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Document 52005AE1486

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang von für die Ausstellung von Kfz-Zulassungsbescheinigungen zuständigen Dienststellen der Mitgliedstaaten zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) (KOM(2005) 237 endg. — 2005/0104 (COD))

    ABl. C 65 vom 17.3.2006, p. 27–28 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

    17.3.2006   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 65/27


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang von für die Ausstellung von Kfz-Zulassungsbescheinigungen zuständigen Dienststellen der Mitgliedstaaten zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II)“

    (KOM(2005) 237 endg. — 2005/0104 (COD))

    (2006/C 65/04)

    Der Rat beschloss am 16. September 2005, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 95 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 20. Oktober 2005 an. Berichterstatter war Herr RANOCCHIARI.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 422. Plenartagung am 14./15. Dezember 2005 (Sitzung vom 14. Dezember) mit 123 Stimmen bei 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

    1.   Einleitung

    1.1

    Das Übereinkommen von Schengen, das den freien Personen- und Warenverkehr vorsieht, wurde 1990 unterzeichnet und trat 1995 in Kraft. Im Übereinkommen von Schengen ist festgelegt, welche Behörden Zugang zum Schengener Informationssystem haben und für welche Zwecke dieser Zugang gewährt werden kann. Diesen ersten Bestimmungen des Übereinkommens zufolge hatten die Kfz-Zulassungsstellen keinen Zugriff auf dieses Instrument.

    1.2

    Am 21. August 2003 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen hinsichtlich des Zugangs der in den Mitgliedstaaten für die Ausstellung von Zulassungsbescheinigungen für Fahrzeuge zuständigen Dienststellen zum Schengener Informationssystem (1) vor. So sollte der Zugriff auf die Daten des SIS (Schengener Informationssystem) über gestohlene Fahrzeuge und Anhänger sowie über gestohlene Blankodokumente und ausgestellte Identitätspapiere (Pässe, Personalausweise, Führerscheine) ermöglicht werden, damit überprüft werden kann, ob es sich bei den zwecks Wiederzulassung vorgeführten Fahrzeugen nicht um gestohlene, unterschlagene oder anderweitig abhanden gekommene Fahrzeuge handelt und ob die Personen, die eine Zulassungsbescheinigung beantragen, zu diesem Zweck keine gestohlenen Identitäts- oder Zulassungsdokumente verwenden.

    1.3

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss legte seine Stellungnahme zu dem Vorschlag am 25. Februar 2004 vor (2). Der EWSA stimmte mit der Kommission überein, dass der Zugriff auf die SIS-Daten auf die für die Ausstellung und Kontrolle der genannten Dokumente zuständigen nationalen Behörden ausgeweitet werden muss. Ferner begrüßte der EWSA, dass im Kommissionsvorschlag die in verschiedenen Mitgliedstaaten bestehenden privaten Kfz-Zulassungsstellen berücksichtigt werden, die sich die für die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Informationen durch mittelbaren Datenzugriff über die öffentlichen Stellen, die Zugang zum SIS haben, und somit unter Gewährleistung des Datenschutzes beschaffen können.

    1.4

    Im Laufe der Zeit und im Anschluss an die Erweiterung stellte sich heraus, dass die Entwicklung eines SIS der zweiten Generation (also SIS II) erforderlich war, damit sich die neuen Mitgliedstaaten dem System anschließen konnten und das Schengen-Gebiet auf das Hoheitsgebiet dieser Mitgliedstaaten ausgeweitet werden konnte.

    1.5

    Da SIS II einen geeigneten Rechtsrahmen erfordert und es unterschiedliche Politikbereiche betrifft, musste die Europäische Kommission drei Vorschläge vorlegen: der erste bezieht sich auf den freien Personenverkehr, der zweite auf die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, während der dritte die beiden anderen Vorschläge ergänzt und den Kfz-Zulassungsstellen den Zugang zu SIS II ermöglichen soll.

    1.6

    Der EWSA wurde zu diesem dritten Vorschlag um Stellungnahme ersucht, der eine notwendige Folgemaßnahme zu der oben genannten Verordnung (3), die am 6. Juli 2005 vom Rat angenommen wurde, darstellt.

    2.   Allgemeine Bemerkungen

    2.1

    Der neue Vorschlag der Kommission soll für Kohärenz mit den neuen Rechtsinstrumenten für die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) sorgen. Der Kommission zufolge verfolgt der vorliegende Vorschlag generell denselben Zweck wie der im August 2003 vorgelegte Vorschlag, nämlich die Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf der Basis eines effizienten Informationsaustauschs zur Bekämpfung von Betrug und illegalem Handel mit gestohlenen Fahrzeugen. Ferner gibt die Kommission an, dass sichergestellt werden soll, dass die Kfz-Zulassungsstellen nach dem neuen Rechtsrahmen für das SIS II auf genau dieselben SIS-Daten Zugriff haben, zu denen ihnen der Verordnungsvorschlag von 2003 seit seinem Inkrafttreten im Juni 2005 Zugang gewährt.

    2.2

    Das Thema ist noch immer aktuell, da in der Europäischen Union derzeit jedes Jahr ca. 1,3 Millionen Fahrzeuge gestohlen werden, ca. 500.000 Fahrzeuge kommen unwiederbringlich abhanden (4). Kfz-Kriminalität ist mitunter auch mit anderen Arten von Kriminalität verbunden, wie Schleusung, Schmuggel und Terrorismus (Autobomben-Anschläge).

    2.3

    Der EWSA bekräftigt seine Zustimmung zu der Feststellung der Kommission, dass der Zugriff auf die SIS-Daten auf die für die Ausstellung und Kontrolle der genannten Dokumente zuständigen nationalen Behörden ausgeweitet werden muss (siehe Ziffer 1.2). Daneben sollten private Kfz-Zulassungsstellen unter Gewährleistung des Datenschutzes über eine der staatlichen Stellen mit Zugang zu SIS II indirekt Zugang zu Informationen erhalten. Wichtig ist vor allem, durch die Schaffung entsprechender Mechanismen sicherzustellen, dass nicht auf diejenigen Daten zugegriffen werden kann, auf die nur in Artikel 101 des Übereinkommens von Schengen aufgeführte Behörden Zugriff haben dürfen.

    2.4

    Die allgemeinen und anderen Bemerkungen des EWSA in seiner Stellungnahme vom 25. Februar 2004 verdienen auch weiterhin Beachtung. Einige Bemerkungen können erneut vorgebracht werden — beispielsweise wird der Vorschlag dem EWSA zufolge Vorteile für die Sicherheit bringen und eine schnellere Reaktion der Justiz ermöglichen. Ferner wird er zur Förderung des freien Fahrzeugverkehrs in der Union beitragen. Doch muss die Vereinbarkeit der von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften gewährleistet werden. Auch die Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen von Schengen nicht unterzeichnet haben, sollten Zugang zu den Daten des SIS erhalten, außerdem sollte die Zusammenarbeit mit Interpol und Europol verstärkt werden, um den Handel mit gestohlenen oder unterschlagenen Fahrzeugen in Drittstaaten mit Zugang zu SIS II bekämpfen zu können. Der Ausschuss macht ferner darauf aufmerksam, dass zwecks wirksamerer Bekämpfung dieser Form der Kriminalität diesbezügliche Statistiken erstellt, aufbereitet und verbreitet werden müssen.

    3.   Besondere Bemerkungen

    3.1

    Der Kommissionsvorschlag steht im Einklang mit dem Beschluss des Rates vom 22. Dezember 2004 zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kfz-Kriminalität (2004/919/EG) (5). In dem Beschluss heißt es: „Die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den Kraftfahrzeugregisterbehörden sowie die Übermittlung von Informationen an die zuständigen Stellen sind von besonderer Bedeutung.“ In Artikel 7 des Beschlusses wird Folgendes ausgesagt: „Die nationalen Kraftfahrzeugregisterbehörden werden von den Strafverfolgungsbehörden darüber informiert, ob ein Fahrzeug, das gerade registriert werden soll, als gestohlen gemeldet worden ist. Der diesbezügliche Zugang zu Datenbanken erfolgt unter gebotener Beachtung der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts.“ Der EWSA begrüßt, dass die Anregungen des Beschlusses nun in den Kommissionsvorschlag aufgenommen wurden.

    3.2

    Zwar bezieht sich der Kommissionsvorschlag nur auf den Zugang von Kfz-Zulassungsstellen zu bestimmten Informationen im Rahmen von SIS II, doch möchte der EWSA die Notwendigkeit einer stärkeren Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kfz-Kriminalität hervorheben. In Artikel 4 des Ratsbeschlusses heißt es: „Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um — soweit dies angebracht ist — nach Maßgabe des nationalen Rechts regelmäßige Beratungen der zuständigen nationalen Behörden zu organisieren, mit dem Ziel, die Informationen zu koordinieren und die einschlägigen Arbeiten abzustimmen; zu diesen Beratungen können sie auch Vertreter des privaten Sektors (wie Inhaber von privaten Registern vermisster Fahrzeuge, Vertreter des Versicherungswesens und der Kfz-Branche) hinzuziehen.“ Der EWSA ist der Ansicht, dass die Kommission diese Denkansätze in ihrer künftigen Arbeit im Rahmen der Bekämpfung der Kfz-Kriminalität berücksichtigen sollte.

    3.3

    Als Beispiel für ein derartiges Konzept möchte der EWSA ein Projekt von Interpol „Stop Register Stolen Cars“ (StoreSto Car, später „Vehicle Identification, Research and Analysis, VIRA 17“ genannt) ansprechen. Ziel dieses Projekts war die Sammlung aller Kfz-Informationen in einer Datenbank — Informationen, die über die Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) zur Verfügung stehen, wenn das Fahrzeug als gestohlen gemeldet, zugelassen, ein- oder ausgeführt, hergestellt oder verschrottet wird. Eine solche Datenbank liefert eine Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehörden, Kfz-Zulassungsstellen, Zollbehörden, Autoherstellern und dem Versicherungswesen.

    3.4

    Zum vorliegenden Vorschlag merkt der EWSA an, dass es im Allgemeinen wenige Möglichkeiten für die physische Untersuchung eines Fahrzeugs gibt, um seine Identität festzustellen und herauszufinden, ob es als gestohlen gemeldet wurde. In vielen Ländern ist die Zulassung mit einer Inspektion verbunden. Daher könnte bei der Zulassung überprüft werden, ob das betreffende Fahrzeug gestohlen wurde. Aus diesem Grund müssen die Zulassungsstellen diese Möglichkeit zur Aufspürung gestohlener, unterschlagener oder anderweitig abhanden gekommener Fahrzeuge erhalten.

    3.5

    Wie in Ziffer 3.2 ausgeführt, muss die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kfz-Kriminalität verstärkt werden. Eine weitere Gelegenheit zur physischen Untersuchung eines Fahrzeugs ergibt sich bei der Ein- oder Ausfuhr eines Fahrzeugs. Der EWSA empfiehlt, dass die Zollbehörden die gleichen SIS II-Daten wie die Zulassungsstellen abfragen sollten, wenn ein Fahrzeug ein- oder ausgeführt wird.

    3.6

    Bei der Überprüfung, ob ein Fahrzeug als gestohlen gemeldet wurde, sollte auch die Identität des Fahrzeugs festgestellt werden können, was häufig über die Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) geschieht. Nicht selten wird die Identität eines gestohlenen Fahrzeugs gefälscht oder kopiert. Der EWSA weist auf die Notwendigkeit hin, künftig wirksamere Kfz-Identifizierungsmöglichkeiten zu konzipieren. Vorschläge, wie die elektronische Fahrzeugerkennung (EVI) oder eine bessere Ersatzteilkennzeichnung, sollten eingehend geprüft und bewertet werden.

    3.7

    Schließlich empfiehlt der EWSA als weiteren Schritt, in Bälde den Anwendungsbereich dieser Verordnung auszuweiten. Der vorliegende Kommissionsvorschlag, mit dem überprüft werden soll, ob ein Fahrzeug gestohlen oder unterschlagen wurde bzw. anderweitig abhanden gekommen ist, sollte mit der Möglichkeit der Rückführung von Fahrzeugen verknüpft werden. Diese Möglichkeit ist in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich gelagert und richtet sich nach den jeweiligen Bestimmungen der einzelnen Mitgliedstaaten über den Erwerb im guten Glauben. In einigen Ländern ist es möglich, Eigentümer eines gestohlenen Fahrzeugs zu werden, wenn dieses in gutem Glauben erworben wurde, während dies in anderen Mitgliedstaaten nicht der Fall ist. Daneben sollten die Möglichkeiten für die Rückführung von Fahrzeugen, die sich als gestohlen herausstellen, untersucht und geprüft werden.

    Brüssel, den 14. Dezember 2005

    Die Präsidentin

    des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Anne-Marie SIGMUND


    (1)  KOM(2003) 510 endg. – 2003/0198 (COD).

    (2)  ABl. C 110 vom 30.4.2004.

    (3)  Siehe Fußnote 1.

    (4)  Quelle: Europol-Statistik, Den Haag, 27. Juni 2005.

    (5)  ABl. L 389 vom 30.12.2004.


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