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Document 52009IP0143

    Guinea-Bissau Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zu Guinea-Bissau

    ABl. C 87E vom 1.4.2010, p. 178–180 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    1.4.2010   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    CE 87/178


    Donnerstag, 12. März 2009
    Guinea-Bissau

    P6_TA(2009)0143

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zu Guinea-Bissau

    2010/C 87 E/37

    Das Europäische Parlament,

    unter Hinweis auf die Erklärung des Ratsvorsitzes der Europäischen Union vom 2. März 2009 zu den tragischen Ereignissen in Guinea-Bissau,

    unter Hinweis sowohl auf die Präsidentschaftswahlen vom Juni und Juli 2005 als auch auf die Parlamentswahlen vom 16. November 2008 in Guinea-Bissau,

    unter Hinweis auf die Erklärung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 3. März 2009 zur derzeitigen politischen Krise in Guinea-Bissau,

    unter Hinweis auf die Erklärung der Kommission der Afrikanischen Union (AU) vom 2. März 2009,

    gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

    A.

    in der Erwägung, dass am 2. März 2009 der Präsident von Guinea-Bissau João Bernardo Vieira von meuternden Soldaten erschossen wurde, am Tag nach einem Bombenanschlag, bei dem der Stabschef der Armee, General Batista Tagme Na Waie, getötet worden war; in der Erwägung, dass diese Morde zum Tod von zwei sehr mächtigen Personen und Rivalen geführt haben, die in den vergangenen vier Monaten mehreren Mordanschlägen entgangen waren,

    B.

    in der Erwägung, dass diese Anschläge nicht als Staatsstreich betrachtet wurden und dass der Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union Guinea-Bissau nicht suspendiert hat, wie dies bei den Nachbarländern Guinea und Mauretanien nach den im vergangenen Jahr verübten Staatsstreichen der Fall gewesen ist,

    C.

    in der Erwägung, dass der kürzlich gewählte Präsident der Nationalversammlung, Raimundo Pereira, in Erwartung von Neuwahlen verfassungsgemäß nur für einen begrenzten Zeitraum als Präsident vereidigt worden ist; in der Erwägung ferner, dass Raimundo Pereira die internationale Gemeinschaft aufgefordert hat, bei der Stabilisierung des Landes mitzuwirken,

    D.

    in der Erwägung, dass die seit Jahrzehnten andauernde politische Instabilität in Guinea-Bissau das Land in eine tiefe Krise gestürzt hat, die gekennzeichnet ist von einem fehlenden Zugang zu sauberem Trinkwasser, zu Gesundheitsdiensten und Bildungseinrichtungen, sowie dadurch, dass in zahlreichen Ministerien die Angestellten seit Monaten auf ihre Löhne warten, sowie in der Erwägung, dass dieses Land zu jenen wenigen Staaten gehört, die sich auf der Agenda der Kommission der Vereinten Nationen für Friedenskonsolidierung befinden, die darauf hinarbeitet, arme Länder in ihren Bemühungen zu unterstützen, zu vermeiden, in Krieg oder Chaos zurückzuverfallen; in der Erwägung ferner, dass die Mordanschläge zu einer Zeit stattgefunden haben, zu der sich die Europäische Union und die internationale Gemeinschaft verstärkt um den Aufbau eines demokratischen und stabilen Guinea-Bissau bemühen,

    E.

    in der Erwägung, dass die Europäische Union seit Juni 2008 mit Hilfe ihrer GASP-Mission „EU-Unterstützung der Reform des Sicherheitssektors in Guinea-Bissau“ für die Reform des Sicherheitssektors in Guinea-Bissau Beistand und Unterstützung bereitgestellt hat,

    F.

    in der Erwägung, dass die Parlamentswahlen vom November 2008 ein wichtiger Test für Guinea-Bissau gewesen sind, da der Übergang des Landes zu demokratischen Regeln dringend eines neuen Antriebs bedurfte; in der Erwägung ferner, dass die Wahlen sowohl von den Bürgern als auch von den internationalen Beobachtern und insbesondere von der Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union gelobt wurden und den Weg für eine verstärkte Unterstützung der Vereinten Nationen für die friedensstiftenden Bemühungen des Landes ebneten; in der Erwägung ferner, dass sich das Militär während der Wahlperiode aus dem Wahlprozess heraus hielt und sich unentwegt der Gewährleistung eines friedlichen Umfelds verpflichtet fühlte,

    G.

    in der Erwägung, dass die Mordanschläge offenbar mit der politischen Spannung auf Grund alter Rivalitäten, ethnischer Zersplitterungen und der Instabilität in den militärischen Rängen sowie mit dem stets stärker werdenden Auftauchen von Drogenhandelsinteressen im Lande zu tun haben, was alles in allem zu einer überaus komplexen und gefährlichen Hintergrundsituation führt, die die Fähigkeit des Landes, sich zu erholen, permanent untergräbt,

    H.

    in der Erwägung, dass Guinea-Bissau mit dem Problem des Drogenhandels konfrontiert ist und als wichtiger Drogenumschlagsort zwischen Südamerika und Europa dient und in der Erwägung der schweren Bedrohung für die politische Stabilität des Landes, die der Drogenhandel darstellt,

    I.

    in der Erwägung, dass der nachgewiesene Drogenhandel in und durch die Region laufend deutlicher zu Tage tritt und dass dies zeigt, wie sehr der Drogenhandel zu einer großen Gefahr für ganz Westafrika und dadurch, dass er bereits benachbarte Regionen angesteckt hat, auch zu einer großen Gefahr für die Europäische Union geworden ist,

    1.

    verurteilt energisch die Ermordung des Präsidenten von Guinea-Bissau, João Bernardo Vieira, und des Oberbefehlshabers der Streitkräfte, General Tagmé Na Waié;

    2.

    bekundet den Familien des verstorbenen Präsidenten João Bernardo Vieira und des verstorbenen Generals Tagme Na Waié sowie der ganzen Bevöllkerung von Guinea-Bissau seine aufrichtige Anteilnahme;

    3.

    fordert die Behörden von Guinea-Bissau auf, diese Verbrechen sorgfältig zu untersuchen und die dafür Verantwortlichen vor Gericht zu stellen, und fordert die internationale Gemeinschaft auf, jeden erforderlichen Einfluss geltend zu machen und alle erforderliche Unterstützung bereitzustellen, um dieses Ziel zu erreichen; weist darauf hin, dass die Fälle in Bezug auf die Ermordnung von General Ansumane Mané (2000) und von General Veríssimo Correia Seabra (2004) bislang nicht aufgeklärt worden sind und dass auch ihre jeweiligen Mörder bislang weder identifiziert noch angeklagt noch verurteilt wurden; betont, dass Straflosigkeit keine Antwort darstellt;

    4.

    begrüßt die verbindliche Erklärung der Armee, die Verfassung von Guinea-Bissau zu beachten, und fordert eine uneingeschränkte Beachtung der verfassungsmäßigen Ordnung des Landes;

    5.

    fordert alle Parteien nachdrücklich auf, ihre Differenzen mit Hilfe politischer und friedvoller Mittel im Rahmen der Institutionen von Guinea-Bissau zu lösen, und lehnt jeden Versuch ab, mit nicht verfassungskonformen Mitteln einen Regierungswechsel herbeizuführen;

    6.

    gibt seiner Hoffnung Ausdruck, dass innerhalb der nächsten 60 Tage Präsidentschaftswahlen stattfinden werden, wie dies in der Verfassung vorgesehen ist, und fordert die Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, sicherzustellen, dass Guinea-Bissau die für die Durchführung glaubwürdiger Wahlen erforderliche finanzielle und technische Unterstützung erhält;

    7.

    betont, dass die Gefahr besteht, dass Guinea-Bissau instabil bleiben und sich außerstande sehen wird, die mehr und mehr um sich greifende Korruption einzudämmen oder seinen Status als bedeutender Drogenumschlagplatz zu verändern, solange seine Institutionen in struktureller Hinsicht schwach sind;

    8.

    fordert den Rat, die Kommission, die Mitgliedstaaten, die Vereinten Nationen, die Afrikanische Union, die Wirtschaftsgemeinschaft der Westafrikanischen Staaten (ECOWAS), die Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder (CPLP) und die übrigen Mitglieder der internationalen Gemeinschaft auf, die Entwicklungen in Guinea-Bissau zu beobachten, das Land bei der Aufrechterhaltung seiner verfassungsmäßigen Ordnung zu unterstützen und die friedensstiftenden Bemühungen im Lande weiter zu unterstützen;

    9.

    fordert die unverzügliche Aufnahme von Gesprächen zwischen den einzelnen politischen Gruppierungen des Landes im Hinblick auf die Erstellung eines für alle Beteiligten verbindlichen Programms, das unter anderem eine Beschleunigung der Reform des Sicherheitssektors, eine Überarbeitung des Wahlgesetzes, eine Reform der öffentlichen Verwaltung, Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption, eine makroökonomische Stabilisierung und eine Konsultation der Zivilgesellschaft in Bezug auf eine nationale Aussöhnung umfassen sollte;

    10.

    begrüßt den am 3. März 2009 von der ECOWAS gefassten Beschluss, eine aus Ministern aus Nigeria, Burkina Faso, Cap Verde, Gambia und Senegal bestehende Ministerdelegation in Begleitung des Präsidenten der ECOWAS-Kommission nach Guinea-Bissau zu entsenden, und den am selben Tag gefassten ähnlichen Beschluss der Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder CPLP, eine politische Mission unter der Führung des portugiesischen Staatssekretärs für auswärtige Angelegenheiten und Zusammenarbeit nach Guinea-Bissau zu entsenden, da durch diese beiden Beschlüsse alle Beteiligten in die Bemühungen zur Wiederherstellung des Vertrauens zwischen den politischen Akteuren, den Sicherheitskräften und der Zivilgesellschaft und zur Rückkehr des Landes zur verfassungsmäßigen Normalität einbezogen werden;

    11.

    weist mit tiefer Besorgnis auf die Gefahr hin, die der Drogenumschlag aus so entfernten Ländern wie Kolumbien und Afghanistan und auch der Menschenhandel für die Konsolidierung des Friedensprozesses in Guinea-Bissau und für die Stabilität in der Region Westafrika bedeuten, und fordert die Agenturen der Vereinten Nationen auf, mit der entsprechenden Unterstützung der ECOWAS einen regionalen Aktionsplan auszuarbeiten, um dieser Herausforderung zu begegnen;

    12.

    fordert die Kommission der Vereinten Nationen für Friedenskonsolidierung auf, daran mitzuarbeiten, dass die zugesagte Geberunterstützung (sowohl finanzieller als auch technischer Natur), insbesondere für den Sicherheitsbereich und für administrative Reformen sowie für die Bekämpfung des Drogenhandels weiterhin bereitgestellt wird;

    13.

    fordert den Rat und die Kommission auf, mit Hilfe der GASP-Mission „EU-Unterstützung der Reform des Sicherheitssektors in Guinea-Bissau“ die Reform des Sicherheitssektors in Guinea-Bissau auch weiterhin beratend und unterstützend zu begleiten und über die bereits erzielten Fortschritte Bericht zu erstatten;

    14.

    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der Wirtschaftsgemeinschaft der Westafrikanischen Staaten ECOWAS, den Institutionen der Afrikanischen Union, der Gemeinsamen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU, dem Sekretariat der Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder CPLP sowie der Regierung und dem Parlament von Guinea-Bissau zu übermitteln.


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