Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52006AE0971

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemeinschaft: Förderung des Unternehmergeistes in Unterricht und Bildung KOM(2006) 33 endg.

ABl. C 309 vom 16.12.2006, p. 110–114 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

16.12.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 309/110


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemeinschaft: Förderung des Unternehmergeistes in Unterricht und Bildung“

KOM(2006) 33 endg.

(2006/C 309/23)

Die Kommission beschloss am 5. April 2006, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 2. Juni 2006 an. Berichterstatterin war Frau JERNECK.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 428. Plenartagung am 5./6. Juli 2006 (Sitzung vom 6. Juli) mit 122 gegen 16 Stimmen bei 10 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

Kernpunkte der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Unternehmerische Initiative meint die Fähigkeit, Ideen in die Tat umzusetzen. Im Unternehmenstraining werden Innovation, Kreativität und Selbstvertrauen gefördert. Die Förderung des Unternehmergeistes in Unterricht und Bildung umfasst folgende Aspekte:

Frühzeitiger Beginn und Grundsteinlegung für die Förderung des Unternehmergeistes;

Zusatzprogramme in den nationalen Lehrplänen von der Grundschule bis zur Hochschule;

konstruktive und wirksame Zusammenarbeit zwischen Schulen/Hochschulen und Unternehmen;

die Einbeziehung der Lehrer begünstigt deren persönliche Entwicklung;

Einbeziehung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei der Aufstellung von Bildungsprogrammen zur Förderung des Unternehmergeistes;

umfassende Einbindung und Teilhabe der Zivilgesellschaft am Lernprozess;

im Hinblick auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Geschlechtern muss die Bedeutung von Unternehmerinnen in der Schule berücksichtigt werden;

Unternehmergeist muss gleichermaßen bei behinderten Menschen gefördert werden;

wichtig ist der Austausch vorbildlicher Praktiken; die Fortschritte könnten durch von der Kommission organisierte jährliche Treffern zur Bestandsaufnahme gemessen werden;

eine wichtige Rolle spielen das Wirken der Medien und das durch sie vermittelte Unternehmensbild;

ein mögliches Modell für die Mitgliedstaaten ist die kontinuierliche Heranführung an den Unternehmergeist über alle Stufen des Bildungssystems;

zentrale Anlaufstellen zur Erleichterung der Formalitäten für die Unternehmensgründung sind wichtig;

Europäisches Jahr des Unternehmergeistes auf Initiative der Kommission;

Unternehmergeist in Unterricht und Bildung kann dazu beitragen, Europa zu vermitteln und dem Bürger näher zu bringen.

1.   Wesentlicher Inhalt des Kommissionsdokuments

1.1

Im Februar 2005 schlug die Kommission eine Neuausrichtung der Lissabon-Strategie vor, die die Anstrengungen der Europäischen Union auf zwei wesentliche Ziele konzentriert: die Verwirklichung eines stärkeren und nachhaltigen Wachstums und die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen. In der neuen Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung wird die Herausbildung einer stärker unternehmerisch geprägten Denkweise und die KMU-freundlichere Gestaltung des Wirtschaftsumfelds unterstrichen.

1.2

Integrierte Maßnahmen sollen ein positiveres Image der unternehmerischen Initiative in der Gesellschaft bewirken, nicht nur, um die Einstellungen zu ändern, sondern auch, damit die Europäer ihre Fertigkeiten verbessern und Hindernisse beseitigt werden, die Neugründungen, Übertragungen und Unternehmensausbau im Wege stehen.

1.3

Unternehmerische Initiative ist eine Schlüsselkompetenz für Wachstum, Beschäftigung und Selbstverwirklichung. Zwar wird in der Mitteilung anerkannt, dass die unternehmerische Kompetenz durch lebenslanges Lernen erworben und erhalten werden sollte, doch liegt der Schwerpunkt auf der Bildung von der Grundschule bis zur Hochschule, wozu auch die berufliche Bildung im Sekundarbereich (Erstausbildung) und technische Bildungseinrichtungen des Hochschulbereichs gehören.

1.4

Traditionell werden in Europa unternehmerisches Denken und Handeln sowie selbstständige Erwerbstätigkeit im Rahmen der formalen Bildung nicht besonders gefördert, und obwohl die Erziehung zu unternehmerischem Denken und Handeln bereits Gegenstand zahlreicher Initiativen ist, sind diese jedoch nicht immer Teil eines zusammenhängenden Ganzen. Die Vorschläge der Kommission, die auf Fakten und vorbildlichen Verfahren in Europa basieren, zielen darauf ab, Hilfe bei der Formulierung systematischerer Konzepte für die Erziehung zu unternehmerischem Denken und Handeln anzubieten und die Rolle des Bildungswesens bei der Schaffung einer stärker unternehmerorientierten Kultur in den europäischen Gesellschaften zu stärken. Handlungsbedarf besteht dabei hauptsächlich auf nationaler oder lokaler Ebene.

1.5

Diese Mitteilung wird als Referenz für die Überprüfung der Fortschritte auf politischer Ebene dienen, was hauptsächlich durch die Lissabon-Berichte geschieht, die die Mitgliedstaaten nach den Integrierten Leitlinien für Wachstum und Arbeitsplätze vorzulegen haben.

2.   Allgemeine Bemerkungen des EWSA

2.1

Der Ausschuss begrüßt den Vorschlag der Kommission. Um das Wirtschaftswachstum zu fördern, das zur Erhaltung des Europäischen Sozialmodells notwendig ist, und um die Lissabon-Strategie erfolgreich umzusetzen, ist unternehmerische Initiative von Bedeutung. Europa braucht mehr Unternehmer, die über die entsprechenden Qualifikationen verfügen, um im Wettbewerb auf dem Markt erfolgreich zu bestehen. Die Erziehung zu unternehmerischem Denken und Handeln wird nach Auffassung der Kommission nicht nur mehr Existenzgründungen, innovative Konzepte und neue Arbeitsplätze bringen. Unternehmergeist sollte als Grundkompetenz und berufliche Option sowie als wesentlicher Beitrag zur Entfaltung der Persönlichkeit angesehen werden. Er fördert Kreativität und Innovation sowie das Selbstvertrauen und trägt zur Entwicklung von Eigenschaften wie Eigeninitiative und der Fähigkeit, Misserfolge zu bewältigen, bei. Es kommt darauf an, Initiativgeist zu vermitteln und nicht nur zu lernen, wie man Geschäftsmann bzw. Geschäftsfrau wird. Unternehmerische Bildung ermöglicht den Arbeitnehmern, ihr Arbeitsumfeld bewusst wahrzunehmen und Chancen zu ergreifen. Unternehmerische Initiative meint die Fähigkeit, Ideen in die Tat umzusetzen (1).

2.2

Der EWSA schließt sich der Auffassung an, dass eine stärkere unternehmerische Tätigkeit nur erreicht werden kann, wenn ein Wandel der Denkweise und Einstellung herbeigeführt wird, der schon in einem sehr frühen Alter einsetzen sollte. Unternehmergeist muss auch als lebensbegleitender Lernprozess begriffen werden, der schon in der Grundschule beginnt. Dort wird die Grundlage für besondere unternehmerische Fertigkeiten geschaffen, die die im Rahmen der formalen Ausbildung erworbene Allgemeinbildung und Kultur ergänzen, z.B. Kreativität, den Wunsch, sich um neue Erkenntnisse zu bemühen und sich weiterzubilden usw. Er kann in den einzelnen Abschnitten des persönlichen Lebens mehr Flexibilität bieten und trägt damit dazu bei, dass Frauen und Männer Beruf und Privatleben besser miteinander in Einklang bringen können. Dabei geht es auch um die Rolle der Familie und ihre Einstellung zum Unternehmertum.

2.3

Der Ausschuss begrüßt die Schlussfolgerungen der Frühjahrstagung des Europäischen Rates (2). Der Europäische Rat betont, dass ein insgesamt positives Unternehmensklima geschaffen werden muss, und fordert daher die Mitgliedstaaten auf, die entsprechenden Maßnahmen zu verstärken, u.a. durch Herausbildung des Unternehmergeists und entsprechende Schulung. Außerdem sollten in den Nationalen Reformprogrammen und in den Berichten Maßnahmen, mit denen das wirtschaftliche Umfeld für KMU verbessert wird und Menschen, insbesondere Frauen und junge Leute, motiviert werden, Unternehmer zu werden, ausdrücklich erwähnt werden.

2.4

Der Ausschuss begrüßt den Vorschlag zur Einrichtung von zentralen Anlaufstellen für eine schnelle und einfache Unternehmensgründung. Im Hinblick auf das allgemeine Wachstum und mehr Arbeitsplätze ist das eine wichtige Frage. Wie der Ausschuss bereits festgestellt hat, sind die Hürden für den Unternehmergeist vor und nach Unternehmensgründung allerdings viel höher als bislang angenommen. Wird der Akzent zu stark auf eine schnelle Eintragung neuer Unternehmen im Handelsregister gelegt, hat der Unternehmer möglicherweise keinen angemessenen Zeitraum mehr für Marktforschung, Planung, Aufbau von Kapazitäten und grundsätzliche Überlegungen im Vorfeld der Gründung eines neuen Unternehmens (3). In diesem Zusammenhang bekräftigt der Ausschuss seinen Standpunkt, dass nicht nur die Gründung, sondern auch die Übertragung von Unternehmen davon betroffen ist.

2.5

Fragen regulatorischer, steuerrechtlicher und finanzieller Art, die sich allesamt auf den Unternehmergeist auswirken, waren Gegenstand früherer Stellungnahmen des Ausschusses (4).

2.6

Der Ausschuss unterstützt und teilt die in der Mitteilung enthaltenen Vorschläge und Empfehlungen, möchte jedoch folgende Bemerkungen dazu machen:

3.   Besondere Bemerkungen des EWSA

3.1   Unternehmergeist im Bildungswesen

3.1.1

Die Herausbildung von Unternehmergeist ist ein lebensbegleitender Lernprozess, der frühzeitig beginnen und sich wie ein roter Faden durch das gesamte Bildungssystems ziehen muss. Der Grundstock für die Aneignung von Kompetenzen und Fähigkeiten, die eine spätere Selbstständigkeit und Unternehmensführung ermöglichen, sollte in der Primarschule gelegt und über die Sekundarschule bis zur Hochschule ausgebaut werden. Eine gründliche Ausbildung von hoher Qualität ermöglicht wiederum eine effiziente und gezielte Vorbereitung auf das Unternehmertum. Eine unlängst durchgeführte Untersuchung (5) zeigt, dass Programme für das „entrepreneurship training“ eine Schlüsselrolle spielen, um junge Leute zu bewegen, die Selbstständigkeit als künftige berufliche Option zu erwägen. Es hat sich auch herausgestellt, dass mit diesen Programmen die Fähigkeit der Studierenden zur Problembewältigung, ihr Selbstvertrauen und Bewusstsein für Zusammenarbeit und Teamwork entwickelt werden. Eine Studie der Universität Lund (6) zeigt, dass unternehmerische Fähigkeiten und Fertigkeiten hauptsächlich durch praktische Arbeitserfahrungen und nicht durch formale Vermittlung im Unterricht erlernt werden.

3.1.2

Die Entwicklung einer unternehmerischen Mentalität ist sowohl in der theoretischen wie auch in der berufspraktischen Ausbildung auf der Sekundar- und Hochschulebene wichtig und kann auch einen zusätzlichen Nutzen dadurch bringen, dass das Interesse in verschiedenen Bildungseinrichtungen geweckt wird. In diesem Zusammenhang weist der Ausschuss darauf hin, dass es unterschiedliche Unternehmenskulturen gibt, die es bei der Aufstellung von entsprechenden Bildungsplänen zu berücksichtigen gilt.

3.1.3

Eine der Lösungen liegt in der Entwicklung konkreter und frühzeitiger Kontakte zwischen Schulen, Unternehmen, der Regierung, den zuständigen Behörden und den lokalen Gebietskörperschaften. Die Bildungsbehörden und Unternehmen sollten bei der bestmöglichen Gestaltungsarbeit im Bildungsbereich zusammenarbeiten. Dabei sollten die Arbeitgeber und Arbeitnehmer öffentlichkeitswirksam und in angemessener Weise im Bildungsbereich mitwirken. Der Ausschuss stimmt mit der Kommission darin überein, dass die Bedeutung des Unternehmergeistes deutlich herausgestellt werden muss und fester Bestandteil der Lehrpläne sein sollte. Durch geeignete Maßnahmen zur Umsetzung muss dieser Prozess begleitet werden. Der Querschnittscharakter unternehmerischer Initiative erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Ministerien (Bildung, Industrie und Wirtschaft), um so ein abgestimmtes Konzept sicherzustellen.

3.1.4

Dabei sollten Vorhaben auf nationaler wie lokaler Ebene sowie der Austausch beispielhafter Praktiken unterstützt werden. Hier sollte die organisierte Zivilgesellschaft (einschließlich der Sozialpartner, Familienverbände usw.) konsultiert werden.

3.1.5

Bei diesem Prozess brauchen die Lehrkräfte uneingeschränkte Unterstützung. Es gilt, ihnen den Nutzen einer Erziehung zu unternehmerischer Initiative bewusst zu machen und Wege aufzuzeigen, wie entsprechende Programme von der Grundschule an umgesetzt werden können. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, dass die Schulen nicht nur über personelle und finanzielle Mittel verfügen, sondern auch über genügend Handlungsspielraum, um diese wie andere ihnen übertragene Aufgaben bewältigen zu können. Die Lehrer müssen verstehen, dass zu einer umfassenden Ausbildung ihrer Schüler auch Elemente wie Selbstständigkeit, Wissensdrang und die Fähigkeit zur kritischen Bewertung gehören, durch die unternehmerische Fähigkeiten gefördert und entwickelt werden können. Im Hinblick auf dieses Ziel und in dem Bewusstsein, dass eine solche Bildung auch zur persönlichen Bereicherung beiträgt, müssen die Lehrkräfte unterstützt werden.

3.1.6

Der Ausschuss bedauert, dass in diesem Zusammenhang die Perspektive der Frau in der Mitteilung zwar in der Einleitung erwähnt, aber nicht weiterführend berücksichtigt wird. Der Anteil der Mädchen, die in den Oberschulen an unternehmerischen Aktivitäten im Kleinmaßstab teilnehmen, entspricht dem Anteil der Jungen und übersteigt diesen in einigen Ländern sogar. Untersuchungen (7) zufolge gründen dennoch eher Männer eine selbstständige Existenz und vertrauen stärker auf ihre unternehmerischen Fähigkeiten. Diese Tatsache sollte im Bildungssystem generell stärker berücksichtigt werden.

3.1.7

Menschen mit und ohne Behinderung sollten die gleichen Möglichkeiten zur unternehmerischen Initiative haben. Bei der Erziehung zu Unternehmergeist und der entsprechenden Ausbildung sollte dieser Frage durch geeignete Maßnahmen zu Gunsten der Betroffenen Rechnung getragen werden. Dabei sollten Behindertenverbände auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene einbezogen werden.

3.2   Verbreitung beispielhafter Vorgehensweisen und Kontrolle

3.2.1

In der Mitteilung der Kommission werden vorbildliche Praktiken genannt und zusammengetragen. Der Schwerpunkt sollte nun darauf gelegt werden, wie diese Ergebnisse, Vorschläge und Empfehlungen weiter umgesetzt und verbreitet werden können.

3.3   Verbreitung beispielhafter Vorgehensweisen

3.3.1

Der Ausschuss ist sich der Tatsache bewusst, dass es in den Mitgliedstaaten Beispiele für eine Erweiterung der Lehrpläne um Themen und Aktivitäten gibt, die auf die Herausbildung von Kompetenzen ausgerichtet sind, die für ein künftiges Unternehmertum erforderlich sind, und möchte zu den in der Mitteilung genannten Beispielen noch eine weitere Erfahrung hinzufügen. An der Erziehung zu Unternehmergeist sind sowohl Behörden als auch private Akteure beteiligt. Es muss überprüft werden, ob Bildungsexperimenten dieser Art, wie z.B. dem Stufenmodell für Unternehmergeist (8) breitere Geltung und eine höhere Wirksamkeit verliehen werden können. Dieses Modell, das auf verschiedenen Ebenen von der Grundschule bis zur Forschung Anwendung findet, hat sich als erfolgreiche Methode erwiesen, bei der die Erziehung von Menschen zur unternehmerischen Initiative frühzeitig beginnt und in den späteren Ausbildungsphasen fortgesetzt wird:

Siebenjährige machen einfache und praktische Neuerungen („Geniestreiche“);

Fünfzehnjährige: Unternehmen, Verbände und Behörden informieren und beteiligen sich aktiv in den Schulen;

Achtzehnjährige: wie werde ich Jungunternehmer und gründe meine eigene Firma;

Hochschule: besondere Fachbereiche und Programme für das Unternehmertum.

3.3.2

Die Einrichtung eines Forums für beispielhafte Vorgehensweisen ist eine wichtige Maßnahme. Bereits ergriffene Maßnahmen zur Ermittlung und für den Austausch vorbildlicher Praktiken sollten in den Mitgliedstaaten fortgeführt und von der Kommission koordiniert werden. Die jährlichen Konferenzen im Rahmen der Europäischen Charta für die KMU bilden einen wichtigen Teil dieser Aktivitäten. Der Ausschuss erwartet zudem mit Interesse die Konferenz, welche die Kommission im Herbst 2006 als Folgemaßnahme zu der Mitteilung zur Förderung der unternehmerischen Mentalität veranstalten wird. Er fordert, dass alle relevanten öffentlichen und privaten Akteure an dieser Konferenz beteiligt werden, und empfiehlt, dort verschiedene Modelle wie zum Beispiel das Modell der kontinuierlichen Heranführung an den Unternehmergeist über alle Bildungsstufen anhand von Fallstudien vorzustellen. Bei dieser Veranstaltung sollten erfolgreiche Modelle diskutiert werden, die bereits in der Grundschule die Bildung (mentaler, persönlicher) Voraussetzungen für eine künftige unternehmerische Kompetenz erleichtern und die zur Anpassung an die nationalen Kriterien und Lehrpläne der Mitgliedstaaten weiter entwickelt werden könnten. Der Ausschuss schlägt überdies vor, dass diese Art von Bilanzziehung zu einer jährlichen Veranstaltung wird, bei der die Umsetzung der Empfehlungen der Kommission bewertet wird.

3.3.3

Die Kommission stellt in ihrer Mitteilung einen Vergleich mit den USA an, wo unternehmerisches Handeln stärker als in Europa gefördert wird. Der Ausschuss hat in einer früheren Stellungnahme festgestellt, dass im Vergleich zu den USA weniger Europäer neue Unternehmen gründen und sehr viel mehr Menschen eine abhängige Beschäftigung der Selbstständigkeit vorziehen. Viele Beobachter vertreten die Auffassung, dass das europäische Gesellschaftsmodell einer der Hauptgründe für die Neigung zu einer abhängigen Beschäftigung ist. Dabei muss Folgendes berücksichtigt werden: a) ob diese Daten für einen Vergleich zwischen der EU und den Mitgliedstaaten bzw. für einen internationalen Vergleich ausreichen, b) die Auswirkungen dieses Vorziehens der abhängigen Beschäftigung gegenüber der Selbstständigkeit, c) ob dieses in direktem Zusammenhang mit dem Mangel an unternehmerischer Dynamik in Europa steht und d) ob die Lösungen für die europäische Gesellschaft akzeptabel sind (9).

3.3.4

Unternehmergeist ist für die Gesellschaft als Ganzes wichtig. Mit dem Ziel, das Bewusstsein für eine Kultur des unternehmerischen Denkens und für die Bedeutung des Unternehmertums für die gesamte Entwicklung eines Wandels zu stärken, schlägt der Ausschuss vor, das Jahr 2009 zum Europäischen Jahr des Unternehmergeistes zu erklären. In diesem Zusammenhang weist der Ausschuss darauf hin, dass die Halbzeitbewertung mehrerer einschlägiger EU-Programme im Jahr 2010 erfolgen wird. Ziel ist es, eine positive Einstellung der Öffentlichkeit zum Unternehmertum herbeizuführen. Ein Europäisches Jahr zu diesem Thema böte zugleich auch Gelegenheit, den Austausch vorbildlicher Praktiken zu konsolidieren und zu starken. Das Europäische Jahr des Unternehmergeistes könnte auch dazu beitragen, Europa zu vermitteln und dem Bürger näher zu bringen.

3.3.5

Wie der Ausschuss bereits betont hat, spielen die Medien eine maßgebliche Rolle bei der Vermittlung des Unternehmergeistes und des Verständnisses für ein Unternehmen und seine Funktionsweise. Im Allgemeinen konzentrieren sie sich jedoch sehr stark auf Großunternehmen und multinationale Konzerne. Es sollten Strategien konzipiert werden, die es ermöglichen, die Rolle des Unternehmers herauszustellen und so das Bild der Klein- und Kleinstunternehmen zu vermitteln sowie das Image des Spezialgewerbes, des Dienstleistungsbereichs und des Handwerks aufzuwerten (10).

3.4   Folgemaßnahmen

3.4.1

Da die Bereiche Erziehung und Ausbildung in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, kommt der Frage der Folgemaßnahmen und Umsetzung größte Bedeutung zu. Der Ausschuss stellt fest, dass die in der Vergangenheit erstellten Berichte im Rahmen der Europäischen Charta für die KMU von den allgemeinen Berichten abgelöst werden, die im Zuge der Lissabon-Strategie (Integrierte Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung, Leitlinie Nr. 15) abgefasst werden. Der Ausschuss vertritt jedoch die Auffassung, dass dennoch nationale Bewertungsgremien eingerichtet werden könnten. Im Hinblick auf eine wirksame und langfristige Bewertung der Fortschritte sollte die Kommission qualitative und quantitative Zielvorgaben festlegen, dabei aber dem Subsidiaritätsprinzip und der besonderen Situation des jeweiligen Landes Rechnung tragen. Die im Abschlussbericht der Expertengruppe „Erziehung zu unternehmerischem Denken und Handeln“ (11) enthaltenen Vorschläge sind zutreffend.

3.4.2

Der Ausschuss weist darauf hin, dass eine Reihe von EU-Bildungsprogrammen einen finanziellen Beitrag zu den Bemühungen um die Stärkung des Unternehmergeistes leisten könnte. Das gilt insbesondere für die Programme Erasmus und Leonardo, für die Strukturfonds, hier vor allem für den Europäischen Sozialfonds, und für das künftige Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation. Diese Unterstützungsmaßnahmen werden jedoch offensichtlich nicht koordiniert. Gebraucht wird deshalb eine kohärente Strategie auf europäischer Ebene zur Stärkung des Unternehmergeistes. Dabei gilt es, die Verfahren und Mittel festzulegen und die Akteure auf allen Ebenen über die verschiedenen Möglichkeiten einer Gemeinschaftsfinanzierung zu informieren.

3.4.3

Der Ausschuss sieht Folgemaßnahmen zu den vorrangigen Initiativen vor, die der finnische Ratsvorsitz eingeleitet hat, um dem Aufruf des Europäischen Rates zur Mobilisierung des unternehmerischen Potenzials Folge zu leisten (12).

Brüssel, den 6. Juli 2006

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  KOM(2005)548 — Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen.

(2)  Tagung des Europäischenrates am 23./24. März 2006, Schlussfolgerungen des Vorsitzes.

(3)  Stellungnahme des EWSA zu dem Grünbuch „Unternehmergeist in Europa“ (Berichterstatter: Herr Butters) (ABl. C 10 vom 14.1.2004, S. 58).

(4)  Stellungnahme des EWSA zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Aktionsplan: Europäische Agenda für unternehmerische Initiative“ (Berichterstatter: Herr Butters) (ABl. C 74 vom 23.3.2005, S. 1); Stellungnahme des EWSA zu dem Grünbuch „Unternehmergeist in Europa“ (Berichterstatter: Herr Butters) (ABl. C 10 vom 14.1.2004, S. 58).

(5)  „Enterprise 2010 the next generation“, Studie von Junior Achievement Young Enterprise, September 2005.

(6)  „Entrepreneurship, Career Experience and Learning — Developing our Understanding of Entrepreneurship as an Experiential Learning Process“ dissertation by Diamanto Politis 2005, Scxhool of Economics and Management, Lund University.

(7)  Global Entrepreneurship Monitor 2005, Executive report.

(8)  Wurde vom schwedischen Unternehmerverband eingeführt.

(9)  Stellungnahme des EWSA zu dem Grünbuch „Unternehmergeist in Europa“ (Berichterstatter: Herr Butters) (ABl. C 10 vom 14.1.2004, S. 58).

(10)  Vgl. hierzu auch die Stellungnahme des EWSA zu dem Grünbuch „Unternehmergeist in Europa“ (Berichterstatter: Herr Butters) (ABl. C 10 vom 14.1.2004, S. 58).

(11)  Abschlussbericht der Expertengruppe „Education for Entrepreneurship“ — „Making progress in promoting entrepreneurial attitudes and skills through Primary and Secondary education“, vorgelegt im Februar 2004.

(12)  Europäischer Rat in Brüssel am 23./24. März 2006, Schlussfolgerungen des Vorsitzes.


ANHANG 1

Folgende Änderungsanträge, auf die mehr als ein Viertel der abgegebenen Stimmen entfiel, wurden im Verlauf der Beratungen abgelehnt:

Kernpunkte der Stellungnahme des EWSA, Spiegelstrich 14

Wortlaut wie folgt ändern:

 

Europäisches Jahr des Unternehmergeistes auf Initiative der Kommission;

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 48

Nein-Stimmen: 62

Stimmenthaltungen: 15

Ziffer 3.3.4

Text wie folgt ändern:

„Unternehmergeist ist für die Gesellschaft als Ganzes wichtig. Mit dem Ziel, das Bewusstsein für eine Kultur des unternehmerischen Denkens und für die Bedeutung des Unternehmertums für die gesamte Entwicklung eines Landes zu stärken, schlägt ruft der Ausschuss die Kommission auf vor, angemessene Maßnahmen einzuleiten das Jahr 2009 zum Europäischen Jahr des Unternehmergeistes zu erklären. In diesem Zusammenhang weist der Ausschuss darauf hin, dass die Halbzeitbewertung mehrerer einschlägiger EU-Programme im Jahr 2010 erfolgen wird. Ziel ist es, um eine positive Einstellung der Öffentlichkeit zum Unternehmertum herbeizuführen. Ein Europäisches Jahr zu diesem Thema böte zugleich auch Gelegenheit, und den Austausch vorbildlicher Praktiken zu konsolidieren und zu stärken. Das Europäische Jahr des Unternehmergeistes könnte auch dazu beitragen, Europa zu vermitteln und dem Bürger näher zu bringen.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 60

Nein-Stimmen: 73

Stimmenthaltungen: 13


Top