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Document 52012AE1576

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Grünbuch über die Durchführbarkeit der Einführung von Stabilitätsanleihen“ COM(2011) 818 final

ABl. C 299 vom 4.10.2012, p. 60–71 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

4.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 299/60


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Grünbuch über die Durchführbarkeit der Einführung von Stabilitätsanleihen“

COM(2011) 818 final

2012/C 299/12

Berichterstatter: Gérard DANTIN

Die Europäische Kommission beschloss am 23. November 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

"Grünbuch über die Durchführbarkeit der Einführung von Stabilitätsanleihen"

COM(2011) 818 final.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 13. Juni 2012 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 482. Plenartagung am 11./12. Juli 2012 (Sitzung vom 11. Juli) mit 135 gegen 33 Stimmen bei 25 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Um die gegenwärtige Krise zu bewältigen, eine längere Rezession zu vermeiden und die Voraussetzungen für erneutes Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu ermöglichen, ist mehr und nicht weniger Europa erforderlich. Dies setzt den starken Willen der Europäischen Kommission voraus, die Gemeinschaftsmethode wieder zur Geltung zu bringen und anzuwenden. Unter diesem Gesichtspunkt ist das Grünbuch zu begrüßen.

1.2   Die Kommission muss aber darüber hinaus – anstelle der gescheiterten zwischenstaatlichen Ad-hoc-Abhilfemaßnahmen – voll und ganz von ihrem Initiativrecht Gebrauch machen und Vorschläge vorlegen, die dem mittlerweile erreichten Ausmaß der Krise entsprechen.

1.3   Mehr Europa, ein neues Europa muss Solidarität, Verantwortung und gegenseitiges Vertrauen miteinander verbinden. Letzteres findet seine Quintessenz in einer symmetrischen und ausgewogenen wirtschaftspolitischen Steuerung einer effizienten und unverzichtbaren Harmonisierung im Haushalts- und Fiskalbereich. Mehr Europa für finanzpolitische Verantwortung und Integration, mehr Europa für das gemeinsame Schultern der Risiken im Zusammenhang mit den Staatsschulden, die Wiederherstellung langfristiger Zahlungsfähigkeit, die Erleichterung und Durchführung von Strukturreformen und die Hebelung europaweiter Investitionen in Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze überall in der Welt, um ein soziales Europa und Wohlstand für alle zu erreichen.

1.4   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt deshalb nachdrücklich die Vorlage des Grünbuchs über Stabilitätsanleihen. Sein Inhalt steht in der Logik einer in immer stärkerem Maße integrierten Europäischen Union, die nicht nur über einen Binnenmarkt, sondern auch einen europäischen Kapitalmarkt verfügt und die die notwendige Ergänzung der gemeinsamen Währungspolitik des Euroraums darstellt. Andererseits könnten solche Euro-Anleihen das Vertrauen potenzieller Anleger gewinnen und dadurch die Nachfrage nach Staatsanleihen stabilisieren und zur Senkung deren Zinssätze beitragen.

1.5   Gleichwohl ist der EWSA der Auffassung, dass das moralische Risiko (moral hazard) und seine mögliche konkrete Ausprägung im Grünbuch fragwürdig dargestellt wird. Es sollte zuerst Gegenstand einer vertieften Untersuchung sein, bevor strittige Schlüsse gezogen werden. Wenn die These des Grünbuchs zutreffend sein sollte, dass die Schwächung der Disziplinierung durch den Markt aufgrund der Vereinheitlichung der Zinssätze zu einer unverantwortlichen Zunahme öffentlicher Ausgaben oder zu einem Anstieg des Haushaltsdefizits führt, dann hätte eine solche Entwicklung bereits seit der Einführung des Euro zu beobachten sein müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall.

1.6   Der Ausschuss teilt den Standpunkt der Kommission, dass die Stabilitätsanleihen hohe Kreditwürdigkeit haben müssen, um von den Investoren und den Mitgliedstaaten des Euroraums akzeptiert werden zu können. Indessen ist die Unsicherheit aufgrund zögerlicher und verspäteter politischer Interventionen heute so groß, dass selbst Euro-Anleihen mit gemeinschaftlichen und gesamtschuldnerischen Garantien morgen wahrscheinlich nicht die Aufnahme finden würden, die sie noch vor einigen Monaten gefunden hätten.

1.6.1   Der EWSA hält es deshalb für unerlässlich, die EZB bei der Krisenbewältigung stärker einzubeziehen, indem z.B. die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) oder der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) eine Banklizenz erhält.

1.7   In Bezug auf die verschiedenen "Optionen für die Emission von Stabilitätsanleihen" hält der EWSA den Ansatz Nr. 2, der einen "teilweisen Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie" vorsieht, für den erstrebenswertesten und im Allgemeinen akzeptabelsten Weg.

1.8   Die Emission solcher Stabilitätsanleihen kann natürlich nur erfolgen, wie der Präsident des Europäischen Rates betonte, "solange ein robuster Rahmen für Haushaltsdisziplin und Wettbewerbsfähigkeit vorhanden ist, um risikoträchtigem Verhalten entgegenzuwirken und Verantwortungsbewusstsein und Einhaltung der Vorschriften zu fördern. Der Prozess, der zur Emission gemeinsamer Schuldtitel führt, sollte sich auf Kriterien stützen und schrittweise vollziehen, wobei Fortschritte bei der Bündelung haushaltspolitischer Entscheidungen mit entsprechenden Maßnahmen zur Bündelung der Risiken einhergehen müssten." (1) Der Ausschuss ist damit einverstanden, dass die "Bausteine" dieses Prozesses integrierte Rahmen für die Bereiche Finanzen, Haushalt und Wirtschaftspolitik umfassen. Diese müssten von einem entsprechenden kohärenten Rahmen für demokratische Legitimität und Rechenschaftspflicht auf europäischer Ebene begleitet werden, ohne zu einer Verschärfung der Sparpolitik zu führen. Diesbezüglich schlägt der EWSA vor, dass die Möglichkeiten risikoträchtigen Verhaltens von der Kommission gründlich untersucht werden, um für diese Architektur geeignete Lösungen finden zu können.

2.   Einleitung

2.1   Mit dem vorliegenden Grünbuch soll eine breit angelegte öffentliche Konsultation aller betroffener Akteure und interessierter Parteien über das Konzept der Stabilitätsanleihen  (2) angestoßen werden. Diese Konsultation dient der Kommission als Grundlage, um eine Politik für diesen Bereich vorzuschlagen.

2.2   Die Verschärfung der Staatsschuldenkrise im Euroraum hat eine breite Debatte über die Durchführbarkeit der gemeinsamen Emission von Staatsanleihen ausgelöst. Häufig wurde die Vorstellung zum Ausdruck gebracht, dass dies eine möglicherweise wirkungsvolle Antwort auf die Liquiditätsengpässe in mehreren Mitgliedstaaten des Euroraums sein könnte. Vor diesem Hintergrund hat das Europäische Parlament die Kommission aufgefordert, die Durchführbarkeit gemeinsamer Emissionen im Zuge der Verabschiedung des Legislativpakets zur wirtschaftspolitischen Steuerung des Euroraums zu untersuchen. Das EP hat darauf hingewiesen, dass die gemeinsame Emission von Stabilitätsanleihen auch weitere Schritte in Richtung einer gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzpolitik erfordern würde (3).

2.3   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat diese Thematik bereits in zahlreichen Stellungnahmen aufgegriffen und insbesondere in der Initiativstellungnahme "Wachstum und Staatsverschuldung in der EU: zwei innovative Vorschläge" (4) seinen Standpunkt dargelegt.

2.4   Der EWSA begrüßt die Veröffentlichung dieses Grünbuchs, die öffentliche Debatte, die es auslösen wird, sowie den gewählten Ansatz, der die Kommission schließlich dazu führen soll, Vorschläge in diesem Bereich vorzulegen, die sich letztlich wieder an der Gemeinschaftsmethode orientieren müssen.

3.   Wesentlicher Inhalt des Grünbuchs

3.1   Nach der Beschreibung des Hintergrunds des Grünbuchs werden verschiedene Aspekte ausgeführt und erläutert, die die Vorschläge unterstützen und rechtfertigen.

3.1.1   Begründung laut Grünbuch

3.1.1.1   Die Aussicht auf die Einführung von Stabilitätsanleihen könnte zu einer Eindämmung der derzeitigen Staatsanleihekrise führen, da die Hochzins-Mitgliedstaaten von der höheren Kreditwürdigkeit der Niedrigzins-Mitgliedstaaten profitieren könnten. Damit derartige Auswirkungen von Dauer sind, müsste ein Fahrplan für die Einführung gemeinsamer Emissionen mit parallelen Verpflichtungen zu einer stärkeren wirtschaftspolitischen Steuerung einhergehen, wodurch gewährleistet würde, dass die für die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen notwendigen haushaltspolitischen und strukturellen Anpassungen vorgenommen werden und somit das moralische Risiko vermieden wird.

3.1.1.2   Stabilitätsanleihen würden das Finanzsystem des Euroraums gegenüber künftigen Erschütterungen widerstandsfähiger machen und somit die finanzielle Stabilität steigern. Durch Stabilitätsanleihen würde allen teilnehmenden Mitgliedstaaten ein sichererer Zugang zur Refinanzierung gewährt werden, indem der plötzliche Verlust des Marktzugangs verhindert wird. Gleichzeitig würde das Bankensystem des Euroraums von der Verfügbarkeit von Stabilitätsanleihen profitieren.

3.1.1.3   Stabilitätsanleihen würden die Wirkung der Geldpolitik des Euroraums beschleunigen und gleichzeitig die Effizienz speziell des Staatsanleihemarkts des Euroraums und des Finanzsystems des Euroraums im weiteren Sinne fördern. Sie würden in Euro denominierte Portfolio-Investitionen erleichtern und zur Ausgewogenheit des globalen Finanzsystems beitragen.

3.1.2   Voraussetzungen

Nach der Auflistung der erheblichen Vorteile von Stabilitätsanleihen im Hinblick auf die finanzielle Stabilität und wirtschaftliche Effizienz werden im Grünbuch die möglichen Nachteile genannt.

3.1.2.1   In dem Kommissionsvorschlag wird auf folgende Arten des moralischen Risikos hingewiesen:

bei einigen Formen der Stabilitätsanleihen würde die Verpflichtung zu Haushaltsdisziplin verringert oder gänzlich ausgehöhlt werden, da die Mitgliedstaaten des Euroraums Kreditrisiken für einen Teil oder die Gesamtheit ihrer Staatsschulden bündeln würden. Dadurch würde ein moralisches Risiko drohen, da das mit der fehlenden Haushaltsdisziplin einzelner Mitgliedstaaten verbundene Kreditrisiko eventuell von allen Teilnehmern getragen würde;

da sich die Emission von Stabilitätsanleihen negativ auf die Marktdisziplin auswirken könnte, wären wesentliche Änderungen des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung im Euroraum erforderlich, was Folgen für die Haushaltsautonomie hätte;

um von Investoren akzeptiert zu werden, müssten Stabilitätsanleihen eine hohe Bonität aufweisen;

die Erzielung einer hohen Bonität wird darüber hinaus den Ausschlag dafür geben, dass alle Mitgliedstaaten des Euroraums die Stabilitätsanleihen akzeptieren;

die Bonitätsstufe von Stabilitätsanleihen würde in erster Linie von der Bonitätsstufe der teilnehmenden Mitgliedstaaten und der zugrunde liegenden Garantiestruktur abhängen.

3.1.2.2   Die Kohärenz mit dem Vertrag über die Europäische Union wäre unbedingt notwendig, um die erfolgreiche Einführung der Stabilitätsanleihe sicherzustellen. Denn einige Optionen könnten gegen einschlägige Bestimmungen des EU-Vertrags verstoßen und Änderungen des Vertrags erforderlich machen, was vor allem Artikel 125 AEUV betrifft, demzufolge es Mitgliedstaaten verboten ist, für die Verbindlichkeiten eines anderen Mitgliedstaats zu haften. Im Falle einer Emission von Stabilitätsanleihen auf der Grundlage gesamtschuldnerischer Garantien würde automatisch gegen das Bail-out-Verbot verstoßen werden. Die Emission von Stabilitätsanleihen auf der Grundlage teilschuldnerischer Garantien wäre indes im Rahmen des geltenden EU-Vertrags möglich.

3.2   Optionen für die Emission von Stabilitätsanleihen

3.2.1   Von der Vielzahl von Optionen, die in der öffentlichen Debatte über die Einführung von Stabilitätsanleihen ins Gespräch gebracht worden sind, werden im Grünbuch drei vorgeschlagen. Sie unterscheiden sich darin, in welchem Umfang die nationale Emission (ganz oder teilweise) ersetzt wird und wie die Garantie gestaltet ist (gesamtschuldnerisch oder teilschuldnerisch). Diese drei grundsätzlichen Ansätze sind:

3.2.1.1

Ansatz Nr. 1: Vollständiger Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie

Bei diesem Ansatz würde die Staatsfinanzierung im Euroraum vollständig über die Emission von Stabilitätsanleihen erfolgen; die nationale Emission würde eingestellt. Die Kreditwürdigkeit der wichtigsten Mitgliedstaaten des Euroraums wäre aller Wahrscheinlichkeit nach ausschlaggebend für die Bonitätseinstufung der Stabilitätsanleihen, was nahelegt, dass heute aufgelegte Stabilitätsanleihen hohe Kreditwürdigkeit genießen könnten. Bei diesem Ansatz könnten die Vorteile der Emission von Stabilitätsanleihen besonders effektiv realisiert werden, zugleich birgt dieser Ansatz aber auch die größte Gefahr eines moralischen Risikos. Er würde einen sehr stabilen Rahmen erforderlich machen, um die Haushaltsdisziplin, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und den Abbau makroökonomischer Ungleichgewichte auf nationaler Ebene zu gewährleisten.

3.2.1.2

Ansatz Nr. 2: Teilweiser Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie

Bei diesem Ansatz würde die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie erfolgen, die nationale Emission aber nur teilweise ersetzt werden.

Für den Teil der Emission, der nicht in Stabilitätsanleihen erfolgt, bestünden jeweils nationale Garantien. Demnach würde der Markt für Anleihen der Staaten des Euroraums aus zwei unterschiedlichen Teilen bestehen: den Stabilitätsanleihen und den nationalen Staatsanleihen. Eine Schlüsselrolle hätten bei diesem Ansatz die spezifischen Kriterien, nach denen das Verhältnis zwischen Stabilitätsanleihen und nationaler Emission festzulegen wäre.

3.2.1.3

Ansatz Nr. 3: Teilweiser Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit teilschuldnerischer Garantie

Bei diesem Ansatz würden Stabilitätsanleihen die nationale Emission wiederum nur teilweise ersetzen und durch anteilige Garantien der Euroraum-Mitgliedstaaten gedeckt sein. Dieser Ansatz unterscheidet sich insofern von Ansatz Nr. 2, als die Mitgliedstaaten weiter sowohl für ihren jeweiligen Anteil an der Emission von Stabilitätsanleihen als auch für ihre nationale Emission haften würden.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1   Die Vorlage ist vor dem Hintergrund der aktuellen Krise der Europäischen Union zu sehen: einer Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Zahlungsbilanzkrise, Staatsschuldenkrise, Sozialkrise (mit ca. 23 Mio. Arbeitslosen) und Umweltkrise. Dies führt aber auch zu einer grundlegenden Krise der europäischen Integration selbst. Die Krise hat vor allem einige grundlegende Konstruktionsfehler der Wirtschafts- und Währungsunion zu Tage treten lassen. Die gemeinsame Währung bedarf mehr als einer gemeinsamen Zentralbank und eines Stabilitäts- und Wachstumspakts, um Krisen (in puncto unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit, makroökonomische Ungleichgewichte und unausgewogene Zahlungsbilanzen) und hohe Spreads bei den Zinsen auf Staatsanleihen zu vermeiden.

4.2   Zur Überwindung dieser Krise, zur Abwendung einer lang anhaltenden Rezession und zur Schaffung der Voraussetzungen für Wachstum und Beschäftigung ist nicht weniger, sondern mehr und ein besseres Europa erforderlich: mehr Europa für finanzpolitische Verantwortung und Integration, mehr Europa für das gemeinsame Schultern der Risiken im Zusammenhang mit den Staatsschulden, die Wiederherstellung langfristiger Zahlungsfähigkeit, die Erleichterung und Durchführung von Strukturreformen und die Hebelung europaweiter Investitionen in Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze, um ein soziales Europa und Wohlstand für alle zu erreichen. Es braucht ein besseres Europa, das diese Ziele nachhaltig erreichen kann und über wirksame Verfahren zum Schutz gegen das moralische Risiko verfügt.

4.2.1   Dies erfordert eine starke Führungsrolle der Europäischen Kommission, und die Gemeinschaftsmethode sollte wieder zur Geltung gebracht und angewandt werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist das Grünbuch zu begrüßen. Die Kommission muss aber darüber hinaus – anstelle der gescheiterten zwischenstaatlichen Ad-hoc-Abhilfemaßnahmen, die sich trotz ihrer großen Zahl im Wesentlichen als unwirksam, unerheblich und von langwieriger und unsicherer Umsetzung erwiesen haben (5) – voll und ganz von ihrem Initiativrecht Gebrauch machen und Vorschläge vorlegen, die dem mittlerweile erreichten Ausmaß der Krise entsprechen.

4.2.2   Mehr Europa, ein neues Europa macht eine umfassende Bündelung der Ressourcen und eine Teilung der Zuständigkeiten erforderlich. Dieses Konzept, das Solidarität mit geteilter Verantwortung verbindet, bedarf eines Bindeglieds, einer Art Brücke zwischen den beiden Begriffen des Konzepts: des Vertrauens. Dieses findet seine Quintessenz und Wurzeln in einer symmetrischen und ausgewogenen wirtschaftspolitischen Steuerung einer wirkungsvollen und unabdingbaren Harmonisierung im Haushalts- und Fiskalbereich.

4.2.2.1   Dieser Ansatz ist einer Situation vorzuziehen, in der einzelne nationale Regierungen nicht mehr in der Lage sind, dem Druck der Gläubiger und der privaten Ratingagenturen standzuhalten. Es bedarf eines Quantensprungs in der europäischen Integration: das heißt nicht nur, neue Schuldtitel auflegen und ein für Investoren glaubwürdiges Wachstumsmodell schaffen, sondern auch und vor allem, die demokratische Staatsführung wieder zur Geltung bringen.

4.2.2.2   Damit dies Wirklichkeit wird, muss die EU die wirtschaftspolitische Steuerung intensivieren, um Haushaltsdisziplin in allen Mitgliedstaaten – insbesondere im Euro-Raum – zu gewährleisten. Das vereinbarte Reformpaket, das sogenannte "Sechserpaket", muss, wenngleich zur Überwindung der Krise unzureichend (6), zusammen mit den neuen Legislativvorschlägen und dem zugehörigen Europäischen Semester für bessere Koordinierung der Wirtschafts- und Haushaltspolitiken und engere Überwachung durch die EU korrekt umgesetzt werden. Dieser Prozess beginnt in der praktischen Politik jetzt erst und muss daher sorgfältig beobachtet werden. Die Lehren aus diesen Reformen im Hinblick auf ihre Erfolge können erst gezogen werden, wenn die praktischen Ergebnisse bei der Beseitigung der wirtschaftlichen Ungleichgewichte vorliegen. Außerdem sollte den makroökonomischen Ungleichgewichten, die den in bestimmten Mitgliedstaaten aufgetretenen Schwierigkeiten zugrunde liegen, die gleiche Bedeutung beigemessen werden.

4.3   Deshalb begrüßt der Ausschuss das Grünbuch über die Durchführbarkeit der Einführung von Stabilitätsanleihen. Seiner Auffassung nach werden strikte Auflagen im Bereich der wirtschaftspolitischen Steuerung, zusammen mit gemeinsamen Garantien für den gesamten Euroraum zum gemeinsamen Schultern der Risiken im Zusammenhang mit der Staatsverschuldung dazu beitragen, der Spar-Wachstums-Falle zu entkommen, die sonst Europa unausweichlich in eine schwere Rezession führt.

4.4   Eine solche Entwicklung würde es der EZB eventuell ermöglichen, ihr Programm zum Aufkauf von Staatanleihen auf dem Sekundärmarkt (SMP) auslaufen zu lassen. Dieses ist gegenwärtig erforderlich, um einzelnen Mitgliedstaaten die Refinanzierung ihrer Staatsschulden zu ermöglichen. Die EZB könnte sich stattdessen für die Unterstützung der neuen Stabilitätsanleihen entscheiden, was in einer Übergangsphase den Marktakteuren zusätzliche Sicherheit bieten würde (7).

4.5   Dies könnte durch die Vergabe einer Bankenlizenz an die EFSF bzw. den ESM erfolgen und hätte zur Folge, dass die problematische Vermischung von Geld- und Fiskalpolitik in den Händen der Europäischen Zentralbank aufgehoben und ihre Unabhängigkeit gewahrt wird.

5.   Besondere Bemerkungen

5.1   Der EWSA begrüßt ausdrücklich die Vorlage des Grünbuchs der Kommission über die Stabilitätsanleihen. Die Einführung von Unionsanleihen im Euroraum (sogenannte Eurobonds (8), im Grünbuch "Stabilitätsanleihen" genannt) steht zum einen in der logischen Folge einer zusammenwachsenden Europäischen Union mit einheitlichem Binnenmarkt und einem europäischem Kapitalmarkt und ist eine notwendige Ergänzung der schon bestehenden einheitlichen Geldpolitik im Euroraum. Eurobonds erschweren Spekulation, fördern die Stabilität der Finanzmärkte und die Effektivität der Geldpolitik.

5.2   Zum anderen könnten solche Eurobonds durch die Einführung einer gemeinsamen Haftung aktuell und kurzfristig Vertrauen bei potenziellen Anlegern schaffen, dadurch die Nachfrage nach Staatsanleihen stabilisieren und die marktgängigen Zinssätze für Länder mit akuten Finanzierungsproblemen senken. Insofern begrüßt der EWSA, dass die Kommission die Diskussion um gemeinsame Eurobonds endlich – wenn auch spät – voranbringt, und dass sie im Grünbuch auch die Vorteile von Eurobonds korrekt herausarbeitet.

5.3   Voraussetzungen in Bezug auf Haushaltsdisziplin

5.3.1   Im Grünbuch wird – wie auch in der allgemeinen Diskussion um Antworten auf die derzeitige Krise – immer wieder die Notwendigkeit der Bekämpfung von negativen Anreizen und von moralischem Risiko betont und darauf verwiesen, dass Märkte die Haushaltspolitik der Mitgliedsstaaten disziplinieren könnten. Es wird kritisiert, dass in der Zeit nach Einführung des Euros nicht bei allen Mitgliedsstaaten dieselbe "Marktdisziplin in der Haushaltspolitik" geherrscht habe. Und es wird befürchtet, dass die Disziplinierung durch die Finanzmärkte nach Einführung einer gemeinsamen Haftung für Stabilitätsanleihen wirkungslos würde. Gleichwohl sind heute sogar einige Mitgliedstaaten, die die Haushaltszwänge des Stabilitäts- und Wachstumspakts respektiert haben, tief verschuldet aufgrund der Ungleichgewichte im Zusammenhang mit der Verschuldung des Privatsektors; sie müssen ebenfalls überwacht werden.

5.3.2   Im Allgemeinen wird befürchtet, eine gemeinsame Haftung und dadurch die Unmöglichkeit einer "Bestrafung" mittels vom Markt produzierter hoher Zinssätze führe zu unverantwortlicher Haushaltsführung von Regierungen, das heißt, zu hohen Haushaltsdefiziten. Regierungen würden die Staatsausgaben unverantwortlich erhöhen, wenn sie nicht dem Druck steigender Marktzinsen ausgesetzt wären. Der EWSA ist indes der Auffassung, dass die Gefahr eines moralischen Risikos und dessen mögliche konkrete Ausformung im Grünbuch fragwürdig dargestellt und zunächst eingehend untersucht werden sollten, bevor strittige Schlussfolgerungen gezogen werden.

5.3.3   Eine genaue Analyse des Problems des moralischen Risikos würde es auch ermöglichen, maßgeschneiderte Lösungen für das Problem zu finden. Es gibt verschiedene Gründe, den Glauben an die "Marktdisziplinierung" sowie an das Ausmaß des Problems des moralischen Risikos in Frage zu stellen:

5.3.3.1   Im Grünbuch wird unterstellt, dass die Entwicklung der Staatshaushalte Einfluss auf das Niveau der Renditen von Staatsanleihen hat, und Folgendes festgestellt: "Die hohe Konvergenz der Anleiherenditen im Euroraum im Laufe der ersten zehn Jahre nach der Einführung des Euro kann im Nachhinein nicht durch die Haushaltsentwicklungen der Mitgliedsstaaten gerechtfertigt werden." Obwohl es also offenbar keine Konvergenz der Haushaltspolitiken gab, gab es eine massive Konvergenz der Anleiherenditen und damit der Zinssätze für Staatsanleihen. Mit am stärksten sanken die Renditen auf griechische, spanische, italienische, irische und finnische Staatsanleihen im Zuge der Euro-Einführung. Lag die Rendite auf finnische Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit beispielsweise 1995 noch bei rund 8,8 %, sank der Wert bis 2005 auf 3,4 % und erreichte damit das Niveau deutscher Staatsanleihen.

5.3.3.2   Das ist dadurch zu erklären, dass sich mit der Schaffung des Euroraums bei den Investoren die Ansicht durchsetzte, dass alle Staatsanleihen des Euroraums vergleichsweise sicher seien. Von der Gründung des Euroraums 1999 bis zur Lehman-Krise 2008 herrschte also bereits eine Situation ähnlich derjenigen, die für die Zeit nach der Einführung von Eurobonds zu erwarten ist. Eine Disziplinierung der Haushaltspolitik durch die Märkte fand auch in den Jahren nach Beginn des Euroraums nicht statt.

5.3.3.3   Wenn die im Grünbuch vertretene These stimmt, dass eine Abschwächung der mit einer Vereinheitlichung der Zinssätze einhergehenden Disziplinierung durch die Märkte zu einem unverantwortlichen Anstieg der Staatsausgaben oder einem Anstieg der Haushaltsdefizite führt, dann hätte eine solche Entwicklung seit Einführung des Euros zu beobachten sein müssen.

5.3.3.4   Das war aber nicht der Fall: Im Falle Finnlands sanken die Staatsausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach der Euro-Einführung leicht und blieben immer unter der Quote der Staatseinnahmen. In Spanien blieb das Verhältnis von Staatsausgaben (ohne Zinszahlungen) zum BIP konstant, während die Einnahmequote sogar anstieg. In Italien sank die Quote der Staatsausgaben insgesamt, wobei der Anteil der Zinsausgaben an den Gesamtausgaben leicht abnahm. Hier ist allerdings ein Rückgang der Einnahmenquote des Staates festzustellen. Auch in Griechenland blieben die Staatsausgaben im Vergleich zum BIP nach Eintritt in den Euroraum und nach Konvergenz der Anleihe-Zinssätze insgesamt konstant, wobei der Anteil der Zinszahlungen an den Ausgaben hier relativ deutlich zurückging. Noch deutlicher als in Italien war in Griechenland aber der Rückgang der Staatseinnahmen – gemessen am BIP – zu beobachten.

5.3.3.5   Offensichtlich haben die Abwesenheit der "Marktdisziplinierung" und die hohe Konvergenz der Anleihezinsen durch die angenommene hundertprozentige Sicherheit seitens der Investoren nicht eindeutig zu moralischem Risiko geführt. Ein Anstieg der Staatsausgaben war gemessen am BIP nicht zu beobachten, eher das Gegenteil. Allenfalls könnte argumentiert werden, dass die niedrigen und konvergierenden Zinssätze mancherorts einen Anreiz ausgelöst haben, die Steuereinnahmen zu senken – zumindest war ein Sinken der Einnahmequoten in zwei der genannten Fälle beobachtbar.

5.3.4   Letzteres wäre ein Argument dafür, die Bekämpfung des moralischen Risikos zielgenau auf die Einnahmeseite zu richten. Mit einer verstärkten Koordination der Steuerpolitik könnte Steuerdumping verhindert werden. Auch könnten im Rahmen der vertieften wirtschaftspolitischen Koordinierung und Steuerung der EU Steuersenkungen in bestimmten Fällen künftig sanktioniert werden. Dies würde zu einer Symmetrie der Maßnahmen in der wirtschaftspolitischen Steuerung führen, die der EWSA in früheren Stellungnahmen angemahnt hat (9).

5.3.5   Darüber hinaus ist sehr zweifelhaft, dass Anleger tatsächlich vor allem auf eine solide Haushaltspolitik der Staaten achten, denen sie Geld leihen wollen. Die Höhe des Haushaltsdefizits und der Staatsverschuldung ist tatsächlich gar nicht so relevant für die Höhe der Marktzinsen, wie es das Grünbuch unterstellt. Das zeigt sich beispielsweise darin, dass ausgerechnet der haushaltspolitische "Musterschüler" Spanien momentan Refinanzierungsprobleme hat und dass Länder mit ähnlich hohem Schuldenstand, wie das Vereinigte Königreich, sich zu historisch niedrigen Zinsen finanzieren können.

5.3.6   Der EWSA ist daher der Auffassung, dass die Kommission für die über das Grünbuch hinausgehenden Schritte ihre Thesen zum moralischen Risiko und der Disziplinierung durch die Märkte dringend überprüfen muss. Sie können schnell zu falschen Schlussfolgerungen mit verheerenden ökonomischen Auswirkungen führen: Führt die Bekämpfung des vermeintlichen Problems des moralischen Risikos beispielsweise zu einer weiteren Verschärfung von Schulden-Regeln im Stabilitäts- und Wachstumspakt oder zu automatischen Schuldenbremsen, so ist ein kontraproduktiver (und im Sinne der Kommission wirkungsloser) Druck auf die Staatsausgaben zu erwarten. Dass eine radikale Senkung der Staatsausgaben – entgegen der Annahmen und dem Ansinnen der Kommission – negative Auswirkungen auf das Vertrauen potenzieller Anleihenkäufer hat, zeigt sich in den Krisenländern, wo der radikale Sparkurs die Unsicherheit noch erhöht hat und die Zinsen weiter steigen ließ.

5.3.7   Darüber hinaus ist die These der Notwendigkeit einer Disziplinierung von demokratisch gewählten Regierungen durch "Märkte" aus Sicht des EWSA auch grundsätzlich in Frage zu stellen. "Die Märkte" sind in diesem Fall schließlich ein Synonym für Vermögensbesitzer, die als Gläubiger der Regierungen in Erscheinung treten. Es ist nicht nachvollziehbar, warum es begrüßt werden sollte, wenn eine vergleichsweise geringe Zahl von Vermögensbesitzern mehr Einfluss auf den öffentlichen Haushalt hat, als das von der Bevölkerung gewählte Parlament.

5.4   Voraussetzungen für Marktakzeptanz als sehr sichere Vermögenswerte

5.4.1   Der EWSA stimmt mit der Kommission überein, dass Stabilitätsanleihen eine hohe Bonität haben müssen, damit sie bei Anlegern und den Mitgliedstaaten des Euroraums, die bereits die höchste Bonität besitzen, Akzeptanz finden. Eine hohe Bonität wäre ebenfalls notwendig, um Stabilitätsanleihen zu einem internationalen Maßstab zu erheben und die Entwicklung und das effiziente Funktionieren der betroffenen Futures- und Optionsmärkte zu stützen, die für die Liquiditätsversorgung von Anleihemärkten eine Schlüsselrolle spielen.

5.4.2   Der EWSA ist der Überzeugung, dass Eurobonds mit umfassender gemeinsamer Haftung hohe Attraktivität für potenzielle Gläubiger haben werden, die nach sicheren Anlagen suchen. Durch das Volumen und die Liquidität eines Marktes für gemeinsame Anleihen würden voraussichtlich auch neue Investoren aus Regionen außerhalb Europas angelockt. Der EWSA teilt den Standpunkt, dass aufgrund der weltweiten makroökonomischen Ungleichgewichte alles unternommen werden muss, um die erheblichen liquiden Mittel aus den Schwellenländern in stabile Finanzinvestitionen wie die Euro-Anleihen zu lenken. Diese würden somit zu einem wesentlichen Element zur Stabilisierung der Finanzmärkte über die Grenzen der EU hinaus.

5.4.3   Allerdings wurde die Unsicherheit auf den Anleihemärkten Europas durch das zögerliche Vorgehen der Regierungen der Mitgliedstaaten, politische Fehlentscheidungen und mangelhafte Bereitschaft zu umfassender Krisenlösung mittlerweile enorm gesteigert. So ist die Unsicherheit derzeit so groß, dass auch Eurobonds mit voller gesamtschuldnerischer Garantie (Option 1, siehe Ziffer 3.2.1.1) möglicherweise nicht mehr auf so große Nachfrage treffen, wie es noch vor wenigen Monaten der Fall gewesen wäre. Darunter würde auch die Fähigkeit der Stabilitätsanleihen zur Krisenlösung leiden und ihr eigentliches Ziel, die Stabilisierung, möglicherweise verfehlen.

5.4.4   Aus Sicht des EWSA ist es deshalb notwendig, zusätzlich die Europäische Zentralbank in eine Krisenlösung mit einzubeziehen – etwa durch die Vergabe einer Banklizenz an den EFSF oder den ab 1. Juli 2012 in Kraft tretenden ESM. Im Unterschied etwa zur Federal Reserve, der Bank of Japan und der Bank of England agiert die EZB nicht als Gläubiger der letzten Instanz für Staaten. Dies erklärt ganz wesentlich den Zinsunterschied zwischen dem Euroraum und den ungleich höher verschuldeten Volkswirtschaften und trägt maßgeblich dazu bei, dass die Krise kein Ende zu finden scheint.

5.4.5   Dass die Marktakzeptanz und damit eine niedrige Verzinsung von Eurobonds durch eine möglichst rigide Spar- und Haushaltskonsolidierungspolitik erreicht werden kann, ist hingegen ein Trugschluss. Der EWSA hat in mehreren Stellungnahmen auf die konjunkturell schädlichen Auswirkungen einer solchen Politik ausdrücklich hingewiesen und betont, dass eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte primär über Wirtschaftswachstum zu erzielen ist (10).

5.5   Optionen für die Emission von Stabilitätsanleihen

5.5.1   Option 1: Vollständiger Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie

Der EWSA ist der Auffassung, dass diese Option die langfristig sinnvollste ist, und dem Ziel der Europäischen Union einer Wirtschafts- und Sozialunion am besten entspricht. Gleichzeitig könnte sie auch kurzfristig Finanzierungsprobleme am effektivsten bekämpfen und der Krise damit ein Ende setzen. Jedoch erfordert dieser Ansatz das höchste Maß an europäischer Integration, weshalb seine Umsetzung zu den größten politischen Problemen führen dürfte. Daher scheint die vollständige Ersetzung der nationalen Emissionen durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischen Garantien auf kurze Sicht unwahrscheinlich zu sein.

5.5.2   Option 2: Teilweiser Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie

5.5.2.1   Dieser Ansatz ist der erstrebenswerteste und akzeptabelste, da er im Wesentlichen dem oben genannten Ansatz entspricht. Allerdings müssten die Mitgliedstaaten eine gewisse Handlungsfreiheit gegenüber den Finanzmärkten bewahren. Sie würden daher Markt- und Finanzierungsbedingungen unterliegen, die je nach Mitgliedstaat variieren und ihre unterschiedliche Bonität widerspiegeln könnten. Diese Option kann ebenfalls sehr effektiv sein – sowohl bezüglich ihrer mittelfristigen als auch ihrer kurzfristigen Wirkung. Da sie auch die Argumente der angeblichen Gefahren eines moralischen Risikos deutlich abschwächt, ist es eine dieser zwei Optionen, die der EWSA ausdrücklich begrüßt.

5.5.2.2   Allerdings ist es dabei unabdingbar, dass die Ausgestaltung und die Verschuldungsgrenze, bis zu der Stabilitätsanleihen ausgegeben werden dürfen, so gewählt werden, dass das akute Problem der Staaten mit Finanzierungsproblemen auch tatsächlich gelöst wird. So ist der EWSA der Auffassung, dass dann nicht (wie im Grünbuch auf Seite 17 beschrieben) unmittelbar alle bestehenden nationalen Anleihen in "Stabilitätsanleihen" umgetauscht werden dürfen, weil dann die Grenze der auszugebenden Gemeinschaftsanleihen ("blaue Bonds") schnell erreicht und zur Refinanzierung sofort wieder die Ausgabe nationaler Anleihen ("rote Bonds") nötig wäre (11).

5.5.3   Option 3: Teilweiser Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit teilschuldnerischer Garantie

5.5.3.1   Der EWSA stimmt mit der Kommission überein, dass diese Option die geringste Reichweite der drei Ansätze erzielt, da der Finanzbedarf der Mitgliedstaaten (wie bei Option 2) nur teilweise gedeckt würde und nur teilschuldnerische Garantien übernommen würden. Diese Option dürfte daher nur begrenztere Auswirkungen auf Stabilität und Integration haben. Ihre Umsetzung könnte vergleichsweise rasch erfolgen, da sie uneingeschränkt mit dem geltenden EU-Vertrag vereinbar erscheint.

5.5.3.2   Die Voraussetzungen dafür, dass solche Finanzinstrumente ausreichend Bonität haben, würden weitere, von den Mitgliedstaaten zu hinterlegende Sicherheiten erfordern. Stabilitätsanleihen nach Option 3 würden weitgehende Ähnlichkeiten mit den von der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) emittierten Anleihen aufweisen, auch wenn ihr Umfang und ihre potenziellen Auswirkungen auf Markteffizienz und Integration etwas höher ausfallen würden. Auf Grund ihrer voraussichtlichen weitgehenden Wirkungslosigkeit entspricht diese Option den Auffassungen des EWSA am wenigsten.

5.6   Fiskalischer Rahmen für Stabilitätsanleihen

5.6.1   Der EWSA bekräftigt seine Auffassung, dass die Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts im "Sechserpaket", der Beschluss des Europäischen Rates über den Euro-Plus-Pakt und die Einführung genereller Schuldenbremsen im wesentlichen Maßnahmen sind, die zur Überwindung der Krise nicht ausreichen und deren soziale Folgen die Gefahr einer Desintegration der Europäischen Union bergen (12).

5.6.2   Die über das Grünbuch hinausgehenden weiteren Maßnahmen seitens der Kommission und des Rates sollten die Reduktion von staatlichen Haushaltsdefiziten und Staatsschulden nicht weiter ausschließlich mit dem öffentlichen Sparzwang (Austerität) begründen. Dieser hat in der Regel negative Auswirkungen auf Wachstum, Beschäftigung und Sozialstaat, schränkt sinnvolle antizyklische Fiskalpolitik unnötig ein und führt zudem nicht zu den von der Kommission erwarteten Erfolgen.

5.6.3   Allerdings sind in den Ländern der Währungsunion Maßnahmen nötig, um eine konvergierende Entwicklung der Volkswirtschaften zu erreichen, Ungleichgewichte abzubauen und die einheitliche Geldpolitik zu ergänzen. Es bedarf dazu einer Koordinierung der Wirtschaftspolitik, die die richtigen Ziele verfolgt. Die im Grünbuch einige Male erwähnte Ausrichtung der "Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit" in Form von Kostensenkung und Druck auf die Löhne und Gehälter ist einseitig und ignoriert die Rolle der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage.

5.6.4   Wird beispielsweise Druck auf die Einkommen in Ländern mit Leistungsbilanzdefiziten gemacht, kann das zu einem Rückgang der Nachfrage in diesen Ländern und zu einem Rückgang ihrer Importe führen. Die Leistungsbilanzungleichgewichte im Euroraum würden damit zwar ausgeglichen, allerdings durch eine Reduktion der Produktion und Wirtschaftsleistung insgesamt, die sich am Ende auf einem niedrigeren Niveau befinden würde. Der EWSA bekräftigt seine Auffassung, dass zum Erreichen der EU 2020-Ziele eine ausgewogene Wirtschaftspolitik notwendig ist.

5.6.5   Die Koordinierung der Wirtschaftspolitik muss sich deshalb auf eine Stärkung der Wachstumskräfte und der Volkseinkommen ausrichten. Mitgliedstaaten mit vergleichsweise geringen öffentlichen Investitionen und einer schwachen Binnennachfrage in den vergangenen Jahren müssen Abhilfe schaffen, um die Nachfrage zu stützen, während Mitgliedstaaten mit vergleichsweise hohen Leistungsbilanz- und Haushaltsdefiziten eine bessere Balance zwischen Einnahmen- und Ausgabeseite erzielen sollten. Die Einführung von Stabilitätsanleihen in der Europäischen Union nach dem Muster der Option 2 kann nach Auffassung des EWSA den dringend notwendigen Abbau der internen makroökonomischen Ungleichgewichte innerhalb der EU nachhaltig unterstützen.

Brüssel, den 11. Juli 2012

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  "Auf dem Weg zu einer echten Wirtschafts- und Währungsunion. Bericht des Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, vom 26. Juni 2012, Teil II, Ziffer 2 Absatz 3 (EUCO 120/12).

http://www.consilium.europa.eu/uedocs/NewsWord/de/ec/131294.doc.

(2)  In der öffentlichen Diskussion und der Literatur wird normalerweise der Begriff "Eurobonds" verwendet. Die Kommission ist der Ansicht, dass das Hauptmerkmal eines solchen Instruments in einer höheren finanziellen Stabilität des Euroraums besteht. Aus diesem Grund und im Einklang mit der Ansprache des Präsidenten der Europäischen Kommission zur Lage der Union ist im Grünbuch von "Stabilitätsanleihen" die Rede.

(3)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2011 zu der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialkrise (2010/2242(INI)).

(4)  Siehe Stellungnahme des EWSA "Wachstum und Staatsverschuldung in der EU: zwei innovative Vorschläge" (ABl. C 143 vom 22.5.2012, S. 10) sowie die Stellungnahme "Intelligente Strategien der haushaltspolitischen Konsolidierung - Wo sind die Wachstumsmotoren für Europa? Wie kann das Arbeitskräftepotenzial unserer Volkswirtschaften angesichts der unabdingbaren Haushaltskonsolidierung bestmöglich genutzt werden?", ABl. C 248 vom 25.8.2011, S. 8.

(5)  Siehe die Begründung der Ratingagentur Standard & Poor’s vom 13. Januar 2012 für die Herabstufung der Schatzanweisungen von 16 Mitgliedstaaten des Euroraums: "the policy initiatives that have been taken by European policymakers in recent weeks may be insufficient to fully address ongoing systemic stresses in the eurozone" (die von den europäischen Entscheidungsträgern in den letzten Wochen ergriffenen Maßnahmen sind möglicherweise nicht ausreichend, um dem anhaltenden systemischen Druck im Euroraum voll und ganz gerecht zu werden),

http://www.standardandpoors.com/prot/ratings/articles/en/eu/?articleType=HTML&assetID=1245327399569. Standard & Poor’s stellte weiter fest: "We believe a reform process based on a pillar of fiscal austerity alone risks becoming self-defeating, as domestic demand falls in line with consumers’ rising concerns about job security and disposable incomes, eroding national tax revenues" (wir glauben, dass eine Reform, die ausschließlich auf Sparpolitik beruht, Gefahr läuft, kontraproduktiv zu sein, da die Binnennachfrage sinkt und gleichzeitig die Sorgen der Verbraucher über die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze und des verfügbaren Einkommens steigt, was die nationalen Steuereinkünfte schrumpfen lässt).

(6)  Siehe Ziffer 5.6.

(7)  Der nahezu unbegrenzte Handlungsspielraum der EZB könnte mit einer einfachen Erklärung zu ihrer künftigen geldpolitischen Ausrichtung auf massive Ankäufe von Staatsanleihen, die Opfer spekulativer Angriffe sind, ausgedehnt werden.

(8)  Der Begriff Eurobonds wird hier dann verwendet, wenn es um das Ziel einer politischen Union in Ergänzung der Wirtschafts- und Währungsunion geht. Ansonsten wird der von der Kommission begründete Begriff der "Stabilitätsanleihen" verwendet. De facto besteht kein Unterschied in der Begrifflichkeit.

(9)  Vgl. die Auflistung in der EWSA-Stellungnahme zum "Jahreswachstumsbericht", ABl. C 132 vom 3.5.2011, S. 26 sowie die EWSA-Stellungnahme zum Thema "Soziale Auswirkungen der neuen Vorschriften für die wirtschaftspolitische Steuerung", ABl. C 143 vom 22.5.2012, S. 23.

(10)  Siehe oben Fußnote 8.

(11)  Delpla, J. und von Weizsäcker, J., The Blue Bond Proposal. Breugel Policy Briefs 420, Brüssel 2010, schlagen eine Verschuldungsgrenze für die Ausgabe von Blue Bonds in Höhe von 60 % BIP vor, die dem ursprünglichen Maastricht-Kriterium der gesamtstaatlichen Schuldenobergrenze entspricht. Unter der wachsenden Zahl mehr oder weniger ausführlicher Untersuchungen siehe die Vorschläge des Sachverständigenrats für Wirtschaft der deutschen Bundesregierung für einen europäischen Schuldentilgungsfonds

(http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/Pressemitteilungen/A_european_redemption_pact.pdf) oder auch Varoufakis, Y. und Holland, S. (2011), A modest proposal for overcoming the euro crisis, Levy Economics Institute of Bard College Policy Note 3/2011, http://www.levyinstitute.org/pubs/pn_11_03.pdf.

(12)  Siehe oben Ziffer 5.3.


ANHANG

zur Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Folgende abgelehnte Änderungsanträge erhielten mindestens ein Viertel der Stimmen:

Änderungsantrag 3 - Ziffer 3.2.1.2

Hinzufügen:

“Ansatz Nr. 2: Teilweiser Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie

Bei diesem Ansatz würde die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie erfolgen, die nationale Emission aber nur teilweise ersetzt werden.

Für den Teil der Emission, der nicht in Stabilitätsanleihen erfolgt, bestünden jeweils nationale Garantien. Demnach würde der Markt für Anleihen der Staaten des Euroraums aus zwei unterschiedlichen Teilen bestehen: den Stabilitätsanleihen und den nationalen Staatsanleihen. Eine Schlüsselrolle hätten bei diesem Ansatz die spezifischen Kriterien, nach denen das Verhältnis zwischen Stabilitätsanleihen und nationaler Emission festzulegen wäre, .”

Begründung

Erfolgt mündlich.

Abstimmungsergebnis:

Nein-Stimmen

:

117

Ja-Stimmen

:

46

Enthaltungen

:

18

Änderungsantrag 4 – Ziffer 3.2.1.3

Ändern:

“Ansatz Nr. 3: Teilweiser Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit teilschuldnerischer Garantie.

Bei diesem Ansatz würden Stabilitätsanleihen die nationale Emission wiederum nur teilweise ersetzen und durch anteilige Garantien der Euroraum-Mitgliedstaaten gedeckt sein. Dieser Ansatz unterscheidet sich insofern von Ansatz Nr. 2, als die Mitgliedstaaten weiter sowohl für ihren jeweiligen Anteil an der Emission von Stabilitätsanleihen als auch für ihre nationale Emission haften würden.

Begründung

Erfolgt mündlich.

Abstimmungsergebnis:

Nein-Stimmen

:

127

Ja-Stimmen

:

50

Enthaltungen

:

6

Die beiden folgenden Änderungsanträge wurden zusammen zur Abstimmung gestellt:

Änderungsantrag 7 – Ziffer 4.3

Ändern:

“Deshalb begrüßt der Ausschuss das Grünbuch über die Durchführbarkeit der Einführung von Stabilitätsanleihen. Seiner Auffassung nach werden strikte Auflagen im Bereich der wirtschaftspolitischen Steuerung, zusammen mit Garantien für den gesamten Euroraum zum gemeinsamen Schultern der Risiken im Zusammenhang mit der Staatsverschuldung dazu beitragen, de SparWachstum zu entkommen.”

Begründung

Erfolgt mündlich.

Änderungsantrag 1 - Ziffer 1.5

Hinzufügen:

“Gleichwohl ist der EWSA der Auffassung, dass das moralische Risiko (moral hazard) und seine mögliche konkrete Ausprägung im Grünbuch fragwürdig dargestellt wird. Es sollte zuerst Gegenstand einer vertieften Untersuchung sein, bevor strittige Schlüsse gezogen werden. Wenn die These des Grünbuchs zutreffend sein sollte, dass die Schwächung der Disziplinierung durch den Markt aufgrund der Vereinheitlichung der Zinssätze zu einer unverantwortlichen Zunahme öffentlicher Ausgaben oder zu einem Anstieg des Haushaltsdefizits führt, dann hätte eine solche Entwicklung bereits seit der Einführung des Euro zu beobachten sein müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Begründung

Im Grünbuch wird auf die unbefristete Einführung sogenannter Stabilitätsanleihen eingegangen, mit denen auf eine Verringerung der Schuldendienstkosten (Anleiheemissionen) für Mitgliedstaaten mit geringer Haushaltsdisziplin abgezielt wird, und zwar zulasten von Staaten mit solidem Haushaltsgebaren, die für derartige Anleihen höhere Renditen zahlen müssen als für ihre eigenen Schuldtitel. Die Begünstigten eines solchen Systems kommen in den Genuss einer einheitlichen (und aus ihrer Sicht geringeren) Rendite für derlei Anleihen sowie einer im gesamten Euroraum geltenden gesamtschuldnerischen Haftung (Garantie). Die Europäische Kommission hat selbst auf fünf mögliche moralische Risiken (eine Partei entscheidet über das Risiko, das sie auf sich nehmen will, während jemand anderes die Kosten trägt, wenn Probleme auftreten) hingewiesen, die aus einer solchen Emission von Schuldtiteln erwachsen.

Abstimmungsergebnis:

Nein-Stimmen

:

131

Ja-Stimmen

:

49

Enthaltungen

:

9

Änderungsantrag 8 – Ziffer 5.3.4

Ändern:

“Letzteres wäre ein Argument dafür, die Bekämpfung des moralischen Risikos zielgenau auf die Einnahmeseite zu richten.  (1) Auch könnten im Rahmen der vertieften wirtschaftspolitischen Koordinierung und Steuerung der EU Steuersenkungen in bestimmten Fällen künftig sanktioniert werden. Dies würde zu einer Symmetrie der Maßnahmen in der wirtschaftspolitischen Steuerung führen, die der EWSA in früheren Stellungnahmen angemahnt hat  (2) .”

Begründung

Auch Ziffer 5.3.4 der Stellungnahme kann nicht zugestimmt werden. Die Behauptung, dass künftig Sanktionen auch bei Steuersenkungen verhängt werden könnten, ist willkürlich und kann sich auf keinerlei Analyse oder Forschung stützen. Mögliche Steuersenkungen und ihre Auswirkungen gehören nicht zum Thema der Stellungnahme.

Abstimmungsergebnis:

Nein-Stimmen

:

124

Ja-Stimmen

:

54

Enthaltungen

:

9

Die folgenden sechs Änderungsanträge wurden zusammen zur Abstimmung gestellt:

Änderungsantrag 10 – Ziffer 5.4.2

Ändern:

“Der EWSA ist der Überzeugung, dass Eurobonds mit Haftung hohe Attraktivität für potenzielle Gläubiger haben werden, die nach sicheren Anlagen suchen. Durch das Volumen und die Liquidität eines Marktes für gemeinsame Anleihen würden voraussichtlich auch neue Investoren aus Regionen außerhalb Europas angelockt. Der EWSA teilt den Standpunkt, dass aufgrund der weltweiten makroökonomischen Ungleichgewichte alles unternommen werden muss, um die erheblichen liquiden Mittel aus den Schwellenländern in stabile Finanzinvestitionen wie die Euro-Anleihen zu lenken. Diese würden somit zu einem wesentlichen Element zur Stabilisierung der Finanzmärkte über die Grenzen der EU hinaus.”

Begründung

Erfolgt mündlich.

Änderungsantrag 11 – Ziffer 5.5.1

Ändern:

“Option 1: Vollständiger Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie

Dieser Ansatz das höchste Maß an europäischer Integration Seine Umsetzung zu den größten politischen Problemen führen. Daher scheint die vollständige Ersetzung der nationalen Emissionen durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischen Garantien auf kurze Sicht unwahrscheinlich zu sein.

Begründung

Die in der Stellungnahme vorgeschlagene Option, in Bezug auf die Wahlmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Emission verschiedener Stabilitätsanleihen den Ansatz Nr. 2 zu unterstützen, der den teilweisen Ersatz der nationalen Emission durch Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie vorsieht, ist abzulehnen. Unseres Erachtens ist es nicht akzeptabel, dass einige Mitgliedstaaten verschwenderisch und, wie die Praxis zeigt, leider verantwortungslos mit ihren Mitteln umgehen dürfen, und andere Staaten für diese Ausgaben aufkommen müssen. Gleichzeitig sei darauf hingewiesen, dass die gesamtschuldnerische Garantie in direktem Widerspruch zu den Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union steht, wonach kein Mitgliedstaat für die Verpflichtungen eines anderen Mitgliedstaats haftet. Im Gegensatz dazu wird durch Option 3 (die durch den vorliegenden Änderungsantrag unterstützt wird) das moralische Risiko für die Durchführung der Wirtschafts- und Haushaltspolitik auf ein Minimum reduziert. Anders als bei Option 2 würde dies staatliche Bürgschaften mit lediglich teilschuldnerischer Garantie bedeuten und könnte daher relativ schnell, ohne Änderung der EU-Verträge, umgesetzt werden.

Änderungsantrag 12 – Ziffer 5.5.2.1

Ändern:

“Dieser Ansatz im Wesentlichen dem oben genannten Ansatz . Allerdings müssten die Mitgliedstaaten eine gewisse Handlungsfreiheit gegenüber den Finanzmärkten bewahren. Sie würden daher Markt- und Finanzierungsbedingungen unterliegen, die je nach Mitgliedstaat variieren und ihre unterschiedliche Bonität widerspiegeln könnten. ”

Begründung

Die in der Stellungnahme vorgeschlagene Option, in Bezug auf die Wahlmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Emission verschiedener Stabilitätsanleihen die Option 2 zu unterstützen, die den teilweisen Ersatz der nationalen Emission durch Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie vorsieht, ist abzulehnen. Unseres Erachtens ist es nicht akzeptabel, dass einige Mitgliedstaaten verschwenderisch und, wie die Praxis zeigt, leider verantwortungslos mit ihren Mitteln umgehen dürfen, und andere Staaten für diese Ausgaben aufkommen müssen. Gleichzeitig sei darauf hingewiesen, dass die gesamtschuldnerische Garantie in direktem Widerspruch zu den Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union steht, wonach kein Mitgliedstaat für die Verpflichtungen eines anderen Mitgliedstaats haftet. Hingegen wird das moralische Risiko für die Durchführung der Wirtschafts- und Finanzpolitik bei (der mit diesem Änderungsantrag unterstützten) Option 3 minimiert. Anders als bei Option 2 würde dies Anleihen mit lediglich teilschuldnerischer staatlicher Garantie bedeuten und könnte daher relativ rasch umgesetzt werden, ohne die EU-Verträge ändern zu müssen.

Änderungsantrag 13 – Ziffer 5.5.3.1

Ändern:

“Der EWSA stimmt mit der Kommission überein, dass diese Option die geringste Reichweite der drei Ansätze erzielt, da der Finanzbedarf der Mitgliedstaaten (wie bei Option 2) nur teilweise gedeckt würde und nur teilschuldnerische Garantien übernommen würden. Diese Option Ihre Umsetzung könnte vergleichsweise rasch erfolgen, da sie uneingeschränkt mit dem geltenden EU-Vertrag vereinbar erscheint.”

Begründung

Erfolgt mündlich.

Änderungsantrag 14 – Ziffer 5.6.5

Ändern:

“Die Koordinierung der Wirtschaftspolitik muss sich deshalb auf eine Stärkung der Wachstumskräfte und der Volkseinkommen ausrichten. Mitgliedstaaten mit vergleichsweise geringen öffentlichen Investitionen und einer schwachen Binnennachfrage in den vergangenen Jahren müssen Abhilfe schaffen, um die Nachfrage zu stützen, während Mitgliedstaaten mit vergleichsweise hohen Leistungsbilanz- und Haushaltsdefiziten eine bessere Balance zwischen Einnahmen- und Ausgabeseite erzielen sollten. Die Einführung von Stabilitätsanleihen in der Europäischen Union nach dem Muster der Option kann nach Auffassung des EWSA den dringend notwendigen Abbau der internen makroökonomischen Ungleichgewichte innerhalb der EU nachhaltig unterstützen.”

Begründung

Die in der Stellungnahme vorgeschlagene Option, in Bezug auf die Wahlmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Emission verschiedener Stabilitätsanleihen die Option 2 zu unterstützen, die den teilweisen Ersatz der nationalen Emission durch Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie vorsieht, ist abzulehnen. Unseres Erachtens ist es nicht akzeptabel, dass einige Mitgliedstaaten verschwenderisch und, wie die Praxis zeigt, leider verantwortungslos mit ihren Mitteln umgehen dürfen, und andere Staaten für diese Ausgaben aufkommen müssen. Gleichzeitig sei darauf hingewiesen, dass die gesamtschuldnerische Garantie in direktem Widerspruch zu den Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union steht, wonach kein Mitgliedstaat für die Verpflichtungen eines anderen Mitgliedstaats haftet. Hingegen wird das moralische Risiko für die Durchführung der Wirtschafts- und Finanzpolitik bei (der mit diesem Änderungsantrag unterstützten) Option 3 minimiert. Anders als bei Option 2 würde dies Anleihen mit lediglich teilschuldnerischer staatlicher Garantie bedeuten und könnte daher relativ rasch umgesetzt werden, ohne die EU-Verträge ändern zu müssen.

Änderungsantrag 2 – Ziffer 1.7

Ändern:

”In Bezug auf die verschiedenen ‘Optionen für die Emission von Stabilitätsanleihen’ hält der EWSA den Ansatz Nr. , der einen ‧teilweisen Ersatz der nationalen Emission durch die Emission von Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie‧ vorsieht, für den erstrebenswertesten und im Allgemeinen akzeptabelsten Weg.”

Begründung

Die in der Stellungnahme vorgeschlagene Option, in Bezug auf die Wahlmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Emission von Stabilitätsanleihen den Ansatz Nr. 2 zu unterstützen, der den teilweisen Ersatz der nationalen Emission durch Stabilitätsanleihen mit gesamtschuldnerischer Garantie vorsieht, ist abzulehnen. Unseres Erachtens ist es nicht akzeptabel, dass einige Mitgliedstaaten verschwenderisch und, wie die Praxis zeigt, leider verantwortungslos mit ihren Mitteln umgehen dürfen, und andere Staaten die Zeche zahlen müssen. Gleichzeitig sei darauf hingewiesen, dass die gesamtschuldnerische Garantie in direktem Widerspruch zu den Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union steht, wonach kein Mitgliedstaat für die Verbindlichkeiten eines anderen Mitgliedstaats haftet. Durch den in diesem Antrag unterstützten Ansatz Nr. 3 hingegen wird das moralische Risiko in der Wirtschafts- und Finanzpolitik minimiert. Anders als der zweite Ansatz würde er eine teilschuldnerische, aber keine gesamtschuldnerische Garantie mit sich bringen und ließe sich daher verhältnismäßig rasch umsetzen, ohne dass die EU-Verträge geändert werden müssten.

Abstimmungsergebnis:

Nein-Stimmen

:

129

Ja-Stimmen

:

59

Enthaltungen

:

5


(1)  

(2)  Vgl. die Auflistung in der EWSA-Stellungnahme zum “Jahreswachstumsbericht”, ABl. C 132 vom 3.5.2011, S. 26 sowie die EWSA-Stellungnahme zum Thema “Soziale Auswirkungen der neuen Vorschriften für die wirtschaftspolitische Steuerung”, ABl. C 143 vom 22.5.2012, S. 23.


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