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Document 62008CA0403

    Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 4. Oktober 2011 (Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division, High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court) — Vereinigtes Königreich) — Football Association Premier League Ltd, NetMed Hellas SA, Multichoice Hellas SA/QC Leisure, David Richardson, AV Station plc, Malcolm Chamberlain, Michael Madden, SR Leisure Ltd, Philip George Charles Houghton, Derek Owen (C-403/08), Karen Murphy/Media Protection Services Ltd (C-429/08) (verbundene Rechtssachen C-403/08 und C-429/08) (Satellitenrundfunk — Ausstrahlung von Fußballspielen — Empfang der Rundfunksendung mit Satellitendecoder-Karten — Satellitendecoder-Karten, die rechtmäßig auf den Markt eines Mitgliedstaats gebracht wurden und in einem anderen Mitgliedstaat benutzt werden — Verbot des Inverkehrbringens und der Verwendung in einem Mitgliedstaat — Zeigen von Sendungen unter Missachtung der vergebenen Exklusivrechte — Urheberrecht — Fernsehausstrahlungsrecht — Ausschließliche Lizenzen für die Rundfunkausstrahlung im Hoheitsgebiet eines einzigen Mitgliedstaats — Freier Dienstleistungsverkehr — Art. 56 AEUV — Wettbewerb — Art. 101 AEUV — Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung — Schutz von zugangskontrollierten Diensten — Illegale Vorrichtung — Richtlinie 98/84/EG — Richtlinie 2001/29/EG — Vervielfältigung von Werken im Speicher eines Satellitendecoders und auf einem Fernsehbildschirm — Ausnahme vom Vervielfältigungsrecht — Öffentliche Wiedergabe von Werken in Gastwirtschaften — Richtlinie 93/83/EWG)

    ABl. C 347 vom 26.11.2011, p. 2–3 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    26.11.2011   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 347/2


    Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 4. Oktober 2011 (Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division, High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court) — Vereinigtes Königreich) — Football Association Premier League Ltd, NetMed Hellas SA, Multichoice Hellas SA/QC Leisure, David Richardson, AV Station plc, Malcolm Chamberlain, Michael Madden, SR Leisure Ltd, Philip George Charles Houghton, Derek Owen (C-403/08), Karen Murphy/Media Protection Services Ltd (C-429/08)

    (verbundene Rechtssachen C-403/08 und C-429/08) (1)

    (Satellitenrundfunk - Ausstrahlung von Fußballspielen - Empfang der Rundfunksendung mit Satellitendecoder-Karten - Satellitendecoder-Karten, die rechtmäßig auf den Markt eines Mitgliedstaats gebracht wurden und in einem anderen Mitgliedstaat benutzt werden - Verbot des Inverkehrbringens und der Verwendung in einem Mitgliedstaat - Zeigen von Sendungen unter Missachtung der vergebenen Exklusivrechte - Urheberrecht - Fernsehausstrahlungsrecht - Ausschließliche Lizenzen für die Rundfunkausstrahlung im Hoheitsgebiet eines einzigen Mitgliedstaats - Freier Dienstleistungsverkehr - Art. 56 AEUV - Wettbewerb - Art. 101 AEUV - Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung - Schutz von zugangskontrollierten Diensten - Illegale Vorrichtung - Richtlinie 98/84/EG - Richtlinie 2001/29/EG - Vervielfältigung von Werken im Speicher eines Satellitendecoders und auf einem Fernsehbildschirm - Ausnahme vom Vervielfältigungsrecht - Öffentliche Wiedergabe von Werken in Gastwirtschaften - Richtlinie 93/83/EWG)

    2011/C 347/02

    Verfahrenssprache: Englisch

    Vorlegende Gerichte

    High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division, High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court)

    Parteien der Ausgangsverfahren

    Kläger: Football Association Premier League Ltd, NetMed Hellas SA, Multichoice Hellas SA (C-403/08), Karen Murphy (C-429/08)

    Beklagte: QC Leisure, David Richardson, AV Station plc, Malcolm Chamberlain, Michael Madden, SR Leisure Ltd, Philip George Charles Houghton, Derek Owen (C-403/08), Media Protection Services Ltd (C-429/08)

    Gegenstand

    Vorabentscheidungsersuchen — High Court of Justice (Chancery Division) — Auslegung der Art. 28 EG, 30 EG, 49 EG und 81 EG sowie von Art. 2 Buchst. a und e, 4 Buchst. a und 5 der Richtlinie 98/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 1998 über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten (ABl. L 320, S. 54), von Art. 2, 3 und 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10), von Art. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl. L 298, S. 23) sowie Auslegung der Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung (ABl. L 248, S. 15) — Entgeltliche Vergabe exklusiver Rechte zur Sicherstellung der Weiterverbreitung von Fußballspielen via Satellit — Vertrieb von Dekodern im Vereinigten Königreich, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden sind und es ermöglichen, unter Verkennung der vergebenen exklusiven Rechte derartige Spiele zu zeigen

    Tenor

    1.

    Der Begriff der illegalen Vorrichtung im Sinne von Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 98/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 1998 über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten ist dahin auszulegen, dass er weder ausländische Decodiervorrichtungen — die Zugang zu den Satellitenrundfunkdiensten eines Sendeunternehmens gewähren und mit Erlaubnis dieses Unternehmens hergestellt und in den Verkehr gebracht, aber gegen seinen Willen außerhalb des geografischen Bereichs verwendet werden, für den sie ausgeliefert wurden — noch durch Angabe eines falschen Namens und einer falschen Anschrift beschaffte oder aktivierte Decodiervorrichtungen oder Decodiervorrichtungen umfasst, die unter Verstoß gegen eine vertragliche Beschränkung, wonach ihre Nutzung nur zu privaten Zwecken erlaubt ist, verwendet worden sind

    2.

    Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 98/84 steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, mit der die Verwendung ausländischer Decodiervorrichtungen einschließlich derjenigen, die durch Angabe eines falschen Namens und einer falschen Anschrift beschafft oder aktiviert worden sind, und derjenigen, die unter Verstoß gegen eine vertragliche Beschränkung, wonach ihre Nutzung nur zu privaten Zwecken erlaubt ist, verwendet worden sind, untersagt wird, da eine solche Regelung nicht in den durch diese Richtlinie koordinierten Bereich fällt.

    3.

    Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen,

    dass er der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach im Inland die Einfuhr, der Verkauf und die Verwendung ausländischer Decodiervorrichtungen, die den Zugang zu einem kodierten Satellitenrundfunkdienst aus einem anderen Mitgliedstaat ermöglichen, der nach der Regelung des erstgenannten Staates geschützte Gegenstände umfasst, rechtswidrig sind, und

    dass sich an diesem Ergebnis weder dadurch etwas ändert, dass die ausländische Decodiervorrichtung durch Angabe eines falschen Namens und einer falschen Anschrift in der Absicht, die fragliche Gebietsbeschränkung zu umgehen, beschafft oder aktiviert wurde, noch dadurch, dass diese Vorrichtung zu gewerblichen Zwecken verwendet wird, obwohl sie der privaten Nutzung vorbehalten war.

    4.

    Die Klauseln eines Vertrags über eine ausschließliche Lizenz zwischen einem Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums und einem Sendeunternehmen stellen eine nach Art. 101 AEUV verbotene Wettbewerbsbeschränkung dar, sofern sie dem Sendeunternehmen die Pflicht auferlegen, keine den Zugang zu den Schutzgegenständen dieses Rechtsinhabers ermöglichenden Decodiervorrichtungen zum Zweck ihrer Verwendung außerhalb des vom Lizenzvertrag erfassten Gebiets zur Verfügung zu stellen.

    5.

    Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass sich das Vervielfältigungsrecht auf flüchtige Fragmente der Werke im Speicher eines Satellitendecoders und auf einem Fernsehbildschirm erstreckt, sofern diese Fragmente Elemente enthalten, die die eigene geistige Schöpfung der betreffenden Urheber zum Ausdruck bringen, wobei das zusammengesetzte Ganze der gleichzeitig wiedergegebenen Fragmente zu prüfen ist, um zu klären, ob es solche Elemente enthält.

    6.

    Vervielfältigungshandlungen wie die in der Rechtssache C-403/08 fraglichen, die im Speicher eines Satellitendecoders und auf einem Fernsehbildschirm erfolgen, erfüllen die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 und dürfen daher ohne Erlaubnis der betreffenden Urheberrechtsinhaber vorgenommen werden.

    7.

    Der Begriff der öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er die Übertragung durch Rundfunk gesendeter Werke über einen Fernsehbildschirm und Lautsprecher für die sich in einer Gastwirtschaft aufhaltenden Gäste umfasst.

    8.

    Die Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung ist dahin auszulegen, dass sie sich nicht auf die Rechtmäßigkeit von Vervielfältigungshandlungen auswirkt, die im Speicher eines Satellitendecoders und auf einem Fernsehbildschirm erfolgen.


    (1)  ABl. C 301 vom 22.11.2008.


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