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Document 52020AE5835

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 347/2013“ (COM(2020) 824 final — 2020/0360 (COD))

    EESC 2020/05835

    ABl. C 220 vom 9.6.2021, p. 51–55 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    9.6.2021   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 220/51


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 347/2013“

    (COM(2020) 824 final — 2020/0360 (COD))

    (2021/C 220/06)

    Berichterstatter:

    Philippe CHARRY

    Befassung

    Europäisches Parlament, 18.1.2021

    Rat der Europäischen Union, 19.1.2021

    Rechtsgrundlage

    Artikel 172 und 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

    Annahme in der Fachgruppe

    9.3.2021

    Verabschiedung auf der Plenartagung

    24.3.2021

    Plenartagung Nr.

    559

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    252/3/5

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) befürwortet die Anpassung der EU-Vorschriften über die transeuropäischen Energienetze (RTE-E) an die Ziele des Grünen Deals zur „Versorgung mit sauberer, erschwinglicher und sicherer Energie“, die insbesondere die Dekarbonisierung des Energiesystems, den Übergang zur Klimaneutralität, die Entwicklung erneuerbarer Energien, die Energieeffizienz und die Eindämmung des Risikos der Energiearmut einschließt. Hierbei trägt er der Tatsache Rechnung, dass Europa ein Energiesystem braucht, das allen EU-Ländern eine sichere Energieversorgung sowie den Zugang aller zu erschwinglicher Energie garantiert, auf der Grundlage einer raschen Elektrifizierung bei gleichzeitiger Verdoppelung des Anteils von Strom aus erneuerbaren Quellen. Der EWSA fordert, die in der Verordnung vorgeschlagenen Rechtsgrundlagen durch einen ausdrücklichen Verweis auf Artikel 194 AEUV zu ergänzen.

    1.2.

    Der EWSA weist darauf hin, dass alle mit der TEN-E-Verordnung verfolgten energiepolitischen Ziele erreicht werden müssen. Da den Energienetzen eine wesentliche Bedeutung bei der Ausgewogenheit, Widerstandsfähigkeit und Entwicklung des Energiesystems zukommt, fordert der Ausschuss, die Verordnung stärker auf die Integration des Energiesystems auszurichten, um alle Formen dekarbonisierter Energie zu fördern, und jedwede Form der Desintegration zu verhindern.

    1.3.

    Der EWSA fordert die Kommission, den Rat und das Parlament auf, unter Wahrung der Technologieneutralität CO2-freie Energiequellen zu fördern. Er ist ferner dafür, die Bemühungen im Rahmen des ITER-Projekts (Internationaler Thermonuklearer Versuchsreaktor) zu unterstützen, um über das Jahr 2050 hinaus saubere und erschwingliche Energie für alle zu erzielen. Der Ausschuss plädiert für Vorhaben, mit denen die Voraussetzungen für ein Wasserstoff- und Kernfusionszeitalter geschaffen werden.

    1.4.

    Der EWSA fordert, der Innovation und der Konzipierung von Energienetzen Vorrang einzuräumen, durch die übertragungsbedingte Energieverluste reduziert werden.

    1.5.

    Der EWSA fordert, bei Offshore-Windkraftanlagen Vorhaben mit radialer Anbindung Vorrang einzuräumen und für diese Technologie eine umfassende Umweltbilanz zu erstellen.

    1.6.

    Der EWSA fordert, Vorhaben betreffend Infrastrukturen für den Transport von Erdgas nicht von den Auswahlkriterien der Verordnung für Vorhaben von gemeinsamem Interesse (PCI) oder Vorhaben von gegenseitigem Interesse (PMI) auszunehmen.

    1.7.

    Der Ausschuss spricht sich dafür aus, in dem Verordnungsvorschlag bei den Auswahlkriterien für PCI und PMI anstelle von „erneuerbar“ von „erneuerbar und/oder dekarbonisiert“ zu sprechen.

    1.8.

    Der EWSA fordert, in die Verordnung einen ausdrücklichen Verweis auf das Ziel der EU, alle Bevölkerungsgruppen mit erschwinglicher Energie zu versorgen und ein hohes Maß an Qualität und Sicherheit zu gewährleisten, sowie auf die Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte aufzunehmen.

    1.9.

    Hinsichtlich der Governance fordert der EWSA die Reduzierung delegierter Rechtsakte der Kommission auf ein absolutes Minimum sowie eine Multi-Stakeholder-Governance, die sich auf die Vertreter der Zivilgesellschaft wie u. a. Branchenverbände, Gewerkschaften und Nutzerverbände stützt.

    1.10.

    Der EWSA schlägt vor, in der Verordnung eine Zuständigkeit der EU für die Finanzierung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse (PCI) vorzusehen und verschiedene Finanzierungsformen ohne Rangfolge miteinander zu kombinieren.

    1.11.

    Der EWSA fordert die Kommission auf, die Möglichkeit eines zugleich integrierten und dezentralen transeuropäischen Betreibers von Höchstspannungsübertragungsnetzen zu prüfen, sodass eine EU-weite allgemeine Ausgewogenheit des Systems und die kontinuierliche Versorgung der Höchstspannungsübertragungsnetze sichergestellt sind.

    2.   Allgemeine Bemerkungen

    2.1.

    Die Kommission schlägt eine Überarbeitung der Vorschriften für die transeuropäischen Energienetze (TEN-E) vor.

    2.2.

    In der 2013 verabschiedeten Verordnung (EU) Nr. 347/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) sind Regeln für die Entwicklung und Interoperabilität der transeuropäischen Energienetze festgelegt. In ihrem Vorschlag betont die Kommission, dass die Verordnung zur Verwirklichung der energiepolitischen Ziele der EU beigetragen hat, die darin bestehen, die Energieverbundnetze in der gesamten Union auszuweiten.

    2.3.

    Dennoch kommt die Kommission bei ihrer Bewertung zu dem Schluss, dass „der derzeitige Rahmen nicht flexibel genug ist, um sich […] an die sich verändernden politischen Ziele der Union anzupassen“, weshalb sie eine Überarbeitung der Verordnung vorschlägt.

    2.4.

    Im Zuge dieser Aktualisierung werden insbesondere die Kriterien für die Auswahl von Vorhaben von gemeinsamem Interesse (PCI) für eine EU-Finanzierung geändert, indem vor allem ein verbindliches Nachhaltigkeitskriterium und die Verpflichtung, das Gebot des Grünen Deals „Verursache keinen Schaden“ einzuhalten, eingeführt werden.

    2.5.

    Mit dem Vorschlag werden die im Rahmen der TEN-E-Politik förderfähigen Infrastrukturkategorien dahingehend abgeändert, dass Erdöl- und Erdgasinfrastrukturen ausgeschlossen werden.

    2.6.

    In dem Vorschlag wird besonderes Gewicht auf die Offshore-Stromnetze und deren Integration in die Onshore-Infrastrukturen mithilfe einer einzigen Anlaufstelle gelegt.

    2.7.

    Die Infrastruktur für die Nutzung von Wasserstoff, einschließlich des Verkehrs und bestimmter Arten von Elektrolyseuren, soll stärkere Berücksichtigung finden.

    2.8.

    Mit dem Verordnungsentwurf wird die Entwicklung intelligenter Stromnetze gefördert, um eine rasche Elektrifizierung zu ermöglichen und die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu steigern.

    2.9.

    Mit neuen Bestimmungen sollen Anreize für Investitionen in intelligente Netze geschaffen werden, um saubere Gase (wie Biogas und erneuerbarer Wasserstoff) in die bestehenden Netze zu integrieren. Besondere Aufmerksamkeit wird der Modernisierung der Stromnetze sowie der CO2-Speicherungs- und -Transportnetze zuteil.

    2.10.

    Es werden neue Bestimmungen für eine bessere Förderung von Vorhaben zur Vernetzung der Union mit Drittländern wie dem Westbalkan, d. h. Vorhaben von gegenseitigem Interesse (PMI), vorgeschlagen, die hinsichtlich der Aspekte Versorgungssicherheit und Dekarbonisierung nachweislich einen Beitrag zu den allgemeinen energie- und klimapolitischen Zielen der Union leisten.

    2.11.

    Der Vorschlag dient der Überarbeitung des Governance-Rahmens mit dem Ziel einer besseren Infrastrukturplanung und der Abstimmung auf die Klimaziele und die Grundsätze für die Integration des Energiesystems der EU. In dem Vorschlag ist eine stärkere Einbeziehung der Interessenträger während des gesamten Verfahrens vorgesehen. Außerdem soll die Rolle der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) ausgebaut und die Aufsicht durch die Kommission verstärkt werden.

    2.12.

    Darüber hinaus werden verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen die Verwaltungsverfahren vereinfacht werden, um die Durchführung der Projekte zu beschleunigen.

    3.   Besondere Bemerkungen

    3.1.

    Der vorliegende Vorschlag ist Bestandteil der in den Verträgen (2), der Verordnung über das Governance-System für die Energieunion (3) und den Vorschriften über den Auf- und Ausbau transeuropäischer Netze (4) verankerten europäischen Energiepolitik sowie eines umfassenden Pakets, in dem die neue EU-Strategie festgelegt wird, „mit der die EU zu einer fairen und wohlhabenden Gesellschaft mit einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft werden soll“ (5). Die EU will hiermit verschiedene Unionsziele — gut funktionierender Energiemarkt, Versorgungssicherheit, Energieeffizienz, Energieeinsparung, Entwicklung erneuerbarer Energien, Bekämpfung des Klimawandels, Verbundnetze — miteinander verknüpfen, ohne „das Recht eines Mitgliedstaats, die Bedingungen für die Nutzung seiner Energieressourcen, seine Wahl zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung zu bestimmen“, anzutasten. Der EWSA fordert deshalb, die in der Verordnung vorgeschlagene Rechtsgrundlage durch einen ausdrücklichen Verweis auf Artikel 194 AEUV zu ergänzen.

    3.2.

    Der EWSA befürwortet die Anpassung der EU-Vorschriften an die Ziele des Grünen Deals zur „Versorgung mit sauberer, erschwinglicher und sicherer Energie“, die insbesondere die Dekarbonisierung des Energiesystems, den Übergang zur Klimaneutralität, die Entwicklung erneuerbarer Energien, die Energieeffizienz und die Eindämmung des Risikos der Energiearmut einschließt.

    3.3.

    Er unterstützt das Ziel einer Klimaneutralität bis 2050 und einer stärkeren Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2030. Hierbei trägt er der Tatsache Rechnung, dass Europa ein Energiesystem braucht, das allen EU-Ländern eine sichere Energieversorgung sowie den Zugang aller zu erschwinglicher Energie garantiert, auf der Grundlage einer raschen Elektrifizierung bei gleichzeitiger Verdoppelung des Anteils von Strom aus erneuerbaren Quellen. Außerdem sollte für die Dekarbonisierung des Gassektors gesorgt und verstärkt auf innovative Lösungen zurückgegriffen werden.

    3.4.

    In ihrer Mitteilung Förderung einer klimaneutralen Wirtschaft: Eine EU-Strategie zur Integration des Energiesystems (6) unterstreicht die Kommission, dass „die koordinierte Planung und der Betrieb des Gesamtsystems unter Einbeziehung verschiedener Energieträger, Infrastrukturen und Verbrauchssektoren […] der Weg zu einer wirksamen, bezahlbaren und umfassenden Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft [ist]“. Darüber hinaus moniert die Kommission, dass das „heutige Energiesystem […] noch immer auf mehreren vertikalen, parallel verlaufenden Energie-Wertschöpfungsketten [basiert], die bestimmte Energieressourcen und bestimmte Endverbrauchssektoren starr miteinander verbinden“, und dass das „Modell getrennter Silos […] für die Verwirklichung einer klimaneutralen Wirtschaft ungeeignet“ ist.

    3.5.

    Von den 1950er bis 1970er-Jahren gab es in allen europäischen Ländern auf nationaler oder regionaler, sektoraler oder übergreifender Ebene integrierte Energiesysteme (Erzeugung, Transport und Verteilung). Ab den 1980er-Jahren führte der Aufbau des europäischen Binnenmarkts, der auf den vier Grundfreiheiten des freien Verkehrs bzw. der Freizügigkeit beruht, zur Desintegration und Öffnung für den Wettbewerb in verschiedenen Bereichen mit dem Ziel, im Interesse der Verbraucher Qualität und Effizienz zu fördern.

    3.6.

    Der EWSA befürwortet die Strategie einer Integration, die alle Bereiche der europäischen Energiepolitik durchdringen muss. Dies setzt eine schrittweise erneute Integration voraus sowie die Aussetzung jeglicher neuer Desintegrationsinitiativen, die der Entstehung von Silos Vorschub leisten würden, da das Ziel die koordinierte Planung und der koordinierte Betrieb des Energiesystems ist. Der Ausschuss fordert, die Verordnung auf die Integration des Energiesystems auszurichten und jedwede Form der Desintegration zu beenden.

    3.7.

    Der EWSA weist darauf hin, dass alle mit der TEN-E-Verordnung verfolgten energiepolitischen Ziele erreicht werden müssen. Die Energienetze verbinden die Erzeuger mit den Endverbrauchern. Sie bilden gewissermaßen das Herzstück des Energiesystems. Die Energienetze verbinden die Erzeuger mit den Endverbrauchern. Sie bilden gewissermaßen das Herzstück des Energiesystems. Um ihr Hauptziel, nämlich Ausgewogenheit, Widerstandsfähigkeit und Entwicklung des Energiesystems zu erreichen, sollte in dem vorliegenden Verordnungsvorschlag stärker diesem integrationsorientierten Ansatz gefolgt und die Entwicklung von Prosumenten und Genossenschaften angestrebt werden, anstatt sich auf einen zaghaften Hinweis in Erwägungsgrund 13 zu beschränken (zwar wird in dem Vorschlag auf „die Integration des Energiesystems“ verwiesen, doch nicht darauf eingegangen, welche Rolle die transeuropäische Energieinfrastruktur bei dieser strategischen Dynamik der koordinierten Planung und des koordinierten Betriebs spielt). Zu diesem Zweck sollte angegeben werden, in welchem Maß der Verbund zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten ausgebaut werden soll, wobei der Schwerpunkt stärker auf der Beseitigung von Engpässen als auf allgemeinen Durchschnittswerten (10 % bis 2020, 15 % bis 2030) liegen sollte. Der EWSA ist der Auffassung, dass der vorliegende Vorschlag Ehrgeiz und Mittel vermissen lässt.

    3.8.

    Der EWSA fordert die Kommission, den Rat und das Parlament auf, unter Wahrung der Technologieneutralität CO2-freie Energiequellen zu fördern. Er ist ferner dafür, die Bemühungen im Rahmen des ITER-Projekts (Internationaler Thermonuklearer Versuchsreaktor) zu unterstützen, um über das Jahr 2050 hinaus saubere und erschwingliche Energie für alle zu erzielen. Bei der Konzipierung der Energienetze muss der Innovation und der Infrastruktureffizienz sowie der Senkung der hohen Kosten infolge übertragungsbedingter Energieverluste Vorrang eingeräumt werden.

    3.9.

    Für den EWSA ist nachvollziehbar, warum in dem Verordnungsentwurf der Offshore-Windenergie so große Bedeutung beigemessen wird. Er spricht sich dafür aus, Vorhaben mit radialer Anbindung Vorrang einzuräumen. Der EWSA fordert eine umfassende Umweltbilanz für die Offshore-Windenergie als Ganzes, bei der auch die Demontage und das Recycling der Windturbinen berücksichtigt werden. Darüber hinaus kann die Einrichtung einer einzigen Anlaufstelle für Offshore-Vorhaben zu einem hohen Verwaltungsaufwand führen, ohne ersichtlichen Nutzen, da die Zahl der Vorhaben, bei denen eine Genehmigung mehrerer Mitgliedstaaten nötig ist, sehr begrenzt ist. Ferner führt die lobenswerte Absicht, Offshore-Windkraftanlagen zu planen, zu einem unnötig starren Mechanismus zur Festlegung von Kapazitätszielen, die im Widerspruch zu den in den nationalen Energie- und Klimaplänen festgelegten Zielen und der im Vertrag verankerten freien Wahl des Energiemixes stehen.

    3.10.

    Der EWSA fragt sich, warum die Kommission die Förderung der Erdgasinfrastruktur gänzlich ausschließen will, obwohl diese heutzutage in bestimmten Gebieten der EU für die Versorgungssicherheit unerlässlich ist und Erdgas als Übergangsenergieträger (7) betrachtet wird‚ der weniger schädlich als Kohle oder Erdöl ist. Der EWSA hat bereits in früheren Stellungnahmen die Auffassung vertreten, dass die Erdgasinfrastruktur möglicherweise für den Transport erneuerbarer Gase umgewidmet werden kann und es daher sinnvoll ist, weiter darin zu investieren (8). Aus diesen Gründen spricht sich der Ausschuss dafür aus, Erdgas solange nicht auszuschließen, bis es tatsächlich durch andere Energiequellen zu vergleichbaren Preisen abgelöst wird. Der Ausschuss fordert, dass Vorhaben betreffend Infrastrukturen für den Transport von Erdgas gemäß den Auswahlkriterien der Verordnung für Vorhaben von gemeinsamem Interesse oder Vorhaben von gegenseitigem Interesse gefördert werden können.

    3.11.

    Der EWSA stellt fest, dass bei den Auswahlkriterien für die Vorhaben wiederholt die Rede von „erneuerbar“ (9) ist, was Zweifel daran aufkommen lässt, inwieweit hier Vorhaben für die Übertragung dekarbonisierter Energie, die die EU zur Verwirklichung der Klimakomponente ihrer Ziele so dringend benötigt, berücksichtigt werden. Daher spricht er sich dafür aus, in dem Verordnungsentwurf eher von „erneuerbar und/oder dekarbonisiert“ zu sprechen.

    3.12.

    Der EWSA ist nicht der Ansicht, dass, wie in Erwägungsgrund 46 erwähnt, für Investitionen in PCI ein „dreistufiger Ansatz“ gelten sollte, der darin besteht, dass „Marktinvestitionen […] Vorrang haben“, obwohl es sich um für die Verwirklichung der EU-Ziele wesentliche Infrastrukturen handelt, weshalb das Solidaritäts- oder das Ausgleichsprinzip der EU zugrunde gelegt werden sollte und verschiedene Finanzierungsformen ohne Rangfolge miteinander kombiniert werden sollten. Der Ausschuss schlägt vor, in der Verordnung eine Zuständigkeit der EU für die Finanzierung von PCI vorzusehen und verschiedene Finanzierungsformen ohne Rangfolge miteinander zu kombinieren.

    3.13.

    Als Vertreter der organisierten Zivilgesellschaft misst der EWSA den Rechten der Nutzer, insbesondere der Bevölkerung, sowie einer demokratischen Governance besondere Bedeutung bei.

    3.14.

    In dem Bestreben, Ungleichheiten in der Energieunion zu vermeiden und die Lage der von Energiearmut betroffenen Bevölkerungsgruppen und Geringverdiener zu verbessern, bekräftigt der EWSA seine in zahlreichen früheren Stellungnahmen geäußerten Standpunkte (10) hinsichtlich der Notwendigkeit, alle Bevölkerungsgruppen mit erschwinglicher Energie zu versorgen, d. h. im Einklang mit dem Ziel der EU, „ein hohes Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte“ (11) zu gewährleisten, was ein vorrangiges Kriterium bei der Auswahl der PCI ist. Der Ausschuss fordert daher, in die Verordnung einen ausdrücklichen Verweis auf das Ziel der EU, alle Bevölkerungsgruppen mit erschwinglicher Energie zu versorgen und ein hohes Maß an Qualität und Sicherheit zu gewährleisten, sowie auf die Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte aufzunehmen.

    3.15.

    Hinsichtlich der Governance wird in dem vorliegenden Vorschlag übermäßiges Gewicht auf die Rolle der Kommission — der in Artikel 3 vorgesehene Rückgriff auf delegierte Rechtsakte sollte auf ein absolutes Minimum beschränkt werden — und der ACER gelegt. Es wird hingegen nicht geprüft, wie die bei den Informationen und Kompetenzen bestehenden Ungleichgewichte abgebaut werden könnten, um eine Multi-Stakeholder-Governance zu schaffen, die sich stärker auf die Vertreter der Zivilgesellschaft wie u. a. Branchenverbände, Gewerkschaften und Nutzerverbände stützt, auch innerhalb der regionalen Gruppen. Der EWSA fordert die Reduzierung delegierter Rechtsakte der Kommission auf ein absolutes Minimum sowie eine echte Multi-Stakeholder-Governance.

    3.16.

    Angesichts der Besonderheiten der Stromnetze schlägt der EWSA der Kommission vor, gemeinsam mit allen Interessenträgern ein Vorhaben zur Schaffung eines integrierten sowie dezentralen transeuropäischen Betreibers auf der Grundlage der Multi-Level-Governance zu prüfen und hierzu eine breit angelegte Konsultation durchzuführen.

    Eine Integration ist erforderlich, um EU-weit die allgemeine Ausgewogenheit des Systems und eine kontinuierliche Versorgung der Höchstspannungsübertragungsnetze sicherzustellen. Er sollte mit Aufgaben und Verpflichtungen für öffentliche Dienstleistungen/Dienstleistungen von allgemeinem europäischen Interesse betraut werden und sich auf die nationalen und subnationalen Betreiber stützen können.

    Demnach ist eine Dezentralisierung auf Ebene des wichtigsten regionalen Netzes unter Berücksichtigung der Besonderheiten der einzelnen Mitgliedstaaten erforderlich.

    Der EWSA fordert die Kommission auf, die Möglichkeit eines transeuropäischen Betreibers von Höchstspannungsübertragungsnetzen zu prüfen.

    Brüssel, den 24. März 2021

    Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Christa SCHWENG


    (1)  ABl. L 115 vom 25.4.2013, S. 39.

    (2)  ABl. C 326 vom 26.10.2012, S. 134.

    (3)  ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 1.

    (4)  ABl. C 115 vom 9.5.2008, S. 124, ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 125, und ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 125.

    (5)  COM(2019) 640 final.

    (6)  COM(2020) 299 final.

    (7)  Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 10./11. Dezember 2020.

    (8)  COM(2020) 301 final (ABl. C 123 vom 9.4.2021, S. 30).

    (9)  Etwa in Artikel 4 Absatz 3 oder Anhang IV von COM(2020) 824 final.

    (10)  ABl. C 429 vom 11.12.2020, S. 77, ABl. C 47 vom 11.2.2020, S. 98, ABl. C 14 vom 15.1.2020, S. 105, ABl. C 353 vom 18.10.2019, S. 96, ABl. C 353 vom 18.10.2019, S. 79, ABl. C 282 vom 20.8.2019, S. 51, ABl. C 262 vom 25.7.2018, S. 86, EWSA-Informationsbericht zum Thema „Bewertung der Europäischen Energieunion — Die soziale und gesellschaftliche Dimension der Energiewende“.

    (11)  ABl. C 115 vom 9.5.2008, S. 308.


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