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Document 52008AE1678

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Leistungspunktesystems für die Berufsbildung (ECVET) KOM(2008) 180 endg. — 2008/0070 (COD)

ABl. C 100 vom 30.4.2009, p. 140–143 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

30.4.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 100/140


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Leistungspunktesystems für die Berufsbildung (ECVET)“

KOM(2008) 180 endg. — 2008/0070 (COD)

2009/C 100/25

Der Rat der Europäischen Union beschloss am 23. April 2008, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Leistungspunktesystems für die Berufsbildung (ECVET)“

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 11. September 2008 an. Berichterstatterin war Frau LE NOUAIL-MARLIÈRE.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 448. Plenartagung am 22./23. Oktober 2008 (Sitzung vom 22. Oktober) mit 109 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme:

1.   Einleitung

1.1   Dieser Vorschlag für eine Empfehlung zielt auf die Einrichtung eines gemeinsamen europäischen Qualifikationssystems ab, mit dem die Übertragung, Anrechnung und Anerkennung von Qualifikationen erleichtert und so die Mobilität der Arbeitnehmer gefördert werden soll.

1.2   Die allgemeine und berufliche Bildung sind feste Bestandteile der Lissabon-Strategie, d. h. des europäischen Reformprogramms, das helfen soll, die Herausforderungen der Wissens-gesellschaft und der Wirtschaft zu bewältigen. Konkret ist der Erwerb von Kenntnissen, Kompetenzen und Know-how durch die Bürgerinnen und Bürger im Zuge der allgemeinen und beruflichen Bildung eine notwendige und unabdingbare Voraussetzung für das Erreichen der Lissabon-Ziele auf dem Gebiet der Wettbewerbsfähigkeit, Entwicklung, Beschäftigung und des sozialen Zusammenhalts.

1.3   Es gab zwar hier Fortschritte zu verzeichnen, doch die grundlegenden Ziele wurden nicht erreicht, was insbesondere für die Bereiche lebenslanges Lernen und Mobilität der Arbeit-nehmer gilt, in denen es nach wie vor zahlreiche Hemmnisse gibt. Diese Defizite machen deutlich, dass Instrumente und Verfahren zur Zusammenarbeit entwickelt werden müssen, die die Beteiligung am lebenslangen Lernen und die Übertragbarkeit von Qualifikationen zwischen verschiedenen Staaten, Einrichtungen und Systemen erleichtern. Mehr Transparenz bei den Qualifikationen zu schaffen, ist ein unverzichtbarer Schritt für die Umsetzung einer solchen Strategie und im Hinblick auf die Entwicklung der Kenntnisse, Kompetenzen und des Know-how, die für die Arbeitnehmer und die Bürger in Europa sowie für alle Beteiligten (insbesondere Bildungseinrichtungen) notwendig sind.

1.4   ECVET (1) ist ein System für die Bürger, mit dem die grenzüberschreitende Anerkennung von Lernergebnissen der Berufsbildung im Rahmen des lebensbegleitenden Lernens gefördert werden soll. Das System baut auf den in Europa vorhandenen Verfahren und Systemen auf und stützt sich auf folgende Elemente:

eine Beschreibung der Qualifikationen in Form von Einheiten von Lernergebnissen (Kenntnissen, Know-how und Kompetenzen), die übertragen und kumuliert werden können;

die Entwicklung transparenter Verfahren zur Übertragung, Ansammlung und Anerkennung bzw. Anrechnung von Lernergebnissen;

die Bildung von Partnerschaften zwischen den Einrichtungen zur Schaffung eines der Übertragbarkeit zuträglichen Umfeldes und eines transnationalen Berufsbildungsraumes.

2.   Allgemeine Bemerkungen

2.1   Aus der Folgenabschätzung geht hervor, dass das ECVET-System ein Instrument ist, das die Transparenz, Vergleichbarkeit, Übertragbarkeit und Kumulierbarkeit von Lernergebnissen verschiedener berufsbildender Systeme ermöglicht. Das System erfordert weder eine stärkere Aufgliederung der Qualifikationen noch die Harmonisierung der Abschlüsse oder der Bildungssysteme. Es stützt sich auf die bestehenden Instrumente zur Förderung der Mobilität (ECTS (2) und EQF (3)) und stärkt diese. Langfristig kann es einen Beitrag zur Reform der nationalen Bildungssysteme im Hinblick auf das Ziel des lebensbegleitenden Lernens leisten. In dieser Hinsicht ist ECVET eine Bereicherung auf dem Gebiet der Mobilität und des lebenslangen Lernens.

2.2   Nichtsdestotrotz sollten die im Bereich dieser Instrumente bestehenden Probleme nicht unterschätzt werden. Auch wenn der EQF darauf abzielt, nationale Bildungssysteme vergleichbar zu machen, müssen diese doch so gestaltet und aufgebaut sein, dass sie das gegenseitige Verstehen, Verständnis und Vertrauen der Partner in den anderen Ländern ermöglichen. Es ist Aufgabe der Kommission festzulegen, nach welchen Kriterien die Wirksamkeit, Transparenz, und Vergleichbarkeit sichergestellt und das gegenseitige Vertrauen zwischen den Partnern gefördert werden kann. Der EQF wurde zwar mit dem Ziel der Vergleichbarkeit und freiwilligen Übertragbarkeit von Qualifikationen auf europäischer, nationaler und sektoraler Ebene geschaffen, trotzdem sollte die Komplexität der bestehenden Systeme nicht verkannt werden. Daher gilt es, die Instrumente für eine stärkere Transparenz auszubauen und die notwendigen Etappen erfolgreich zu bewältigen, um das System der Abschlüsse und Qualifikationen im Jahr 2012 einführen zu können.

2.3   Hervorzuheben ist ferner, dass das ECVET-System nicht an die Stelle der Maßnahmen in anderen Politikbereichen der Europäischen Union tritt und insbesondere nicht die Richt-linie 2005/36/EG über Wanderarbeiter ersetzt. Andererseits stärkt das System jedoch nicht die erforderlichen Verknüpfungen zu anderen europäischen Programmen, in denen u. a. vorge-sehen ist, dass Maßnahmen zur Umsetzung von Reformen in den allgemeinen und beruflichen Bildungssystemen in den schwächsten Regionen der EU aus dem ESF finanziert werden, um die Erfordernisse der Wissensgesellschaft und insbesondere die Notwendigkeit einer lebenslangen Aus- und Weiterbildung stärker ins Bewusstsein der Bürger zu rücken; damit soll der Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Bildung verbessert werden.

2.4   Die Umsetzung des ECVET ist ein kontinuierlicher Prozess, der das dauerhafte Engagement aller Akteure sowie Synergien zwischen den Initiativen auf europäischer, nationaler und sektoraler Ebene erfordert. Leider sind im ECVET keine ausdrücklichen Bestimmungen zur Nutzung von Fortschritten bzw. Neuerungen (nachahmenswerten Praktiken) vorgesehen, die auch eine Dynamik bei den potenziellen Akteuren und Partnern im Hinblick auf die für 2012 vorgesehene Zwischenbewertung schaffen könnten.

2.5   Der Ausschuss nimmt zwar zur Kenntnis, dass die auf allen Ebenen und mit einer großen Zahl von öffentlichen und privaten Akteuren durchgeführten Konsultationen die Festlegung einer gemeinsamen Sprache ermöglicht haben, stellt jedoch fest, dass in den Vorschlägen, Mitteilungen, Empfehlungen, Folgenabschätzungen und Berichten, die von der Kommission bzw. in deren Auftrag erstellt wurden, regelmäßig eine große Zahl von Abkürzungen verwendet wird, was zu einem Mischmasch von Kürzeln führt, Verwirrung stiftet und nichts Gutes für das verfolgte Ziel verheißt. Eine Abkürzung, ein Kürzel, ein Akronym oder ein Slogan, die in einer Sprache einen Sinn ergeben, sagen möglicherweise in einer anderen Sprache gar nichts aus oder vermitteln sogar ein völlig negatives Bild. Dieser Gebrauch kann zudem dazu führen, dass der Beitritt neuer Bildungseinrichtungen zu dem System eingeschränkt wird und das System, das eigentlich die Übertragbarkeit zwischen den einzelstaatlichen berufsbildenden Systemen verbessern und diese nicht undurchsichtiger machen soll, die Zielgruppen nicht anspricht. Der Ausschuss empfiehlt zudem, dass bei diesen Bemühungen, die Systeme der beruflichen Bildung zu harmonisieren und mit dem lebenslangen Lernen in Einklang zu bringen, den sprachlichen Aspekten und den Anstrengungen der Kommission auf anderen Gebieten Rechnung getragen wird.

2.6   Die Kommission verfolgt das Ziel, dass „Auszubildende ihre Ausbildung viel leichter in verschiedenen Berufsbildungseinrichtungen und in unterschiedlichen Ländern absolvieren können, was zur Förderung der Mobilität der Lernenden in ganz Europa beiträgt. Dies ist umso bemerkenswerter, als es europaweit über 30 000 Einrichtungen der beruflichen Bildung gibt“ (4). Sie sollte jedoch dafür sorgen, dass dieses Ziel nicht auf Kosten der sprachlichen Vielfalt oder der von ihr angestrebten Qualität der Sprachausbildung erreicht wird.

3.   Besondere Bemerkungen

3.1   Bei der Einführung von ECVET hat sich die Kommission für das Rechtsinstrument einer Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates auf der Rechtsgrundlage von Artikel 150 des Vertrages entschieden, wodurch der Rahmen gegeben ist, in dem die im ECVET vorgesehenen Prinzipien umgesetzt werden können, und zugleich ein auf Freiwilligkeit basierender Ansatz Anwendung findet. Diese Vorgehensweise stärkt den eingeleiteten Prozess der Konsultation, der eine eingehende Gegenüberstellung der von den verschiedenen Akteuren — u. a. den Sozialpartnern — vorgebrachten Ansichten ermöglicht hat.

3.2   Der Ansatz der Freiwilligkeit ist zwar auch mit Mängeln behaftet, gestattet jedoch eine stärkere Abstimmung zwischen der Kommission, den Sozialpartnern und den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die genaue Ermittlung der künftigen Probleme und insbesondere auf die Entwicklung der optimalen Neuerungen und möglichst geeigneten Lösungen. Dieser Prozess erlaubt die praxisorientierte und wirksamere Einführung des ECVET-Systems als tatsächlichen europäischen Mehrwert für die Bürger und Arbeitnehmer in Europa, wenn es um die Anerkennung von Kompetenzen und damit um die Förderung des lebenslangen Lernens und der Mobilität geht.

3.3   Das erklärte Ziel der Kommission, das ECVET-System zu bewerten, weiterzuentwickeln und kontinuierlich zu überprüfen bzw. anzupassen und die erreichten Fortschritte zu veröffent-lichen, stellt ihr Streben nach Kooperation unter Beweis. Es wäre wünschenswert, wenn die verschiedenen Akteure und insbesondere die Nutzer bzw. diejenigen, die deren Belange ver-treten, in diese Bewertung und die Erstellung des in der Empfehlung vorgesehenen Berichts umfassend eingebunden werden.

3.4   Das von der Kommission angestrebte Ziel, die transnationale Mobilität und den Zugang zum lebenslangen Lernen in der Berufsbildung zu unterstützen und zu fördern, muss sich auch in einer Bekräftigung von Prinzipien niederschlagen, die in der Empfehlung stillschweigend vorausgesetzt werden und die Stellung und Rolle der einzelnen Akteure betreffen:

Die Endnutzer sind die Auszubildenden, die ihre Lernergebnisse zum Erhalt eines anerkannten Abschlusses anerkennen lassen wollen.

Das Qualifikationssystem basiert auf der Anerkennung von Lernergebnissen in Form von Leistungspunkten zur Gewährleistung der Objektivität und des gleichberechtigten Zugangs und darf kein zusätzliches Hindernis oder Auswahlkriterium darstellen.

Die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung und des lebenslangen Lernens ist Voraussetzung für die Transparenz und Anerkennung von Qualifikationen.

Es sollten Netzwerke und Partnerschaften eingerichtet werden, die eigens auf das ECVET-System ausgerichtet sind, mit dem Ziel, neue Hilfsmittel und Verfahren für Lernverträge und die Übertragung von Leistungspunkten zu entwickeln.

Die Kommission sollte dafür sorgen, dass die geplanten Vorschriften eine gleichberechtigte Behandlung nicht nur der Auszubildenden, sondern auch der Bildungseinrichtungen ermöglichen. Untersuchungen jüngeren Datums (5) zeigen, dass die Bevölkerungsgruppe, die am stärksten von Programmen zum lebenslangen Lernen profitiert, unverändert die der bereits am stärksten Qualifizierten ist. Ein weiteres Ergebnis war, dass die Bevölkerungsgruppen mit der geringsten Qualifikation oder ohne Qualifikation am wenigsten von Programmen zum lebenslangen Lernen profitieren. Dafür gibt es verschiedene Gründe, doch diese Schwierigkeit sollte bei diesem Qualifikationssystem vermieden werden, wobei die Kommission dafür sorgen muss, dass das System auch die am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen hinsichtlich der Qualifikationen berücksichtigt.

So wurden zahlreiche Bildungseinrichtungen (Verbände und Vereinigungen), die sich vorwiegend um die am stärksten Benachteiligten kümmern und hier langjährige konkrete Erfahrungen sammeln konnten, in letzter Zeit in bestimmten Mitgliedstaaten als Anbieter vom Markt verdrängt, da kurzfristige Sparzwänge allzu oft zu Lasten der am wenigsten rentablen Bevölkerungsgruppen gingen. Diese Aufgaben müssen personell und finanziell aufgewertet werden, was insbesondere für die Bereiche Kultur, Sozialwirtschaft und Volksbildung gilt, über die diesen Bevölkerungsgruppen häufig der Einstieg in die Berufsbildung gelingt.

3.5   Im Hinblick auf das Ziel eines europäischen Qualifikationssystems durch Formen der verstärkten Zusammenarbeit werden gemeinsame Regeln ausgearbeitet. Das ist hinsichtlich der so genannten informellen Lernergebnisse eine besonders heikle Angelegenheit. Die festzulegenden Regeln sollten nach Kriterien ausgearbeitet und geprüft werden, die insbesondere das CEDEFOP in seinem Bericht (siehe Fußnote) vorschlägt, und zwar unter Konsultation von Einrichtungen, die solide und integrative Erfahrungen auf diesem Gebiet vorzuweisen haben (und deren Erfolge nicht auf der Zulassung oder Nichtzulassung zu formalen Ausbildungsgängen beruhen).

3.6   Die Kommission sollte ihre Mitteilung „Aktionsplan Erwachsenenbildung — Zum Lernen ist es nie zu spät“ (6) berücksichtigen, damit eine möglichst große Zahl von Menschen schneller in dieses System einbezogen werden kann; dabei sollte den Bevölkerungsgruppen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, die einer Einbeziehung am meisten bedürfen, also nicht nur gefährdeten oder benachteiligten Menschen, sondern denjenigen, die aus sozialen und menschlichen Gründen der Integration und des wirtschaftlichen und territorialen Zusammen-halts prioritäre Zielgruppen sein sollten (7).

3.7   Anhang 1 und 2 der hier behandelten Empfehlung beruhen auf den Empfehlungen des CEDEFOP (8) und bilden wichtige Elemente für eine erfolgreiche Einführung des ECVET-Systems, die zur Transparenz und Kohärenz beitragen und zugleich Prinzipien für eine Weiterentwicklung auf allen Ebenen festlegen. Diese Empfehlungen und Prinzipien sollten ausführlicher erklärt, unterstützt und stärker propagiert werden, um den Fortbestand und die Dauerhaftigkeit des Systems zu gewährleisten.

3.8   Im Zuge der Vorabkonsultation und Konsultation durch die Kommission wurde ein gemeinsames Verzeichnis und ein gemeinsames Definitionsfeld für pädagogische Begriffe festgelegt, was einen Fortschritt darstellt; dies darf aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass Bildung nicht in den Bereich der kommerziellen Dienstleistungen fällt, sondern vielmehr ein Dienst der Grundversorgung für eine möglichst breite Öffentlichkeit bleiben muss, welcher durch öffentliche Investitionen und politische Kohärenz sowohl auf nationaler Ebene als auch in den WTO-Verhandlungen sicherzustellen ist, wenn die europäische Wettbewerbsfähigkeit in ihrem Wesen im weitesten Sinne (im allgemeinen Interesse) bewahrt werden soll.

3.9   Will man kohärent sein, dann müssen die Ziele menschenwürdige Arbeit und hochwertige Bildung zu Gunsten der Wettbewerbsfähigkeit Hand in Hand gehen; ein europäisches Qualifikationssystem muss nach wie vor in enger Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten, den Sozialpartnern auf allen Ebenen und den Betroffenen entwickelt werden, an die sich das System ja richtet und auf die es daher auszurichten ist. Die Ziele müssen für alle Nutzer des Systems klar und verständlich sein: Anerkennung der Lernergebnisse, Übertragbarkeit, geographische und berufliche Mobilität. In Bezug auf die Anbieter sind dies: Anerkennung und Zugang zu öffentlichen Finanzmitteln. Ein europäisches Qualifikationssystem kann die Beschäftigungsfähigkeit und die Mobilität verbessern, wenn es auf folgende Belange abstellt: Erhaltung der leistungsfähigsten Anbieter (Erfahrung; Zahl und Qualität der erfolgreichen Anerkennungen bzw. Anrechnungen; Anerkennung der Erfahrung der Anbieter (Verbände und Vereinigungen), die über praxiserprobte Verfahren verfügen; vorrangige Berücksichtigung und Wiedergewinnung des Vertrauens der Anbieter, die vom Markt verdrängt wurden (in den Bereichen Hilfe für Migranten, Unterstützung für Roma, Alphabetisierung von Erwachsenen, sprachliche Unterstützung usw.)).

3.10   Der Ausschuss weist darauf hin, dass die derzeit am stärksten von der Mobilität betroffene Gruppe von Beschäftigten die der entsandten Arbeitnehmer im Baugewerbe sind, gefolgt von den Beschäftigten im EDV- und Technologie-Dienstleistungsgewerbe, dem Tourismusgewerbe, dem Transportgewerbe u. a.

3.11   Da das ECVET-System insbesondere die berufliche Aus- und Weiterbildung und dort die Anerkennung und Anrechnung von formalen (Ausbildung) und nicht formalen Lernergebnissen (Berufserfahrung) zum Gegenstand hat, empfiehlt der Ausschuss, im Rahmen des Qualifikationssystems insbesondere das lebensbegleitende Lernen und die Anerkennung von Lernergebnissen entsandter Arbeitnehmer zu berücksichtigen (9).

3.12   In vier Jahren soll Bilanz gezogen werden, wobei dann unter der Führung der Kommission eine umfassende Verbreitung in den Mitgliedstaaten erfolgen sollte, um das System in den derzeit bestehenden und dann weiterentwickelten Systemen und in der Zivilgesellschaft zu verankern.

Brüssel, den 22. Oktober 2008

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Mario SEPI


(1)  ECVET steht für „European Credits System for Vocational Education and Training“ (Europäisches Leistungspunktesystem für die Berufsbildung).

(2)  Europäisches System zur Anrechnung von Studienleistungen.

(3)  Europäischer Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen.

(4)  IP/08/558, Pressemitteilung der Kommission.

(5)  Lissabon-Ziele: Fortschritte im Bereich allgemeine und berufliche Bildung — Indikatoren und Benchmarks, SEK(2007) 1284. Umfrage des Verbandes NIACE zur Teilnahme von Erwachsenen an Bildungsprogrammen, „Counting the cost“, Januar 2008. NIACE (National Institute of Adult Continuing Education) ist der britische Verband der Anbieter von Fortbildungen.

(6)  Stellungnahme des EWSA zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Aktionsplan Erwachsenenbildung — Zum Lernen ist es nie zu spät“, Berichterstatterin: Frau HEINISCH (ABl. C 204 vom 9.8.2008, S. 89).

(7)  Stellungnahme des AdR vom 19.6.2008 zum „Aktionsplan Erwachsenenbildung — Zum Lernen ist es nie zu spät“, Berichterstatterin: Frau SHIELDS. Die Stellungnahme wurde auf der Plenartagung am 18./19.6.2008 verabschiedet.

(8)  Das 1975 per Verordnung (EWG) Nr. 337/75 errichtete Europäische Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (CEDEFOP) ist die Referenzeinrichtung der Europäischen Union für Berufsbildung. Bericht von Erwin SEYFRIED von der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege — Forschungsstelle für Berufsbildung, Arbeitsmarkt und Evaluation (FHVR-FBAE), Berlin im Auftrag des CEDEFOP: „Panorama: Qualitätsindikatoren in der Berufsbildung“.

(9)  Stellungnahme des EWSA zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen — Vorteile und Potenziale bestmöglich nutzen und dabei den Schutz der Arbeitnehmer gewährleisten“, Berichterstatterin: Frau LE NOUAIL-MARLIÈRE (ABl. C 224 vom 30.8.2008, S. 95).


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