unterstehen, in denen sie sich befinden.

    3.   Allgemeine Bemerkungen

    3.1

    Der Ausschuss bekräftigt seine bereits in der Stellungnahme zum ERIKA II-Paket (1) ausgesprochene Befürwortung des Verbots von Einhüllen-Öltankschiffen für den Transport der Schweröle mit der größten umweltschädigenden Wirkung.

    3.2

    Die Mitgliederstaaten sollten grundsätzlich ihren auf internationaler Ebene eingegangenen politischen Verpflichtungen nachkommen und die Kohärenz der Gemeinschaftspolitik sicherstellen. Dennoch steht zu Beginn des Vorschlags eine kurze Begründung, die ausschließlich auf die politischen Verpflichtungen und insbesondere die Erklärung der EU zum Zeitpunkt der Annahme der neuen MARPOL-Regel 13H eingeht.

    3.3

    In seiner Stellungnahme zum ERIKA II-Paket empfahl der Ausschuss, dass die EU der IMO vorschlagen sollte, eine Liste von Gebieten mit hochsensiblen Ökosystemen in das MARPOL-Übereinkommen aufzunehmen und diese als Gebiete auszuweisen, die von Tankern, die schweres Heizöl geladen haben, „zu meiden“ sind. Ferner sollten im Einklang mit den Bestimmungen des SOLAS-Übereinkommens (2) verbindliche Leitsysteme erarbeitet werden. In der Folge reagierte die IMO auf von interessierten Ländern unterbreitete Vorschläge und stellte eine Liste von besonders empfindlichen Meeresgebieten (PSSAParticular Sensitive Sea Area) (westeuropäische Gewässer, Ostsee, Kanarische Inseln, Galapagos-Archipel) zusammen. Ferner erweiterte sie das Gebiet des Großen Barriere-Riffs auf die Torres-Straße (Australien-Papua New Guinea). Diese Gebiete sowie das Sabana-Camagüey-Archipel (Kuba), die Malpelo-Insel (Kolumbien), das Gebiet rund um Florida Keys (USA) und der Paracas-Nationalpark (Peru), die zwischen 1997 und 2003 gegründet wurden, werden durch zusätzliche Maßnahmen geschützt. So dürfen keine Öltank- oder andere Schiffe in diese Gebiete einfahren, und es gibt Maßnahmen für die Schiffswegeführung, Meldesysteme und Lotsendienste. Die Festlegung derartiger oder ähnlicher Gebiete sollte als Weiterführung der Maßnahmen der Küstenstaaten angesehen werden, um die Gefahr der Umweltverschmutzung durch Einhüllen-Öltankschiffe zu verringern.

    3.4

    Nach den Statistiken, die die IMO den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission im April 2003 vorgelegt hat (3), waren im November 2002 rund 660 Einhüllen-Öltankschiffe der Kategorie 2 (20.000 tdw und mehr) im Einsatz, von denen rund 160 Supertanker (VLCC und ULCC mit 200.000 tdw und mehr) meistens Rohöl vom persischen Golf in die USA bzw. nach Japan transportierten. Öltankschiffe können aus vielen unterschiedlichen Gründen oder zu einem bestimmten Zeitpunkt außer Dienst gestellt werden. Ende 2006 werden nur mehr weniger als 50 Supertanker noch in Betrieb sein, wobei diese Zahl gemäß dem Zeitplan für deren Außerdienststellung bis 2010 jährlich weiter reduziert wird. Dies sagt aber noch nichts aus über etwaige wirtschaftliche und soziale Interessen, die bei dem einen Mitgliedstaat, der die Abweichungsmöglichkeit in Anspruch nehmen will, im Spiele sein könnten. Exakte Angaben über die eventuell betroffenen Schiffe sind aus dem Schiffsregister des betreffenden Mitgliedstaats nicht zu ersehen, so dass man nur spekulieren kann, was aber nicht der Stil des EWSA ist. Auch wenn es groben Schätzungen zufolge um etwa 23 Schiffe und 300-400 einheimische Seeleute gehen mag, ist das Ausflaggen nicht unbedingt die nächstliegende Option, sondern der umtriebige Unternehmer/ Eigentümer der betreffenden Schiffe wird versuchen, sich anderen Ölerzeugnissen zuzuwenden, bei denen die Marktaussichten ebenso günstig aussehen.

    3.5

    Der Anwendungsbereich des Richtlinienvorschlags beruht auf geltenden Regeln für Tankschiffe mit mehr als 5.000 Tonnen Leergewicht. Es sollte allerdings geprüft werden, ob es nicht zweckdienlich wäre, eine eigene Regelung für Tankschiffe unter 5.000 Tonnen Leergewicht vorzusehen.

    4.   Besondere Anmerkungen

    4.1

    Der Ausschuss ist der Auffassung, dass der Begriff „heavy grade oil products “ (Deutsch: Schweröle) in der englischen Fassung des neuen Absatzes 3 Buchstabe a) in Artikel 1 des Verordnungsvorschlags klarer formuliert bzw. sein Inhalt definiert werden muss.

    4.2

    In Artikel 4 Absatz 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 417/2002 (in ihrer konsolidierten Fassung) wird jeweils auf Artikel 4 Absatz 3 der besagten Verordnung verwiesen. Der Kommissionsvorschlag sieht die Einfügung eines Absatzes 3 Buchstabe a) in die Verordnung vor, durch den diese Bezugnahme gegenstandslos wird, was aber keineswegs ein gewünschter Nebeneffekt der vorgeschlagenen Verordnung ist.

    Brüssel, den 13. September 2006

    Die Präsidentin

    des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Anne-Marie Sigmund


    (1)  ABl. C 133 vom 6.6.2003, S. 97.

    (2)  SOLAS: Safety of Life at Sea Convention.

    (3)  IMO-Dokument MEPC 49/16/1.


    Top