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Dokument 52005AE1501

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG hinsichtlich bestimmter Maßnahmen zur Vereinfachung der Erhebung der Mehrwertsteuer, zur Unterstützung der Bekämpfung der Steuerhinterziehung und -umgehung und zur Aufhebung bestimmter Entscheidungen über die Genehmigung von Ausnahmeregelungen (KOM(2005) 89 endg. — 2005/0019 (CNS))

ABl. C 65 vom 17.3.2006, str. 103–104 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

17.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 65/103


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG hinsichtlich bestimmter Maßnahmen zur Vereinfachung der Erhebung der Mehrwertsteuer, zur Unterstützung der Bekämpfung der Steuerhinterziehung und -umgehung und zur Aufhebung bestimmter Entscheidungen über die Genehmigung von Ausnahmeregelungen“

(KOM(2005) 89 endg. — 2005/0019 (CNS))

(2006/C 65/19)

Der Rat beschloss am 14. April 2005, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 93 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 8. November 2005 an. Berichterstatter war Herr PÁLENÍK.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 422. Plenartagung am 14./15. Dezember 2005 (Sitzung vom 15. Dezember) mit 69 gegen 1 Stimme bei 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Einleitung

1.1

Im März 2005 legte die Kommission den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates (1) zur Änderung der Sechsten MwSt-Richtlinie (77/388/EWG) vor mit dem Ziel, die Mehrwertsteuererhebung zu vereinfachen und die Bekämpfung der Steuerhinterziehung oder -umgehung zu unterstützen.

1.2

Nach Artikel 27 der Sechsten MwSt-Richtlinie kann der Rat auf Vorschlag der Kommission die Mitgliedstaaten ermächtigen, von der Richtlinie abweichende Sondermaßnahmen einzuführen, um die Steuererhebung zu vereinfachen und Steuerhinterziehung zu verhüten. Von dieser Bestimmung wurde sehr häufig Gebrauch gemacht: Derzeit gelten in den Mitgliedstaaten mehr als 140 Ausnahmeregelungen. Die Kommission geht davon aus, dass sich in naher Zukunft die Zahl der getroffenen Ausnahmeregelungen wegen der neuen Mitgliedstaaten noch erhöhen wird.

2.   Das Kommissionsdokument KOM(2005) 89 endg.

2.1

Im Rahmen der Strategie zur Verbesserung der Funktionsweise des MwSt-Systems im Binnenmarkt (2) hat die Kommission hinsichtlich der zahlreichen derzeit geltenden Ausnahmeregelungen eine gewisse Straffung zugesagt. Zahlreiche dieser Ausnahmen haben sich als wirksam erwiesen und fanden in mehr als nur einem Mitgliedstaat Anwendung. Der Rat prüft jeden einzelnen Antrag auf Genehmigung einer von den normalen Vorschriften abweichenden Regelung, was ein zeitaufwändiges Procedere ist. Deswegen sieht der Vorschlag vor, in einem gesonderten Anhang zur Sechsten MwSt-Richtlinie häufig angewandte Ausnahmeregelungen allen Mitgliedstaaten zugänglich zu machen.

2.2

Der Richtlinienvorschlag beinhaltet folgende Änderungen der Sechsten MwSt-Richtlinie:

die Ausarbeitung von Regelungen bezüglich der „MwSt-Gruppen“ und der „Übertragung von Vermögen“, um ungerechtfertigte Vor- oder Nachteile für die Betroffenen zu verhindern;

Maßnahmen, die darauf abzielen zu verhüten, dass die Zahlung von MwSt auf Anlagegold, das als Rohmaterial für die Herstellung von Konsumgütern verwendet wird, umgangen wird;

in bestimmten Fällen eine Neubewertung der Leistungen für die Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen und die Festsetzung des Normalwerts als Steuerbemessungsgrundlage;

Klärung und Hervorhebung des Status von Kapitaldienstleistungen;

Änderungen der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft in einigen Industriezweigen.

2.3

Bezüglich der MwSt-Gruppen und der Übertragung von Vermögen nutzt die Kommission die Gelegenheit, die Befugnisse der Mitgliedstaaten in Bereichen zu stärken, die zur Umgehung der MwSt-Zahlung ausgenutzt werden können. In ihrem Vorschlag räumt sie den Mitgliedstaaten denn auch die Möglichkeit ein, Maßnahmen zu ergreifen, die gewährleisten sollen, dass die Anwendung dieser Bestimmungen für die Betroffenen keine ungerechtfertigten Vor- oder Nachteile bewirkt.

2.4

Anlagegold beispielsweise in Form von Barren oder Plättchen ist von der MwSt befreit. Wird das Gold in einer Form verkauft, in der es nicht mehr als Anlagegold anzusehen ist, wenn es beispielsweise für Schmuckstücke verwendet wird, so ist auf die Leistung Mehrwertsteuer zu erheben. Wenn ein Kunde Anlagegold für die Verarbeitung zur Verfügung stellt, ist nur die Dienstleistung, d.h. die Verarbeitung des Goldes steuerpflichtig. Eine Steuer wird nicht erhoben, selbst wenn das Gold seinen Status als Anlagegold verloren hat und daher nicht mehr der Befreiung unterliegt. Diese Missbrauchsmöglichkeit soll durch eine Reihe geltender Ausnahmeregelungen ausgeschlossen werden. Aus diesem Grunde schlägt die Kommission eine fakultative Regelung vor, nach der Mitgliedstaaten festlegen können, dass als Steuerbemessungsgrundlage auch der Wert des im Produkt enthaltenen Goldes auf Grundlage des derzeitigen Normalwerts heranzuziehen ist.

2.5

Um Steuerhinterziehung und -umgehung zu vermeiden, ermächtigt der Kommissionsvorschlag Mitgliedstaaten, Leistungen einer Neubewertung zu unterziehen, sofern einige weitere Bedingungen erfüllt sind. Diese Neubewertung kann ausschließlich in drei genau definierten Fällen erfolgen und auch dann nur, wenn bestimmte Verbindungen zwischen den Beteiligten existieren. Für die Anwendung der Regelung müssen die Mitgliedstaaten diese Verbindungen im Einklang mit den in der Richtlinie aufgeführten Kategorien definieren. In dem Richtlinienvorschlag wird die Neubewertung zum Normalwert als Steuerbemessungsgrundlage festgelegt. Der Normalwert ist der Betrag, den ein Kunde auf der Absatzstufe, auf der der Umsatz erfolgt, zum Zeitpunkt des Umsatzes und unter den Bedingungen des lauteren Wettbewerbs entrichten müsste, um Gegenstände oder Dienstleistungen zu erwerben. Der Vorschlag besagt ausdrücklich, dass der Normalwert nicht unter den Gestehungskosten des Leistungserbringers liegen darf, es sei denn, dies ist durch die Marktbedingungen gerechtfertigt.

2.6

Die Kommission macht deutlich, dass die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei Investitionsgütern gemäß Artikel 20 der Sechsten MwSt-Richtlinie in gleicher Weise auch für Dienstleistungen gelten kann, die Merkmale von Investitionsgütern aufweisen, die als Vermögenswert mit einem fortbestehenden Buchwert behandelt werden.

2.7

Gleichzeitig weitet die Kommission die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft auf bestimmte, eigens aufgeführte Leistungen für Steuerpflichtige in Wirtschaftsbereichen aus, in denen sich die Steuerkontrolle als schwierig erwiesen hat. Bei Anwendung dieses Mechanismus geht die Steuerschuld auf den Empfänger einer Leistung über. Die neue Regelung gilt für Dienstleistungen im Bausektor, für die Überlassung von Personal im Zusammenhang mit Bauleistungen, für die Lieferung von in Artikel 13 Teil B Buchstaben g) und h) genannten Liegenschaften, wenn der Lieferant gemäß Teil C Buchstabe b) des genannten Artikels für die Besteuerung optiert hat, sowie für die Lieferung von Abfallstoffen, Schrott und recyclingfähigem Material, das aus einigen mit der Behandlung dieser Stoffe zusammenhängenden Dienstleistungen hervorgeht. Die Mitgliedstaaten können gleichermaßen in bestimmten Fällen von der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft Gebrauch machen, wenn die Leistung durch einen Verkäufer erbracht wird, der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet und daher weder in der Lage ist, seine Schulden zu bedienen noch seinen steuerlichen Pflichten nachzukommen. Die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft in den Mitgliedstaaten ist Gegenstand der Konsultation des MwSt-Ausschusses.

2.8

Die Zahl der Entscheidungen nach Artikel 27 der Sechsten MwSt-Richtlinie, die nach Auffassung der Kommission von der vorgeschlagenen Richtlinie erfasst werden und aus diesem Grund von dieser aufzuheben sind, beträgt 10. Die Zahl der Entscheidungen, die nach Auffassung der Kommission von der vorgeschlagenen Richtlinie erfasst werden, aber keiner Aufhebung bedürfen, beträgt 7.

3.   Bemerkungen des EWSA zum Kommissionsdokument

3.1

Der EWSA unterstützt eine Vereinfachung des MwSt-Systems im Binnenmarkt im Einklang mit den Bestimmungen der Kommissionsmitteilung KOM(2000) 348 endg.

3.2

Der EWSA teilt die Ansicht der Kommission, dass die Zahl der von der Sechsten MwSt-Richtlinie abweichenden Sondermaßnahmen zur Vereinfachung der Steuererhebung verringert werden sollte, da sie die Auslegung des Steuersystems für die Personen, die grenzüberschreitenden Handel treiben, erschwert. Der Ausschuss unterstützt das Bestreben, einige häufiger angewandte Ausnahmeregelungen durch die Änderung und Ergänzung der Sechsten MwSt-Richtlinie allen Mitgliedstaaten zu öffnen.

3.3

Der EWSA ist der Ansicht, dass die Änderung und Ergänzung der Sechsten MwSt-Richtlinie im Falle ihrer korrekten Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten ein wirksames Mittel zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung und -umgehung ist.

3.4

Der EWSA hat keine Einwände gegen den Kommissionsvorschlag hinsichtlich der MwSt-Gruppen, der Übertragung von Vermögen und der Besteuerung von Anlagegold, das beispielsweise für die Herstellung von Schmuck verwendet wird. Durch diesen Vorschlag werden seines Erachtens die früheren Schwachstellen in angemessener Weise behoben.

3.5

Der EWSA erkennt an, dass in einigen wenigen Fällen, in denen der Verdacht auf Steuerhinterziehung durch Über- oder Unterbewertung von Leistungen vorliegt, als Steuerbemessungsgrundlage der Normalwert festgesetzt werden sollte. In der Praxis können dennoch Schwierigkeiten bei der Bestimmung des „wesentlichen Unterschieds“ zwischen dem Wert der Leistung und dem Normalwert auftreten, da keine Definition dessen existiert, was unter einem Normalwert, der von der Einschätzung der Beteiligten abhängt, oder einem „wesentlichen Wertunterschied“ zu verstehen ist. Der EWSA ist besorgt, dass ein Mangel an Klarheit Unsicherheiten in Unternehmerkreisen hervorrufen könnte. Die Anwendung dieses Instruments in der Rechtsetzung der Mitgliedstaaten sollte aus diesem Grunde an die Bedingung einer präzisen Definition des Normalwerts und einer genauen Bestimmung dessen geknüpft werden, was als „wesentlicher Unterschied“ erachtet wird.

3.6

Bezüglich der Kapitaldienstleistungen teilt der EWSA die Auffassung der Kommission, dass klargestellt werden muss, dass die Berichtigung der Abzüge bei Investitionsgütern in gleicher Weise auch für Dienstleistungen dieser Art gilt.

3.7

Der EWSA hält die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft für ein Mittel, das zur Vermeidung von Steuerhinterziehung und -umgehung erforderlich sein kann. Sie ist gerade dann angebracht, wenn der Lieferant in finanziellen Schwierigkeiten steckt und es berechtigte Zweifel gibt, ob er in der Lage ist, seinen steuerlichen Pflichten nachzukommen. Praktische Erfahrungen mit der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft legen nahe, dass diese optionale Vorgehensweise auch in anderen Bereichen erwogen werden könnte.

4.   Allgemeine Bemerkungen des Ausschusses

4.1

Der vorliegende Vorschlag für eine Richtlinie des Rates ist vom Standpunkt seiner Umsetzbarkeit realistisch und steht mit den Zielsetzungen der Kommission im Einklang, einige der zahlreichen derzeit geltenden Ausnahmeregelungen zur Sechsten MwSt-Richtlinie zu straffen, wozu sie sich in ihrer Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament vom 7. Juni 2000 verpflichtet hat. Der EWSA erinnert jedoch daran, dass eine umfassendere Überarbeitung der Rechtsvorschriften über die Mehrwertsteuer und die weitere Harmonisierung der Steuerregeln in bedeutend stärkerem Maße zur Effizienz und Einfachheit des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems beitragen würden.

4.2

Es muss darauf hingewiesen werden, dass die übergroße Komplexität der europäischen Richtlinien und sonstigen Rechtsvorschriften generell ihre korrekte und zügige Umsetzung und effiziente Durchsetzung in den Mitgliedstaaten erschwert. Aus diesem Blickwinkel ist der Vorschlag unter der Voraussetzung, dass er in den Mitgliedstaaten rasch und korrekt umgesetzt wird, ein Schritt in die richtige Richtung. Der EWSA ist der Ansicht, dass diesem weitere Schritte folgen müssen, durch die das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vereinfacht wird.

Brüssel, den 15. Dezember 2005

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  KOM(2005) 89 endg.

(2)  KOM(2000) 348 endg. und KOM(2003) 614 endg.


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