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Document 62021CC0144

Schlussanträge des Generalanwalts G. Pitruzzella vom 27. Oktober 2022.
Europäisches Parlament gegen Europäische Kommission.
Nichtigkeitsklage – Durchführungsbeschluss C(2020) 8797 – Zulassung bestimmter Verwendungen von Chromtrioxid – Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 – Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe – Art. 60 – Zulassungserteilung – Verpflichtung, nachzuweisen, dass der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben, und dass es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt – Art. 62 – Zulassungsanträge – Art. 64 – Verfahren für Zulassungsentscheidungen.
Rechtssache C-144/21.

Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:846

 SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GIOVANNI PITRUZZELLA

vom 27. Oktober 2022 ( 1 )

Rechtssache C‑144/21

Europäisches Parlament

gegen

Europäische Kommission

„Nichtigkeitsklage – Durchführungsbeschluss C(2020) 8797 vom 18. Dezember 2020 zur teilweisen Zulassung bestimmter Verwendungen von Chromtrioxid – Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) – Art. 60 Abs. 4 – Sogenanntes ‚sozioökonomisches‘ Zulassungsverfahren – Analyse der Risiken, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben – Analyse des Fehlens geeigneter Alternativstoffe oder ‑technologien“

Inhaltsverzeichnis

 

I. Darstellung des rechtlichen Rahmens

 

II. Vorgeschichte des Rechtsstreits

 

III. Angefochtener Beschluss

 

IV. Anträge der Parteien

 

V. Prüfung der Klage

 

A. Vorbringen der Parteien

 

1. Zum ersten Teil des einzigen Klagegrundes: Fehlen einer abschließenden Bewertung in Bezug auf die Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt

 

2. Zum zweiten Teil des einzigen Klagegrundes: Fehlende Feststellung des Fehlens geeigneter Alternativstoffe oder ‑technologien für die Verwendungen 2, 4 und 5

 

3. Zum dritten Teil des einzigen Klagegrundes: Fehlerhafte Erteilung der Zulassung trotz der Mängel im Zulassungsantrag

 

B. Rechtliche Würdigung

 

1. Vorbemerkungen

 

2. Rechtsprechungsgrundsätze zur Prüfung der Anforderungen nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung

 

3. Zum ersten Teil des einzigen Klagegrundes: Fehlen einer abschließenden Bewertung in Bezug auf die Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt

 

a) Prüfung des angefochtenen Beschlusses

 

b) Würdigung

 

4. Zum zweiten Teil des einzigen Klagegrundes: Fehlende Feststellung des Fehlens geeigneter Alternativstoffe oder ‑technologien für die Verwendungen 2, 4 und 5

 

a) Der Ansatz der Kommission im angefochtenen Beschluss

 

b) Zur Prüfung des Vorliegens geeigneter Alternativstoffe oder ‑technologien

 

c) Zur Beschränkung der Verwendungen durch die Bezugnahme auf die Hauptfunktionen

 

5. Zum dritten Teil des einzigen Klagegrundes

 

C. Ergebnis in Bezug auf die Klage

 

VI. Zum Antrag auf Aufrechterhaltung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses

 

VII. Kosten

 

VIII. Ergebnis

1.

Die vorliegende Rechtssache gibt dem Gerichtshof Gelegenheit zu Klarstellungen hinsichtlich der Prüfung, die die Europäische Kommission im Rahmen des mit der REACH-Verordnung ( 2 ) erarbeiteten Systems für die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe im Hinblick auf die Voraussetzungen vorzunehmen hat, unter denen sie eine Zulassung für einen besonders besorgniserregenden Stoff, wie im vorliegenden Fall Chromtrioxid, erteilen kann.

2.

In der vorliegenden Rechtssache hat das Europäische Parlament eine Klage auf Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses C(2020) 8797 vom 18. Dezember 2020 zur teilweisen Zulassung bestimmter Verwendungen von Chromtrioxid gemäß der [REACH‑]Verordnung … (Chemservice GmbH u. a.) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) erhoben.

3.

Die vorliegende Rechtssache ist für die Bestimmung der genauen Tragweite der Analyse, die u. a. im Rahmen des sogenannten „sozioökonomischen“ Zulassungsverfahrens für die Verwendung eines besonders besorgniserregenden Stoffes nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung vorzunehmen ist, von erheblicher Bedeutung. Das Vorbringen des Parlaments in seiner Klageschrift erfordert nämlich, dass der Gerichtshof die von der Kommission im angefochtenen Beschluss vorgenommene Analyse anhand der beiden Voraussetzungen prüft, die diese Bestimmung für die Zulassung der Verwendung eines besonders besorgniserregenden Stoffes in diesem Rahmen vorsieht, nämlich zum einen, dass der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben, und zum anderen, dass es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt.

I. Darstellung des rechtlichen Rahmens

4.

Die REACH-Verordnung ist ein zentrales Rechtsinstrument zur Regulierung chemischer Stoffe in der Union. Nach Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung ist es ihr Zweck, ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherzustellen, einschließlich der Förderung alternativer Beurteilungsmethoden für von Stoffen ausgehende Gefahren, sowie den freien Verkehr von Stoffen im Binnenmarkt zu gewährleisten und gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit und Innovation zu verbessern ( 3 ). Dieses hohe Schutzniveau wird durch ein integriertes System zur Kontrolle chemischer Stoffe, die in der Union hergestellt werden, in die Union eingeführt werden oder in der Union in Verkehr gebracht werden, das auf der Registrierung, der Bewertung und der Zulassung dieser Stoffe sowie gegebenenfalls Beschränkungen ihrer Verwendung basiert, sichergestellt ( 4 ).

5.

Nach Art. 1 Abs. 3 der REACH-Verordnung beruht zum einen diese Verordnung auf dem Grundsatz, dass Hersteller, Importeure und nachgeschaltete Anwender sicherstellen müssen, dass sie Stoffe herstellen, in Verkehr bringen und verwenden, die die menschliche Gesundheit oder die Umwelt nicht nachteilig beeinflussen, und liegt zum anderen den Bestimmungen dieser Verordnung das Vorsorgeprinzip zugrunde.

6.

Die REACH-Verordnung verlangt, wie sich u. a. aus ihren Erwägungsgründen 69 und 70 ergibt, dass bei besonders besorgniserregenden Stoffen mit großer Umsicht vorgegangen wird. Diese Stoffe unterliegen somit der Zulassungsregelung in Titel VII der REACH-Verordnung. Nach Art. 55 dieser Verordnung ist es Zweck dieser Regelung, „sicherzustellen, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert und gleichzeitig die von besonders besorgniserregenden Stoffen ausgehenden Risiken ausreichend beherrscht werden und dass diese Stoffe schrittweise durch geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien ersetzt werden, sofern diese wirtschaftlich und technisch tragfähig sind“.

7.

Folglich dürfen, wie in den Art. 56 und 58 der REACH-Verordnung vorgesehen, die in deren Anhang XIV aufgenommenen besonders besorgniserregenden Stoffe nach einem bestimmten Zeitpunkt von den Herstellern, Importeuren oder nachgeschalteten Anwendern nicht verwendet oder zur Verwendung in Verkehr gebracht werden, es sei denn, die Verwendung dieses Stoffes wurde zugelassen oder eine der anderen in der REACH-Verordnung genannten Bedingungen ist anwendbar ( 5 ).

8.

Hersteller und Importeure können Zulassungsanträge für das Inverkehrbringen eines Stoffes stellen, um diesen Stoff selbst zu verwenden oder seine Verwendung ihren nachgeschalteten Anwendern zu gewähren ( 6 ). Diese Anträge werden zwar bei der Europäischen Chemikalienagentur (im Folgenden: ECHA) gestellt ( 7 ), die durch diese Verordnung geschaffen wurde, um zur Anwendung ihrer Bestimmungen beizutragen, die Entscheidung über die Erteilung der Zulassung trifft jedoch die Kommission ( 8 ). In Zulassungsentscheidungen werden u. a. die abgedeckte(n) Verwendung(en), der Zeitraum für die Überprüfung der Zulassung und die Auflagen, unter denen die Zulassung gilt, angegeben ( 9 ).

9.

Art. 60 der REACH-Verordnung sieht zwei alternative Verfahren für die Erteilung einer Zulassung durch die Kommission für die Verwendung besonders besorgniserregender Stoffe vor: Zum einen wird nach Art. 60 Abs. 2 der REACH-Verordnung eine Zulassung erteilt, wenn das Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, das sich aus der Verwendung des Stoffes ergibt, angemessen beherrscht wird (sogenanntes „Verfahren der angemessenen Beherrschung“); zum anderen sieht Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung das sogenannte „sozioökonomische Verfahren“ vor.

10.

Insoweit bestimmt Art. 60 Abs. 4, 5 und 7 dieser Verordnung:

„(4)   In Fällen, in denen die Zulassung nach Absatz 2 nicht erteilt werden kann, oder für die in Absatz 3 aufgeführten Stoffe kann eine Zulassung nur erteilt werden, wenn nachgewiesen wird, dass der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben, und wenn es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt. Diese Entscheidung ist nach Berücksichtigung aller folgenden Aspekte und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der in Artikel 64 Absatz 4 Buchstaben a und b genannten Ausschüsse für Risikobeurteilung [Risk Assessment Committee, im Folgenden: RAC] und für sozioökonomische Analyse [Committee for Socio-economic Analysis, im Folgenden: SEAC] zu treffen:

a)

Risiko, das aus den Verwendungen des Stoffes entsteht, einschließlich der Angemessenheit und Wirksamkeit der vorgeschlagenen Risikomanagementmaßnahmen;

b)

sozioökonomischer Nutzen seiner Verwendung und die vom Antragsteller oder anderen interessierten Kreisen dargelegten sozioökonomischen Auswirkungen einer Zulassungsversagung;

c)

Analyse der vom Antragsteller nach Artikel 62 Absatz 4 Buchstabe e vorgelegten Alternativen oder eines vom Antragsteller nach Artikel 62 Absatz 4 Buchstabe f vorgelegten Substitutionsplans und der von interessierten Kreisen nach Artikel 64 Absatz 2 übermittelten Beiträge;

d)

verfügbare Informationen über die Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt von Alternativstoffen oder ‑technologien.

(5)   Bei der Beurteilung, ob geeignete alternative Stoffe oder Technologien verfügbar sind, berücksichtigt die Kommission alle maßgeblichen Aspekte einschließlich der folgenden:

a)

die Frage, ob der Übergang zu Alternativen zu einem geringeren Gesamtrisiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt führen würde, wobei der Angemessenheit und Wirksamkeit von Risikomanagementmaßnahmen Rechnung zu tragen ist;

b)

die technische und wirtschaftliche Durchführbarkeit der Alternativen für den Antragsteller.

(7)   Eine Zulassung wird nur erteilt, wenn der Antrag den Anforderungen des Artikels 62 genügt.“

11.

Art. 62 („Zulassungsanträge“) der REACH-Verordnung bestimmt in Abs. 4 Buchst. d und e:

„Ein Antrag auf Zulassung umfasst folgende Informationen:

d)

falls noch nicht als Teil des Registrierungsdossiers vorgelegt, einen Stoffsicherheitsbericht nach Anhang I, der die Risiken für die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt behandelt, die sich aufgrund der in Anhang XIV aufgeführten inhärenten Eigenschaften aus der Verwendung des Stoffes/der Stoffe ergeben;

e)

eine Analyse der Alternativen unter Berücksichtigung ihrer Risiken und der technischen und wirtschaftlichen Durchführbarkeit der Substitution, gegebenenfalls einschließlich Informationen über einschlägige Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten des Antragstellers; …“

12.

Die Kommission trifft die Entscheidung über den Zulassungsantrag nach dem Verfahren in Art. 64 der REACH-Verordnung. Hierzu gehört nach deren Art. 64 Abs. 2 insbesondere eine öffentliche Konsultation, die Dritten die Gelegenheit gibt, Informationen über Alternativstoffe oder ‑technologien zu übermitteln. Nach Art. 64 Abs. 3 und 4 der REACH-Verordnung müssen der RAC und der SEAC, die innerhalb der ECHA tätig sind und verschiedene Aufgaben erfüllen ( 10 ), zu grundlegenden Aspekten des Antrags Stellung nehmen. Nach Art. 64 Abs. 8 der REACH-Verordnung erstellt die Kommission innerhalb von drei Monaten nach Erhalt dieser Stellungnahmen einen Entscheidungsentwurf und erlässt die endgültige Entscheidung gemäß dem anwendbaren Ausschussverfahren ( 11 ).

II. Vorgeschichte des Rechtsstreits

13.

Chromtrioxid ist ein besonders besorgniserregender Stoff im Sinne der REACH-Verordnung. Er ist in Anhang XIV dieser Verordnung aufgeführt. Die Verwendungen dieses Stoffes unterliegen der Zulassungspflicht ( 12 ).

14.

Im Jahr 2015 stellten die Lanxess Deutschland GmbH und andere Wirtschaftsteilnehmer (im Folgenden: Antragsteller) einen Antrag auf Zulassung für sechs Kategorien der Verwendung von Chromtrioxid.

15.

Die Zulassung wurde für folgende sechs Verwendungskategorien beantragt: Verwendungen von Chromtrioxid bei der Formulierung von Gemischen (Verwendung 1); Verwendungen beim Funktionalverchromen (Verwendung 2); Verwendung beim Funktionalverchromen mit dekorativem Charakter (Verwendung 3); Verwendungen bei der Oberflächenbehandlung für Anwendungen in der Luft- und Raumfahrtindustrie (die in keinem Zusammenhang mit dem Funktionalverchromen oder dem Funktionalverchromen mit dekorativem Charakter stehen) (Verwendung 4); Verwendungen bei der Oberflächenbehandlung (mit Ausnahme der Passivierung von verzinntem Stahl [des elektrolytischen Verzinnens – ETP] für die Verwendung in Branchen wie Architektur, Automobilindustrie, Metallerzeugung und ‑bearbeitung und allgemeines Ingenieurwesen [die in keinem Zusammenhang mit dem Funktionalverchromen oder dem Funktionalverchromen mit dekorativem Charakter stehen]) (Verwendung 5); und Verwendungen in der Passivierung von verzinntem Stahl (ETP) (Verwendung 6).

16.

Am 30. September 2016 erhielt die Kommission die Stellungnahmen des RAC und des SEAC zu dem Antrag.

17.

Am 27. März 2019 nahm das Parlament eine Entschließung an, die im Widerspruch zu einem ersten Beschlussentwurf stand. Die Einwände des Parlaments waren im Wesentlichen darauf gestützt, dass die von den Antragstellern übermittelten Informationen schwerwiegende Lücken aufwiesen und dass die Einhaltung der Voraussetzungen für eine Zulassung, insbesondere die Verfügbarkeit sichererer Alternativen, daher nicht richtig habe beurteilt werden können. Dies gelte umso mehr, als die Beschreibung der vorgesehenen Verwendungen des fraglichen Stoffes so allgemein gehalten gewesen sei, dass sie zu einem äußerst weiten Geltungsbereich der Zulassung führe. In diesem Zusammenhang vertrat das Parlament auch die Auffassung, dass der Ansatz der Kommission, der darin bestehe, die Lücken des Antrags dadurch zu beheben, dass die Antragsteller aufgefordert würden, die fehlenden Daten im Überprüfungsbericht bereitzustellen, nicht mit der Rechtsprechung der Unionsgerichte vereinbar sei ( 13 ).

18.

Nach dieser Entschließung schloss die Kommission die Verwendungskategorie 3 (Funktionalverchromen mit dekorativem Charakter) vom Anwendungsbereich ihres Beschlussentwurfs aus. Im Übrigen hielt die Kommission jedoch an ihrem ursprünglichen Ansatz fest, die Zulassung zu erteilen, indem sie sie von bestimmten Bedingungen und Beschränkungen abhängig machte, und erließ am 18. Dezember 2020 den angefochtenen Beschluss.

III. Angefochtener Beschluss

19.

Im angefochtenen Beschluss stellte die Kommission zunächst fest, dass eine Zulassung für Chromtrioxid nur nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung erteilt werden könne ( 14 ).

20.

In diesem Zusammenhang untersuchte die Kommission als Erstes in den Erwägungsgründen 9 bis 15 die erste der beiden in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen, nämlich dass der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt, die die Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit und die Umwelt mit sich bringt.

21.

Im neunten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass „[i]n seinen Stellungnahmen zu den Verwendungen 1, 2, 4 und 5 … der RAC zu dem Schluss gekommen [ist], dass die im Antrag beschriebenen Risikomanagementmaßnahmen und Verwendungsbedingungen nicht angemessen und wirksam sind, um die Risiken für die Arbeitnehmer zu begrenzen“.

22.

Insbesondere im zehnten Erwägungsgrund dieses Beschlusses stellte die Kommission fest, dass betreffend „die Verwendungen 1, 2, 4 und 5 … der RAC zu dem Schluss gelangt [ist], dass erhebliche Unsicherheiten im Hinblick auf die Exposition der Arbeitnehmer bestehen, da nur eingeschränkt gemessene Expositionswerte vorhanden sind. Ferner hat der RAC gefolgert, dass es aufgrund eines fast durchgängigen Mangels an Kontextinformationen schwierig war, eine Verbindung zwischen den Verwendungsbedingungen, den in dem Antrag beschriebenen Maßnahmen für das Risikomanagement und den behaupteten Expositionswerten für bestimmte Aufgaben und Anlagen herzustellen, was den RAC an einer weiteren Bewertung gehindert hat. Diese Unsicherheiten betreffen die Zuverlässigkeit und den repräsentativen Charakter der Expositionswerte sowie den Zusammenhang mit den geltenden spezifischen Maßnahmen für das Risikomanagement, insbesondere für die Verwendung 4, wo neben dem Tauchbad verschiedene Tätigkeiten, darunter das Besprühen, Walzen oder Bürsten, und die Bearbeitungsvorgänge vom Antrag betroffen sind und die Antragsteller nicht in der Lage waren, die kombinierte Exposition betreffend alle diese Aufgaben in vollem Umfang zu beurteilen. Die Kommission weist jedoch darauf hin, dass diese Unsicherheiten den SEAC nicht daran gehindert haben, den Antrag weiter zu prüfen.“

23.

Im elften Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission außerdem fest, dass „[h]insichtlich der Verwendungen 1, 2, 4 und 5 … der RAC zu dem Schluss gekommen [ist], dass auch Unsicherheiten bei der Bewertung der Exposition der allgemeinen Bevölkerung gegenüber dem Stoff über die Umwelt auf lokaler Ebene bestehen, insbesondere was die Emission von Chrom (VI) über Abwasser betrifft. Dies ist bei der oralen Exposition durch das Trinkwasser von besonderer Bedeutung. Der RAC war jedoch der Ansicht, dass die Bewertung der Risiken für die allgemeine Bevölkerung durch die Umwelt für eine zusätzliche Analyse durch den SEAC ausreiche, wobei der Ansatz der Antragsteller auf Annahmen beruhe, die die Risiken für die allgemeine Bevölkerung überschätzen könnten.“

24.

Im zwölften Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses führte die Kommission aus, dass „[i]n seinen Stellungnahmen zu den Verwendungen 1, 2, 4 und 5 … der RAC wegen der Unsicherheiten bei der Bewertung der Risiken für die Arbeitnehmer und die allgemeine Bevölkerung über die Umwelt empfohlen [hat], zusätzliche Bedingungen und Überwachungsregelungen festzulegen. Die Kommission schließt sich nach Prüfung der Beurteilung des RAC diesem Ergebnis an.“

25.

Sodann führte die Kommission im 15. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus, dass „[i]n seinen Stellungnahmen zu den Verwendungen 1, 2, 4, 5 und 6 von Chromtrioxid, die im Antrag beschrieben sind, … der SEAC zu dem Ergebnis gekommen [ist], dass der gesamte sozioökonomische Nutzen, der sich aus jeder dieser Verwendungen ergibt, das mit dieser Verwendung verbundene Risiko für die menschliche Gesundheit übersteigt“.

26.

Als Zweites prüfte die Kommission in den Erwägungsgründen 16 bis 24 des angefochtenen Beschlusses die zweite der in Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen für die Erteilung der Zulassung, nämlich das Fehlen geeigneter Alternativstoffe oder ‑technologien.

27.

Zu den Verwendungen 2, 4 und 5 führte die Kommission im 18. Erwägungsgrund dieses Beschlusses aus, dass „[i]n seinen Stellungnahmen zu den Verwendungen 2, 4 und 5 … der SEAC zu dem Schluss gelangt [ist], dass es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt. Aufgrund des sehr weiten Umfangs der beantragten Verwendungen konnte der SEAC jedoch etwaige Unsicherheiten hinsichtlich der technischen Durchführbarkeit von Alternativen für eine begrenzte Anzahl spezifischer Anwendungen, die in der Beschreibung dieser Verwendungen enthalten sind, nicht ausschließen. Die Kommission schließt sich der Schlussfolgerung des SEAC an.“

28.

Folglich stellte die Kommission im 19. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass, „[u]m sicherzustellen, dass die Zulassung nur die Verwendungen umfasst, für die keine geeigneten Alternativen verfügbar sind, … es erforderlich [ist], die Beschreibung der Verwendungen 2, 4 und 5 genauer zu erläutern, indem sie an die Schlussfolgerungen der Analyse von Alternativen, wie sie im Antrag dargelegt und vom SEAC bewertet wurden, angepasst wird. Die Kommission ist der Auffassung, dass die Antragsteller ihre Beweislast dadurch erfüllt haben, dass sie das Fehlen geeigneter Alternativen für die Verwendungen 2, 4 und 5 nur in Bezug auf diesen begrenzten Umfang der Verwendungen nachgewiesen haben.“

29.

Im 20. Erwägungsgrund dieses Beschlusses fügte die Kommission hinzu, dass „[d]aher … die Beschreibung der Verwendungen 2, 4 und 5 unter Bezugnahme auf die Verwendungen, in denen eine der … Hauptfunktionen für den vorgesehenen Verwendungszweck erforderlich ist, genauer erläutert werden [sollte]“, und führte für die Verwendungen 2, 4 und 5 eine Reihe von Hauptfunktionen auf ( 15 ).

30.

Auf der Grundlage dieser Überlegungen kam die Kommission im 22. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis, dass sie nach Prüfung der Bewertung des SEAC und unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen mit der Schlussfolgerung übereinstimme, dass es für die Verwendungen 2, 4 und 5 keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gebe.

31.

Im 26. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses führte die Kommission aus, sie habe „ihre Beurteilung auf alle derzeit verfügbaren einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse, wie sie der RAC bewertet hat, gestützt und ihre Schlussfolgerungen auf ausreichende Beweise gestützt, um zu diesem Ergebnis zu gelangen“. Die Kommission war jedoch der Ansicht, dass zusätzliche wissenschaftliche Daten es ihr ermöglichten, in Zukunft ihre Bewertung auf der Grundlage soliderer oder umfassenderer Beweise vorzunehmen, so dass die Vorlage zusätzlicher Informationen über die Exposition und die Emissionen verlangt werden müsse.

32.

Sodann wies die Kommission im 27. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass zur Erleichterung der Anwendung des vorliegenden Beschlusses in Bezug auf die Verwendungen 2, 4 und 5 außerdem von den Zulassungsinhabern nachgeschalteten Anwendern verlangt werden müsse, in die Mitteilung an die ECHA gemäß Art. 66 Abs. 1 der REACH-Verordnung ( 16 ) eine Erläuterung der im angefochtenen Beschluss aufgelisteten Hauptfunktionen, die für ihren Verwendungszweck erforderlich seien, aufzunehmen, einschließlich einer Begründung, warum sie für diese Verwendung erforderlich seien.

33.

Auf der Grundlage dieser Erwägungen erteilte die Kommission in Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses den Antragstellern eine Zulassung für die Verwendung 6, für die Verwendungen 2, 4 und 5 nur, soweit eine der dort genannten Hauptfunktionen für den Verwendungszweck erforderlich ist, sowie für die Verwendung 1 in Bezug auf die Formulierung von Gemischen für die zugelassenen Verwendungen 2, 4, 5 und 6.

34.

Sodann ergibt sich aus Art. 1 Abs. 2 bis 4 dieses Beschlusses, dass demgegenüber keine Zulassung von Chromtrioxid für die Verwendungen 2, 4 und 5 erteilt wird, sofern keine der dort genannten Hauptfunktionen für den Verwendungszweck erforderlich ist.

35.

Art. 2 Abs. 2 und 3 des angefochtenen Beschlusses lautet:

„(2)   Die Zulassungsinhaber entwickeln spezifische Expositionsszenarien für die Verfahren, Vorgänge und besonderen Aufgaben (einschließlich für die automatischen/manuellen Systeme und offenen/geschlossenen Systeme und Kombinationen daraus) und beschreiben für jedes spezifische Szenario Risikomanagementmaßnahmen und Verwendungsbedingungen zur Kontrolle der Exposition der Arbeitnehmer gegenüber Chrom (VI) und Emissionen davon in die Umwelt, die für alle Standorte repräsentativ sind, in denen die zugelassenen Verwendungen stattfinden. Die Expositionsszenarien enthalten Informationen über die Expositionshöhen, die sich aus der Durchführung dieser Risikomanagementmaßnahmen und Verwendungsbedingungen ergeben. Die Zulassungsinhaber wählen die in den Expositionsszenarien gemäß Art. 5 der Richtlinie 2004/37/EG beschriebenen Risikomanagementmaßnahmen aus. Die Zulassungsinhaber dokumentieren und rechtfertigen die Auswahl der Risikomanagementmaßnahmen und stellen den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem eine genehmigte Verwendung erfolgt, auf Verlangen die einschlägigen Unterlagen zur Verfügung.

(3)   Die Zulassungsinhaber stellen den nachgeschalteten Anwendern, für die dieser Beschluss … gilt, die spezifischen Expositionsszenarien in einem aktualisierten Sicherheitsdatenblatt spätestens am 18. März 2021 zur Verfügung. Die Zulassungsinhaber und die nachgeschalteten Anwender wenden die Risikomanagementmaßnahmen und die Verwendungsbedingungen, die in den spezifischen Expositionsszenarien enthalten sind, unverzüglich an.“

36.

Art. 5 des angefochtenen Beschlusses bestimmt, dass betreffend die Zulassung für die Verwendungen 2, 4 und 5 die nachgeschalteten Anwender in die Mitteilung an die ECHA gemäß Art. 66 Abs. 1 der REACH-Verordnung eine Erklärung der Hauptfunktionen von Chromtrioxid, die in Art. 1 Abs. 1 aufgelistet sind, aufnehmen müssen, die für ihren Verwendungszweck erforderlich sind, einschließlich einer Begründung, warum diese Hauptfunktionen für diesen Verwendungszweck erforderlich sind.

IV. Anträge der Parteien

37.

Das Parlament beantragt, Art. 1 Abs. 1 und 5 sowie die Art. 2, 3, 4, 5, 7, 9 und 10 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären, soweit sie die Zulassungen für die Verwendungen 2, 4 und 5 sowie die Verwendung 1 in Bezug auf die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 betreffen, hilfsweise, den angefochtenen Beschluss insgesamt für nichtig zu erklären, und der Kommission und der ECHA die Kosten aufzuerlegen.

38.

Die Kommission beantragt, den Antrag des Parlaments auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen, hilfsweise, den Antrag des Parlaments auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses insgesamt zurückzuweisen, im Fall der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses aufrechtzuerhalten und dem Parlament die Kosten aufzuerlegen.

39.

Die ECHA, deren Streithilfe in der vorliegenden Rechtssache durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 17. September 2021 zugelassen worden ist, hat einen Streithilfeschriftsatz zur Unterstützung der Anträge der Kommission eingereicht.

V. Prüfung der Klage

A.   Vorbringen der Parteien

40.

Das Parlament stützt seine Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem es einen Verstoß gegen Art. 60 Abs. 4 und 7 der REACH-Verordnung geltend macht. Dieser Klagegrund ist in drei Teile gegliedert.

1. Zum ersten Teil des einzigen Klagegrundes: Fehlen einer abschließenden Bewertung in Bezug auf die Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt

41.

Mit dem ersten Teil seines einzigen Klagegrundes wirft das Parlament der Kommission vor, dadurch gegen Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung verstoßen zu haben, dass sie die Verwendungen 2, 4 und 5 sowie die Verwendung 1 in Bezug auf die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 von Chromtrioxid zugelassen habe, ohne zu einer abschließenden Bewertung des mit diesen Verwendungen verbundenen Risikos für die menschliche Gesundheit und die Umwelt gelangt zu sein. Dieses Fehlen habe zwangsläufig zur Fehlerhaftigkeit der in dieser Bestimmung vorgesehenen Beurteilung geführt, mit der geprüft werden solle, „dass der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben“.

42.

Aus den Erwägungsgründen 10 bis 12 des angefochtenen Beschlusses gehe ausdrücklich hervor, dass in Bezug auf die Verwendungen 1, 2, 4 und 5 erhebliche Unsicherheiten in Bezug auf die Bewertung der Risiken für die Arbeitnehmer und die allgemeine Bevölkerung über die Umwelt bestanden hätten und dass der RAC aufgrund dieser Unsicherheiten empfohlen habe, zusätzliche Bedingungen und Überwachungsregelungen festzulegen. Insbesondere aus dem zehnten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gehe hervor, dass diese Unsicherheiten in Bezug auf die Exposition der Arbeitnehmer gegenüber dem fraglichen Stoff besonders schwerwiegend gewesen seien, was einer ernsthaften Bewertung dieses Risikos entgegenstehe. Aus den Stellungnahmen dieses Ausschusses gehe hervor, dass für jede Verwendung, für die die Zulassung beantragt worden sei, die Angaben der Antragsteller, die eine Bewertung der Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt ermöglichten, so unvollständig und wenig repräsentativ gewesen seien, dass der Ausschuss zu dem Ergebnis habe kommen müssen, dass erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich Umfang und Höhe dieser Risiken bestanden hätten.

43.

Die im vorliegenden Fall von den Antragstellern vorgelegten Expositionswerte seien nicht repräsentativ und entsprächen nicht Art. 62 Abs. 4 Buchst. d und Anhang I Nr. 5.2.4 der REACH-Verordnung. Zwar habe der RAC festgestellt, dass die von den Antragstellern angewandte Methode den geringen Grad der Repräsentativität der Daten erklären könne (die weniger als 3 % der betroffenen Unternehmen repräsentierten), doch habe dieser Ausschuss dies in seinen Stellungnahmen weder ausdrücklich akzeptiert noch begründet.

44.

Das Parlament fügt hinzu, dass es, wenn der Antrag nicht übermäßig weit gefasst gewesen wäre, möglich gewesen wäre, gesammelte Expositionsdaten (oder zumindest repräsentative Modellrechnungen) sowie eine angemessene Beschreibung der Nutzungsbedingungen und der Risikomanagementmaßnahmen für alle vom Antrag erfassten Verwendungen zu liefern, wie Art. 62 Abs. 4 Buchst. d und Anhang I Nr. 5.2.4 der REACH-Verordnung verlangten. Sodann habe die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht begründet, weshalb sie zu dem Schluss gelangt sei, dass die Antragsteller trotz fehlender Repräsentativität der Daten und festgestellter schwerwiegender Unsicherheiten ihrer Beweislast genügt hätten, indem sie sich auf die Feststellung beschränkt habe, dass diese Unsicherheiten den SEAC nicht daran gehindert hätten, die Prüfung des Antrags fortzusetzen.

45.

Gerade um die vorgenannten Mängel zu beheben, habe Art. 2 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses die Zulassung von der Bedingung abhängig gemacht, dass im Überprüfungsbericht wesentliche Daten (wie die Expositionsszenarien und die entsprechenden Risikomanagementmaßnahmen) übermittelt würden, die bei der Bewertung des fraglichen Risikos fehlten. So gehe aus dem angefochtenen Beschluss selbst hervor, dass zum einen die Kommission zum Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung nicht über eine signifikante Menge von Informationen verfügt habe, die die Antragsteller nach Art. 62 Abs. 4 Buchst. d der REACH-Verordnung hätten vorlegen müssen und über die sie für ihre Beurteilung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung hätte verfügen müssen, und zum anderen, dass die in Art. 2 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses aufgestellten Bedingungen darauf abzielten, diesen Mängeln im Zulassungsantrag und in der auf der Grundlage dieses Antrags vorgenommenen Bewertung abzuhelfen. Außerdem begehe die Kommission einen Fehler bei der Auslegung der Art. 56 und 66 der REACH-Verordnung, wenn sie diese Bestimmungen so darlege, als ob sie es erlaubten, dass für die Erstzulassung ausschlaggebende Informationen nur von nachgeschalteten Anwendern nach der Erteilung der Zulassung zur Verfügung gestellt würden.

46.

Unter diesen Umständen habe die Kommission nicht zuverlässig und schlüssig feststellen können, dass „der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben“, wie es Art. 60 Abs. 4 verlange. Eine Zulassung könne jedoch nicht erteilt werden, wenn die Kommission nicht schlüssig geprüft habe, ob diese Voraussetzung erfüllt sei, und die Mängel eines Zulassungsantrags könnten nicht durch die Festlegung von Auflagen in der Zulassungsentscheidung geheilt werden.

47.

Die Kommission trägt vor, sie habe nicht gegen ihre Verpflichtung verstoßen, zu einer abschließenden Bewertung der Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu gelangen, wie es Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung verlange.

48.

Definitionsgemäß bringe jede wissenschaftliche Bewertung Unsicherheiten mit sich. Der Umstand, dass Unsicherheiten bestünden, mache eine wissenschaftliche Bewertung in keiner Weise fehlerhaft. Es sei daher nicht Sache der Kommission, jede Unsicherheit zu beseitigen oder darauf zu bestehen, dass der Antragsteller das Gegenteil beweise.

49.

Trotz der vom Parlament angeführten Unsicherheiten, wie sie in der Stellungnahme des RAC festgestellt und im angefochtenen Beschluss anerkannt worden seien, hätten die Antragsteller der ihnen obliegenden Beweislast genügt. Auf dieser Grundlage habe die Kommission beurteilen können, ob der sozioökonomische Nutzen die Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt überwiege. Diese Bewertung ziele nicht auf ein angemessenes Risikomanagement in jedem Einzelfall der Verwendung des Stoffes ab, sondern müsse eine angemessene Abwägung zwischen Risiken und Nutzen gestatten.

50.

Die im Stoffsicherheitsbericht enthaltenen Informationen hätten ausgereicht, um eine angemessene Risikobewertung durch den RAC vorzunehmen und es dem SEAC zu gestatten, zu einer Schlussfolgerung hinsichtlich der Risiko-Nutzen-Bewertung zu gelangen, so dass es der Kommission letztlich möglich gewesen sei, zu überprüfen, ob die Voraussetzung, dass der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiege, die die Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt mit sich bringe, erfüllt sei. Die Kommission bestreitet nicht, dass Unsicherheiten bestanden hätten, aber nach einer Bewertung durch wissenschaftliche Experten seien diese Unsicherheiten nicht dergestalt gewesen, dass sie dem Schluss, dass die erste Voraussetzung erfüllt gewesen sei, entgegengestanden hätten.

51.

Was insbesondere die Unsicherheiten in Bezug auf die Exposition der Arbeitnehmer angeht, erläutert die Kommission erstens die Gründe, aus denen der RAC trotz der begrenzten Menge der erhobenen Expositionsdaten im Stoffsicherheitsbericht der Ansicht war, dass die vorgelegten Daten ausreichten, um die Bewertung vorzunehmen und es dem SEAC zu erlauben, die Abwägung zwischen dem Nutzen und den Risiken vorzunehmen.

52.

Was zunächst die Verwendung 1 für die ergänzende Bewertung des SEAC angehe, habe der RAC vorgeschlagen, die von den Antragstellern geschätzte höchste Gesamtexposition von 0,5 μg/m3 zu verwenden. Was die Verwendungen 2, 4 und 5 angehe, so habe der RAC wegen der breiten Palette möglicher nachgeschalteter Anwender, denen der Antrag und die spätere Zulassung zugutekommen könnten (in Bezug auf die Verwendung 2 haben die Antragsteller bis zu1590 Standorte in verschiedenen Mitgliedstaaten der Union mitgeteilt), die Antragsteller um Klarstellungen ersucht. Nach diesen Klarstellungen habe der RAC anerkannt, dass die begrenzte Zahl der verwendeten Daten auch auf die verwendete Methode zurückzuführen sei (indem man sich auf die personenbezogenen Überwachungsdaten im Gegensatz zur Verwendung statischer Überwachungsdaten konzentriert habe), was die Verwendung nur eines Teils der verfügbaren Datengruppen zur Folge gehabt habe.

53.

Außerdem habe der RAC darauf hingewiesen, dass zahlreiche Daten über die Exposition, die in jüngeren, auch unabhängigen, Studien zur Verfügung gestanden hätten, die die Antragsteller vorgelegt hätten, ihre Bewertung der Exposition (für die Verwendungen 2, 4 und 5) glaubhaft machten, oder habe dem SEAC mitgeteilt, dass er einen Ansatz des ungünstigsten Falls („worst case approach“ für die Verwendung 1) verfolge. Schließlich hätten die Antragsteller Modellrechnungen für alle Verwendungen vorgelegt, die der RAC als geeignet angesehen habe, die erhobenen Daten zu untermauern.

54.

Zweitens könne von den Antragstellern nicht erwartet werden – und sei auch nicht verhältnismäßig –, dass sie gemessene Expositionsdaten über mehr als 1500 Standorte von nachgeschalteten Anwendern vorlegten, da diese Anwender zum Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung möglicherweise nicht alle bekannt gewesen seien.

55.

Drittens zeige der Umstand, dass die maßgeblichen Expositionswerte von 2 μg/m3 (für die Verwendungskategorien 2, 4 und 5) und 0,5 μg/m3 (für die Verwendungskategorie 1) ein Fünftel bzw. ein Zwanzigstel der verbindlichen Werte für die Exposition am Arbeitsplatz in der Union für die Chrom‑VI-Verbindungen, die nach der geltenden Regelung gegenwärtig angewandt würden, darstellten, dass der angefochtene Beschluss zur Verringerung der Exposition beitrage, indem er den Schutz der Arbeitnehmer verbessere, und daher mit den Zielen im Einklang stehe.

56.

Viertens habe der RAC auch zusätzliche Bedingungen und Überwachungsregelungen empfohlen, die im angefochtenen Beschluss übernommen worden seien und deren Ziel darin bestanden habe, die Exposition am Arbeitsplatz weiter zu verringern.

57.

Zu dem Vorbringen, die Antragsteller hätten ihrer Beweislast nicht genügt, weist die Kommission darauf hin, dass die REACH-Verordnung keineswegs einen Beweisstandard für die Antragsteller wie einen Beweis „über jeden vernünftigen Zweifel hinaus“ oder den Beweis der „fehlenden Ungewissheit“ vorsehe. Vielmehr müsse ein ausreichender objektiver Nachweis eine abschließende Bewertung durch Sachverständige gestatten, die auf glaubhaften und verlässlichen Informationen beruhe.

58.

Das Parlament verkenne, dass die wissenschaftliche Bewertung, mit der festgestellt werden solle, ob die erste Voraussetzung von Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung erfüllt sei, auch vom SEAC vorgenommen werde. In seinen Stellungnahmen habe der SEAC eine Risiko-Nutzen-Bewertung vorgenommen, indem er die Gründe erläutert habe, aus denen die vom RAC bewerteten Daten ausreichend gewesen seien, und insoweit eine Schlussfolgerung gezogen. Insbesondere habe sich der SEAC in Anbetracht der vom RAC festgestellten Unsicherheiten und für die Prüfung der Solidität der Risiko-Nutzen-Bewertung auf ein zusätzliches konservatives Szenario („worst case scenario“) gestützt, auf dessen Grundlage er zu dem Ergebnis gekommen sei, dass es keinen Zweifel gebe, der die Gültigkeit der Schlussfolgerung der Antragsteller geändert hätte, wonach der Gesamtnutzen der Weiterverwendung von Chromtrioxid das Risiko für die menschliche Gesundheit überwiege. Die Kommission habe die Stellungnahmen des RAC und des SEAC sorgfältig geprüft und sie für vollständig, kohärent und relevant gehalten.

59.

Entgegen dem Vorbringen des Parlaments seien die Überwachungsanforderungen in Art. 2 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses nicht dazu bestimmt, Mängel des Antrags zu beheben. Art. 2 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses habe den Zweck, gemäß den Empfehlungen in den Stellungnahmen der ECHA die Vorlage zusätzlicher Informationen über die Exposition und die Emissionen zu verlangen. Dies ermögliche es zum einen, eine detailliertere Darstellung der fraglichen Prozesse, der Verwendungsbedingungen und der Risikomanagementmaßnahmen für individuelle Aufgaben der Inhaber einer Zulassung in Zusammenarbeit mit ihren nachgeschalteten Anwendern bereitzustellen. Zum anderen füge sich dieses Erfordernis in die allgemeine Logik der REACH-Verordnung ein, die auf einem Grundsatz beruhe, dessen Ziel die kontinuierliche Verbesserung sei, und die speziell darauf ausgerichtet sei, die Qualität der Gesetzgebung für Chemikalien durch die Herstellung und kontinuierliche Verbesserung der Daten über die Stoffe für die Zwecke der Verordnung zu verbessern.

60.

Im Rahmen ihrer Streithilfe zur Unterstützung der Kommission macht die ECHA erstens geltend, dass die von den Antragstellern vorgelegten Daten repräsentativ für die Exposition der Arbeitnehmer gewesen seien. Zunächst räumt die ECHA zwar ein, dass der RAC der Ansicht gewesen sei, dass nicht der Schluss gezogen werden könne, dass die von den Antragstellern vorgelegten Daten über die Exposition der Arbeitnehmer für alle nachgeschalteten Anwender repräsentativ seien, doch habe sich dieser Ausschuss nicht ausschließlich auf die von den Antragstellern vorgelegten Messdaten gestützt. Er habe auch Daten aus der Lehre und öffentlich zugängliche Studien geprüft, die sowohl vom Berichterstatter als auch von den Antragstellern zusammengetragen worden seien, sowie die von den Letzteren vorgelegten modellierten Expositionsdaten.

61.

Der RAC habe in seinen Stellungnahmen zu den Verwendungen 2, 4 und 5 eine Reihe von Unsicherheiten festgestellt, die sich aus den übermittelten Daten ergäben. Der RAC sei jedoch davon ausgegangen, dass das kombinierte Expositionsniveau von 2 μg Cr (VI)/m3, das die Antragsteller als höchsten kombinierten Expositionswert für acht Stunden berechnet haben, eine vernünftige Annahme als ungünstigstes Szenario darstelle. Aus diesem Grund habe dieser Ausschuss seine Bewertung der Exposition der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit den Verwendungskategorien 2, 4 und 5 auf der Grundlage der vorgelegten Daten abschließen und feststellen können, dass das von den Antragstellern errechnete Expositionsniveau von 2 μg Cr (VI)/m3 einen geeigneten Ausgangspunkt für die vom SEAC durchgeführte sozioökonomische Analyse darstelle.

62.

Zweitens trägt die ECHA vor, dass der angefochtene Beschluss, soweit er sich auf die Bewertung des RAC hinsichtlich der Exposition der allgemeinen Bevölkerung stütze, auf Daten gestützt sei, die hinreichend die Exposition widerspiegelten, der die allgemeine Bevölkerung aufgrund der Weiterverwendung von Chromtrioxid ausgesetzt werden könne.

63.

Drittens macht die ECHA geltend, dass die Kommission auf der Grundlage der Bewertung durch den RAC und den SEAC tatsächlich über ausreichende Informationen verfügt habe, um zu entscheiden, ob der Nutzen der Zulassungserteilung gegenüber den Kosten im Zusammenhang mit den Risiken aus den zugelassenen Verwendungen überwiege. Genauer gesagt habe der SEAC in seiner Bewertung die Ansicht des RAC geteilt, wonach die Berechnungen, die auf der Schätzung der exponierten Bevölkerungsgruppen und der Dauer der Exposition beruhten und die von den Antragstellern vorgelegt worden seien, verwendet werden könnten, um die statistischen Schätzungen von Krebserkrankungen und somit die Kosten für die Weiterverwendung des Stoffes zu quantifizieren. Aufgrund der bestehenden Unsicherheiten habe sich der SEAC jedoch bei der Bewertung der Kosten der Weiterverwendung des Stoffes dafür entschieden, das ungünstigste Szenario zu wählen. Was die Berechnung der Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit im Fall der Arbeitnehmer anbelange, sei dies durch eine Erhöhung der finanziell bewerteten Auswirkungen auf die Gesundheit der Arbeitnehmer im Vergleich zu den von den Antragstellern berechneten Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit gelöst worden. Auch gestützt auf einen so pessimistischen Ansatz der Übernahme der mit der Weiterverwendung des Stoffes verbundenen Kosten habe der SEAC jedenfalls die Bewertung der Antragsteller bestätigt, dass der Nutzen der Weiterverwendung die Risiken, die sich daraus für die menschliche Gesundheit ergäben, überwiege.

2. Zum zweiten Teil des einzigen Klagegrundes: Fehlende Feststellung des Fehlens geeigneter Alternativstoffe oder ‑technologien für die Verwendungen 2, 4 und 5

64.

Mit dem zweiten Teil seines einzigen Klagegrundes macht das Parlament geltend, der angefochtene Beschluss sei unter Verstoß gegen Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung erlassen worden, da die Kommission nicht, wie diese Bestimmung verlange, festgestellt habe, dass es für die Verwendungen 2, 4 und 5, die Gegenstand des Zulassungsantrags seien, keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gebe. Das Parlament wendet sich insbesondere gegen die Vorgehensweise der Kommission, die in den Erwägungsgründen 18, 19 und 20 sowie in Art. 1 des angefochtenen Beschlusses eine Bezugnahme auf die „Hauptfunktionen, die für den vorgesehenen Verwendungszweck erforderlich sind“, aufgenommen habe, um, aufgrund von Ungewissheit über das Bestehen geeigneter Alternativen, den Umfang der Zulassung zu beschränken.

65.

Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung erlege dem Antragsteller die Beweislast hinsichtlich des Bestehens geeigneter Alternativen auf. Daraus folge, dass die Antragsteller das Risiko zu tragen hätten, dass es möglicherweise unmöglich sei, festzustellen, ob es solche Alternativen gebe. Folglich müsse die Beurteilung, ob Alternativen bestünden, es der Kommission gestatten, insoweit zu einem endgültigen Ergebnis zu gelangen, bevor sie eine Zulassungsentscheidung erlassen könne. Demgegenüber hindere eine Situation der Ungewissheit darüber, ob geeignete Alternativen bestünden oder nicht, die Kommission daran, die Zulassung zu erteilen. Die Möglichkeit, eine Zulassung von bestimmten Auflagen abhängig zu machen, erlaube es der Kommission nicht, die Mängel der von den Antragstellern vorgelegten Analyse der Alternativen oder die Mängel oder Lücken ihrer Bewertung zu beheben.

66.

Im vorliegenden Fall habe die Kommission, obwohl sie im 19. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt habe, dass die Antragsteller der Beweislast genügt hätten, indem sie das Fehlen geeigneter Alternativlösungen für die Verwendungskategorien 2, 4 und 5 nachgewiesen hätten, selbst die Auffassung vertreten, dass dies nur „in Bezug auf den begrenzten Umfang dieser Verwendungen“ der Fall sei, d. h. im Rahmen des beschränkten Umfangs dieser Verwendungen, wie er von der Kommission selbst festgelegt worden sei. Der angefochtene Beschluss stelle somit Auflagen für die Zulassung auf, die die Mängel des Antrags bei der Analyse der von den Antragstellern dargelegten Alternativlösungen (nämlich die Vorlage zu allgemeiner und begrenzter Daten im Hinblick auf sehr breite Beschreibungen der Verwendungen) beheben sollten.

67.

Außerdem sei zum Fehlen geeigneter Alternativen, das vor der Erteilung der Zulassung festzustellen sei, die Bezugnahme auf die „Hauptfunktionen, die für den vorgesehenen Verwendungszweck erforderlich sind“, nicht entscheidend. Mit anderen Worten habe die Kommission, indem sie Chromtrioxid für eine bestimmte Verwendung zugelassen habe, soweit eine der im angefochtenen Beschluss aufgezählten „Hauptfunktionen“ für diesen Verwendungszweck erforderlich sei, nicht festgestellt, ob eine dieser Funktionen für die fragliche Verwendung tatsächlich erforderlich gewesen sei, d. h., ob es unmöglich sei, sie mittels einer Alternativtechnologie oder eines Alternativstoffs oder jedenfalls ohne den Stoff, für den die Zulassung beantragt wurde, zu verwirklichen.

68.

Dass die Analyse hinsichtlich der Frage, ob geeignete Alternativen bestünden, unzureichend sei, werde durch den 27. Erwägungsgrund und Art. 5 des angefochtenen Beschlusses bestätigt. Die Informationspflicht zulasten der nachgeschalteten Anwender zeige, dass selbst in den Grenzen ihres angeblich begrenzten Umfangs, den die Kommission durch den Begriff „Hauptfunktionen“ definiert habe, noch Unsicherheiten hinsichtlich des Fehlens geeigneter Alternativen in Bezug auf die Verwendungen 2, 4 und 5 bestanden hätten. Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 5 des angefochtenen Beschlusses überlasse es den nachgeschalteten Anwendern, die im Beschluss aufgezählten Hauptfunktionen zu erläutern und zu rechtfertigen, dass eine dieser Funktionen tatsächlich für den vorgesehenen Verwendungszweck erforderlich sei. Mit anderen Worten müssten die nachgeschalteten Anwender, wenn sie Chromtrioxid verwenden, darlegen, dass diese Verwendung eine der Hauptfunktionen erfordere, für die es keine Alternativlösung gemäß der Zulassungsentscheidung gebe. Dies zeige, dass die im angefochtenen Beschluss im Vorhinein durchgeführte Analyse betreffend das Fehlen von Alternativen für die Verwendungen der Kategorien 2, 4 und 5 in Wirklichkeit nicht entscheidend gewesen sei und dass die Beweislast dafür, dass Chromtrioxid für diese Verwendungszwecke tatsächlich „erforderlich“ sei, d. h., dass keine geeignete Alternative zur Verfügung stehe, den nachgeschalteten Anwendern überlassen worden sei. Die zusätzlichen Informationen, die von den nachgeschalteten Anwendern im angefochtenen Beschluss verlangt würden, müssten es gestatten, zu beurteilen, ob die Voraussetzung des Fehlens von Alternativlösungen für die vorgesehenen Verwendungen erfüllt sei, aber ex post, erst nachdem diese Verwendungen von der Kommission zugelassen worden seien.

69.

Außerdem stelle die Bezugnahme auf die „Hauptfunktionen“ keine echte Beschränkung des Geltungsbereichs der erteilten Zulassung dar. Da die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht dargetan habe, wann und unter welchen Umständen diese „Hauptfunktionen“ für die in Rede stehenden Verwendungen erforderlich seien, handle es sich bei dieser Bezugnahme nämlich nur um eine Tautologie, da sie sich darauf beschränke, auf die allgemeinen Erfordernisse von Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung hinzuweisen, wonach der Stoff nur zugelassen werden könne, wenn er für die vorgesehene Verwendung erforderlich sei. Dies gelte umso mehr, als die im angefochtenen Beschluss aufgezählten „Hauptfunktionen“ in Wirklichkeit alle Funktionen von Chromtrioxid für die Verwendungen der Kategorien 2, 4 und 5 seien, die der SEAC in seinen Stellungnahmen identifiziert habe. In keinem der Erwägungsgründe des angefochtenen Beschlusses werde erläutert, unter welchen Umständen diese Funktionen erforderlich seien, d. h., dass keine geeigneten Alternativen zur Verfügung stünden, so dass die Verwendung in einem bestimmten Einsatz zulässig sei. Diese Beurteilung werde vollständig den nachgeschalteten Anwendern überlassen.

70.

Daraus folge, dass die Kommission nicht festgestellt habe, dass es vor Erteilung der Zulassung keine geeignete Alternative gegeben habe, wie es Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung verlange, und dass der angefochtene Beschluss daher unter Verstoß gegen diese Bestimmung erlassen worden sei.

71.

Das Parlament fügt hinzu, dass nach öffentlich zugänglichen Quellen ab dem Zulassungsantrag Alternativstoffe oder ‑technologien für verschiedene individuelle Anwendungen, die in den Verwendungen 2, 4 und 5 enthalten seien, in Wirklichkeit auf dem Markt vorhanden gewesen seien. Aufgrund der Verpflichtung, auch von Amts wegen die Voraussetzungen von Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung zu prüfen, hätte die Kommission vor Erteilung der Zulassung diese Möglichkeiten prüfen und feststellen müssen, ob sie „geeignet“ seien. Der angefochtene Beschluss enthalte jedoch keinen Hinweis auf eine solche Prüfung.

72.

Die Kommission ist der Ansicht, sie habe nicht gegen ihre Verpflichtung verstoßen, zu prüfen, ob es keine geeigneten Alternativen für die zugelassenen Verwendungen gebe, wie es Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung verlange.

73.

Die Kommission weist darauf hin, dass nach Art. 62 Abs. 3 der REACH-Verordnung Anträge für „eine oder mehrere Verwendungen“ gestellt werden könnten. Titel VII der REACH-Verordnung enthalte weder Bestimmungen über die Art und Weise, wie die Verwendung im Zulassungsantrag beschrieben werden müsse, noch über das erforderliche Detaillierungsniveau. Es sei Sache der Antragsteller, die Verwendung oder die Verwendungen, für die sie die Zulassung beantragten, zu definieren. Die Möglichkeit für vorgeschaltete Wirtschaftsteilnehmer (hauptsächlich Hersteller oder Importeure von Stoffen), einen Antrag für die gesamte Lieferkette zu stellen (sogenannte „upstream applications“), erlaube es, das Zulassungssystem zu rationalisieren.

74.

In diesem Zusammenhang stellt sich nach Auffassung der Kommission folgende Schlüsselfrage: Reicht es aus, wenn der Antragsteller nachweist, dass kein Alternativstoff oder keine Alternativtechnologie geeignet ist, die Anforderungen aller nachgeschalteten Anwender zu erfüllen, oder hat die Kommission zu prüfen, ob kein Alternativstoff oder keine Alternativtechnologie geeignet ist, jeden spezifischen Anwender in verschiedenen Sektoren in Anbetracht ihrer Besonderheiten zufriedenzustellen? Nachdem die Kommission in den ursprünglich erlassenen Zulassungsentscheidungen dem ersten Ansatz gefolgt sei, würde sie derzeit einen vermittelnden Ansatz wählen.

75.

Im vorliegenden Fall sei die Kommission, gestützt auf alle verfügbaren Informationen, davon ausgegangen, dass zuverlässige Beweise vorlägen, die allgemein und horizontal belegten, dass es keine geeigneten Alternativen für die im Zulassungsantrag definierten Verwendungen 2, 4 und 5 für alle identifizierten Sektoren gebe. Die Kommission sei jedoch auch davon ausgegangen, dass die Antragsteller nicht nachgewiesen hätten, dass es keine geeigneten Alternativen für jede mögliche nachgeschaltete Verwendung gebe, die es in diesen verschiedenen Sektoren möglicherweise geben könnte. Insbesondere hätten die ECHA und die Kommission geprüft, ob der Stoff bestimmte Funktionen und spezifische technische Merkmale besitze, die tatsächlich von keiner Alternative im Rahmen der Verwendungen 2, 4 und 5 hätten erfüllt werden können. Die ECHA und die Kommission seien jedoch nicht in der Lage gewesen, umfassend und zuverlässig zu überprüfen, ob jeder nachgeschaltete Anwender und jede bestehende nachgeschaltete Verwendung, die in den Rahmen der Zulassung gefallen sei, technisch diese Funktionen und technischen Merkmale erforderten. Die Kommission habe bewertet und festgestellt, dass diese technischen Merkmale wesentlich für die Anforderungen an die Produkte, die Sicherheit und die Normenkonformität der Geräte seien und dass die Annahme einer deutlich niedrigeren Qualität bei den Verwendungen 2, 4 und 5 technisch nicht durchführbar gewesen sei, wobei die verschiedenen Sektoren oder die verschiedenen Arten nachgeschalteter Verwendungen umfassend berücksichtigt worden seien. Die Kommission habe auch berücksichtigt, dass es in komplexen Versorgungsketten und Produktionsprozessen wesentlich sei, dass der Stoff alle Anforderungen erfülle, da die verschiedenen Produktionsschritte miteinander verbunden seien und nicht in verschiedene Segmente unterteilt werden könnten.

76.

Die Kommission habe somit die potenziellen Alternativen für die Verwendung des Stoffes umfassend bewertet und eine eingehende Prüfung des gesamten Anwendungsbereichs der Verwendungen 2, 4 und 5 vorgenommen, einschließlich der nachgeschalteten verschiedenen Sektoren und Verwendungsarten, die zu den Verwendungen gehörten, für die die Zulassung beantragt worden sei. Die Kommission habe einen Beschluss erlassen, in dem für jede spezifische Verwendung die Hauptfunktionen des Stoffes, die keine durchführbare Alternative habe bieten können, aufgeführt seien und die sie für diese Verwendung für erforderlich halte, und sie habe nur die Verwendungen zugelassen, für die diese Hauptfunktionen erforderlich seien.

77.

Der angefochtene Beschluss stelle daher nur eine teilweise Zulassung (und zugleich eine teilweise Ablehnung) des Zulassungsantrags dar, wie sich eindeutig aus Art. 1 Abs. 2 bis 4 dieses Beschlusses ergebe. Alle nachgeschalteten Anwender, die geltend machten, den Stoff, der Gegenstand der Zulassung sei, zu verwenden, müssten der ECHA die Verwendungen mitteilen, die sie aufgrund dieser Zulassung vornähmen, und die Hauptfunktion(en) des Stoffes angeben, die für ihre Tätigkeiten technisch erforderlich sei(en), und den Grund darlegen. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die Zugang zum Verzeichnis der nachgeschalteten Anwender der ECHA hätten, seien nach der REACH-Verordnung verpflichtet, sicherzustellen, dass diese in geeigneter Weise durchgeführt und angewandt werde. Dagegen habe die Kommission keine gesonderte Bewertung der Alternativlösungen für jeden nachgeschalteten Anwender oder jedes Produkt vorgenommen (was Tausende oder sogar Millionen gesonderter Bewertungen, je nach dem Grad der Spezifizität, erfordert hätte), was die REACH-Verordnung in keiner Weise verlange. Die Rolle der zuständigen Behörden bestehe gemäß den Bestimmungen der REACH-Verordnung darin, zu prüfen, ob die nachgeschalteten Anwender den zulassungspflichtigen Stoff tatsächlich verwendeten und keine andere nicht zugelassene Verwendung vornähmen. Es gebe keine Erwägung oder Analyse zum Bestehen von Alternativen in dieser Mitteilung an die ECHA.

78.

Entgegen dem Vorbringen des Parlaments verpflichte die in Art. 5 des angefochtenen Beschlusses enthaltene Auflage die nachgeschalteten Anwender keineswegs, Angaben über die Eignung von Alternativen zu machen. Sie verlange vielmehr von ihnen, gegenüber den zuständigen Behörden nachzuweisen, dass diese Hauptfunktionen von Chromtrioxid tatsächlich für ihre Verwendung erforderlich seien. Die nachgeschalteten Anwender müssten die spezifische Verwendung, die sie vornähmen, mitteilen und gegenüber der ECHA erklären, welchen industriellen, chemischen oder sonstigen Prozess sie bei ihren Tätigkeiten verwendeten, der (gesetzlich oder technisch) eine aufgelistete Hauptfunktion erfordere. Die Kommission bringt sodann vor, das Parlament könne sich nicht auf das angeführte Urteil Kommission/Schweden berufen. Dieses Urteil hindere die Kommission nicht daran, den Geltungsbereich ihrer Zulassungen anhand objektiver Kriterien zu beschränken.

79.

Die Kommission macht sodann geltend, dass, wenn der Gerichtshof eine Bewertung der nachgeschalteten Verwendungen im Rahmen eines Zulassungsantrags verlangen sollte, die detaillierter und spezifischer sein sollte als die derzeit durchgeführte, das gesamte Zulassungsverfahren viel komplexer würde, als es bereits der Fall sei. Dies liefe zum einen dem Ziel der REACH-Verordnung zuwider, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftszweigs der Union zu fördern und dabei insbesondere die potenziellen Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen zu berücksichtigen. Zum anderen würde eine strengere Konzeption der Bewertung der geeigneten Alternativen über die Verwaltungskapazitäten der ECHA, die in der REACH-Verordnung ausdrücklich berücksichtigt würden ( 17 ), hinausgehen und zur Begrenzung der Zahl der Stoffe, die Gegenstand einer Zulassung seien, verpflichten. Die Vervielfachung der Bewertung von Alternativen habe zur Folge, dass die Ermittlung neuer besonders besorgniserregender Stoffe blockiert werde. Nach dem Grundsatz der Abstufung müsse die Ermessensentscheidung der Kommission im Lauf der Zeit strenger werden. Der Ansatz bei der von der Kommission und der ECHA durchgeführten Bewertung der Zulassungsanträge sei das Ergebnis vieler Jahre Erfahrung und beruhe auf einem sehr heiklen Gleichgewicht zwischen wissenschaftlichen und sozioökonomischen Erwägungen sowie den zahlreichen mit der REACH-Verordnung verfolgten Zielen.

80.

Schließlich betreffe der Hinweis des Parlaments auf öffentlich zugängliche Quellen, in denen von Alternativen für Chromtrioxid die Rede sei, eine Studie der deutschen Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, die 2020, d. h. fünf Jahre nach Einreichung des Zulassungsantrags, veröffentlicht worden sei. Die Kommission bestreitet die Auslegung dieser Studie durch das Parlament.

81.

Im Rahmen ihrer Streithilfe zur Unterstützung der Kommission macht die ECHA erstens geltend, der SEAC sei in seiner Stellungnahme davon ausgegangen, dass die Antragsteller eine eingehende Bewertung der Alternativen vorgenommen hätten, insbesondere was den Aspekt der technischen Durchführbarkeit betreffe. Zwar habe der SEAC die Auffassung vertreten, dass die Vorgehensweise der Antragsteller in Bezug auf die Verwendungen 2, 4 und 5 nicht vollständig zufriedenstellend sei. Dieser Ausschuss habe jedoch die Schlussfolgerung der Antragsteller in Bezug auf die drei Verwendungen gebilligt, wonach es insgesamt vor dem Ablauftermin offenbar keine technisch durchführbaren Alternativlösungen gegeben habe.

82.

Zweitens hätten die Antragsteller rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass es keine geeigneten Alternativen für die Verwendungen gebe, wie sie unter Bezugnahme auf die Hauptfunktionen abgegrenzt worden seien. Um die Unsicherheit hinsichtlich der Fälle zu verringern, in denen es bereits Alternativen geben könnte, habe die Kommission die Zulassung auf die Verwendungen beschränkt, die technische Funktionen erforderten, die nicht durch bestehende Alternativen ersetzt werden könnten. Diese Hauptfunktionen stellten objektive Kriterien dar. Der Anwender müsse daher den Aufsichtsbehörden nur Informationen zur Verfügung stellen, die belegten, dass aufgrund objektiver technischer Anforderungen oder von Rechtsvorschriften die Hauptfunktion erforderlich sei. Eine subjektive Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens einer Alternativlösung durch den nachgeschalteten Anwender oder die Behörden sei nicht erforderlich.

83.

Diese Hauptfunktionen seien von den Antragstellern bei der Festlegung der Verwendung in ihrem Zulassungsantrag und bei der Analyse der verfügbaren Alternativen bestimmt worden. Sie hätten auch nachgewiesen, dass es keine Alternativen für die beantragten Verwendungen gebe, wenn diese Hauptfunktionen erforderlich seien.

3. Zum dritten Teil des einzigen Klagegrundes: Fehlerhafte Erteilung der Zulassung trotz der Mängel im Zulassungsantrag

84.

Mit dem dritten Teil seines einzigen Klagegrundes macht das Parlament geltend, der angefochtene Beschluss sei auch unter Verstoß gegen Art. 60 Abs. 7 der REACH-Verordnung erlassen worden, wonach eine Zulassung nur erteilt werde, wenn der Antrag gemäß den Anforderungen von Art. 62 Abs. 4 der REACH-Verordnung gestellt werde. Im vorliegenden Fall sei die Zulassung angesichts der lückenhaften Informationen und der Ungenauigkeiten im Zulassungsantrag unter Verstoß gegen diese Bestimmung erteilt worden.

85.

Zum einen gehe aus den Erwägungen im zweiten Teil des einzigen Klagegrundes hervor, dass der Erstantrag auf Zulassung die vorgesehenen Verwendungen nicht hinreichend präzise beschrieben und folglich nicht alle für die Analyse der Alternativen relevanten Informationen enthalten habe und dass dieser Antrag daher nicht mit Art. 62 Abs. 4 Buchst. e der REACH-Verordnung vereinbar gewesen sei. Zum anderen ergebe sich aus den Ausführungen im ersten Teil des einzigen Klagegrundes, dass der Erstantrag auf Zulassung nicht alle Informationen enthalten habe, die für die Bewertung der sich aus der Verwendung des fraglichen Stoffes ergebenden Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt relevant seien, und dass er daher nicht mit Buchst. d dieses Artikels in Einklang gestanden habe.

86.

Die Kommission trägt dagegen vor, dass der Zulassungsantrag der Antragsteller mit Art. 60 Abs. 7 der REACH-Verordnung im Einklang gestanden habe, was dadurch bestätigt werde, dass sowohl der RAC als auch der SEAC selbst davon ausgegangen seien, dass der Antrag trotz gewisser Lücken die Kriterien dieses Artikels erfülle.

B.   Rechtliche Würdigung

1. Vorbemerkungen

87.

Mit seiner Klage beantragt das Parlament die teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, soweit er die Zulassungen für die Verwendungen 2, 4 und 5 und die Verwendung 1 in Bezug auf die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 von Chromtrioxid betrifft. Hilfsweise, für den Fall, dass der Gerichtshof der Auffassung sein sollte, dass die in diesem Beschluss erteilte Zulassung für Verwendung 6 untrennbar mit den Zulassungen für andere Verwendungen verknüpft sei, beantragt das Parlament die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses insgesamt.

88.

Hierzu ist zunächst festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die teilweise Nichtigerklärung eines Unionsrechtsakts nur möglich ist, soweit sich die Teile, deren Nichtigerklärung beantragt wird, vom Rest des Rechtsakts trennen lassen. Insoweit hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass das Erfordernis der Abtrennbarkeit nicht erfüllt ist, wenn die teilweise Nichtigerklärung eines Rechtsakts zur Folge hätte, dass sein Wesensgehalt verändert würde ( 18 ).

89.

Im vorliegenden Fall erweist sich der angefochtene Beschluss als ein Bündel von Einzelzulassungen für bestimmte Verwendungen. Daraus folgt, dass, abgesehen von der Verwendung 1, für die die Zulassung offensichtlich mit den anderen Verwendungen verknüpft ist ( 19 ), die etwaige Nichtigerklärung der Zulassung für eine bestimmte Verwendung die für eine andere Verwendung erteilte Zulassung nicht berühren und daher den Wesensgehalt dieses Rechtsakts nicht verändern würde.

90.

Daraus folgt meines Erachtens, dass die Klage des Parlaments als zulässig anzusehen ist, soweit sie die teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses nur für die Verwendungen 2, 4 und 5 und die Verwendung 1 in Bezug auf die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 von Chromtrioxid beantragt.

91.

Vor einer eingehenden Prüfung der Argumente, die das Parlament in den drei Teilen seines einzigen Klagegrundes vorgebracht hat, halte ich es jedoch für angebracht, auf bestimmte Grundsätze hinzuweisen, die in der Rechtsprechung zu der Analyse entwickelt worden sind, die im Rahmen des sogenannten „sozioökonomischen“ Zulassungsverfahrens nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung vorzunehmen ist. Diese Rechtsprechungsgrundsätze liefern wesentliche Anhaltspunkte, anhand deren ich anschließend die in der Klageschrift vorgebrachten Argumente prüfen werde.

2. Rechtsprechungsgrundsätze zur Prüfung der Anforderungen nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung

92.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Unionsgerichte Gelegenheit hatten, klarzustellen, dass aus Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung in Verbindung mit deren 69. Erwägungsgrund ( 20 ) hervorgeht, dass im Rahmen des sogenannten „sozioökonomischen“ Zulassungsverfahrens der Antragsteller beweisen muss, dass die beiden in dieser Bestimmung für die Erteilung der Zulassung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind ( 21 ).

93.

Diese Ausgestaltung der dem Antragsteller obliegenden Beweislast führt dazu, dass der Antragsteller gegebenenfalls das Risiko der Unmöglichkeit der Feststellung des Vorliegens einer oder beider Voraussetzungen nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung trägt ( 22 ).

94.

In diesem Zusammenhang benennt Art. 62 Abs. 4 der REACH-Verordnung die Informationen, die der Antragsteller zum Zeitpunkt der Einreichung seines Zulassungsantrags vorlegen muss. Insbesondere ist den Zulassungsanträgen nach dieser Bestimmung u. a. ein Stoffsicherheitsbericht beizufügen ( 23 ). Dieser Bericht ist nach Anhang I dieser Verordnung zu erstellen, und er behandelt die Risiken für die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt, die sich aufgrund der in Anhang XIV aufgeführten inhärenten Eigenschaften aus der Verwendung des fraglichen Stoffes ergeben.

95.

Insbesondere aus dem angeführten Anhang I Nr. 5.2.4 geht hervor, dass die Abschätzung der Expositionshöhe für alle Bevölkerungsgruppen (Arbeitnehmer, Verbraucher und Menschen, bei denen es indirekt über die Umwelt zu einer Exposition kommen könnte), die im Stoffsicherheitsbericht durchgeführt wird, eine Reihe von Gesichtspunkten berücksichtigen muss, die in diesem Punkt aufgeführt sind, wovon der erste genannte Gesichtspunkt „auf geeignete Weise gewonnene, repräsentative Expositionsdaten“ betrifft.

96.

Sodann geht aus der Rechtsprechung auch hervor, dass die Kommission bei der Prüfung der Tatbestandsmerkmale von Art. 60 Abs. 4 und 5 der REACH-Verordnung ermitteln muss, ob alle entscheidungserheblichen Tatsachen und ihre technischen und wirtschaftlichen Beurteilungen den Schluss zulassen, dass sie tatsächlich erfüllt sind ( 24 ). Sie ist insoweit verpflichtet, die relevanten Informationen von Amts wegen zu prüfen, denn ihre Rolle ist nicht die eines Schiedsrichters, dessen Befugnisse sich darauf beschränken, anhand der von den am Zulassungsverfahren beteiligten interessierten Kreisen beigebrachten Informationen und Beweise eine Entscheidung zu fällen. Die Kommission muss aufgrund ihrer Verpflichtung, die Tatbestandsmerkmale von Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung von Amts wegen zu prüfen, nach den Grundsätzen einer guten Verwaltungsführung und eingedenk ihrer Sorgfaltspflicht mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zur Aufklärung des rechtserheblichen Sachverhalts beitragen ( 25 ).

97.

Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Stellungnahmen des RAC und des SEAC den Wert wissenschaftlicher Gutachten haben und dass die Kommission nicht an diese Stellungnahmen gebunden ist. Allerdings hindert nichts die Kommission daran, die in der Stellungnahme eines der ECHA-Ausschüsse vorgenommenen Beurteilungen teilweise oder ganz zu übernehmen, ohne dass sie im Übrigen verpflichtet wäre, diese jedes Mal wiederzugeben oder an die Stelle ihrer eigenen Begründung zu setzen ( 26 ).

98.

In diesem Zusammenhang darf die Kommission jedoch eine Zulassung nicht auf der Grundlage bloßer Vermutungen erteilen, die durch die ihr zur Verfügung stehenden Informationen weder bestätigt noch widerlegt werden ( 27 ).

99.

Um zu einer endgültigen Schlussfolgerung hinsichtlich des Vorliegens der beiden Voraussetzungen von Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung zu gelangen, muss die Kommission zuvor eine ausreichende Zahl relevanter und verlässlicher Informationen geprüft haben, die ihr den Schluss ermöglichen, dass entweder die Anforderung nicht erfüllt ist oder dass, auch wenn einige Ungewissheiten fortbestanden, diese Ungewissheiten zur Zeit des Erlasses des angefochtenen Beschlusses als unerheblich anzusehen waren ( 28 ).

100.

Wenn am Ende der Prüfung der Voraussetzungen nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung für die Erteilung der Zulassung Ungewissheiten bezüglich der wissenschaftlichen Beurteilung fortbestehen, die weder durch die vom Antragsteller auf Verlangen der Kommission oder eines der ECHA‑Ausschüsse gemachten Angaben noch durch die von der Kommission oder den genannten Ausschüssen oder von Dritten oder von Mitgliedstaaten eingeholten Informationen ausgeräumt werden konnten, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das in Rede stehende Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt und die Kommission nicht befugt ist, eine – sei es auch an Auflagen geknüpfte – Zulassung zu erteilen ( 29 ).

101.

Zu den Auflagen, von denen die Kommission die Erteilung einer Zulassung abhängig machen kann, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass grundsätzlich die nach Art. 60 Abs. 8 und Abs. 9 Buchst. d und e der REACH-Verordnung verhängten Auflagen ungeachtet ihres Inhalts nicht darauf gerichtet sein können, etwaige Mängel eines Zulassungsantrags oder der im Zulassungsantrag enthaltenen Analyse der Alternativen oder etwaige Unzulänglichkeiten der von der Kommission vorgenommenen Prüfung der in Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung enthaltenen Voraussetzungen zu beheben ( 30 ).

102.

Mit anderen Worten kann die Möglichkeit, eine Zulassung an bestimmte Auflagen zu knüpfen, nicht dahin ausgelegt werden, dass die Kommission die Frage, ob die Voraussetzungen von Art. 60 der REACH-Verordnung erfüllt sind, unbeantwortet lassen darf und als Reaktion auf diese Situation die Zulassung an Auflagen knüpfen darf, die darauf gerichtet sind, etwaige Mängel oder Lücken der ihr nach dieser Bestimmung obliegenden Beurteilung auszugleichen ( 31 ).

103.

Im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen nach Art. 60 der REACH-Verordnung muss die Kommission nämlich feststellen, ob die Gesamtheit der insofern maßgeblichen Tatsachen sowie technischen und wirtschaftlichen Beurteilungen den Schluss zulassen, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift tatsächlich erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall, darf die Kommission keine Zulassung – auch nicht unter Auflagen – erteilen ( 32 ).

104.

Im Licht der in den vorstehenden Nummern angeführten Rechtsprechungsgrundsätze ist das Vorbringen der Parteien zu prüfen.

3. Zum ersten Teil des einzigen Klagegrundes: Fehlen einer abschließenden Bewertung in Bezug auf die Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt

105.

Mit dem ersten Teil seines einzigen Klagegrundes macht das Parlament im Wesentlichen geltend, dass die Beurteilung der ersten in Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung vorgesehenen Voraussetzung – nämlich „dass der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben“, im angefochtenen Beschluss zwangsläufig mit einem Mangel behaftet sei, weil erhebliche Unsicherheiten bei der Bewertung der Risiken für die Arbeitnehmer und die allgemeine Bevölkerung über die Umwelt bestünden, die im angefochtenen Beschluss selbst ausdrücklich anerkannt würden und die sich aus dem wenig repräsentativen und unvollständigen Charakter der insoweit von den Antragstellern in ihrem Zulassungsantrag übermittelten Informationen ergebe. Die Kommission habe es somit versäumt, zu einer abschließenden Bewertung der Risiken von Chromtrioxid für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu gelangen, sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Antragsteller der ihnen obliegenden Beweislast genügt hätten, und habe versucht, diese Mängel im Zulassungsantrag und in der auf der Grundlage dieses Antrags vorgenommenen Bewertung durch die verhängten Auflagen auszugleichen.

106.

Um auf diese Rügen einzugehen, ist der angefochtene Beschluss im Licht der entsprechenden Stellungnahmen der beratenden Ausschüsse der ECHA im Einzelnen zu prüfen.

a) Prüfung des angefochtenen Beschlusses

107.

Was als Erstes die Bewertung der Risiken der Verwendungen von Chromtrioxid für die Arbeitnehmer betrifft, hat die Kommission laut dem zehnten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses selbst ausdrücklich festgestellt, dass zu den Verwendungen 1, 2, 4 und 5 der RAC in seiner Stellungnahme zu dem Schluss gelangt war, dass „erhebliche Unsicherheiten“ im Hinblick auf die Exposition der Arbeitnehmer bestünden, da nur eingeschränkt gemessene, d. h. auf tatsächliche, von den Antragstellern vorgelegte Daten gestützte, Expositionswerte vorhanden gewesen seien.

108.

Im zehnten Erwägungsgrund hat die Kommission außerdem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der RAC ferner gefolgert habe, dass es aufgrund eines „fast durchgängigen Mangels an Kontextinformationen“ schwierig gewesen sei, eine Verbindung zwischen den Verwendungsbedingungen, den in dem Antrag beschriebenen Maßnahmen für das Risikomanagement und den behaupteten Expositionswerten für bestimmte Aufgaben und Anlagen herzustellen, was den RAC an einer weiteren Bewertung gehindert habe.

109.

In diesem zehnten Erwägungsgrund hat die Kommission auch darauf hingewiesen, dass diese Unsicherheiten „die Zuverlässigkeit und den repräsentativen Charakter der Expositionswerte sowie den Zusammenhang mit den geltenden spezifischen Maßnahmen für das Risikomanagement“ betroffen hätten, insbesondere für die Verwendung 4, wo neben dem Tauchbad verschiedene Tätigkeiten, darunter das Besprühen, Walzen oder Bürsten, und die Bearbeitungsvorgänge vom Antrag betroffen sind und die Antragsteller nicht in der Lage waren, die kombinierte Exposition betreffend alle diese Aufgaben in vollem Umfang zu beurteilen.

110.

Eine Analyse der Stellungnahmen des RAC zu den Verwendungen 1, 2, 4 und 5 ermöglicht es, die Erwägungen im zehnten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genauer zu verstehen.

111.

So geht in Bezug auf die Verwendung 1 aus der einschlägigen Stellungnahme des RAC hervor, dass dieser Ausschuss die Analyse der Exposition mit der Feststellung abschloss, es bestünden „erhebliche Unsicherheiten bei der Bewertung der Exposition von Arbeitnehmern in Bezug auf etwa 30 Standorte aufgrund eingeschränkter (acht Messungen) und variabler Expositionsdaten sowie des durchgängigen Mangels an Kontextinformationen“. Der RAC wies auch darauf hin, dass diese Unsicherheiten „durch Modellrechnungen [hätten] verringert werden können, die die Antragsteller jedoch nicht vorgelegt haben, obwohl sie vom RAC angefordert worden waren“ ( 33 ).

112.

In derselben Stellungnahme wies der RAC auch darauf hin, dass die Antragsteller keine Verbindung zwischen den Verwendungsbedingungen und den Maßnahmen für das Risikomanagement zum einen und den von den Antragstellern behaupteten Expositionswerten zum anderen nachgewiesen hätten, aufgrund des Mangels an Kontextinformationen zu den Messungen, was den RAC an einer weiteren Bewertung gehindert habe ( 34 ). Dies hatte auch Auswirkungen auf die Analyse der Geeignetheit und Wirksamkeit der im Zulassungsantrag beschriebenen Verwendungsbedingungen und der Maßnahmen für das Risikomanagement, so dass der RAC zu dem Ergebnis kam, dass hinsichtlich der Beschreibung dieser Bedingungen und Maßnahmen und ihrer Geeignetheit, das Risiko der Arbeitnehmer angemessen zu begrenzen, „erhebliche Unsicherheiten“ bestünden ( 35 ).

113.

In Bezug auf die Verwendungen 2, 4 und 5 geht aus den jeweiligen Stellungnahmen des RAC hervor, dass dieser Ausschuss auf die Diskrepanzen bei jeder einzelnen Verwendung hingewiesen hat, für die ein Antrag gestellt wurde, und zwar zum einen bezüglich der Gesamtzahl von Anlagen, die nach Ansicht der Antragsteller von dem Antrag betroffen sein könnten (bis zu 1590 Anlagen), und der Mitglieder des Konsortiums von Unternehmen, das die Zulassung beantragt hat (Chromium Trioxide REACH Authorization Consortium), von über 150 Unternehmen und zum anderen bezüglich der übermittelten gemessenen Expositionswerte (sechs bis 23 Anlagen für die Verwendungen 1 bis 5) ( 36 ).

114.

Aus dieser Erwägung in den angeführten Stellungnahmen des RAC ergibt sich, dass die Angaben der Antragsteller zur Messung der Exposition der Arbeitnehmer im Zulassungsantrag eine Zahl von Anlagen zwischen 0,3 % und 1,44 % der Anlagen betrafen, in denen die Verwendung von Chromtrioxid, für die die Zulassung beantragt wurde, erfolgte.

115.

Was insbesondere die Verwendung 2 betrifft, geht aus der entsprechenden Stellungnahme des RAC hervor, dass die Zahl der möglichen Arbeitsorte in der Union, an denen ein Funktionalverchromen stattfindet, von den Antragstellern auf bis zu 1590 geschätzt wurde, dass sie ihre Bewertung der Exposition aber auf die Grundlage von gemessenen Daten von 23 Unternehmen aus sieben verschiedenen Staaten gestützt hätten, die weniger als 2 % der Unternehmen ausmachten, die diese Verwendung nutzten ( 37 ).

116.

Was die Verwendungen 4 und 5 betrifft, geht aus den entsprechenden Stellungnahmen des RAC hervor, dass die Zahl der potenziellen Anlagen in der Union, die diese Verwendungen ausführen, von den Antragstellern auf bis zu 374 bzw. 515 geschätzt wurde, dass die Antragsteller aber ihre Bewertung der Exposition betreffend Tätigkeiten der Oberflächenbehandlung auf Daten gestützt hatten, die von elf Betrieben gemessen wurden (die etwa 3 % der Unternehmen darstellten, die nach Ansicht der Antragsteller diese Verwendungen ausführten), und auf Daten, die aus Studien hauptsächlich aus westeuropäischen Ländern stammen ( 38 ).

117.

Für alle diese drei Verwendungen vertrat der RAC in seinen Stellungnahmen die Auffassung, dass, obwohl im Allgemeinen die Daten aus den jüngsten Studien (und im Fall der Verwendung 2 die von den Antragstellern vorgelegten Modellrechnungen) als Stütze für deren Schätzung eines höchsten individuellen Expositionswerts von 2 μg Cr (VI)/m3 angesehen werden könnten, sowohl die zur Verfügung stehenden Daten in diesen Studien als auch die von den Antragstellern vorgelegten Daten eine Schwankung der Expositionshöhe aufwiesen, die auch Expositionshöhen über dem vorgeschlagenen Grenzwert von 2 μg Cr (VI)/m3 umfassten. Diese Feststellung führte den RAC zu der Auffassung, dass es klare Nachweise für höhere Expositionen als den vorgeschlagenen Grenzwert gab ( 39 ).

118.

Zu den Verwendungen 4 und 5 kam der RAC auch zu dem Ergebnis, dass für bestimmte in die Verwendungen einbezogene Tätigkeiten ( 40 ) nur die Modellierungsdaten vorgelegt worden seien und dass die Antragsteller nicht in der Lage gewesen seien, die kombinierte Exposition in Bezug auf alle diese Tätigkeiten in vollem Umfang zu beurteilen, und dass der RAC der Ansicht sei, dass hingegen gemessene, d. h. tatsächliche Daten für eine zuverlässige Bewertung der Exposition der Arbeitnehmer erforderlich seien ( 41 ).

119.

Für alle vier oben angeführten Verwendungen (Verwendung 1, 2, 4 und 5) gelangte der RAC auch zu dem Ergebnis, dass sich die größte Unsicherheit aus dem Fehlen einer klaren Verbindung zwischen den Verwendungsbedingungen, den Risikomanagementmaßnahmen und den für spezifische Aufgaben und Anlagen angegebenen Expositionswerten ergebe und dass er dieses Fehlen ausdrücklich als substanzielle Schwäche des Antrags ansehe ( 42 ).

120.

Was als Zweites die Bewertung der Risiken betrifft, die sich aus einer indirekten Exposition von Menschen durch die Emissionen von Chromtrioxid in die Umwelt ergeben, geht aus dem elften Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission gemäß den Schlussfolgerungen des RAC davon ausging, dass auch Unsicherheiten bei der Bewertung der Exposition der allgemeinen Bevölkerung gegenüber dem Stoff über die Umwelt auf lokaler Ebene bestünden, insbesondere was die Emission von Chrom (VI) über Abwasser betrifft, und dass dies besonders bei der oralen Exposition durch das Trinkwasser von besonderer Bedeutung gewesen sei.

121.

Für alle vier in Rede stehenden Verwendungen (d. h. die Verwendungen 1, 2, 4 und 5) geht aus den entsprechenden Stellungnahmen hervor, dass der RAC zu dem Ergebnis gelangt ist, die Antragsteller hätten keine Bewertung in Bezug auf die Emission in Abwasser vorgelegt und das habe zu Unsicherheiten in der Analyse des RAC geführt. In diesen Stellungnahmen hatte der RAC ausdrücklich die Auffassung vertreten, dass diese Frage in der Analyse der Antragsteller umfassender hätte behandelt werden müssen und dass daher Unsicherheit hinsichtlich ihrer Behauptung bestehe, wonach diese Emission unbedeutend sei. Aus diesen Stellungnahmen ergibt sich weiter, dass der RAC auch den repräsentativen Charakter der Daten betreffend die Exposition der allgemeinen Bevölkerung über Inhalation als unsicher ansah – auch wenn dieser Ausschuss der Ansicht war, dass der von den Antragstellern verfolgte Ansatz „wahrscheinlich“ die Exposition des „Großteils“ der Bevölkerung überschätze –, da die insoweit von den Antragstellern vorgelegten Daten etwa 1 % der Betriebe, die die Verwendung 2 vornahmen, und weniger als 2 % für die Verwendungen 4 und 5 darstellten ( 43 ).

b) Würdigung

122.

Aus der Analyse des angefochtenen Beschlusses und der Stellungnahmen des RAC in den vorstehenden Nummern geht zunächst hervor, dass es, wie die Kommission im Übrigen in ihren Schriftsätzen selbst einräumt, nach der Analyse aller verfügbaren relevanten Informationen in Bezug auf die Exposition, insbesondere der Arbeitnehmer, gegenüber Chromtrioxid im Rahmen der Verwendungen, für die die Zulassung beantragt worden war, eine Reihe von Unsicherheiten gab, die die Kommission im angefochtenen Beschluss selbst als „erheblich“ eingestuft hat.

123.

Insoweit macht die Kommission geltend, dass jede wissenschaftliche Bewertung definitionsgemäß Unsicherheiten mit sich bringe und dass dies für sich genommen eine wissenschaftliche Bewertung nicht fehlerhaft mache. Wie sich jedoch aus der oben in Nr. 99 angeführten Rechtsprechung ergibt, hat der Gerichtshof im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung den Grad der akzeptablen Ungewissheit unzweifelhaft ermittelt, indem er klargestellt hat, dass er „unerheblich“ sein muss.

124.

Aus dieser in den vorstehenden Nummern vorgenommenen Analyse ergibt sich jedoch, dass, da im vorliegenden Fall die noch bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der Exposition gegenüber Chromtrioxid, zumindest betreffend die Arbeitnehmer, „erheblich“ waren, nicht davon ausgegangen werden konnte, dass sie bloß „unerheblich“ im Sinne dieser Rechtsprechung waren. Außerdem wurden weder im angefochtenen Beschluss noch in den Stellungnahmen des RAC die Unsicherheiten sowohl hinsichtlich der Exposition der Arbeitnehmer als auch hinsichtlich der indirekten Exposition von Menschen durch die Emissionen von Chromtrioxid in die Umwelt als „unerheblich“ eingestuft.

125.

Sodann ergibt sich aus dieser Prüfung, dass diese Ungewissheiten einen der grundlegenden Aspekte betrafen, der bei der Analyse zu berücksichtigen ist, um das Vorliegen der ersten Voraussetzung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung, nämlich das Risiko, das aus den Verwendungen des fraglichen Stoffes entsteht, und die Angemessenheit und Wirksamkeit der vorgeschlagenen Risikomanagementmaßnahmen, zu bestimmen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Buchst. a dieser Bestimmung ausdrücklich vorsieht, dass dieser Aspekt bei der Analyse, die im Rahmen des sogenannten „sozioökonomischen“ Zulassungsverfahrens vorzunehmen ist, berücksichtigt wird.

126.

Sodann geht aus diesen Stellungnahmen des RAC hervor – und wird im Übrigen von der Kommission selbst in ihren Schriftsätzen eingeräumt –, dass bestimmte wesentliche Unsicherheiten betreffend die Exposition gegenüber Chromtrioxid und damit betreffend das Risiko, das sich aus den Verwendungen dieses Stoffes ergibt, nicht auf die Natur des Antrags selbst zurückzuführen waren, sondern vielmehr auf den Ansatz, den die Antragsteller in Bezug auf den sehr weiten Umfang des Antrags gewählt hatten, und die von ihnen gewählte Methode, die eine erhebliche Verringerung der verfügbaren Daten für die Analyse zur Folge hatte ( 44 ).

127.

Insoweit geht jedoch, wie in den Nrn. 92 und 93 ausgeführt, aus der Rechtsprechung hervor, dass die Beweislast dafür, dass die in Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind, dem Antragsteller obliegt und dass er gegebenenfalls das Risiko der Unmöglichkeit der Feststellung des Vorliegens einer dieser Voraussetzungen trägt. Dieser Grundsatz muss erst recht gelten, wenn die erheblichen Unsicherheiten hinsichtlich der Daten, die für die Durchführung einer angemessenen wissenschaftlichen Bewertung erforderlich sind und die am Ende der Prüfung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen bestehen bleiben, die Folge von Entscheidungen sind, die der Antragsteller selbst getroffen hat.

128.

Auch aus der oben in den Nrn. 107 bis 121 vorgenommenen Prüfung des angefochtenen Beschlusses und der Stellungnahmen des RAC geht hervor, dass sich die Bewertung der Exposition der Arbeitnehmer auf gemessene Daten betreffend eine Anzahl von Anlagen gestützt hat, in denen die Verwendungen von Chromtrioxid, für die die Zulassung beantragt wurde, vorgenommen wurden, oder von Unternehmen, die diese Verwendungen vornahmen, die jedenfalls unter 3 % der Gesamtmenge lagen. Bei einer Analyse, die auf einer derart begrenzten Menge tatsächlicher Daten beruht, kann meines Erachtens nicht davon ausgegangen werden, dass sie auf eine ausreichende Zahl relevanter Informationen im Sinne der oben in Nr. 99 angeführten Rechtsprechung gestützt ist. Wie sich aus der vorstehenden Nr. 121 ergibt, hatten die von den Antragstellern vorgelegten Daten zur Exposition des „Großteils“ der Bevölkerung gegenüber dem Stoff durch Inhalation ebenfalls eine sehr begrenzte Repräsentativität.

129.

Außerdem kann meines Erachtens nicht davon ausgegangen werden, dass eine derart begrenzte Menge an Daten über die tatsächliche Exposition der Anforderung aus Art. 62 Abs. 4 in Verbindung mit Anhang I Nr. 5.2.4 der REACH-Verordnung entspricht, wonach der Antragsteller „auf geeignete Weise gewonnene, repräsentative Expositionsdaten“ vorzulegen hat, um eine Abschätzung der Expositionshöhe für alle Bevölkerungsgruppen (Arbeitnehmer, Verbraucher und Menschen, bei denen es indirekt über die Umwelt zu einer Exposition kommen könnte) zu gestatten.

130.

Im Übrigen hat die Kommission, wie sich aus der vorstehenden Nr. 109 ergibt, im angefochtenen Beschluss selbst ebenso wie der RAC hervorgehoben, dass die vorgelegten Daten zur Exposition, insbesondere der Arbeitnehmer, gegenüber Chromtrioxid nicht repräsentativ seien.

131.

Was insoweit das Vorbringen der Kommission und der ECHA betrifft, wonach sich die vom RAC durchgeführte Analyse jedoch auch auf andere Daten wie die aus jüngeren Studien oder aus vorgelegten Modellrechnungen betreffend Verwendung 2 gestützt habe, weise ich darauf hin, dass sich aus den vorgenannten Stellungnahmen des RAC sowie aus dem angefochtenen Beschluss ergibt, dass diese zusätzlichen Daten nicht geeignet waren, das Vorliegen erheblicher Unsicherheiten in Bezug auf die Exposition gegenüber dem fraglichen Stoff, insbesondere im Hinblick auf die Arbeitnehmer, auszuschließen.

132.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie dem 69. Erwägungsgrund der REACH-Verordnung zu entnehmen ist, um „ein hinreichend hohes Maß an Schutz der menschlichen Gesundheit, … sicherzustellen, … bei besonders besorgniserregenden Stoffen entsprechend dem Vorsorgeprinzip mit großer Umsicht vorgegangen werden [sollte]“. Außerdem sollte, wie sich aus den Vorarbeiten zur REACH-Verordnung ergibt, mit der Zulassungsregelung für die besonders besorgniserregenden Stoffe insbesondere das Ziel verfolgt werden, die Probleme des Fehlens von Daten über die Exposition gegenüber diesen Stoffen zu lösen, insbesondere was die nachgeschalteten Anwender betrifft, was auch erklärt, warum dem Antragsteller die Beweislast für die Vorlage dieser Daten auferlegt wurde ( 45 ).

133.

In diesem Kontext erscheint ein Ansatz, der es erlaubt, die Verwendungen eines besonders besorgniserregenden Stoffes auf der Grundlage einer sehr begrenzten Zahl tatsächlicher und spezifischer Daten zuzulassen, die durch allgemeine Daten bestätigt würden, die nicht geeignet sind, die verbleibenden erheblichen Unsicherheiten zu beseitigen, meines Erachtens offensichtlich unvereinbar mit dem Erfordernis, diese Arten von Stoffen mit großer Umsicht zu behandeln. Ließe man zu, dass jemand eine Zulassung für die Verwendung eines solchen Stoffes beantragen kann, indem er nur eine sehr begrenzte Zahl tatsächlicher und spezifischer Daten zur Situation in den Anlagen vorlegt, in denen dieser Stoff verwendet wird, liefe dies meines Erachtens offenkundig der Logik des mit der REACH-Verordnung eingeführten Systems zuwider.

134.

Im Übrigen können die Anforderungen an die Beweislast nicht vom Umfang des Zulassungsantrags in dem Sinne abhängen, dass sie als weniger streng angesehen werden können, wenn sich der Antrag auf eine große Zahl von Verwendungen und damit auf Anlagen und Unternehmen bezieht, die möglicherweise von diesen Verwendungen betroffen sind. Deshalb ist meines Erachtens das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, wonach es nicht verhältnismäßig gewesen wäre, von den Antragstellern zu verlangen, gemessene Daten von mehr als 1500 Anlagen von nachgeschalteten Anwendern für alle vom Antrag betroffenen Verwendungen vorzulegen. Es war nicht erforderlich, dass die Antragsteller Daten über alle Anlagen der nachgeschalteten Anwender vorlegten, aber es war erforderlich, repräsentative Daten und eine ausreichende Zahl verlässlicher Informationen vorzulegen, anhand deren die wissenschaftliche Beurteilung auf tatsächliche Daten gestützt werden konnte, die angemessen und nicht abstrakt die tatsächliche Exposition, insbesondere der Arbeitnehmer, gegenüber dem besonders besorgniserregenden Stoff darstellten.

135.

Wie die Kommission in ihrem Vorbringen zum zweiten Teil des einzigen Klagegrundes ausgeführt hat ( 46 ), erlaubt es zwar die Möglichkeit für vorgeschaltete Wirtschaftsteilnehmer, einen Antrag für die gesamte Lieferkette zu stellen (sogenannte „upstream applications“), das Zulassungssystem zu rationalisieren und es effizienter zu machen. Diese Rationalisierung kann jedoch nicht auf Kosten der Strenge der Analyse der Wirkungen der Exposition gegenüber besonders besorgniserregenden Stoffen auf die menschliche Gesundheit vorgenommen werden. Auch für diese Arten von Zulassungsanträgen müssen nach der Rechtsprechung die Informationen, auf die sich die Prüfung stützt, relevant, verlässlich und in ausreichender Zahl vorhanden sein, und die eventuell verbleibenden Unsicherheiten müssen für die Erteilung der Zulassung als unerheblich angesehen werden können.

136.

Wie sich jedoch ausdrücklich aus dem angefochtenen Beschluss und der Stellungnahme des RAC ergibt, war dies hier aufgrund des Mangels an Daten über die tatsächliche Exposition gegenüber dem besonders besorgniserregenden Stoff sowie der großen Variabilität der Anlagen und Behandlungen des Stoffes und des Fehlens einer hinreichend klaren Verbindung zwischen den Verwendungsbedingungen, den Risikomanagementmaßnahmen und den Expositionswerten für spezifische Aufgaben und Anlagen offensichtlich nicht der Fall.

137.

Sodann geht das oben in Nr. 55 angeführte Vorbringen der Kommission, der angefochtene Beschluss trage jedenfalls insoweit zum Schutz der Arbeitnehmer bei, als er ihre Exposition gegenüber Chromtrioxid im Vergleich zu der nach den geltenden Rechtsvorschriften zulässigen verringern würde, meines Erachtens ins Leere. Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung sieht nämlich keineswegs vor, dass die Zulassung der Verwendung eines besonders besorgniserregenden Stoffes davon abhängt, ob der Zulassungsbeschluss zu einer Verringerung der Exposition gegenüber dem Stoff im Vergleich zu den bestehenden Rechtsvorschriften führt.

138.

Zu dem Vorbringen, das Parlament habe die Stellungnahme des SEAC nicht berücksichtigt, weise ich zunächst darauf hin, dass die Kommission keinen konkreten Hinweis geliefert hat, um ihre Behauptung zu untermauern, dass der SEAC die Gründe dargelegt habe, aus denen die vom RAC bewerteten Daten ausreichend gewesen seien. Jedenfalls kann angesichts der in den vorstehenden Nummern dargelegten und von der Kommission und vom RAC anerkannten erheblichen Unsicherheiten eine Bewertung des Risikos aus der Exposition gegenüber dem Stoff, wie sie hier vorliegt, wobei diese Bewertung sodann die Grundlage für eine ausgewogene Abwägung zwischen Risiken und Nutzen darstellt, wie es Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung im Rahmen des sogenannten „sozioökonomischen“ Zulassungsverfahrens verlangt, nicht als mit den Anforderungen der Rechtsprechung in den vorstehenden Nrn. 99 und 100 vereinbar angesehen werden.

139.

Das Parlament macht noch geltend, dass Art. 2 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses, gerade um diese Unsicherheiten und Mängel zu beheben, die Zulassung von der Bedingung abhängig gemacht habe, dass im Überprüfungsbericht wesentliche Daten übermittelt würden, die bei der Bewertung des fraglichen Risikos fehlten.

140.

Hierzu ist festzustellen, dass Art. 2 des angefochtenen Beschlusses eine Reihe von Verpflichtungen der Inhaber der Zulassung und der nachgeschalteten Anwender vorsieht. Nach diesem Artikel müssen die Zulassungsinhaber spezifische Expositionsszenarien entwickeln (Art. 2 Abs. 2), sie den nachgeschalteten Anwendern zur Verfügung stellen, die verpflichtet sind, sie anzuwenden (Art. 2 Abs. 3), und diese Szenarien auf der Grundlage einer Analyse der Daten über die tatsächliche Exposition und die gemessenen Emissionen des Stoffes, die ihnen von den nachgeschalteten Anwendern mitgeteilt wurden, prüfen und validieren (Art. 2 Abs. 4). Die Zulassungsinhaber und die nachgeschalteten Anwender müssen sodann Überwachungsprogramme durchführen, die für die Verwendungsbedingungen und Risikomanagementmaßnahmen repräsentativ sind (Art. 2 Abs. 6). Sodann müssen die nachgeschalteten Anwender die mittels dieser Überwachungsprogramme gesammelten Informationen der ECHA und den Zulassungsinhabern zur Überprüfung und Validierung der Expositionsszenarien zur Verfügung stellen (Art. 2 Abs. 9).

141.

In diesem Kontext spricht zwar nichts dagegen, Auflagen zu machen, die es gestatten, im Lauf der Zeit eine detailliertere Darstellung der Prozesse der Verwendung des besonders besorgniserregenden Stoffes durch Daten der Zulassungsinhaber in Zusammenarbeit mit ihren nachgeschalteten Anwendern zu erhalten, doch geht aus dem zwölften Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich hervor, dass der RAC in seinen Stellungnahmen zu den Verwendungen 1, 2, 4 und 5 „wegen der Unsicherheiten bei der Bewertung der Risiken für die Arbeitnehmer und die allgemeine Bevölkerung über die Umwelt“ empfohlen hatte, zusätzliche Bedingungen und Überwachungsregelungen festzulegen.

142.

Aus der in den Nrn. 100 bis 102 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass die in Art. 60 Abs. 8 sowie Abs. 9 Buchst. d und e der REACH-Verordnung gemachten Auflagen nicht verhängt werden dürfen, um etwaige Mängel eines Zulassungsantrags oder wesentliche Unsicherheiten in der Prüfung der in Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung enthaltenen Voraussetzungen zu beheben, was jedoch im vorliegenden Fall ersichtlich ausdrücklich aus dem angefochtenen Beschluss hervorgeht.

143.

Nach alledem ist meines Erachtens dem ersten Teil des einzigen Klagegrundes des Parlaments stattzugeben.

4. Zum zweiten Teil des einzigen Klagegrundes: Fehlende Feststellung des Fehlens geeigneter Alternativstoffe oder ‑technologien für die Verwendungen 2, 4 und 5

144.

Mit dem zweiten Teil seines einzigen Klagegrundes macht das Parlament geltend, die Kommission habe nicht festgestellt, dass es keine geeigneten Alternativstoffe und ‑technologien gebe, bevor sie die Zulassung für die Verwendungen 2, 4 und 5 für Chromtrioxid erteilt habe, wie es Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung verlange, so dass der angefochtene Beschluss unter Verstoß gegen diese Bestimmung erlassen worden sei.

145.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die zweite Voraussetzung von Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung im Rahmen des sogenannten „sozioökonomischen Verfahrens“ verlangt, dass die Zulassung der Verwendung des besonders besorgniserregenden Stoffes nur erteilt werden kann, wenn es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt.

146.

Insoweit geht aus dem zwölften Erwägungsgrund und aus Art. 55 der REACH-Verordnung hervor, dass ein wichtiges Ziel des durch diese Verordnung eingerichteten neuen Systems darin besteht, darauf hinzuwirken und in bestimmten Fällen sicherzustellen, dass besonders besorgniserregende Stoffe letztendlich durch weniger gefährliche Stoffe oder Technologien ersetzt werden, soweit geeignete, wirtschaftlich und technisch tragfähige Alternativen zur Verfügung stehen.

147.

Außerdem gestattet nach der Rechtsprechung Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung der Kommission nicht, die Verwendung eines besonders besorgniserregenden Stoffes zuzulassen, wenn ihn ein anderer geeigneter Stoff ersetzen kann. Daher kann die Kommission eine solche Zulassung nicht erteilen, bevor sie das Nichtvorliegen einer Alternative ordnungsgemäß festgestellt hat ( 47 ).

148.

Um das Vorbringen der Parteien hierzu prüfen zu können, ist meines Erachtens zunächst der Ansatz, den die Kommission in Bezug auf die zweite in Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung vorgesehene Voraussetzung gewählt hat, wie er sich aus dem angefochtenen Beschluss im Licht sowohl der Stellungnahme des SEAC als auch der Erläuterungen der Kommission selbst und der ECHA in ihren Schriftsätzen ergibt, im Einzelnen zu untersuchen.

a) Der Ansatz der Kommission im angefochtenen Beschluss

149.

Aus dem angefochtenen Beschluss geht hervor, dass die Kommission nach ihrer Prüfung unter Berücksichtigung der Stellungnahme des SEAC zu dem Ergebnis habe kommen können, dass die Antragsteller horizontal und allgemein nachgewiesen hätten, dass es keine geeigneten Alternativen für die im Zulassungsantrag definierten Verwendungen 2, 4 und 5 für alle identifizierten Sektoren gebe ( 48 ).

150.

Angesichts des sehr weiten Umfangs der Verwendungen, für die die Zulassung beantragt worden war, ist die Kommission jedoch, wie der SEAC in seiner Stellungnahme festgestellt hatte, auch davon ausgegangen, dass die Antragsteller nicht nachgewiesen hätten, dass es keine geeigneten Alternativen für jede mögliche nachgeschaltete Verwendung gebe, die es in diesen verschiedenen Sektoren möglicherweise geben könne ( 49 ).

151.

In diesem Kontext hat die Kommission festgestellt, dass, um sicherzustellen, dass die Zulassung nur die Verwendungen umfasse, für die keine geeigneten Alternativen verfügbar seien, „es erforderlich [ist], die Beschreibung der Verwendungen 2, 4 und 5 genauer zu erläutern“, wie sie von den Antragstellern in ihrem Antrag dargelegt wurde. Die Kommission nahm diese genauere Erläuterung der Beschreibung der in Rede stehenden Verwendungen unter Bezugnahme auf bestimmte von ihr identifizierte „Hauptfunktionen“ vor, die für den vorgesehenen Verwendungszweck erforderlich seien.

152.

Wie die ECHA in ihrem Streithilfeschriftsatz erläutert hat, stellen diese Hauptfunktionen, die im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bestimmt und oben in Fn. 15 angeführt werden, objektive Kriterien dar, wie z. B. die Korrosionsbeständigkeit, die Härte, die Feuchtigkeits- oder Hitzebeständigkeit, die Lebensmittelsicherheit usw., die den Umfang der zugelassenen Verwendung begrenzen sollen.

153.

Diesem Ansatz folgend hat die Kommission in Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses die Zulassung für die Verwendungen 2, 4 und 5 nur erteilt, soweit eine der dort genannten Hauptfunktionen für den vorgesehenen Verwendungszweck erforderlich ist. Dagegen lehnte sie in den Abs. 2, 3 und 4 dieses Artikels die Zulassung ab, soweit keine der dort genannten Hauptfunktionen für den vorgesehenen Verwendungszweck erforderlich ist.

154.

Aus dem angefochtenen Beschluss scheint sich somit im Licht der in den Akten enthaltenen Informationen zu ergeben, dass, wenn z. B. die Korrosionsbeständigkeit (Hauptfunktion für die Verwendung 4) für eine Oberflächenbehandlung für eine Anwendung in der Luftfahrtindustrie (Verwendung 4) erforderlich ist, die Anwendung von Chromtrioxid unter die für diese Verwendung erteilte Zulassung fällt. Ist dagegen keine der Hauptfunktionen, die im angefochtenen Beschluss für diese Verwendung 4 angegeben werden, für eine Tätigkeit im Zusammenhang mit dieser Verwendung erforderlich, fällt die Anwendung von Chromtrioxid nicht unter die Zulassung, die im angefochtenen Beschluss für diese Verwendung erteilt wird.

155.

In diesem Kontext hat die Kommission außerdem darauf hingewiesen, dass zur Erleichterung der Anwendung des Beschlusses in Bezug auf die Verwendungen 2, 4 und 5 von den Zulassungsinhabern nachgeschalteten Anwendern verlangt werden müsse, in ihre Mitteilung an die ECHA eine Erläuterung der im angefochtenen Beschluss aufgelisteten Hauptfunktionen, die für ihren Verwendungszweck erforderlich sind, aufzunehmen, einschließlich einer Begründung, warum sie für diese Verwendung erforderlich sind ( 50 ). Zu diesem Zweck bestimmt Art. 5 des angefochtenen Beschlusses eine Verpflichtung der nachgeschalteten Anwender, der ECHA eine Erklärung der Hauptfunktionen von Chromtrioxid zu übermitteln, die für ihren Verwendungszweck erforderlich sind, einschließlich einer Begründung, warum diese Hauptfunktionen für diesen Verwendungszweck erforderlich sind.

156.

Das Parlament wendet sich sowohl gegen die Analyse der Kommission hinsichtlich des Fehlens geeigneter Alternativen im Sinne von Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung als auch gegen die Verwendung des Begriffs „Hauptfunktionen“ zur Beseitigung der bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich des Vorliegens geeigneter Alternativstoffe oder ‑technologien. Die Auflage der Informationspflicht zulasten der nachgeschalteten Anwender ziele in Wirklichkeit darauf ab, die Mängel der Analyse hinsichtlich des Vorhandenseins von Alternativlösungen zu beheben. Dagegen verteidigen die Kommission und die ECHA den im angefochtenen Beschluss gewählten Ansatz.

157.

In diesem Kontext bin ich der Ansicht, dass im Wesentlichen zwei Fragen konkret zu prüfen sind: Zum einen ist die von der Kommission im Licht der Stellungnahme des SEAC vorgenommene Prüfung der Frage zu beurteilen, ob es geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien im Sinne der angeführten Bestimmung gibt oder nicht. Zum anderen ist die Methode zu beurteilen, die die Kommission angewandt hat, um die bestehenden Zweifel hinsichtlich des Vorliegens geeigneter Alternativen zu zerstreuen, die den Umfang der Verwendungen, für die die Zulassung von den Antragstellern beantragt wurde, genauer erläutern sollte, indem die Zulassung durch die Bezugnahme auf die Hauptfunktionen in Verbindung mit der den nachgeschalteten Anwendern auferlegten Informationspflicht beschränkt wurde.

b) Zur Prüfung des Vorliegens geeigneter Alternativstoffe oder ‑technologien

158.

Was zunächst die Prüfung betrifft, die die Kommission durchgeführt hat, um festzustellen, ob es geeignete Alternativen gibt, hat die Kommission, wie bereits dargelegt, im 18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass „[i]n seinen Stellungnahmen zu den Verwendungen 2, 4 und 5 … der SEAC zu dem Schluss gelangt [ist], dass es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt“, dass aber „[a]ufgrund des sehr weiten Umfangs der beantragten Verwendungen … der SEAC … etwaige Unsicherheiten hinsichtlich der technischen Durchführbarkeit von Alternativen für eine begrenzte Anzahl spezifischer Anwendungen, die in der Beschreibung dieser Verwendungen enthalten sind, nicht ausschließen [konnte]“.

159.

In diesem Zusammenhang ist die erste Frage, die sich meines Erachtens stellt, ob es im Rahmen des sogenannten sozioökonomischen Verfahrens im Fall einer sogenannten „upstream application“ wie derjenigen im vorliegenden Fall – nämlich im Fall eines Zulassungsantrags, der von vorgeschalteten Wirtschaftsteilnehmern für die Verwendung eines besonders besorgniserregenden Stoffes für die gesamte Lieferkette gestellt wird, wobei dieser Antrag im Allgemeinen eine möglicherweise sehr weite Beschreibung der Verwendungen voraussetzt – ausreicht, damit die zweite Voraussetzung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung als erfüllt angesehen werden kann, dass die Antragsteller allgemein und horizontal nachweisen, dass es keine geeigneten Alternativen für die im Zulassungsantrag definierten Verwendungen für alle identifizierten Sektoren gibt, oder ob die Kommission, damit sie die Zulassung erteilen kann, feststellen muss, dass es keine geeigneten Alternativen für die einzelnen nachgeschalteten Anwendungen des Stoffes in diesen verschiedenen Sektoren gibt.

160.

Insoweit bin ich der Ansicht, dass eine großzügige Auslegung der zweiten Voraussetzung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung, die es im Fall einer „upstream application“ den Antragstellern gestattet, ihrer Beweislast dadurch zu genügen, dass sie sich darauf beschränken, allgemein und horizontal nachzuweisen, dass es für die im Zulassungsantrag definierten Verwendungen keine geeigneten Alternativen gibt, ohne eine strenge Analyse des Vorliegens oder Nichtvorliegens von Alternativen für die nachgeschalteten Anwendungen zu verlangen, mit dem Geist und den Zielen der REACH-Verordnung unvereinbar wäre.

161.

Zum einen liefe diese Auslegung nämlich, da sie keine strenge Analyse des Vorliegens von geeigneten Alternativen für die Verwendung des Stoffes für seine nachgeschalteten Anwendungen erfordert, einem der wichtigen Ziele der REACH-Verordnung, wie im zwölften Erwägungsgrund, der oben in Nr. 146 wiedergegeben ist, und Art. 55 dieser Verordnung dargelegt, zuwider, nämlich darauf hinzuwirken und in bestimmten Fällen sicherzustellen, dass besonders besorgniserregende Stoffe durch weniger gefährliche Stoffe oder Technologien ersetzt werden, soweit geeignete, wirtschaftlich und technisch tragfähige Alternativen zur Verwendung des Stoffes zur Verfügung stehen.

162.

Zum anderen kann, wie bereits oben in Nr. 135 ausgeführt worden ist, die, wenn auch wünschenswerte, Rationalisierung, die sich aus den sogenannten „Upstream application“-Zulassungsanträgen ergibt, nicht auf Kosten der Strenge der Analyse für die Zwecke der Zulassung der besonders besorgniserregenden Stoffe vorgenommen werden. Es ist daher meines Erachtens nicht möglich, die zweite Voraussetzung von Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung großzügig auszulegen, so dass die Strenge der Analyse aufgrund der möglichen praktischen Schwierigkeiten bei der Erfüllung dieser Voraussetzung, die sich aus dem sehr weiten Umfang der Verwendungen ergeben, für die die Zulassung beantragt wird, verringert wird. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der REACH-Verordnung das Vorsorgeprinzip zugrunde liegt, das ein Höchstmaß an Strenge bei der Analyse der Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt voraussetzt, die sich insbesondere aus der Verwendung der besonders besorgniserregenden Stoffe ergeben, bei denen, wie aus dem 69. Erwägungsgrund der REACH-Verordnung hervorgeht, „entsprechend dem Vorsorgeprinzip mit großer Umsicht vorgegangen werden [sollte]“.

163.

Ich stimme daher mit dem Parlament überein, wenn es vorträgt, dass der Umstand, dass die Palette der in der Anmeldung enthaltenen Verwendungen so weit sei, dass es eine Vielzahl von Beurteilungen der Verfügbarkeit von Alternativlösungen in jedem individuellen Kontext erforderte, keinen weniger strengen Ansatz bei der Beurteilung der Verfügbarkeit der Alternativen rechtfertigen kann, da dies dem Hauptziel der REACH-Verordnung, nämlich dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt, zuwiderliefe.

164.

Nach alledem bin ich der Ansicht, dass Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung dahin auszulegen ist, dass die Kommission zu prüfen hat, ob die Verwendung, für die eine Zulassung beantragt wird, verschiedene Anwendungen umfasst, die nach Maßgabe der erforderlichen technischen Leistungen zu definieren sind, und zu bestimmen hat, ob es Alternativen für jede dieser Anwendungen gibt.

165.

Wenn es daher im Rahmen der Verwendungen, wie sie von den Antragstellern allgemein definiert werden, Anwendungen des Stoffes gibt, die gegebenenfalls von nachgeschalteten Anwendern vorgenommen werden, für die es geeignete Alternativen gibt, können diese Anwendungen nicht unter die erteilte Zulassung für die Verwendung fallen.

166.

Dies bedeutet nicht, dass die Kommission, wie sie vorgebracht hat, eine gesonderte Bewertung der Alternativlösungen für jeden nachgeschalteten Anwender oder jedes nachgeschaltete Produkt vornehmen müsste, was eine unangemessene Anzahl gesonderter Bewertungen, je nach dem Grad der Spezifizität, erfordern könnte. Die Kommission hat jedoch unter Berücksichtigung aller potenziellen nachgeschalteten Anwendungen dieses Stoffes festzustellen, ob es nicht geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien für den gesamten Rahmen der Verwendungen, für die die Zulassung beantragt wird, gibt.

167.

Da somit die Tragweite der zweiten in Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung vorgesehenen Voraussetzung bestimmt ist, ist zu prüfen, ob die von der Kommission vorgenommene Analyse im vorliegenden Fall mit dieser Bestimmung im Einklang steht.

168.

Um die Tragweite der einschlägigen Erwägungsgründe des angefochtenen Beschlusses und insbesondere seines 18. Erwägungsgrundes besser zu verstehen, ist auf die Stellungnahmen des SEAC zu den Verwendungen 2, 4 und 5 zu verweisen. Aus diesen Stellungnahmen geht hervor, dass der SEAC im vorliegenden Fall Folgendes festgestellt hat:

„Die Antragsteller haben eine umfangreiche Bewertung der Alternativen durchgeführt, insbesondere was die technische Durchführbarkeit betrifft.

Angesichts des äußerst weiten Umfangs der Verwendung, für die die Zulassung beantragt wird, kann der SEAC jedoch nicht ausschließen, dass es tatsächlich eine begrenzte Zahl von Anwendungen gibt, in denen die Substitution bereits möglich ist oder kurzfristig möglich sein wird. Dem SEAC ist nämlich nicht klar, wann Alternativen für spezifische Anwendungen gegebenenfalls verfügbar sein werden. Idealerweise wäre dem SEAC eine abschließende Liste aller Anwendungen/Komponenten, die in den Rahmen der [in Rede stehenden] Verwendung fallen, übermittelt worden, um die tatsächliche Durchführbarkeit/Nichtdurchführbarkeit der Alternativen zu beurteilen und sicherzustellen, dass die Substitution dort erfolgt, wo dies bereits möglich ist. Der SEAC erkennt jedoch an, dass dies für Zulassungsanträge mit einem so weiten Umfang, die somit eine so große Zahl von Produkten [umfassen], nur schwer durchführbar ist. Die Antragsteller haben eine Liste mit einem allgemeinen Rahmen der betroffenen Sektoren, Beispiele für diesbezügliche Artikel und [die Analyse der Frage], ob Alternativtechnologien, die von Dritten als durchführbar angesehen wurden, angewandt werden konnten oder nicht, vorgelegt. Wegen des weiten Umfangs der Verwendung, für die die Zulassung beantragt wird, und der Tatsache, dass zahlreiche Anwendungen in den Rahmen dieser Verwendung fallen, kann diese Liste nicht als erschöpfend angesehen werden. Nach Ansicht der Antragsteller fallen Anwendungen, in denen eine Substitution bereits möglich sei, jedenfalls nicht unter den Zulassungsantrag. Die Antragsteller geben jedoch weder diese Anwendungen noch die damit zusammenhängenden technischen Anforderungen an. Der SEAC ist der Auffassung, dass der Ansatz der Antragsteller bei der Beantwortung dieser Frage nicht ganz sachgerecht ist, und betont, dass die Antragsteller konkreter darlegen müssten, dass die Substitution dort erfolgt ist, wo sie tatsächlich möglich ist. Dies hätte durch eine genauere und spezifische Bewertung der Alternativen im Hinblick auf die Verwendung erfolgen können. Allgemein müsste von den Antragstellern klargestellt werden, welche technischen Anwendungen in den Rahmen der beantragten Verwendung fallen und welche nicht.

Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen schließt sich der SEAC jedoch der Schlussfolgerung der Antragsteller an, wonach es insgesamt vor dem Ablauftermin offenbar keine technisch durchführbaren Alternativen für Chromtrioxid [in der jeweiligen Verwendung] gegeben habe. Die vorstehend aufgezeigten Unsicherheiten werden vom SEAC im Rahmen der Empfehlung zum Überprüfungszeitraum und zur Voraussetzung für den Überprüfungsbericht berücksichtigt.“ ( 51 )

169.

Aus diesen Stellungnahmen geht hervor, dass der SEAC aufgrund des sehr weiten Umfangs des Zulassungsantrags und insbesondere der Verwendungen, für die diese Zulassung beantragt worden war, der Auffassung war, dass er nicht beurteilen könne, ob es geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien gebe, die die Substitution von Chromtrioxid für bestimmte vom Zulassungsantrag erfasste Anwendungen gestatteten. Aus diesen Stellungnahmen geht auch hervor, dass, obwohl die Antragsteller eine umfangreiche Bewertung der Alternativen vorgenommen hatten, der SEAC deren Ansatz als „nicht ganz sachgerecht“ bewertet hat und dass es erforderlich gewesen wäre, dass sie konkreter darlegten, dass die Substitution von Chromtrioxid dort erfolgt ist, wo sie tatsächlich möglich war.

170.

Diese Erwägungen zeigen deutlich, dass erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich des Vorhandenseins geeigneter Alternativstoffe oder ‑technologien für bestimmte Anwendungen, die in den Rahmen der Verwendungen fielen, für die die Zulassung beantragt wurde, bestanden. Außerdem zeigen sie deutlich, dass die Antragsteller keine ausreichenden Angaben über das Vorliegen geeigneter Alternativen auf der Ebene der einzelnen Anwendung gemacht hatten, was auf dem extrem weiten Umfang der von den Antragstellern selbst definierten Verwendungen beruhte, für die die Zulassung beantragt wurde.

171.

Dennoch war der SEAC der Auffassung, er könne die Schlussfolgerung teilen, wonach es insgesamt offenbar keine technisch durchführbaren Alternativen für Chromtrioxid in den jeweiligen Verwendungen gegeben habe.

172.

Nach dem angefochtenen Beschluss, wie von der Kommission in ihren Schriftsätzen erläutert, ist der Begriff „insgesamt“ dahin zu verstehen, dass davon ausgegangen wurde, dass allgemein und horizontal nachgewiesen worden sei, dass es keine geeigneten Alternativen für die im Zulassungsantrag definierten Verwendungen für alle identifizierten Sektoren gebe, nicht aber für jede Anwendung, die in den Rahmen dieser Verwendungen falle, wie oben in Nr. 160 dargelegt.

173.

Daraus folgt, dass für die in Rede stehenden Verwendungen nicht davon ausgegangen werden konnte, dass die Voraussetzung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung, wie sie oben in den Nrn. 164 und 165 ausgelegt worden ist, erfüllt war.

174.

Gerade aus diesem Grund hat die Kommission im angefochtenen Beschluss entschieden, den Umfang der Definition der in Rede stehenden Verwendung zu begrenzen, indem sie diese Verwendungen ausschließlich zugelassen hat, wenn die angeführten Hauptfunktionen für diesen Verwendungszweck erforderlich sind, und außerdem die Auflage nach Art. 5 des angefochtenen Beschlusses vorgeschrieben, nämlich die Informationspflicht für die nachgeschalteten Anwender.

c) Zur Beschränkung der Verwendungen durch die Bezugnahme auf die Hauptfunktionen

175.

Die anschließende Frage, die sich stellt, ist daher, ob die Kommission trotz dieser Unsicherheiten gleichwohl der zweiten Voraussetzung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung genügt hat, indem sie den Umfang der Zulassung für die Verwendung von Chromtrioxid nur beschränkt hat, soweit die angeführten Hauptfunktionen für den in Rede stehenden Verwendungszweck erforderlich sind, und gleichzeitig die Mitteilungspflicht zulasten der nachgeschalteten Anwender nach Art. 5 des angefochtenen Beschlusses vorgesehen hat.

176.

Ich bezweifle jedoch, dass dies der Fall ist.

177.

Insoweit lässt sich meines Erachtens dem angefochtenen Beschluss erstens nicht klar entnehmen, worin der genaue Zusammenhang zwischen dem Begriff „Hauptfunktionen“ und dem Fehlen geeigneter Alternativstoffe oder ‑technologien besteht, die die Substitution von Chromtrioxid gestatten.

178.

Aus dem angefochtenen Beschluss, selbst ergänzt durch den Akteninhalt, geht auch nicht hervor, wie man durch die Beschränkung der Zulassung der Verwendung von Chromtrioxid für die Verwendungen 2, 4 und 5 nur für die Fälle, in denen eine der in diesem Beschluss bestimmten Hauptfunktionen für den Verwendungszweck erforderlich ist, zur Schlussfolgerung gelangen kann, dass es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt, die die Substitution von Chromtrioxid für diese Verwendung gestatten. So ist beispielsweise keineswegs ersichtlich, dass die Verwendung von Chromtrioxid im Rahmen der so beschränkten und zugelassenen Verwendungen erforderlich wäre, um eine bestimmte Hauptfunktion (z. B. Korrosions- oder Hitzebeständigkeit) zu gewährleisten, die durch die Verwendung keines anderen Alternativstoffs oder keiner anderen Alternativtechnologie sichergestellt werden könnte. Insoweit bin ich der Ansicht, dass der angefochtene Beschluss zumindest mit einem Begründungsmangel behaftet ist.

179.

Zweitens bestehen erhebliche Zweifel daran, ob mit dem Begriff „Hauptfunktionen“, wie er im angefochtenen Beschluss verwendet wird, der Rahmen der Zulassung durch die nähere Erläuterung des Umfangs der Verwendungen, für die die Zulassung beantragt wurde, wirklich abgegrenzt werden kann. Weder die Kommission noch die ECHA sind nämlich auf das Vorbringen des Parlaments eingegangen, dass die von der Kommission im 22. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses identifizierten Hauptfunktionen sämtlichen Funktionen von Chromtrioxid entsprächen, wie sie in den Berichten des SEAC ermittelt worden seien.

180.

Erfasst die Zulassung jedoch alle Funktionen von Chromtrioxid im Rahmen der vorgesehenen Verwendungen, stellt die Beschränkung der Zulassung durch die Bezugnahme auf die „Hauptfunktionen“ tatsächlich, wie das Parlament vorträgt, eine Tautologie dar. In diesem Fall würde diese Beschränkung daher eine Begrenzung des Geltungsbereichs der Zulassung nur formal, aber nicht materiell darstellen.

181.

Drittens erscheint der Begriff der Hauptfunktionen, wie er im angefochtenen Beschluss verwendet wird, recht vage und in Ermangelung der für die genaue Bestimmung dieser Hauptfunktionen erforderlichen näheren Erläuterungen nicht geeignet, den Umfang der Zulassung tatsächlich einzuschränken.

182.

Für keine der Hauptfunktionen, die im angefochtenen Beschluss angeführt werden, wird in diesem Beschluss nämlich klar erläutert, welches Niveau oder welche Palette von Leistungen für die fragliche Hauptfunktion erforderlich ist. Wie das Parlament hervorhebt, scheint z. B. eine Bezugnahme auf die „Härte“, die als Hauptfunktion für die Verwendung 2 und für die Verwendung 4 angegeben wird, als solche offenbar keinen bedeutungsvollen Inhalt zu haben, wenn nicht angegeben ist, welches Niveau an Härte erforderlich ist, um die Voraussetzung zu erfüllen. Ebenso erscheint eine allgemeine Bezugnahme auf die „Schichtdicke“ auch ungeeignet, die Verwendung des Stoffes zu begrenzen, wenn keinerlei Angabe zum erforderlichen Niveau an Dicke vorhanden ist. Das Gleiche gilt für Hauptfunktionen wie die „Verschleißfestigkeit“ oder die „Korrosionsbeständigkeit“. In Ermangelung technischer Spezifikationen hinsichtlich des Niveaus der Festigkeit bzw. Beständigkeit erweisen sich diese Hauptfunktionen als abstrakte Begriffe und daher nicht geeignet, den Umfang der Verwendungen konkret abzugrenzen und folglich die Zulassung zu beschränken.

183.

In diesem Kontext kann der Hinweis in Art. 1 Abs. 1 sowie in den Abs. 2, 3 und 4 des angefochtenen Beschlusses, dass die Verwendung von Chromtrioxid nur auf die Fälle zu beschränken sei, in denen eine der dort angegebenen Hauptfunktionen für diesen Verwendungszweck erforderlich ist – vorbehaltlich der Ausführungen in den vorstehenden Nrn. 179 und 180 –, grundsätzlich eine Beschränkung der Verwendung des Stoffes darstellen, da die Verwendung des Stoffes in den Fällen nicht zugelassen wird, in denen eine dieser Hauptfunktionen nicht erforderlich ist. Zum einen scheint jedoch das Fehlen von näheren Erläuterungen in Bezug auf diese Hauptfunktionen diese Beschränkung vage und unbrauchbar zu machen, und zum anderen geht aus dem angefochtenen Beschluss nicht hervor, wie diese etwaige Beschränkung der Zulassung mit dem Fehlen geeigneter Alternativstoffe oder ‑technologien zusammenhängt.

184.

Viertens macht die Kommission in Bezug auf die in Art. 5 des angefochtenen Beschlusses in Verbindung mit dessen 27. Erwägungsgrund verhängte Auflage betreffend die Verpflichtung der nachgeschalteten Anwender, der ECHA eine Erklärung der im angefochtenen Beschluss aufgelisteten Hauptfunktionen von Chromtrioxid zu übermitteln, einschließlich einer Begründung, warum diese Hauptfunktionen für diesen Verwendungszweck erforderlich sind, selbst geltend, dass sich diese Auflage in keiner Weise auf das Vorliegen geeigneter Alternativen beziehe.

185.

Daraus folgt, dass diese Auflage es nicht erlaubte, die oben in den Nrn. 169 und 170 dargelegten Unsicherheiten hinsichtlich des Vorliegens geeigneter Alternativen auf der Ebene der einzelnen Anwendungen zu beseitigen, und es der Kommission folglich nicht erlaubte, trotz dieser Unsicherheiten der zweiten Voraussetzung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung zu genügen.

186.

Jedenfalls muss, wie sich aus der in den Nrn. 100 und 147 angeführten Rechtsprechung ergibt, die Feststellung, dass die Voraussetzungen nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung erfüllt sind, vor der Erteilung der Zulassung erfolgen, und das Bestehen nicht unerheblicher Unsicherheiten über das Vorliegen der Voraussetzungen muss zur Ablehnung des Zulassungsantrags führen.

187.

Im Ergebnis ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen meines Erachtens als Erstes, dass aus dem angefochtenen Beschluss nicht hervorgeht, dass die zweite Voraussetzung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung im vorliegenden Fall als erfüllt angesehen werden kann, und als Zweites, dass die in Rede stehende Zulassung, die mit diesem Beschluss erteilt wurde, daher nicht mit dieser Bestimmung im Einklang steht.

188.

Zum einen konnte nämlich, wie sich oben aus Nr. 173 ergibt, nach der Prüfung, ob es geeignete Alternativen für die in Rede stehenden Verwendungen gibt, nicht davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung, wie sie oben in den Nrn. 164 und 165 ausgelegt worden ist, erfüllt war. Zum anderen hat die Kommission, wie sich aus den vorstehenden Nummern ergibt, dieser Voraussetzung nicht genügt, indem sie mit den im angefochtenen Beschluss festgelegten Modalitäten den Umfang der Zulassung für die Verwendung von Chromtrioxid nur beschränkt hat, soweit die angeführten Hauptfunktionen für den in Rede stehenden Verwendungszweck erforderlich sind, und gleichzeitig die Mitteilungspflicht zulasten der nachgeschalteten Anwender nach Art. 5 des angefochtenen Beschlusses vorgesehen hat.

189.

Das übrige Vorbringen der Kommission ist meines Erachtens nicht geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen.

190.

Insbesondere ist das oben in Nr. 79 angeführte Vorbringen zum Ziel der REACH-Verordnung, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftszweigs der Union zu fördern, und zu den Verwaltungskapazitäten der ECHA meines Erachtens zurückzuweisen.

191.

Insoweit kann nämlich zum einen das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftszweigs der Union zu fördern, nicht herangezogen werden, um eine großzügige Auslegung der Zulassungskriterien für besonders besorgniserregende Stoffe nach den Bestimmungen der REACH-Verordnung zu stützen, die potenziell das Hauptziel dieser Verordnung, nämlich ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherzustellen, beeinträchtigen könnte. Zum anderen bedeutet das in Art. 58 Abs. 3 der REACH-Verordnung genannte Erfordernis, die Kapazität der ECHA zu berücksichtigen, auf das die Kommission ihr Vorbringen stützt, keineswegs, dass das Zulassungsverfahren für einen besonders besorgniserregenden Stoff und die verschiedenen darin enthaltenen Bewertungen weniger sorgfältig durchgeführt werden könnten, als es das Vorsorgeprinzip verlangt.

192.

Nach alledem ist meines Erachtens auch dem zweiten Teil des einzigen Klagegrundes des Parlaments stattzugeben.

5. Zum dritten Teil des einzigen Klagegrundes

193.

Mit dem dritten Teil seines einzigen Klagegrundes macht das Parlament geltend, dass in Anbetracht der weitgehend lückenhaften Informationen und der zahlreichen Ungenauigkeiten im Zulassungsantrag dieser Antrag nicht den Anforderungen von Art. 62 der REACH-Verordnung entsprochen habe und die Kommission daher durch die Erteilung der Zulassung gegen Art. 60 Abs. 7 der REACH-Verordnung verstoßen habe.

194.

Die letztgenannte Bestimmung sieht vor, dass eine Zulassung nur erteilt wird, wenn der Zulassungsantrag den Anforderungen von Art. 62 der REACH-Verordnung genügt.

195.

Insbesondere sieht Art. 62 Abs. 4 der REACH-Verordnung vor, dass der Antrag auf Zulassung u. a. zum einen einen Stoffsicherheitsbericht nach Anhang I zu umfassen hat, der die Risiken für die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt behandelt, die sich aufgrund der in Anhang XIV aufgeführten inhärenten Eigenschaften aus der Verwendung des Stoffes/der Stoffe ergeben (Buchst. d), und zum anderen eine Analyse der Alternativen unter Berücksichtigung ihrer Risiken und der technischen und wirtschaftlichen Durchführbarkeit der Substitution (Buchst. e).

196.

Insoweit geht erstens aus den Erwägungen oben in den Nrn. 111 bis 121, wie sie oben in den Nrn. 128 bis 130 und 133 bis 136 untersucht worden sind, hervor, dass die von den Antragstellern in ihrem Zulassungsantrag vorgelegten Daten eine sehr begrenzte Menge an Daten enthielten, die teilweise vom RAC und von der Kommission als nicht repräsentativ zu grundlegenden Aspekten eingestuft wurden, die bei der Analyse zu berücksichtigen sind, um das Vorliegen der ersten Voraussetzung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung, nämlich das Risiko, das aus den Verwendungen des fraglichen Stoffes entsteht, und die Angemessenheit und Wirksamkeit der vorgeschlagenen Risikomanagementmaßnahmen, zu bestimmen.

197.

Zweitens geht aus den vorstehenden Nrn. 168 bis 170 hervor, dass die Antragsteller im Zulassungsantrag keine ausreichenden Angaben über das Vorliegen geeigneter Alternativen auf der Ebene der einzelnen Anwendung gemacht hatten, was auf dem extrem weiten Umfang der von den Antragstellern selbst definierten Verwendungen beruhte, für die die Zulassung beantragt wurde. Dies hatte zur Folge, dass der SEAC nicht in der Lage war, zu einer abschließenden Feststellung darüber zu gelangen, ob es eine Anzahl von Anwendungen gibt, in denen die Substitution von Chromtrioxid tatsächlich bereits möglich sei oder kurzfristig möglich sein werde.

198.

Insoweit weise ich darauf hin, dass, wie die Kommission geltend macht, zwar keine Bestimmung des Titels VII genaue Regeln hinsichtlich der Art und Weise enthält, in der die Verwendungen, für die die Zulassung beantragt wird, beschrieben werden müssen ( 52 ), dass aber in Übereinstimmung mit den Ausführungen in den Nrn. 135 und 162 der vorliegenden Schlussanträge der Umstand, dass im Rahmen einer sogenannten „upstream application“ die Zulassung für sehr weit definierte Verwendungen beantragt wird, den betreffenden Antragsteller nicht von der Verpflichtung entbindet, vollständige und lückenlose Angaben zu machen, die mit den Anforderungen von Art. 62 Abs. 4 der REACH-Verordnung in Einklang stehen.

199.

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich meiner Meinung nach, dass auch dem dritten Teil des einzigen Klagegrundes des Parlaments stattzugeben ist.

C.   Ergebnis in Bezug auf die Klage

200.

Nach alledem ist der Klage des Parlaments meines Erachtens in vollem Umfang stattzugeben.

201.

Folglich bin ich der Ansicht, dass der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären ist, soweit er die Zulassung zur Verwendung von Chromtrioxid für die Verwendungen 2, 4 und 5 und für die Verwendung 1 in Bezug auf die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 betrifft.

VI. Zum Antrag auf Aufrechterhaltung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses

202.

Für den Fall, dass der Gerichtshof den angefochtenen Beschluss, wie ich in der vorstehenden Nummer vorgeschlagen habe, für nichtig erklären sollte, beantragt die Kommission, die Wirkungen dieses Beschlusses bis zum Erlass eines neuen Beschlusses der Kommission über den entsprechenden Zulassungsantrag aufrechtzuerhalten.

203.

Die Kommission macht geltend, dass Art. 56 Abs. 1 Buchst. d der REACH-Verordnung in Verbindung mit deren Art. 58 Abs. 1 Buchst. c einen Übergangsmechanismus enthalte, nach dem ein Antragsteller und seine nachgeschalteten Anwender einen Stoff auch nach dem Ablauftermin weiter in Verkehr bringen und verwenden könnten, soweit die Verwendung Gegenstand eines entsprechenden Zulassungsantrags sei, dieser Antrag zumindest 18 Monate vor dem Ablauftermin der Zulassung gestellt worden sei und ein Beschluss über den Zulassungsantrag von der Kommission noch nicht angenommen worden sei.

204.

Die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses hätte somit zur Folge, dass es den Antragstellern und ihren nachgeschalteten Anwendern erlaubt wäre, den Stoff weiter in Verkehr zu bringen und für die beantragten Verwendungen zu nutzen, bis die Kommission einen neuen Beschluss erlassen habe, ohne jedoch einer Kontrolle zu unterliegen, d. h. ohne die verschiedenen im angefochtenen Beschluss vorgeschriebenen Maßnahmen, die speziell zum Schutz der menschlichen Gesundheit eingefügt seien.

205.

Das Parlament tritt dem Antrag der Kommission nicht entgegen.

206.

Aus den Ausführungen der Kommission geht hervor, dass die Zurückweisung des Antrags auf Aufrechterhaltung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses die Gefahr des Eintritts eines schweren Schadens für die menschliche Gesundheit erhöhen würde. Unter diesen Umständen wäre für den Fall, dass der Gerichtshof den angefochtenen Beschluss für nichtig erklären sollte, die Aufrechterhaltung der Wirkungen dieses Beschlusses anzuordnen, bis die Kommission erneut über den Zulassungsantrag der Antragsteller entschieden hat ( 53 ).

VII. Kosten

207.

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

208.

Da sich aus der vorstehenden Würdigung ergibt, dass die Kommission in Anbetracht des Ergebnisses, das ich dem Gerichtshof vorschlage, unterlegen ist, sind ihr meines Erachtens entsprechend dem Antrag des Parlaments die Kosten aufzuerlegen.

209.

Nach Art. 140 Abs. 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als ein Mitgliedstaat oder ein Unionsorgan seine eigenen Kosten trägt.

210.

Gemäß dieser Bestimmung hat meines Erachtens die ECHA ihre eigenen Kosten zu tragen.

VIII. Ergebnis

211.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor,

1.

den Durchführungsbeschluss C(2020) 8797 der Europäischen Kommission vom 18. Dezember 2020 zur teilweisen Zulassung bestimmter Verwendungen von Chromtrioxid gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (Chemservice GmbH u. a.) für nichtig zu erklären, soweit er die Zulassungen für die Verwendungen 2, 4 und 5 und die Verwendung 1 in Bezug auf die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 von Chromtrioxid betrifft;

2.

die Wirkungen des in Nr. 1 des vorliegenden Tenors genannten Beschlusses aufrechtzuerhalten, bis die Kommission erneut über den entsprechenden Zulassungsantrag entschieden hat;

3.

der Kommission die Kosten aufzuerlegen;

4.

festzustellen, dass die ECHA ihre eigenen Kosten zu tragen hat.


( 1 ) Originalsprache: Italienisch.

( 2 ) Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. 2006, L 396, S. 1) (im Folgenden: REACH-Verordnung).

( 3 ) Vgl. hierzu Schlussanträge des Generalanwalts Tanchev in der Rechtssache Kommission/Schweden (C‑389/19 P, EU:C:2020:874, Nr. 9 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 4 ) Vgl. hierzu Urteil vom 21. Januar 2021, Deutschland/Esso Raffinage (C‑471/18 P, EU:C:2021:48, Rn. 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 5 ) Vgl. Art. 56 der REACH-Verordnung.

( 6 ) Vgl. Art. 56 Abs. 1 Buchst. a bis e und Abs. 2 sowie Art. 62 Abs. 2 und 3 der REACH-Verordnung.

( 7 ) Vgl. Art. 62 Abs. 1 der REACH-Verordnung.

( 8 ) Vgl. Art. 60 Abs. 1 der REACH-Verordnung.

( 9 ) Vgl. Art. 60 Abs. 8 und 9, Art. 61 sowie 72. Erwägungsgrund der REACH-Verordnung.

( 10 ) Vgl. insbesondere Art. 76 Abs. 1 Buchst. c und d, Art. 77 Abs. 3 und Art. 85 der REACH-Verordnung.

( 11 ) Vgl. auch den 83. Erwägungsgrund der REACH-Verordnung.

( 12 ) Im Sinne von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung.

( 13 ) Insbesondere mit dem Urteil des Gerichts vom 7. März 2019, Schweden/Kommission (T‑837/16, EU:T:2019:144, im Folgenden: Urteil des Gerichts Schweden/Kommission), das im Rechtsmittelverfahren vom Gerichtshof durch das Urteil vom 25. Februar 2021, Kommission/Schweden (C‑389/19 P, EU:C:2021:131, im Folgenden: Urteil Kommission/Schweden), bestätigt wurde.

( 14 ) Für diesen Stoff ist es nämlich nicht möglich, einen Grenzwert, unterhalb dessen der Stoff keine Wirkung ausübt (Derived No-Effect Level, DNEL), für die krebserzeugenden Eigenschaften zu bestimmen, so dass es nicht möglich ist, einen Schwellenwert für die Zwecke von Art. 60 Abs. 3 Buchst. a der REACH-Verordnung festzulegen, und folglich Art. 60 Abs. 2 dieser Verordnung nicht anwendbar ist (vgl. achter Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

( 15 ) Die Kommission stellte folgende Hauptfunktionen fest: zur Verwendung 2 Verschleißfestigkeit, Härte, Schichtdicke, Korrosionsbeständigkeit, Reibungskoeffizient oder Wirkung auf Oberflächenmorphologie; zur Verwendung 4 Korrosionsbeständigkeit/aktive Korrosionshemmung, Chemikalienbeständigkeit, Härte, Haftungsverbesserung (Haftung auf später aufgetragener Beschichtung oder Farbe), Temperaturbeständigkeit, Versprödungsbeständigkeit, Verschleißfestigkeit, die Ablagerung von Organismen verhindernde Oberflächeneigenschaften, Schichtdicke, Flexibilität und Resistivität; zur Verwendung 5 Korrosionsbeständigkeit/aktive Korrosionshemmung, Schichtdicke, Feuchtigkeitsbeständigkeit, Haftungsverbesserung (Haftung auf später aufgetragener Beschichtung oder Farbe), Resistivität, Chemikalienbeständigkeit, Verschleißfestigkeit, elektrische Leitfähigkeit, Verträglichkeit mit dem Substrat, (thermo)optische Eigenschaften (Aussehen), Hitzebeständigkeit, Lebensmittelsicherheit, Beschichtungsspannung, Geschwindigkeit der elektrischen Isolierung oder Ablage.

( 16 ) Nach dieser Bestimmung teilen nachgeschaltete Anwender, die einen Stoff nach Art. 56 Abs. 2 verwenden, dies der ECHA innerhalb von drei Monaten nach der ersten Lieferung des Stoffes mit.

( 17 ) Aus Art. 58 Abs. 3 der REACH-Verordnung geht hervor, dass bei der Zahl der in Anhang XIV aufgenommenen Stoffe und den unter Abs. 1 angegebenen Zeitpunkten auch die Kapazität der ECHA zur fristgerechten Bearbeitung von Anträgen berücksichtigt wird.

( 18 ) Vgl. u. a. Urteil vom 9. November 2017, SolarWorld/Rat (C‑205/16 P EU:C:2017:840, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 19 ) Wie sich nämlich aus Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses und der vorstehenden Nr. 33 ergibt, wurde für die Verwendung 1 die Zulassung nur für die Formulierung von Gemischen für die zugelassenen Verwendungen 2, 4, 5 und 6 erteilt.

( 20 ) Nach dem 69. Erwägungsgrund der REACH-Verordnung „[sollte, wenn] die natürlichen oder juristischen Personen, die einen Zulassungsantrag stellen, gegenüber der Bewilligungsbehörde nach[weisen], dass die mit der Verwendung des Stoffes einhergehenden Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt angemessen beherrscht werden, … die Zulassung erteilt werden. Anderenfalls kann eine Verwendung dennoch zugelassen werden, wenn nachgewiesen wird, dass der sozioökonomische Nutzen, der sich aus der Verwendung des Stoffes ergibt, die mit seiner Verwendung verbundenen Risiken überwiegt und es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt, die wirtschaftlich und technisch tragfähig wären.“

( 21 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts Schweden/Kommission, Rn. 77, durch den Gerichtshof in Rn. 33 des Urteils Kommission/Schweden ausdrücklich bestätigt.

( 22 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts Schweden/Kommission, Rn. 79, durch den Gerichtshof in Rn. 33 des Urteils Kommission/Schweden ausdrücklich bestätigt.

( 23 ) Vgl. hierzu Urteil des Gerichts vom 4. April 2019, ClientEarth/Kommission (T‑108/17, EU:T:2019:215, Rn. 105).

( 24 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts Schweden/Kommission, Rn. 78, durch den Gerichtshof in Rn. 33 des Urteils Kommission/Schweden ausdrücklich bestätigt.

( 25 ) Vgl. Urteil des Gerichts Schweden/Kommission, Rn. 64.

( 26 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts Schweden/Kommission, Rn. 66 und 67.

( 27 ) Vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 17. September 2009, Kommission/MTU Friedrichshafen (C‑520/07 P, EU:C:2009:557, Rn. 51 und 52). Vgl. auch Urteil des Gerichts Schweden/Kommission, Rn. 81.

( 28 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts Schweden/Kommission, Rn. 86, durch den Gerichtshof in Rn. 35 des Urteils Kommission/Schweden ausdrücklich bestätigt.

( 29 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts Schweden/Kommission, Rn. 85, durch den Gerichtshof in Rn. 34 des Urteils Kommission/Schweden ausdrücklich bestätigt.

( 30 ) Urteile des Gerichts Schweden/Kommission, Rn. 82, und vom 4. April 2019, ClientEarth/Kommission (T‑108/17, EU:T:2019:215, Rn. 142).

( 31 ) Urteile des Gerichts Schweden/Kommission, Rn. 83, und vom 4. April 2019, ClientEarth/Kommission (T‑108/17, EU:T:2019:215, Rn. 143).

( 32 ) Urteil vom 4. April 2019, ClientEarth/Kommission (T‑108/17, EU:T:2019:215, Rn. 144).

( 33 ) Vgl. konsolidierte Fassung der Stellungnahmen des RAC und des SEAC zur Verwendung 1 vom 16. September 2016 (vorgelegt als Anlage Nr. A4), S. 19. Die detaillierte Analyse ist auf den S. 7 bis 13 enthalten.

( 34 ) Ebd.

( 35 ) Ebd., S. 22.

( 36 ) Vgl. konsolidierte Fassungen der Stellungnahmen des RAC und des SEAC zu den Verwendungen 2, 4 und 5 vom 16. September 2016 (vorgelegt als Anlagen Nrn. A5, A6 bzw. A7). Vgl. u. a. für die Verwendung 2 S. 7, für die Verwendung 4 S. 8 und für die Verwendung 5 S. 9 und 10.

( 37 ) Vgl. konsolidierte Fassung der Stellungnahmen des RAC und des SEAC zur Verwendung 2 vom 16. September 2016 (vorgelegt als Anlage Nr. A5), S. 12.

( 38 ) Vgl. konsolidierte Fassung der Stellungnahmen des RAC und des SEAC zur Verwendung 4 vom 16. September 2016 (vorgelegt als Anlage Nr. A6), S. 26 und 33, bzw. konsolidierte Fassung der Stellungnahmen des RAC und des SEAC zur Verwendung 5 vom 16. September 2016 (vorgelegt als Anlage Nr. A7), S. 21 und 35.

( 39 ) Ebd., für die Verwendung 2 S. 12, für die Verwendung 4 S. 34 und für die Verwendung 5 S. 35.

( 40 ) Einschließlich der Oberflächenbehandlung durch Besprühen, Walzen, Bürsten oder „penstick“ und die Bearbeitungsvorgänge.

( 41 ) Vgl. konsolidierte Fassung der Stellungnahmen des RAC und des SEAC zur Verwendung 4 vom 16. September 2016 (vorgelegt als Anlage Nr. A6), S. 34, bzw. konsolidierte Fassung der Stellungnahmen des RAC und des SEAC zur Verwendung 5 vom 16. September 2016 (vorgelegt als Anlage Nr. A7), S. 35.

( 42 ) Vgl. die angeführten Stellungnahmen zu jeder Verwendung, für die Verwendung 1 S. 19, für die Verwendung 2 S. 12, für die Verwendung 4 S. 34 und für die Verwendung 5 S. 35.

( 43 ) Vgl. die angeführten Stellungnahmen zu jeder Verwendung, für die Verwendung 1 S. 18 und 19, für die Verwendung 2 S. 11 und 12, für die Verwendung 4 S. 33 und 34 und für die Verwendung 5 S. 34 und 35.

( 44 ) Vgl. die angeführten Stellungnahmen zu jeder Verwendung, für die Verwendung 2 S. 7, für die Verwendung 4 S. 9 und für die Verwendung 5 S. 10.

( 45 ) Vgl. den Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe sowie zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und der Verordnung (EG) Nr. … (KOM[2003] 644 endg.), der im früheren System die Schwierigkeit feststellte, von der Industrie Informationen über die Verwendungen der Stoffe zu erhalten, und den Mangel an Informationen über die Exposition infolge nachgeschalteter Verwendungen.

( 46 ) Siehe oben, Nr. 73.

( 47 ) Vgl. Urteil Kommission/Schweden, Rn. 45.

( 48 ) Vgl. 18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, oben in Nr. 27 angeführt.

( 49 ) Ebd.

( 50 ) 27. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses.

( 51 ) Vgl. konsolidierte Fassung der Stellungnahmen des RAC und des SEAC zur Verwendung 2 vom 16. September 2016 (vorgelegt als Anlage Nr. A5), S. 25 und 26. Nahezu identische Erwägungen finden sich in den entsprechenden Stellungnahmen zur Verwendung 4 (Anlage Nr. A6, S. 45 und 46) und zur Verwendung 5 (Anlage Nr. A7, S. 49). Freie Übersetzung aus dem Englischen.

( 52 ) Der Begriff Verwendung wird in Art. 3 Nr. 24 der REACH-Verordnung definiert als „Verarbeiten, Formulieren, Verbrauchen, Lagern, Bereithalten, Behandeln, Abfüllen in Behältnisse, Umfüllen von einem Behältnis in ein anderes, Mischen, Herstellen eines Erzeugnisses oder jeder andere Gebrauch“.

( 53 ) Vgl. Urteil Kommission/Schweden, Rn. 74.

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