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Document 52013AE5340

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Überwachung von, Berichterstattung über und Prüfung von Kohlendioxidemissionen aus dem Seeverkehr und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 — COM(2013) 480 final — 2013/0224 (COD)

ABl. C 67 vom 6.3.2014, p. 170–174 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

6.3.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 67/170


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Überwachung von, Berichterstattung über und Prüfung von Kohlendioxidemissionen aus dem Seeverkehr und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013

COM(2013) 480 final — 2013/0224 (COD)

2014/C 67/35

Berichterstatter: Stefan BACK

Der Rat und das Europäische Parlament beschlossen am 16. Juli bzw. 4. Juli 2013, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 192 Absatz 1 und Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Überwachung von, Berichterstattung über und Prüfung von Kohlendioxidemissionen aus dem Seeverkehr und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013

COM(2013) 480 final — 2013/0224 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 1. Oktober 2013 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 493. Plenartagung am 16./17. Oktober 2013 (Sitzung vom 16. Oktober) mit 134 Stimmen bei 1 Gegenstimme und 9 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt den Vorschlag für eine Verordnung über ein System zur Überwachung, Berichterstattung und Prüfung (MRV-System) von CO2-Emissionen aus dem Seeverkehr als ersten Schritt zur Verwirklichung der im Verkehrs-Weißbuch 2011 (1) dargelegten Maßnahmen zur Verringerung eben dieser Emissionen.

1.2

Der Ausschuss begrüßt das MRV-System als erste Etappe in einem schrittweisen Vorgehen zum Abschluss eines Übereinkommens über verpflichtende Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen aus dem Seeverkehr im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) und unterschreibt die von der Einführung dieses Systems erwartete Energieeffizienzsteigerung und Emissionssenkung (2).

1.3

Der Ausschuss hält fest, dass der Vorschlag als solches zur Verwirklichung dieser Ziele zwar nicht ausreicht, aber bezüglich der Maßnahmen, die auf einzelstaatlicher oder regionaler Ebene betreffend Drittländer getroffen werden können, angemessene Reichweite besitzt. Seiner Meinung nach weist der Vorschlag in dieser Hinsicht die gebotene Ausgewogenheit auf.

1.4

Der Ausschuss begrüßt, dass die Kosten-Nutzen-Rechnung für diesen Vorschlag für die betroffenen Schiffsbetreiber vorteilhaft ist. Er erwartet, dass die Europäische Kommission die Auswirkungen der Umsetzung ihres Vorschlags in diesem Punkt überwacht und geeignete Maßnahmen ergreift, falls sich herausstellt, dass die prognostizierten Kosten und Vorteile negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit haben.

1.5

Der Ausschuss stellt die Notwendigkeit und den Mehrwert von über treibstoffverbrauch- und emissionsbezogene Angaben hinausgehenden Informationen in Frage, wie sie in Artikel 9 Buchstabe (d) bis (g), in Artikel 10 Buchstabe (g) bis (j) und Anhang II vorgesehen sind und gemäß dem Vorschlag überwacht und berichtet werden müssen, weil sie von der Schifffahrtindustrie zumindest teilweise als kommerziell sensibel angesehen werden. Außerdem scheinen die Meinungen über den Wert der Bereitstellung dieser Informationen in aggregierter Form auseinanderzugehen.

1.6

Der Ausschuss verweist auf die Initiative "Blauer Gürtel" (3), mit der die Europäische Kommission die Verwaltungslasten für den Kurzstreckenseeverkehr abbauen möchte, und betont, dass dieser Ansatz auch für diesen Vorschlag gelten sollte.

1.7

Der Ausschuss merkt an, dass weitere Maßnahmen zur Verwirklichung der im Verkehrs-Weißbuch enthaltenen Ziele erforderlich sind, und hält es für äußerst wichtig, dass derartige Maßnahmen im Rahmen der IMO ausgearbeitet werden, um einem etwaigen Konflikt mit Drittländern und/oder negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Schifffahrt vorzubeugen.

2.   Einleitung

2.1

Emissionen aus dem internationalen Seeverkehr machen derzeit 3 % der globalen Treibhausgasemissionen und 4 % dieser Emissionen auf EU-Ebene aus. Prognosen zufolge wird dieser Prozentsatz bis 2050 weltweit auf 5 % steigen; auch in der EU ist eine beträchtliche Zunahme zwischen 51und 86 % je nach Vergleichsjahr (2005 bzw. 1990) zu erwarten (4).

2.2

Das Energie- und Klimapaket der EU aus dem Jahr 2008, die EU-2020-Strategie (5) und das Verkehrs-Weißbuch aus dem Jahr 2011 enthalten allesamt ehrgeizige Ziele für die Verringerung der THG-Emissionen. Das übergeordnete EU-Ziel ist eine Emissionsminderung um 20 % gegenüber den Werten von 1990, wobei dieses Ziel im Falle eines internationalen Übereinkommens auf 30 % erhöht wird (6). Für den internationalen Seeverkehr ist im Verkehrs-Weißbuch eine Senkung der Emissionen um 40 % bis 2050 gegenüber den Werten von 2005 vorgesehen.

2.3

Es gibt allerdings keine rechtliche Verpflichtung für die Schifffahrt zur Senkung ihrer THG-Emissionen mit Ausnahme der von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) festgelegten Schwefelgrenzwert-Regelung, die mit der Richtlinie 2012/33/EU in EU-Recht umgesetzt wurde. Der internationale Seeverkehr ist der einzige Verkehrsträger, der bislang nicht in das EU-Emissionsreduktionsziel eingebunden ist.

2.4

Indes haben sich sowohl der Europäische Rat als auch das Europäische Parlament dafür ausgesprochen, dass alle Sektoren zur Emissionssenkung beitragen sollten.

2.5

Im Verkehrsbereich wurden Ziele für die Zivilluftfahrt festgelegt, die in das europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) einbezogen wurde; diese Ziele gelten für alle Flüge zu und ab EU-Flughäfen. Die Anwendung dieser Maßnahme wurde in Bezug auf Nicht-EU-Flüge allerdings vorrübergehend ausgesetzt, um den Weg für ein globales Übereinkommen im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO zu ebnen (7).

2.6

In der Schifffahrt wurden keine verbindlichen Ziele auf EU-Ebene festgelegt, da es angemessener erschien, international in der IMO koordinierte Maßnahmen abzuwarten.

2.7

Der Rat und das Europäische Parlament hielten 2009 jedoch fest, dass, sollte bis 31. Dezember 2011 kein internationales Abkommen im Rahmen der IMO von der EU oder ihren Mitgliedstaaten geschlossen worden sein, die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Aufnahme der Emissionen der internationalen Seeschifffahrt in die Emissionsreduzierungsverpflichtung der EU vorlegen sollte, der 2013 in Kraft treten würde und mit dem negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der EU möglichst gering gehalten werden sollten (8). Die Europäische Kommission reagierte darauf im Oktober 2012 mit einer Ankündigung.

2.8

Die IMO hat zwar kein internationales Abkommen als Antwort auf die Feststellung aus dem Jahr 2009 zustande gebracht, es wurden jedoch Beschlüsse zur Verbesserung der Energieeffizienz neuer Schiffe gefasst und weitere Vorschläge zur Verbesserung der Energieeffizienz ganz allgemein vorgelegt; ein erster Schritt in diesem Bereich könnte die Überwachung, Berichterstattung und Kontrolle von Emissionen sein. Vor diesem Hintergrund ist die Europäische Kommission der Ansicht, dass die laufenden Arbeiten in der IMO in Beschlüssen über marktbasierte Maßnahmen zur Emissionsreduktion münden könnten. Die Verpflichtung, Maßnahmen auf regionaler EU-Ebene auszuarbeiten, sollte daher im Einklang mit den laufenden Arbeiten der IMO stehen. Die Europäische Kommission hat sich ausdrücklich für einen globalen Ansatz unter Federführung der IMO ausgesprochen und wird auch weiterhin in diesem Sinne handeln, ungeachtet der zögerlichen Fortschritte bei den entsprechenden IMO-Maßnahmen. Sie wird die Fortschritte kontinuierlich im Auge behalten und sämtliche künftige Maßnahmen im Rahmen der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) und der IMO berücksichtigen.

2.9

Der erste Schritt in diese Richtung sollte die Einführung eines Systems für die Überwachung von, Berichterstattung über und Prüfung der Treibhausgasemissionen (MRV-System) sein, mit dem Entwicklungen überwacht und eine höhere Energieeffizienz auf Unternehmensebene gefördert werden könnte; dies könnte wiederum zu einer Kostensenkung führen, die die Kosten für den Betrieb des MRV-System mehr als wettmachen. Dabei könnten Erfahrungen mit bestehenden Systemen in Unternehmen genutzt werden. In Zusammenarbeit mit der IMO sollte ein regionales MRV-System für die EU eingeführt werden, das etwaigen künftigen IMO-Maßnahmen entsprechend angepasst werden könnte. Dies könnte auch eine erste Etappe in einem schrittweisen Vorgehen zur Einbeziehung der Treibhausgasemissionen aus dem Seeverkehr in die Emissionsminderungsverpflichtungen auf europäischer oder internationaler Ebene durch Energieeffizienzanforderungen und/oder markbasierte Maßnahmen sein.

3.   Der Vorschlag der Europäischen Kommission

3.1

Die Europäische Kommission hat eine Verordnung vorgeschlagen, die einen Rahmen für ein MRV-System für CO2-Emissionen von Schiffen über 5 000 Bruttoraumzahl (BRZ) bietet. Das System gilt für den Aufenthalt in einem EU-Hafen, alle Fahrten zwischen EU-Häfen sowie alle ausgehenden Fahrten von einem EU-Hafen zum nächsten Anlaufhafen außerhalb der EU und alle eingehenden Fahrten aus dem letzten Hafen außerhalb der EU zum ersten EU-Anlaufhafen. Es findet auf alle Schiffe unabhängig von ihrer Flagge mit Ausnahme von Kriegsschiffen, staatlichen Schiffen und Freizeitschiffen Anwendung. Laut dem Verordnungsvorschlag werden aufgrund der BRZ-Obergrenze somit zwar ca. 40 % der Flotte nicht erfasst, die allerdings nur für 10 % der CO2-Emissionen verantwortlich sind.

3.2

Aufgrund der in Ziffer 2 erläuterten Gründe muss das System in enger Zusammenarbeit mit der IMO und weiteren internationalen Organisationen eingeführt werden; außerdem muss es im Einklang mit künftigen IMO-Konzepten stehen.

3.3

Das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene MRV-System bietet einen Rahmen für die Erhebung relevanter Daten seitens der Schiffseigner bzw. -betreiber für jedes Schiff und jede Fahrt, die unter den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt, auch den Aufenthalt in einem Hafen. Es ist eine jährliche Berichterstattung vorgesehen. Die Emissionsberichte werden von akkreditierten Prüfstellen bewertet, und die bewerteten Jahresberichte werden der Europäischen Kommission und dem Flaggenstaat vorgelegt und auch veröffentlicht. Von den Prüfstellen ausgestellte Konformitätsbescheinigungen müssen an Bord der Schiffe, die von dem System erfasst werden, mitgeführt werden. Die Konformität wird vom Flaggenstaat und durch das Kontrollsystem des Hafenstaates geprüft. Bei Nichtkonformität sind Sanktionen vorgesehen, die in einigen Fällen bis zur Ausweisung eines Schiffes reichen können, d.h. das Schiff darf EU-Häfen solange nicht anlaufen, bis das Konformitätsproblem gelöst ist.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1

Der Ausschuss nimmt die strategischen Ziele dieses Vorschlags zur Kenntnis; diese sind ehrgeizig und gehen weit über den Inhalt des Vorschlags hinaus, da eine faktische Grundlage für weitere Verhandlungen und Fortschritte betreffend Maßnahmen zur deutlichen Senkung von CO2-Emissionen aus dem Seeverkehr geschaffen werden soll. Er begrüßt diese strategischen Ziele und den Kommissionsansatz, die Situation bei CO2-Emissionen und ihre Entwicklung durch das mit diesem Verordnungsvorschlag einzurichtende Berichterstattungs- und Überprüfungssystem auf transparente und glaubwürdige Wiese unter Kontrolle zu bringen. Er teilt ferner die Meinung der Europäischen Kommission, dass diese Informationen die laufenden Arbeiten in der IMO zur Vereinbarung verpflichtender Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen aus dem Seeverkehr voranbringen könnten. Diesbezüglich verweist der Ausschuss auf seine Stellungnahme (9) zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/32/EG hinsichtlich des Schwefelgehalts von Schiffskraftstoffen, der nunmehrigen Verordnung (EU) Nr. 525/2013.

4.2

Der Ausschuss begrüßt außerdem den in diesem Vorschlag teilweise verfolgten Bottom-up-Ansatz, d.h. die auf Unternehmensebene erfassten Informationen sollen Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz in den Unternehmen anregen, die wiederum zu einem niedrigeren Kraftstoffverbrauch und Emissionsreduktionen von jährlich 2 % pro Frachteinheit führen sollen. Darüber hinaus würden laut Folgenabschätzung, die dem Vorschlag beigefügt ist, Nettokosteneinsparungen von 1,2 Mrd. EUR jährlich bis 2030 erzielt, wobei die Kosten für die Einführung des MRV-System berücksichtigt werden, die zum Großteil von der Schiffsindustrie getragen werden.

4.3

Der Ausschuss verweist jedoch auf die Notwendigkeit, die mit diesem Vorschlag verbundene Kosten-Nutzung-Rechnung für die Schiffsindustrie und die Gesellschaft kontinuierlich zu überprüfen. Er fordert die Europäische Kommission auf, umgehend Korrekturmaßnahmen vorzuschlagen, sollten die der Schiffsindustrie im künftigen MRV-System auferlegten Anforderungen sich als Belastung erweisen und sich negativ auf ihre Wettbewerbsfähigkeit auswirken.

4.4

Der Ausschuss äußert Zweifel an dem Vorschlag, die Überwachungs- und Berichterstattungspflichten auf kommerzielle und operative Aspekte auszuweiten. Die Verhältnismäßigkeit dieser zusätzlichen Informationsanforderungen ist zweifelhaft, da sie weit über das grundlegende Ziel des Vorschlags, nämlich die Erhebung von Emissionsdaten, hinausgeht. Außerdem wird ihre Zweckdienlichkeit auch von der Schifffahrtsindustrie in Frage gestellt. Diese Informationen könnten auch kommerziell sensibel sein. Vor diesem Hintergrund würde die Auferlegung zusätzlicher Verwaltungslasten auch im Widerspruch zu den Vereinfachungsbemühungen stehen, die ein Schlüsselaspekt der Kommissionsinitiative für den "Blauen Gürtel" zur Erleichterung des Seeverkehrs in der EU ist. Diesbezüglich führt der Ausschuss auch ins Treffen, dass die verpflichtende Bereitstellung von derartigen Informationen insbesondere für den Kurzstreckenseeverkehr mit kurzen Fahrten und mehreren Destinationen eine Belastung wäre.

4.5

Der Ausschuss schließt sich der Folgenabschätzung an, dass die mit dem Vorschlag voraussichtlich erreichbaren Emissionssenkungen bei weitem nicht ausreichen werden, um die im Verkehrs-Weißbuch 2011 für den Seeverkehr festgelegten Ziele zu erreichen. Es sind dringend weitreichendere und effizientere Maßnahmen erforderlich.

4.6

Diesbezüglich verweist der Ausschuss auch auf seine früheren Stellungnahmen (10) zur Seeverkehrspolitik und Umweltanforderungen, in denen er die Initiativen zur Verbesserung der Umwelt stets begrüßt, gleichzeitig jedoch ins Treffen geführt hat, dass aufgrund der globalen Natur des Seeverkehrs derartige Maßnahmen auf internationaler Ebene im Rahmen der IMO ausgearbeitet werden sollten.

4.7

In diesem Zusammenhang weist der Ausschuss darauf hin, dass dieser Vorschlag auch für Schiffe unter Flagge von Drittländern gilt. Dies ist keineswegs ein Problem für den Warenverkehr innerhalb der EU, könnte bei der Verbringung von Waren zwischen EU-Häfen und Drittlandhäfen Schwierigkeiten aufwerfen. Nach Ansicht des Ausschusses ist dies eher ein praktisches und politisches denn ein rechtliches Problem mit Blick auf mögliche "Vergeltungsmaßnahmen" oder Komplikationen, da mehrere derartige Systeme nebeneinander bestehen. Er hofft, dass das geplante System für alle Schiffe, die in seinen Anwendungsbereich fallen, ausreichend "attraktiv" ist und keine Schwierigkeiten in Bezug auf Betreiber aus Drittländern wie beim ETS in der Zivilluftfahrt entstehen.

4.8

Der Ausschuss teilt die Meinung, dass verpflichtende Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen, die über den Inhalt des Vorschlags hinausgehen, im Rahmen der IMO vereinbart werden sollten, um die Chancen für ihre erfolgreiche Durchführung zu erhöhen. Eine regionale EU-Regelung wird wahrscheinlich mit zahlreichen Durchführungsproblemen, insbesondere in Bezug auf Drittländer, zu kämpfen haben.

4.9

Der Ausschuss hält fest, dass laut der Folgenabschätzung für diesen Vorschlag marktbasierte Maßnahmen am effizientesten sind, um eine angemessene Senkung der CO2-Emissionen auf ein Niveau zu erreichen, mit dem die im Verkehrs-Weißbuch 2011 festgelegten Emissionsziele für den Seeverkehr verwirklicht werden können.

4.10

Der Ausschuss weist auf das Risiko hin, dass verpflichtende regionale Maßnahmen zur Emissionsminderung, insbesondere marktbasierte Maßnahmen, negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Schifffahrtsindustrie haben könnten.

4.11

Der Ausschuss begrüßt daher die im Kommissionsvorschlag enthaltene Verpflichtung, eng mit der IMO und weiteren einschlägigen internationalen Organisationen zur Einführung eines EU-MRV-Systems für CO2-Emissionen aus dem Seeverkehr zusammenzuarbeiten, sowie die Bereitschaft der Europäischen Kommission, das EU-System einem künftigen in der IMO vereinbarten MRV-System anzupassen.

4.12

Der Ausschuss fordert die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, weiterhin Druck innerhalb der IMO auszuüben, um zügig Entscheidungen für angemessene, vorzugsweise marktbasierte Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen aus dem Seeverkehr zu erreichen.

4.13

Der Ausschuss merkt an, dass die Europäische Kommission zwar einer Lösung unter Einbeziehung der IMO große Bedeutung beimisst, gleichzeitig jedoch regionale Maßnahmen auf EU-Ebene nicht ausschließt, sollten die aktuellen Entwicklungen in der IMO keine Ergebnisse zeitigen. Er begrüßt, dass offenbar keinerlei Frist für derartige regionale Maßnahmen festgelegt wurde, und warnt davor, Maßnahmen zu ergreifen, die nur wenig Auswirkungen im Sinne einer Emissionsminderung haben könnten, gleichzeitig aber höhere Kosten in Bezug auf eine geringere Wettbewerbsfähigkeit oder Probleme in den Beziehungen zu Drittländern verursachen könnten, da derartige Maßnahmen unter Drittlandsflagge fahrende Schiffe, zumindest bei Fahrten in Nicht-EU-Hoheitsgewässer, betreffen.

4.14

Der Ausschuss begrüßt des Weiteren die Verbindung zwischen dem sektorspezifischen MRV und dem allgemeinen Überwachungssystem, für Treibhausgasemissionen, das mit der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 eingerichtet wurde (11).

5.   Besondere Bemerkungen

5.1

Der Ausschuss hält fest, dass mit dem für das MRV-System gewählten Konzept die Verantwortung für die Durchführung zum größten Teil bei den Schiffseignern bzw. -betreibern und den akkreditierten Prüfstellen liegt, wohingegen die Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission und die EMSA meistens nur Überwachungsaufgaben wahrnehmen und Berichte erhalten. Damit sollen die Erfahrungen bestehender Unternehmenssysteme genutzt und der Verwaltungsaufwand für die EU-Institutionen verringert werden.

5.2

Nach Ansicht des Ausschusses sollten zur Verbesserung der Qualität der Emissionsberichte einschlägige spezifische Informationen wie die Eisklasse eines Schiffes oder spezielle Navigationsbedingungen (z.B. bei winterlichen Verhältnissen) in dem Bericht anerkannt werden.

5.3

Der Ausschuss hält einige Aspekte des vorgeschlagenen MRV-Systems für unnötig komplex und ressourcenintensiv. So ist beispielsweise nur schwer nachvollziehbar, warum ein formaler Prüfbericht für die Jahresberichte erstellt werden muss, da eine Konformitätsbescheinigung für genehmigte Jahresberichte ausgestellt wird und die wichtigsten Elemente dieser Bescheinigung ebenfalls veröffentlicht werden. Eine Konformitätsbescheinigung sollte ausreichen, möglicherweise in Verbindung mit einem begründeten Prüfbericht in Fällen, in denen die Bescheinigung verweigert wurde.

5.4

Der Vorschlag zur Berichterstattung an die für die Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 über die Überwachung von, Berichterstattung über und Prüfung von Kohlendioxidemissionen aus dem Seeverkehr zuständigen Kommissionsstellen ist sicherlich zweckdienlich, allerdings stellt sich die Frage, warum die Mitgliedstaaten einen eigenen Bericht an die Europäische Kommission senden müssen, der den Zwecken dieser Verordnung angepasst ist, wo doch alle relevanten Informationen einfach in einem Bericht zusammengefasst werden könnten, der dann an alle betreffenden Stellen übermittelt werden könnte.

5.5

Der Ausschuss zweifelt außerdem daran, ob die Reichweite der in Artikel 20 Absatz 3 des Vorschlags enthaltenen Ausweisungsanordnung sinnvoll ist, da Schiffe damit daran gehindert werden, einen EU-Hafen anzulaufen, selbst einen Hafen ihres Flaggenstaates. Es wäre angemessen, eine Art "Notliegeplatz" bereitzustellen, um die Probleme bei der Einhaltung der Vorschriften lösen zu können.

5.6

Der Ausschuss wirft ferner die Frage auf, ob nicht eine unnötig lange Frist für die Umsetzung gewählt wurde und es nicht möglich wäre, das Zeitschema um ein Jahr zu verkürzen. So soll zwar der Vorschlag am 1. Juli 2015 in Kraft treten, die Monitoringkonzepte müssen jedoch erst bis 30. August 2017 an die Europäische Kommission übermittelt werden, und das Monitoringverfahren selbst soll gar erst am 1. Januar 2018 beginnen. Dies bedeutet einen Übergangszeitraum von rund 2,5 Jahren, der dem Ausschuss ziemlich lang erscheint, zumal auch eine Reihe von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten erlassen werden müssen.

5.7

Der Ausschuss erachtet das geplante "European Sustainable Shipping Forum – ESSF" (Europäisches Forum für nachhaltige Schifffahrt) als potenzielles zweckdienliches Forum für derartige Durchführungsfragen.

5.8

Der Ausschuss möchte darüber hinaus eine Reihe technischer Anmerkungen zum Vorschlag vorbringen. In Artikel 14 Absatz 1 wird sowohl auf "Schifffahrtsunternehmen" als auch "Schiffsbetreiber" verwiesen, wohingegen laut der Begriffsbestimmung in Artikel 3 unter "Schifffahrtsunternehmen" sowohl Eigner als auch Betreiber zu verstehen sind. In Artikel 15 Absatz 5 und Artikel 16 Absatz 3 wird die Europäischen Kommission zur Erlassung delegierter Rechtsakte u.a. zu dem "Verfahren für die Akkreditierung von Prüfstellen" ermächtigt. Der Ausschuss schlägt vor, den Verweis auf "Verfahren für die Akkreditierung von Prüfstellen" aus Artikel 15 Absatz 5 zu Prüfverfahren herauszunehmen und ihn in Artikel 16 zur Akkreditierung von Prüfstellen beizubehalten.

5.9

Artikel 23 enthält Bestimmungen zur weitreichenden Übertragung von Befugnissen zur Ergänzung und Änderung der Bestimmungen der Anhänge I und II, um eine Reihe von Elementen zu berücksichtigen, u.a. wissenschaftliche Erkenntnisse, einschlägige, an Bord der Schiffe vorliegende Daten, internationale Vorschriften und international anerkannte Normen, "um die genauesten und effizientesten Methoden für die Überwachung von Emissionen zu bestimmen und um die Genauigkeit der (…) darüber verlangten Angaben zu verbessern". Nach Auffassung des Ausschusses geht diese Übertragung von Befugnissen weit über die Anpassung an technische Entwicklungen hinaus und dürfte Änderungen wie die Ermittlung von Überwachungsmethoden zu ermöglichen, die ein grundlegendes Element des Vorschlags sind. Die Übertragung derart weitreichender Befugnisse könnte daher im Widerspruch zu Artikel 260 AEUV stehen. In Bezug auf die in Artikel 15 Absatz 3 verankerte Übertragung von Befugnissen betreffend Prüfmethoden stellt sich die gleiche Frage.

Brüssel, den 16. Oktober 2013

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Henri MALOSSE


(1)  COM(2011) 144 final, EWSA-Stellungnahme zu dem Weißbuch: Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem, ABl. C 24 vom 28.1.2012, S. 146, insbesondere Ziffer 1.2, 3.7, 3.8 und 3.11.

(2)  COM(2013) 480 final.

(3)  COM(2013) 510 final – Mitteilung der Kommission: Der "Blaue Gürtel" – ein einheitlicher europäischer Verkehrsraum für die Schifffahrt.

(4)  COM(2013) 479 final.

(5)  COM(2010) 2020 final.

(6)  COM(2013) 479 final.

(7)  Richtlinie 2008/101/EG und Beschluss Nr. 377/2013/EU.

(8)  Erwägungsgrund 2 der Entscheidung 406/2009/EG und Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2009/29/EG.

(9)  EWSA-Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/32/EG hinsichtlich des Schwefelgehalts von Schiffskraftstoffen, ABl. C 68 vom 6.3.2012, S. 70.

(10)  Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/32/EG hinsichtlich des Schwefelgehalts von Schiffskraftstoffen, ABl. C 68 vom 6.3.2012, S. 70; Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Blaues Wachstum – Chancen für nachhaltiges marines und maritimes Wachstum, ABl. C 161 vom 6.6.2013, S. 87; Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Strategische Ziele und Empfehlungen für die Seeverkehrspolitik der EU bis 2018, ABl. C 255 vom 22.9.2010, S. 103; Stellungnahme zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die vorübergehende Abweichung von der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft, ABl. C 133 vom 9.5.2013, S. 30; Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für die Überwachung von Treibhausgasemissionen sowie für die Berichterstattung über diese Emissionen und über andere klimaschutzrelevante Informationen auf Ebene der Mitgliedstaaten und der EU, ABl. C 181 vom 21.6.2012, S. 169; Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Eine integrierte Meerespolitik für die Europäische Union, ABl. C 211 vom 19.8.2008, S. 31; Stellungnahme zum Thema Eine umweltfreundliche See- und Binnenschifffahrt, ABl. C 277 vom 17.11.2009, S. 20.

(11)  Verordnung (EU) Nr. 525/2013 über ein System für die Überwachung von Treibhausgasemissionen sowie für die Berichterstattung über diese Emissionen und über andere klimaschutzrelevante Informationen auf Ebene der Mitgliedstaaten und der Union und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 280/2004/EG.


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